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Herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaſt Katholische Jugendsozialarbeit e.V. Monitor Jugendarmut in Deutschland 2010

Monitor Jugendarmut 2010

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Alarmierende Situation für junge Menschen. Jeder dritte Jugendliche in Ostdeutschland ist arm.

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Herausgegeben von der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit e.V.

Monitor Jugendarmut

in Deutschland2010

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Monitor Jugendarmut 2010

Monitor Jugendarmut in Deutschland 2010

Jugend braucht eine Zukunft – doch wie ist es heute um die jungen Menschen zwischen 14 und 27 Jahren bestellt? Sich ein genaues Bild zu erstellen ist nicht einfach, denn es existieren keine einheitlichen und kaum aktuelle Daten. Der Monitor Jugendarmut in Deutschland 2010 ist ein Kompendium und führt die aktuellsten Statistiken und Erhebungen zusammen. Einen Anspruch auf Voll-ständigkeit können wir nicht erfüllen. Die vorliegenden Zahlen machen aber eines deutlich: Die Chancen für jun-ge Menschen in Deutschland auf ein selbstbestimmtes Leben und gesellschaftliche Teilhabe sind sehr unter-schiedlich verteilt. Entschlossen gegen Jugendarmut

Der Anteil der von Armut bedrohten und betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen nimmt stetig zu. Aus Sicht dieser jungen Menschen bedeutet arm zu sein sowohl über weniger finanzielle Mittel zu verfügen, als auch mangelnde Chancen zu sozialer und kultureller Teilhabe.

Unser christlicher Anspruch ist es, auf die bestehende Ungerechtigkeit in den (Start-)Chancen junger Men-schen aufmerksam zu machen. Jugendliche müssen un-sere Gesellschaft gleichberechtigt mit gestalten können. Wir fordern die Politik auf, geeignete Maßnahmen zur materiellen und immateriellen Unterstützung zu er-greifen und appellieren gleichermaßen an Kirche und Gesellschaft, sich im Kampf gegen Jugendarmut aktiv zu engagieren.

Der Begriff Armut

Laut der gängigen Armutsdefinition der EU gilt als arm, wer in einem Haus-halt lebt, dessen Äquivalenzeinkommen weniger als 60% des Medians der Einkommen in der gesamten Bevölkerung beträgt.

Die BAG KJS versteht unter Jugendarmut sowohl materielle Armut als auch eine Unterversorgung in verschiedenen Lebensbereichen. Dies schließt emo-tionale, soziale und kulturelle Armut ausdrücklich mit ein.

(Quelle A, siehe Rückseite)

Über uns

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. ist ein Zusammenschluss von acht bundeszentralen Organisationen und acht Landesarbeitsgemeinschaften. Sie vertritt anwaltschaftlich die Interes-sen von sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten Jugend-lichen in Politik, Kirche und Gesellschaft. Dazu zählen auch und vor allem diejenigen jungen Menschen, die von Armut bedroht oder betroffen sind.

Mitgliedsorganisationen: Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Deutscher Caritasverband, Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos, IN VIA Katholische Mädchen- und Frauensozialarbeit, Katholische Arbeits-gemeinschaft Migration, Kolpingwerk Deutschland, Sozialdienst Katholi-scher Frauen, Verband der Kolpinghäuser und acht Landesarbeitsgemein-schaften.

Weitere Infos unter www.bagkjs.de und www.jugendarmut.info

Ziel ist es, Jugendarmut zu verhindern!

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Pro Geburtsjahr gibt es knapp eine Million junge Men-schen, das heißt zur Gruppe der 14-27-Jährigen ge hören 13.163.544 Millionen Menschen. Sie machen damit ein Sechstel der Bevölkerung aus.

Junge Männer und Frauen befinden sich in einer sensi-blen Lebenssituation. Beim Übergang in das Erwach-senenleben lösen sie sich vom Elternhaus und suchen ihren Platz in der Gesellschaft. Nach Schulabschluss bilden Ausbildung bzw. Studium die nächsten Meilen-steine auf dem Weg in die ökonomische Selbstständig-keit. Für nicht wenige Jugendliche ist dieser Weg steinig. Sie geraten ins Straucheln, machen Umwege und benö-tigen Unterstützung.

13 Millionen junge Menschen in Deutschland

steht für eine Million Menschen, Gesamtbevölkerung: 82.002.356 (Quelle B)

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Jede/r 7. EINWOHNER/in Arm

jede/r 5. Jugendliche arm

jede/r 3. Jugendliche im Osten Arm

in Deutschland ist

≤ Armutsquoten nach Alter in Prozent (Quelle D)

Die Armutsquote ist in den letzten Jahren gestiegen. Ins-gesamt 13,9 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Jugendliche sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung besonders häufig betroffen, hier liegt der Wert sogar bei 19 Prozent.

Gerade in Ostdeutschland sind die Zahlen alarmierend: Fast ein Drittel der jungen Menschen zwischen Ostsee und Riesengebirge leben mittlerweile in Armut. (Quelle C)

Armut ist eine Frage des Alters

Armut kommt in allen Altersgruppen vor. In der deut-schen Armutsdebatte finden Kinderarmut und Armut alter Menschen eine besondere Aufmerksamkeit. Ju-gendarmut jedoch wird in der öffentlichen Diskussion selten explizit benannt. Tatsächlich ist die Armutsquote bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Vergleich zu anderen Altersgruppen am höchsten.

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Verarmungsrisiko von jungen Menschen,15 bis unter 25 Jahre, in Prozent (Juni 2008, Quelle E)

Schweden Finnland Dänemark Deutschland Frankreich Niederlande Ver. Königreich

In Deutschland gibt es große regionale Unterschiede: Am höchsten ist das Risiko zu verarmen in Berlin. Hier ist jede/r fünfte Jugendliche von Armut bedroht. Das Verarmungsrisiko unter jungen Menschen zieht eine Grenze zwischen alten und neuen Bundesländern: Das Risiko zu verarmen ist in Ostdeutschland doppelt so hoch wie in Westdeutschland.

30%

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Regionale Armutsverteilung

Wirkung von TransferleistungenWie effektiv sind die staatlichen Aktivitäten zur Redu-zierung von Jugendarmut? Im europäischen Vergleich liegen hier die nordischen Länder Schweden, Finnland und Dänemark vor Deutschland.

Anteil der unter 18-jährigen in Armut vor und nach Familien- und Sozialtransferleistungen (Quelle F)

vor dem Erhalt von Transferleistungen

nach dem Erhalt

18,0

11,5 11,0

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Mehr als jede/r zehnte Jugendliche ist arbeitslos. Das wirkt sich auch auf andere Lebensbereiche aus. So ist beispielsweise eine eigene Wohnung für Jugendliche ein wichtiger Schritt auf dem Weg in ein eigenständiges Leben. Sie ermöglicht Selbstständigkeit, Freiraum zur Entfaltung der Persönlichkeit oder die Gründung einer Familie.

Die Zahl der jungen Menschen, die von Hartz IV leben, ist zwar insgesamt in den letzten Jahren gesunken, jedoch liegt sie immer noch bei fast einer Million.

974.000 junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren erhalten in Deutschland Hartz IV (Quelle I)

Eine Sanktionierung erfolgt durch finanzielle Leistungs-kürzung oder sogar komplette Leistungsstreichung. Für Hilfebedürftige bedeuten diese Sanktionen ein Leben unter dem Existenzminimum. Die Konsequenz: Viele Jugendliche kehren dem System vollends den Rücken, werden in die Wohnungslosigkeit, Illegalität und damit in das gesellschaftliche Abseits gedrängt.

Hartz IV-Empfänger/innen unter 25 Jahren, die gegen Auflagen verstoßen, werden besonders scharf und vergleichsweise häufig sanktioniert. Nimmt ein/e Jugendliche/r eine zumutbare Arbeit nicht an oder mel-det sich nicht rechtzeitig beim Jobcenter, wird er/sie dreimal so häufig sanktioniert wie über 25-Jährige.

Hartz IV, Arbeits- und Wohnungslosigkeit

Sanktionen

Sanktionen bei über 25-Jährigen: 3,2%

Anteil junger Menschen an allen Arbeitslosen: 10,4% (Quelle G)

Beinahe jede/r Fünfte aller Wohnungslosen in Deutschland ist zwischen 14-26 Jahre alt. (Quelle H)

Sanktionen bei unter 25-Jährigen: 10,1% (Quelle K)

Bei 19% aller sanktionierten jungen Menschen wurde jegliche Leistung gestrichen (Quelle J)

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Besonders prägend ist es für junge Menschen, wenn sie beim Start ins eigenständige Leben keine Perspektiven sehen. Bildung ist ein wesentlicher Schlüssel, um einer drohenden Verarmung – und damit sozialer Ausgren-zung und materieller Armut – zu entgehen. Besonders Jugendliche ohne Schulabschluss oder Berufsausbildung sind überproportional häufig von Armut bedroht.

Alarmierend ist, dass trotz Bildung und Beruf die Armutsquote in den letzten Jahren gestiegen ist: So ist sogar für einen Absolventen der Haupt- oder Realschule das Armutsrisiko um fast 50 Prozent höher als in der Ver- gangenheit. Und auch trotz Beschäftigung als ungelern-ter Arbeiter oder einfache Angestellte ist das Risiko, in eine prekäre Lebenslage zu geraten, deutlich gestiegen.

Bildungsabschluss und Beruf≥ Steigerung der Armutsquote bei Menschen mit und

ohne Schul abschluss, Gesamtdeutschland 2001/2006 (Quelle L)

Steigerung der Armutsquote bei Arbeitern und Angestellten (Quelle M)

2001 2006

Hauptschule ohne Abschluss 20,6% 26,3% Hauptschule mit Abschluss 8,9% 13,2%

Realschule/Fachhochschulreife/ Gymnasium ohne Abschluss

Realschule mit Abschluss 7,8% 11,7% Fachhochschule/Uni 4,1% 4,7%

Gymnasium/Fachhochschulreife mit Abschluss

Un-/angelernte Arbeitskräfte 13,5% 18,1% Einfache Angestellte 5,6% 10,9%

10,7% 12,4% 9,8% 11,9%

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QuellenEntschlossen gegen Jugendarmut, Grundlagenpapier der BAG KJS, 2010A Statistisches Bundesamt, Stand 31.12.2008B SOEP 2001, 2006C Mikrozensus, Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2008D Bundesagentur für E Arbeit, Grundsicherung für Arbeitssuchende Juni 2008EU-SILC, Leben in Europa, 2005F Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit 2009G Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V., H Statistikbericht 2004-2006Bundesagentur für Arbeit, Grundsicherung für Arbeitssuchende Juni 2008I Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Kurzbericht 10/2010J Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Kurzbericht 10/2010K SOEP 2001, 2006L SOEP 2001, 2006M Statistisches Bundesamt: Bildung in Deutschland 2006N Statistisches Bundesamt: Bildung in Deutschland 2006 O

Impressum

Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit e.V. Carl-Mosterts-Platz 1, 40477 Düsseldorf

www.jugendarmut.info

Kontakt Brigitte Schindler Telefon 030/288789-56 E-Mail [email protected]

V.i.S.d.P. Andreas Lorenz

Für junge Menschen ohne Bildungsabschluss ist der Übergang ins Erwerbsleben ohnehin schwer. Jugend-liche mit Migrationshintergrund haben noch größere Schwierigkeiten, einem drohenden Armutsrisiko zu ent-gehen: Die 20 bis unter 26-jährigen jungen Erwachse-nen mit Migrationshintergrund sind um 30 Prozent häufiger erwerbslos als Jugendliche ohne Migrations-hintergrund.

Jeder 4. Junge Mensch hat EINEN Migrationshintergrund

Deutsche ohne Migrationshintergrund: 9,0%

< Rund ein Viertel der 16-25-Jährigen in Deutsch - land haben einen Migrationshintergrund. Das sind ca. 2,75 Millionen Personen. (Quelle N)

Armutsrisiko bei Erwerbslosen (Quelle O)

Personen mit Migrationshintergrund: 11,8%