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FORSCHUNG Berechnung und Simulation 520 MTZ 6/2003 Jahrgang 64 Modellbasierte Online- Optimierung moderner Verbrennungsmotoren Teil 2: Grenzen des fahrbaren Suchraums Der erste Teil dieses zweiteiligen Beitrags stellte die Basis des mbminimize-Algorithmus vor, der von der Universität Tübingen in Zusammenarbeit mit der BMW Group zur modellbasierten Online- Optimierung von Verbrennungsmotoren entwickelt wurde. Der vorliegende Artikel beschreibt die Erweiterungen hinsichtlich der Behandlung von Motorlimits wie zum Beispiel Motorklopfen. Den Schwerpunkt stellen Modelle für Motorlimits dar, die es erlauben, den Suchraum sukzessive und kontrollierbar einzuschränken.

Modellbasierte Online-Optimierung moderner Verbrennungsmotoren

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Page 1: Modellbasierte Online-Optimierung moderner Verbrennungsmotoren

FORSCHUNG Berechnung und Simulation

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Modellbasierte Online-Optimierung modernerVerbrennungsmotorenTeil 2: Grenzen des fahrbaren SuchraumsDer erste Teil dieses zweiteiligen Beitrags stellte die Basis desmbminimize-Algorithmus vor, der von der Universität Tübingen inZusammenarbeit mit der BMW Group zur modellbasierten Online-Optimierung von Verbrennungsmotoren entwickelt wurde. Dervorliegende Artikel beschreibt die Erweiterungen hinsichtlich derBehandlung von Motorlimits wie zum Beispiel Motorklopfen. DenSchwerpunkt stellen Modelle für Motorlimits dar, die es erlauben,den Suchraum sukzessive und kontrollierbar einzuschränken.

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1 Einführung

In den vergangen Jahren wurde die Zahlder Einstellparameter des Motors drastischerhöht, um den Anforderungen seitens desGesetzes und seitens der Kunden gerechtzu werden. Zur Kalibrierung der Motor-steuergeräte etablierte sich die Methodeder Offline-Optimierung, die eine Tren-nung zwischen Prüfstandsbetrieb undrechnergestützter Datenauswertung ver-folgt [1], [2] und [3].

Automobilhersteller streben heute dievollautomatisierte Motorkalibrierungdirekt am Prüfstand an. Bereits existenteOnline-Optimierungsverfahren sind dasCameo-System [5] und das Vega-System[6]. Im ersten Teil dieses Beitrags [4] wurdeder mbminimize-Algorithmus als Online-Optimierungsalgorithmus eingeführt. Diezugrunde liegende Idee ist die Ausnutzungder bei Messungen gewonnenen Informa-tion für den weiteren Prozess. Dieses Vor-gehen ist als Aktives Lernen oder Querybekannt. Aus Zielfunktionsmodellen wirdder Informationsgewinn bestimmt, derdurch eine neue Messung erreichbar ist.Punkte, die dieses so genannte Querykrite-rium maximieren, werden als nächstes amPrüfstand vermessen.

Motorlimits werden in Offline-Optimie-rungssystemen meist durch Modellbil-dung und den dadurch eingeschränktenSuchraum behandelt. Die manuelle Verifi-kationsmessung stellt sicher, dass widerErwarten nichtfahrbare Optimakandida-ten erkannt werden und somit kein Motor-schaden auftritt. Anders ist dies bei derOptimierung des Motors direkt am Prüf-stand. Die bisher bekannten Verfahren

zur Suchraumeinschränkung erscheineneinerseits zu restriktiv und andererseits zuwenig mit dem eigentlichen Online-Opti-mierungsverfahren verschmolzen. DieserBeitrag beschreibt die Limitbehandlunginnerhalb des mbminimize-Algorithmus.Sie besteht aus einer kontrollierten Reakti-on auf Limitverletzungen und einer robus-ten Limitmodellierung. In Bild 1 ist exem-plarisch die Möglichkeit einer geometri-schen Suchraumeingrenzung gezeigt. Hierwurde zur reinen sternförmigen Hülleeine steuerbare Restriktivität ergänzt, dieder Tatsache gerecht werden soll, dassnahe bestimmter Suchraumgrenzen oftsehr gute Verbrauchs- und Abgaswerteerzielt werden.

2 Klassifikation der Limitverletzungen

Die wichtigste Anforderung an eine Limit-behandlung ist die kontrollierte Reaktionauf erkannte Limitverletzungen. Mit einerrobusten Verstellstrategie muss der Motormöglichst schnell zurück in fahrbareBereiche gesteuert werden. Um weitereLimitverletzungen nach Möglichkeit zuvermeiden, ist es notwendig, den fahrba-ren Suchraum möglichst genau zu identi-fizieren. Die Optimierung des Zielfunkti-onsmodells und der Prozess des aktivenLernens werden dadurch zu Optimie-rungsproblemen mit eingeschränktemSuchraum.

Ein kontinuierliches, reellwertigesMinimierungsproblem in d Dimensionenmit beschränktem Suchraum ist durch dieAngabe einer Zielfunktion f und einesSuchraums S ⊂ ℜd, der durch lineare und

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Die Autoren

Dipl.-Phys. KosmasKnödler war wissen-schaftlicher Ange-stellter am Lehrstuhlfür Rechnerarchitek-tur der UniversitätTübingen.

Dr. Jan Poland warwissenschaftlicherAngestellter am Lehr-stuhl für Rechnerar-chitektur der Univer-sität Tübingen.

Dipl.-Ing. ThomasFleischhauer arbeitetals Ingenieur undAlgorithmenentwick-ler bei der BMWGroup.

Dr.-Ing. AlexanderMitterer arbeitet alsIngenieur und Algo-rithmenentwickler beider BMW Group.

Dipl.-Ing. StephanUllmann ist Dokto-rand bei der BMWGroup im BereichMotorentwicklung.

Prof. Dr. Andreas Zellleitet den Lehrstuhlfür Rechnerarchitek-tur der UniversitätTübingen.

Bild 1: Von einem Zentralpunkt aus werden alle Punkte des Anfangdesigns sternförmig angefahren. Große Punkte kennzeichnen die dabei aufgetretenen Limitverletzungen, der dunkelgraue Bereich den nichtfahrbaren Suchraum. Von links nach rechts nimmt die Restriktivität abFigure 1: The dotted lines show the paths from the central point to all points of the initial design. The fat marks represent limit violations, that are used afterwards to construct the dark grey labelled infeasible search space. The restrictivity is reduced from left to right

1 Einführung

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nichtlineare Funktionen begrenzt ist, defi-niert, Gl. (1).

Durch die Vektoren xmin und xmax, diephysikalischen Grenzen der Einstellpara-meter, ist S auf einen Hyperkubusbegrenzt. Die Matrix A und der Vektor bdefinieren statische lineare Grenzen, dieFunktionen c(x) nichtlineare Grenzen. Bei-spiele für eine Zielfunktion f sind der zuminimierende Kraftstoffverbrauch oderdas zu maximierende Drehmoment desMotors. Lineare Limits entsprechen funk-tionalen Abhängigkeiten bestimmterMotorparameter untereinander. Stan-dardbeispiele für nichtlineare Limits sinddas Motorklopfen, die Laufruhe oder dieAbgastemperatur. Der Verlauf der Funk-tionen c(x) ist vor Beginn des Optimie-rungsprozesses nur sehr ungenau oderüberhaupt nicht bekannt. Im günstigstenFall können Erfahrungswerte von einerfrüheren auf die neue Motorgenerationübertragen werden. Somit stellt dieBehandlung dieser Limits eine besondereHerausforderung für ein System zur On-line-Optimierung dar.

Man kann Limits in drei Hauptklasseneinteilen: die statischen und die dynami-schen nichtlinearen Limits, wobei sichletztere weiter in harte und weiche Limits

aufspalten. Die Bezeichnung dynamischsoll hier andeuten, dass sich das SystemInformationen über diese Limits währenddes Prozesses dynamisch erarbeiten undsomit die verwendeten Modelle zur Such-raumeinschränkung nach und nach ver-feinern muss. Hart beziehungsweiseweich bedeuten hohes beziehungsweiserelativ niedriges Risiko hinsichtlich even-tuellen Motorschäden.

Klasse 1: Statische (nicht-)lineare MotorlimitsBereits vor Beginn des Optimierungspro-zesses sind statische, also im Verlauf desOptimierungsprozesses unveränderliche,lineare und nichtlineare Grenzen desSuchraums bekannt. Ohne Modellbildungkönnen diese Limits direkt während derOptimierung berücksichtigt werden.

Klasse 2: Harte dynamische MotorlimitsKlasse-2-Limits schränken einzelneDimensionen des Suchraums ein. DasStandardbeispiel ist das Motorklopfen, dasmeist durch eine zu frühe Zündung, alsoeinen zu großen Zündwinkelwert, hervor-gerufen wird. Die kritische nichtlineareSchwelle ist als Funktion der übrigen d-1Parameter bestimmbar, Gl. (2).

Der ursprüngliche Hyperkubus wirddurch diese Funktion entweder in derpositiven oder der negativen Richtung derd-ten Dimension (dies sei hier die Zünd-winkeldimension) eingeschränkt.

Betrachtet man die positive Richtungund ist c(x) aus Gl. (1) definiert durch Gl. (3)und gilt zusätzlich c(xi) > 0, so liegt bei xi

eine Limitverletzung vor.

Durch die geringe Zahl an Messpunk-ten laufen Modelle für diese Limitklasse inGefahr, Suchraum unkontrolliert als nicht-fahrbar zu deklarieren, Bild 1 links. InAbschnitt 3.2 werden Konfidenzmodelleund Hüllenmodelle beschrieben, derenRestriktivität sehr gut steuerbar ist.

Klasse 3: Weiche dynamische MotorlimitsWeiche dynamische Motorlimits sindSuchraumgrenzen, die durch Schwellenfür sekundäre Zielfunktionen, wie zumBeispiel die Emissionswerte, definiertsind. Analog zur primären Zielfunktion fsind die Funktionen, die von allen Motor-parametern abhängen können. Klasse-3-Limits werden durch eine kritischeSchwelle L0 und eine Funktion L(x) derMotorparameter x beschrieben. Ist dieUngleichung, Gl. (4), erfüllt, so liegt bei xi

eine Limitverletzung vor.

Bei jeder Messung am Prüfstand wirddie entsprechende Größe L gemessen,wodurch relativ viele Daten zur Modellbil-dung bereit stehen. Weitere Beispiele fürKlasse-3-Limits sind die Laufruhe, gemes-sen an der Varianz des indizierten Mittel-drucks im Zylinder, und die Abgastempera-

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min f x f S x f x

x x x

A x b

c x i n

x

min max

i

( ) → ℜ ( )≤ ≤

⋅ ≤

( ) ≤ =

, : ,

,

, , ,

a

K0 1 Gl. (1)

L d: , ,0 1 0 11[ ] → [ ]− Gl. (2)

Bild 2: Links: Beispiel für ein RBF-max-Netz. Rechts: Zwei RBF-max-Netze als Modelle fürzwei Limits in positive und negative Richtung der y-Dimension. Die dunkelgrauen Flächenrepräsentieren den nichtfahrbaren SuchraumFigure 2: Left: An example for an RBF-max-Network. Right: Two RBF-max-Networks as models for two limits. The dark grey areas represent the infeasible search space

3.2.1 Modelle für Klasse-2-Limits

c x x L x xd d( ) = − ( )−: , ,1 1K Gl. (3)

c x L L xi i( ) = − ( ) >: 0 0 Gl. (4)

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tur. Geeignete Modelle für diese Limitklas-se sind Regressionsmodelle. Diese werdenebenfalls in Abschnitt 3.2 diskutiert.

3 Einflüsse der Limitbehandlung auf die Online-Optimierung

Funktionen des mbminimize-Algorith-mus, die durch Berücksichtigung vonMotorlimits zu ergänzen beziehungsweiseanzupassen sind, sind die Limitbehand-lung selbst sowie die Funktionen Queryund Optimierung. In den letzten beidenwerden die in der Limitbehandlung ermit-telten Informationen über den fahrbarenSuchraum ausgenutzt, um bezüglich derLimitmodelle fahrbare Punkte auszu-wählen.

Der mbminimize-Algorithmus bietetdie Möglichkeit, mit einer robusten stern-förmigen Verstellstrategie zu arbeiten.Optional kann diese um eine Optimierungdes Verstellweges ergänzt werden, bei derdie bekannten nichtfahrbaren Bereicheumfahren werden (vgl. Abschnitt 4) undnur im Falle einer Verletzung über densicheren Zentralpunkt verfahren wird.Bereits während der Abarbeitung einesAnfangsdesigns reagiert die FunktionLimitbehandlung auf erkannte Limitver-letzungen und berechnet Modelle zurDefinition des nichtfahrbaren Suchraums.

3.1 LimitbehandlungDie Limitbehandlung beinhaltet dasModul Limitüberwachung, in dem Signaledes Prüfstands über Limitverletzungen

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3.2.1 Modelle für Klasse-2-Limits

Bild 3: Links: Die beiden Regressionsmodelle. Mitte: Die Werte der Konfidenzterme conf(x). Rechts: Visualisierung der nichtfahrbaren Bereiche, wie sie durch zwei Konfidenznetze bestimmt sind. Sie berechnen sich aus Gl. (5) als Produkt aus conf(x) und h(x)Figure 3: Left: The regression models. Middle: The values of the confidence terms conf(x). Right: The infeasible regions of the search space defined by two confidence nets. They are calculated from Eq. (5) as product of conf(x) and h(x)

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ausgewertet werden. Sollte eine Limitver-letzung erkannt worden sein, so wird einzuvor passierter Zwischenpunkt als Rück-zugspunkt an die Prüfstandsautomatikgeliefert. Hystereseeffekte werden durchden sukzessiven Rückzug in Richtungeines sicheren Zentralpunkts abgefangen.

Das Ziel ist eine möglichst genaue Iden-tifikation des fahrbaren Suchraums. Einerkanntes Limit wird daher in zwei Schrit-ten vermessen: Im ersten erfolgt dieerneute Annäherung mit deutlich redu-zierter Schrittweite. Tritt zum zweiten Maleine Limitverletzung auf, so wird der aktu-elle Punkt als Grenzpunkt zwischen fahr-barem und nichtfahrbarem Bereich dekla-riert und zur Modellbildung für entspre-chende Limits herangezogen. Im zweitenSchritt, der Fahrtplanung, wird eine 3-zurück-2-vor-Strategie mit ebenfalls klei-ner Schrittweite verfolgt. Dadurch wirdein Punkt vermessen, der hinreichend naham nichtfahrbaren Bereich und somit amgewünschten Zielpunkt liegt.

3.2 Modellierung der SuchraumgrenzenWie in [4] beschrieben, wird bei der Model-lierung von Zielgrößen im Allgemeinenein Regressionsansatz verfolgt. Dabeikommt es auf die globale Modellgüte undweniger auf die exakte Wiedergabe dergemessenen Funktionswerte an. Für dieweichen Motorlimits der Klasse 3 trifftdies auch zu, durch die deutlich geringerePunktezahl ist die Situation für Klasse 2Limits aber eine andere. Die wenigen Ver-letzungspunkte sollen durch das Modellsehr genau wiedergegeben werden, umweitere Limitverletzungen in diesen Berei-chen zu vermeiden.

Die Modelle für die beiden Klassenmüssen also deutlich unterschiedlicheAnforderungen erfüllen. Für Klasse-2-Limits eignen sich Konfidenzmodelle, vondenen hier RBF-max-Netze und Konfi-denznetze betrachtet werden, und ver-schiedene Hüllenmodelle. Zur Modellie-rung von Limits der Klasse 3 kommenRegressionsmodelle wie zum Beispiel neu-ronale Netze [7] zum Einsatz.

3.2.1 Modelle fürKlasse-2-LimitsSternförmige Hülle:Wie Bild 1 zeigt, hat die reine sternförmigeHülle zwar die Eigenschaft, gemesseneLimitverletzungen genau wiederzugeben,allerdings werden große Bereiche zwi-schen den Verletzungspunkten unbegrün-det verworfen. Durch Ergänzung einesRasters auf dem Rand des Hyperkubuskann diese Schwachstelle behoben wer-den.

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3.2.1 Modelle für Klasse-2-Limits

3.2.2 Modelle für Klasse-3-Limits

Bild 4: Links: Das Kartoffelmodell für Klasse-2-Limits. Die tatsächlichgemessenen Verletzungspunkte werden genau wiedergegeben. Rechts: Das deformierte Kartoffelmodell mit steuerbarer RestriktivitätFigure 4: left: The potato model as a model for type 2 limits. Themeasured limit violations are represented exactly. Right: The deformedpotato model with well controlled restrictivity

Bild 5: Links: Der Hyperkubus wird mithilfe von Facetten beschnitten.Rechts: Das Ecken- beziehungsweise Kantenabschneideverfahren mitsteuerbarer RestriktivitätFigure 5: Left: The hyper cube is cut by facets. Right: The edge cuttingmethod with well controlled restrictivity

Bild 6: Ein Modell für ein Feed-Forward-Netzwerk: Die Eingabeschichtbesteht aus zwei Eingabeneuronen und einem On-Neuron, die verdeckteSchicht aus zwei tanh-, einem linearen und einem On-Neuron, dieAusgabeschicht aus einem linearen NeuronFigure 6: A model for a feed-forward network: The input layer consists of two input neurons and one on-neuron, the hidden layer of two tanh-neurons, one linear neuron and one on-neuron, and the output layer ofone linear neuron

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Konfidenzmodelle:Eine Suchraumgrenze wie das Motorklop-fen kann dadurch modelliert werden, dassnach Gl. (3) eine Funktion des kritischenZündwinkels in Abhängigkeit der restli-chen d-1-Parameter bestimmt wird. Konfi-denzmodelle zeichnen sich dadurch aus,dass sie in Bereichen, in denen Messdatenvorliegen, sehr restriktiv sind, während siein Bereichen ohne Daten keine Aussagemachen.

Das RBF-max-Netz beruht, wie derName bereits andeutet, auf einem RBF-Netz [7], wobei die Aktivierungsfunktiondes Ausgabeneurons das Maximum seinergewichteten Eingaben berechnet. Bild 2zeigt links ein Beispielnetz und rechts denVerlauf zweier RBF-max-Netze für Limit-verletzungen xi.

Konfidenznetze lassen sich dagegenschreiben als ein Produkt aus einemRegressionsmodell h(x) für die Suchraum-

grenze und einem Konfidenzterm conf(x),Gl. (5).

Der Konfidenzterm hat die Eigenschaft,dass seine Werte für Verletzungspunkte xi

beziehungsweise für Punkte nahe der xi

bei Eins, beziehungsweise nahe Eins lie-gen. Für weiter weg befindliche Punkteverschwindet der Wert des Konfidenz-

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3.2.1 Modelle für Klasse-2-Limits

4 Optimierte Fahrtplanung

Bild 7: Links: Regressionsmodell für ein Klasse-3-Limit L(x) (zum Beispiel Abgastemperatur). Das schwarze Gitter stellt die kritische, hier konstante Temperaturschwelle L0 dar. Rechts: Die schwarzen Punkte grenzen den nichtfahrbaren Bereich abFigure 7: Left: Regression model for a type 3 limit (e.g. exhaust temperature). The black mesh represents the critical temperature threshold L0.Right: The black points show the infeasible region of the search space

Bild 8: Die schwarzen Punkte kennzeichnen zwei optimierte Verstellwege durch ein LimitgebirgeFigure 8: The black dots label two optimized paths passing through a limit landscape

g x conf x h x( ) = ( ) ⋅ ( ) Gl. (5)

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terms. Im linken Teil von Bild 3 sind dieRegressionsmodelle, im mittleren die Kon-fidenzterme und im rechten die darausgewonnenen Konfidenznetze für zweiLimits dargestellt.

Sowohl die RBF-max-Netze als auch dieKonfidenznetze schränken den Suchraumdeutlich kontrollierter ein als die reinesternförmige Hülle in Bild 1 links. DieRestriktivität kann jeweils über einenParameter angepasst werden. RBF-max-Netze und Konfidenznetze können aller-dings auch Bereiche im Suchraum definie-ren, die zwar fahrbar, allerdings auf einergeraden Verbindung zwischen zwei Punk-ten nicht erreichbar sind. Mithilfe desbereits angesprochenen optimierten Ver-stellweges können solche Punkte dennocherreicht werden, siehe Abschnitt 4.

Hüllenmodelle:Hüllenmodelle eignen sich ebenfalls sehrgut zur Darstellung harter Limits. Sie sindideal in Zusammenhang mit einer stern-förmigen geradlinigen Verstellstrategie.Gegenüber Konfidenzmodellen haben Sieden Vorteil, dass sie verschiedene Klasse-2-Limits gleichzeitig berücksichtigen kön-nen und keine Bereiche zulassen, die vomZentralpunkt aus nicht geradlinig erreich-bar sind. Hüllenmodelle wie die reinesternförmige Hülle in Bild 1 links oder kon-vexe Hüllen beschneiden den Suchraumzu unkontrolliert. Auch hier ist einesteuerbare Restriktivität wünschenswert.Bild 4 links zeigt ein „Kartoffelmodell“,das wiederum mithilfe parametrierbarerKonfidenzterme zu der im rechten Teil desBildes dargestellten Suchraumgrenze ver-ändert wurde.

Ein Ecken- beziehungsweise Kantenab-schneideverfahren ist in Bild 5 visualisiert.Zunächst werden die Facetten zurBeschneidung der Ecken und Kanten desHyperkubus berechnet, die senkrecht zurVerbindungsstrecke Verletzungspunkt-Zentralpunkt durch die Verletzungspunk-te führen. Die dunkelgrauen Flächen imlinken Teil zeigen die dadurch abgeschnit-tenen Bereiche. Um das Verfahren weni-ger restriktiv zu gestalten, werden nurTeile der Hyperebenen, die nahe destatsächlichen Verletzungspunkts liegenberücksichtigt. Wie im rechten Teil vonBild 5 verdeutlicht, „krümmen“ sich dieFacetten nach außen.

3.2.2 Modelle für Klasse-3-LimitsIn diesem Abschnitt werden Modelle fürweiche Motorlimits wie zum Beispiel dieLaufruhe und die Abgastemperaturbeschrieben. Die wahre Funktion wird inAbhängigkeit aller Motorparameter als

Regressionsmodell approximiert. Verwen-det werden insbesondere Polynommodel-le und Neuronale Netze [7]. In Bild 6 ist einBeispielmodell für ein Feed-Forward-Netz-werk net mit einer verdeckten Schicht vonNeuronen dargestellt. Das weiche Motor-limit L(x) in Gl. (4) wird also durch ein neu-ronales Netz modelliert. Gilt das Ungleich-heitszeichen in Gl. (4), so liegt eine Verlet-zung des Limits in positiver Richtung vor.

Bild 7 links zeigt den dadurch approxi-mierten Funktionsverlauf für ein Klasse-3-Limit und die dazugehörige kritischeSchwelle L0. Dabei wurde ein neuronalesModell mithilfe der schwarz gezeichnetenMesswerte trainiert und an einem Rasterausgewertet. Bereiche des Suchraums, indenen die Funktion oberhalb der Schwelleverläuft, definieren den nichtfahrbarenBereich, schwarze Punkte im rechten Teilvon Bild 7.

Probleme bei der Behandlung von Klas-se-3-Limits sind einerseits die Trägheit,mit der sich die Messgrößen ändern (zumBeispiel Abgastemperatur), andererseitskönnen Klasse-3-Limits den Suchraum inein nicht zusammenhängendes fahrbaresGebiet verwandeln. Um nichtfahrbareInseln umfahren zu können, ist auch hierein optimierter, gekrümmter Verstellweghilfreich.

4 Optimierte Fahrtplanung

Wie bereits weiter oben erwähnt und wiein den Abbildungen zu den verschiedenenLimitmodellen ersichtlich, können durchdie verwendeten Modelle Bereiche desSuchraums entstehen, die zwar noch alsfahrbar deklariert sind, die allerdings mitder geradlinigen Verstellstrategie nichterreichbar sind. Es kann also wünschens-wert sein, von der geradlinigen Fahrtabzuweichen und die Annäherung an dortbefindliche Messpunkte auf einem imRaum gekrümmten Verstellweg durchzu-führen. Mithilfe klassischer Optimie-rungsalgorithmen für allgemeine Proble-me der nichtlinearen Programmierung(SQP-Verfahren) können Verstellwegeunter Ausnutzung der aktuell vorliegen-den Limitmodelle berechnet werden, dieauch das Vordringen in diese Bereiche desSuchraums erlauben. Bild 8 zeigt zweimögliche optimierte Verstellwege, die sichdurch ein Limitgebirge schlängeln.

5 Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird beschrieben, wel-che Art von Limitbehandlung in denmbminimize-Algorithmus integriert ist.Sie besteht insbesondere aus einer kon-trollierten Reaktion auf Limitverletzungen

und aus einer robusten Limitmodellie-rung. Der in dieser Form erweiterte Algo-rithmus wurde mithilfe zahlreicher Tests-zenarien überprüft. Sowohl die Verstell-strategien, insbesondere die Optimierungdes Verstellweges, als auch die beschriebe-nen Limitmodelle haben sich dabei alssehr leistungsfähig für den automatisier-ten Prüfstandeinsatz gezeigt. Darüber hin-aus wurden bereits erste Versuche am rea-len System durchgeführt, die sehr vielver-sprechend sind.

Diese Arbeit wurde vom BMBF gefördert(Kennziffer 01 IB 805 A/1).

Literaturhinweise

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[3] M. Schüler, M.; Hafner, M.; Isermann, R.:Einsatz schneller neuronaler Netze zurmodellbasierten Optimierung von Verbren-nungsmotoren, Teil 2: Stationäre und dynami-sche Optimierung von Verbrauch und Emis-sionen. In: MTZ 61 (2000), Nr. 11

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[7] Zell, A.: Simulation Neuronaler Netze, Addi-son-Wesley, Bonn, 1994

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