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Molybdänblau und seine Bedeutung für die analytische Chemie. Von S. L. 1)Ialowan. [Eingegangen am 16. Februar 1931.] Molybdänblau bildet sich bei zahlreichen Rcaktionen, über die heute schon sehr viele Einzelbeobachtungen vorliegen. Erst Untersuchungen der letzten Jahre, die insbesondere das Gebiet der analytischen Chemie berühren, haben die Vorstellungcn über die Zusammensetzung des Molybdänblaus vertiefen können, ohne jedoch Endgültiges über die Konstitution dieses Stoffes auszusagen. Molybdänblau ist sowohl das erste Produkt bei der Reduktion von MoO 3 oder Molybdaten wie bei der Oxydation niedrigwertiger Molybdän- verbindungen. Es ist auch auf synthetischem Wege darzustellen, wenn Verbindungen des niedrigwertigen Molybdäns auf Molybdate zur Ein- wirkung gelangen. Die Reduktionsverfahren lassen sich sowohl auf suspendiertes MoO3 wie auf saure Molybdatlösungen anwenden, nur wird es, wie sich später noch zeigen wird, nicht gleichgültig sein, von welchem Molybdat man ausgeht, da Paramolybdate sich anders verhalten werden als Trimolybdate, und diese wieder anders wie saure Molybdate. Zn, A1, Fe, Pb, Cu bilden mit Molybdän ebenso wie SnC12, SO2, H2S und HJ die Verbindung durch Reduktion in saurer Lösung. Pulverförmiges Molybdän selbst bildet mit H20 gleichfalls Molybdän- blau oder grünes Molybdänoxyd, welches durch H2SO 4 in Molybdän- blau übergeführt werden kann 1). Die Reduktion saurer Molybdatlösungen durch organische Stoffe wie Milchsäure, Ameisensäure und Oxalsäure kann durch Licht eine erhebliche Beschleunigung erfahren. Reduktionsmittel im Überschuss zuzusetzen, bedeutet, dass dann die Reduktion so weit geht, dass niedrige ungefärbte Molybdänoxyde entstehen und sich die blaue Lösung allmählich entfärbt. Die Verbindung wird bis jetzt meistens, wenn man von G. Marchettis 2) triklinen Krystallen und F. Ulliks Verbindung a) absieht, als dunkle, aus glänzenden glasigen Stückchen bestehende Masse erhalten. 1) S. L. Malowan, Ztschrft. f. Metallkunde 23, 5 (1931). 2) Ztschrft. f. anorg. Chem. 19, 391 (1920). 3) Arm. der Chem. 144, 204 (1867). Ztschrft. f. anal. Chem. 84, 6. u. 7. Heft. 14

Molybdänblau und seine Bedeutung für die analytische Chemie

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Molybdänblau und seine Bedeutung für die analytische Chemie.

Von

S. L. 1)Ialowan. [Eingegangen am 16. Februar 1931.]

Molybdänblau bildet sich bei zahlreichen Rcaktionen, über die heute schon sehr viele Einzelbeobachtungen vorliegen. Ers t Untersuchungen der letzten Jahre, die insbesondere das Gebiet der analytischen Chemie berühren, haben die Vorstellungcn über die Zusammensetzung des Molybdänblaus vertiefen können, ohne jedoch Endgültiges über die Konstitution dieses Stoffes auszusagen.

Molybdänblau ist sowohl das erste Produkt bei der Reduktion von MoO 3 oder Molybdaten wie bei der Oxydation niedrigwertiger Molybdän- verbindungen. Es ist auch auf synthetischem Wege darzustellen, wenn Verbindungen des niedrigwertigen Molybdäns auf Molybdate zur Ein- wirkung gelangen. Die Reduktionsverfahren lassen sich sowohl auf suspendiertes MoO 3 wie auf saure Molybdatlösungen anwenden, nur wird es, wie sich später noch zeigen wird, nicht gleichgültig sein, von welchem Molybdat man ausgeht, da Paramolybdate sich anders verhalten werden als Trimolybdate, und diese wieder anders wie saure Molybdate. Zn, A1, Fe, Pb, Cu bilden mit Molybdän ebenso wie SnC12, SO2, H2S und H J die Verbindung durch Reduktion in saurer Lösung.

Pulverförmiges Molybdän selbst bildet mit H20 gleichfalls Molybdän- blau oder grünes Molybdänoxyd, welches durch H2SO 4 in Molybdän- blau übergeführt werden kann 1).

Die Reduktion saurer Molybdatlösungen durch organische Stoffe wie Milchsäure, Ameisensäure und Oxalsäure kann durch Licht eine erhebliche Beschleunigung erfahren. Reduktionsmittel im Überschuss zuzusetzen, bedeutet, dass dann die Reduktion so weit geht, dass niedrige ungefärbte Molybdänoxyde entstehen und sich die blaue Lösung allmählich entfärbt. Die Verbindung wird bis jetzt meistens, wenn man von G. M a r c h e t t i s 2) triklinen Krystallen und F. Ul l iks Verbindung a) absieht, als dunkle, aus glänzenden glasigen Stückchen bestehende Masse erhalten.

1) S. L. Malowan, Ztschrft. f. Metallkunde 23, 5 (1931). 2) Ztschrft. f. anorg. Chem. 19, 391 (1920). 3) Arm. der Chem. 144, 204 (1867).

Ztschr f t . f. anal . Chem. 84, 6. u. 7. Hef t . 14

210 S .L . MMowan: )lolybdänblau

In dieser Form ist Molybdanblau leicht nach einer von mir gefundenen Darstellungsmethode in grösseren Mengen zu erhalten. Ammonium- molybdat wird in wassriger Lösung mit konzentrierter Schwefelsaure versetzt und in der Siedhitze mit Na2S in kolloidales Thiomolybdat ver- wandelt. :Nach vorsichtigem Zugeben von 3--5 Tropfen konz. Schwefel- säure bildet sich sofort eine dunkle Lösung von Molybdanblau, welche hierauf 6 Tage der Dialyse unterworfen wird.

Molybdanblau ist den reversiblen Kolloiden zuzurechnen. Nicht zu verdünnt zeigt die Lösung im Ultramikroskop viele Submil~'onen in lebhafter :Bewegung. In grösserer Verdünnung sind diese sowie ein Licht- kegel nicht bemerkbar1). Auch in vielen organischen Lösungsmitteln wie :Butyl- und Amylalkohol, Methylathylketon, Nitrobenzol, Acet- essigsaure~thylester und, wie ich feststellte, unter Farbanderung in den höheren Aldehyden, Citral und Citronellal, ist Molybdanblau kolloidal löslich und kann durch Dialyse rein und durch Ultrafiltration in kon- zentriertem Zustand erhalten werden. Die Haltbarkeit reiner Molybdan- blaulösungen wechselt stark mit der Verdünnung und der Temperatur. Bei langerem Sieden unter Rüekfluss t r i t t gelinde Oxydation ein. Eine von mir aus Mo-Pulver hergestellte Molybdanblaulösung blieb in der Kalte jedoch viele Monate lang unverandert.

J. J. :Berze l ius 2) hat Molybdanblau durch doppelte Umsetzung von NH4-Paramolybdat mit MoC13 dargestellt und den Körper mit MoO2, 4 MoO 3 formuliert. C. R a m m e l s b e r g 3) behandelt Molybdan- oxychlorid mit MoO 3 oder mit NI-I4-Molybdat und erhalt auf diese Weise blaue Rückstände. Die von :Berze l ius gefundene Zusammensetzung vermag er nicht zu bestatigen, sondern findet sie durch Mo205 resp. (MoO 2 ~ Mo03) zutreffender wiedergegeben.

Man kann wohl sagen, dass bis auf den heutigen Tag die Existenz der Verbindung M%O~ immer wieder bestatigt und immer wieder ange- zweifelt worden ist. Die erste kritische Beleuchtung der Konstitutions- verhaltnisse des Molybdanblaus ist bei M. G u i e h a r d 4) zu finden. Er gewinnt die Verbindung aus NH4-Paramolybdat und Mo in saurer Lösung als tiefblaues, nicht hyproskopisches Pulver oder als schwarze glänzende Bl~ttchen ohne Zeichen einer KrystMlstruktur. :Die Analyse seiner Verbindung veranlasst ihn, die Formel von :Berze l ius zu akzep- tieren, da ja auch die chemischen Eigenschaften der Substanz derselben zu entsprechen scheinen. So zersetzt troeknes Chlor zu Molybdan-

~) W. B i l t z , Nachr. k. Ges. Wiss. Göttingen t904, S. 1; 1905, S.46; 1906, S. t41.

2) Pogg. Ann. 6, 380 (t826). 3) Pogg. Arm. 1~7, 290 (1866); 1,°8, 311 (1866); vergl, diese Ztschrft.

~, 203 (1866). 4) Arm. Chim. [7] 23, 498 (1901); Bull. soe. chim. de France [4] 1,

446 (1907).

und seine Bedeutung für die analytische Chemie. 2~~

oxychlorid und MoO» HC1 zu MoO 2 und MoO 3. 2 HC1, Alkalien bewirken die Bildung von MoO2-Hydrat und Molybdat. Da M. G u i c h a r d die Formel von B er z eli u s für Molybdänblau allgemein akzeptierte, musste es schon damals Beachtung finden, dass P. K l a s o n 1) aus NH~- Molybdänchlorid nach kürzerer oder längerer Oxydation zwei ver- schiedene Molybdänblauarten erhielt, die er analog, den verschiedenen Phosphormolybdänsäuren als Mo205, 18 MoO 3 . 2i H20 und Mo20~, 24 MoO 3 . 24 H20 deutet. Auch G. B ail h a c h e z) erhielt bei der Umsetzung von Mo205 . 2 803 mit BaMoO~ und Ba3)'Io024 Substanzen, deren Untersuchung zu den Formeln

Mo20 ~ . (MoO~) 2 . 6 H~O und (Mo203) 3 . (Mo502~)2.18 H20

fiihrte und die in ihren Eigenschaften gegeneinander und mit der Verbindung von G u i c h a r d ~~öllig identisch waren.

Auch dass (las Molybdänpentoxyd Mo205 existenzfähig ist, scheint im Gegensatz zu G u i c h a r d nachgewiesen zu sein. AHs MoO 3 wird sowohl durch Reduktion mit H J wie auch aus MoO(OH)a Mo205 in Form eines violetten P,fivers erhalten und aus Mo20(804) 2 und Mo20(C204) 2 haben W. W. W a r d l a w und T. H. N i c h o l l s 3) durch Erhitzen im N-Strom ein Produkt ähnlichen Aussehens mit den gleichen Eigenschaften erhalten.

Nach diesen Befunden nmsste erörtert werden, ob unter Molybdän- blau eine definierte Substanz oder eine allgemeine Bezeichnung für eine Substanzreihe zu verstehen ist. G. Denig~s 4) z. B. findet, dass es ein instabiles Molybdänblau, aus SulfomolybdatlSsungen gebildet, gibt, das in Äther nicht löslich ist und sich entfärbt, wenn die H2SO4-Kon- zentration der Blaulösung sich auf 25% verringert und ein stabiles, dessen Farbe beständig ist und das in ätherunlöslicher und in äther- löslicher Form vorkommen kann, welchem allein die Zusammensetzung MoOz.4 MoO~ zukommt.

Welchen Einfluss die Darstellungsweise auf die Zusammensetzung des entstehenden Produktes haben kann, darauf hat Sch. 1%. Z i n z a d z e 5) hin- gewiesen. So reduzieren Phenylhydrazin, Hydrazinsulfat und Hydrazin- chlorid im Gegensatz zu Metallen Mo-Verbindungen in der Kälte in saurer Lösung nicht oder nur im geringen Mal]e, in Gegenwart von Phosphorsäure jedoch sehr leicht zu tief marineblauen Farben. Auch nach J. D u c l a u x und R. T i t e i e a «) ist die Möglichkeit der Existenz ver-

~) Ber. Deutsch. Chem. Ges. 34, 153 ('1901); vergl, diese Ztschrft. 49, 5 (~9~0).

2) Compt. rend. 133, 1210 (1901). a) Journ. of Chem. Soc. (London) 127, 1487 (1925). 4) Bull. soc. chim. de Paris [3] 3, 797 (1890). Bu]l. soc. pharm. Bordeaux

65, "107 (1927). Compt rend. 184, 687 (:1927). 5Iikrochemie, Pregl-Festschrift S. 27 (1929).

») Vergl. diese Ztschrft. 82, 383 (:1930). 6) Rer. (~én. Colloides 7, 289 (192.q).

~4"

212 S .L . Malowan : Molybdänblau

sehiedener Molybdänblauarten nicht auszuschliessen. Denn, wenn auch die erhaltenen Lösungen blau sind, sind sie es in verschiedenen Schattier- ungen. Dass einzelne Lösungen etwas violetter gefärbt sind wie die andern, ist ein Zeichen, dass verschiedene Verbindungen vorliegen. G u i c h a r d s Formel t rägt wohl vielen chemischen Eigenschaften Rechnung, doch kaum den kolloiden. Diese zeigen, dass das Molybdänblau negativ geladene Ionen bildet, die teils mit H-Ionen Säuren, teils mit Metallen Salze bilden. Deshalb wird man in der Tat den Begriff des Molybd~n- blaus weiter umgr.enzen müssen. Man wird die Existenz von verschiedenen Molybdänblauverbindungen annehmen müssen, die wahrscheinlich alle als MoO3-Verbindungen von MoO 2 mit verschiedenem MO3-Gehalt auf- zufassen sind. Diese sind befähigt, mit Basen salzartige Komplexe zu bilden, wie sie zuerst F. M a w r o w und M. N i k o l o w 1) von der Zu- sammensetzung BaM%Os.3 H20 dargestellt, dann G. C a n n e r i 2) mit der Zusammensetzung Na20, 4 MoO3.MoO 2 Na20 , 5 MoO3.MoO 2 in indigo- blauen bis stahlblauen Nadeln oder Schuppen und W. F. J a k ó b und W. K o z l o w s k i a) mit der Zusammensetzung ~ BaO. 2 MoO s . MoO 2 + 2H20 erhalten haben. Auch Säurekomplexe z. B. der Zusammensetzung MoO~.4 Mo03. 6 H3P02 sind bekannt und die Cöruleomolybdänsäure- Phosphorsäureverbindungen sind diesen in gewissem Sinne sicher zu- zuzahlen.

Die Existenz dieser Reihe von Verbindungen ist erklärt durch das Bestehen mancher Molybdän-Isopolys~uren und Molybdän-Heteropoly- säuren, denen z. B. Molybdänsäure-Vanadinsäuren und -Vanadinsäure- phosphorsäuren in kaum übersehbarer Anzahl zuzurechnen sind.

Die Bildung der sich vom Molybdänblaukomplex ableitenden basischen und sauren Verbindungen hat ihre Ursache in der Aneinander. ket tung von Oxyden von verschiedenwertigem Molybdän und deshalb verschiedener Funktion oder, wie J a k ó b und K o z 1 o ws ki bemerken, im simultanen Bestehen einer Oxydations-Reduktionsfunktion. Deshalb sollte, s ta t t dass den heterogensten Verbindungen nur ein Ausdruck zur Verfügung steht, f ü r d i e g a n z e K l a s s e d e r b l a u e n M o l y b - d ~ n v e r b i n d u n g e n e i n e b e s o n d e r e c h e m i s c h b e s s e r d e f i - n i e r t e B e z e i c h n u n g a n g e b r a c h t s e i n ; diese sollten deshalb zu C ö r u l e o m o l y b d ~ n o x y d e n zusammengefasst werden. Wenn es das Bedürflfis erfordert, kann dieser Bezeichnung in einem Index nach dem früheren Vorschlage F r i e d h e i m s die Zahl der beteiligten Oxyde voran- gestellt werden. Für das Molybdänblau von B e r z e l i u s setzt man 1,4 Cöruleomolybdäno:~yd und für d a s entsprechende Na-Salz 1,4 Cöru- leomolybdänoxyd-Natrium. I m Kern sind diese ähnlich konstituiert,

1) Ztschrft. f. anorg. Chem. 92, 135 (1915). ~) Gazz. chim. ital. 60, i l3 (1930). ~) Roczniki Chemji 9, 667 (1929).

und seine Bedeutung für die analytische Chemie. 213

deshalb kommen ihnen auch einige gemeinsame Reaktionen zu. Diese oder die, welche zur Bildung von Molybdänblau führen, sind für die analytische Chemie von Bedeutung.

Wie vorhin erwähnt, ist Molybdänblau direkt aus dem Metall dar- stellbar.

Welcher Körper sich bei der Einwirkung von Wasser, mag es ge- wOhnliches, destilliertes oder CO2-freies Wasser sein, auf Molybdänpulver bildet, muss nach obigem dahingestellt bleiben, doch eignet sich die ent- stehende blaue Lösung als empfindliches Reagens auf H20 e und unter- chlorige Säure. Bei der Reduktion von Molybdänblau durch H20 e ist schon beobachtet worden, dass die Farbe zuerst grün, dann gelb gefärbt wird1).

Die Bildung gelber Körper konnte ich nicht beobachten, wohl aber, dass die, wie beschrieben, hergestellte Molybdänblaulösung in sehr empfindlicher Weise auf einige Oxydationsmittel reagiert, indem bei genügender Konzentrat ion der letzteren die blaue Farbe verschwindet. H20 e kann noch in einer Konzentrat ion von 0,00002~ó nachgewiesen werden, es ist dabei nur nötig, auch die Konzentrat ion des Blaus so weit zu verdünnen, dass die blaue Farbe nur noch eben sichtbar bleibt. Die Empfindliehekit dieser Reaktion ist nicht geringer als diejenige der Titansäure auf H202.

Auf unterchlorige Säure reagiert die Blaulösung in ähnlicher Weise, (loch nicht mit derselben Empfindlichkeit. Sie gestat tet einen Nachweis bis zu 0,0002%. Natr iumperbora t entfärbt die Lösung gleichfalls in saurer Lösung, doch ist die Reaktion wesentlich nnempfindlicher als die des H202. Ammoniumpersulfat hingegen ist ohne jede Wirkung, was seiner Kon- sti tution und seiner Verwandtschaft mit der Perkohlensäure nur ent- spricht.

Die Einwirkung von salpetriger Säure hat O. M a s c h k e e) untersucht.

Nach O. M a s c h k e geht die Entfärbung von Molybdänblau bei ge- lindern Anwärmen sehr rasch vor sich. HNO 2 lässt sich noch in einer Lösung nachweisen, die in I c c m nur 1/10 Milliontel g der Säure enthält .

In den weitaus meisten Fällen kommt jedoch nicht der Molybdän- blauumwandlung, sondern der Molybdänblaubildung die Bedeutung einer analytisch interessierenden Reaktion zu.

Dass Molybdate mit SnCl2-Lösung zu Molybdänblau reduziert werden können, ist schon erwähnt worden. Die Blaufärbung t r i t t nach G. F. H ü t t i g a) schon ein, wenn nur 0,00001 g Sn vorhanden ist. Zwischen Farbtiefe und Sn-Gehalt besteht eine direkte Proportionalität , so dass die Reaktion zum Nachweis dieses Metalles angewendet werden kann.

~) E. P é c h a r d , Arm. Ctfim. et Phys. [6] .'28, 537 (1893). 2) Diese Z~.schrft. 12, 384 (/873). ~) Chem. Ztg. 47, 341 (1923).

214 S .L . Malowan : 5Iolybdänblau

Auch andere Elemente wie Cu, Sb können auf Grund der Molybdän- blaubildung nachgewiesen werden. Wenn die Reduktion durch diese Metalle, s ta t t in Gegenwart von Mo03, in Gegenwart von Heteropoly- säuren des Molybdäns vorgenommen wird, bilden sich blaue stabile Ver- bindungen, die sich leicht durch organische Lösungsmittel aussehütteln lassen. Die Empfindlichkeit der Reaktion beträgt gegen 1:3500001).

Alkalische Zinnehlorürlösung verändert die Lösung molybdänsaurer Salze beim Vermischen Jficht, erst nach mehreren Stunden bilden sich ge- färbte Niederschläge, die vielleicht Molybdänblausalze darstellen. Versetzt man jedoch eine Silicatlösung mit einem Überschuss einer neutralen Ammoniummolybdatlösung, säuert dann schwach an und fügt frisch bereitete Stannitlösung zu, so bildet sich sofort eine tiefdunkelblaue Lösung. Die Empfindlichkeit des Si-Nachweises beträgt bis zu 1:1000000. Bemerkenswerter Weise gelingt dieser in alkalischer Lösung und die Farbe ist alkalibeständig, während sonst die meisten Cöruleomolybdänoxyde durch Alkali zerlegt werden, wie dies auch bei allen Heteropolysäuren der Fall ist. Nach F. O b e r h a u s e r und J. S c h o r m ü l l e r ~) ist hier das Cöruleomolybdänoxyd mit einer Kieselsäureschieht umgeben, wodurch die Alkalibest~ndigkeit in Erscheinung tr i t t . Da aber für die Reaktion wesentlich ist, dass NH4-Molybdat gegenüber der Kiesels~ure im grossen l~'berschnss vorhanden ist, müsste man, wie nach den Untersuchungen von Z i n z a d ze, dagegen annehmen, dass eine der Cöruleophosphorsäure ähn- liche Verbindung gebildet wird. Der Reaktionsmeehanismus beim Kiesel-, säurenachweis scheint damit noch einer Aufklärung zu bedürfen.

H. K l e i n m a n n und J. F e i g l a) haben festgestellt, dass Hydrazin- derivate saure Molybdate in der Kälte nicht oder wenig reduzieren, dass hingegen Molybdänsäurephosphorsäure von den Reagenzien zu tief marine- blauen Verbindungen reduziert wird. Die Reduktion von MoO 3 durch Hydrazin verläuft nach J a k ó b und K o z l o w s k i 4) bei einem Überschuss von MoO a nach dem Vorgang 2 MoO4" + 2 H" + N.~Ha = 2 MoO(OH)~ @N 2. I m Reakt ionsprodukt ist N I t 3 nicht enthalten. In schwach saurer Lösung führt nach ihren Angaben die Reduktion von MoO4" zur Bildung von Cöruleomolybdanoxyden.

Die entsprechenden Phosphorsäure- und Arsensäureverbindun'gen des Cöruleomolybdänoxydes hat D e n i g è s 5) beschrieben. -- Wenn Na- Molybdänsäurephosphat mit den verschiedenen Reduktionsnfitteln wie

1) F. Fe ig l , diese Ztsehrft. 61, 454 (1922). ~) Ztsehrft. f. anorg. Chem. 178, 381 (1929); vergl, diese Ztschrft. 81,

60 (1930). 3) Biochem. Ztschrft. 99, 45 (1919); vergl, auch diese Ztschrft. 64,

285 (1924). ~) a. a. O. 5) a. a. O.

und seine Bedeutung für die analytische Chemie. 2 i5

Metallen, Na-Hydro- und -Hyposulfit usw. in salz- oder schwefelsaurer Lösung behandelt wird, bildet sich die ätherlösliche Phosphorsäure- Cöruleomolybdänverbindung.

Es gelingt, die Cöruleophosphorsäureverbindung auch krystallisiert herzustellen. Eine Lösung von Na2MoO 4 in verd. H2SO 4 wird mit einer J4~oigen Lösung von Na2HPO 4 und A1-Folie behandelt und gekocht, bis sie tiefblau ist. Die erkaltete Lösung wird ausgeäthert und die ätherische Lösung mit Wasser extrahiert. Nach Verdampfen des Wassers im Vakuum oder in einer C02-Atmosphäre erhält man die blauen hexa- gonalen Krystalle der Zusammensetzung (4 MoO3, MoO~) 2 . H3PO 4 .4 H20 ).

G. D e n i g è s versetzt 5 c c m der auf Phosphorsäure zu prüfenden Lösung mit 8 bis l0 Tropfen einer 10 ~oigen Ammoniummolybdatlösung, die mit dem gleichen Volumen konzentrierte H2SO 4 vermischt ist, und hierauf mit 1--2 Tropfen einer 1 ~oigen SnC12-Lösung. Bei Gegenwart von Phosphorsäure entsteht eine Blaufärbung, die durch weiteren Zusatz von SnC12 intensiver wird und die durch ~ther-Amylalkohol usw. ausschüttel- bar ist. Die Empfindlichkeit beträgt 1:t000000.

Der Phosphorsäure- und Arsensäurebestimmung dient auch das Reagens von Sch. 1%. Z i n z a d z e l ) . -- Bei den meisten der früheren Methoden wird so verfahren, dass zu der zu untersuchenden phosphat- haltigen Ammoniummolybdatlösung ein Reduktionsmittel zugesetzt ~drd ; die hierbei entstehende Blaufärbung wird gemessen. Die Methoden sollen den Nachteil haben, dass ein Überschuss an Reduktionsmittel not- wendig ist, der die Blaufärbung allmählich wieder entfärbt. Auch K le in - m a n n findet keine brauchbare Proport ionali tät zwischen Gehalt und Farbtiefe. Deshalb verwendet Z inz a d z e eine schwefelsaure Lösung von reinem Molybdänblau, welches kein Reduktionsmittel enthält, und die er aus Mo03, konz. H2SO ~ und Mo-Metall bereitet. Die Lösung hat keine bekannte Zusammensetzung, MoO 2 + M o O s, jedoch einen auf Per- manganat eingestellten best immten Reduktionswert. Die singuläre Eigen- schaft dieses Reagenses besteht darin, dass es, mit siedendem Wasser auf das 25fache verdünnt, sich entfärbt, jedoch wieder blau wird, wenn (auch ganz geringe) Mengen Phosphor- oder Arsensäure zugeführt werden.

Innerhalb der Grenzen 0,001--1 m g je i00 c c m ist die Farbintensi tät dem Gehalt proportional und die entsprechende Phosphormenge nach- weisbar.

Es kann als Erklärung dienen, dass beim Verdünnen der blauen Lösung gemäß folgender Gleichung

MoO 2 . 4 MoO 3 q- 4 HC1 ~ MoO 2 . 4 HC1 -ff 4 MoO a

1) a. a. O.

216 S .L . Malowan: Molybdänblau us»»-.

die rechtsstehenden Reaktionsprodukte entstehen; durch Zusatz von Phosphorsäure wird die Hydrolyse wieder zurückgedrängt und die blaue Verbindung bildet sich zurück.

MoO 3 und MoO 2 sind farblos, ihr Komplex dagegen ist blau. Die farblose verdünnte wässrige Lösung würde aus dem nach D e n i g è s instabilen Molybdänblau entstehen; durch Zurückdrängung der Hydro- lyse durch Phosphorsäure würde sich wieder das Blau, jedoch wahr- scheinlich in Form der stabileren Cöruleoverbindung bilden.

F. F e i g l 1) führt die leichtere Blaubildung des Molybdänsäure- phosphorsäurekomplexes auf die Labilit~t des MoOa-Restes zurück, während Z i n z a d z e diese auf die Stabilisier.ung des Cöruleomolybdän- oxydes durch Phosphorsäure zurückführt. Man kann, wie ich glaube, die Entstehung der blauen Molybdänoxydkomplexe auch auf Bildung der entsprechenden komplexen, resp. Heteropolysäuren zurückführen und annehmen, dass die AnhäuIung der MoOa-Reste am Zentralatom gemäß der Mi o 1 a t i- R o s e n h e i m schen Formulierung

HT[P(Mo2OT)6] Hs[Si(Mo2OT)6] ihnen eine gewisse Labili tät verleiht und ermöglicht, sich gegenseitig zu verketten. Reduzierte Molybdäns~ure-Wolframsäurephosphorverbind- ungen, die dieser Zusammensetzung entsprechen, sind ja unschwer zu isolieren, in krystallisiertem Zustande zu erhalten; die Bildung einer Verbindung der D e n i g è s s c h e n Struktur l~sst sich aus obigen S~uren durch Abspaltung von Molybdänoxydresten erklären.

Es muss dahingestellt bleiben, ob auch bei Z in z a d z e s Reaktion eine Verbindung desselben Heteropolysäurctypus entsteht; demselben ~hnlich sind aber zweifellos die Körper, welche bei der Einwirkung von Xanthogen- säure auf saure Molybdatlösungen entstehen. Die Xanthogensäurereaktion, die Molydb~ns~ure noch in den Mengen von 0,00005 mg nachzuweisen gestattet2), hat nach K o p p e l neuerdings R. M o n t e q u i ~) aufzuklären versucht. Er hat die Äthyl-, Isoamyl- und Isobutylxanthogens~urever- bindungen des Molybd~noxydes dargestellt und findet, dass diese der Zu- sammensetzung Mo203(ROCS2)~ entsprechen, und dass die S~ure an den Molybdänylrest Mo203 gebunden ist. Wenn die von M o n t e q u i ver- tretene Auffassung zutrifft, bleibt die Bildung des Molybd~nylrestes doch noch zu klären, da die Existenz eines solchen Oxydes t rotz der Arbeiten von G. B a i l h a c h e 4) zu bezweifeln ist. Bei der Zersetzung von Xantho- gensäure mit Minerals~uren bildet sich CS e und H2S; letzterer vermag

1) a. a. O. e) S. L. M a l o w a n , Ztschrft. f. anorg. Chem. 108, 73 (1919); diese

Ztschrft. 79, 201 (1930). a) Ann. Soc. Espan. Fis. Quim. 28, 479 (1930); durch Chem. Zentrbl.

101, II , 3729 (1930). ~) a. a. O.

A. A. Wassiljew: Gewichtsanalytische Bestimmung usw. 2t7

nach W. B i l t z 1) und eigenen Versuchen MoO a nur bis zum Molybdän- blau zu reduzieren.

Dass zwischen der Xanthogensäureverbindung und dem Cöruleo- molybdänoxyd eine Beziehung bestehen muss, beweist auch das Ver- halten der Verbindung in ätherischer Lösung. In dieser verwandel t sie sich nämlich bald in Molybdänblau unter gänzlicher Veränderung des Absorptionsspaktrums2). Allerdings kann aus Molybdänblau direkt die Xanthogensäureverbindung nicht hergestellt werden. Ein« phenyläthylalkoholische Lösung von n~ch früher erwähntem Verfahren hergestelltem Molybdänblau wird mit phenyläthylalkoholischer Lösung von .Xanthogensäure vermischt und mit etwas Eisessig versetzt. Es t r i t t jedoch Zersetzung ein, ohne Bildung der gefärbten Verbindung.

Es bleibt auch die notwendigerweise relative Beständigkeit der von R. M o n t e q u i angenommenen valenzmäßigen salzartigen Verknüpfung zwischen Xanthogensäure und Molybdänylrest noch aufzuklären. Die gefë~rbte Verbindung bildet sich leicht in Gegenwart von Mineral- s~uren, welche aber Xanthogenate stets zersetzen. Es wäre für die Konsti tutionsermitt lung dieser Substanz deshalb wichtig, die Synthese derselben aus Mo203(S04) 2 und Ba-Alkylxanthogenat durchzuführen und damit dem Verfahren zu folgen, welches G. B a i l h a c h e seiner Zeit zur Herstellung seiner Cöruleomolybdänoxydverbindungen derselben Reihe ausgearbeitet hat.

Gewiehtsanalytische Bestimmung des Aeetylens im Caleiumearbid.

V o n

A. A. Wassiljew. Aus dem Karpow-Institut für Chemie in Moskau.

[Eingegangen am 16. Februar 193].)

Die gcwichtsanalytische Bestimmung des Acetylens, das aus einer Caleiumcarhidprobe entwickelt werden kann, wurde schon längst von H. B a m b e r g e r ~) vorgeschlagen, der ausscr diesem Verfahren noch eine einfachere Methode der gasometrischen Bestimmung des Acetylens in demselben Produkt vorschlug.

Während die gasometrische Methode von H. B a m b e r g e r , die von E n o c h 4) modifiziert wurde, sich einer grossen Populari tät erfreut, wurde seine Gewichtsmethodc ganz ausser acht gelassen.

1) a. a. O. 2) S. L. M a l o w a n , a. a. O. 3) Ztschrft. f. angew. Chem. 11, 197 u. 243 (1898); siehe auch G. L u n g e

und E. C e d e r c r e u t z , Ztschrft. f. angew. Chem. 10, 651 (1897); vergl, diese Ztschrft. 41, 367 (1902).

4) Ztschrft. f. Caleiumcarbid und Acety|en 1905, S. 53.