22
1 MoBi Mathematik A 1. Mathematische Logik Carl Herrmann Health Data Science Unit - BioQuant and Medical Faculty Heidelberg October 7, 2019

MoBi Mathematik A 1. Mathematische Logikbioinfo.ipmb.uni-heidelberg.de/.../01_Logik.pdfMathematische Logik Carl Herrmann Health Data Science Unit - BioQuant and Medical Faculty Heidelberg

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • 1

    MoBi Mathematik A

    1. Mathematische Logik

    Carl Herrmann

    Health Data Science Unit - BioQuant and Medical Faculty Heidelberg

    October 7, 2019

  • 2

    1.1 Einführung

  • 3

    Logische Aussagen

    Logische Aussagen bilden den Grundstein der Logik.

    Beispiele von logischen Aussagen:

    I 3 > 2

    I 2 > 5

    I ”es ist kalt”

    I A ⊂ BFolgende Beispiele sind KEINE logischen Aussagen:

    I ”Gib mir das Buch!”

    I ”wo bin ich?”

    Definition/Zuweisung:

    A :⇐⇒ ”es ist kalt”

  • 4

    Eigenschaften von Aussagen

    1. Aussagen sind wahr oder falsch.

    2. Zwei Aussagen sind äquivalent, wenn sie den gleichen

    Wahrheitsgehalt haben (Überprüfung über

    Wahrheitstabellen, siehe später!)

    Schreibweise der Äquivalenz: A ⇐⇒ BI ”A ist äquivalent zu B”I ”A dann und nur dann wenn B”I ”A if and only if B”

    3. man kann Aussagen verneinen ¬A4. man kann Aussagen verknüpfenn anhand von Junktoren

    I und: A ∧ BI oder: A ∨ BI Kontravalenz A∨̇B (”entweder oder aber nicht beides”)

  • 5

    Wahrheitstabellen

    Man kann den Wahrheitsgehalt einer Aussage über eine

    Wahrheitstabelle bestimmen

    A B A ∨ B A ∧ B A∨̇B ¬A ¬B A ⇐⇒ Bw w w w f f f w

    w f w f w f w f

    f w w f w w f f

    f f f f f w w w

    Satz von Morgan:

    ¬(A ∨ B) ⇐⇒ ¬A ∧ ¬B¬(A ∧ B) ⇐⇒ ¬A ∨ ¬B

  • 6

    Implikationen

    A⇒ B : ”wenn A, dann folgt B”

    A B A⇒ Bw w w

    w f f

    f w w

    f f w

    Schwer, intuitiv zu verstehen, da zwischen A und B nicht

    notwendigerweise ein logischer Zusammenhang besteht:

    I ”Wenn Schweine fliegen können, dann werde ich 100 Jahrealt”: Implikation ist wahr (siehe Tabelle)

    I ”Wenn der Mond hell leuchtet, dann besteht er aus Käse”:Implikation ist falsch

  • 7

    Implikationen

    A⇒ B:I A ist eine hinreichende Bedingung für B

    I B ist eine notwendige Bedingung für A

    Beispiel:

    I ”Wenn ein Tier ein Primate ist, dann ist es ein Wirbeltier”:P ⇒WI Wirbeltier notwendige Bedingung: wenn ein Tier kein

    Wirbeltier ist, dann kann es kein Primate sein (notwendig!)I Primate hinreichende Bedingung: wenn ein Tier ein Primate

    ist, dann ist es auch notwendigerweise ein Wirbeltier!

  • 8

    Implikationen

    Es gilt:

    (A ⇐⇒ B) ⇐⇒ (A⇒ B) ∧ (B ⇒ A)

    A B A ⇐⇒ B A⇒ B B ⇒ A (A⇒ B) ∧ (B ⇒ A)w w

    w f

    f w

    f f

  • 9

    Aussageformen

    I Aussageformen sind ”Aussagen mit Variablen”I Beispiel:

    I A(x , y) :⇐⇒ ”Person x ist mit Person y verheiratet”I C (n) :⇐⇒ ”Zahl n durch 2 teilbar

    x , y , n sind Variablen, die unterschiedliche Werte inbestimmten Mengen annehmen können.I n ∈ N : natürliche ZahlenI x , y ∈ P : Menge der Personen im Heiratsalter

    I Achtung! Aussageformen sind weder richtig noch falsch!I Aussageformen werden zu Aussagen, wenn die Variablen

    bestimmte Werte annehmenI C (5) ist eine Aussage, die falsch istI C (4) ist eine Aussage, die wahr ist

  • 10

    Quantoren

    I Quantoren sind Operatoren, mit denen man ausAussageformen Aussagen bilden kann

    I Übliche Quantoren:I ∀ : ”für jedes”

    (Beispiel: ∀x ∈ R : x2 ≥ 0I ∃ : ”es gibt”

    Beispiel: ∀x ∈ R∗,∃y ∈ R : xy = 5I ∃! : ”es gibt ein einziges”

    Beispiel: ∀x ∈ R∗,∃!y ∈ R : xy = 1I @ : ”es gibt kein”

    Beispiel: @x ∈ R : x · 0 = 1

  • 11

    Aussageformen und Mengen

    I Man kann anhand von Aussageformen Mengen definierenI A = {n ∈ N : C (n)} : alle natürlichen Zahlen, die durch 2

    teilbar sindI B = {n ∈ Z : C (n)} : alle ganze Zahlen, die durch 2 teilbar

    sindI V = {x ∈ P : ∃y ∈ P : A(x , y)} : alle verheirateten Personen

    I V in Worte: ”Menge aller Personen x , sodass es eine Person ygibt, sodass x und y verheiratet sind.”

    I das Doppelzeichen ”:” in der Klammer bedeutet”...sodass...”oder ”...das die Bedingung erfüllt”

  • 12

    Verneinung von Aussagen mit Quantoren

    I BeispielI A :⇐⇒ ”es gibt ein Tier x , das ein Wirbeltier ist”I ¬A :⇐⇒ ”für jedes Tier x gilt: es ist kein Wirbeltier”

    I hier ist A wahr und ¬A falsch!I mit Quantoren:

    I A :⇐⇒ ∃x ∈ T : W (x)(wobei T die Menge aller Tiere ist, und W (x) die Aussageform”x ist ein Wirbeltier”)

    I ¬A :⇐⇒ ∀x ∈ T : ¬W (x)I Also gilt: die Verneinung einer Aussage mit ”es gibt” führt zu

    einer Aussage mit ”für alle”

  • 13

    Verneinung von Aussagen mit Quantoren

    I BeispielI A :⇐⇒ ”für alle Primaten x gilt: x ist ein Wirbeltier”I ¬A :⇐⇒ ”es gibt einen Primaten x für das gilt: x ist kein

    Wirbeltier”

    I hier ist A wahr und ¬A falsch!I mit Quantoren:

    I A :⇐⇒ ∀x ∈ P : W (x)(wobei P die Menge aller Primaten ist, und W (x) dieAussageform ”x ist ein Wirbeltier”)

    I ¬A :⇐⇒ ∃x ∈ P : ¬W (x)I Also gilt: die Verneinung einer Aussage mit ”für alle... führt

    zu einer Aussage mit ”es gibt...”

  • 14

    1.2 Wahre Aussagen und Beweise

  • 15

    Wahre/falsche Aussagen

    Woher weiß man, ob eine Aussage wahr oder falsch ist?

    I falsche Aussagen: ein Gegenbeispiel genügt, um sie zuwiderlegen!

    I Beispiel: ∀x ∈ T : W (x)Falsch, denn Gegenbeispiel: x = Fliege!

  • 16

    Wahre Aussagen

    Verschiedene Arten von wahren Aussagen in der Mathematik

    I Axiom : wahr per DefinitionI Geometrie: ”Zu jeder Geraden und jedem Punkt, das nicht auf

    der Geraden liegt gibt es genau eine andere Gerade durch

    diesen Punkt, die parallel zur ersten verläuft”I Arithmetik ”Jede natürliche Zahl hat genau einen Nachfolger”

    Axiome sind Grundsätze einer Theorie (Beispiel: euklidische

    Geometrie)

    I Lemma / Satz / Theorem: müssen bewiesen werden!I arithmetischer Grundsatz: ”Jede natürliche Zahl kann durch

    ein Produkt von Primzahlen dargestellt werden”

  • 17

    Wahre Aussagen

    I Vermutungen: sind (noch) nicht bewiesen!I Fermat Vermutung: ”die Gleichung an + bn = cn hat für n > 2

    keine lösung mit a, b, c positive natürliche Zahlen”I im 17. Jahrhundert von Pierre Fermat formuliert, 1994 von

    Andrew Wiles bewiesen (also keine Vermutung mehr, sondern

    Satz!)I 4-Farben Vermutung: ”Jede Karte kann mit 4 Farben bemalt

    werden, sodass keine zwei benachbarten Länder die gleiche

    Farbe haben”I 1852 formuliert, 2005 durch Aufzählung aller 633 möglichen

    Fälle bewiesen.

    I es gibt noch eine Reihe ungelöster Vermutungen:https://www.claymath.org/millennium-problems

  • 18

    Beweise

    Es gibt verschiedene Arten von Beweisen:

    direkter Beweis: leitet den Satz aus anderen bekannten wahren

    Aussagen her

    I Beispiel: Primate?⇒ Wirbeltier

    I Beweis: bekannt sei : (a) Primate ⇒ Säugetier und (b)Säugetier ⇒ Wirbeltier. Aus (a) und (b) und der Eigenschaftder Transitivität der Implikation folgt:

    Primate ⇒ WirbeltierDas Symbol steht für ”quod erat demonstrandum”(”dies war

    zu beweisen”) und steht am Ende eines Beweises.

  • 19

    Beweise

    Kontraposition

    I beruht auf der Eigenschaft A⇒ B ⇐⇒ ¬B ⇒ ¬A (kannüber eine Wahrheitstabelle überprüft werden!)

    I Beispiel: Beweis von r irrational ⇒√r irrational

    I man beweist stattdessen:√r rational ⇒ r rational

    I Beweis:

  • 20

    Beweise

    indirekter Beweis

    I man verneint die Behauptung

    I man versucht, einen Widerspruch zu zeigen

    I das bedeutet, dass die Verneinung falsch sein muss, also istdie ursprüngliche Aussage wahr!

    I Beispiel:√

    2 ist irrational

    I Beweis:

  • 21

    Beweise

    vollständige Induktion: wird verwendet, um Aussagen zu

    natürlichen Zahlen ∀n ∈ N : A(n) zu beweisen.I besteht aus 2 Schritten

    1. Induktionsanfang: man zeigt, dass A(0) wahr ist (oder A(1)

    wenn n ∈ N∗)2. Induktionsschritt: man zeigt, dass A(n)⇒ A(n + 1) (also wenn

    A(n) gilt, dann gilt auch A(n + 1))

    I Beispiel: A(n) :⇐⇒∑n

    i=1 i =12n(n + 1)

  • 22

    Vertändnisfragen

    1. Versuchen Sie die Kontravalenz anhand der

    Junktoren/Negation auszudrücken!

    2. Finden Sie Beispiele von notwendigen und hinreichenden

    Bedingungen!

    3. Zeigen Sie, dass A⇒ B ⇐⇒ ¬B ⇒ ¬A