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Bucherschau. 95 Auch diese Lieferungen rechtfertigen den wiederholt ausgesprochenen Wunsch, dafs das vortreffliche Werk in keiner Apotheke fehlen moge, namentlich nicht in solchen, in denen Lehrlinge gehalten werden. Jena. Bertram Moeller, Dr. Jos., Lehrbuch der Pharmakognosie. Kt 237 Ab- bildungen. Wien 1889, Alfred 11 older, Iiothenthurmstrafse 15. Ein neues Werk von M o e 11 e r darf aIlemal des grofsten Interesses der Fachgenossen sicher sein. Wsren es bislier umfangreichere Spezial- werke oder eine grofse Anzahl yon Einzeluntersuchungen in Zeitschriften. von denen jede einzelne geeignet war, Licht auf irgend einen Punkt der Wissenschaft zu werfen, so gibt uns diesmal der Verfasser die ganze Pharmakognosie irn knappen Gewande eines Lehrbuches, dem fast durch- weg eigene IJntersuchungen und eigene Erfahrungen als Lehrer als Grundlage dienen. Wie er im Vorwort sagt, hat er nicht seine Aufgabe darin erblickt, dein Schuler eine Fiille von Einzelheiten zu bieten, sondern vielmehr darin, denselben mit dem Geiste und den Aufgaben der Disciplin ver- traut zu machen und ihm den Weg zur eigenen Forschung zu zeigen. So gibt die Beschreibung jeder einzelnen Droge in kurzen Worten: Ab- stammung, Heimat, Beschreibung , Mikroskopie , Chemie, T'erwechse- lungen etc. und haufig historische Notizen; mit einem Worte alles, was den1 Studenten (und auch dem praktischen Apotheker) zu wissen not thut. Der wissenschaftlichen Tcndenz dienen neben den Abbildungen, auf die wir nachher zu sprechen kommen, die jeder Abteilung der Drogen vorgesetzten allgemeinen Abschnitte und die Einleitung, in welche beiden letzteren der Schwerpunkt des Werkes gelegt ist. Beide sind in hervorragendstem Make geeignet, die Grundlage fur weitere selbstindige Arbeiten zu geben. Einige Ungenauigkeiten, die dem Referenten bei der Lekture auf- gestofsen sind, seien erwahnt, da sie irnmerhin den Adinger zu ver- wirren geeignet sind: p. 165 wird der Arillus als zweites Integument bezeichnet, w Lhrend er doch in dem den Pharmakognosten besonders interessierenden Falle (Myristica) richtiger aIs ein drittes Integument bezeichnet wird. p. 166 werden die Samen der Leguminosen und die von Amygdalus als endospermlos bezeichnet , womit das im speziellen Teil bei Sem. Foenu g-raeci und Amygdalae richtig gesagte in Wider- spruch steht, wozu dann noch kommt, dafs der Mandel p. 169 ein l'crisperm zugeschrieben wird. p. 164 sol1 der Eeimling bei Colchicum aufserhalb des Endosperm liegen, wahrend er doch nur stark excentrisch ist (Fig. 100 I,.). Endlich sei auf einen Druckfehler aufmerksam ge- macht: p. 243 Calisaya, 244 Caliysaya, 245 Calysaya. Ein Anfinger wird nicht wissen, was richtig ist. Bei der Auswahl des zu behandelnden Stoffes hat sich Verfasser an die osterreichische , deutsche und schweizer Pharmakopoe gehalten, ferner sind die gebrLuchlichsten Genufsmittel und eine Anzahl Neu- heiten (z. B. Strophanthus mit sehonen Abbildungen) aufgenommen. Den Schlufs machen die Drogen aus dem Tierreiche. In seinem Vorwort beklagt sich Verfasser iiber das eeringe Interesse, welches der Pharmakognosie jetzt entgegengebracht wird, und schiebt mit Recht die Schuld der mangelnden Anregung der Hochschule zu. Referent mijchte die Sache nicht so pessimistisch ansehen, sondern seine Ifberzeugung dahin aussprechen, dafs es besser wird. Gewifs ist es noch gar nicht lange her, da war die Pharmakognosie so recht das Stief- kind des pharmaceutischen Studiums ; von wenigen ruhmvollen Aus-

Moeller, Dr. Jos., Lehrbuch der Pharmakognosie. Mit 237 Abbildungen. Wien 1889, Alfred Hölder, Rothenthurmstrasse 15

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Bucherschau. 95

Auch diese Lieferungen rechtfertigen den wiederholt ausgesprochenen Wunsch, dafs das vortreffliche Werk in keiner Apotheke fehlen moge, namentlich nicht in solchen, in denen Lehrlinge gehalten werden.

J e n a . Bertram

Moel l e r , Dr. Jos . , Lehrbuch der Pharmakognosie. K t 237 Ab- bildungen. Wien 1889, Alfred 11 o lde r , Iiothenthurmstrafse 15.

Ein neues Werk von M o e 11 e r darf aIlemal des grofsten Interesses der Fachgenossen sicher sein. Wsren es bislier umfangreichere Spezial- werke oder eine grofse Anzahl yon Einzeluntersuchungen in Zeitschriften. von denen jede einzelne geeignet war, Licht auf irgend einen Punkt der Wissenschaft zu werfen, so gibt uns diesmal der Verfasser die ganze Pharmakognosie irn knappen Gewande eines Lehrbuches, dem fast durch- weg eigene IJntersuchungen und eigene Erfahrungen als Lehrer als Grundlage dienen.

Wie er im Vorwort sagt, hat er nicht seine Aufgabe darin erblickt, dein Schuler eine Fiille von Einzelheiten zu bieten, sondern vielmehr darin, denselben mit dem Geiste und den Aufgaben der Disciplin ver- traut zu machen und ihm den Weg zur eigenen Forschung zu zeigen. So gibt die Beschreibung jeder einzelnen Droge in kurzen Worten: Ab- stammung, Heimat, Beschreibung , Mikroskopie , Chemie, T'erwechse- lungen etc. und haufig historische Notizen; mit einem Worte alles, was den1 Studenten (und auch dem praktischen Apotheker) zu wissen not thut. Der wissenschaftlichen Tcndenz dienen neben den Abbildungen, auf die wir nachher zu sprechen kommen, die jeder Abteilung der Drogen vorgesetzten allgemeinen Abschnitte und die Einleitung, in welche beiden letzteren der Schwerpunkt des Werkes gelegt ist. Beide sind in hervorragendstem Make geeignet, die Grundlage fur weitere selbstindige Arbeiten zu geben.

Einige Ungenauigkeiten, die dem Referenten bei der Lekture auf- gestofsen sind, seien erwahnt, da sie irnmerhin den Adinger zu ver- wirren geeignet sind: p. 165 wird der Arillus als zweites Integument bezeichnet, w Lhrend er doch in dem den Pharmakognosten besonders interessierenden Falle (Myristica) richtiger aIs ein drittes Integument bezeichnet wird. p. 166 werden die Samen der Leguminosen und die von Amygdalus als endospermlos bezeichnet , womit das im speziellen Teil bei Sem. Foenu g-raeci und Amygdalae richtig gesagte in Wider- spruch steht, wozu dann noch kommt, dafs der Mandel p. 169 ein l'crisperm zugeschrieben wird. p. 164 sol1 der Eeimling bei Colchicum aufserhalb des Endosperm liegen, wahrend er doch nur stark excentrisch ist (Fig. 100 I,.). Endlich sei auf einen Druckfehler aufmerksam ge- macht: p. 243 Calisaya, 244 Caliysaya, 245 Calysaya. Ein Anfinger wird nicht wissen, was richtig ist.

Bei der Auswahl des zu behandelnden Stoffes hat sich Verfasser an die osterreichische , deutsche und schweizer Pharmakopoe gehalten, ferner sind die gebrLuchlichsten Genufsmittel und eine Anzahl Neu- heiten (z. B. Strophanthus mit sehonen Abbildungen) aufgenommen. Den Schlufs machen die Drogen aus dem Tierreiche.

In seinem Vorwort beklagt sich Verfasser iiber das eeringe Interesse, welches der Pharmakognosie jetzt entgegengebracht wird, und schiebt mit Recht die Schuld der mangelnden Anregung der Hochschule zu. Referent mijchte die Sache nicht so pessimistisch ansehen, sondern seine Ifberzeugung dahin aussprechen, dafs es besser wird. Gewifs ist es noch gar nicht lange her, da war die Pharmakognosie so recht das Stief- kind des pharmaceutischen Studiums ; von wenigen ruhmvollen Aus-

96 Bucherschau.

nahmen abgesehen, wurde die Pharmakognosie vom pharmaceutischen Chemiker und Botaniker gelesen, weil sie doch einmal gelesen werden murste, aber einer Forderung hatte sich die Wissenschaft kaum von einem dieser Vertreter zu versehen, und wie wenig zahlreich waren die S tatten, wo dem studierenden Pharmaceuten Gelegenheit geboten war, sich praktisch in das Studium tler Pharmakognosie hineinzuarbeiten. Und das ist besser geworden, an den meisten Hochschulen sind Vertreter der Pharmako nosie, oft aus dem Apothekerstande hervorgegangen, die ihr urnfangreic%es chemisches und botanisches Wissen mit Freuden in den IXenst der Pharrnakognosie stellen und die Wissenschaft weiter fdrdern. Ein gutes Zeichen fur dieses warme Interessc dcr Docenten bieten die neu auftauchenden Lehr- uncl hndbucher , die Zeugnis dafur ablcgen, dafs nicht mehr nach irgend einer alten Schablone gearbeitet wird, und ein ferneres gutes Zeichen sincl die zahlreichen Arbeiten in den Zeitschriften, an denen doch der junge Nachwuchs, der von jenen Mannern vorgebildet ist, auch seinen Anteil hat. Werin man altc Jahrgange pharrnaceutischer Zeitschriften in Rucksicht auf ihreii pharmakognostischen Inhalt rnit den neuen vergleicht, so wird nach Clem Dafurhalten des Referenten das Ur- teil ohne Zweifel zu Gunsten dcr neuen Zeit ausfallen. Und der lIerr Verfasser steht mit an der Spitze der Manner, denen die Pharmakognosie ihre, wenn ich so sagen SOU, Neuerweckung zu danken hat.

Ein Zeichen der Stagnation erblickt der Verfasser dann darin, dafs wir eineo Ballast altcr Drogcn weiterschleppen, von denen kein Mensch weih, zu was sie gut sind. Verfasser mochte noch weiter gehen und sagen: w i r wissen emu, dafs sic wertlos sind. Von den meisten is t das aber seit lange beaannt, und wenn sic die Pharmacie nicht auf den Dunghaufen wirft und nicht werfen kann, so ist daran einesteils das jeder Belehrun unzugiingliche Publilcum schuld, welches rnit unglaublicher Ziihigkeit,.an A m alten Plunder hiingt, und anderenteils ist es die Schuld manchcr hrzte, welche diese Veteranen der Materialkammer nicht missen mogen. Doch auch hierin wird es besser, wie jeder Apotheker weirs.

Dagcgen wird Inan dem Verfasser aus vollem Herzen beipflichten, wenn er sich beklagt, dafs man den in so grofser Menge neu auftauchenden Drogen fast gar keine Forderung dcr Pharmakognosie zu verdanken hat. I)er beste Eifer niufs zuletzt erlahmen, v.enii er sieht, wie unter hundert Nieten kaum ein Treffer ist, und wenn er sieht, wie die Spekulation, die diese Neuhciten meist auf den Markt bringt, sich bestrebt, das oft ganz wertlose Zeug rnit einom Schtin des Gchcirnnisvollen zu umgebcn, um ihm zu einem, wenn auch noch so kurzeu, Scheinlebeu zu verhelfen. Aher dem Apotheker die Schuld geben, dafs er so wenig thut, den Wert oder Unwert dicscr Sachen zu erforschcn, i>t nicht richtig. Der Wert wird auch in erster Zinie nicht durch die pharmakognostische und chemische Untersuchung, so notwendig und wichtig sie auch sonst sind, erkannt, sondern durch die medizinische Prufung, die dem Apotheker nicht zusteht, und auch die chemische Analyse ist, naturlich Ausnahmen zugegeben, wie die canzc Chernie aus dern uharmaceutischen Laboratorium. ihrer Wiege, dkrausgewachsen.

Nun uoch ein Wort uber die Abbildunaen. Ein kleiner Teil ist. rnit Quellenangabe, von fremden Autoren e n t l e h , eine weitere Anzahi aus des Verfassers friheren Werlien heruber enommen und eine grofse Amah1 neu. Sie leisten in Schonheit und aenauigkeit das Hochste.

So sei das Buch allen Fachgenossen, die im Apotheker nicht nur dcn Kaufmann sehen, sondern die Sinn und Verstandnis fiir die reiche Wissenschaft unseres Berufes haben, warm empfohlen.

Hartwig. Drnck der Noradentachen Bochdrnckerei und Ver1ogsmst.h. Berlin SW.. Wilhelmstr. 39.