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Molekulartheorie der ~ul~eren Reibung. Von B. Der]aguin in Moskau. Mit 5 Abbildungen. (Eingegangen am 5. M~rz 1934.) Es wird eine Molekulartheorie der 5ugeren Reibung entwickelt. Were1 man die intermolekularen Attraktionskr~ifte vernachRissigt und die msch mit der Ent- fernung abnehmenden Abstol]ungskr~ifte dutch quasistarre Verbindungen ersetzt, und augerdem yon den thermischen Schwingungen der Molekiile absieht, so kommt man zu allen empirischen Reibungsgesetzen, deren zwei yon Amonton- Coulomb stammen. Wenn man auch die Koh~sionskrii, fte beri.icksichtigt, so kommt man zu einer Verallgemeinerung des ersten Amontonschen Gesetzes, das mit der Erfahrung besser in Einklang steht. 1. Obwohl man den offensichtlich elementaren Erscheinungen der ~ugeren Reibung auf Schritt und Tritt begegnet, gibt es bis jetzt keine vollst~ndig ausreichende Theorie, die die empirischen Gesetze von Amon- ton-Coulomb ffir die ~,ui?,ere I~eibung begriindet oder auch nur genaue Angaben iiber ihren .hlechanismus maehtl)~). Bevor wir zur Entwicklung unserer Theorie schreiten, mtissen wir die OesetzmS,13igkeiten bei der ~ul3eren Reibung genau formulieren, welehe naeh unserer Meinung grundlegend sind und eine theoretisehe Begrtmdung erhalten mtissen. Vor allem gehSren dazu zwei S£tze, die, wie leicht einzusehen, den Reibungsgesetzen yon A m o n t o n- C o u 1 o in b ~quivalent sin& 1. Das Element (iF der P,cibungskraft, dab das Flfichenelement ds der ,,Kontakt"-F15,ehe zweier fester K0rper zum Ursprung hat., ist gleich: dF =/tdN, (1) 1) In qualitativer Form ist eine Beibungstheorie yon W. Hardy ent.wickelt worden (Fourth report o,1 coll. chem. and its general and industrial applieat. London 1922, S. 185). Emige Ideen dieser Arbeit sind in unserer Theorie ver- wendet und ma.thematisch entwickelt worden. -- 2) Eme andere Theorie, die yon O. Tomlinson stanunt (Phil. Mag. 7, 905, 1929), leitet das erste Reibungsgesetz ab, indem sie eine Voraussetzung einft'thrt, die ihm im wesentlichen ~iquivalent ist ; sie kann daher nicht als seine Begriindung gelten. Man muB auch die Theorie yon K. Terzaghi erwhtmen (Erdbaumechanik, Wien 1925, S. 50), die eine Mittelstellung zwischen den rein molekularen Mikrotheorien und den Makrotheorien einnimmt, die die Reibung mit groben Unebenheiten erkl~iren. 247

Molekulartheorie der äuβeren Reibung

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Page 1: Molekulartheorie der äuβeren Reibung

M o l e k u l a r t h e o r i e der ~ul~eren Reibung.

Von B. Der]aguin in Moskau.

Mit 5 Abbildungen. (Eingegangen am 5. M~rz 1934.)

Es wird eine Molekulartheorie der 5ugeren Reibung entwickelt. Were1 man die intermolekularen Attraktionskr~ifte vernachRissigt und die msch mit der Ent- fernung abnehmenden Abstol]ungskr~ifte dutch quasistarre Verbindungen ersetzt, und augerdem yon den thermischen Schwingungen der Molekiile absieht, so kommt man zu allen empirischen Reibungsgesetzen, deren zwei yon A m o n t o n - C o u l o m b stammen. Wenn man auch die Koh~sionskrii, fte beri.icksichtigt, so kommt man zu einer Verallgemeinerung des ersten A m o n t o n s c h e n Gesetzes,

das mit der Erfahrung besser in Einklang steht.

1. Obwohl man den offensichtlich elementaren Erscheinungen der

~ugeren Reibung auf Schritt und Tri t t begegnet, gibt es bis je tz t keine

vollst~ndig ausreichende Theorie, die die empirischen Gesetze von A m o n -

t o n - C o u l o m b ffir die ~,ui?,ere I~eibung begri indet oder auch nur genaue

Angaben iiber ihren .hlechanismus maehtl)~). Bevor wir zur Entwicklung

unserer Theorie schreiten, mtissen wir die OesetzmS,13igkeiten bei der ~ul3eren

Reibung genau formulieren, welehe naeh unserer Meinung grundlegend

sind und eine theoretisehe Begrtmdung erhal ten mtissen.

Vor allem gehSren dazu zwei S£tze, die, wie leicht einzusehen, den

Reibungsgesetzen yon A m o n t o n- C o u 1 o in b ~quivalent sin&

1. Das Element (iF der P, cibungskraft , dab das Flfichenelement ds

der ,,Kontakt"-F15,ehe zweier fester K0rper zum Ursprung hat., ist gleich:

dF =/tdN, (1)

1) In qualitativer Form ist eine Beibungstheorie yon W. H a r d y ent.wickelt worden (Fourth report o,1 coll. chem. and its general and industrial applieat. London 1922, S. 185). Emige Ideen dieser Arbeit sind in unserer Theorie ver- wendet und ma.thematisch entwickelt worden. -- 2) Eme andere Theorie, die yon O. T o m l i n s o n stanunt (Phil. Mag. 7, 905, 1929), leitet das erste Reibungsgesetz ab, indem sie eine Voraussetzung einft'thrt, die ihm im wesentlichen ~iquivalent ist ; sie kann daher nicht als seine Begriindung gelten. Man muB auch die Theorie yon K. T e r z a g h i erwhtmen (Erdbaumechanik, Wien 1925, S. 50), die eine Mittelstellung zwischen den rein molekularen Mikrotheorien und den Makrotheorien einnimmt, die die Reibung mit groben Unebenheiten erkl~iren.

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248 B.V. Derjaguin

we d N die auf das FlgLehenelement ds der BertthrungsflS, che wirkende d N

normale Reaktionskraft und # der vom spezifischen Druck i v - d s

unabhS, ngige Koeffizient der 5,ul3eren Reibung ist.

2. Die gesamte geibungskraft ergibt sich durch Summierung der

Elementarkr/i, fte:

F =~dF=I#dN-~Fpds, (11 )

Gesetz vonde r Addierbarkeit der Reibung.

Zu diesen grundlegenden SS.tzen ftigen wir folgende Gesetze hinzu,

die, wie die Erfahrung zeigt, unter bestimmten Bedingungen riehtig sind:

3. Die dynamische Reibung ist gleieh der statischen und ist. unabh~ngig

von der Gesehwindigkeit (bei kleinen Gesehwindigkeiten).

4. Der Reibungskoeffizient ist yon der Temperatur unabh£ngig.

Die Untersuehungen W. H a r d y s zeigten, unter welchen Bedingungen

diese Gesetze gtiltig sind. Vor allem ergab sich, dais Gleitung in ihrer

reinen Gestalt mit Bildung einer bestimmten ,,Gleitebene" offenbar nur

in Gegenwart einer fremden Zwisehensehieht, die dig Belle eines Sehmier-

mittels spielt, nieht aber im Falle ganz reiner Oberflgehen beobachtet,

werden kann; in diesem letzten Falle hat, wie die Erfahrung leln%," (tie

relative Bewegung gew6hnEeh Verletzungen der Oberfliiehen l) zur Folge,

da Kohgsionskrgfte yon derselben Art wie diejenigen, die (tie KOrper in

sieh zusammenhalten, ztt ttberwinden sind. Hierbei ist (b~setz 1, wie

G. T o m l i n s o n gezeigt hat~), nieht erftfllt., und atteh fttr N -= 0 oder gar

N < 0 versehwindet die Reibung nieht. In Gegenwart einer Schmiersehicht.

indessen, die ehemiseh eine bestimmte Subs~mz darstellt, sind die Si;t.ze 1

und "2, naeh den Versuehen W. H a r d y s a ) , mit grol3er (;enauigkeil in eim,m

weiten Intervall der spezifisehen Drueke mit Aussehlu[.~ sehr k/einer 1)ruche

erftillt. Abweiehungen yon @esetz 3 tret.en naeh \V.-Hardy ~) daml auf,

wenn sieh der i~eibungskoeffizient mit der Zeitdauer der Bertihrung im(h,ru

kann. DiGs mul3 mit irgendwelehen \;er/mderungen der ()berfl~teh~u~ ~,&,r

der Sehmiersehieht zusammenh~ngen. Daher k6nnen wir annehmen,

dab die Abweiehungen veto Oesetz 3 nieht dureh das \¥esen des Meehanis-

mus der Gleitung, sondern dureil nebens~,ehliehe Faktoren hervorgerufen werden. Satz 4 ist naeh W. H a r d y s) immer erfullt, Wel]ll das Schmier-

1) W. H a r d y u. P. H a r d y , Phil. Mag. 6, 38, 1919. ~) (;.T¢)mlil~- son, Phil. Mag. 7, 905, 1929, § 12. -- :~) W. H a r d y u. b. B i r cumshaw. Ih'oe. Roy. Soc. London (A) 108, 2, 1925. 4) Fourth rep. on coil. chem. London 1922, S. 187. -- s? W. H a r d y u. L. B i r c u m s h a w . l.c.

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Selected Works- 3 249

mittel eine chemisch bestimmte 8ubstanz darstellt, und nur im Falle yon

Gemischen (oder bei chemischen Vergnderungen) wird eine Temperatur-

abhgngigkeit der Reibung bemerkt. Wit kSnnen daher annehmen, dab

die vier l=l.eibungsgesetze streng erftfllt sind, wenn Gleitung in ihrer reinen

Gestalt (mit Bildung einer Oleitebene) ohne Nebene~cheinungen vorhanden

ist, und wenn die Kohgsionskrgfte so klein sind, dab sie kein gegenseJtiges

Anhaften (und folglieh keine Verletzung) der Oberftgehen hervorrufen

(das Anhaften kann man als verantwortlieh fiir die Abweiehungen yon

Gesetz 1 bei kleinen Belastungen ansehen).

2. EleTncntarproze]3 der ~iu[3eren Reibung. Um den ]~,Ieehanismus der

guBeren Reibung zu erklgren 1), betraehten wit die Gleitung zweier identischer,

gleich orientierter Kristallgitterebenen, die man als zu zwei Einkristallen

geh6rig betrachten kann, relativ zueinander. Dieser Fall, der einem Ele-

mentarproze~ der gul3eren Reibung

entsprieht, ist in Fig. I sehematiseh

dargestellt.

Setzen wir voraus, da~J die untere

Flgche festliegt, so wird unter der

Vora.usset.zung, da.l" die Flgchen paral- r

lel sind, die Lage der oberen relativ

Z

o o o o o o o

zur unteren bestimmt dutch drei phgnomenologische Koordinaten x, y, z,

die v o n d e r mittleren Lage der Molekttle abhS, ngen, wobei wir diese Ko-

ordinaten so a.uswghlen, dal~ sich die virtuelle Arbeit der gnl3eren makro-

skopischen KrMt.e darstellen l'a.f.,t in der Form:

we F=, Fv, - - N die Komponenten der rcsultierenden guBeren Kraft sind,

bezogen auf die Achsen eines rechtwinkligen 1,2oordinatensystems, dessen

Ebene XO Y mit der (;leitebene zusamlnenfgllt; im weit.eren wollen wit annehmen, dab

I'~ ----- 0. /~'z = F .

Die Tatsaehe, dab die untere Flgche unbeweglich ist., bedeutet hierbei.

dab die yon den guBeren Kri~ft.en auf sie ausgeftbte Arbeit gleieh Null ist.

Wenn wit die therlnisehen Schwingungen vernachl'assigen, wenn wir

also das System als statisch betrachten, k6nnen wit annehmen, dab die

Koordinaten ¢-1, ~2, --- ~,- die die Konfiguration der Oberflgehenmolektile

1) Vgl. hierzu auch das Feilenmodell der Gleitung yon J. F r e n k e l , ZS. f. Phys. 37, 572. 1926 (§ 2, 3).

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250 B, V. Derjaguin

bestimmen, sieh gesetzmil3ig mit der Anderung der ph~.nomenologischen

I{oordinaten indern und daher Funkt ionen yon x, y, z sind:

Ci = Ci (z, y, z),

(8)

= (x, y , z).

Wit setzen voraus, dal3 die GrSl3en ~; aul3erdem noch vonder Ausgangs-

lage des Systems abhingen, d. h. davon, in welche ,,Vertiefung" der unteren

Netzebene anfangs ein bestimmter Knoten des oberen Kristallgitters

geraten war. Deshalb sind die ~i mehrdeutige Funktionen yon x, y, z.

Die Entstehung einer solchen Vieldeutigkeit kann man an dem Beispiel

zweier ineinandergedrtickter Btirsten (oder gezahnter Oberflichen mit

biegsamen Zahnen) anschaulich machen-').

Aus dem obigen (§ 1) geht hervor, dab man zur Ableitung der Grund-

gesetze f ~ die Reibung die Anziehungskrif te zwisehen den durch die @bit-

ebene getrennten Molektilen vernachl/~ssigen mug. Das plStzliche Anwachsen

der Abstol3ungskrifte bei Anniherung der Molektfle infolge geringer Kom-

pressibilitit der Elektronenhiille kann in erster Niherung berticksichtigt

xverden durch den Ansatz quasistarrer Verbindungen2), ausgedrtickt dutch

die Gleichung :

[ (~-1, " " ", ~ n ) ~ - 0 . ( 4 )

Dureh Elimination der Mikroordinaten ~-i aus (3) und (4) ergibt sich:

= so (x, y), (5)

wo angesiehts der Vieldeutigkeit von Funktionen (3) so (x, y) auch eine

vieldeutige Fmlktion ist.

Die Fliche z = so (x, y) ist sehematiseh in Fig. 2 dargestellt.

Ein beliebiger Punkt auf dieser Fl~tche gibt einen bestimmten Zustand

des Systems, insbesondere entsprieht Punkt A dem Gleiehgewichtszustand

bei der Bedingung F= = Fu -- 0. Bei Zunahme yon F versehiebt sieh der

abbildende Punkt, und bei einer bestimmten Grenzlage B wird die Non-

figuration des Systems labil; dabei finder angesiehts der Vieldeutigkeit

yon so (x, y) ein sprunghafter Ubergang des Systems in eine andere Non- figuration start3), dargestellt dutch Punkt B1, der in einer anderen :,Ver-

tiefung" der Pl iche liegt.

1) Vgl. auch das Modell zur Hysteresis yon L. P r a n d t l , ZS. f. angew. Math. u. Mech. 8, 85, 1928. -- 2) Vgl. hierzu den Artikel von H. Loss inka . B. Schmid t u. F. S a u e r w a l d , Die Frage nach der gittergeometrischen Bedingtheit der Gleitflachen in Kristallen, ZS. f. Phys. 85, 760, 1933. -- a) Vgl. auch L. P r a n d t l , 1. c.

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S e l e c t e d W o r k s - 3 251

Die Gleichgewichtsbedingungen der oberen Krista.llflgche sind (bei

= o): O z

F = F= = N ,

Oz = • (6') 0 O y

Der Koeffizient tier statischen Reibung ist. gleich dem Maximalwert

yon Oz/Ox, der sich in einem der Grenzpunkte B, C befindet.

Bezeichnen wir den Neigtmgswinkel der entsprechenden Tangential-

ebene mit ~ (Fig. 2), so erhalten wir ffir die statische Reibung F, = Fm~ ~ :

F~ = tg ~" N, (7)

#~ = tg ~. (7 ~)

Wie man sieht, ist das erste Reibungsgesetz erfgdlt und das reehtfertigt

die Voraussetzung, dab die AbstoBungskr~fto, die zwisehen den Atomen

8,. ~ ~.

, 2 ( I t

I~ L >l

Fig. 2.

und Molekfilen bestehen, absolut starren Verbindungen gquivalent sind;

die Zunahme yon # , bei kleinen Belasgungen kann auf das Vorhandensein

yon Anziehungskrgften zurt~ekgeftthrt werden. Weiter ist leieht zu sehen, dal3 die Riehtung der Versehiebung v o n d e r R.iehtung der Sehubkraft

abweiehen trod auf die Gr613e des Reibtmgskoeffizienten Einflul3 haben kann.

Bei einem sprunghaften %lbergang des Systems, z. B. vom Zustand B

in den Zustand B 1, leisten die guBeren Krgfte eine gewisse Arbefl; A, die,

wie wir voraussetzen, in thermisehe Sehwingtmgen der Molekiile t~bergeht.

Offensiehtlieh isg die d3mamisehe Reibtmg gleich

Fa ---- l (8)

Darin is~ l die Iden~itgtsperiode des Kristallgitters in Richtung der wirkenden

Kraft1), und das Summenzeichen bezieht sich auf alle ,,Sprtinge", die im Vet-

1) Es kann vo rkommen , dab die Gle i t r ich tung sys temat i sch v o n d e r Richtung der Kraft F abweicht ; dann ist unter I die Projektion derjenigen der tatsgchlichen Systembewegung entsprechenden Versehiebung des Bildpunktes auf die Kraft- riehtung zu verstehen, die den Punkt in eine der Anfangslage gquivalente Lage iiberfiihrt..

Page 6: Molekulartheorie der äuβeren Reibung

252

lauf dieser zustgnden folglich ist ist erft~llt;

beit ~-]A

Strecke l;

B. V. Derjaguin

Periode stattfinden. Die GrSBen der Kraft F, die den System- B, C , . . . entsprechen, sind proportional der Belastung N,

die Arbeit A auch proportional N, und das erste Reibungsgesetz Satz 3 dagegen ist nicht erftfllt, in der Tat, die verlorene Ar-

Al

mug gleich sein der Arbeit ~ 2'= d x der Kraft F= l~ngs der A

daher

: E A < z

und unter Berticksichtigung yon (8)

F a < F , ; # a < # ~ - (9)

Gleichzeitig erweist sich @esetz 2 nnr far die dynamische Reibung als richtig. Das kon~nt daher, well ftir zwei ,,start" miteinander verbundene 1) Kristallebenen, analog den betmchteten, wo die Gleitung auf der unteren Kristallflgche stattfindet, die Maximalwerte der entsprechenden Krgfte

im allgemeinen nicht gleichzeitig erreicht werden, so dat3 wir start des Additionsgesetzes erhalten :

Fges . ~ F 1 -~- F 2 • (10)

Zum Schlul~ bemerken wir, dab sieh im Falle d:rmamischer t~eibung auch bei stetiger Pdchtungs~ndertmg der Kraft F die Gleitrichtm~g unstetig

5,ndern mug, wobei das Vorhandensein verschieden orientierter Gleitlinien zutage tritt; die GrSBe von Fa iindert sieh dabei auch, manchmal unstetig, manehmal (w~thrend der Zeit, in der die Gleitrichtm~g konstant bIeibt)

stetig nach dem Gesetz Fa - - Fd, o wo .q die Gleitrichtung bedeutet cos (x, g)'

(siehe Ful3note 1 aut S. 665).

5 3. Anwe~u~ung der Thcoric au[ die Gleitung in Einkristallen. Die oben dargestellte Theorie kann man auf die innere Gleitung in Idea.lkristallgittern anwenden, wenn man die Kohgsionskrhfte berticksiehtigt, (tie dort ziemlieh grog sin& In unserer Theorie ist die l~eibungskraft bedingt durch Uneben- heiten in der )i-quipotentialflgohe tier AbstoBungskrgfte2), die bei hn- nshertmg der Elektronenh~illen entstehen, d .h . dutch die Existenz ent- sprechender Potentialschwellen. Da die Anziehungskrfi.fte einen gr6geren

1) Die starre Verbindung driickt sieh aus durch zwei Gleichungen yon de,- Gestalt x2--~1-----const, Y 2 - Yl = const. -- 2) Vgl. die Theorie von \V. Hardy (Fourth rep. on coll. chem. London 1922, S.192--193).

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Selected Works - 3 2 5 3

effektiven Wirkungsradius haben und langsamer mit der Entfernung

abnehmen, so miissen die Aquipotentialfl~chen fttr diese Kr~-fte (die man

hier nicht mehr als in eine Fl~,che zusammenfallend betrachten kann)

flacher und gleichm~Biger sein. Daher kann man die Tangentialkomponenten

dieser Kr~fte in erster NS, herung gleich Null setzen 1) und nun ihre Normal-

komponenten beriieksichtigen, deren Resultierende als v o n d e r Sehiebung

unabh~ngige Konstante gelten kann2). Somit kann man die Wirkung der

AnziehungskrS, fge als 5,quivalent einer ~ul3eren Belastung N o ansehen

und fiir den Grenzwert der Schubkraft Fs setzen:

= (N + No).

Angesiehts der relativ langsamen Abnahme

(11)

der Anziehungskr'~fte

mit dem Abstand kann man N o gleieh der Zugfestigkeit annehmen3). Werm

F, klein gegen N o ist, so l~13t sich der Kristall leieht ohne Zerst6rung seiner

Ganzheit deformieren, d. h. seine Plastizitht ist grol3 ; daher sind vom Stand-

punkt der hier entwiekelten Theorie aus diejenigen Kristalle plastischer,

deren Reibungskoeffizient #s klein ist.

§ 4. Statistische Gesetzmdfligkeiten bei der iiufieren Reibu~g. Der in § 2

betraehtete Idea[fall wird bei der gul3eren l~eibung realer K6rper auch

nicht n~herun~weise verwirklicht, sehon deswegen nieht, wei! er genau

gleiehe Orientierung der angrenzenden Kristallfl/iehen voraussetzt; schon

dis kleinste Abweichung in der Orientierung ffihrt dazu, dal~ in versehiedenen

Teilen der an~enzenden Fl~ehen eme ganz verschiedene relative I(noten-

verteilung in den beiden Kristallgittern besteht4). Wit wollen jetzt die

Voraussetzung yon der gleiehen Orientierung fallen lassen und gleiehzeitig

versuchen, unsere Theorie auf die Reibung bei [)olykristalloberflS~chen

auszudehnen. Offenbar kann man die /~ul3ere Beibung in diesem Falle

1) Die Berficksichtigung der Tangentialkomponenten ftillrt tibrigens zu derselben Formel (11) (siehe welter unten, § 4). -- ") Zur Rechtfertigung einer solchen getrennten Behandlung der Anziehungs- und Abstol3ungsl~'iifte kann man auf die klassische Theorie der Kapillarit~t zurtickgehen, wobei man die Abstol3ungskriifte dem thelznischen Druck gleichstellt und bei der Behandlung der Anziehungskriifte die diskrete Struktur der Materie ver- nachliissigt. -- 2) Vgl. G. Toml inson , I . c . -- 4) Bei der Ableitung der Reibungsgesetze haben wir explizite diese Voraussetzung nicht be- nutzt; indessen sieht man leicht, dab bei ungleicher Achsenorientierung der beiden Fli~chen die Flii, che z = ~o (x, y), dargestellt in Fig. 2, im Verlauf einer Identitiitsperiode (oder Quasiperiode) nicht aus einigen Wellen besteht, sondern im allgemeinen Fall aus einer sehr grol3en Zahl dicht verteilter Vertiefungen, was zu Ergebnissen ffihrt analog denen, die welter unten (§ 4) behandelt werden.

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254 B.V. Derjaguin

als das Aufeinanderwirken einer sehr grol3en Zahl yon aneinandergrenzenden MikrokristaUflgchenpaaren betrachten. Alle diese Paare kann man in eine Reihe von Gruppen einteilen; jede Gruppe vereinigt Paare, die untereinander hinsichtlich der Struktur gleichartig sind, und die sich gegenseitig be-

r~hrenc~en Mikroebenen, die jedes solche Paar bilden, sind entweder in ein und demselben Augenblick gleich gelagert in bezug auf ihre Partner

und a.uf die Bewegungsrichtung (d. h. ihre kristallographischen Richtungen

bilden mit der Gleitrichtung gleiche Wmkel) unter Bewahrung dieser Eigenschaft wi~hrend der ganzen Bewegung, oder abet man beobachtet diese gleiche Lagerung in verschiedenen Mikroebenenpaaren der betreffenden

Gruppe zu verschiedenen Zeitpunkten, d.h. ftir verschiedene Werte der allgemeinen ph~nomenologischen Koordmate, bezogen auf eine Achse parallel zur Gleitrichtung.

Man kann sagen, dal3 sich in dem Verband einer jeden Gruppe gleich- artige Paare yon Mikrofl£chen mit allen mSglichen ,,Phasendiffe enzen befinden. Dann ist klar, dag sich die Mikrokoordinaten /~(k) (wo Index i ~i, j die Zugeh6rigkeit zu der betreffenden Gruppe, Index (k) die verschiedenen

~Sglichkeiten in bezug auf die ,,Phasendifferenz" angibt und Index 7

sich auf die verschiedenen Mikrokoordinaten ein lmd desselben Fl£chen- paares bezieht) duzeh die allgemeinen ph~tnomenologischen Koordinaten

z, y, z auf folgende Weise ausdr~icken mtissen:

,-j = rh, j

lfier ist ~h, j entweder eine periodische oder eine quasiperiodische Funkhon

desArguments x + k.

Wenn wir jetzt die statistische Gesamtheit der beliebig orientierten Fl~chen betrachten, so wird, dank dem Nichtvorhandensein irgendeiner vorherrschenden I~icht~mg bei der Gesamtheit aller mSglichen Phasen- differenzen, bei relativer Bewegung der beiden Fliichen in der x-t~iehtung die Koordinate y streng konstant bleiben und nicht solche Schwankm~gen zeigen, wie man sie m dem friiher (§ 2) ~mtersuchten Fall beobachten konnte- Daher werden wir im weiteren .;,~-¢k~j = U,,j (x-~-, k, y, z) nut als Funl~tion yon x - t -k und z betrachten.

Weiter kSnnen verschiedene F1/~chen, soweit sie sich in bedeutendem Abstand voneinander befinden k6nnen, nicht als ,,starr" miteinander verbunden betrachtet werden. Deshalb ftihren wit far jede Flache eim- eigene Koordmate ~(~~ ein, die somit eine Zwischenstellung zwischen den

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Selected Works - 3 255

Mikrokoordinaten und den ph~nomenologischen Koordinaten x , y , z 1)

einnimmt; hierbei sei die Bedingung erfiillt:

• ~ ~ N~ ') = N ; (13) i k

hier sind die N~ k~ die ,,Partialbelastungen" fiir die einzelnen Mikroflichen.

Setzen wir voraus, dab keine hinreiehend starre Verbindung zwischen den verschiedenen Fl ichen besteht, so mtissen wir ansta t t einer Gleichung analog zu (4), die die Inkompressibilit/it der Elektronenhtillen zum Ausdruck bringt, fiir jede Fl~che eine unabh~ngige Gleiehung erhal~en yon der Form

/(.~' (~,.~),, ~-(~) ~il :)) = 0. (14) t ~ i , ~ • . .

Durch Elimination a.ller ~.~~ aus (12) und (14) erhalten wir

z~ ~) ----- q~, (x -k h). (15)

Es ist vSllig kla.r, dab die Gr6Ben N~ k) nur yon (x d-k) oder, was -(~) abh/in~ge Funktionen sein miissen. Daher kSnnen dasselbe ist, nur yon ~;

wir das Potential der Partialdrucke Ui (x -t- k) einftihren, welches gleich ist:

i ~ (k) U i ( x ~, ~) -= NI. k) ciz i . (16)

In Fig. 3 ist die Funktion ~i (x + k) graphisch dargestellt.

Wir wollen wie friiher zulassen, dab die GrOge z~ k) nicht nut yon (x + k) abh~ngt, sondern auch noch davon, in welche ,,Grube" ursprtmglich ein bestimmtes Element der oberen Fl~che geraten war, und folglich davon,

Fig. 3.

in welcher Vertiefung dei Kurve z~i")= 9i (x + k) sich zu Anfa.ng der entsprechende Abbildungspunkt befand. So ist 7', (x + k) wieder eine vieldeutige Funktion, deren verschiedene Zweige in Fig. 3 dutch die aus- gozogenen Kurven dargestellt sind. Die mit der x-Achse zusammenfallende Schubriehtung kann sich in bezug auf das untere Kristallgitter sowohl durch irrationale wie auch durch ganzzahlige Indizes ausdriicken; im ersten

1) Die t(oordinaten z(. k) sind analog der Koordinate z, die in § 2 betrachtet $

und dort nicht so behandelt wurde, wie ph:~inomenologische Koordinaten ge- gewShnlich behandelt werden.

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256 B.V. Derjaguin

Falle w~re die Funkt ion q~i (x q- k) qua.siperiodisch. Wir wollen uns indessen mit der zweiten Voraussetzung befassen, wobei wir die entsprechende

Identit~£speriode dutch l = A A 1 bezeiehnen.

H_ier indessen 5,ndert sich, zum Untersehied von dem friiher betrachteten Fall, bei Erreichung einer kritischen, einem labilen Zustande des Systems entsprechenden Lage (z. B. B oder C) dureh den abbildenden Punkt mad bei nachfolgendem Obergang auf einen anderen Zweig der Kurve q)i (x q- k)

~k) unstetig, die Gr6ge von x dagegen iindert sich bei nur die Koordinate z i der Sehiebung stetig; x, die allgemeine ph&nomenologisehe Koordinate, h~ngt in der Tat v o n d e r Lage aller Elementarmikrofl~chen ab, in denen diese gleichen ,,Sprtmge" zu verschiedenen Zeiten stattfinden.

Wenn wir in Fig. 3 den Zustand aller h{ikrofl~ichenpaare, die den gleichen Indizes i, ?" und allen mSglichen k-Werten (yon 0 bis l) entsprechen,

gleiehzeitig darstellen wollen, so besetzten alle diese Pm~kte die ganze

Kurve yon x -~ x o bis x = x 0 q- l dieht.

Offenbar sind alle Werte yon k gleich wahrscheinlich; im entgegen-

gesetzten Falle miiBte tats~chlieh die Verteilungsfunktion, da k iiberall

I z:,~) i 8 / c. D/ [ 8./

.4 l l ~ 41

Fig. 4.

nur in der Form der Summe x + k eingeht, von dem Argument • + k ab-

h&ngen, was der Tatsache widerspricht, dab m die allgemeine phanomeno- logische I(oordinate darstellt. Daher ist die Zahl der Abbildungspunkte pro Lgngeneinheit der x-Aehse kons~ant; sie sei gleich a. Wir nehmen an, dab sich in der ursprfinglichen Gleichgewiehtslage alle Abbildungspunkte

auf die fett gezeichneten Kurventeile (Ao:B ' f lC 'yD' . . . A 1 ) verteilen, wiihrend die iibrigen Teile frei bleiben. Bei Beginn der Schiebung (z. B. naeh reehts) beginnen alle diese Punkte sich mit gleichen Oeschwindigkeiten (dx/d 0 nach rechts zu bewegen, wobei sie die dtmn gezeiehneten, stetigen, von reehts an die Punkte B, C, . . . , B I grenzenden Kurventeile erfiillen und gleichzeitig die fettgezeichneten Teile der entsprechenden Kurven frei maehen.

In Fig. 4 ist dureh die fetten Kurven eine Verteilung der Abbildungs- punkte dargestellt, wie sie infolge einer Verschiebung entstehen kann.

Page 11: Molekulartheorie der äuβeren Reibung

Selected W o r k s - 3 2 5 7

Um die GrSl3e der Tangential'kraft F zu finden, die auf die obere Fl~,che wirkt, wenden wir da.s Prinzip der virtuellen Arbeit auf die reelle Bewegung an, die einer Versehiebung um ~x entsprieht:

Mk) F ( S x - - ~ N ~ k)b.,. - - o W = 0 ; (17) f k

W ist die potentielle Ener~e der Attraktionskr/~fte, die zwischen den sich bertthrenden Flfi.chen wirken, Kritfte, die wir jetzt betrachten wollen.

Wenn wir die Summe fiber k dureh das Integral ersetzen, so erhalten ~dr:

l

F - - a i d k d x - - ( S W = 0 ; (17 ~) d(x + k)

o

oder l

F ~--- . a i N~k} d (x q-- k) d k -I- 6----x' o

oder, unter Benutzung von (16):

F ~ ai {[Ui (B) - - Ui(B')] + [g, (6') - - U~ (6")] + . . . } + ~ W i ~ ' (181)

wo z. ]3. Ui (B) den Wert des Potentials U; ffir die Koordinaten des Punktes B (Fig. 4) bezeiehnet usw.

In der Ausgangsla~e F -- 0 ist die Summe auf der rechten Seite von (181) gleichfalls gleich Null; fo!glich hat die potentielle Energie des Systems einen Extremalwert. Wenn wir bei sehr ldeinen N, den Zustand des Systems als stabil vora.ussetzen, so finden wir aus (17), dal3 dieser Extremalwert ein Minimum sein muLk Bei kleinen Werten von N und kleinen Werten yon x w~chst daher die GrSl3e ~ W/~x mit wachsendem x. Dies mSge aueh bei mittleren N- und x-Werten gelten. In diesem Falle w~chst F, wie aus Formel (18) und Fig. 4 folgt, bei infolge der Schiebung zunehmen- dem x zun~chst stetig; dann verlan~amt sieh in dem Mal3e, wie die ,,vorderen", auf den versehiedenen Zweigen A B, B ' C , . . . der Kurven z~ I:' = cpi (x -q- k) verteilten Abbildungspunkte ihre Grenzlagen B, C, . . . , B 1 erreiehen (auf versehiedenen Zweigen zu versehiedener Zeit), das Anwachsen yon F, mid schliel~lich, wenn alle Teile c~B, t i C , . . . geftillt sind, erreicht F einen Grenzwert, da im weiteren die Verteilung der Abbildungspunkte auf den Kurven z~ j:~ = qgi (x -t- k) stationer wird, wodurch dann auch die GrSl3e (~ W/~)x)|i,,, einen station'~ren Weft annimmt (sie ist nicht gleieh Null, da sic der virtuellen Arbeit und nicht der reellen Anderung der potentiellen Energie bei der Verschiebung 5x entspricht).

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258 B.V. Derjaguin

Den Charakter des Verlaufs yon F (x) zeigt die Kurve in Fig. 5. Hieraus folgt offensichtlieh, dag die statische Reibung exakt gleich

der dynamischen (bei niedrigen Geschwindigkeiten) is t . Sofern das Sum- mierungsgesetz 2 (§ 1) ftir die dynamische Reibung riehtig ist, mui3 es

f

o Fig. 5.

gleiehzeitig auch fttr die statische Reibung erftillt sein. Ferner kann infolge der vSlligen Regellosigkeit in der Orientierung dot verschiedenen Mikro- fl~,chen keinerlei Anisotropie der Reibung bestehen.

5. Das verallgemeinerte Reibungsgesetz. Beseh£ftigen wit uns jetzt

mit der Erfifllbarkeit des ersten l~eibungsgesetzes yon A m o n t o n- C o u 1 o m b. Im Falle eines Paares yon F, inkristallfl~,ehen muJ3te es frtiher (§ 2) (wenn

man die Attraktionskri~fte vernaehl~ssigte) unbedingt erfttllt sein. Jetzt indessen tritt eine Komplikation noch dadurch era, da]~ sich die Verteilung

der gesamten Belastung auf die einzelnen Mikrofl£ehen ~fit Anderung dieser Belastung gleichtalls £ndern kann, d .h . die @rbi~en

N ,(~)

N (m)

sind jetzt Funktionen der GrSge N.

Unter Beri~cksichtigung der ela.stischen Bindung zwischen den ver- schiedenen NikroflSehen wird man nati~rlich annehmen, da~ unter den

sich nur dutch die GrSfte der ,,Phasendifferenz" k unterseheidenden Fl~chen einen gr6geren Tell der Belastung solche Fl~chenpaare tragen werden, fiir deren ,,Phasendifferenz" im gegebenen Augenbliek zl ~) grol] ist, da. hierbei ein ,,Mikrozahn" der einen Fl£ehe auf einen ,,Mikrozabn" der anderen Fl~,che driiekt; folglich nehmen die Funktionen N(~")(zl/)) mit waehsendem Argument zu.

Die elastischen KrS, fte, die eine solehe Ungleiehm~13igkeit bewirken, hfi.ngen yon der Differenz der GrSl3en z °:) far die versehiedenen F15,ehen, t"

und nicht yon der Gr6ge der Belastung N 1) ab; deshalb kann man jede Teilbelastung N~ t) in Form einer Summe yon zwei Gliedern darstel len

N (~:) ~ - N n (k) ( J : )

~) Wenn N gentigend groB ist. Ubrigens l~i3t sich keine Theorie, die sich a.uf die ,,Inkompressibilit~it" der Elektronenhtillen sttitzt, auf den Fall zu kleiner N-Werte anwenden.

Page 13: Molekulartheorie der äuβeren Reibung

Selected Works - 3 259

das erste, N proportionale Glied entspricht einer Verteilung der Teil-

belastungen, die bei v611igem Fehlen einer elastischen Bindung zwischen

den benachbarten Mikrofl~,chen bestehen wiirde und yon der Gr6Be von N unabh~ngig w~ire; das zweite Glied, das die von den elastischen I~r/iften herrtthrende Umordnung der Belastungen ausdriiekt, h/ingt nicht von N ab. Dementsprechend kann die Summe auf der rechten Seite von (18) ebenfalls als zweigliedrige Summe von der Form AN q-B dargestellt

werden. Da hierbei die unter dem EinfluB der elastischen ICr~fte stattfindende

Umordnung der Teilbelastungen die Elemente des Integrals in (18) ver- d z(3)

st~irkt, die gr6Beren Werten yon z~ k) und folgheh auch yon d (x + k)

entsprechen, so nimmt bei dieser Umordnung F~ zu; daher ist B immer

positiv. Da (6W/6x)~im nicht yon N abh~ngt [die Molek~lkonfiguration ist nach

Voraussetzung eine Funktion der Koordinaten x und z~ k), siehe Glei- chung (12), und die Verteilung der Punkte mit den Koordinaten x, zl ~)

wird fiir den Grenzwert F = F s der Reibungskraft stati0n~r], so folgt

schlieBlich aus (18) folgendes Reibungsgesetz:

F, = F, = z (N + No), (s0)

wo tt und N o I(onstanten analog zu Formel (11) sind.

Das Summierungsgesetz, angewandt auf die Gr6Be Fs, fiihrt hierbei, wie unschwer zu sehen, zu dem 8ehluB, dab # nieht yon der Gr6Be der ganzen Beriihrungsfl£che fttr homogene Fl~chen abh/ingt, und dab N o proportional dieser F1/iche ist. Um diese Abh/ingigkeit deutlieher zu machen,

kann man Formel (20) in folgender Form schreiben:

F, = F a = # ( N + S p o ) = / z S ( p + p o ) , (20~)

wo S die Kontaktfl~,che, p der spezifische Druck und 2~o eine nur yore Material der sieh beriihrenden Fliichen abh~ngige Konstante ist. Bei Anwendung der Formel (20) oder (201) auf experimentelle Daten muB man indessen beachten, dab N O proportional der wahren Kontaktfl/iche S ist und nicht der scheinbaren s, die gr6f3er sein kannl); die Or6Be yon S ihrerseits kann bei zunehmender Belastung gr61~er werden, so dab das Experiment einen No-~'~'ert liefern kann, der kleiner ist als der wahre (oder sogar Null). Jeden- falls erh£1t die experimentell ~) beobachtete Zunahme des ,,scheinbaren"

l) I(. Terzaghi , Erdbaumeehanik. Wien 1.925. S. 50--52. -- ~) W. Hardy u. L. Bi rcumshaw, Proc. Roy. Soc. London (A) 108, 2, 1925.

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260 B. V. Derjaguin

Reibungskoeffizienten #,, der als Quotient F,/N bestimmt wird, bei kleinen

N-Werten eine theoretische Erklgrungl).

Zum Schlug sei bemerkt , dab man die Ergebnisse der dargelegten

Theorie auch auf die Reibung amorpher K6rper ausdelmen kann, soweit

sieh ihre Oberflgehe als Grenzfall vielkristalliger, aus sehr kleinen Mikro-

flgehen gebildeter Oberfl/~chen betrachten 1/~13~.

Ergebnisse. Naeh der hier entwiekelten Theorie hgngt die gul3ere tleibung vor-

wiegend yon Abstol3ungskrgften ab, die zwischen den Molektilen der einander

ber~hrenden F15,chen herrsohen und sehr sehnell bei deren Anngherung

zunehmen. Die Theorie ftthrt zu folgenden Resultaten:

I. Bei Oleitung gleieh orientierter EinkristallIlgchen gilt:

1. Statische und dynamisehe Reibung sind proportional der Belastung.

2. Die statische Reibtmg ist grSl3er als die dynamisehe und gehoreht

nicht dem Gesetz yon der Addierbarkeit der Reibungskr/ifte.

3. Die dynamische Reibung ist bei nicht zu grol3en (;esehwindigkeiten

unabhgngig yon der Gleitgesehwindigkeit.

4. Die 1Reibungskrgfte sind unabhgngig yon der Temperatur.

5. Die dynamisehe l~eibung (in geringerem Grade auch die statische)

zeigt Anisotropieerseheinungen.

6. Beriicksichtigung der Attraktionskrgfte ftihrt zu folgender Modi-

fikation des A m o n t o n - g o u l o m b s c h e n Gesetzes

F = ,u (N + No) = t~ (N + S/~o) = ,uS (1) + Po)" (I)

7. Die hier angeftihrten Besultate, insbesondere Formel (I), stud in

gewisser Weise au[ die Gleiterseheinungen anwendbar, die die plastisehen

Deformationen yon Einkristallen begleiten.

II. Bei Gleitung viellcristatliger und amorpher F15~ehen gilt:

1. Formel (I) beh/ilt ihre Anwendbarkeit.

2. Die statisehe Ileibung ist exakt gleieh der d3mamischen und gehorc, ht

aueh dem Gesetz yon der Addierbarkeit der Beibungskr'afte.

1) Es ist leieht zu sehen, dab B und folglich auch N dann klemer sind, wenn die IZurven Z(3 ) = q~i (x q- k) flacher sind. weil namentlich die Unebenheiten

Z

dieser Eurve die Umordnung der Teilbelast, ungen hervorrufen. Einer flacheren Form dieser Kurven entspricht aber ein kleinerer Reibungskoeffizient. Und in der Tat ist bei Vorhandensein eines Schmiermittels, we l' klein ist, das Gesetz (1) yon A m o n t o n besonders gut erfiillt, wie das W. H a r d y gezeigt hat (W. H a r d y u. L. B i r c u m s h a w , 1. c.).

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Selected Works - 3 261

3. Die Reibung is~ vonder Temperatur und yon der Geschwindigkeit der Bewegung unabhimgig.

4. Anisotropieerscheinungen der Reibung sind nicht vorhanden.

Zusammen/assung. Die hier dargestellte Theorie sttitzt sich auf die Vorstellung, da~ angesichts des steilen Anwachsens der Abs~ol]ungskrMte zwischen den Molekiilen der Kontaktfl~chen diese Kr~fte starren Ver- bindungen ~quivalent sin& Der Grenzwert der Reibungskraft entspricht der Erreichung einer bei der Verschiebung der Fl~chen gegeneinander labilen Molektilkonfiguration mit nachfolgendem (Jbergang in eine stabilere Lage. Diese Grenzkonfiguration ~ndert sich nicht bei Jknderung der Be- lastung. Die Theorie erkl~rt alle Grundgesetze der Reibung und fiihrt dartiber hinaus zu einer Verallgemeinerung des Coulombschen Gesetzes in der Form

F = # (N + No),

wo F die Reibungskraft, # den R, eibungskoeffizient, N die Belastung und N o eine von den Eigenschaften der Fl~,ehen und deren wahrer ,,Kontakt"- Fl~che abh~ngige Konstante bedeuten. Die Theorie ftihrt als eine statische nattirlich zur Unabh~ngigkeit der Reibungskr~fte yon der Gleitgeschwindig- keit und der Temperatur. Formel (1) ist auch auf die innere Gleitung in Einkristallen anwendbar.