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Acta Chirurgica Austriaca Organ der Osterrelchlschen Gesellschaft fUr Chlrurgle und der assozllerten Fachgesellscttaften Redaktion: R. Gottlob, F. Helmer-Wlen Wissenschaftlicher Beirat: H. BrOcke, H. Denck, E. Diemath, R. Fries, H. Loebenstein, P. Wumig This journal is regularly listed in ,,Current Contents--Clinical Practice" Jahrgang 10 ,, 1978 Heft 5 UBERSICHTEN Aus der 3. Chirurgischen Universit~itsklinik (Direktor: Pros Dr. L. F. Hollender), Centre Hospitalier Universitaire, Strasbourg M6glichkeiten und Grenzen dee Pankreaschirurgie (11) Von L. F. Hollender C. Akute Pankreatitis Seit einiger Zeit tendiert die Therapie der akuten h~imorrhagisch-nekrotisierenden Pankreatitis mehr zu einem chirurgischen Vorgehen. Sie hat zum Ziel, den komplexen Circulus vitiosus zu unterbrechen, n~mlich die Enzymaktivierung im Sinne der Autodigestion mit der Entwicklung yon Lokalkomplikationen in Form von GeEiBerosionen, Stress-Ulzerationen, septischem Schock mit Leber-Niereninsuffizienz und AbszeEibildung- alles unvermeidlich zum Tode ftihrende FolgezustRnde. In der Praxis stellen sich 3 Hauptfragen: ,1. Handelt es sich wirklich um eine akute nekrotisierend- h~imorrhagische Form? 2. Zu welchem Zeitpunkt mug interveniert werden? 3. Welcher Typ der Intervention kommt in Frage? Ad 1. Die wahrscheinlichen und sicheren Kriterien ftir das Bestehen einer akuten h~morrhagisch-nekrotisierenden Pankreatitis: Unter den ersteren nennen wir: Klinischer Befund: a) Die Heftigkeit der Schmerzmanifesta- tionen und ihr Persistieren nach 2 bis 3 Tagen, b) allgemeine Zeichen des Schocks und der Peritonitis, c) die Entwicklung einer Encephalopathia pancreatica und d) die Entwicklung eines paralytischen Ileus. Fortsetzung, Teil I siehe Acta chir. Austriaca 10 (1978): 84. Vitalorgane: Das Auftreten und Zunehmen einer Nieren- insuffizienz und Veriinderungen der blutchemischen Fak- toren: Hypokalz~.mie, Hyperlip~imie sowie Blutazidosen. Die Argumente far die gesicherte Diagnose ergeben sich aus der Verbindung der klinischen und biologischen Symptome und im Problemfall durch Anwendung der Bauchpunktion bzw. Peritonael-Lavage mit Untersuchung des Punktats auf Pankreasenzyme. Im Zweifelsfall sollte man niemals z~'gern, eine diagnostisch-explorative Laparotomie vom~u- nehmgn. Sol/man operieren? Die Antwort kann als eine Schulfrage betrachtet werden. Pers6nlich pl~.diere ich immer zugun- sten der chirurgischen Intervention. Ad 2. Zu welchem Zeitpunkt soil interveniert werden? Die Antwort auf diese Frage f~.llt viel schwerer. Heute pl~tdiere ich entweder far eine Frtihintervention in den ersten 2 bis 3 Tagen oder nach dem 8. Tag. Eine grof3e Laparotomie erlaubt den Einblick in die supra- und inframesokolische Loge, wodurch es m6glich wird, einen ersten Einblick tiber den Pankreasbefund und die gesamte topographische Situation so pr~zise wie m6g- lich zu gewinnen. Die Pankreasdrtise muB in ihrer gesam- ten Vorderfl~iche inspizierbar sein (durch das weir inzi- dierte Heine Netz sowie durch das Ligamentum gastro- colicum, das in seiner fast gesamten Ausdehnung inzidiert Acta chir. Austriaca 1978 Heft 5 109

Möglichkeiten und Grenzen der Pankreaschirurgie (II)

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Page 1: Möglichkeiten und Grenzen der Pankreaschirurgie (II)

Acta Chirurgica Austr iaca Organ der Osterrelchlschen Gesel lschaft fUr Chlrurgle und der assozl ler ten Fachgesellscttaften

Redaktion: R. Gottlob, F. H e l m e r - W l e n

Wissenschaftlicher Beirat: H. BrOcke, H. Denck, E. Diemath, R. Fries, H. Loebenstein, P. Wumig

This journal is regularly listed in ,,Current Contents--Clinical Practice"

Jahrgang 10 ,, 1978 Heft 5

U B E R S I C H T E N

Aus der 3. Chirurgischen Universit~itsklinik (Direktor: Pros Dr. L. F. Hollender), Centre Hospitalier Universitaire, Strasbourg

M6gl ichke i ten und Grenzen dee Pankreaschi rurg ie (11)

Von L. F. Hollender

C. Akute Pankreatitis

Seit einiger Zeit tendiert die Therapie der akuten h~imorrhagisch-nekrotisierenden Pankreatitis mehr zu einem chirurgischen Vorgehen. Sie hat zum Ziel, den komplexen Circulus vitiosus zu unterbrechen, n~mlich die Enzymaktivierung im Sinne der Autodigestion mit der Entwicklung yon Lokalkomplikationen in Form von GeEiBerosionen, Stress-Ulzerationen, septischem Schock mit Leber-Niereninsuffizienz und AbszeEibildung- alles unvermeidlich zum Tode ftihrende FolgezustRnde.

In der Praxis stellen sich 3 Hauptfragen: ,1. Handelt es sich wirklich um eine akute nekrotisierend-

h~imorrhagische Form?

2. Zu welchem Zeitpunkt mug interveniert werden?

3. Welcher Typ der Intervention kommt in Frage?

�9 Ad 1. Die wahrscheinlichen und sicheren Kriterien ftir das Bestehen einer akuten h~morrhagisch-nekrotisierenden Pankreatitis: Unter den ersteren nennen wir:

Klinischer Befund: a) Die Heftigkeit der Schmerzmanifesta- tionen und ihr Persistieren nach 2 bis 3 Tagen, b) allgemeine Zeichen des Schocks und der Peritonitis, c) die Entwicklung einer Encephalopathia pancreatica und d) die Entwicklung eines paralytischen Ileus.

Fortsetzung, Teil I siehe Acta chir. Austriaca 10 (1978): 84.

Vitalorgane: Das Auftreten und Zunehmen einer Nieren- insuffizienz und Veriinderungen der blutchemischen Fak- toren: Hypokalz~.mie, Hyperlip~imie sowie Blutazidosen.

Die Argumente far die gesicherte Diagnose ergeben sich aus der Verbindung der klinischen und biologischen Symptome und im Problemfall durch Anwendung der Bauchpunktion bzw. Peritonael-Lavage mit Untersuchung des Punktats auf Pankreasenzyme. Im Zweifelsfall sollte man niemals z~'gern, eine diagnostisch-explorative Laparotomie vom~u- nehmgn.

Sol/man operieren? Die Antwort kann als eine Schulfrage betrachtet werden. Pers6nlich pl~.diere ich immer zugun- sten der chirurgischen Intervention.

Ad 2. Zu welchem Zeitpunkt soil interveniert werden? Die Antwort auf diese Frage f~.llt viel schwerer. Heute pl~tdiere ich entweder far eine Frtihintervention in den ersten 2 bis 3 Tagen oder nach dem 8. Tag.

Eine grof3e Laparotomie erlaubt den Einblick in die supra- und inframesokolische Loge, wodurch es m6glich wird, einen ersten Einblick tiber den Pankreasbefund und die gesamte topographische Situation so pr~zise wie m6g- lich zu gewinnen. Die Pankreasdrtise muB in ihrer gesam- ten Vorderfl~iche inspizierbar sein (durch das weir inzi- dierte Heine Netz sowie durch das Ligamentum gastro- colicum, das in seiner fast gesamten Ausdehnung inzidiert

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werden muB). Dann wird die Kapsel inzidiert. Diese Man/3ver erlauben die Erfassung eines Teiles der Vor- derfl~iche, das groBe Kocher-Man6ver mit Abhebung des duodeno-pankreatischen Bereiches eine genaue Befunder- hebung v o n d e r Rtickseite des Pankreaskopfes. Die Riick- seite von Korpus und Schwartz kann inspiziert werden, wenn man das Mesokolon im Transversumabschnitt her- unterzieht und die Magenhinterwand abhebt. Man kann so makroskopisch das Bestehen oder Nichtvorhandensein yon h~imorrhagischen Nekrosen innerhalb der Driise fest- stellen.

Die Nekrosen k6nnen je nach Entwicklungsstadium verschiedene Aspekte zeigen: Frische Nekrosen sind sehwer von in Regeneration begriffenen Parenchymab- schnitten zu unterseheiden. Im allgemeinen sind Nekrosen an der gelb-br~.iunlichen, lederfarbenen oder schwarz- grauen Verflirbung zu erkennen.

Parallel zu der Befunderhebung am Organ muB man sehr sorgf~iltig die Gallenwegsverh~tnisse auf der Suche nach einer Cholezysto-Choledocholithiasis explorieren.

Die letzte MaBnahme zielt darauf ab, eventuelle Exsu- datansammlungen im retroperitonaealen oder peripankrea- tischen Abschnitt und im rechts- wie linksseitigen retro- kolischen Raum sowie in der Mesenteralwurzel zu erfassen.

Ad 3. Welches sind die sofort ~ ergreifenden MaJ3nahmen?

Man kann zuri~ckgreifen auf: a) eine alleinige peripan- kreatische Drainage-Lavage, b) eine Nekrosektomie, c) eine Segmentresektion oder d) eine totale Duodeno-Pankreatek- tomie.

Ad a) Die Drainage-Lavage wird mit an drei verschie- denen Stellen deponierten Drains vorgenommen, die durch Zuflul3 und AbfluB eine kontinuierliche Lavage erm6g- lichen. In bestimmten F~illen von begrenzter Nekrose kann diese MaBnahme zur Heilung ftihren. Bei den nekro- tisierenden, h~4morrhagischen und ausgedehnten Formen erweist sie sich allerdings als insuffizient.

Ad b) Die Nekrosektomie besteht in der elektiven Exstirpation der gangr~tn6sen Abschnitte unter Respek- tierung des noch funktionsttichtigen Parenchyms. In be- stimmten F~illen kann die Nekrosektomie sehr ausgedehnt in Form einer Drtisenausr~iumung sein. Sie wird vervoll- st~indigt durch das Anlegen einer Drainage, um eventuellen Fistelbildungen vorzubeugen, die sich bei diesem Vorge- hen in etwa 50% der F~ille entwickeln k6nnen. Die Nekrosektomie ist immer wirksam bei isolierten und partiellen Nekrosen.

Ad c) Die Segmentresektionen zielen darauf ab, das gesamte nekrotisch ver~inderte Pankreas bis ins Gesunde zu ent- fernen. Es handelt sich um ein zwar blutreiches Vorgehen,

das sich jedoch im richtig gew~ihlten Zeitpunkt durchaus realisieren l~iBt. Man wird dieses Vorgehen fiir die F~ille, in denen die Nekrose in einem limitierten Driisensegrnent besteht, w~hlen. Aber diese Nekrose muB topographisch ,,ideal" lokalisiert dein. Der Operateur ist h~iufig zu mehr oder weniger ausgedehnten links- wie rechtsseitigen Resek- tionen gezwungen.

Ad d) Die totale Duodenopankreatektomie bezweckt die vollst~indige Ausr~iumung des Pankreas zu garantieren sowie die Vermeidung seiner extrapankreatischen Aus- wirkungen und damit jeder weiteren Nekrose, aber um den Preis einer nicht zu untersch~itzenden Morbidit~it und Operationsmortalit~it.

Die !ndikation fiir diesen Typ der Intervention k6nnte eventuell bei F~illen mit totaler Drtisennekrose bestehen.

Die erggin~enden MaJ3nahmen sin& Die Drainage der extrapankreatischen Exsudatansammlungen, die ~iuBere Gallenwegsdrainage und die Ruhigstellung des oberee Gastrointestinaltraktes.

Wit haben schon die Bedeutung der erg~nzenden Drainage-Lavage fiir jede operative MaBnahme am Pan- kreas betont. Wir perfundieren zur Zeit 5 bis 61 einer unterkiihlten Spiilfliissigkeit. Diese Drainage der nekro- tischen Ansammlungen soll einer Superinfektion vorbeu- gen.

Die externe Gallenwegsdrainage legen wir systematisch an, unabh~ingig davon, ob eine Lithiasis besteht oder nicht. Bei einer Steingallenblase halten wir die Cholezystektomie fiir erforderlich, erg~inzt durch eine Choledochus-T-Drai- nage. Im Falle einer Choledocholithiasis wird diese besei- tigt, gefolgt von einer Gallenwegsdrainage. Die Sphink- terotomie ftihren wit nur dutch bei eingeklemmtem Papillenstein und falls dieser anders nicht zu entfernen ist, durch.

Die Ruhigstellung des oberen Verdauungstraktes erfolgt durch eine nasogastrale Sonde, die wit im Augenblick einer Aspiration durch Gastrotomie vorziehen, da uns diese it einigen F~illen Komplikationen durch enzymatische Arro- sion im Bereich der Gastrotomie verursacht hat. Sehr selten kann in den F~illen, in denen das Colon transversum autodigestiv stark angegriffen ist, eine rechtsseitige Kolo- stomie oder eine Segmentkolektomie im Transversum noch in Frage kommen.

Pers#nliche E~ahrungen

Wir hatten Gelegenheit 98 F~ille von akuter h~imor- rhagisch-nekrotisierender Pankreatitis zu behandeln, die chirurgisch oder autoptisch verifiziert wurden. Die erste, ~ilteste Gruppe besteht aus 58 Patienten, die damals nur

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durch einfache Drainage, mit einer Mortalitiit von 70%, behandelt wurden. Die zweite, jtingere Serie enth~ilt 40 F~ille, die dutch frtihzeitige chirurgische Intervention der nekrotischen Abschnitte behandelt wurden, wobei die Mortalit~it auf 380/0 gesenkt werden konnte. Bei diesen 40 F~illen (34 Resektionen und 6 Nekrosektomien) kamen folgende chirurgische Maisnahmen zur Anwendung:

Pankreassegrnentresektionen, die sich auf mehr oder weniger ausgedehnte linksseitige Pankreatektomien in 18 F~illen mit 7 Todesf';/llen verteilen.

Subtotale Pankreatektomie: 12 F~ille mit 4 Todesfiillen.

Duodenopankreatektomie (Kopf-Pankreatektomie): 3 F~il- le mit 2 Todest~illen.

Totale Duodenopankreatektomie: 1 Fall, kein Todesfall.

Nekrosektomien: 6F~ille, ein Todesfall durch in der 3. Woche auftretende diffuse Blutungen.

Die 13 Todesflille nach Resektion beruhten auf viszera- en Fistelbildungen (5 F~ille), auf Nierenversagen (3 F~ille), auf Septik~imien (3 F~le) und lokalen bzw. stress-bedingten Blutungen (2 F~ille).

Es soil auch nicht verschwiegen werden, dab wir in 21 F~illen sekund~ir reintervenieren muisten.

D. Pseudozysten des Pankreas

Die Besonderheiten dieser Ansammlung von Fltissigkeit und Nekrosen h~ngen v o n d e r anatomischen Struktur ab, die aus einer mehr oder weniger dicken fibrOsen Membran ohne Epithel besteht und sich im allgemeinen in der hinteren H6hte des linken Oberbauches entwickelt. Die ~itiologischen Faktoren ergeben sich aus dem Ablauf einer akuten oder subakuten Pankreatitis oder auch aus einer chronisch rezidivierenden Pankreatitis. Auch posttrauma- tische Pseudozystenzust~tnde sind moglich.

Die Diagnose wird durch r/Sntgenologische Magen- Darm-Passage mit Pelotteneffekt am Magen mit Auswei- rang des Duodenalbogens bei Lokalisation im Kopfbereich oest~itigt. Die hypotone Duodenographie zeigt Randunre- gelm/iisigkeiten. Die intravenOse Urographie und der Kolon-Kontrastmitteleinlauf erlauben die Sichtbar- machung einer Nierenverdr~ngung und einer Einengung im-Bereich der linken Kolonflexur. Zwei andere Unter- suchungsverfahren sind yon grol3em Wert:

Die Sonographie: Sie pr~isiert die Gr6ise und Konsistenz der Zyste.

Die Za'liako-Mesenteriko-Angiographie: Sie weist Gef~iBun- regelm~tBigkeiten auf. Das ist operationstaktisch von Bedeu- tung, um indirekte Zeichen einer Arterienverdr~ingung, einer eventuell bestehenden Milzvenenthrombose mit Aus- bildung einer segment~iren portalen Hypertension und

schlieBlich den Austritt yon Kontrastmittel in die Zyste als Blutungszeichen zu erkennen.

Wenngteich die Mehrzahl der Pseudozysten lokal ohne Komplikationen ist, muB man zwd geft~rchtete Kompli- kationen erwRtmen:

1. Die Blutun& sie beruht auf: Entweder einer segmen- t~iren Hypertension auf dem Boden einer Kompression des Venensystems dutch den entztindlichen Tumor oder durch arterielle Gef~.Barrosion, die eine intrazystische Blutung verursachen kann.

Hieran muB man in der Praxis denken: Im Falle einer pl6tzlichen Tumorbildung im Abdomen bei Auftreten einer gastrointestinalen Blutung, bei einem Patienten mit Pseudozyste oder wenn sich akut eine An~imie anzeigt.

2. Die intraperitoneale Ruptur, die eine schwere Sym- ptomatologie, bestehend aus einem schmerzhaften Abdo- men begleitet von Schockzeichen, hervorruft. Diese Ruptur kann sich auch auf das Kolon, das Duodenum und den Diinndarm ausdehnen. Manchmal ist sie begleitet yon gastrointestinalen Blutungszeichen. Die Prognose ist dann besonders schlecht.

3 Typen der Intervention kommen in Betracht: a) Die ~iul3ere Drainage, b) die inhere Drainage und c) die Zysten- Exhairese mit dem Drtisensegment, das sie enth~ilt.

a) Die duJYere Drainage hat drei Nachteile: Sie ist Quelle von prolongierren Fistelbildungen. Sie zwingt h~iufig zu Reinterventionen, um danach definitiv die Pseudozyste behandeln zu k6nnen. Sie kann eine postoperative Infek- tion im Abdomen bewirken.

Auf Grund dieser Tatsache ist sie nur als NotfallmaB- nahme zu werten:

Bei F~illen, in denen die Pseudozystenbildung noch nicht abgeschlossen ist, daher fiir eine innere Drainage noch nicht in Frage kommt, bei sehr volumin6sen Ansamm- lungen, bei superinfizierten Zysten, die beim Ersteingriff drainiert wurden sowie bei Patienten, deren Allgemein- zustanti so prek~ir ist, daiS ein gr/SBerer Eingriff nicht mehr in Frage kommt.

b) Die inneren Drainagen. Hierftir kommen drei Moda- lit~iten in Frage: Die Zystogastrostomie nach Jedlica-Juras~, die Zysto-Jejunostomie mit einer Y-f6rmig ausgeschalteten Di~nn- darmschlinge und die Zystoduodenostomie.

Die Anwendung der genannten Drainagetypen h~qg'c in erster Linie yon der Lokalisation der Zyste ab.

1. Die Zystogastrostomie sollte beschr~inkt bleiben auf Zysten im retrogastritischen Bereich oder bei sehr hoher Lokalisation. Diese Methode beinhaltet ein ziemlich spe- zifisches Risiko, niimlich die postoperative Blutung, die man in 10 bis 50% der F~ille feststellen muB. Sie beruht auf

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einer vaskul~iren Erosion, auf einem Gastritis-Schub oder auf einer Ulzeration der Magenschleimhaut durch Pan- k~eas-Saftreflu~ Bei Beachtung bestimmter technischer Regeln kann dies weitgehend verhindert werden:

Die Gastrostomie sollte parallel der Schleimhautfalte und mindestens 6 cm lang sein. Es ist kontraindiziert, eine Exzision in der Zystenwand vorzunehmen. In keinem Fall darf man die Zystenwand v o n d e r Magenwand abl6sen. Die Anastomose muff mit kleinen 0berwendlingsnkhten versorgt werden. Es ist ratsam, eine Aspirationsdrainage durch eine Gastrostomie anzulegen.

2. Die Z3sto-Jejunostomie mit ausgeschalteter Y-Schlinge. Diese Anastomosenart hat dreifachen Vorteil: a) Sie drainiert die Zyste am tiefen Punkt, b) die Durchftihrung einer weitlumigen Anastomose und c) sie vermeidet das Eindringen von Verdauungssekret durch Reflux.

Einige Operateure propagieren die Erg~.nzung der Drainage mit einer Witzel-Fistel in der ausgeschalteten Di~nndarmschlinge. Dies ist unseres Erachtens nicht unbe- dingt erforderlich, da diese Drainage Ursache for eine sp~itere Pankreasfistelbildung sein kann.

3. Die Zysto-Duodenostomie sotlte ftir intrapankreatische Zystenbildungen im Pankreaskopfbereich innerhalb des Duodenalknies reserviert bleiben. Die inhere Verbindung derselben mit dem Duodenum garantiert eine exzellente Zystenentleerung. Zus~itzlich kann eine Gastroenterosto- mie angelegt werden, um AbfluBst6rungen mit 0berse- kretion zu vermeiden. Die Gastroenterostomie sollte durch eine trunkuD.re Vagotomie komplettiert werden.

Die Pankreasresektionen

Die Resektionen haben eine limitierte Indikation fi~r die chirurgische Therapie der Pseudozysten und bestehen in der Duodeno-Pankreatektomie oder in der linksseitigen Spleno-Pankreatektomie.

Die linksseitige Spleno-Pankreatektomie erlaubt, die Zyste im Schwanzbereich vollst~indig mit ihrem Ursprungs- ort zu beseitigen. Sie kann gegebenenfalls mit einer distalen pan kreo-jejunalen Anastomose mit einer y-f6rmigen Dtinn- darmschlinge abgesichert werden.

Die Duodeno-Pankreatektomie kommt ftir Pseudozy- sten im Kopfbereich in Frage, sie ist unseres Erachtens nur in den F~illen mit zus~itzlicher Steinbildung im Gangsystem gerechtfertigt.

Zwei wichtige Punkte mCissen noch genannt werden:

1. Der optimale Intervention~eitpunkt: bian soil nieht zu schnell bzw. zu friih intervenieren, um die Zystenwand zur Anastomosenfestigkeit heranreifen zu lassen, auch sollte das akute Entztindungsstadium abgeklungen sein. lm

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allgemeinen ist die Anastomosenf~thigkeit 3 bis 6 Wochen nach dem Abklingen der entziindlichen Manifestationen gegeben. Als Indikationskriterien beachten wit auch das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer Leukozytose, Fieber- zust~inde und Stenoseerscheinungen. Ist es zu einer Sta- bilisierung des Allgemeinzustandes und zu einer Konso- lidierung des Lokalbefundes gekommen, kann eine innere Drainage vorgenommen werden.

2. Die Notwendigkeit einer Reintervention im Falle einer postoperativen Blutung: Sie bezieht sich im al!gemei- nen auf die Milzgef~iBe und verlangt ein rasches ope- ratives Eingreifen. Das beste Behandlungsverfahren ist die Kombination der Zystendrainage mit einer Splenek- tomie oder mit einer Ligatur der Milzgef~tf3e so nahe wie m6glich am Zystenboden.

Unsere eigene Kasuistik besteht aus 69 F~illen:

43mal im isthmo-korporo-kaudalen Abschnitt,

16mal im Kopfbereich mit 4 intrapankreatischen Zygten: bildungen,

9mal im iibrigen Pankreasbereich.

Die chirurgische Behandlung bestand in:

13mal &#&re Draina~en, 48real innere Drainagen, und zwar:

15mal Zystogastrostomie, 31 mal Zystojejunostomie,

2mal Zystoduodenostomie, 7mal eine Zysto-Pankreatektomie in Form einer 6mal linksseitigen Spleno-Pankreatektomie und lmal einer Duodeno-Kopfpankreatektomie.

Bei einem Kranken bitdete sich die Zyste innerhalb einer Woche spontan zurtick und machte jede weitere Inter- vention tiberfltissig. Dieser Kranke tiberlebte bis jetzt 7 Jahre ohne die Entwicklung eines Rezidivs.

Wir haben 6 Kranke verloren, das ist eine Mortalit~tt von 8,8%. Die Verteilung der Todesflille ist abhiingig von den operativgn Interventionen:

13 ~iuBere Drainagen mit 4 Todesf~illen,

48 innere Drainagen mit 1 Todesfall nach Zystogastrosto- mie durch eine postoperative H~imorrhagie,

7 Resektionmen mit 1 Todesfall nach linksseitiger Sple- no-Pankreatektomie.

Innerhalb dieser Serie waren wir gezwungen, 3mal zu intervenieren: 2real durch eine rezidivierende Pseudozyste und einmal durch eine AbszeBbildung in der Zyste, die durch eine Zystojejunostomie drainiert war.

Anschrift des Ve~assers: Prof. Dr. L. E Hollender, Centre Hospi- talier Univer*itaire, F-67000 Strasbourg.

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