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Einführung In den letzten Jahren hat der Anteil erwachsener Pa- tienten, die eine kieferorthopädische Behandlung wünschen, stark zugenommen. Vor allem sind bei Er- wachsenen herkömmliche dentale Verankerungsmög- lichkeiten aufgrund parodontaler Läsionen und/oder einer reduzierten Zahnzahl häufig beeinträchtigt. Eine hinreichend stabile und belastbare Verankerung ist jedoch eine wichtige Voraussetzung für die erfolg- reiche kieferorthopädische Therapie. Die skeletale Verankerung, insbesondere mithilfe von Mini-Implan- taten, erweist sich in solchen Fällen als sehr vorteilhaft und hat wegen ihrer Unabhängigkeit von der Patien- tencompliance das Behandlungsspektrum enorm erweitert [1 – 8]. Unter den verschiedenen skeletalen Verankerungs- systemen haben sich mittlerweile die Mini-Implantate aufgrund ihrer geringen chirurgischen Invasivität und der relativ geringen Kosten etabliert. Jedoch stößt man bei den herkömmlichen Mini-Implantat-Systemen bisweilen an Grenzen, wenn es um die Verbindung vom Mini-Implantat zur KFO-Apparatur geht. Hier bot das Orthosystem von Straumann aufgrund der Fixierungsmöglichkeit eines Abutments (Stahlkappe) auf dem Implantat eine Vielfalt an individuellen Nut- zungsmöglichkeiten im Oberkiefer, wie z.B. Molaren- verankerung und -distalisierung [9]. Jedoch ist der chirurgische, finanzielle und organisatorische Auf- wand größer als bei der Verwendung von Mini-Im- plantaten. Zudem muss nach Insertion des Orthosys- tems eine Einheilzeit von 3 Monaten abgewartet werden [9]. Werden Mini-Implantate mit der Mög- lichkeit des Aufschraubens eines Abutments verwen- det (Benefit-Mini-Implantate; Mondeal, Tuttlingen), entfällt diese Einheilphase (Abb. 1). Sowohl die Inser- tion als auch die Entfernung ist weniger invasiv. Kieferorthopädische Mini-Implantate bestehen aus einer Titan-Legierung, um eine möglichst hohe Bruch- festigkeit zu erreichen (Titan Grad V: Ti-6AI-4V). Sie werden in den Längen von 5 – 14 mm sowie mit einem Durchmesser von 1 – 2 mm angeboten. Um eine ein- fache Entfernung zu realisieren, ist die Oberfläche glatt poliert. Bei Abutment-Mini-Implantaten werden für die meisten Indikationen Durchmesser von 2 mm ver- wendet, da diese eine höhere Stabilität erreichen [10–13]. Die 1,5 mm-Variante ist nur für den inter- Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System Benedict Wilmes, Dieter Drescher Übersicht Einführung 1 Insertionstechnik 2 Klinische Einsatzmöglichkeiten 3 Mini-Implantat-Entfernung 7 Fazit 7 Zahnmedizin up2date 6 Œ 2008 Œ 1– n Œ 10.1055/s-2008-1039024 Vorteile von Miniimplantaten n Mini-Implantate haben viele Einsatzmöglichkeiten als Verankerung in der Kieferorthopädie. n Mini-Implantate können sofort belastet werden. n Das Benefit-System ist ein Mini-Implantat mit abschraubbarem Abutment. Kieferorthopädie 1

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System · Abb.6a–d Werden 2 Mini-Implantate nebeneinander abgeformt, kann es sein, dass die Abdruckkappen einander berühren

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Einführung

In den letzten Jahren hat der Anteil erwachsener Pa-tienten, die eine kieferorthopädische Behandlungwünschen, stark zugenommen. Vor allem sind bei Er-wachsenen herkömmliche dentale Verankerungsmög-lichkeiten aufgrund parodontaler Läsionen und/odereiner reduzierten Zahnzahl häufig beeinträchtigt.Eine hinreichend stabile und belastbare Verankerungist jedoch eine wichtige Voraussetzung für die erfolg-reiche kieferorthopädische Therapie. Die skeletaleVerankerung, insbesondere mithilfe von Mini-Implan-taten, erweist sich in solchen Fällen als sehr vorteilhaftund hat wegen ihrer Unabhängigkeit von der Patien-tencompliance das Behandlungsspektrum enormerweitert [1 –8].

Unter den verschiedenen skeletalen Verankerungs-systemen haben sich mittlerweile die Mini-Implantateaufgrund ihrer geringen chirurgischen Invasivität undder relativ geringen Kosten etabliert. Jedoch stößt manbei den herkömmlichen Mini-Implantat-Systemenbisweilen an Grenzen, wenn es um die Verbindungvom Mini-Implantat zur KFO-Apparatur geht.

Hier bot das Orthosystem von Straumann aufgrund derFixierungsmöglichkeit eines Abutments (Stahlkappe)auf dem Implantat eine Vielfalt an individuellen Nut-zungsmöglichkeiten im Oberkiefer, wie z.B. Molaren-

verankerung und -distalisierung [9]. Jedoch ist derchirurgische, finanzielle und organisatorische Auf-wand größer als bei der Verwendung von Mini-Im-plantaten. Zudem muss nach Insertion des Orthosys-tems eine Einheilzeit von 3 Monaten abgewartetwerden [9]. Werden Mini-Implantate mit der Mög-lichkeit des Aufschraubens eines Abutments verwen-det (Benefit-Mini-Implantate; Mondeal, Tuttlingen),entfällt diese Einheilphase (Abb.1). Sowohl die Inser-tion als auch die Entfernung ist weniger invasiv.

Kieferorthopädische Mini-Implantate bestehen auseiner Titan-Legierung, um eine möglichst hohe Bruch-festigkeit zu erreichen (Titan Grad V: Ti-6AI-4V). Siewerden in den Längen von 5–14 mm sowie mit einemDurchmesser von 1–2 mm angeboten. Um eine ein-fache Entfernung zu realisieren, ist die Oberfläche glattpoliert. Bei Abutment-Mini-Implantaten werden fürdie meisten Indikationen Durchmesser von 2 mm ver-wendet, da diese eine höhere Stabilität erreichen[10– 13]. Die 1,5 mm-Variante ist nur für den inter-

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie:Das Benefit-SystemBenedict Wilmes, Dieter Drescher

�bersicht

Einführung 1Insertionstechnik 2Klinische Einsatzmöglichkeiten 3Mini-Implantat-Entfernung 7Fazit 7

Zahnmedizin up2date 6 Œ2008 Œ1 – n Œ10.1055/s-2008-1039024

Vorteile von Miniimplantaten

n Mini-Implantate haben viele Einsatzmöglichkeiten als Verankerung in der

Kieferorthopädie.n Mini-Implantate können sofort belastet werden.n Das Benefit-System ist ein Mini-Implantat mit abschraubbarem Abutment.

Kieferorthopädie 1

radikulären Einsatz zum Beispiel in Kombination miteiner Verbindungsplatte (Beneplate) vorgesehen.

Insertionstechnik

Anästhesie

Prinzipiell sind zur Schmerzausschaltung die Infiltra-tions- und die Oberflächenanästhesie möglich. Bei In-sertion im Bereich des Gaumens kann eine Anästhesiedes Nervus palatinus major beidseits erfolgen (Abb. 2).

Schleimhautdicken-Messung

Grundsätzlich ist es empfehlenswert, das Mini-Implan-tat in eine Region mit dünner Schleimhaut (1 –1,5 mm)zu inserieren, damit dieses möglichst tief im Knochenverankert ist. So können eine ausreichende Primärsta-

bilität erreicht und zu starke Kippmomente vermiedenwerden [14]. Nach Einwirkzeit des Anästhetikums er-folgt deshalb die Messung der Schleimhautdicke. Die-ser Schritt ist vor allem in Regionen der Mundhöhlewichtig, in denen sich Areale dicker Schleimhaut be-finden können wie z.B. am Gaumen oder retromolarim OK und UK. Es empfiehlt sich, eine zahnärztlicheSonde mit einem Gummistopper aus der Endodonto-logie zu verwenden (Abb. 3).

Merke: Mini-Implantate sollten in eine Region

dünner Schleimhaut inseriert werden.

Vorbohrung

Die meisten Mini-Implantate, so auch die Benefit-Im-plantate sind selbstbohrend, können also prinzipiellauch ohne eine Vorbohrung (Pilotbohrung) inseriertwerden. Jedoch liegt vor allem bei Erwachsenen imanterioren Gaumen eine hohe Knochenqualität vor, dieeine Knochenschwächung der Kompakta mittels Vor-bohrung erforderlich macht, um die Eindrehmomente

Abb. 1 a bis hBenefit-System.a Mini-Implantat2 × 9 mm.b Labor Analog.c Abdruck Kappe.d Abutment mitDraht. e BracketAbutment. f Stan-dard Abutment.g Abutment mitSchlitz. h Schrau-bendreher zurFixierung des Abut-ments auf demMini-Implantat.

Kennzeichen der Mini-Implantate

n Mini-Implantate mit einem Durchmesser von 2 mm haben eine höhere

Stabilität.n Mini-Implantate sind aus Titan Grad V.n Mini-Implantate haben eine polierte Oberfläche.

Abb. 2 Anästhesie des Nervus palatinus bei geplanter Insertion imBereich des Gaumens.

Abb. 3 Zahnärztliche Sonde mit einem Gummistopper aus derEndodontologie zur Messung der Schleimhautdicke.

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System2

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

bei der Implantatinsertion etwas zu reduzieren. Es istempfehlenswert, den Durchmesser der Vorbohrung ca.0,5–0,7 mm kleiner als den Implantatdurchmesser zuwählen (Abb. 4).

Insertion

Die Insertion von einem oder bei größeren Veranke-rungsaufgaben auch zwei Mini-Implantaten erfolgtentweder mit dem Schraubendreher oder in den we-niger zugänglichen Regionen maschinell mit einemWinkelstück. Um die Eindrehgeschwindigkeit von30 U/min zu erreichen, ist ein Winkelstück mit Unter-setzung notwendig (Abb. 5).

Nach Insertion des Mini-Implantats mit dem Winkel-stückansatz kann das gewünschte Abutment auf demZwölfkantkopf verdrehsicher fixiert werden. Von Vor-teil ist hier, dass die Abutment-Fixierschraube in dasAbutment integriert ist und nicht verloren gehen kann.So wird das Einsetzen der Apparatur vereinfacht.

Abdrucknahme

Bei einigen Mechaniken ist die Anfertigung der Appa-ratur im Labor einfacher bzw. notwendig. In diesenFällen erfolgt die Übertragung der Situation vom Pa-tientenmund auf ein Gipsmodell, auf dem die Arbeitangefertigt wird. Zu diesem Zweck werden Abdruck-kappen auf die Implantate aufgesetzt. Diese könnenmittels Zahnseide gesichert werden. Bei der Abdruck-nahme sollten die Abdruckkappen möglichst im Ab-druck verbleiben und gut von Abformmaterial um-schlossen sein. Als Abdruckmaterial kann sowohl einAlginat als auch Silikon verwendet werden, wobeinach klinischen Erfahrungen die Silikonabformung die

Gefahr einer Passungenauigkeit reduziert und somitfavorisiert wird. Nun werden Laborimplantate auf dieAbdruckkappen im Löffel platziert. Die Laborimplan-tate simulieren die Implantate im Gipsmodell undhaben dementsprechend den gleichen Kopfaufbauwie das Implantat im Mund (Abb. 6a–d).

Klinische Einsatzmöglichkeiten

Aufgrund der wechselbaren Abutments zusammenmit den vielen Kopplungsmöglichkeiten mit der kie-ferorthopädischen Apparatur sowie der Möglichkeitder Insertion auch im Alveolarfortsatz ergibt sich fürdas Benefit-System ein großes Spektrum an Anwen-dungsgebieten: Distalisierung oder Aufrichtung vonMolaren, Molaren- und Frontverankerung im Ober-kiefer, Gaumennahterweiterung, die Einordnungretinierter Zähne sowie die Nutzung des Systems alstemporärer Zahnersatz.

Molaren-Distalisierung

Eine der klassischen Indikationen für eine skeletaleVerankerung und insbesondere für das Benefit-Systemstellt die Molaren-Distalisierung im Oberkiefer dar

Abb. 4 Vorbohrung mit einem Pilotbohrer mit einem Durchmesservon 1,3 mm für ein Mini-Implantat mit 2 mm Durchmesser.

Abb. 5 Zwei Benefit-Mini-Implantate im Bereich des Gaumens.

Indikationen des Benefit-Systems

n Distalisierung von Molaren im Oberkiefern Aufrichtung von Molarenn Molaren- und Frontverankerung im Oberkiefern Gaumennahterweiterungn Einordnung retinierter Zähnen temporärer Zahnersatz

Kieferorthopädie 3

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

Abb. 6 a – d Werden 2 Mini-Implantate nebeneinander abgeformt,kann es sein, dass die Abdruckkappen einander berühren. Da dies zuPassungenauigkeiten der Abdruckkappen auf den Implantaten füh-ren kann, sollten die Kappen dann so beschliffen werden, dass esnicht mehr zu einer Berührung kommt. Wird ein Gerät zur Molaren-

distalisation oder -verankerung hergestellt, sollten die Molarenbän-der mit abgeformt und ebenfalls in den Abdruck reponiert werden.Anschließend erfolgen das Ausgießen mit Hartgips und die Erstel-lung des Labormodells.

Abb. 7 a – c Distalisierungs-Mechanik auf zwei Benefit-Mini-Implan-taten (2 × 11 mm) Aufgrund des interdentalen Faserapparats wan-dern die Prämolaren mit den Molaren nach distal. Daher entstehenkeine großen Lücken, sondern die Distalisierung mittels Benesliderverteilt sich auf mehrere kleine Lücken. Das Ausmaß der Distalisie-rung kann an der Länge des distal überstehenden Drahtendes abge-schätzt werden.

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System4

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

(Abb. 7a–c). Mittels Beneslider können die Molarenkörperlich distalisiert werden, um Platz für die Front-zähne zu gewinnen. So kann in manchen Fällen dieExtraktion von bleibenden Zähnen vermieden werden.

Molarenaufrichtung

In zahnlosen Arealen des Alveolarfortsatzes kann dasBenefit-Implantat auch wie ein dentales Implantat pa-rallel zur Zahnachse inseriert werden. Häufige präpro-thetische Indikationen sind die Aufrichtung gekippterMolaren sowie die Pfeilerverteilung. Dabei kann dasBracket-Abutment unmittelbar nach Mini-Implantat-Insertion aufgeschraubt werden. Abdruck, Modellher-stellung und Laborprozess sind hierbei nicht notwen-dig (Abb. 8).

Gaumennahterweiterung (GNE)

Fehlt bei gewünschter Gaumennahterweiterung einesuffiziente anteriore Abstützung, können zu diesemZweck zwei Benefit-Mini-Implantate inseriert werden.Hier werden mit 2 × 7 mm etwas kürzere Schraubenals bei der Insertion median verwendet. Insbesondere,wenn die gleichzeitige Protraktion des Oberkiefersmittels einer Gesichtsmaske geplant ist, erscheint dieskeletale Verankerung der GNE-Apparatur (Hybrid-hyrax) sinnvoll, um die dentale Komponente im Sinneeiner Mesialwanderung der OK-Seitenzähne zu mini-mieren (Abb. 9).

Verlagerte Zähne

Der Zeitraum der Vollbebänderung im Rahmen derEinordnung retinierter Zähne lässt sich geschickt ver-kürzen, wenn zunächst die retinierten Zähne einge-ordnet werden. Bei manchen Patienten kann evtl. so-gar auf die Bebänderung verzichtet werden. Zu diesem

Abb. 8 a und b Mittels des Bracket-Abutments entsteht ein künst-licher und ortsstabiler temporärer „Verankerungszahn“ mit einemBracket in gewohnter vertikaler Position. Nach Insertion eines Mini-

Implantats 2 × 11 mm kann ein Bracket-Abutment in 12 verschie-denen Positionen verdrehsicher aufgeschraubt werden. Abdruck,Modellherstellung und Laborprozess sind hierbei nicht notwendig.

Abb. 9 und b Gaumennahterweiterung (GNE) mittels Hybridhyrax: Zwei Benefit-Mini-Implantate (2 × 7 mm) anterior ersetzen die insuffi-ziente anteriore dentale Verankerung.

Kieferorthopädie 5

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

Zweck kann auf das Benefit-Implantat ein Bracket-Abutment aufgesetzt und anschließend ein Teilbogenzur Einordnung verlagerter Zähne eingebracht werden.Auch hier kann das Bracket-Abutment unmittelbarnach Mini-Implantat-Insertion aufgeschraubt werden.Somit sind Abdruck, Modellherstellung und Laborpro-zess hierbei prinzipiell nicht notwendig, verkürzenaber die Zeit am Behandlungsstuhl zum Biegen desTeilbogens etwas (Abb.10).

Temporärer Zahnersatz/Verankerungszahn

In manchen klinischen Situationen ergibt sich der Be-darf für einen temporären Zahnersatz. Insbesonderebei jugendlichen Patienten, bei denen eine definitiveimplantologische Versorgung noch nicht möglich ist,kann mittels eines temporären Ersatzzahnes der Zeit-raum bis zur definitiven Versorgung überbrückt wer-den. Noch nicht sicher ist, ob auf diese Weise die Kno-chenatrophie verringert oder verhindert werden kann.

Zur Herstellung des Ersatzzahnes wird auf dem Gips-modell um das Standard-Abutment ein Zahn ausKomposit modelliert (Abb.11a). Wichtig hierbei ist,dass der Zugang zum Fixierschräubchen erhaltenbleibt. Dies lässt sich einfach mit einem Gusskanal ausWachs realisieren, um den der Zahn modelliert wird.Nach Aushärten des Kunststoffs wird das Wachs ent-fernt und der Zahn kann auf das Mini-Implantat auf-geschraubt werden (Abb.11b).

Eine Alternative zur Herstellung des Ersatzzahnes be-steht in der Verwendung von Prothesenzähnen. Diesewerden zunächst so beschliffen, dass sie auf das Stan-dard-Abutment aufgesetzt werden können (Abb.12a).Anschließend erfolgt die Verbindung mit dem Abut-ment sowie das Auffüllen der Lumina mit Kunststoff.Nach der Politur kann der Ersatzzahn aufgesetzt wer-den (Abb.12b).

Das Benefit-Mini-Implantat dient nicht nur als tem-porärer Zahnersatz, sondern kann im Rahmen eineraktiven kieferorthopädischen Behandlung auch alsVerankerungszahn genutzt werden. In folgendenSituationen ist die Insertion des Mini-Implantats imAlveolarfortsatz nicht indiziert:

Abb. 11 a und ba Um ein Stan-dard-Abutmentwird ein Zahn ausKomposit model-liert. b Bis zur defi-nitiven implantolo-gischen Versorgungist ein temporärerErsatzzahn in Regio23 in situ. Der Eck-zahn brach beieiner Aplasie desseitlichen Schnei-dezahns nebendem mittlerenSchneidezahndurch.

Abb. 10 In diesem klinischen Fall wurden 2 Teilbögen am Bracket-Abutment befestigt, um die Zähne 21 und 22 einzuordnen.

Kontraindikationenfür Mini-Implantate

n Insertion unmittelbar (bis ca. 3 Monate) nach Extrak-

tion des Zahnes, der ersetzt werden soll (zu hohe

Knochenumbaurate).n In dieser Region wird eine Hart- oder Weichgewebs-

Augmentation durchgeführt.n Das dentale Implantat ist bereits inseriert und

befindet sich in der Einheilungsphase.

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System6

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

In diesen Fällen ergibt sich für den Oberkiefer dieMöglichkeit der Insertion im anterioren Gaumen(Abb.13).

Mini-Implantat-Entfernung

Da die Mini-Implantate eine glatte Oberfläche besit-zen, können sie nach der Nutzungszeit ohne Osteo-tomie des umliegenden Knochens entfernt werden.In der Regel ist eine Anästhesie nicht erforderlich.Ein Wundverschluss ist ebenfalls nicht erforderlich.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich durch dieIntegration dieses Systems in die Kieferorthopädieviele innovative Therapiemöglichkeiten ergeben. Auchder Zahnarzt kann Mini-Implantate mit aufschraub-baren Abutments für die Indikation „temporärerZahnersatz“ schnell und unkompliziert einsetzen.

Als klinisch-praktischer Vorteil erweist sich hierbei dieTatsache, dass die Abutment-Fixierschraube fest in dasAbutment integriert ist. So wird ein Verlieren und diemögliche Aspiration des Fixierschräubchens verhin-dert sowie das Einsetzen vereinfacht.

Abb. 12 a und bEin Prothesenzahnwird zur Herstel-lung des Ersatz-zahnes verwendet.a Dieser wird zu-nächst so beschlif-fen, dass er auf dasStandard-Abut-ment aufgesetztwerden kann.b TemporärerZahnersatz in Regio21 bis zur definitenImplantation.

Abb. 13 Hier wurde der Zahn 11 kürzlich extrahiert, sodass eineInsertion in den Alveolarfortsatz in dieser Region wegen der für etwa3 bis 6 Monate erhöhten Knochenumbaurate nicht mit einer gutenPrognose behaftet ist. Daher wurden im Bereich des anteriorenGaumens 2 Mini-Implantate inseriert.

Kieferorthopädie 7

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

Über die Autoren

Benedict Wilmes

Jahrgang 1969, Dr. med. dent.

1990–1996 Studium der Zahnmedizin

in Münster, 1997 bis 2000 Weiterbil-

dung im Fachgebiet Oralchirurgie,

MKG der Universität Münster, 2000

Promotion, 2001–2004 Weiterbildung

im Fachgebiet Kieferorthopädie, Uni-

versität Düsseldorf, seit 2005 Oberarzt

der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität Düssel-

dorf, seit 2007 stellv. Direktor der Poliklinik für KFO der

Universität Düsseldorf

Dieter Drescher

Jahrgang 1958, Prof. Dr. med. dent.

1977–1982 Studium der Zahnmedizin

an der Friedrich-Wilhelms-Universität

Bonn, 1982 Approbation, 1984 Promo-

tion, 1982–1984 Wehrdienst als Stabs-

arzt bei der Luftwaffe, 1984–1988 Wei-

terbildung „Kieferorthopädie“ an der

Poliklinik für Kieferorthopädie, Univer-

sität Bonn, 1988 Gebietsbezeichnung „Kieferorthopädie“,

1991 Habilitation, 1992–1997 Kommissarischer Leiter der

Poliklinik für Kieferorthopädie, Universität Bonn, 1997 Ruf

auf den Lehrstuhl für Kieferorthopädie der Heinrich-Heine-

Universität Düsseldorf, 2000 Tagungspräsident der Deut-

schen Gesellschaft für Kieferorthopädie, seit 2002 Ge-

schäftsführender Direktor des Zentrums für Zahn-, Mund-

und Kieferheilkunde, Westdeutsche Kieferklinik

Korrespondenzadresse

OA Dr. Benedict Wilmes

Prof. Dr. Dieter Drescher

Poliklinik für Kieferorthopädie

Westdeutsche Kieferklinik, UKD

Moorenstr. 5

40225 Düsseldorf

Telefon: 02 11 81/1 86 71

Fax: 02 11 81/1 95 10

E-Mail: [email protected]

Literatur

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report on clinical applications. Clin Oral Implants Res 2001; 12:

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chorage: a preliminary report. Int J Adult Orthodon Orthognath

Surg 1998; 13: 201 – 209

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temporary skeletal anchorage in orthodontic therapy. J Orofac

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croscrews for orthodontic anchorage-preliminary experiences.

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7 Wilmes B, Drescher D. Verankerung mit Miniimplantaten bei

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8 Wilmes B. Fields of Application of Mini-Implants. In: Ludwig,

Bowman, Baumgaertel, Hrsg. Mini-Implants in Orthodontics,

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9 Wehrbein H, Merz BR, Diedrich P, Glatzmaier J. The use of

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application of the orthosystem. Clin Oral Implants Res 1996; 7:

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10 Wilmes B, nSu Y-Yn, Sadigh L, Drescher D. Pre-drilling force and

insertion torques during orthodontic mini-implant insertion in

relation to root contact. J Orofac Orthop 2008; 69: 51 – 58

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affecting primary stability of orthodontic mini-implants.

J Orofac Orthop 2006; 67: 162 – 174

12 Wilmes B, nOSn, Su Y-Y, Drescher D. Impact of implant design

on primary stability of orthodontic mini-implants. J Orofac

Orthop 2008; 69: 42 – 50

13 Wilmes B, Su Y-Y, Drescher D. Insertion angle impact on primary

stability of orthodontic mini-implants. Angle Orthod 2008; 78:

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14 Buchter A, Wiechmann D, Koerdt S et al. Load-related implant

reaction of mini-implants used for orthodontic anchorage.

Clin Oral Implants Res 2005; 16: 473 – 479

nn Bitte blockierte Namen in den Literaturangaben 10 und 12

überprüfen. In 10 wurde Su Y-Y in Analogie zu 12 und 13 ergänzt

(Original: SY-Y), in 12 scheint bei OS der Name zu fehlen.nn

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System8

Zahnmedizin up2date 6 Π2008

Kieferorthopädie 9

CME

1Welcher Punkt gehört nicht zu

den Vorteilen der kieferortho-

pädischen Verankerung mit

Mini-Implantaten?

A Minimalchirurgischer Eingriff

B Kostengünstige Lösung

C Insertion ohne Anästhesie

D Entfernung ohne Anästhesie

E Einheilphase nicht erforderlich

2Welches Abutment gehört

nicht zum Benefit-System?

A Einheil-Abutment

B Bracket-Abutment

C Abutment mit Schlitz

D Standard-Abutment

E Abutment mit Draht nLieber Autor: bitte prüfen Sie, ob die Antwortmöglichkeiten dieser Frage

dem Text eindeutig zu entnehmen sind. Danke!n

3Mini-Implantate sind aus

folgendem Material:

A Implantat-Stahl

B Reintitan

C Chrom-Cobalt

D Titan-Legierung

E Titan-Molybdän

4Folgende Mini-Implantat-Größen

werden verwendet:

A im Gaumen Mini-Implantate mit einem Durchmesser von 2 mm.

B im Gaumen Mini-Implantate mit einem Durchmesser von 1,5 mm.

C zwischen zwei Wurzeln grundsätzlich Mini-Implantate mit einem Durchmesser von 2 mm.

D im Gaumen Mini-Implantate mit einer Länge von 5 mm.

E im Alveolarfortsatz Mini-Implantate mit einer Länge von 14 mm.

5Bezüglich der Insertion

gilt welche Empfehlung?

A Eine Schleimhautdickenmessung ist nicht erforderlich.

B Die Schleimhaut in der Insertionsregion sollte möglichst dick sein.

C Die Schleimhautdicke spielt keine Rolle.

D Das Eindrehen erfolgt mit 80 U/min.

E Die Schleimhaut in der Insertionsregion sollte möglichst dünn sein.

6Warum ist der Einsatz von

Mini-Implantaten insbesondere

bei Erwachsenen sinnvoll?

Welche Aussage ist falsch?

A Im Rahmen der präprothetischen Therapie können Molaren isoliert aufgerichtet werden.

B Bei Erwachsenen geht die kieferorthopädische Behandlung schneller.

C Es fehlen oftmals Zähne und eine zusätzliche Verankerung ist sinnvoll.

D Die Behandlung kann oft unsichtbar gestaltet werden mithilfe von Teilbebänderung.

E Im Rahmen der präprothetischen Therapie können Molaren isoliert intrudiert werden.

CME-Fragen Die folgenden Fragen beziehen sich auf den vorangehenden Beitrag. Sie können uns die

entsprechenden Antworten entweder online unter http://cme.thieme.de oder durch das

CME-Teilnahmeheft hinten in dieser Zeitschrift zukommen lassen. Jeweils eine Antwort

ist richtig. Die Vergabe von CME-Punkten ist an die korrekte Beantwortung der Multiple-

Choice-Fragen gebunden.

Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System10

CME

7Für die Vorbohrung gilt: A Eine Vorbohrung ist nie erforderlich.

B Insbesondere beim Erwachsenen muss nie vorgebohrt werden.

C Der Durchmesser der Vorbohrung sollte 0,5 – 0,7 mm kleiner als der Implantatdurchmesser sein.

D Die Vorbohrung hat keinen Einfluss auf das Eindrehmoment.

E Sowohl die Spongiosa als auch die Kompakta müssen vorgebohrt werden.

8Vorteile des Benefit-Systems.

Welche Aussage ist falsch?

A Das Fixierschräubchen sitzt fest im Abutment und kann nicht verloren gehen.

B Universeller Einsatz ist aufgrund der vier verschiedenen Abutments möglich.

C Es findet eine höhere Osseointegration aufgrund der angerauten Implantatoberfläche statt.

D Abdruckkappe und Labor-Implantat ermöglichen die Anfertigung im Labor.

E Universeller Einsatz ist aufgrund der sechs verschiedenen Abutments möglich.

8Welche der folgenden Therapien

ist keine Indikation für das

Benefit-System?

A Molaren-Distalisierung

B Molaren-Aufrichtung

C Molaren-Verankerung

D Front-Intrusion

E temporärer Zahnersatz

9Für die Nutzung des Mini-Implantats

als temporären Zahnersatz gilt:

A Eine Insertion kann unmittelbar nach Extraktion des zu ersetzenden Zahnes erfolgen.

B Die Insertion sollte frühestens nach 3 Monaten nach Extraktion erfolgen.

C Das Mini-Implantat muss nach Insertion zunächst 3 Monaten einheilen.

D Der Gaumen kann diesbezüglich nicht genutzt werden.

E Eine Knochenatrophie kann so sicher vermieden werden.

10Für die Implantat-Entfernung gilt: A Eine Anästhesie ist erforderlich.

B Die Weichteil-Wunde wird mit einer Naht verschlossen.

C Das Mini-Implantat lässt sich ohne Osteotomie entfernen.

D Das Entfernen des umliegenden Knochens ist sinnvoll.

E Vor dem Herausdrehen wird das Mini-Implantat anluxiert.

CME-Fragen Mini-Implantate in der Kieferorthopädie: Das Benefit-System