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MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne
15.4. Einführung, Produktion exotischer Kerne – I
29.4. Produktion exotischer Kerne – II
6.5. Alpha-Zerfall, Zweiprotonen-Radioaktivität, Kernspaltung
13.5. Beta-Zerfall ins Kontinuum und in gebundene Zustände
20.5. Exkursion zum Radioteleskop in Effelsberg
27.5. Halo-Kerne
3.6. Tutorium-1
10.6. Kernspektroskopie und Nachweisgeräte
17.6. Anwendungen exotischer Kerne
24.6. Tutorium-2
1.7. Schalenstruktur fernab der Stabilität
8.7. Tutorium-3
15.7. Klausur
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Neutron (udd, q=0)
Der β+-Zerfall ist nur im Atomkern möglich, da die Neutronenmasse größer als die Protonenmasse ist.
mp=1.673·10-27 kg 938.272MeV/c2
mn=1.675·10-27 kg 939.565MeV/c2
d-Quark (q= -1/3) → u-Quark (q=2/3) + virtuelles W- Teilchen (q= -1)
Proton (uud) und W- Teilchen entfernen sich, aus dem virtuellen W- Boson geht ein Elektron (q= -1) und Antineutrino hervor.
Die Lebensdauer τ des freien Neutrons beträgt 885.8(7) sec
MeVepn e 78.0
β-Zerfall eines freien Neutrons
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Motivation:Für die Beschreibung der Elementsynthese in astrophysikalischen Umgebungen sind insbesondere gute Kenntnisse über die β-Zerfallseigenschaften von instabilen Kernen fernab vom Tal der Stabilität nötig.
AZ→A(Z±1) β-ZerfallAZ→A(Z±2) doppelter β-Zerfall
β--Zerfall wenn Qβ> 0
β+-Zerfall wenn Qβ> 1.02 MeVEC wenn Qβ> 0Elektroneneinfang aus inneren atomaren Schalen
eepn
eenp
enep
β-Zerfall: Überblick
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Für Isotope mit deutlichem Neutronenüberschuß ist es energetisch günstig, wenn sich ein Neutron in ein Proton umwandelt. Bei neutronenarmen Kernen findet der umgekehrte Prozeß statt, die Umwandlung eines Protons in ein Neutron.
Notwendige Bedingung für die verschiedenen β-Zerfälle:
β--Zerfall (das erzeugte Elektron ist bereits berücksicht)
β+-Zerfall (der Mutterkern hat ein Elektron mehr und ein Positron wurde erzeugt)
Elektroneneinfang EC (ε ist die Anregungsenergie des Lochs im Tochteratom, EC kann Protonen in Neutronen energetisch günstiger umwandeln)
1,, ZAmZAm
221,, cmZAmZAm e
1,, ZAmZAm
β-Zerfall
β--Zerfall
e
e
eud
epn
β+-Zerfall
e
e
edu
enp
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Weizsäcker-Massenformel:
A
AZa
A
ZZaAaAamZAmZAZm ACSVnH
2
3/13/2 2/1
,
AZZAZm 2,
Weizsäcker-Massenformel:
aus der Massenformel erhält man:
Für isobare Ketten (Isotope mit gleichem A) ist m(Z,A) eine quadratische Funktion von Z.
A
a
A
a AC3/1
Hmma NA1
43/1AS
VN
a
A
aam
1935 Carl von Weizsäcker
Stabile, in der Natur vorkommende Kerne bilden ein schmales Band in der N-Z-Ebene der Nuklidkarte.
Z
N
Wiederholung: Stabilität der Kerne
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Weizsäcker - Parabel
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Beim β--Zerfall wandelt sich ein Neutron in ein Proton um
Die Massenbilanz für den β--Zerfall lautet:
Die Ruhemasse des Antineutrinos < 7 eV/c2 kann man vernachlässigen.
β--Zerfälle sind möglich falls die Bedingung erfüllt ist:
Beispiel: Massenparabel der A=101 Isobare
Was sind Zerfälle von 101Pd und 101Rh?
1,, ZAmZAm
stabilistRu
eRuTc
eTcMo
e
e
10144
10144
10143
10143
10142
eepn
2
2
,1,
1,1,
cAZmAZm
cmmZAZmmZAZmQ
KK
eee
Weizsäcker – Parabel für A-ungerade Isobare
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
In neutronenarmen Kernen kann sich ein Proton in ein Neutron umwandeln:
Dabei wird ein Positron e+, das Antiteilchen des Elektrons (positive Ladung, gleiche Masse) und ein Elektron-Neutrino νe emittiert.
Die Massenbilanz für den β+-Zerfall lautet:
Bedingung für den β+-Zerfall: m(Z,A) > m(Z-1,A) + 2·me
Der Term 2·me berücksichtigt, daß ein Positron gebildet wird und ein Elektron vom Mutteratom übrig ist.
Folgende β+-Zerfälle werden bei A=101 beobachtet:
stabilistRu
eRuRh
eRhPd
e
e
10144
10144
10145
10145
10146
eenp
2
2
2,1,
1,1,
cmAZmAZm
cmmZAZmmZAZmQ
eKK
eee
β+ - Zerfall
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
In neutronenarmen Kernen kann sich ein Proton in ein Neutron umwandeln:
Dabei wird ein Positron e+, das Antiteilchen des Elektrons (positive Ladung, gleiche Masse) und ein Elektron-Neutrino νe emittiert.
Bedingung für den β+-Zerfall: m(Z,A) > m(Z-1,A) + 2·me
eenp
Elektroneneinfang ECIn Konkurrenz zum β+-Zerfall, kann der Elektroneneinfang-Prozeß energetisch günstiger Protonen in Neutronen umwandeln.
K-Elektronen befinden sich mit hoher Aufenthaltswahrscheinlich-keit im Kern und werden bevorzugt eingefangen.
Bedingung für K-Einfang: m(Z,A) > m(Z-1,A) + εε ist die Anregungsenergie des Lochs im Tochterkern.
enep
Auger-Effekt ist ein Alternativprozess zur Röntgenemission bei Auffüllung eines Lochs in einer stärker gebundenen Elektronenschale.
β+ - Zerfall vs. Elektroneneinfang
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
In Isobaren mit geraden Massenzahlen gibt es wegen der Paarungsenergie (δ) zwei getrennte Parabeln, eine für gg-Kerne und eine höherliegende für uu-Kerne. Die Differenz ist 2δ, die doppelte Paarungsenergie.
Konsequenzen: Alle uu-Kerne haben mindestens einen stärker gebundenen isobaren gg-Kern und sind daher instabil. Ausnahmen: 2H, 6Li, 10B, 14N wegen der hohen Asymmetrieenergie.
Beispiel: Massenparabel der A=106 Isobare
stabilistPd
ePdRh
eRhRu
e
e
10646
10646
10645
10645
10644
Weizsäcker – Parabel für A-gerade Isobare
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
2. Ordnungsprozess
Kandidat Q Häufigkeit (MeV) (%)
Einige gg-Kerne haben schwache Doppel β-ZerfälleeeBaXe 22136
5613654
Doppelter β - Zerfall
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Beim β--Zerfall wird ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino gleichzeitig emittiert.
Die β--Zerfalls-Energie ist die Differenz der Masse des Mutterkerns und der Tochter.
Diese Energie verteilt sich auf die kinetischen Energien der emittierten Teilchen, das Elektron und das Anti-neutrino. Das Spektrum des Elektrons ist kontinuierlich. Es reicht von der Energie 0 bis zu einer maximalen Energie Emax = E0 - mν·c2 (= Qβ).
β-Zerfälle haben große Lebensdauer und geringe Zerfallswahrscheinlichkeit, die Wechselwirkung, die dies bewirkt ist sehr klein gegenüber den anderen Wechselwirkungen im Kern, d.h. zeitabhängige Störungstheorie ist eine gute Näherung.
eepn
Qβ=18.6 keV
t1/2=12.32a
β - Zerfall
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
fifif EHW
2
int
2
Fermis goldene Regel:
Er hängt vom Quadrat des Übergangsmatrixelements und der Dichte der Endzustände (Phasenraum) ab.
Matrixelement muß klein sein gegenüber den Energieabständen des Systems (sonst keine Störungstheorie möglich)
dEdEEEEEHdEdEEEW eeRfifeeif
0
2
int
2,
3hpppzyx zyx
Vzyx dppp 24
dph
pVdn
3
24
Fermis goldene Regel:
Er hängt vom Quadrat des Übergangsmatrixelements und der Dichte der Endzustände (Phasenraum) ab.
Zerfallsrate unter Emission eines Elektrons mit der Energie zwischen Ee und Ee+dEe und eines Antineutrinos mit der Energie zwischen Eν und Eν+dEν
E0 ZerfallsenergieER Rückstoßenergie des Kerns, wegen der großen Masse sehr klein, wird vernachlässigt.ρf Dichte der Endzustände<Ψf|Hint|Ψi> Matrixelement der schwachen Wechselwirkung
Fermis goldene Regel:
Er hängt vom Quadrat des Übergangsmatrixelements und der Dichte der Endzustände (Phasenraum) ab.
Zerfallsrate unter Emission eines Elektrons mit der Energie zwischen Ee und Ee+dEe und eines Antineutrinos mit der Energie zwischen Eν und Eν+dEν
E0 ZerfallsenergieER Rückstoßenergie des Kerns, wegen der großen Masse sehr klein, wird vernachlässigt.ρf Dichte der Endzustände<Ψf|Hint|Ψi> Matrixelement der schwachen Wechselwirkung
Der Zustand eines Teilchens ist durch seinen Ort und Impuls bestimmt
Jeder Zustand nimmt im Phasenraum das Volumen h3 ein. Die Anzahl der Zustände auf der Impulskugelschale ist daher gegeben durch ( )
Zustandsdichte freier Teilchen
Fermi‘s goldene Regel
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Zahl der Endzustände:
Für Absolutbeträge der Impulse gelten die relativistischen Energie- und Impulsrelationen:
eeeeeifeeif dEEEcmEEc
VHdEEW 2
0422
66
222
int2
42
6
2222
2
4
dppdppVdNdN ee
ef
4222 cmcpE eee
2/ cdEEdpp eeee cdEdp /
cpE
dEdEEcmEEc
VdppdppVdNdN eeee
eeef
2422
66
22
6
2222
2
4
2
4
20422
eeee EEcmEE
Zahl der Endzustände:
Für Absolutbeträge der Impulse gelten die relativistischen Energie- und Impulsrelationen:
Zahl der Zustände im Energieintervall dEe und dEν durch Raumwinkelintegration
Zahl der Endzustände:
Für Absolutbeträge der Impulse gelten die relativistischen Energie- und Impulsrelationen:
Zahl der Zustände im Energieintervall dEe und dEν durch Raumwinkelintegration
Da man das Antineutrino nicht mißt, erhät man aus Eν=E0-Ee nach Integration über die Energie des Antineutrinos Eν die Zerfallsrate für einen Zerfall unter Emission eines Elektrons mit der Energie zwischen Ee und Ee+dEe
Der Phasenraumfaktor, der sich aus der Niveaudichte ergibt, bestimmt die Form des Energiespektrums im wesentlichen!
Fermi‘s goldene Regel
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Der Phasenraumfaktor , der sich aus der Niveaudichte ergibt, bestimmt
die Form des Energiespektrums im wesentlichen!
Das Matrixelement ergibt sich durch Integration über die Orts- und Spin-Variablen für das Elektron, dasAntineutrino und die Nukleonen im Kern.
Elektron und Antineutrino werden durch ebene Wellen(De Brogli Wellenlänge des Elektrons 2·10-13m > RKern)beschrieben. Bei kleiner Kernausdehnung führt man eine Entwicklung um r=0 durch:
Mfi ist das Kernmatrixelement der schwachen Wechselwirkung, das nicht von der Elektronenenergieabhängt.
Qβ=18.6 keV
t1/2=12.32a
20422
eeee EEcmEE
2222
int 00 fieif MH
β – Zerfallspektrum: Matrixelement
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Das Elektron fühlt die Coulombwechselwirkung mit dem Kern und den Schalenelektronen. Der Einfluß der Coulombwechselwirkung mit Protonen wird berücksichtigt:
Die Funktion F(Z,Ee) ist tabelliert.
β+ vs. β- Spektrum unter dem Einfluß des Coulombfeldes.
2
2
0
0,
freie
CouleeEZF
dual β-decay of 64Cu
dZFMB
dW
fi
if
20
221,
1
β-
β+
β – Zerfallspektrum: Coulombwechselwirkung
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
β – Zerfallspektrum: Fermifunktion
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Für das Elektronenspektrum erhält man dann:
wobei B nur Naturkonstanten enthält und ε bzw. ε0 in Einheiten der Elektronenmasse von mec2
angegeben wird und
Die Zerfallswahrscheinlichkeit ergibt sich durch Integration über die Elektronenergie
mit
dZFMB
dW fiif2
022
1,1
2/ cmE ee 200 / cmE e
dZFMB
dEEW fie
E
efi2
02
0
2
01,
1 00
dZFZf 20
2
0
0 1,,0
500, Zf
β- – Zerfallswahrscheinlichkeit
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
log λ = a + b · logEβ,max
mit verschiedenen a, b für leichte,mittlere und schwere Kerne
Je größer die Energie der schnellsten Elektronen, desto größer die Zerfallskonstante
Sargent Diagram
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Für das Elektronenspektrum erhält man dann:
wobei B nur Naturkonstanten enthält und ε bzw. ε0 in Einheiten der Elektronenmasse von mec2
angegeben wird und
Die Zerfallswahrscheinlichkeit ergibt sich durch Integration über die Elektronenergie
mit
dZFMB
dW fiif2
022
1,1
2/ cmE ee 200 / cmE e
dZFMB
dEEW fie
E
efi2
02
0
2
01,
1 00
dZFZf 20
2
0
0 1,,0
22/100
2
2/1
2ln,,
2ln
fi
fi
M
BtZfoderZf
B
M
t
Für das Elektronenspektrum erhält man dann:
wobei B nur Naturkonstanten enthält und ε bzw. ε0 in Einheiten der Elektronenmasse von mec2
angegeben wird und
Die Zerfallswahrscheinlichkeit ergibt sich durch Integration über die Elektronenergie
mit
Typischerweise sehr große Zahlen deshalb Logarithmus dieser Zahl, der log ft-Wert.
β- – Zerfallswahrscheinlichkeit
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Größe der log ft-Werte sind sehr unterschiedlich. Dies hängt vom Kernmatrixelement ab und den Auswahlregeln, die den Zerfall bestimmen.
Man unterscheidet übererlaubte, erlaubte, einfach- und mehrfach verbotene Zerfälle an Hand der Auswahlregeln für Drehimpuls (I) und Parität (π).
Spiegelkerne Mfi eine Größenordnung kleiner
2
2/1 log2lnloglog fiMBtf
p n p n p n p n
β- β-
β- – Zerfall log ft-Werte
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Größe der log ft-Werte sind sehr unterschiedlich. Dies hängt vom Kernmatrixelement ab und den Auswahlregeln, die den Zerfall bestimmen.
Man unterscheidet übererlaubte, erlaubte, einfach- und mehrfach verbotene Zerfälle an Hand der Auswahlregeln für Drehimpuls (I) und Parität (π).
Zusammenstellung der verschiedenen Auswahlregeln und ft-Werte. Dabei bedeutet (+) “keine Paritätsverletzung”, (-) “Paritätsverletzung”
2
2/1 log2lnloglog fiMBtf
β- – Zerfall log ft-Werte
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Zählrate als Funktion der Elektronenimpulses:
Kurie-Plot:
202,~ ee pZFpN
02.
,const
pZF
pN
e
e
Kurie-Plot
MP-41 Teil 2: Physik exotischer Kerne, SS-2011
Kurie-Plot und Neutrinomasse