24
Piano 5 Yuja Wang Mittwoch 29. März 2017 20:00

Mittwoch 29. März 2017 20:00 - koelner- · PDF fileJohann Sebastian Bach. ... Eine kleine Revolution, ... Etüden durchgehen, so die rauschhafte Nr. 8 fis-Moll, in der drei

  • Upload
    phamdat

  • View
    215

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Piano 5

Yuja Wang

Mittwoch29. März 201720:00

Bitte beachten Sie:

Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stoff taschen tücher des Hauses Franz Sauer aus.

Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus.

Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen.

Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen Gästen.

Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder veröffentlicht wird.

Vordruck/Lackform.indd 2-3 11.07.14 11:16

Piano 5

Yuja Wang Klavier

Mittwoch 29. März 2017 20:00

Mit Pause Ende gegen 22:00

19:00 Einführung in das Konzert durch Christoph Vratz

2

PROGRAMM

Frédéric Chopin 1810 – 184924 Préludes op. 28 (1836?/39)für KlavierPrélude C-Dur Prélude a-Moll Prélude G-Dur Prélude e-Moll Prélude D-Dur Prélude h-Moll Prélude A-Dur Prélude fis-Moll Prélude E-Dur Prélude cis-MollPrélude H-Dur Prélude gis-Moll Prélude Fis-Dur Prélude es-Moll Prélude Des-Dur Prélude b-Moll Prélude As-Dur Prélude f-Moll Prélude Es-Dur Prélude c-Moll Prélude B-Dur Prélude g-Moll Prélude F-Dur Prélude d-Moll

Johannes Brahms 1833 – 1897Variationen und Fuge über ein Thema von Händel B-Dur op. 24 (1861)für KlavierThema. Aria – Variationen I–XXV – Fuga

sowie weitere Werke, die Yuja Wang als Überraschung in das Programm einbauen wird

3

ZU DEN WERKEN

Vollendete Miniaturen – Frédéric Chopins Préludes op. 28

Wie Brahms verehrte auch Frédéric Chopin den Komponisten Johann Sebastian Bach. Dessen Präludien-Fugen-Sammlung Das Wohltemperierte Klavier gehörte zu seinen Lieblingswerken. Schuld daran war vielleicht auch sein erster Warschauer Kla-vierlehrer Vojtěch Živný (1756 – 1842), ein für seinen altmodischen Geschmack bekannter Böhme. Der kauzige Musiker hegte eine Vorliebe für alte Tasteninstrumente wie das Clavicord. Möglich, dass er auch den Knaben daran setzte und Bach spielen ließ. Allerdings liebte schon der junge Chopin die modernen Fortepia-nos, die er nach seiner Übersiedlung nach Paris ausgiebig testete. Die silbrig-warmen Hammerflügel von Érard oder Pleyel gefielen ihm besonders. Ihre Klangmöglichkeiten und die virtuose Spiel-barkeit prägten seinen Stil. Doch den guten alten Bach vergaß er nie. Dieser begleitete ihn auch auf seiner berühmten Win-ter-Reise nach Mallorca 1838/39 mit der Schriftstellerin George Sand und deren beiden Kindern. Ein Notenband des Wohltem-perierten Klaviers kam mit ins Gepäck. Die auf der Baleareninsel komplettierten Préludes op. 28 sind als Auseinandersetzung mit dem Vorbild zu verstehen, vor allem in der klar umrissenen Ton-artencharakteristik, der bei Chopin eher freien Kontrapunktik und der Fortspinnungstechnik. Typisch ist neben Kürze und Prägnanz aber auch ihr improvisatorischer Charakter.

Barocke Präludien waren natürlich einleitende Instrumentalstü-cke. Danach folgten die Tanzsätze einer Suite oder eine Fuge. Chopin machte dieses Vorspiel aber zum Hauptstück. Eine kleine Revolution, denn damit verwies er auch auf die originelle Gestal-tung von Bachs zwei Mal 24 Präludien in allen Tonarten aus den beiden Bänden des Wohltemperierten Klaviers. Das romantische Präludium als unabhängiges Charakterstück wurde so etabliert. Mit seinen 24 Préludes in allen Tonarten legte Chopin 1839 wahre Musterbeispiele vor, später nachgeahmt von Charles Valentin Alkan, Alexander Skrjabin, Sergej Rachmaninow oder Ferruccio Busoni.

4

Jede der abwechslungsreichen Miniaturen ist ein vollendetes Kunstwerk, auch im Detail. So wird die Melodielinie im ersten Prélude raffiniert in die Mittelstimme versteckt und synkopisch verschleiert. Erst beim dynamischen Höhepunkt rückt sie auf die Takteins. Manche der Stücke klingen wie Nocturnes, so die von pochenden Akkorden geprägte Nr. 4 oder die ruhig fließende Nr. 13. In der lediglich 16 Takte umfassenden Nr. 7 ist hingegen ein Mazurka-Rhythmus versteckt. Einige der Stücke könnten fast als Etüden durchgehen, so die rauschhafte Nr. 8 fis-Moll, in der drei verschiedene Ebenen übereinander geschichtet sind. Auch die von einem stampfenden ›Reiterrhythmus‹ geprägte Nr. 12 zählt zu dieser etüdenhaften Gruppe und sicher auch das stürmisch-virtuose Prélude Nr. 16 b-Moll.

Düstere Balladen scheinen die Nr. 18 f-Moll, die Nr. 22 g-Moll und die abschließende Nr. 24 d-Moll zu erzählen. Fast buko-lisch mutet dagegen die zwischen diese aufwühlenden Pré-ludes gestellte Nr. 23 F-Dur an. Nicht nur zufällig greift Chopin hier die Tonart von Beethovens Pastoralsinfonie auf. Die kurze Nr. 20 in c-Moll – eine Mischung aus pathetischem Trauermarsch und Choral – ist sogar vom Klavierschüler zu meistern. Das über einem pulsierenden Grund schwebende und am Ende mit tiefem Glockenklang endende As-Dur-Prélude Nr. 17 war übrigens eines der Lieblingswerke des Komponisten Felix Mendelssohn, der darüber äußerte: »Ich liebe es; ich kann nicht sagen wie sehr und warum – es sei denn, dass es etwas ist, was ich selbst nie hätte schreiben können.«

Zu den berühmtesten Stücken der Sammlung gehört das Des-Dur-Stück Nr. 15, das so genannte »Regentropfenprélude«. Über dem monoton repetierten und konsequent beibehaltenden Ton as entfaltet sich ein suggestives und zur Mitte hin dunkel schrei-tendes Klangdrama. Der einsam in der Kartause von Vallde-mossa auf Mallorca wartende Chopin soll es »während einer düsteren Regennacht« komponiert haben, von Todesvisionen heimgesucht. »Er sah sich ertrunken in einem See; schwere, eis-kalte Wassertropfen fielen in einem gleichmäßigen Rhythmus auf seine Brust.« So verklärte es die Geliebte George Sand später in ihren Lebenserinnerungen Histoire de ma vie (1855). Allerdings ist nicht klar, ob damit wirklich dieses Prélude gemeint ist – oder

5

die melancholisch im Bass singende Nr. 6 h-Moll beziehungs-weise die rauschhafte Nr. 8. Für den damals schwer kranken Cho-pin war das verlassene »Kloster voll von Schrecken und Phan-tomen«, erzählte Sand weiter. Haben diese Angstzustände auch den Charakter der Préludes beeinflusst? Oder gleichen diese so kunstvollen Miniaturen doch eher »vollkommen gezeichneten geometrischen Figuren, in denen alles an seinem Platz und keine Linie zuviel ist«, wie es Chopin einmal über die absolute Musik Bachs schrieb? Vermutlich findet sich von beidem etwas in die-sen unnachahmlich facettenreichen Klavierstücken.

Frühes Meisterwerk – Johannes Brahms’ Händel-Variationen op. 24

Der in Wien sozialisierte Hanseat Johannes Brahms gilt als Meis-ter der Variation. Das betrifft nicht nur die so benannten Stücke, die ein Thema in vielerlei Hinsicht verändern, auseinanderbauen und neu zusammensetzen. Es berührt auch den Kern seines Musikverständnisses, dem bei ihm erkannten Prinzip der sich »entwickelnden Variation«. Nichts bleibt gleich, alles ist im Fluss und einer permanenten Metamorphose unterzogen. So wach-sen Themen zu organischen Gebilden, und ganze Sinfoniesätze entstehen aus Basis-Motiven heraus. Die Vielfalt in der Einheit war seine Maxime. Als Vorbilder konnte er auf zwei große Bs der Musikgeschichte verweisen: Johann Sebastian Bach und Lud-wig van Beethoven. Es wundert also nicht, dass sich schon der junge Pianist Brahms mit Variationen beschäftigte. Bereits in sei-ner ersten Klaviersonate op. 1 bindet er 1853 einen Variationssatz über ein altdeutsches Minnelied ein. In seinen Variationen op. 9 verändert er 1854 ein Thema seines Mentors Robert Schumann. Die beiden Variationen op. 21 über ein eigenes sowie ein ungari-sches Thema folgen bald.

Aufschlussreich ist, dass sich bereits der junge Brahms von den modischen, die Melodie ausschmückenden Variationen abwandte. Er schloss sich eher einer alten Methode der Verände-rung eines Themas an wie es ihm in der barocken Chaconne oder

6

Passacaglia begegnete. Rückblickend äußerte er 1869 in einem Brief an seinen Freund Alfred Schubring: »Bei einem Thema zu Variationen bedeutet mir eigentlich, fast, beinahe nur der Bass etwas. Aber dieser ist mir heilig, er ist der feste Grund, auf dem ich dann meine Geschichten baue. Was ich mit der Melodie mache, ist nur Spielerei oder geistreiche – Spielerei (…). Variiere ich die Melodie, so kann ich nicht leicht mehr als geistreich oder anmutig sein oder, zwar stimmungsvoll, einen schönen Gedan-ken vertiefen. Über den gegebenen Bass erfinde ich wirklich neu, ich erfinde ihm neue Melodien, ich schaffe.« Seine melodischen Neuerfindungen sind freilich aus Themen-Partikeln abgeleitet, und natürlich dienten ihm auch die fantasievollen Charaktervari-ationen Schumanns als Vorbild.

Als tönender Beweis für diese Art des Komponierens gelten die 1861 noch in Hamburg entstandenen Händel-Variationen op. 24; Brahms war damals gerade 28. Noch vor den späteren Paganini-Variationen op. 35 sind sie aber sein gewichtigstes Meisterwerk auf diesem Gebiet. Das betrifft auch ihre Spieldauer von fast 30 Minuten. Gelegt wurden sie auf den Gabentisch seiner »lieben Freundin« Clara Schumann zum 42. Geburtstag. Die Witwe des Komponisten und ausgezeichnete Pianistin war Brahms lebens-lang verbunden und setzte sich für seine Werke ein. Clara Schu-mann realisierte auch die Premiere der Händel-Variationen am 7. Dezember 1861 in Hamburg. Das nur achttaktige Thema stammt aus dem zweiten Band von Georg Friedrich Händels Suites de pièces pour le clavecin (1733). Diese mit drolligen Verzie-rungen ausgeschmückte Aria wird von Brahms in 25 Variationen und einer grandiosen Schlussfuge in jede erdenkliche Richtung verändert. Musikantische Vielfalt und architektonische Feinheit treffen aufeinander.

Die fröhlich marschierende erste Variation schürt zunächst eine falsche Hörerwartung. Lustig geht es keineswegs weiter. Ab der zweiten Veränderung wird das Thema vertieft und auf seinen inneren Gehalt hin abgetastet – gerade die vielen ernsten Pas-sagen sind bemerkenswert modern gestaltet. Als Auflockerung folgen schnelle Variationen wie die resolut stampfende Nr. 4 oder die mit kecken Hörner-Fanfaren garnierte Nr. 7. Als sanfte Pastoralen wurden die Nr. 11 und 12 bezeichnet. Dann wird es

7

ungarisch, denn der schwermütigen 13. Variation b-Moll ist die 14. als schneller Dur-Nachsatz zugeordnet – als Abfolge Lassu-Friss des traditionellen Csárdás. Nun wird der Klang auch gra-ziös verfeinert. Gelegentlich reflektiert Brahms auch die barocke Klangsprache, lässt die 19. Variation als Sicicilano und die 22. als Musette tänzeln. Die anspruchsvolle Grifftechnik und kraftvolle Virtuosität kommen nicht zuletzt in der 24. und 25. Variation zum Tragen. Sie setzten zwei markante Ausrufezeichen. Als Höhe-punkt wird ein aus der Aria abgeleitetes Fugenthema mit aller-lei kontrapunktischen Kniffen durchgeführt, samt Umkehrungen und Dehnung. Dynamische Verfeinerung und wuchtige Bass-Einsätze halten sich auch hier die Waage. Das Werk bleibt span-nungsvoll bis zum Schluss, der den Brahms-Biografen Alfred von Ehrmann in einen »orgeldurchbrausten Dom« versetzte. Brahms schätzte seine Händel-Variationen hoch ein und interpretierte sie auf seiner ersten Reise nach Wien am 29. November 1862 im Saal der Gesellschaft der Musikfreunde.

Matthias Corvin

8

WEITERHÖREN

Lied ohne Worte oder Traktat? Diskographische Anmerkungen zu Brahms’

Händel-Variationen

Am Ende wartet eine Fuge. Nicht verwunderlich, denn Brahms war ein glühender Verfechter der Alten Meister, Schütz, Cou-perin, Bach – und natürlich Händel, dessen Thema ja der Aus-gangspunkt dieses ganzen Werkes ist.

Wie aber mit der Fuge umgehen, die sich immer mehr zum Koloss auftürmt? Barocke Grazilität oder sinfonische Wucht? Es gibt einen klanglich wenig überzeugenden Mitschnitt von 1980 mit Sviatoslav Richter, der an einem äußerst heiklen Flü-gel beides miteinander verbindet: Feinheit und Größe. Richter hat die Sturm-und-Drang-Zeit definitiv hinter sich, daher ist das Tempo moderat und die soghafte Kraft seines Spiels deutlich reduziert – eine Aufnahme für Richterianer, weniger für Einstei-ger (Doremi).

Unspektakulär, aber in vielen Details sehr klangschön, präsen-tiert sich Stephen Kovacevich, der diese Variationen 1968 auf-genommen hat; hier ahnt man etwas von Brahms, dem Klang-Ästheten, der etwa in der getupften dritten Variation und dem »risoluto« von Nr. 4 zwei Welten miteinander verbindet, die kaum weniger miteinander gemein haben könnten. Und dann, wieder in andere Sphären, folgt die Zartheit von Nr. 5 – das ist beeindru-ckend gespielt (Decca).

Die wohl erste Gesamteinspielung stammt vom März 1938. Der gebürtige russische, später in England eingebürgerte Benno Moi-seiwitsch lebte seit 1909 in London und hat dort Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre etliche Aufnahmen gemacht, unter ande-rem auch mit Brahms’ op.  24 – eine sehr romantisch geprägte Einspielung, bei der es mehr auf Verläufe und Farben ankommt als auf einzelne Details (Naxos). Später, 1953, als 63-Jähriger, hat Moiseiwitsch das Werk noch einmal aufgenommen. Das Thema nimmt er etwas langsamer, daher schleicht sich ein betulicher Gestus ein, der nie so ganz weichen mag; kurios, dass er hier einige Variationen ohne Wiederholungen spielt (Testament).

9

Ebenfalls aus den 30ern, genauer: von 1938 stammt ein histori-sches Dokument mit Egon Petri, der als wichtigster Busoni-Schü-ler gilt, einem Niederländer, der in Hannover geboren und später amerikanischer Staatsbürger wurde. Vieles an dieser Aufnahme lebt von der Natürlichkeit, wären da nicht einige Variationen wie Nr. 7 oder 14, die Petri sehr eigen gestaltet und die daher aus der Organik ein wenig ausscheren. Das größte Kuriosum besteht wohl darin, dass er die Variationen 23 und 24 miteinander ver-zahnt, indem er nach dem ersten Teil von 23 den ersten von 24 folgen lässt, um dann die zweiten Teile in derselben Reihenfolge nachzureichen. Auf die Wiederholungen verzichtet er ganz. Das hat es wohl nie vorher und auch nie nachher wieder gegeben (Naxos).

Bei den Händel-Variationen darf man Claudio Arrau nicht über-gehen. Von ihm gibt es zwei Konzert-Mitschnitte, beide von 1963, aus Lugano und aus Schwetzingen, sowie eine spätere Studio-Produktion von 1978. Der Mitschnitt von den Schwetzinger Fest-spielen vom 26. Mai ist vielleicht der stimmigste, weil hier Spon-taneität und Texttreue eine gelungene Allianz bilden, da ist viel Geschmeidigkeit in seinem Spiel, und stellenweise grüblerische Schwere wie in Variation 20, bei der Arrau das Tempo reduziert und, auf dem Gewicht der Bassfiguren aufbauend, ein Traktat des Nachdenkens formuliert. So gesehen, steht diese Variation für sich, zumal er in Nr. 21 wieder zu zügigerem Vortrag zurückfindet (hänssler). Auch von Rudolf Serkin gibt es zwei Alternativen, eine 1957 aus Lugano live (Ermitage) und eine von 1980 (Sony).

1981 hat der kubanische Pianist Jorge Bolet, als ihn die Decca für sich entdeckt hatte, diese Variationen im Studio festgehal-ten (und zu jener Zeit auch mehrfach im Konzert gespielt, u. a. 1980 in Hamburg). Es ist eine Aufnahme, die Risiken nicht scheut, trotz wenig rekordverdächtiger Tempi, die die ganzen Dimen-sionen von Brahms’ Variationskunst aufzeigt, ihre Architektur, ihre dynamische Bandbreite und rhythmische Variabilität, ihre melancholischen und humoristischen Momente. Geprägt wird diese Aufnahme auch vom hellen Diskant des Bechstein-Flügels (Decca). Dass ein eher langsames Grundmaß auch zu zweifel-haften Ergebnissen führen kann, zeigt niemand so eindrucksvoll wie Daniel Barenboim 1972, der als vielleicht einziger Pianist die

10

30-Minuten-Marke knackt und dem Hörer viel Geduld abverlangt (DG)… Als Gegenpol sollte man auf Yves Nat zurückgreifen, der 1955 auffallend schnell unterwegs ist. So hat man beide Extreme.

Ein Muster an Sorgfalt und Genauigkeit liefert Murray Perahia. Manches gelingt ihm so leicht und filigran, als sei er gerade in einem der »Lieder ohne Worte« von Mendelssohn unterwegs. Dagegen gestaltet er den Beginn von Variation 13 wie eine Bari-ton-Arie im Verdi-Stil. Wie er sich in Nr. 23 hineintastet und dann beschleunigt, zeugt von Perahias kluger Gestaltungskunst. Diese Aufnahme sollte nirgends fehlen (Sony).

Dasselbe gilt für Julius Katchen. Was wären wir heute ohne seine Brahms-Aufnahmen? Viel ärmer! Die Händel-Variationen hat er 1958 und 1962 aufgenommen. Welche besser ist? Es gibt keine riesigen Unterschiede, und in jeder Brahms-Sammlung dürfen die Einspielungen des Amerikaners nicht fehlen (Decca).

Eine herausragende Aufnahme liefert Hardy Rittner, der die Hän-del-Variationen (als erster!?) auf einem historischen Flügel auf-genommen hat, auf einem Steinway, der um 1860 gebaut wurde, als Firmengründer Steinweg gerade in New York Fuß zu fassen versuchte. Rittner kommt nicht nur mit diesem alten Instrument mühelos zurecht, sondern auch mit der Musik von Brahms. Gerade diese schnellen Farbwechsel gestaltet er fantasiereich, die Proportionen zwischen schnell-langsam, hell-dunkel, klar-geheimnisvoll gelingen überzeugend (MDG).

Wer mit der originalen Klavierfassung, aus welchen Gründen auch immer, sich unwohl fühlt, sollte sich den Variationen über eine Orchesterfassung nähern, die Edmund Rubbra erstellt hat. Toscanini 1939 hat diese gespielt, später auch Vladimir Ash-kenazy (mit dem Cleveland Orchestra, Decca) und Neeme Järvi (mit dem London Symphony, Chandos).

Christoph Vratz

11

BIOGRAPHIE

Yuja WangDie Pianistin Yuja Wang, geboren 1987 in Beijing, bekam mit sechs Jahren ihren ersten Klavierunterricht am Cen-tral Conservatory of Music in Beijing, wo sie von Ling Yuan und Zhou Guan-gren unterrichtet wurde. Von 1999 bis 2001 nahm sie am Morningside Music summer program des Mount Royal Col-lege, einem künstlerisch-kulturellen Austauschprogramm zwischen Kanada und China, teil. Am Mount Royal Col-lege Conservatory begann sie ihre Studien bei Hung-Kuan Chen, bevor sie in die USA übersiedelte und ihr Studium bei Gary Graff-man am Curtis Institute of Music in Philadelphia fortsetzte und dieses 2008 abschloss. Yuja Wang wurde 2006 mit dem Gilmore Young Artist Award ausgezeichnet, 2010 folgte der renommierte Avery Fisher Career Grant.

Bereits 2001 spielte Yuja Wang ihren ersten Soloabend in der New Yorker Carnegie Hall, in der sie seither alljährlich auftritt. Daneben ist sie regelmäßig mit Soloabenden in den großen asi-atischen, europäischen und nordamerikanischen Musikzentren vertreten. 2003 gab sie ihr Konzertdebüt in Europa. 2006 trat sie erstmals mit dem New York Philharmonic auf, 2007 konzertierte sie erstmals mit dem Boston Symphony Orchestra. Im Jahr 2008 tourte sie mit der Academy of St. Martin in the Fields und Sir Neville Marriner durch die USA.

Seither arbeitete sie mit international führenden Orchestern wie den Orchestern von Chicago, Cleveland, Los Angeles, Philadel-phia, San Francisco und Washington, dem London Symphony Orchestra, dem New York Philharmonic, dem Orchestre de Paris, dem Königlichen Concertgebouworchester Amsterdam, den Berliner und den Münchener Philharmonikern, dem Orches-tra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, dem Orchester des Mariinsky-Theaters St. Petersburg, dem Israel Philharmo-nic, dem NHK Symphony Orchestra, der Berliner Staatskapelle sowie dem Tonhalle-Orchester Zürich, bei dem sie 2014/2015

12

Artist-in-Residence war. In der vergangenen Saison gab sie ihr Debüt mit den Wiener Philharmonikern. Zu den Dirigenten, mit denen sie in den vergangenen Jahren zusammenarbeitete, zäh-len u. a. so herausragende Persönlichkeiten wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Valery Gergiev, Michael Tilson Thomas, Anto-nio Pappano, Charles Dutoit und Zubin Mehta.

Höhepunkte dieser Saison sind Soloabende, Kammermusikkon-zerte und Solokonzert-Aufführungen u. a. bei den Festivals in Salzburg, bei Wolftrap in Vienna, Virginia, in Tangelwood, Verbier sowie beim Baltic Sea Festival. Dabei arbeitet sie mit Matthias Goerne, Leonidas Kavakos, Lionel Bringuier, Gustavo Gimeno und dem Boston Symphony Orchestra zusammen. Weitere Höhepunkt sind ihre Konzerte als Artist-in-Residence am China’s National Centre for the Performing Arts, eine ausgedehnte Solo-tour durch China und Japan, in den USA drei Aufführungen von Chopins Klavierkonzert Nr. 2 mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Yannick-Nézet-Séguin, eine neun Kon-zerte umfassende Asientournee mit dem San Francisco Sym-phony Orchestra unter Michael Tilson Thomas, Aufführungen von Ravels G-Dur-Klavierkonzert mit dem London Symphony Orchestra unter Gianandrea Noseda im New Yorker Lincoln Cen-ter und im New Jersey Performing Arts Center sowie eine ausge-dehnte Europatournee mit dem Orchestra dell’Accademia Nazio-nale di Santa Cecilia unter Antonio Pappano. Im Dezember gab sie zusammen mit dem Schlagzeuger Martin Grubinger Konzerte in Wien, München, Zürich und Tel Aviv. Den Beginn dieses Jah-res markierten Konzertreisen durch Europa und die USA mit dem Geiger Leonidas Kavakos. Ihre aktuelle Tournee führt sie außer nach Köln u. a. auch nach Amsterdam, Berlin, Paris, Wien und London.

Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums Sonatas & Etudes zeichnete das Magazin Gramophone Yuja Wang als Classic FM 2009 Young Artist of the Year aus. Für ihr zweites Album Trans-formation erhielt sie einen ECHO Klassik als »Young Artist of the Year«. Zusammen mit Claudio Abbado und dem Mahler Cham-ber Orchestra spielte sie die Paganini-Rhapsodie und das zweite Klavierkonzert von Rachmaninow ein. Die Aufnahme wurde für einen Grammy in der Kategorie »Best Classical Instrumental

13

Solo« nominiert. Ihr Album Fantasia vereint Solowerke von Albé-niz, Bach, Chopin, Rachmaninow, Saint-Saëns, Skrjabin und anderen. Als Live-Aufnahmen erschienen Einspielungen von Pro-kofjews zweitem und Rachmaninows drittem Klavierkonzert (mit Gustavo Dudamel und dem Simón Bolívar Symphony Orches-tra). Mit Leonidas Kavakos hat Yuja Wang die Violinsonaten von Brahms aufgenommen. Im Herbst 2015 erschien ihr Ravel-Album, das sie mit dem Tonhalle-Orchester Zürich eingespielt hat.

In der Kölner Philharmonie war Yuja Wang zuletzt im Januar 2016 zu erleben.

14

Centrum Köln

Vom Einsteigerklavier bis zum Konzertfl ügel – besuchen Sie das

C. Bechstein Centrum Köln!

C. Bechstein Centrum KölnIn den Opern Passagen · Glockengasse 6 · 50667 KölnTelefon: +49 (0)221 987 428 [email protected] · bechstein-centren.de

15

KÖlNMUsIK-VORscHAU

April

SA

0820:00

Grigory Sokolov Klavier

Wolfgang Amadeus MozartSonate für Klavier C-Dur KV 545

Fantasia c-Moll KV 475

Sonate für Klavier c-Moll KV 457

Ludwig van BeethovenSonate für Klavier Nr. 27 e-Moll op. 90

Sonate für Klavier Nr. 32 c-Moll op. 111

MO

1020:00

Chamber Orchestra of EuropeSir András Schiff Klavier, Leitung

Johann Sebastian BachNr. 2: Ricercar a 6aus: Musikalisches Opfer BWV 1079 für Instrumentalensemble

Béla BartókMusik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta Sz 106

Johannes BrahmsKonzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 83

●A Internationale Orchester 6 Philharmonie für Einsteiger 5

DO

1321:00

Scherzi MusicaliNicolas Achten Leitung

Vokalwerke von Emilio de’ Cavalieri, Johann Rosenmüller, Alessandro Stradella, François Couperin, Joseph Hector Fiocco und Giacomo Carissimi

Barockmusik der Karwoche – Tenebrae

Aus dem Land, das Alte-Musik-Titanen wie René Jacobs und Philippe Herre-weghe hervorgebracht hat, kommt das von Nicolas Achten geleitete belgische Ensemble Scherzi Musicali. Seit seiner Gründung im Jahr 2006 zählt dieses Gesangs- und Instrumentalkollektiv weltweit zu den besten seines Fachs. Mit mal eindringlichen, mal höchst bril-lanten Vokalwerken von italienischen Barockmaestri und ihren französischen Zeitgenossen Charpentier und Couperin spürt man nun jenen musikalischen Gepflogenheiten nach, wie sie in der Karwoche üblich waren.

SO

1615:00

FilmforumOstersonntag

Der Lieblingsfilm von Teodor Currentzis

Die Farbe des GranatapfelsUdSSR 1968, 88 Min. Regie: Sergej Paradschanow mit: Sofiko Tschiaureli, Melkon Aleksanyan u. v. m.

Medienpartner: choices

Karten an der Kinokasse

KölnMusik gemeinsam mit Kino Gesellschaft Köln

Restored in 2014 by Cineteca di Bologna/L’Immagine Ritrovata and The Film Foundation’s World Cinema Project, in association with the National Cinema Centre of Armenia and Gosfilmofond of Russia. Restoration funding provided by the Material World Charitable Foundation and The Film Foundation.

16

SA

2219:00

Robin Johannsen Sopran Sophie Harmsen MezzosopranChristian Senn Bariton Mark Milhofer Tenor Sunhae Im SopranMarcos Fink Bassbariton

Vokalakademie Berlin

Freiburger BarockorchesterRené Jacobs Dirigent

Wolfgang Amadeus MozartCosì fan tutte ossia La scuola degli amanti KV 588 Konzertante Aufführung

1997 war für die Mozart-Opernwelt ein epochales Jahr. Damals gab René Jacobs sein Mozart-Debüt mit »Così fan tutte« und sorgte zusammen mit Concerto Köln für ein rauschendes Buffa-Fest. Doch zum Glück beschäftigt er sich mit den Da-Ponte-Opern immer wieder neu. Und so hat Jacobs nach der herausragenden konzertanten Auffüh-rung von »Le Nozze di Figaro« 2013 nun erneut das Freiburger Barockorchester sowie ein junges Weltklasse-Vokalen-semble eingeladen, diesmal wieder mit »Così fan tutte« auf höchstem Niveau zu unterhalten.

●A Operette und … 4

DI

2520:00

Les Vents Français Emmanuel Pahud Flöte François Leleux Oboe Paul Meyer Klarinette Gilbert Audin Fagott Radovan Vlatković Horn Eric Le Sage Klavier

Camille Saint-SaënsCaprice sur des airs danois et russes op. 79 für Flöte, Oboe, Klarinette und Klavier

Louis SpohrQuintett für Klavier, Flöte, Klarinette, Horn und Fagott c-Moll op. 52

Francis PoulencTrio für Oboe, Fagott und Klavier FP 43

Sextett für Holzbläserquintett und Klavier FP 100

Robert SchumannNachtstücke op. 23 für Klavier

19:00 Einführung in das Konzert durch Bjørn Woll

●A Kammermusik 5

MI

2620:00

Asasello Quartett Rostislav Kozhevnikov Violine Barbara Kuster Violine Justyna Śliwa Viola Teemu Myöhänen Violoncello

Johannes BrahmsStreichquartett Nr. 1 c-Moll op. 51,1

Alfred SchnittkeStreichquartett Nr. 3

Peter Iljitsch TschaikowskyStreichquartett Nr. 3 es-Moll op. 30 ČS 92 – »à la mémoire de F. Laub«

●A Quartetto 6

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Mittwoch05.04.2017

20:00

Foto

: Tho

mas

_Dor

n

Jean-Guihen Queyras

Violoncello

Keyvan Chemirani Zarb, Daf Bijan Chemirani Zarb, Daf Sokratis Sinopoulos Kamancheh, Lyra

Méditerranée

19:00 Einführung in das Konzert durch Bjørn Woll

18

Mai

DO

0420:00

Victor Hanna PercussionSamuel Favre PercussionDimitri Vassilakis Klavier

Ensemble intercontemporainBruno Mantovani Dirigent

Unsuk Chin im Porträt I

Unsuk Chincosmigimmicks – für Ensemble

Doppelkonzert für Klavier, Schlagzeug und EnsembleAllegro ma non troppo Fassung für Schlagzeug solo und Tonband

Gougalon Szenen eines Straßentheaters für Ensemble

Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes

Medienpartner: k.west

Zu diesem Konzert findet der Wett-bewerb »Kritiker gesucht« statt. Infor-mationen und Teilnahmebedingungen dazu unter achtbruecken.de.

19:00 Einführung in das Konzert durch Stefan Fricke gemeinsam mit Unsuk Chin

IHR NäcHsTEs ABONNEMENT-KONZERT

Fr

16Juni

20:00

Benjamin Grosvenor Klavier

Robert Schumann Arabeske C-Dur op. 18 (1838 – 39)für Klavier

Wolfgang Amadeus Mozart Sonate für Klavier B-Dur KV 333 (315c) (1783)»Linzer Sonate«

Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier Nr. 14 cis-Moll op. 27,2 (1801)»Sonata quasi una fantasia« (»Mondscheinsonate«)

Alexander Skrjabin Sonate Nr. 2 gis-Moll op. 19 (1892 – 1897)für Klavier »Sonate-fantaisie«

Enrique Granados Los requiebrosEl Fandango de candilaus: Goyescas (1913 – 15)für Klavier nach Bildern von Goya

Franz Liszt Rhapsodie espagnole (Folies d’Espagne et jota aragonesa) S 254 (1858)für Klavier

19:00 Einführung in das Konzert

●A Piano 6

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Montag10.04.2017

20:00

Foto

: Hei

ke_F

isch

er

Sir András Schiff Klavier und Leitung

Johann Sebastian Bach Ricercar a 6aus: Musikalisches Opfer BWV 1079

Béla Bartók Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta Sz 106

Johannes Brahms Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 83

Chamber Orchestra of Europe

10.04_105x205_SD.indd 1 02.02.17 16:53

Redaktion: Sebastian LoelgenCorporate Design: hauser lacour kommunikationsgestaltung GmbHTextnachweis: Die Texte von Matthias Corvin und Christoph Vratz sind Original-beiträge für dieses Heft. Fotonachweise: Yuja Wang © Kirk Edwards Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH

Kulturpartner der Kölner Philharmonie

Philharmonie-Hotline 0221 280 280 koelner- philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie!

Herausgeber: KölnMusik GmbHLouwrens LangevoortIntendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbHPostfach 102163, 50461 Köln koelner- philharmonie.de

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Samstag08.04.2017

20:00

Foto

: Hei

ke_F

isch

e

Grigory Sokolov

spielt Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven

08.04_105x205_SK.indd 1 23.01.17 11:15