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Um fünf Uhr morgens geht es los. Noch schläft die sonst lebhafte Millionenmetropole Izmir, liebevoll „Perle der Ägäis“ genannt, unter einem dunklen, warmen Himmel. Die Luft steht still. Ziel der Reise ist die Heimat der MorgenLand Bio-Kirsche: ein kleines anatoli- sches Dorf namens Destigin in der Nähe von Konya. Der Weg führt nach Osten, Richtung Sonnenaufgang, in die weitläufigen Land- schaften der Türkei. Vereinzelt sieht man Bauern auf Feldern, manchmal einen Hirten mit seiner Schafherde. Das Land hat die 2,3-fache Fläche Deutsch- lands und grenzt an acht Nachbarländer. 98 Einwohner leben hier auf einem Quadratkilo- meter, in Deutschland sind es im Vergleich 229. Die Türkei erstreckt sich über zwei Kon- tinente, den europäischen und den asiatischen, der mit 98 Prozent den größten Teil einnimmt. Unterteilt ist das Land in sieben Regionen, die sich klimatisch und vegetativ stark unter- scheiden. Und so ist es nicht ungewöhnlich, bei einer Reise durch die Türkei zwei Klima- zonen zu passieren: von der mediterranen Ägäisregion mit ihren heißen Sommern und milden Wintern hin zum Reiseziel Anatolien mit seinem Kontinentalklima, das durch heiße, trockene Sommer und kalte, schneereiche Winter bestimmt wird. Dank der guten klimatischen und geografischen Lage herrschen beste Voraussetzungen für den Anbau. Knapp die Hälfte des Landes wird land- wirtschaftlich genutzt, die Vielfalt ist beein- druckend. Im internationalen Vergleich ist die Türkei der wichtigste Produzent von Hasel- nüssen, Feigen, Aprikosen und Kirschen. Auch Gewürze, Äpfel, Erdbeeren, Sultaninen, Melonen, Pistazien, Walnüsse, Gurken, Kicher- erbsen, Linsen und Honig exportiert das Land in beträchtlichen Mengen. Zu den Hauptexportprodukten in Bio-Qualität zählen Nüsse und Trockenfrüchte wie Sultani- nen, Aprikosen und Feigen. Neben Kirschen genau die Produkte, die auch MorgenLand dort anbauen lässt. Übrigens: Bio-Sultaninen und -Feigen waren vor mehr als 30 Jahren die ersten Projekte, die MorgenLand in der Türkei initiiert hat. Wo alles begann … MorgenLand-Gründer Orhan Yilmaz ist, wie der Name schon verrät, eng mit der Türkei verbunden: Seine Geburtsstadt ist Antakya. Mit 18 Jahren kam er nach Deutschland, um Chemie zu studieren. Während des Studiums eröffnete er einen der ersten Bioläden in Bremen, die „Sonnenblume“. Bio-Lebensmittel begeisterten Yilmaz bald mehr als chemische Formeln und sein Vater unterstützte ihn tat- kräftig bei der neuen Leidenschaft: Er schickte seinem Sohn eine größere Menge an Bio-Tro- ckenfrüchten und das war der Startschuss für den Großhandel und die Geburtsstunde für MorgenLand im Jahr 1979. VOM ANBAU BIS ZUM REGAL »»» ALLES AUS EINER HAND! Weitere Informationen zu unseren Bio-Anbauprojekten finden Sie unter www.morgenland.bio Eine MorgenLandfahrt zu einem Bio-Projekt in der Türkei, dem anatolischen Kirsch-Dorf Destigin MorgenLand Projekt Kirschen aus der Türkei

MorgenLand Projekt Kir der Türkei · Die prallen, roten Früchte der Kirschplantage leuchten schon von Weitem. Auf 550 Hektar werden die Kirschen hier angebaut. Das er-gibt einen

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Um fünf Uhr morgens geht es los. Noch schläft die sonst lebhafte Millionenmetropole Izmir, liebevoll „Perle der Ägäis“ genannt, unter einem dunklen, warmen Himmel. Die Luft steht still. Ziel der Reise ist die Heimat der MorgenLand Bio-Kirsche: ein kleines anatoli-sches Dorf namens Destigin in der Nähe von Konya. Der Weg führt nach Osten, Richtung Sonnenaufgang, in die weitläufigen Land-schaften der Türkei. Vereinzelt sieht man Bauern auf Feldern, manchmal einen Hirten mit seiner Schafherde.

Das Land hat die 2,3-fache Fläche Deutsch-lands und grenzt an acht Nachbarländer. 98 Einwohner leben hier auf einem Quadratkilo-meter, in Deutschland sind es im Vergleich 229. Die Türkei erstreckt sich über zwei Kon-tinente, den europäischen und den asiatischen, der mit 98 Prozent den größten Teil einnimmt. Unterteilt ist das Land in sieben Regionen,

die sich klimatisch und vegetativ stark unter-scheiden. Und so ist es nicht ungewöhnlich, bei einer Reise durch die Türkei zwei Klima-zonen zu passieren: von der mediterranen Ägäisregion mit ihren heißen Sommern und milden Wintern hin zum Reiseziel Anatolien mit seinem Kontinentalklima, das durch heiße, trockene Sommer und kalte, schneereiche Winter bestimmt wird.

Dank der guten klimatischen und geografischen Lage herrschen beste Voraussetzungen für den Anbau. Knapp die Hälfte des Landes wird land-wirtschaftlich genutzt, die Vielfalt ist beein-druckend. Im internationalen Vergleich ist die Türkei der wichtigste Produzent von Hasel-nüssen, Feigen, Aprikosen und Kirschen. Auch Gewürze, Äpfel, Erdbeeren, Sultaninen, Melonen, Pistazien, Walnüsse, Gurken, Kicher-erbsen, Linsen und Honig exportiert das Land in beträchtlichen Mengen.

Zu den Hauptexportprodukten in Bio-Qualität zählen Nüsse und Trockenfrüchte wie Sultani-nen, Aprikosen und Feigen. Neben Kirschen genau die Produkte, die auch MorgenLand dort anbauen lässt. Übrigens: Bio-Sultaninen und -Feigen waren vor mehr als 30 Jahren die ersten Projekte, die MorgenLand in der Türkei initiiert hat.

Wo alles begann …MorgenLand-Gründer Orhan Yilmaz ist, wie der Name schon verrät, eng mit der Türkei verbunden: Seine Geburtsstadt ist Antakya. Mit 18 Jahren kam er nach Deutschland, um Chemie zu studieren. Während des Studiums eröffnete er einen der ersten Bioläden in Bremen, die „Sonnenblume“. Bio-Lebensmittel begeisterten Yilmaz bald mehr als chemische Formeln und sein Vater unterstützte ihn tat-kräftig bei der neuen Leidenschaft: Er schickte seinem Sohn eine größere Menge an Bio-Tro-ckenfrüchten und das war der Startschuss für den Großhandel und die Geburtsstunde für MorgenLand im Jahr 1979.

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Weitere Informationen zu unseren Bio-Anbauprojekten finden Sie unter www.morgenland.bio

Eine MorgenLandfahrt zu einem Bio-Projekt in der Türkei, dem anatolischen Kirsch-Dorf Destigin

MorgenLand Projekt

Kirschen aus der Türkei

Zwischen Tradition und Moderne Zurück auf die Straße, weiter in Richtung Ana-tolien. Nicht nur das Klima ändert sich auf der Strecke von Izmir nach Destigin. Mit jedem Kilometer vorwärts scheint die Zeit rückwärts zu laufen. Ein Pferd zieht eine Kutsche auf ei-ner Landstraße und wird von einem SUV überholt. Die Route führt durch Dörfer, die, so scheint es, ausschließlich von Männern be-wohnt werden. Vom Teenager bis zum Greis sitzen sie an Tischen vor Teestuben. Ein ext-remer Kontrast zur westlichen Urbanität in der Ägäismetropole.

Woran liegt es, dass die Türkei in Teilen so heterogen wirkt, gespalten zwischen Tradi tion und Moderne? Ein Blick in die Geschichte mag eine Antwort geben: Die Republik ist noch sehr jung. Erst 1923 gründete Mustafa Kemal („Atatürk“, türkisch für: Vater der Türken) den neuen türkischen Einheitsstaat mit dem Ziel, radikal mit der Vergangenheit des Osma-nischen Reiches zu brechen und den Staat nach westlichem Vorbild zu modernisieren. Eine strikte Trennung von Religion und Staat setzte er dabei ebenso durch wie die uneinge-schränkt vom Volk ausgehende Staats gewalt. Der grego rianische Kalender wurde einge-führt. Kalifat und Scharia wurden entmachtet, doch der Glaube prägt das Leben und die Traditionen der Menschen heute noch in länd-lichen Regio nen stärker als in städtischen.

Die Sauerkirschen werden nach der Ernte sorgfältig gewaschen, sortiert und entkernt.

MorgenLand Projekt

Kirschen aus der Türkei

Die Kirsch-ExpertenAhmet Remzi Kizilcay ist auf einem Bauernhof bei Cay aufgewachsen und bereits seit 18 Jahren im Bio-Geschäft. Bevor er sich als Bio-Agrarberater mit dem Fokus auf Äpfel und Kirschen selbstständig machte, war er lange als Bio-Kontrolleur tätig. Kizilcay berät Bauern in allen Fragen des Bio-Anbaus und unterstützt die Zertifizierung. Für MorgenLand ist er seit mittlerweile acht Jahren ein sehr wichtiger Partner. Wie jedes Steinobst sind auch Kirschen sehr empfindlich, ein umfang-reiches Expertenwissen ist daher für heraus-ragende Qualität essentiell wichtig. Und das bringt Kizilcay mit.

Bedirnam Yilmaz ist Medizinerin und Pharmazeutin. In ihren Zell forschungsstudien beschäftigte sie sich mit den ernährungsphy-siologischen Auswirkungen von Granatapfelöl. Yilmaz ist Expertin für die in ne ren Werte der Kirschen. Der Nachname ist übrigens kein Zufall, Bedirnam und Orhan Yilmaz sind Geschwister.

Macit Recepoglu ist Industrieingenieur und seit zwölf Jahren Projektmanager bei MorgenLand. Er schafft die Voraussetzungen für den Anbau, die Zer tifizierung und den Export. Und manchmal ist er auch Übersetzer, wie bei dieser Reise.

Auf zu den Kirschen!Die Gegend um Konya ist von Bio-Landwirt-schaft geprägt. Das ist optimal, weil es damit keine Kontaminationen aus konventioneller Landwirtschaft gibt. Das Dorf Destigin liegt 1.600 Meter über dem Meeresspiegel und ist somit auch vor Insekten und Pilzen geschützt. Denn in den sehr kalten, schneereichen Wintern bei minus 30 Grad Celsius überleben Insekten hier kaum.

Die prallen, roten Früchte der Kirschplantage leuchten schon von Weitem. Auf 550 Hektar werden die Kirschen hier angebaut. Das er-gibt einen Ertrag von 1.700 Tonnen. Zwischen den Kirschbäumen werden auch Erdbeeren in Reihen angepflanzt.

Kirschen werden hier schon seit Generationen angebaut. Bio-Anbau gab es also eigentlich schon immer, zertifiziert ist er seit zwölf Jah-ren. Gepflückt wird gemeinschaftlich: Erst ernten sie die Früchte auf dem Feld des einen, dann die auf dem Feld des nächsten Bauern. Beim Pflücken muss man vorsichtig sein. Sonst kann man die Fruchtknospen beschädigen und im Folgejahr würde dort keine Frucht mehr wachsen.

Um den Baumnachwuchs kümmern sich die Bauern im Oktober. Auf den stark verwurzelten Unterstamm eines alten Baumes wird ein jun-ger Trieb „aufgepfropft“. Die Stelle wird von außen fest verbunden, Zweig und Stamm wachsen hier zusammen. Nach etwa drei Jah-ren trägt der junge Kirschbaum zum ersten Mal Früchte. Der Fruchtertrag steigert sich im Laufe eines Baumlebens auf bis zu 200 kg pro Jahr.

Das „Unkraut“ zwischen den Bäumen wird traditionell mit der Sense gemäht und an die Tiere der benachbarten Bio-Rinderzucht ver-füttert, die im Gegenzug den Dünger für die Kirschbäume liefern.

Die Pflanzung von Lupinen verbessert die Bo-denqualität durch Ihre Stickstoffzufuhr. Das Wasser für die Bewässerung der Kirschbäume stammt aus dem nahe gelegenen, künstlich an-gelegten Beysehir-See. Massives Berggestein um gibt das tiefblaue Gewässer, es besteht aus schließlich aus reinem Regen- und Schmelzwasser.

Alle landwirtschaftlichen Arbeiten geschehen rücksichtsvoll und im Einklang mit der Natur, die menschlichen Eingriffe beachten immer die natürlichen Kreisläufe. Hier ist der Ort, an dem Tradition und Moderne verschmelzen. Die überlieferte und naturverbundene Bewirt-schaf tung von Land entspricht zugleich dem zukunftsweisenden Bio-Landbau.

Unterstützt werden die Bauern durch regelmä-ßig stattfindende Tagungen. Kizilcay erklärt:

„Bei den Treffen sind Dozenten aus den Fach-bereichen der Universität anwesend, ebenso

Die Sauerkirschen werden in der Sonne getrocknet.

Weitere Informationen zu unseren Bio-Anbauprojekten finden Sie unter www.morgenland.bio

EgeSun GmbHAn der Autobahn 28 D-28876 Oyten Germany Tel. +49 4207 6884 - 60 Fax +49 4207 6884 - 61www.morgenland.bio

Stan

d 01

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7

DE-ÖKO-001

Weitere Informationen zu unseren Bio-Anbauprojekten finden Sie unter www.morgenland.bio

das Agrarministerium. Landwirte haben da-durch die Möglichkeit, sich weiterzubilden und auszutauschen. Vertreter der gesamten Produktionskette sind eingeladen und es gibt Experten, die auf Anpflanzung, Schädlings be-kämpfung und andere Themen spezialisiert sind. Von dem Dialog kann jeder profitieren. Man hilft sich gegenseitig.“

„Ich arbeite mit MorgenLand schon seit vielen Jahren zusammen und bin sehr dankbar dafür. MorgenLand schafft große Möglichkeiten für die Zukunft: Jedes Jahr entstehen neue Pro-jekte. Es ist eine wirkliche Partnerschaft, eine ganz andere Form des Teamworks. Morgen-Land war von Anfang an immer persönlich vor Ort. Der intensive Austausch und die Un ter-stützung tragen im wahrsten Sinne des Wortes Früchte: Seit der Zusammenarbeit mit Morgen-Land hat sich die Produktion enorm gestei-gert. Begonnen haben wir mit 20 Ton nen, jetzt sind es 200 Tonnen, Tendenz steigend“, so Kizilcay über die Kooperation. Besonders wich tig sei ihm die Qualität, das sei ein weiterer Punkt, der ihn mit MorgenLand so

sukzessive ausgebaut, die Pläne für den nächs-ten Ausbau stehen schon.

Morgens um halb sechs kommt die Lieferung der Kirschen an. Jede Lieferung wird zunächst einer strengen Qualitätsprüfung unterzogen. Hier arbeitet MorgenLand mit Laboren zusam-men, die die Früchte auf ihre mikrobiologi-schen Werte und Pestizidbelastungen unter-suchen. In der Zwischenzeit lagern die Früchte bei fünf Grad Celsius im Kühlraum. Erfüllen die Kirschen alle Qualitätskriterien, werden sie weiterverarbeitet.

Die Kirschen werden gewaschen, von den Stie-len befreit, erneut gewaschen, kontrolliert und entkernt. Die Entkernungsmaschine hat 88 Mulden, in die die Kirschen über das Lauf-band rutschen. Das Entkernen geht in Sekun-denschnelle. Auch nach diesem Schritt wird wieder kontrolliert: Sind alle Kerne entfernt? Stimmt die Qualität? Werden die Kirschen nicht ins Glas gefüllt, übernimmt auf großen Frei-luftlagerfläche die Sonne den Rest der Arbeit. In fünf bis sechs Tagen verlieren die Kirschen sieben Achtel ihrer Flüssigkeit. Sind die Kir-schen getrocknet, überprüfen die Mitarbei te-rinnen erneut die Früchte und sortieren die Kirschen aus, die nicht den Ansprüchen ge nü-gen. Schließlich werden sie in Kartons ver-packt. Ab da sind sie etwa drei Jahre haltbar.

Zur Kirschkonservierung im Glas werden die Früchte in heiß ausgewaschene Gläser gefüllt. Hinzu kommt ihr eigener Kirschsaft, der zuvor an der Entkernungsmaschine aufgefangen wurde. In einem großen Siebbehälter werden die verschlossenen Gläser 25 Minuten lang unter heißem Dampf haltbar gemacht. Nach einer weiteren Qualitätskontrolle in Deutsch-land werden die Kirschen von MorgenLand verpackt und etikettiert.

MorgenLand Projekt

Kirschen aus der Türkei

stark verbinde. Der Anbau hier wird regel-mäßig kontrolliert, dokumentiert und ist somit jederzeit transparent.

Ernst fügt er hinzu: „Wir sind verantwortlich für die Früchte, die wir hier anbauen und wei-terverarbeiten. Wenn wir uns Jahr für Jahr verbessern können, macht uns das zufrieden.“ Was das Schönste an seiner Arbeit sei? „Es sind die Momente, wenn es am Telefon heißt: Die Kirschen haben hervorragende Qualität und Top-Laborwerte“, antwortet Kizilcay lachend.

Wie Kirschen ein langes Leben erhaltenVon Destigin werden die Kirschen in den frü-hen Morgenstunden nach Torbali gebracht. Hier werden sie zu getrockneten Kirschen oder Kirschen im Glas verarbeitet. Für die Trocknung der Kirschen sind das Klima, die hohen Tempe-raturen von 38 Grad Celsius aufwärts und der geringe Niederschlag entscheidend. Die zwei Hektar große Produktion wurde seit Beginn

Nach der Trocknung werden die Sauer­kirschen erneut kontrolliert und sortiert.

Zwischen den Bäumen wird

traditionell mit der Sense gemäht.