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Mobbing am Arbeitsplatz DI (Fh) Karl-Heinz Hellinger, Betriebsseelsorger, Mobbingreferent

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Mobbing am Arbeitsplatz

DI (Fh) Karl-Heinz Hellinger, Betriebsseelsorger, Mobbingreferent

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A. Betriebsseelsorge der Diözese Linz

• Tritt ein für Würde und Gerechtigkeit in Wirtschaft und Arbeitswelt

•Sprachrohr für Menschen, die unter ungerechten Strukturen leiden

•Vernetzt mit den anderen Arbeiterorganisationen, mit Bewegungen und Netzwerken der Solidarität

•Schafft Raum für Erfahrungsaustausch, Bildung, Entwicklung des persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Bewusstseins

•Neun Zentren

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B. Grundaussagen zu Mobbing

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1. Was ist Mobbing?

•Kontextbezogene Wahrnehmung feindseliger Handlungen einzelner oder einer Gruppe

•Wahrgenommene Handlungen müssen häufiger auftreten und über einen längeren Zeitraum andauern

•Unmöglichkeit aufgrund sozialer, ökonomischer, physischer oder psychischer Charakteristika, sich zu wehren oder der Situation zu entkommen.

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•Grauzone zwischen erlaubten und verbotenen Handlungen

•Oft intrigant, verdeckt initiiert, hinter „Scherzen“ ver- steckt oder völlig anonym

•Böswilligkeit nur schwer zu beweisen

•Oder sie werden mit „objektiven Daten“ unterfüttert

•Arglosigkeit und Schwachstellen des Opfers werden ausgenutzt

•Möglichkeiten einer gleichberechtigten Auseinandersetzung ausgeschlossen

•Gegenwehr wird vereitelt oder systematisch untergraben

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2. Häufigkeit

•Deutschland: 3 von 100 Beschäftigten•Österreich: 5 – 7%•Österreichisches Krankenhaus: 7,8%

Quelle: Niedl, 2005

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3.Verlauf des Mobbing

Phase 1: Ungelöster KonfliktSchuldzuweisungen, Persönliche Angriffe

Phase 2: Psychoterror beginnt Konflikt in Hintergrund, systematische Schikanen, Isolation Phase 3: Arbeitsrechtliche SanktionenVerunsicherung, Fehler, Abmahnungen, Versetzung, Drohungen

Phase 4: Ärztliche und therapeutische Fehldiagnosen

Phase 5: AusschlussKündigung, Auflösungsvertrag

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4. Betriebliche Stellung

Deutschland: 38,2% Vorgesetzte alleine

12,8% Vorgesetzte mit Kollege/n

Österreich: 38,2% Vorgesetzte – Krankenhaus

(Niedl, 2005)

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Typische Mobber: männlicher Vorgesetzter zwischen 34 und 54 Jahre lange im Betrieb

5. Täter

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6. Mobbing-Handlungen

• ArbeiterInnen: Verbale Sticheleien

• AngestelltInnen: Ausgrenzen und isolieren

• BeamtInnen: „Wissen ist Macht“

• Frauen: Angriffe auf sozialer Ebene

• Männer: Fachliche Kompetenz

„Macher, die alles im Griff haben...(müssen)

• Jüngere: Kritik an Arbeitsleistung

• Ältere: Arbeitsentzug „ Altes Eisen“

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7. UrsachenOrganisation•Fehlende soziale Unterstützung

•Geringe Handlungsspielräume

• Abstinenz beim Konflikt-Management

•Stressreiche Arbeitsbedingungen

•Neue: Entlastung der Gruppe von alten Konflikten

•Frust

•Angst vor: Verlust des Arbeitsplatzes

Umstrukturierungen und Vorgesetztenwechsel

Einführung neuer Systeme

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Mobbing nimmt zu, weil sich viele Betriebe umorientieren, aber nicht unbedingt ihre Steuerungs- und Führungsinstrumente der ver-änderten Situation anpassen.

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Gruppe•Außenseiter•Neid•Wettbewerb um Gunst des Vorgesetzten•Schlechtes Betriebsklima

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Es gibt weder den typischen Mobbingbetroffenen,noch generelle Verhaltensmuster, die vor Mobbing schützen. Akteure sind häufig Symptomträger aber nicht Ursache des Problems: in 2/3 der Betriebe gab es vor dem Mobbing bereits andere Fälle und in drei von fünf Fällen gab es zeitgleich zu den Befragten weitere Betroffene. (Mobbingreport, 2002)

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Täter•„Inoffizielle Personalarbeit“

•Aus persönlichen Gründen

•Nicht bewusstes Mobbing (dritthäufigste Ursache)

•Defizite im Führungsverhalten

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8. Folgen

Betroffene• bei 98,7% Auswirkungen auf Arbeits- und Leistungsverhalten

Demotivation, Misstrauen, Nervosität, Verunsicherung, Rückzug

• 43,9% erkrankten, davon fast die Hälfte mehr als 6 Wochen

Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Migräne, Atemnot, Lähmungs-

erscheinungen, Neurodermitis, Depressionen, Erkrankungen im

Magen-, Darmbereich, Herz-/Kreislauf- und Krebserkrankungen

• Von 1.700 Suiziden in Österreich gehen 170 auf Mobbing zurück

Niedl, 2005 geht von 20 bis 25% aus

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9. Gesellschaftspolitische Dimension

• Abbau von 30 Millionen Arbeitsplätzen in den 20 größten Volks-

wirtschaften der Erde von 1995 bis 2002

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• Im Durchschnitt verliert heute ein/e ArbeitnehmerIn alle 1 ¼ Jahre

seinen/ihren Arbeitsplatz• Atypische Beschäftigung: im Einzelhandel stieg die geringfügige

Beschäftigung seit 1997 um 29%• Risikoverlagerung vom Unternehmen auf den Einzelnen: weniger

Einkommen, Pension und Kaufkraft, erhöhte burn-out-Gefahr• Stichwort: working poor – Armut trotz Erwerbsarbeit

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Die Arbeiter sind in den letzten Jahren ununterbrochen ver-

dächtigt worden: der Faulenzerei, der Lohntreiberei, der

Sozialschmarotzerei. Heute macht in vielen Betrieben die

halbe Belegschaft die doppelte Arbeit, für weniger Geld...

(Peter Turrini, 2005)

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10. Mobbing-Management

Arbeitsklima in der Gruppe und Führungsstil = Arbeitszufriedenheit

Professionelle Arbeitsplatzqualität erhöht Unternehmenserfolg und Wettbewerbsfähigkeit

Gründe für Ausscheiden aus Betrieb: Fehlverhalten des Vorgesetzten/ soziale Beziehungen

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Präventions-, Konflikt-, Integrationsmanagement

•Klare Strukturen, Aufgaben, Verantwortlichkeiten•Transparenz in Bezug auf Entscheidungen•Führungsverhalten, Motivation, Kommunikation •Konfliktmanagement•Krisen: Informationsveranstaltungen, Teamentwicklung• Sensibilisierung und Aufklärung•Vorbildfunktion•Schwerpunktthema: Betriebsräte, Gleichstellungsbeauftragte ect.•Betriebsvereinbarungen•Schlichtungsmodelle, Mobbingbeauftragte•Supervision, Mediation

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C. Drei Säulen der Mobbingberatung

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• Frequenz stark schwankend – 100 Anrufe/Jahr

• Mehr ältere Arbeitnehmer

• Oftmals Vorgesetzte (Wechsel, Neuübernahmen, Verkauf, Generationswechsel)

• Häufiges Motiv: Ersparen von Ansprüchen, ältere, teure AN loswerden wollen

• Problem: Leute die keine Alternative haben und existentiell angewiesen sind. Große Verzweiflung und Aussichtslosigkeit

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Erstberatung in den regionalen Zentren

Bewusstseinsbildung und Information

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•Anonym

•Kostenlos

•Hilfe für den nächsten Schritt

•Verantwortung für Problemlösung bleibt beim Anrufer

•Keine Therapie

•Ressourcenorientiert

•Vernetzt

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Wirkmechanismen, Interventionen • Analyse

• Kommunikation

• Bestätigung außerhalb des Problemsystems

• Problemtrance

• Musterunterbrechung

• Täter – Ausstieg ohne Gesichtsverlust

• Innerbetriebliche Veränderungen

• Perspektiven-Wechsel

• Fokus auf Eigenanteile

• Unterschiede, Ausnahmen, Verankerung

• Verschärfung

• Neue Konfliktlösestrategien

• Supervision und Begleitung

• Betriebsrat

• Zukunft

• Ärgerbewältigung

• Vernetzung

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Was möchte der Betroffene?

Bleiben: Alles was auf die rechtliche Schiene führt, möglichst unterlassen. Anstatt zum Vorgesetzten zu gehen, zur Gewerkschaft oder zum Betriebsrat, Begleitung eines neutralen Beraters in Anspruch nehmen.

Wenn es keinen Sinn mehr macht: Dokumentieren und rechtliche Hilfe

Ein Mobbingkonflikt kann meist nur wirklich gelöst werden, wenn die Parteien getrennt werden.

Hat sich Mobbing im Betrieb festgesetzt, wird man es nur schwer wieder los! Deshalb kommt der Prävention so große Bedeutung zu.

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•Was wäre, wenn... ?

•Es gibt ein Leben außerhalb der Arbeit!

•Kraft gewinnen kann man nur an Orten und mit Personen,

die mit dem Mobbing nichts zu tun haben.

•Flüchten ist anständig! Man muss nicht bis zum

Untergang kämpfen. Man darf auch gehen. Es gibt mehr

als das Leben im Konflikt.

•Könnte es hilfreich sein, dahin zu kommen, sich das Leben

nicht versauen zu lassen und an Konflikten kleben zu bleiben?,

nach dem Motto: Gibt es ein Leben nach dem Mobbing?

(Guido Lorenz)

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•Der Konstruktivismus macht uns darauf aufmerksam, dass der

Mensch die Wirklichkeit, in der er denkt, fühlt und handelt, d.h.

„seine Welt“ selbst konstruiert.

•Wir sind in dem, was wir wahrnehmen, weit mehr von innen als

von außen determiniert. (Siegfried Essen)

•Viele Konflikte lassen sich vermeiden, wenn man anerkennt,

dass man den anderen nicht ändern kann.

•So wie ich mir die Welt imaginiere, ist sie.

•Wenn ich den Chef als „A...“ imaginiere, ist er eines...

•Den Chef kann ich nicht verändern. Aber die Imagination.

(Dr. Bartl)