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Vol. V, 1954 77 Monoton gekrtimmte ebene Kurven AU':XA~DER OSTROWSKI ZUnl sechzigsten Geburtstag Von HEI,LMU'rU KNESEn in Tiibingen ]Kaneher miter A. OSTROWSKIS Freunden kennt seine Gabe, in Schriften oder im Gespr~ch Stellen an vielbGtretenen mathematischen Wegen aufzuzeigen, an denen die Wegebauer noch etwas zu tun iibrig gelassen haben. So wigs er bei einem Vortrag in Tiibingen am 14. 7. 1953 darauf hin, dab zwei altbekannte Siitze tiber die Evolute einer ebenen Kurve gewiihnlietl nicht in roll befriedigender Weise be- grtindet werden. Aus An]al~ seines sechzigsten Geburtstages sei es erlaubt; hier Be- Weise dieser S~ttze vorzulegen, die hoffentlich allen Anforderungen geniigen. Es handelt sich um Satz 1: Eine gerichtete Kurve C in der Ebene habe positive monotone Kriimmung. Wenn an einen Kurvenpunkt vorwdrts (riickw~rts) keine Konstanzstrecke der Kriim- mung anschlieflt, so hat die Evolute in dem entsprechenden Punkt eine vordere (hintere) Tangente, und diese /iillt mit der KurvennormaIen zusammen. Satz 9: Unter derselben Voraussetzung positiver monotoner Kriimmung ist die Di/[erenz der Kriimmungshalbmesser an den Enden eines Teilbogens yon C dem Betrage nach gleieh der Ldnge des entsprechenden Evolutenbogens. Beim Beweis dieser S~itzc wird n~tmlich oft auf die Ableitung des Kriimmungs- halbmessers zurtickgegriffen, also auf dritte AbleitungeiL die in den S/itzen selbst gar RiGht vorkommen, hn folgenden so]] das vermieden werden. Sei also C gegeben dutch ~(t), zweimal differenzierbar ftir a <t < b, und sei ~" :~ 0; das ist die tibliche Regularit~itsvoraussetzung, ohne die alle m6glichen ge- staltlichen Sonderbarkeiten auftreten ldhmen. Dabei bedeuten Punkte l)ifferen- tiation nach t. Dann sind (1) k = iet (t',i:), = die Kriimmung und der Krtimmungshalbmesser. Vorausgesetzt ist k > 0, so daL~0 Grkliirt ist, ferner daI~ k und daher e monoton verlaufen. Der Ausdruck (1) yon k und die Aussagen der Si~tze findern sigh nicht, wenn in einem Teilbogen statt t eine zweimal differenzierbare Funktion yon tmit positiver Ableitung als Unabhiingige eingeftihrt wird.

Monoton gekrümmte ebene Kurven

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Page 1: Monoton gekrümmte ebene Kurven

Vol. V, 1954 77

Monoton gekrtimmte ebene Kurven

AU':XA~DER OSTROWSKI ZUnl sechzigsten Geburtstag

Von HEI,LMU'rU KNESEn in Tiibingen

]Kaneher miter A. OSTROWSKIS Freunden kennt seine Gabe, in Schriften oder im Gespr~ch Stellen an vielbGtretenen mathematischen Wegen aufzuzeigen, an denen die Wegebauer noch etwas zu tun iibrig gelassen haben. So wigs er bei einem Vortrag in Tiibingen am 14. 7. 1953 darauf hin, dab zwei altbekannte Siitze tiber die Evolute einer ebenen Kurve gewiihnlietl nicht in roll befriedigender Weise be- grtindet werden. Aus An]al~ seines sechzigsten Geburtstages sei es erlaubt; hier Be- Weise dieser S~ttze vorzulegen, die hoffentlich allen Anforderungen geniigen. Es handelt sich um

Satz 1: Eine gerichtete Kurve C in der Ebene habe positive monotone Kriimmung. Wenn an einen Kurvenpunkt vorwdrts (riickw~rts) keine Konstanzstrecke der Kriim- mung anschlieflt, so hat die Evolute in dem entsprechenden Punkt eine vordere (hintere) Tangente, und diese /iillt mit der KurvennormaIen zusammen.

Satz 9: Unter derselben Voraussetzung positiver monotoner Kriimmung ist die Di/[erenz der Kriimmungshalbmesser an den Enden eines Teilbogens yon C dem Betrage nach gleieh der Ldnge des entsprechenden Evolutenbogens.

Beim Beweis dieser S~itzc wird n~tmlich oft auf die Ableitung des Kriimmungs- halbmessers zurtickgegriffen, also auf dritte AbleitungeiL die in den S/itzen selbst gar RiGht vorkommen, hn folgenden so]] das vermieden werden.

Sei also C gegeben dutch ~(t), zweimal differenzierbar ftir a < t < b, und sei ~" :~ 0; das ist die tibliche Regularit~itsvoraussetzung, ohne die alle m6glichen ge- staltlichen Sonderbarkeiten auftreten ldhmen. Dabei bedeuten Punkte l)ifferen- tiation nach t. Dann sind

(1) k = iet ( t ' , i : ) , =

die Kriimmung und der Krtimmungshalbmesser. Vorausgesetzt ist k > 0, so daL~ 0 Grkliirt ist, ferner daI~ k und daher e monoton verlaufen.

Der Ausdruck (1) yon k und die Aussagen der Si~tze findern sigh nicht, wenn in einem Teilbogen statt t eine zweimal differenzierbare Funktion yon t m i t positiver Ableitung als Unabhiingige eingeftihrt wird.

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78 H. Kr~s~a xncu. ,~x'r~.

l l i lfssatz: KriZmmung k Und Kriimmungshalbmesser ~ .~ind stetige Funktione~,

yon t.

Um jeden Punkt wm C gibt es einen Bogen, d. h. eine t-Umgebung, in der die Ableitung einer der Koordinaten x und y von ~ festes Vorzeir hat. Je nachdem und nach dem Vorzeichen nehmen wir auf dem Bogen ~ x oder :[: y als Umd~- h~ingige; ist es • x, so wird.

(1 ~-. \dz/ / dx'-' �9

Whre nun die montone Funktion k ~m einer Stelle unstetig~ so hBtte sic dort wm rechts und links bestimmte abet verschiedene ~renzwerte. Dasselbe wiirde vort d~y/dx ~ gelten, da I ~- (dy/dx) ~ stetig und positiv ist. Das widerspricht aber der ])Am~O~xschen Zwischenwerteigenscha.ft der Ableitung.

Zum Beweisc der Shtze ] und 2 nehmen wir die Bogenlange t

,~(t) ./" 1,,'~.(~) ~ d,~

a.ls Unabh~ngige; das ist zul~tssig, da der Integrand positiv und differenzierbar ist. Differentiation nach s bezeichnen wit mit Strichen; das Argument s ]assen wit weg; ein Argument s: deuten wir durch den Anh~tnger ~ an: q~ -- q~(s,,), l)as Operator- zeichen a bedeute die Schwenkung des darauf folgenden Vektors um einen rechten Winkel im positiven Sinne: ist n ~ (v,w), so ist ~ru =-(--w,v). (Bei komplexe~t Zahlen v + wi whre a die Multiplikation mit i). Vort den einfachen Rechenregeln mit a sei nur a~n ~ - - u hervorgehoben. Aus den bekannten Beziehungen

fo]gt die ]~'r~ENET-Gleichung

der Kriimmungsmittelpunkt

durchl~uft die Evolute.

~' ~'" -= 0, det (~', ~") -=/c

~;"~ kcr~' ;

Von irgend zweien ihrer Punkte gilt

i

$1

SD

Sl

= (ol-oo) ~ ~; + f ( i--olk) ~' ~ , So

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das letzte wegen der FnE~'r-Gleiehung. Ist nun M eine obere Schranke yon k, so wird

(2) I ] . -~,kl - - le--el Ik~MI61 -6ol liir alle s zwisehen s o nnd s 1 wegen der Monotonie yon Q, und wegen 1 ~' I ~ 1 folgt

(3) t)l t ) o = ( 6 1 - - ~ o ) ( a ~ g + u ) , l u l g M ] s l - - 8 o1.

L~l~t man s 1 gegen s o gehen, so strebt ~ ~; + u gegen a ~(~, den Einheitsvektor der gerichteten Normalen zu C im Punkt ~o. l~ber die Richtung yon ~)1--~)o Sagt (3) nut dann etwas aus, weml beim Grenziibergang ~1 - - 6o 4 = 0 bleibt. Das ist bei 8, > s o sicher der Fall, wenn an s o keine Konst,~nzstreeke yon ~ mid k vorwitrts ansehlieltt, bei ":1 < so, wenn rtickw~rts keine anschlieltt. In diesen Fi~llen strebt die Richtung yon 01 t)o gegen eine der Richtungen • a ~5, wie es Satz 1 behaup- tet. WeIehe tier Riehtungen as ist, liil]t sich auch, je naeh dem Waehsen oder Ab- nehmen yon 6, angeben.

Um Satz 2 zu beweisen, zerlegen wir einen Bogen ~ _< s <_ fi in TeilbSgen gemiil~

T : z r s o <s I <-.- <.%__ /~

llnd finden wie in (3) fiir jeden Teilbogen

(4) 1),,--- t),,_~ -- ( 6 , , - e,.-~) (a ~',,_~ + u,,), ] t,,. ] ~ M (,%--s._~)

und daraus

Wegen der Monotonic yon 6 ist X ] 6 , - - e,,-~ I = I e(fl) -- 6(:0 ]- Wi~hlen wit die Teilung T so, dab , ~ - s,,_~ < ~ ist fiir v - - ] . . . . . n, so folgt

] L r - - I 6 ( f l ) - - 6 ( ~ ) I[ ----< M ~ [ 6( f l ) - -6(<z) I,

also L T ~ t ~(fl) - - ~(:r ] fiir a -+ 0. Das ist die Behauptung yon Sa, tz 2.

Unmittelbar nach der Niederschrift dieser Zeilen fragte mich Herr SP~RI~I~ ob man nicht ohne Schaden ftir das Ergebnis die Voraussetzung monotoner Krtim- ~nung abmildern kOnne, etwa dahin, dal~ die Kriiminung und daher der Krtimmungs- halbmesser beschr~tnkte Sehwankung babe. Bei Satz 1 ist das nicht der Fa,]l - - Bei- Spiele zeigen es - - , wohl aber bei Satz 2.

Beim gchluB auf die Stetigkeit tier Krtimmung muB man ni~mlich nur s ta t t des einfachen Sprungverhaltens die MSg]ichkeit ins Auge fassen, dal~ der Funk- tionswert und die Grenzwerte von rechts und links nicht alle drei iibereinstimmeu; aueh dies VerhaIten widerspricht dem D~a~ovxschen Zwischenwertsatz.

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8 0 1[. KNESI'ZR ARCH. MATIt.

Bezeichnen wir ferner mit P, . die Gesamtsehwankung yon r in der Streeke s G s G s , mit P die in oc ~ s G fl , so ist (2) zu ersetzen durch

I ] - - - - ~ 1 ]g I = Ir162 und start (4) erhalten wir

t)~ ~ ) ~ _ , (~) ,-- e,,-~) ~.-1 q- P . - , , , , u~, I u. I <~ M (,%--,%_,).

Rcchnet man welter wie vorher, so ergibt sich

r = 1

fiir eine Teilung Y' mit s, - - s,_~ <: 6@ --= 1, . . . , ~) . l)urchlauft nun T eine Folge yon Teilungcn, in dcr die zu T gehSrige GrSl~e b gegen Null geht, so strebt die Summe linkerhand gegen P, die rechte Seite gegen Null. So haben wir

Satz 3: Ist der Kriimmungshalbmesser eines ebenen Bogens positiv und yon be- schrdnlaer Schwankung, so ist die Liinge eine~' Evolutenbogens gleich der Gesam~schwan- kung des Kriimmungshalbmessers au/ dem entsprechenden Kurvenstiiclc.

1,]inge, gange, n am 1 . 9 . 1 . % 3