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Fortfcbritte 0er Kieferorthopa0ie Heft 3 u. 4 196~ z Ban0 g3 M6glichkeiten und Grenzen basaler Ver~inderungen des Oberkiefcrs Von H. G. Gerlach, J6nkSping Mit 14 Abbildungen Der Quersehnitt dutch den Gesiehtsseh/idel in HShe der Zahnwurzelspitzen soll die ,,apikMe Basis" darstellen. Wegen der versehiedenartigen Wurzell/~ngen handelt es sieh stets um eine mehr oder minder unregelmgl~ige Ebene dureh die apikalen Punkte. Doeh davon abgesehen stogen hier Wachstumszonen wiehtiger 0rgane zusammen, die die Gr6ge dieses Bereiehes wesentlieh mitbestimmen. Weiterhin inseriert hier an der Peripherie des Kiefers u. a. ein sehr aktiver Muskel, der M. bueeinatorius, dessen Wirkung auf die Gestalt des Oberkiefers yon mir anderen Ortes erSrtert wurde. Sie alle haben Anteil an der Bildung jener Kiefer- pattie, yon der gr6gte statisehe Festigkeit verlangt wird. 3Iutmaglieh k6nnte sie daher aueh relativ unver/inderlieh bleiben oder wenig veri~nderlieh sein, wenn Gebif~anomalien entstehen bzw. behandelt werden. Als sieh LundstrSm (1923) negativ zur M6gliehkeit der basalen Erweiterung /iul3erte, sehlog er dieses lediglieh auf Grund yon Behandlungsrezidiven, die naeh damals fiblieher Therapie auftraten. Neben Howes ist. aueh die Zfirieher Sehule (Hotz) /iberzeugt, dab der Kiefer in diesem Bereieh nieht dureh orthodontisehe Magnahmen beeinflugt werden kanrtl). Positiv /~ul~erte sieh Korkhaus, sp/~ter auch H/iupl, und zwar auf Grund histologiseh siehtbar gewordener Umbaureaktionen nach Aktivatorbehandlung. Zu gleieher Zeit, aber v611ig unabh/ingig voneinander, kamen Th6rne und Gerl~eh (Sehweden) zu positiven Ergebnissen bei ihren Dehnungsversuehen unter Anwendung starker SehraubenkrMte mit Ruptur der Mediansutur. Krebs (D~nemark) prfifte die Auswirkung dieses Verfahrens auf Gebig, Apikalbasis und Nasenlumen mit der versuehsteehniseh wohl vollkommensten Implantat- methode (Bj 6rk) naeh. Dieser Versueh liel~ sieh wegen der am Knoehen fixierten Markierungen einwandfrei auswerten. Die erzielten Zahnstellungs/tnderungen ver- hielten sieh zur basalen Erweiterung in transversaler Riehtung wie 8 : 3 in Milli- metern (11 Jahre alter Patient mit bilateralem Kreuzbig). Th6rne verglieh mit Hilfe des oralen R6ntgenbildes die Stellungs/inderung der Molarenwurzelspitzen vor und naeh Behandlung und maB sie aus. Seine Zahlenwerte liegen wesentlieh h6her. Die Wahl der }Vurzelspitzen zur Untersuehung kann kritisiert werden, weil die Lage/tnderung einer Wurzelspitze zun/iehst nut das Symptom einer Orts- ver/inderung des Zahnes ist. Sie beweist aber durehaus nieht, ob ein alveol/irer Knoehenumbau erfolgte oder eine )inderung an der Peripherie der Kieferbasis (fa- ziale Apposition bzw. palatinale Resorption) als eehte basale Erweiterung eintrat. 1) Die Auswahl und Besehrgnkung der Versuchsfglle hinsichtlieh Alter, Wachstums- stil und Behaadlungsmittel in der grundIegenden und methodisch gut.fundieiten Arbeit von D e mi s c h mag diese Einstellung fixiert haben. 19 t~ortsehrittc der Kieferorthop/idie Bd. 23 H. 3 u. 4

Möglichkeiten und Grenzen basaler Veränderungen des Oberkiefers

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Fortfcbritte 0er Kieferorthopa0ie Heft 3 u. 4 1 9 6 ~ z Ban0 g3

M6glichkeiten und Grenzen basaler Ver~inderungen des Oberkiefcrs

Von H. G. Gerlach, J6nkSping

Mit 14 Abbildungen

Der Quersehnitt dutch den Gesiehtsseh/idel in HShe der Zahnwurzelspitzen soll die ,,apikMe Basis" darstellen. Wegen der versehiedenartigen Wurzell/~ngen handelt es sieh stets um eine mehr oder minder unregelmgl~ige Ebene dureh die apikalen Punkte. Doeh davon abgesehen stogen hier Wachstumszonen wiehtiger 0rgane zusammen, die die Gr6ge dieses Bereiehes wesentlieh mitbest immen. Weiterhin inseriert hier an der Peripherie des Kiefers u. a. ein sehr akt iver Muskel, der M. bueeinatorius, dessen Wirkung auf die Gestalt des Oberkiefers yon mir anderen Ortes erSrtert wurde. Sie alle haben Anteil an der Bildung jener Kiefer- pattie, yon der gr6gte statisehe Festigkeit verlangt wird. 3Iutmaglieh k6nnte sie daher aueh relativ unver/inderlieh bleiben oder wenig veri~nderlieh sein, wenn Gebif~anomalien entstehen bzw. behandelt werden.

Als sieh L u n d s t r S m (1923) negativ zur M6gliehkeit der basalen Erweiterung /iul3erte, sehlog er dieses lediglieh auf Grund yon Behandlungsrezidiven, die naeh damals fiblieher Therapie auftraten. Neben H o w e s ist. aueh die Zfirieher Sehule (Hotz) /iberzeugt, dab der Kiefer in diesem Bereieh nieht dureh orthodontisehe Magnahmen beeinflugt werden kanrtl).

Positiv /~ul~erte sieh K o r k h a u s , sp/~ter auch H / i u p l , und zwar auf Grund histologiseh siehtbar gewordener Umbaureakt ionen nach Aktivatorbehandlung. Zu gleieher Zeit, aber v611ig unabh/ingig voneinander, kamen T h 6 r n e und G e r l ~ e h (Sehweden) zu positiven Ergebnissen bei ihren Dehnungsversuehen unter Anwendung starker SehraubenkrMte mit Ruptur der Mediansutur. K r e b s (D~nemark) prfifte die Auswirkung dieses Verfahrens auf Gebig, Apikalbasis und Nasenlumen mit der versuehsteehniseh wohl vollkommensten Implan ta t - methode (Bj 6rk) naeh. Dieser Versueh liel~ sieh wegen der am Knoehen fixierten Markierungen einwandfrei auswerten. Die erzielten Zahnstellungs/tnderungen ver- hielten sieh zur basalen Erweiterung in transversaler Riehtung wie 8 : 3 in Milli- metern (11 Jahre alter Pat ient mit bilateralem Kreuzbig). T h 6 r n e verglieh mit Hilfe des oralen R6ntgenbildes die Stellungs/inderung der Molarenwurzelspitzen vor und naeh Behandlung und maB sie aus. Seine Zahlenwerte liegen wesentlieh h6her. Die Wahl der }Vurzelspitzen zur Untersuehung kann kritisiert werden, weil die Lage/tnderung einer Wurzelspitze zun/iehst nut das Symptom einer Orts- ver/inderung des Zahnes ist. Sie beweist aber durehaus nieht, ob ein alveol/irer Knoehenumbau erfolgte oder eine )inderung an der Peripherie der Kieferbasis (fa- ziale Apposition bzw. palatinale Resorption) als eehte basale Erweiterung eintrat.

1) Die Auswahl und Besehrgnkung der Versuchsfglle hinsichtlieh Alter, Wachstums- stil und Behaadlungsmittel in der grundIegenden und methodisch gut.fundieiten Arbeit von D e mi s c h mag diese Einstellung fixiert haben. 19 t~ortsehrittc der Kieferorthop/idie Bd. 23 H. 3 u. 4

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Gerade das aber versuehte ieh festzustellen, n/~mlieh ob bei einer Zahnstel- lungs/inderung innerhalb des alveol/iren Knochens auch die Kieferbasis profitiert. "~hnlieh wie K o r k h a u s verglieh ieh die Kieferbasiskurven vor und nach Behand- lung, jedoch legte ieh den peripheren fazialen und palatinalen Kieferumrissen die grSgte Bedeutung bei. Um die Fehlerquellen der Methode zu verringern, wurden nur solche Modellf~lle gew/ihlt, die ein hohes Vestibulum hatten und wo die Ab- st/inde vom Gingivalrand zur Wurzelspitze ffir den Vergleieh sieher erfaBt werden konnten. Unsiehere Stellen wurden ausgelassen. Ein im Kiefer liegender Zahn- keim (Pr/hnolar) t/iuseht eine gr6gere Basis vor. Erst naeh dem Durehbrueh k6nnte sie metriseh riehtig erfaBt werden. Wo aber selbst naeh dem Durehbrueh noeh eine VergrfBerung resultiert, ist die Annahme eines eehten basalen Zuwaehses aueh sehr wahrseheinlieh. Weiterhin sind versehiedenartige Fglle untersueht, und es resultieren sehr typisehe Diagramme mit Vergrfgerung der Basis. Diese Ver- schiedenartigkeiten s t immten ]eweilig mit den typischen Bedingungen des Falles fiberein, wobei gerade den funktionellen und strukturellen Voraussetzungen, die das Individuum zeigt, hfehste Bedeutung zukommt. Da meine Werte in Hfhe der yon K r e b s angegebenen Relation liegen, halte ich die yon rnir angewendete ~Iethode zur L6sung unserer Frage ffir durehaus tauglieh.

Absiehtlieh wurden aber seinerzeit keine zahlenm/igigen Werte fiber Zu- bzw. Abnahme in H f h e des basalen Kieferquersehnittes gegeben, da es darauf zun/iehst nieht ankara. Meine frfiher (1956) gegebene Zusammenfassung lautete:

,,Die Mfglichkeit der Naehentwieklung einer Kieferbasis kann nieht velT~eint werden. Solehe )Iel~ergebnisse kSnnen aber niemals einen statistisehen WertmaBstab abgeben, da bei jedem Patienten die diesem eigenen strukturellen Faktoren zu beriieksiehtigen sind."

Dureh die Formulierung ,,Naehentwieklung einer Kieferbasis" sollte darauf aufmerksam gemaeht werden, dal3 die gewfhnliehe Fragestellung naeh der Mfg- liehkeit einer , ,Erweiterung" der Apikalbasis dureh orthodontisehe Kr/ifte eigent- lieh reeht problematiseh ist.

Die sog. ,,apikale Basis", wie eingangs gesagt, eine gedaehte Ebene in Hfhe der Zahnwm'zelspitzen, verbindet apikale Punkte versehiedenartigster Lage. Sie ist nur zweidimensional, also morphologiseh, etwa zur Deutung yon Wachstums- prozessen, nieht zu erfassen. Wo soil dieser basale Bereieh in der dritten ]3imension begrenzt werden.~ H/tlt man sieh vertikal unterhalb der Wurzelspitze, so steht man naeh allgemeiner Auffassung sehon im alveol/tren Knoeken, geht man fiber sie hinaus, dann 1/tgt sieh anatomiseh aueh keine Grenze festlegen. Die FIage- stellung ist also unklar und kann AnlaB zu Migverst/indnissen geben. Bei dieser Untersuehung soll zun/~ehst mit dem Wort ,,basaler Kieferteil" ein MeBbereich in H f h e der ~Vurzelspitzen gemeint sein. Indessen mfissen zur Feststellung der gesamten r/iumlichen Waehstumsver/inderungen eines Kiefers stets aueh die Alveolarforts/itze mit erfagt werden.

Von meinem fr/iher verfffentliehten Untersuehungsmaterial bringe ieh das Diagramm der basalen Ver/inderung eines Kiefers yon eincm 7j/ihrigen Nfidehen (Abb, 1 bis 3). Die Maxilla hat te sieh mit der Dehnung ausgezeiehnet entwiekelt (2 Jahre naeh abgesehlossener Behandlung und 1 Jahr Retentionszeit).

Um Aehsenkippungen der Z/thne vorzubeugen und den biologisehen For- derungen der Gewebsumbildung entgegenzukommen, verfahre ieh allerdings naeh meiner langerprobten Art, indem ieh naeh Ruptur der Mediansutur mit wohl- dosierten Intervallen zwisehen aktiver Dehnung und Ruhepause weiterarbeite und dazu die altbew/ihrte Anordnung yon S e h r o e d e r - B e n s e l e r benutze, wie ieh sie bei P f a f f kennenlernte (Abb. 4). Kein Zahn ist gekippt. Aus den Kie-

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ferdiagrammen kSnnen sowohl die vestibul~ren wie die palatinalen basalen Ver- ~nderungen ebenso die dentalen Bewegungen und vertikalen Ver~nderungen ab- gelesen werden.

Abb. 1 bis 3. Basale und dentale Erwe i t e rung nach Dehnung m i t R u p t u r der Sut. med. Zirkul~re vestibul~ire und palat inale Basa lkurven sowie t ransversa le Gaumenkurven . Vor ( ) und nach Behand lung ( . . . . . . . . . ). Spfiter vSlliges Rez id iv wegen Gleichgewichtss tSrung form-funkt ionel ler Art . 7jfihriges M~idchen, adenoider Typ, Glosso-

ptosis

Abb. 4 und 5. Die forcierte Dehnung k a n n eine ba- sale :Nachentwicklung bewirken, wenn die s t ruk tu - reU-funktionellen Fak to ren g i ins t ig s ind. Diese Band- mad Drah tkons t ruk t ion (Abb. 4) i s t a l tbew~hrt . Auch un te r e inem , ,passiven Ger~it" m i t Schutz v o r myo- dynamischen Aberra t ionen (Abb. 5) k o m m t es zur basalen Nachen twick lung bei gee igneten Umst~lnden. Die Coff infeder i s t bei allen Versuchen, auge r Abb. 12 nicht ak t iv , sondern nu r zur Stabi l i sa t ion e ingebau t

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Nun ergab eine sp/~tere Nachprfifung (21/2 Jahre nach AbschluB), als das Kind, wegen einer chronischen sprue/ihnliehen DiarrhSe behandelt, aus einer Kuranstalt zurfickkam, ein vSlliges Rezidiv.

Zur Deutung mfissen die folgenden individuellen Daten herangezogen werden: asthenischer Habitus, Friihrachitis, habituelle Mundatmung und adenoide Vege-

Abb. 6. Basale Ver~ndemngen eines Falles von rachitisch-offenem Bifl (8j~hrig, nach prophylaktiseh-myothera- peutischer MaBnahme) (Schutzger/~t Abb. 5)

Peripher-vestibn]~re und palat, sowie transvers. Gaumenkurven vor ( . . . . . . . . . . . ) und nach ( - - - - ) Behandlung. Basale Erweiterung (Pritmol.) vestibul. + 4 mm, palat. + 2 ram, (Mohren bzw. identische Punkte) vestibul. + 3,5 ram, palat. + 3 mm. GaumenhShe unver/tndert. Die Ziffern 1 bzw. 2 im Diagramm geben die Lage des

Querschnittos an

tationen, G!ossoptosis , oftener BiB, starke Oberkieferkompression. Die faziale Ansicht des Kindes gibt weiter Anhaltspunkte fiir eine vSllige Dysba]ance zwi- sehen Struktur und Funktion (Abb. 3).

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Ieh ftihre diesen Fal l n ieht an, um meine Ansieht , daI3 eine Kiefe rbas i s naeh- entwiekelt, werden kann, zu widerrufen, sondern m n sie sogar zu s t i i tzen. I-Iier l iegen doeh, wenn nu t die m y o d y n a m i s e h e n , also funk t ione l len R e a k t i o n e n heraus- gegriffen werden, prognost iseh h6ehst ungi inst ige , d. h. r ez id iv f6 rdernde F a k t o r e n vor. Was aueh i m m e r u n t e r n o m m e n wird. das I l e z id iv t r i t t ein, weil ein Brueh zwisehe~t F o r m und F u n k t i o n wei ter bes teh t , der n ieh t da du re h zu bese i t igen ist , dab nur (lie GebiBform gegnder t wird.

Dagegen ha t der dureh Abb. 6 bis 9 belegte Fa l l yon offenem Big eine gu te Prognose. Er gibt darf iber h inaus einen t ieferen E inb l i ck in den U mw a nd lungs - prozel3, der beide Kie fe rbasen betriff t .

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Abb. T his .9. P, asale Verlind( 'r tmgen de,s Failles Abb. (L Abb. 7 vor. Abb. S naeh Bohandhmg. Abb. 9 in {~ber- do(.]qUll~. Die Sollkllllg d(~s ~'11~5Olll)odo11:4 l l l i t Verli ingerltng des A]eolarkamnles ist whhrseheinl ieh dllreh ve r t ika l e

En twiek lung der KieferhOhle beeinflul~t. Die C, am,mnh6he (Abb. 6) b le ibt davon mlber i ihr t

Bei Uber lagerung der Te le r6n tgenogramme Abb. 7 und 8 (naeh der Sella- und P t e rygo idkon tu r ) zeigt sieh (Abb. 9), dab sowohl die mandibul/~re wie die maxill / ire Basis ver t ika l und sag i t t a l u m g e b a u t sind. Dazu be s t e h t eine basa le Verl/ ingerung an beiden Kiefergs ten um je 3 mm. Die maxi l lgre Basis is t e twa um den gleichen Be t rag kauda l versehoben. Transversa l , zwisehen den P rgmola ren wurden aus den Re l i e fkurven vest ibul / i r 5 m m und pa l a t i na l 2,5 m m Z u n a h m e gemessen.

Auch dieses K i n d war ein hab i tue l l e r M u n d a t m e r mi t Glossoptosis nnd ade- noiden Vegeta t ionen. Es ha t eine sehwere F r i i h raeh i t i s du re hge ma e h t , i s t yon as thenisehem Hab i tu s und seit Gebur t ein Sorgenkind der Fami l i e .

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Die Behandlungsmethode war nicht auf Form/inderung des Gebisses abgestellt, sondern sie war eine myotherapeutische, pr imer auf die funktionellen Abwei- chungen im Bereich des Kauorganes wirkend (Abb. 5). Das Protektorger/it 1) reizte zur Nasenatmung, die Zunge wurde aus ihrer passiven Lage gedr/ingt und davon abgehalten, sich beim Schluckakt zwischen die Zahnreihen zu schieben. Xm glei- chen Sinne hielt ein Wangenbiigel den M. buccinatorius in gebfihrendem Abstand yon den Zahnreihen. Der Endzustand blieb erhalten, weil hier ein formfunk-

Abb. 10. Keine b~sale Ver~nderung bei guter dento-alveol~trer Entwicklung des frontalen Segmentes, als mittel- bare Wirkung des ProtektorgerSttes (Schutz- vor Oberlippen- und Zungendruck). Der palat. Umbau scheint

eine Folge des mechanischen Druckes der Apparatur. Gaumenhfhe § 2,5 m m (Pr~im.) bzw. + 3 mm (Mol.)

tionelles Gleichgewicht erzielt werden konnte. Die Kieferbasen haben sich selbst, also ohne orthodontisCh aktiven oder mechanischen Eingriff am GebiB im Rahmen des individuell MSglichen nachentwickelt.

Es erschien mir nun notwendig zu verfolgen, bei welchen Anomalien, in wel- chem Umfang trod unter welchen indivi~uellen Umst/inden basale Ver/inderungen sichtbar werden, wenn ebenfalls keine akt iven Zahnbewegtmgen vorgenommen werden, sondern wenn sich die Behandlung auf Schutz vor myodynamische Ein- wirkungen beschr/~nkt.

1) Wie in friiheren Arbeiten ausgefiihrt, geht das Konstruktionsprinzip auf Bal ters zuriick.

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Abb. l l . Basale Ver~nderung (Mol.) vest ib. + 3,5 mm, palat . + 3 ram. Vergr6flerter Zahnabstand, Eckz~hne: + 7 mm, Priim. + 2 mm, Mol. + 1 mm. Gaumenh6he fast unveri indert . Starres Schutzgerat

Abb. 12. Basale Ver~nderung (Mol.) vestib. + 4 mm, palat . + 3, (Pr/imol.) + 3 mm. Vergr611erter Zahnabs tand �9 (Mol.) + 5 ram, (Pr~mol.) + 6 ram. Gaumenh6he unverRndert , Schutzger~t m i t ak t ive r Coffinfeder

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Abb. 13. Basale Vers (Mol.) vestib. 4- 2,7 ram, palut. § 4 ram. VergrSBerter Zahnabstand (Mol.) § 6 ,gram, (Pr~mo].) § 3,5 ram. GaumenhShe unver~tndert. Starres Sehntzger~t

Abb. 14. Basale Ver//nderung n~ehr im vorderen Kiefersegment. I m distalen Segment wegen verzSgerten Mo]aren- durchbruchs unsieher fi ir die Auswertung. Siehtbare dento-alveol~xe Ver~nderungen. l o n. K o r k h a u s + 2ram, I u - -3 mm. Alveolarkammverl/ingerung (GaumenhShe) + 2 ram. Aufrichtung der unteren Molaren naeh Ab-

lastung dureh das starre Schutzger~t

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H. (;. Gerlaeh, X[6glichkeiten und Grenzen basaler Veriinderungen des Oberkiefers _89

An Hand von 6 verschiedenart igen F~llen, die mi t dem Protektorger~t be- handel t wurden, k6nnen sowohl die basalen wie die den ta len Ver i inderungen dcmonstr ier t werden (Abb. 10 bis 14).

Die Befunde sind erwartungsgemfiB untersehiedl ich und entsprechen me inen friiheren Ergebnissen mit der foreierten Dehnung. Es zeigte sieh ein teilweise aussehliel~lich alveolfires Wachs tum mi t Erwei te rung des Zahnbogens, teihveise kombinier t mi t basalem Zuwaehs. Die Befunde best/ i t igen den urs/iehlichen Ein- flu[3 individuel ler Fak to ren genotypiseher und peris tat iseher Art. ~Venn basale Ver/tnderungen gemessen werden konnten , ergaben sieh durehsehni t t l i eh etwa 2 3 mm tiefe Resorpt ionszonen pala t inal in Gaumendaehh6he und vestibulfir maximal 4 mm Zuwaehs durch Knochenappos i thm.

I e h k a n n m e i n e M e i n u n g d a h e r a u f r e e h t e r h a l t e n , da[~ e i n e o r t h o - d o n t i s e h e wie e i n e m y o d y n a m i s e h e T h e r a p i e u n t . e r g e e i g n e t e n i n d i - v i d u e l l e n U m s t i i n d e n b i s z u m b a s a t e n B e r e i e h w i r k s a m w e r d e n k a n n . Die Methode maeht nieht allein den Effekt, obgleieh sieh eine Therapie, die nieht an dem einzelnen Zahn angreift, sondern sieh an den ganzeu Kauorgankomplex wendet, vor einem Rezidiv besser sichert. W e n n abet n ieht (tie Methode allein den Effekt maeht , so miissen die individuel len, s t rukture l len u n d funkt ionel len Um- stande ihn beg/instigen. Die besondere ~Ii twirkung der Muskula tur habe ich in diesen Unte rsuehungen un te r Beweis gestellt. Le tz ten Endes/i , ugert sieh - - dureh unsere MaBnahmen akt ivier t - - nur die autonome, individuel le Waehs tumspotenz .

Die iibliehe Fragestel lung, ob wir die apikale Basis or thodont iseh erweitern kSnnen, ist also mehr un te r biologisehen Aspekten zu sehen. Feh lb i l dungen im Gebil] k6nnen sieh danaeh bis zum apikalen Bereieh meBbar auswirken und um- gekehrt aueh wieder r/iekg~ngig gemaeht werden. Ieh m6ehte daher anregen, dieses Problem un te r Berfieksichtigung meiner EinwSnde und t.herapeut.ischen Beriebte treffender so zu formulieren:

Unte r welehen Bedingungen k a n n eine unter- oder fehlentwiekel te Maxilla his zu ihrer apikalen Basis zur E n t f a l t u n g gebraeht werden?

Es lassep sieh kaum Gegenargumente finden, wenn ieh sage, dag die N a t u r das rut, woran wir bzw. die Umst / inde sie n ieh t h indern . Jeder Kiefer und dami t jedes GebiI~ k a n n seine opt imale Gr613e nu r erreiehen, wenn es die En twiek lungs- bedingungen zulassen. Diese zu finden oder wieder herzustel len, das erscheint mir eine wesentliehe Aufgabe des Kieferorthop~den.

S c h r i f t t u m

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Al l sch r i f t d , V e r f . : P r o f . Dr . Dr . I t , G. G e r 1 a t i t , i~Snk6p ing , S c h w e d e n , K u n g s g ~ t a n S