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Multi-Perspektivit ¨ at in Modellierung und Simulation von Martin Faust Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften – Dr.-Ing. – vorgelegt im Fachbereich 3 (Mathematik & Informatik) der Universit¨ at Bremen im Oktober 2007

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Multi-Perspektivitatin Modellierung und Simulation

von Martin Faust

Dissertationzur Erlangung des Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften

– Dr.-Ing. –

vorgelegt im Fachbereich 3 (Mathematik & Informatik)der Universitat Bremen

im Oktober 2007

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Datum des Promotionskolloquiums: 22.01.2008

Gutachter: Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Bruns (Universitat Bremen)Prof. Dr. Karl-Heinz Rodiger (Universitat Bremen)

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Danksagung

Dis·ser·ta·ti·on, die; ein langer Weg geht zu Ende und zuruckblickend habeich dabei viel gelernt. Dass diese Arbeit nun abgeschlossen ist, habe ichvielen Personen zu verdanken, die mir Zuversicht gaben oder mit Rat zurSeite standen.Zunachst mochte ich mich bei meinen Betreuern Willi Bruns und Karl-HeinzRodiger bedanken, die stets zu Diskussionen bereit waren; Carlos EduardoPereira fur seine Perspektive auf die Arbeit und meinen Kollegen im arte-cLab: Yong-Ho Yoo, Daniel Cermak-Sassenrath, Bernd Robben und DieterMuller. Dank gilt auch meiner neuen Arbeitsgruppe AG Digitale Medien furdie Geduld und das Verstandnis: Rainer Malaka, Marc Herrlich, Jens Tei-chert, Robert Porzel, Hidir Aras, Irmgard Laumann und Benjamin Walther-Franks. Fur die Hilfe bei der Korrektur danke ich Carolin Porzel, die auchbei ungewohnlichen Varianten und wirren Formulierungen nicht aufgab.Ohne die Unterstutzung meiner Familie sowie meiner Frau Lana und unsererTochter Marie ware das alles nicht moglich gewesen.

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Martin FaustBremen, Oktober 2007

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 11.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Sichtweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.3 Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.4 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.5 Beitrag und Organisation der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Modellierung und Simulation 132.1 Begriffsklarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.2 Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.2.1 Formalismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.2.2 Zerlegung zur Reduzierung von Komplexitat . . . . . 162.2.3 Beispiele von Modellieransatzen . . . . . . . . . . . . . 17

2.3 Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.3.1 Diskrete Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.3.2 Kontinuierliche Simulation . . . . . . . . . . . . . . . 212.3.3 Hybride Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.3.4 Beispiele von Simulatoren . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3 Modellierung mit Bondgraphen 273.1 Allgemeiner Aufbau und Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . 29

3.1.1 Richtung des Energieflusses . . . . . . . . . . . . . . . 293.1.2 Kausalitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.2 Elemente von Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313.3 Komponentenbasierte Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . 333.4 Bondgraph-Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.4.1 SysML . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.4.2 Bondgraphen und genetische Programmierung . . . . 343.4.3 Multi-Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.4.4 Switched Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363.4.5 Hybride Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363.4.6 Hyper-Bonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

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ii INHALTSVERZEICHNIS

3.4.7 Constraint Bondgraphs . . . . . . . . . . . . . . . . . 373.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

4 Perspektivenbegriff in Modellierung und Simulation 414.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414.2 Perspektiven durch Abstraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 424.3 Computer Automated Multi-Paradigm Modeling . . . . . . . 43

4.3.1 Ebenen der Abstraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 444.3.2 Multi-Formalismen-Modellierung . . . . . . . . . . . . 444.3.3 Meta-Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454.3.4 Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

4.4 Aesthetic Computing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464.4.1 RUBE-Framework . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484.4.2 Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.5 Weitere Ansatze zur Perspektivenvielfalt . . . . . . . . . . . . 504.5.1 Multimodeling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514.5.2 Multi Representation Formalisms . . . . . . . . . . . . 514.5.3 Multiple Model Formulations . . . . . . . . . . . . . . 51

4.6 Eigene Projektarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524.6.1 RUGAMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534.6.2 BREVIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.6.3 DERIVE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554.6.4 Lab@Future . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

4.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

5 Komplexe Objekte – Ein Konzept zur Realisierung von Per-spektivenvielfalt 595.1 Bewertung von bestehenden Ansatzen . . . . . . . . . . . . . 595.2 Komplexe Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

5.2.1 Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635.2.2 Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635.2.3 Moglichkeitsraum Komplexer Objekte . . . . . . . . . 64

5.3 Erweiterung der Komplexen Objekte . . . . . . . . . . . . . . 645.4 Umsetzung des Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665.5 Verfeinerung von Komplexen Objekten . . . . . . . . . . . . . 695.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

6 Simulation Komplexer Objekte 716.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716.2 Bestimmung der Kausalitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

6.2.1 Sequentieller Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736.2.2 Evolutionarer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 736.2.3 Constraint-Logic-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

6.3 Mogliche Konflikte und deren Erkennung . . . . . . . . . . . 74

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INHALTSVERZEICHNIS iii

6.4 Herleitung der Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 786.4.1 State-Space-Reprasentation . . . . . . . . . . . . . . . 806.4.2 Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

6.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

7 Prototyp einer multi-perspektivischen Umgebung 857.1 Systemdesign und -Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

7.1.1 Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 877.1.2 Komplexe Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

7.2 Aspekte der Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 907.2.1 Ontologie(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 907.2.2 Attributsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927.2.3 Speicherformat von Bondgraphen . . . . . . . . . . . . 927.2.4 Skripting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927.2.5 Komplexe Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

7.3 Anwendungsprototyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 957.3.1 Szenario 1: Doppelt wirkender Zylinder . . . . . . . . 967.3.2 Szenario 2: Mischen von Darstellungen . . . . . . . . . 977.3.3 Szenario 3: Abstraktionsstufen . . . . . . . . . . . . . 98

7.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

8 Einordnung des Konzeptes ’Komplexe Objekte’ 1018.1 Machtigkeit und Grenzen Komplexer Objekte . . . . . . . . . 1018.2 Mixed Reality und Komplexe Objekte . . . . . . . . . . . . . 1048.3 Lernprozesse und Komplexe Objekte . . . . . . . . . . . . . . 105

8.3.1 Cognitive Flexibility Theory . . . . . . . . . . . . . . . 1068.3.2 Model Facilitated Learning . . . . . . . . . . . . . . . 107

8.4 Effektive multi-perspektivische Lernumgebungen . . . . . . . 1088.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

9 Schlusswort und Ausblick 113

A Erganzungen zum Text 117A.1 Vergleichsdaten von 20-sim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117A.2 Modellierung mit und ohne Verluste . . . . . . . . . . . . . . 118A.3 Graphtransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119A.4 Ontologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

B Dateiformate 123B.1 Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123B.2 Komplexe Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Literaturverzeichnis 127

Internetquellen 140

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iv INHALTSVERZEICHNIS

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Abbildungsverzeichnis

1.1 Virtuelle Modellier- und Simulationsumgebung mechatroni-scher Komponenten in DERIVE und Lab@Future . . . . . . . 2

1.2 Unterschiedliche Wahrnehmung von Realitat durch mentaleModelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.3 Teilgebiete der Systemwissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . 71.4 Systemsicht: Ein System ist durch Ein- und Ausgaben von

seiner Umwelt getrennt (nach (Klugl, 2001, S. 46) . . . . . . . 81.5 Ein System als Komplexes Objekt (a) ermoglicht einfache

Wechsel zwischen unterschiedlichen Sichten einer Szene (b) . 91.6 Bondgraph eines mechanischen Systems . . . . . . . . . . . . 10

2.1 Formalismen, links: Petri-Netz eines Verkaufsautomaten (Mu-rata, 1989, S. 544), rechts: Blockdiagramm eines Motors (Astromet al., 1998, S. 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.2 Vergleich von Formalismen, links: Differentialgleichungen, rechts:Bondgraph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.3 Multipol-Diagramm eines hydraulischen Motors kontrolliertdurch ein Ventil (nach (Mann, 1995, S. 114)) . . . . . . . . . 17

2.4 Vergleich der Darstellung von Verbindungen zwischen Kom-ponenten in Multipol-Diagrammen und Bondgraphen: a) Zwei-erverbindung, b) parallele Verbindung und c) serielle Verbin-dung (Mann, 1995, S. 116) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.5 EUROSIM Referenzmodell einer flexiblen Fertigungsanlage(Krauth, 1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.6 Simulation News Europe Comparison 7: Constrained Pendulum 222.7 Tabellenbasierte Charakteristik von Parametern (HighTech

Consultants, 2005, Seite 19f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.8 Annaherung der tabellarisch definierten Werte durch ein Po-

lynom vierter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.9 Modellierung und Simulation als iterativer Prozess . . . . . . 25

3.1 Bondgraph Beispiel (Banerjee, 2005, S. 123) . . . . . . . . . . 27

v

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vi ABBILDUNGSVERZEICHNIS

3.2 Zvezda, Service Module and Space Shuttle CAMP-G Bond-graph Model Mission (aus Montgomery und Granda (2003)) . 28

3.3 Interaktion zwischen Elementen in Bondgraphen . . . . . . . 293.4 Die Konvention der Kausalitat (Banerjee, 2005, S. 119) . . . 313.5 Schneiden von Bondgraphen. Zur besseren Unterscheidung

der Ports gegenuber ’normalen’ 0 Knoten werden diese in-vertiert dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.6 Zusammenfugen von Subgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . 343.7 SysML Ubersicht und Vergleich mit UML (aus (Friedenthal

et al., 2006, S. 18)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.8 Hauptmerkmale des Bondgraph-Konzeptes und genetischer

Programmierung (aus Seo et al. (2003)) . . . . . . . . . . . . 353.9 Idealer Schalter in Switched Bondgraphen (aus Stromberg

et al. (1993)). Die boolesche Variable m reprasentiert den Sta-tus des Schalters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.10 Kontrollierte Verzweigungen in HyBrSim (Mosterman, 2002) 373.11 Simulation mit realen und virtuellen Komponenten in DE-

RIVE. Die reale Luft setzt sich im Virtuellen fort und lasstden Zylinder ausfahren. (Projektfoto artec) . . . . . . . . . . 38

3.12 Doppelt wirkender Zylinder: Geometrisches Modell und Bond-graph (nach Bruns und Erbe (2005)) . . . . . . . . . . . . . . 38

3.13 System mit variabler Struktur: a) Bondgraph eines Rigid Bo-dy und Stop, b) Dynamische Anpassung des Feder-Dampfer-Systems (aus (Borutzky, 2004, S. 228f.)) . . . . . . . . . . . . 39

3.14 Erweitertes Constraint-Konzept. Dynamische Randbedingun-gen werden durch die Erkennung von Kollisionen erkannt undfuhren zu einer Veranderung der Constraints. . . . . . . . . . 40

4.1 Multi-Perspektivitat von Bondgraphen . . . . . . . . . . . . . 424.2 Konzept der Kopplung und Transformation (z.T. nach Zeigler

et al. (2000)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454.3 Multi-Formalismus-Modellierung mit einer Kopplung zwischen

Subsystemen (aus (Mosterman und Vangheluwe, 2000, CACSDPrasentation)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.4 Aesthetic Computing Beispiel aus (Fishwick, 2003b) . . . . . 474.5 RUBE Framework (aus Fishwick et al. (2003)) . . . . . . . . 494.6 Beispiel einer RUBE-Simulation (aus Fishwick et al. (2003)),

links: Darstellung der Komponenten, rechts: Simulationslauf . 494.7 RUBE-Beispiel – Speisende Philosphen . . . . . . . . . . . . . 504.8 Beispiel fur Multimodeling (Fishwick, 1995, S. 287) . . . . . . 514.9 Architektur eines Systems fur ’multiple model formulations’

(aus Breunese et al. (1995)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS vii

4.10 RUGAMS in Aktion (aus Schafer (1998)): a) Diskutieren undModellieren am realen Modell (S. 270), b) Simulation undVisualisierung im Computer (S. 268) . . . . . . . . . . . . . . 53

4.11 Virtual Construction Kit: a) 3D Sicht, b) Schematische Sicht(aus (Brauer, 2000, Seite 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

4.12 DERIVE-Konzept aus (Bruns et al., 2002, Seite 4) . . . . . . 554.13 DERIVE in Aktion (Projektfoto von Herrman Gathmann) . . 564.14 Eine Systemkomponente mit drei verschiedenen internen Mo-

dellen, die auf den gleichen Ein- und Ausgangen arbeiten . . 57

5.1 Umschalten zwischen symbolischer und dreidimensionaler Sichteiner Testszene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

5.2 Komplexes Objekt: Beispiel eines einfach wirkenden Zylinders(aus (Bruns, 2000, S. 251)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

5.3 Gekoppelte Welten (nach Bruns (2003)) . . . . . . . . . . . . 645.4 Konzept der Multi-Perspektivischen-Visualisierung . . . . . . 655.5 Model-View-Controller-Prinzip fur Komplexe Objekte . . . . 665.6 Doppelt wirkender Zylinder als Komplexes Objekt FIXME . 685.7 Visualisierung des Druckverhaltnisses in der linken Kammer

durch Farbkodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685.8 Verknupfung von Komplexen Objekten durch die Relation

verfeinert am Beispiel eines Zylinders . . . . . . . . . . . . 695.9 Aufbau eines Komplexen Objektes . . . . . . . . . . . . . . . 70

6.1 Beispiel Bondgraph fur dieses Kapitel, links: Ein DC-Motorohne gekoppelte Last, rechts: Bondgraph. . . . . . . . . . . . 72

6.2 Bondgraphen mit Konflikten: a) Verletzung der bevorzugtenKausalitat, b) Kausaler Pfad zwischen I und C Elementensowie eine kausale Schleife, c) Algebraic Loop zwischen e2und f6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

6.3 Bondgraph mit ermittelten Gleichungen . . . . . . . . . . . . 796.4 Fur den Beispielgraphen ermitteltes Simulationssystem . . . . 846.5 Simulationslauf des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

7.1 Architektur zur Implementierung einer multi-perspektivischenModellier- und Simulationsumgebung . . . . . . . . . . . . . . 86

7.2 BondGraphs.Core-Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 887.3 Ontologien zur Anreicherung der Klassenstruktur . . . . . . . 887.4 BondGraphs.Math-Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . 897.5 BondGraphs.Simulation-Architektur . . . . . . . . . . . . . . 897.6 Architektur der Komplexen Objekte . . . . . . . . . . . . . . 907.7 XML-Schema der Struktur eines Komplexen Objektes . . . . 93

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viii ABBILDUNGSVERZEICHNIS

7.8 Bondgraph des einfach wirkenden Zylinders und ein Testlaufmit einer angeschlossenen Druckluftquelle (src.parameter).Die Position des Kolbens zeigt der display.displacementGraph. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

7.9 Die grafische Oberflache des Prototypen . . . . . . . . . . . . 967.10 Verfeinerungen von Objekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 997.11 Beispiel verschiedener Darstellungsarten: Vom anschaulichen

3D-Modell zum abstrakten Symbol . . . . . . . . . . . . . . . 997.12 Perspektivenraum Komplexer Objekte, vertikal: Visualisie-

rungen verschiedener Sichten, horizontal: Perspektiven durchBondgraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

8.1 Teil eines Petri-Netzes fur einen Zylinder . . . . . . . . . . . . 1038.2 Realitat-Virtualitat-Kontinuum nach Milgram et al. (1994) . 1048.3 Beispiel eines ”Cognitive Flexibility Hypertextes“ aus Graddy

(2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.4 Eine funktionale Taxonomie von Multi-Reprasentationen nach

Ainsworth (1999b) (MERs = multiple external representations)108

A.1 20-sim-Version des Bondgraphen aus Abbildung 6.1 . . . . . . 117A.2 GRACE-Programm zur Optimierung von Bondgraphen . . . 120

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Tabellenverzeichnis

1.1 SPS-Programmiersprachen im IEC 61131 Standard . . . . . . 4

2.1 Multipol-Postulate (Mann, 2005, Tabelle 10.2, S. 118) . . . . 18

3.1 Bondgraph-Konzepte und -Einheiten (aus Gero und Tsai (2004)) 303.2 Kausalitat der Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

5.1 Perspektiven in den vorgestellten Ansatzen . . . . . . . . . . 60

6.1 Kausalitatszuweisung nach Algorithmus 6.1 . . . . . . . . . . 74

8.1 Begrenzende Faktoren bei der Definition einer PerspektiveKomplexer Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

8.2 Bewertung des Konzeptes Komplexer Objekte nach Prinzipi-en von Ainsworth (1999a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

ix

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Kapitel 1

Einleitung

Das Gebiet der Modellierung und Simulation (M&S) handelt vom Bildenformal zu beschreibender Modelle von Systemen und dem Experimentierenmit den Modellen. Zur Unterstutzung dieses Prozesses wurden verschiedeneFormalismen (z. B. Petri-Netze), Programmiersprachen (z. B. Simula) undLaufzeitumgebungen (z. B. Dynasim) als Hilfsmittel entwickelt und einge-setzt.Die Modellierung und Simulation komplexer Systeme setzt ein Verstandnisder Vorgange voraus. Auf den ersten Blick erscheint diese Aussage trivial,jedoch sind Modelle in einem Formalismus, wie z. B. Differentialgleichun-gen, nicht per se selbsterklarend. Die Abstraktheit einer Darstellung spieltdabei eine wichtige Rolle. Anschauliche Modelle sind leichter zu verstehen,konnen aber die komplexen Vorgange nicht in jeder Situation adaquat ab-bilden. Unter anderem argumentieren Fishwick (2003b) und van Amerongenet al. (1998), dass verschiedene Perspektiven auf ein und dasselbe Problemhelfen, dessen Eigenschaften besser zu verstehen. Oftmals sind Personen ausverschiedenen Fachgebieten beteiligt, was die Perspektivenvielfalt erhoht,aber auch Probleme schafft. Die benutzte Sprache fur die Darstellung einesSystems ist nicht die gleiche, sondern im Fachgebiet verankert. Erst wenndie verschiedenen Perspektiven zueinander in Bezug gesetzt werden, ergebensich Brucken, die zu einem verbesserten Verstandnis der Vorgange fuhren.

1.1 Motivation

Diese Arbeit ist durch Problemstellungen motiviert, die im Rahmen von For-schungsprojekten entstanden sind. In den Projekten DERIVE und Lab@Fu-ture (Abschnitt 4.6) wurden gegenstandliche Modelle mit rechnerinternenModellen mechatronischer Komponenten gekoppelt. In der Diskussion mitLehrern, die das System im Unterricht getestet haben, zeigte sich folgendeProblematik: Durch die geringe Funktionalitat der anschaulichen dreidimen-sionalen Simulation im Rechner, konnte diese oftmals nur zur Einfuhrung in

1

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2 KAPITEL 1. EINLEITUNG

das Thema verwendet werden. Komplexe Aufgaben wurden dann mit Hilfeeiner zweiten, abstrakten symbolischen Simulationsumgebung durchgefuhrt.Die Entscheidung fur diese Teilung fiel aufgrund der hoheren Funktionalitatund großeren Praxisrelevanz symbolischer Darstellungen der zweiten Simula-tionsumgebung. Um die Vorteile des schnellen Einstiegs und der praktischenRelevanz miteinander zu verbinden, schlagt Gathmann (2005) vor, ein Si-mulationssystem zu verwenden, das einen einfachen Wechsel zwischen denSimulations- und Darstellungsarten erlaubt.

Abbildung 1.1: Virtuelle Modellier- und Simulationsumgebung mechatroni-scher Komponenten in DERIVE und Lab@Future

Abbildung 1.1 zeigt die dreidimensionale Modellierung von Komponenten inDERIVE und Lab@Future. Uber ein Hilfesystem sind die Komponenten mitweiteren Darstellungsarten (Symbol und Video) verknupft. Dabei handeltes sich um statische Elemente, die nicht in der Simulation eingesetzt wer-den konnen. Die Anschaulichkeit der dreidimensionalen Modelle ermoglichteinen einfachen ersten Zugang, der dann durch abstraktere Beschreibungenim Hilfesystem erganzt wird. Computergestutzte Ubergange wurden die-sen Prozess vereinfachen und dadurch den Lernprozess unterstutzen (Gath-mann, 2005). Evaluationen bestatigten die Wichtigkeit der vielfaltigen Dar-stellungen von Komponenten (Grund und Grote, 2001; Grund, 2004). DerBegriff der ”multikodalen Darstellungen“ (Grund, 2004) betont den zugrun-de liegenden Formalismus. Hier liegt die Aufmerksamkeit auf verschiedenenSichtweisen auf ein System, weshalb allgemeiner von multi-perspektivischenDarstellungen gesprochen wird.In dieser Arbeit wird die Lucke zwischen den verschiedenen Darstellungenvon Komponenten geschlossen, indem ein Konzept zur Multi-Perspektivitatinnerhalb einer Simulationsumgebung entwickelt wird, welches ein einfachesWechseln der Perspektiven ermoglicht.

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1.2. SICHTWEISEN 3

1.2 Sichtweisen

Abbildung 1.2: Unterschiedliche Wahrnehmung von Realitat durch mentaleModelle; links: nach Lombardi (2005), rechts: Charakteristiken eines Objek-tes relativ zur Perspektive des Betrachters (Booch, 1994)

Gepragt u. a. durch unser Vorwissen nehmen wir eine bestimmte Sichtweisebei der Betrachtung von Systemen ein. Abbildung 1.2 zeigt unterschiedlicheWahrnehmungen von Realitat und deren dazugehorige mentale Modelle, wel-che die Grundlage fur das Verstehen von komplexen Vorgangen sind.1 DieBildung eines mentalen Modells von einem Vorgang verknupft die charak-teristischen Merkmale und Beziehungen sowie Vorwissen miteinander undreprasentiert dieses in einem (geistigen) Modell. Die in verschiedenen Si-tuationen gemachten Erfahrungen stehen schließlich ihrerseits als mentaleModelle zur Verfugung und ermoglichen es, Zusammenhange zu analysierenund in Bezug zum mentalen Modell zu erklaren.Durch mehrere Perspektiven entstehen verschiedene Beschreibungen einesSystems auf unterschiedlichen Ebenen (vgl. Abbildung 1.2). In Modellie-rung und Simulation entspricht eine Perspektive einem Modell, beschriebenin einem Formalismus. Jedes Modell stellt einen bestimmten Aspekt in den

1Die Theorie der mentalen Modelle wird auf Kenneth Craik und Johnson-Laird zuruck-gefuhrt (Craik, 1943; Johnson-Laird, 1983). Im Gegensatz dazu betont Dutke (1994) dieVielfalt an Vorarbeiten, die zu diesem Begriff beigetragen haben. Dutke definiert mentaleModelle als

”Ausdruck des Verstehens eines Ausschnittes der realen Welt.“ (Dutke, 1994,

S. 2). Dabei werden drei Typen mentaler Reprasentationen unterschieden (Sasse, 1997): (1)propositional representations, ahnlich der naturlichen Sprache, (2) mental models, struktu-relle Analogien zu Situationen und (3) mental imagery, isomorphische Abbildungen einesModells.

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4 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Vordergrund, wobei alles, was fur diese Sichtweise nicht relevant ist, wegge-lassen wird.Um eine Vorstellung fur andere sichtbar zu machen, muss sie in einer verstand-lichen Art und Weise beschrieben werden, z. B. durch die Benutzung einergemeinsamen Sprache oder einer standardisierten Darstellungsmethode. Ei-ne Moglichkeit ist die Veranschaulichung der – oftmals abstrakten – Struk-turen eines Modells durch eine visuell aufbereitete Form.Visualisierung bezeichnet den Prozess der Transformation von Daten, Infor-mation und Wissen in ein Bild (Gershon et al., 1998).2 In der Modellierungund Simulation haben sich verschiedene standardisierte Formen entwickelt,z. B. Blockdiagramme und Petri-Netze. Allgemein geht es darum, verschie-dene Sichtweisen des betrachteten Gegenstandes einnehmen zu konnen.Ein anschauliches Beispiel fur Perspektivenvielfalt sind die Sprachen vonSpeicher-Programmierbaren-Steuerungen (SPS), wie sie im internationalenStandard IEC 61131-33 beschrieben sind.

Strukturierter Text (engl. structured text)ist eine textuelle Hochsprache, die einstrukturiertes Programmieren erlaubt.

Die Funktionsbaustein-Sprache (engl.function block diagram) stellt den Signal-und Datenfluss zwischen Funktions-blocken dar, wobei Abhangigkeitenzwischen Blocken einfach sichtbar sind.Kontaktplan (engl. ladder diagram) mo-delliert grafisch den Stromfluss in einemSystem.

Anweisungsliste (engl. instruction list) isteine maschinennahe Sprache; sie bietet ei-ne assemblerahnliche Syntax.

Die Ablaufsprache (engl. sequential func-tion chart) beschreibt das sequentielle undparallele Verhalten eines Systems mit Hil-fe von Ablaufdiagrammen.

Tabelle 1.1: SPS-Programmiersprachen im IEC 61131 Standard (Illustratio-nen sind aus Lewis (2006))

In der Kontaktplan-Programmiersprache werden Schalter oder Relais zur2Diesem Vorgang liegt immer auch eine Metapher zugrunde, weshalb Cox (2006) von

Visaphoren spricht.3Obwohl der Standard die Nummber IEC 61131 tragt, findet sich oftmals auch die

Bezeichnung IEC 1131. Im Teil 3 werden die Programmiersprachen beschrieben.

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1.2. SICHTWEISEN 5

Implementierung von booleschen Ausdrucken benutzt, wobei die Darstel-lung Stromflussplanen angelehnt ist. Ziel ist es, vorhandene Strukturen inder Schaltungstechnik auf die Programmierung einer SPS zu ubertragen.Dadurch sind Ingenieure in der Lage, nahezu in gewohnter Weise eine SPSzu programmieren. Nach Pollard gibt es zehn Grunde, warum der Kon-taktplan so effizient ist, u. a. ”control engineers are familiar with it“ und

”maintenance personnel can understand it“ (Pollard, 1994, S. 77).Eine andere Art der Darstellung benutzt die Funktionsbaustein-Sprache,welche das Modell als verbundene grafische Blocke, wie in Schaltplanen, be-schreibt. Auch hier wurde die Analogie zu bestehenden Systemen gesucht,um einen moglichst einfachen Ubergang zu ermoglichen. Neben den Analo-gien zu bestehenden Systemen spielt auch der kulturelle Kontext eine wich-tige Rolle, so wird z. B. in PLCOpen Consortium (2004) der Kontaktplanals amerikanische Entwicklung und die Anweisungsliste als das europaischeGegenstuck bezeichnet.In der Einfuhrung in den IEC 61131-3 Standard schreibt das PLCOpenKonsortium zur Auswahl der Programmiersprache:

”The choice of programming language is dependent on:

• the programmers’ background

• the problem at hand

• the level of describing the problem

• the structure of the control system

• the interface to other people/departments“

PLCOpen Consortium (2004)Wichtige Aspekte, neben der Kenntnis der Programmiersprache, sind dieBeschreibungsebene eines Problems und die Schnittstelle zu anderen Abtei-lungen. Wie in Wright (1999) ausgefuhrt, ist der Kontaktplan fur bestimm-te Aufgaben gut geeignet. Dieses verdeutlicht die Grenzen einer einzelnenBeschreibungssprache, denen sich der Anwender bewusst sein muss. Ein be-merkenswerter Aspekt ist die Forderung, eine gemeinsame Sprache zwischenverschiedenen Personen/Abteilungen zu wahlen. Hier zeigt sich die Zielgrup-pengebundenheit einer Darstellung4, wie sie oben angesprochen wurde. z. B.wurde fur STEP 5, einem deutschen SPS-Standard, die Sprache Graph 5 als

”Verstandigungsmittel zwischen dem Technologen und dem Anlagenprojek-teur“ (Scharf, 1989, S. 14) aus eben diesen Grunden beiseite gestellt. Furjemanden außerhalb der Zielgruppe ist es schwer, den Formalismus zu verste-hen, da er nicht uber das notige Hintergrundwissen verfugt. VanDoren hat

4Fur Floyd (2001) sind Perspektiven an Personen gebunden. Innerhalb einer Gruppe,z. B. von Konstrukteuren, finden sich ahnliche (antrainierte) Denkweisen, weshalb hier vonZielgruppengebundenheit gesprochen wird.

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6 KAPITEL 1. EINLEITUNG

dieses Verhaltnis treffend charakterisiert: ”Programming a PLC with RLLturned out to be much like writing a doctoral dissertation with hieroglyphics– the results could be absolutely brilliant, but no one else would ever be ableto truly understand ist, much less improve on it“ (VanDoren, 1996, S. 110).Ein Vorteil von IEC 61131-3 ist, dass die Programmiersprache frei gewahltwerden kann. Um zwischen den Darstellungen zu vermitteln, wird ein Uber-setzer benotigt, der die Konvertierung erledigt, was aber nur zum Teil moglichist.5

Eine Umgebung, die Ubergange zwischen verschiedenen Sichten eines Sys-tems ermoglicht, wurde eine bessere Unterstutzung wahrend der Modellie-rung und Simulation ermoglichen. Van Amerongen et al. (1998) schreibendazu: ”With a proper interface, each designer can work with the models andkind of output most appropriate for the specific design task. But even forone design task multiple views on the same problem can considerably en-hance the insight into the problem and help to find solutions.“ Mikulecky(2005) argumentiert ebenso: ”Complexity results from bifurcations - not inthe dynamics, but in the description! Thus complex systems require that theybe encoded into more than one formal system in order to be more completelyunderstood.“

1.3 Systeme

Die Systemtheorie beschreibt Systeme, wie z. B. technische Anlagen, als in-teragierende Komponenten. Ein System ist dabei ein abgegrenzter Teilbe-reich, der mit seiner Umwelt in Relation steht (vgl. Monsef (1997)). Nurdurch die Definition von Schnittstellen mit der Umwelt lasst sich ein Systemabgrenzen und somit einzeln betrachten. Die Systemtheorie ist keine einheit-liche Theorie, sondern hat eine Vielzahl von Auspragungen in verschiedenenDisziplinen, wie z. B. in der Informatik, Biologie und Physik. Allen Variantenist jedoch der Grundgedanke des mit der Umwelt interagierenden Systemsgemeinsam.Der Systembegriff geht auf die Arbeiten von Ludwig von Bertalanffy zuruck,der ihn als Gegensatz zu der isolierten Betrachtung von Phanomenen ausder Physik positioniert (Matthies, 2007). Ausgangspunkt der Kritik ist, dasssich Vorgange aus der Biologie nur durch deren Interaktion mit und Rela-tion zur Umwelt angemessen beschreiben lassen. Die Kybernetik (Wiener,

5Im PLCOpen FAQ findet sich dazu folgende Aussage:”Is it possible to automatically

convert between IEC 61131-3 languages, for example, can a POU written using LD beviewed and edited in ST or FBD?

This is a favourite IEC 61131-3 myth. There has never been any intention that it shouldbe possible to convert any language into any other language. If a restricted sub-set of eachlanguage is used some limited portability may be possible but there are some significantproblems. For example, there is no way to represent expressions involving array variablesin the FBD language.“ http://plcopen.org/TC1/faq.htm, 17.2.2007

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1.3. SYSTEME 7

1948; Ross Ashby, 1957) hatte Einfluss auf die technische Sicht von Syste-men, die als Regelungskreise beschrieben werden und auch heute noch einewichtige Grundlage fur den hier verwendeten Systembegriff bilden. In denIngenieurswissenschaften (vgl. Definition 1.1) uberwiegt die mathematischeSichtweise von Eingangs- und Ausgangssignalen, welche durch eine Funkti-on in Beziehung gesetzt werden: �y(t) = f(�x, t). Dabei wird ein System alsKasten mit ein- und ausgehenden Pfeilen dargestellt, wie z. B. in Abbildung1.4 gezeigt (siehe dazu auch (Unbehauen, 1971; Girod et al., 2005)).

Definition 1.1. System nach Girod et al. (2005)Ein System ist die Abstraktion eines Prozesses oder Gebildes, das mehrereSignale zueinander in Beziehung setzt. Ein Signal ist eine Funktion odereine Wertefolge, die Informationen reprasentiert.

Abbildung 1.3: Teilgebiete der Systemwissenschaft nach Matthies (2007)

Die Systemwissenschaft untersucht das Verhalten von Systemen, wobei zwi-schen drei Teilgebieten unterschieden wird (vgl. Kulla (1979), Abbildung1.3). Der Bereich der Systemtheorie beschaftigt sich mit den grundlegen-den Prinzipien von Systemen bis hin zu philosophischen Fragestellungen. Inder Systemtechnik liegt der Fokus auf der Konstruktion und Kontrolle vonSystemen, z. B. aus dem Gebiet der Mechatronik. Die Struktur und das Ver-halten von Systemen wird in der Systemanalyse modelliert und simuliert.Diese Arbeit beschrankt sich auf das Teilgebiet der Systemanalyse.Bei einem System wird zwischen Struktur und Verhalten unterschieden. DieStruktur beschreibt den inneren Aufbau und das Verhalten, den Zustandund die Ausgaben. Uber Ein- und Ausgange konnen Systeme mit anderengekoppelt werden. Ein wichtiges Konzept ist das der (De-)Komposition, d.h.wie ein System in seine Komponenten zerlegt bzw. aus Komponenten auf-gebaut werden kann (vgl. (Zeigler et al., 2000, Abb. 2, S. 5)).Mit dem Begriff Systemsicht soll ausgedruckt werden, dass hier Modelle ausgekoppelten Systemen (auch als Komponenten bezeichnet) bestehen. DieseSichtweise orientiert sich an Zeiglers funf Ebenen der Systemspezifikation:

1. ”Observation FrameHow to stimulate the system with inputs; what variables to measureand how to observe them over a time base

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8 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Abbildung 1.4: Systemsicht: Ein System ist durch Ein- und Ausgaben vonseiner Umwelt getrennt (nach (Klugl, 2001, S. 46)

2. I/O BehaviourTime-indexed data collected from a source system; consists of input/out-put pairs

3. I/O FunctionKnowledge of initial state; given an initial state, every input stimulusproduces a unique output

4. State TransitionHow states are affected by inputs; given a state and an input what isthe state after the stimulus is over; what output event is generated bya state

5. Coupled ComponentComponents and how they are coupled together. The components canbe specified at lower levels or can even be structure system themselves- leading to hierarchical structure“

(Zeigler et al., 2000, Seite 13)

Die Ebenen 1-4 bilden die Grundlage fur die Abgrenzung eines Systems ge-genuber seiner Umwelt. Sie definieren den Prozess, wie ein System schrittwei-se abgeleitet wird. Im observation frame werden die Ein- und Ausgaben undVariablen zur Abgrenzung dieses Systems festgelegt. Durch eine Betrachtungdes Verhaltens uber die Zeit kann dann in den Ebenen 3 und 4 dieses Verhal-ten entsprechend reproduziert werden. Auf der Coupled Component Ebenewerden großere Einheiten aus einzelnen Systemen zusammengesetzt.Diese Arbeit beschaftigt sich mit der Modellierung und Simulation von kom-ponentenbasierten Systemen (Ebene 5) im Bereich der Mechatronik. Zur Er-zeugung eines Modells von einem System werden Bondgraphen verwendet.

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1.4. ZIELSETZUNG 9

1.4 Zielsetzung

Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, wie Ubergange zwischen verschie-denen Modellen von Systemen geschaffen werden konnen. Ziel ist es, einKonzept einer Modellier- und Simulationsumgebung zu entwickeln, welcheses erlaubt, verschiedene Perspektiven von einem System einzunehmen. DasKonzept soll dabei den dynamischen Wechsel zwischen verschiedenen Mo-dellen einer Komponente unterstutzen. Das Umschalten erfolgt ohne Verlustdes Kontextes, d.h. der Zustand des Modells wird dadurch nicht beeinflusst.

a) b)

Abbildung 1.5: Ein System als Komplexes Objekt (a) ermoglicht einfacheWechsel zwischen unterschiedlichen Sichten einer Szene (b)

Zentraler Aspekt ist die Erweiterung der Systemsicht durch Komplexe Objek-te6, die Ubergange zwischen verschiedenen Darstellungen unter Erhalt derFunktionalitat ermoglichen (vgl. Abbildung 1.5). Ein Komplexes Objekt istein Meta-Objekt, bestehend aus einem realen Vorbild, einem Simulations-modell und dessen Visualisierungen, die jeweils Sichten auf das reale Modelldarstellen.Ein Komplexes Objekt realisiert Perspektivenvielfalt auf zwei Ebenen: Bond-graphen und Darstellungen. Bondgraphen sind eine einheitliche Notation furSysteme verschiedener Domanen. Ausgehend von einem Bondgraphen lassensich aquivalente Modelle in unterschiedlichen Domanen, wie z. B. Elektrikund Mechanik, generieren. Die Darstellungen eines Komplexen Objektes bil-den weitere (nicht-) funktionale Sichten ab.Die Ziele der Arbeit sind:

• Formalisierung und Erweiterung der Komplexen Objekte

• Entwicklung eines Konzeptes zur Perspektivenvielfalt in Modellierungund Simulation

• Unterstutzung dynamischer Wechsel zwischen Perspektiven ohne Kon-textverlust wahrend der Modellierung und Simulation

6Der Begriff Komplexe Objekte ist nicht mit komplexen Objekten zu verwechseln, son-dern folgt dem Konzept von Bruns (1999), der den Namen in Anlehnung an die komplexenZahlen aus der Mathematik gewahlt hat. Um den Unterschied deutlich zu machen wirdder Begriff großgeschrieben.

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10 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Abbildung 1.6: Bondgraph eines mechanischen Systems

1.5 Beitrag und Organisation der Arbeit

Diese Arbeit leistet Beitrage zur aktuellen Forschung auf verschiedenen Ge-bieten: Modellierung & Simulation (M&S), Bondgraphen, Anwendung undImplementierung. Im Bereich der M&S wird die Diskussion uber verschie-dene Perspektiven auf Objekte aufgegriffen und durch einen eigenen Ansatzvertieft. Im Vordergrund steht dabei das Konzept von Komplexen Objek-ten, die in einer einfachen Art und Weise verschiedene Perspektiven auf einModell in sich vereinigen.Als Formalismus werden in dieser Arbeit Bondgraphen (Karnopp et al.,1990) verwendet, wegen ihrer impliziten Perspektivenvielfalt und anschauli-chen grafischen Notation. Bondgraphen beschreiben kontinuierliche Prozesseauf Basis von Energieflussen. Durch die Transformation in Differentialglei-chungen lassen sie sich numerisch losen. Ursprunglich nur fur die Simulationvon kontinuierlichen Systemen gedacht, existieren verschiedene Erweiterun-gen, um z.B. diskrete Elemente zu integrieren.Ein in der Theorie der Bondgraphen immanentes Problem ist deren Ab-straktion von der Geometrie. Wahrend die Topologie eine wichtige Rollespielt, werden viele Aspekte der Geometrie nicht berucksichtigt. Abbildung1.6 zeigt ein mechanisches System und seinen Bondgraphen, in dem z. B.die geometrische Form der Masse nicht berucksichtigt ist. Stattdessen wirddiese als Punktmasse angesehen. Ahnlich verhalt es sich bei den anderen Ele-menten. Die Feder wird auf ihre Konstante reduziert, aber die Lange undder Durchmesser bleiben unberucksichtigt: ”Principle 2: Energy exchangeswithin a system always may be represented independently of geometry, e.g.via Bondgraphs“ (Shapiro und Voelcker, 1989, S. 71). Fur viele Situatio-nen reicht es, nur die Relationen zwischen Komponenten in die Simulationeinzubeziehen. In einigen Fallen ist jedoch die Geometrie von Bedeutung,z. B. als Wegbegrenzer. Um diese Problemfalle zu behandeln, wird das Kon-zept der Constraint Bondgraphs entwickelt, mit dem sich eine Vielzahl vonProblemklassen losen lassen.Auf der Anwendungsseite steht der Prototyp der Simulationsumgebung fur

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1.5. BEITRAG UND ORGANISATION DER ARBEIT 11

Komplexe Objekte im Vordergrund. Zum einen zeigt diese, wie sich die Theo-rie in der Praxis nutzen lasst, und zum anderen stehen die Bibliotheken furWeiterentwicklungen zur Verfugung.

Vorgehensweise und Struktur

Die in der Zielsetzung vorgenommene Reduktion auf einen Formalismus unddie daraus entstehende Perspektivenvielfalt auf unterschiedlichen Ebenenspiegelt sich auch in der Vorgehensweise wider. Ausgehend von einer allge-meinen Betrachtung von Modellierung und Simulation findet eine Fokussie-rung auf Bondgraphen statt. Auf dieser Basis schließt sich ein Kapitel an, indem der Gedanke der multi-perspektivischen Modellierung und Simulationin Bezug auf aktuelle Arbeiten entwickelt und abgegrenzt wird. Ergebnisdieser Zuspitzung ist das zentrale Konzept der Komplexen Objekte. Danachwird die Diversitat von Perspektiven betont, und es findet eine Offnung derBetrachtung statt, die in der Reflexion der Ziele und des Konzeptes endet.Abschluss bildet ein Resumee und Ausblick.

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12 KAPITEL 1. EINLEITUNG

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Kapitel 2

Modellierung und Simulation

Der Begriff der Modellierung und Simulation, kurz M&S, wird unterschied-lich aufgefasst. So benutzt der VDI in seiner Richtline 3633 Simulationals Oberbegriff (vgl. Definition 2.1), wahrend u. a. Maria (1997), CarsonII (2005) und Hartmann (1996) deutlicher zwischen Modellierung und Si-mulation trennen.In diesem Kapitel findet eine Klarung des Verstandnisses von Modellierungund Simulation statt. Im Anschluss werden im Hinblick auf die weitere Ar-beit ausgewahlte Konzepte und Simulationsumgebungen vorgestellt.

2.1 Begriffsklarung

Definition 2.1. Simulation nach VDI (1996)

”Simulation ist das Nachbilden eines dynamischen Prozesses in einem Sys-tem mit Hilfe eines experimentierfahigen Modells, um zu Erkenntnissen zugelangen, die auf die Wirklichkeit ubertragbar sind. Im weiteren Sinne wirdunter Simulation das Vorbereiten, Durchfuhren und Auswerten gezielter Ex-perimente mit einem Simulationsmodell verstanden.“

Nach Maria (1997) beschaftigt sich die Modellierung mit der Abbildung desAufbaus und Verhaltens von einem System. Ein Modell ist dabei zwar ahn-lich dem betrachteten System, aber dennoch einfacher. Zur Reduzierung derKomplexitat werden einzelne Aspekte, die unwesentlich fur den Zweck derModellierung sind, nicht berucksichtigt. Diese Definition folgt dem Modell-begriff von Stachowiak1, nach dem ein Modell durch folgende Hauptmerk-male gekennzeichnet ist (Stachowiak, 1973, S. 128ff.):

1. Ein Modell ist eine Abbildung von etwas und kann selbst wieder einModell sein.

1Eine kompakte Ubersicht und Einfuhrung findet sich in Muller (1998).

13

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14 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

2. Ein Modell ist immer eine Verkurzung, da nicht alle Parameter desOriginals2 erfasst werden, sondern nur fur das Modell wichtige.

3. Ein Modell folgt einem bestimmten Zweck. Pragmatismus3.

Maria (1997) definiert Simulation wie folgt: ”A simulation of a system isthe operation of a model of the system.“ Hartmann (1996) prazisiert die-ses: ”. . .more concretely, a simulation results when the equations of the un-derlying dynamic model are solved.“ Simulation wird als der Prozess4 derBerechnung der Zustande des Modells uber die Zeit gesehen. Simulationermoglicht das Experimentieren mit einem Modell, indem z. B. Parameterverandert werden. Die Begriffe Simulation und Computersimulation werdenhier synonym verwendet.Allen Sichtweisen ist gemeinsam, dass sie M&S als iterativen Prozess auf-fassen. Dabei wird der Zyklus von Modellbildung, Simulation (Experimen-tieren) und Interpretation der Ergebnisse wiederholt durchlaufen, um einoptimales Ergebnis (in Bezug auf die Fragestellung) zu erhalten. Je nachAutor unterscheiden sich die Anzahl der Schritte des methodischen Vorge-hens.Die Motivation fur den Einsatz von Simulation ist vielfaltig. Hartmann un-terscheidet folgende wichtige Grunde:

1. ”Simulation als eine Technik zur Untersuchung von Systemdynamik

2. Simulation als ein heuristisches Werkzeug zur Entwicklung von Hypo-thesen

3. Simulation als Ersatz fur ein Experiment

4. Simulation zur Unterstutzung von Experimenten

5. Simulation als ein padagogisches Werkzeug zum Lernen von Inhalten“

(Hartmann, 1996, S. 82)Fur Vor- und Nachteile sowie eine weiterfuhrende Diskussion siehe Maria(1997), Hartmann (1996) und Carson II (2005).Hier wird der Begriff der Modellierung und Simulation als integrierter Pro-zess zwischen (a) Modellbildung, (b) Simulation des Modells und (c) derVisualisierung/Auswertung5 der Ergebnisse aufgefasst. Diese Sicht folgt da-bei der von Fishwick (1995), welcher jedoch andere Bezeichnungen wahlt:(a) Model Design, (b) Model Execution und (c) Execution Analysis.

2Ein Original kann selbst auch wiederum ein Modell sein.3Dieser Punkt ist noch feiner untergliedert, vgl. Stachowiak (1973); Muller (1998).4Hartmann (1996) spricht von

”a simulation imitates one process by another process“

(S. 81).5Die Auswertung einer Simulation kann auf unterschiedliche Arten erfolgen, wobei nicht

unbedingt immer mathematische Methoden eingesetzt werden, wie z. B. in Alexopoulos(2006) beschrieben. Oftmals findet die Darstellung wahrend der Simulation statt, z. B.durch das Ausfahren eines Zylinders.

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2.2. MODELLIERUNG 15

Abbildung 2.1: Formalismen, links: Petri-Netz eines Verkaufsautomaten(Murata, 1989, S. 544), rechts: Blockdiagramm eines Motors (Astrom et al.,1998, S. 13)

2.2 Modellierung

Modellierung bezeichnet den Prozess der Erstellung eines Modells, einer Ab-bildung, von einem betrachteten System. Doch nicht jedes Modell ist simu-lierbar. Oftmals ist dazu noch ein weiterer Transformationsschritt notwen-dig, wie z. B. bei Bondgraphen, die erst in Differentialgleichungen uberfuhrtwerden mussen (vgl. Kapitel 6). Zur Beschreibung eines Modells kann aufverschiedene, bereits bestehende Formalismen zuruckgegriffen werden.

2.2.1 Formalismen

Ein Formalismus ist eine spezielle Notation (mathematisch, iconisch, sym-bolisch, . . . ), mit der ein Modell prazise spezifiziert werden kann (Monsef,1997, S. 42). Ein Formalismus besitzt dazu eine feste Syntax und Seman-tik, wodurch sich ein Modell auf syntaktische Korrektheit uberprufen lasst.Abbildung 2.1 zeigt zwei Beispiele haufig verwendeter Formalismen: Petri-Netze und Blockdiagramme.Auch bei Formalismen gibt es verschiedene Ebenen der Abstraktion. Sowurden, um die Modellierung zu vereinfachen, hohere Konzepte bzw. Si-mulationssprachen entwickelt. Abbildung 2.2 zeigt dazu ein Beispiel, in demein System mit Differentialgleichungen und mit Bondgraphen modelliert ist.Bondgraphen arbeiten auf einer hoheren Ebene und lassen sich in Differen-tialgleichungen uberfuhren.In der Literatur wird anstatt eines Formalismus auch von modeling lan-guage, simulation language oder Beschreibungsprache gesprochen. Oftmalssind mehrere Ansatze (z. B. diskrete und kontinuierliche Elemente) in einerSprache vereinigt (z. B. Modelica, Abschnitt 2.2.3).Um ein System adaquat beschreiben zu konnen, ist die Auswahl der Be-schreibungsmethode wichtig. Nicht jede ist fur eine bestimmte Fragestellunggut geeignet. So reicht oftmals ein Formalismus nicht aus, um das System zu

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16 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

x0 =1i1

· (u0 − x0 · r1 − x1 · gy1)

x1 =1i2

· (x0 · gy1 − x1 · r2)

Abbildung 2.2: Vergleich von Formalismen, links: Differentialgleichungen,rechts: Bondgraph

beschreiben. Im Multimodellierungsansatz (engl. multimodeling approach)werden deshalb mehrere Beschreibungen in einem Modell integriert: ”Thereisn’t a single modeling language any more than there is a single natural lan-guage; instead, there are numerous instances of model languages, each goodat representing a certain type of system or a particular aspect of dynamics“(Fishwick, 1995, S. 28).

2.2.2 Zerlegung zur Reduzierung von Komplexitat

Zerlegung (engl. decomposition) ist eine Technik, um ein System durch (re-kursive) Unterteilung in und Modellierung von Subsystemen zu beschreiben.Der Grad der Unterteilung hangt von der angestrebten Detaillierung ab.Dabei unterscheidet man zwischen homogener und heterogener Zerlegung.Beim homogenen Ansatz wird ein System durch Komponenten gleicher Spra-che beschrieben, wahrend bei heterogener Zerlegung verschiedene Sprachengleichzeitig genutzt werden. Die homogene Zerlegung ist vergleichbar mitder strukturierten Programmierung wie sie u. a. in Programmiersprachen(vgl. Louden (1994)) zu finden ist, wahrend die heterogene Zerlegung furden Multimodellierungsansatz von Bedeutung ist.Das Konzept der Zerlegung stutzt sich auf die Idee, dass ein System ausverschiedenen Teilkomponenten zusammengesetzt werden kann und damitdas gleiche Verhalten wie das gesamte System erhalt (vgl. Kapitel 1, Zeigleret al. (2000)). Die Moglichkeit, ein System aus vorgefertigten Komponentenzusammensetzen zu konnen, fuhrt zur hierarchischen Zerlegung.Das Konzept der Zerlegung fuhrt zu einer Modularisierung der Systembe-schreibung. Die einzelnen Komponenten sind dabei voneinander getrenntund konnen unabhangig voneinander modelliert werden. Dabei wird dieKomplexitat eines Systems durch die Zerlegung in kleinere Komponentenreduziert, wobei sich die tatsachlich eintretende Reduzierung nicht endlosfortsetzen lasst. Ab einer gewissen Ebene ist das Modell einer Komponen-te trivial. Wird das Modell eine oder mehrere Ebenen hoher betrachtet,so scheint sich die Reduzierung wieder zu verlieren. Mikulecky (2005) hatdeshalb den folgenden Titel fur seinen Aufsatz gewahlt: ”The Circle ThatNever Ends: Can Complexity Be Made Simple?“ und kommt zum Ergebnis:

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2.2. MODELLIERUNG 17

”The circle is indeed endless and the conclusion is the beginning. Each newunderstanding changes the context of the system in a self-referential way sothat what was known is now different and this necessitates a new model toincorporate this. At this point it seems best to allow the cycle of knowing togo on without trying to elaborate further. This is the best that can be donefrom this perspective at the moment.“

2.2.3 Beispiele von Modellieransatzen

Aus der Vielfalt von Konzepten und Sprachen zur Unterstutzung der Mo-dellierung werden in dieser Arbeit exemplarisch zwei Ansatze vorgestellt:Zum einen Multipol-Modelle, wegen ihrer Kritik an Bondgraphen, und zumanderen Modelica, ein Standard, den immer mehr Simulatoren unterstutzen.

Multipole-Modelle

Multipol-Modelle beruhen auf der Zerlegung von Systemen in Subsysteme.Ein Subsystem ist durch eine Anzahl von Polen gekennzeichnet, an de-nen eine Energieinteraktion mit der Umgebung stattfindet. Jedem Pol sindacross(effort) und through(flow) Variablen zugeordnet. Zusammen mit denGleichungen fur ein Teilsystem entsteht dann die Beschreibung des Gesamt-systems.

Abbildung 2.3: Multipol-Diagramm eines hydraulischen Motors kontrolliertdurch ein Ventil (nach (Mann, 1995, S. 114))

Abbildung 2.3 zeigt ein Beispiel eines Multipol-Diagramms. CONTROL istdie Schaltkomponente fur das Ventil (verbunden mit den Polen E,F). SUP-PLY ist die Hydraulikquelle fur den Motor. LOAD modelliert die Last, dieauf den Motor wirkt. Dieses Diagramm lasst sich nun durch die mathemati-sche Beschreibung der einzelnen Komponenten und unter Berucksichtigungder Multipol-Postulate (siehe Tabelle 2.1) in ein Gleichungssystem umwan-

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18 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

Physical domain Postulate of continuity Postulate of compatibilityelectrical general Kirchhoff’s current law Kirchhoff’s voltage lawmagnetic continuity of magnetic flux Ampere’s circuital lawthermal preservation of energy zeroth law of thermodynamicsfluid or acoustic conservation of mass principle of pressure compositionmechanical dynamic equilibrium of forces principle of motion composition

Tabelle 2.1: Multipol-Postulate (Mann, 2005, Tabelle 10.2, S. 118)

deln.6 Dynast7 ist eine Simulationsumgebung fur interdisziplinare, nichtli-neare dynamische Systeme beschrieben durch Multipol-Modelle. Entwickeltwurde die Software an der Czech Technical University Prag.Multipol-Modelle sind Bondgraphen ahnlich, so sind die Postulate als spe-zielle Knoten im Graphen wiederzufinden. Auffallend ist jedoch die unter-schiedliche Darstellung der Topologie eines Systems. Bondgraphen verwen-den feste, domainunabhangige Symbole (R, C, I, . . . ), wahrend Multipol-Modelle domainspezifische Symbole benutzen, die erst zu lernen sind. DieVielfalt der Symbole (vgl. Mann (2005)) erleichtert das Verstandnis des Dia-gramms nicht.Der wohl großte Unterschied ist die Abbildung der Topologie. Nach Mann(1999) ist die Struktur der Multipole gleich der Struktur des betrachtetenSystems: ”As the topological representation of multipole models is isomorphicwith the geometrical representation of the modeled real systems, these modelscan be easily set up based on mere inspection of the systems.“ (S. 158) Beiden Bondgraphen wird von der Topologie starker abstrahiert; so werdenz. B. parallele und serielle Verbindungen durch spezielle Knoten dargestellt(vgl. Abbildung 2.4). Diese Abstraktion ist durch die Zusammenfassung vonEffort und Flow zu einem Bond bedingt (vgl. Mann (1995)).

Modelica

Modelica8 ist eine Modellierungssprache, die von einem internationalen Kon-sortium entwickelt wird. Die Modelica Association besteht aus acht Organi-sationen und 52 individuellen Mitgliedern (Stand 16.4.2007); darunter Dy-nasim, die Entwickler von Dymola, und das Institut fur Robotik and Me-chatronik des Deutschen Zentrums fur Luft- und Raumfahrt (DLR).Ziel von Modelica ist es, einen internationalen Standard fur die Beschreibungvon Simulationsmodellen und Bibliotheken zu schaffen. Hauptaugenmerkliegt dabei auf einem einfachen Austausch von Modellen und Bibliothekenzwischen Produkten unterschiedlicher Hersteller. Im Rahmen des ESPRIT

6Ausfuhrliche Beispiele finden sich in (Mann, 2005).7http://dynast.net/8http://www.modelica.org/

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2.2. MODELLIERUNG 19

Abbildung 2.4: Vergleich der Darstellung von Verbindungen zwischen Kom-ponenten in Multipol-Diagrammen und Bondgraphen: a) Zweierverbindung,b) parallele Verbindung und c) serielle Verbindung (Mann, 1995, S. 116)

Projektes ’Simulation in Europe Basic Research Working Group (SiE-WG)’wurde 1996 mit der Definition der Sprache begonnen. Die aktuelle Spezifi-kation ist Version 3.0 vom 5. September 2007.Modelica besitzt eine Reihe fortgeschrittener Eigenschaften. So konnen phy-sikalische Systeme mit Hilfe von differentiellen, algebraischen und diskre-ten Gleichungen beschrieben werden. Dabei lassen sich auch boolesche Aus-drucke integrieren, wie das Beispiel einer idealen Diode aus Elmqvist undMattson (1997) zeigt:

model Diode "Ideal diode"extends TwoPin;Boolean Closed(Start=false);equation0 = if Closed then v else i;new(Closed) = if Closed then i>0 else v>0;

end Diode;

Elmqvist und Mattson schreiben dazu: ”The first equation states that thevoltage across the diode is zero when the diode is Closed, otherwise the cur-rent is zero. The second equation is boolean stating that if the diode is Closedand the current becomes zero or negative, Closed is changed to false. On theother hand, if Closed = false and v becomes positive, then Closed is changedto true. A special operator new is used to introduce discrete state varia-bles and break direct dependencies between algebraic and boolean variables.“(Elmqvist und Mattson, 1997, S. 113) Weiterfuhrende Beispiele von Mo-delica finden sich u. a. in Elmqvist et al. (2001) und Modelica Association(2000).

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20 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

Der gezeigte Modelica-Quellcode ist die Beschreibung des Modells. Ein Si-mulator hat nun die Aufgabe den Code auszufuhren. Dieses ist nicht mehrTeil der Modelica-Spezifikation, sondern wird den Simulatoren uberlassen.Neben kommerziellen Tools existiert ein Open-Source-Projekt9 zur Imple-mentierung des Standards (Fritzson et al., 2006).Sprachen, wie z. B. ASCEND (Piela, 1989), Dymola, ObjectMath (Fritzsonet al., 1995) und SIDOPS+ (Breunese und Broenink, 1997) haben die Ent-wicklung von Modelica beeinflusst. Durch die Vereinheitlichung der Konzep-te zu einem Standard mit einer gemeinsamen Syntax und Semantik konnenKomponenten wiederverwendet und zwischen Systemen ausgetauscht wer-den.Auch wenn Modelica versucht, einen allgemein akzeptierten Standard zuetablieren, existieren einige Sprachen unabhangig davon weiter. So basiertz. B. der 20-sim Bondgraph Simulator weiterhin auf SIDOPS+.

2.3 Simulation

Der Prozess der Simulation fuhrt ein Modell aus, d.h. berechnet dessen Ver-halten uber die Zeit. Mit Hilfe der Simulation lasst sich z. B. uberprufenwie sich ein System bei Veranderungen von Parametern verhalt. Der BegriffSimulation ist wie folgt von Simulator abzugrenzen: Ein Simulator ist eineUmgebung, die ein Modell ausfuhrt, wahrend die Simulation Regeln vorgibt,wie das Verhalten eines Formalismus berechnet wird.Das Beispiel der BMW Group zeigt den Stellenwert von Simulation in derindustriellen Anwendung, die dort als wesentlicher Bestandteil der System-gestaltung angesehen wird. Lang (2006) hebt zwei Aspekte hervor: Metho-disches Vorgehen und Interoperabilitat. Aufgrund der Komplexitat der Mo-delle fordert Lang zunachst eine Abstraktion, um ein allgemeines System-verstandnis zu bekommen. Erst danach ist es ”sinnvoll, Modelle zu detail-lieren um den Anspruch einer genauen Realitat zu erfullen.“ (Lang, 2006)Um Simulation effektiv einsetzen zu konnen, ist neben dem methodischenVorgehen wichtig, dass sich einzelne Simulationstools in die Prozesskette in-tegrieren lassen: ”Die Standardisierung der Sprachen, der Methoden und desModellaustausches werden das Fundament der Simulation bilden.“ (Lang,2006)Allgemein unterscheidet man drei Klassen von Simulationen (Diskret, Konti-nuierlich und Hybrid), die im Folgenden vorgestellt werden. Eine gute Uber-sicht bietet Breitenecker (2006), der kontinuierliche und diskrete Ansatze so-wie Herausforderungen an zukunftige Simulatoren beschreibt. Breiteneckersieht die Herausforderung in der Kombination von kontinuierlicher und dis-kreter Simulation in Zusammenhang mit Modellen, die in unterschiedlichen

9OpenModelica http://www.ida.liu.se/pelab/modelica/OpenModelica.html

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2.3. SIMULATION 21

Formalismen beschrieben werden. Fur eine Darstellung der Entwicklung kon-tinuierlicher Simulation sei ferner auf Astrom et al. (1998) verwiesen. Nance(1993) beschreibt die geschichtliche Entwicklung der Programmiersprachenfur diskrete Simulation.

2.3.1 Diskrete Simulation

Diskrete Simulation arbeitet ereignisorientiert, d.h. Veranderungen gesche-hen an bestimmten Zeitpunkten. Nur an diesen Punkten kann sich der Zu-stand andern; die Vorgange dazwischen werden nicht betrachtet. So wirdz. B. die Bearbeitung eines Objektes durch eine Maschine nur durch die Be-arbeitungszeit abgebildet. Abbildung 2.5 zeigt ein Beispiel einer flexiblenFertigungsanlage.

Station Arbeitsgang Bearbeitungszeit [s]A1 Be- und Entladen von Paletten 15.0A2 Prozess 1 60.0... ... ...

Abbildung 2.5: EUROSIM Referenzmodell einer flexiblen Fertigungsanlage(Krauth, 1991)

Als ein Standard in diesem Bereich hat sich der DEVS (Discrete Event Sy-stems Specification) Formalismus (Zeigler et al., 2000) entwickelt. Verschie-dene diskrete Formalismen, z. B. Petri-Netze und Warteschlangen, konnenauf DEVS abgebildet werden. Die Standardisierung von DEVS wird durchdie SISO und SCS Organisation gefordert.10 Ziel der Aktivitaten ist es, eineeinheitliche Notation des Formalismus zu erhalten.

2.3.2 Kontinuierliche Simulation

Die kontinuierliche Simulation betrachtet das Verhalten eines Systems stetiguber die Zeit. Anderungen konnen jederzeit eintreten und sind unabhangig

10DEVS Standardization Group: www.sce.carleton.ca/faculty/wainer/standard/

6.6.2007SISO: Simulation Interoperability Standards Organization, www.sisostds.org 6.6.2007SCS: Society for Modeling and Computer Simulation International, www.scs.org 6.6.2007

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22 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

von speziellen Zeitpunkten. Die Modellierung erfolgt mit Differentialglei-chungen, die mit numerischen Integrationsverfahren wahrend der Simulationgelost werden (vgl. Abbildung 2.6).

Bewegungsgleichung des Pendels: ml · ϕ = −mg · sinϕ − dl · ϕAbbildung 2.6: Simulation News Europe Comparison 7: Constrained Pen-dulum Breitenecker (1993)

2.3.3 Hybride Simulation

Hybride Simulation kombiniert diskrete und kontinuierliche Anteile mitein-ander. Gekoppelt werden die Systeme, indem Veranderungen in kontinuier-lichen Werten Ereignisse auslosen konnen und Ereignisse Sprunge im kon-tinuierlichen Verhalten anregen konnen. Beispiele fur das Auslosen von Er-eignissen sind z. B. die Uberschreitung von einem Schwellenwert oder eineKollision.

2.3.4 Beispiele von Simulatoren

Im Hinblick auf die weitere Arbeit werden Simulatoren fur Bondgraphenvorgestellt. Die Auswahl ist unvollstandig und erfolgte auf Basis von indivi-duellen Eigenschaften der Programme.

20-sim, http://www.20sim.com/

20-sim ist ein bekannter und verbreiteter Simulator fur Bondgraphen. 20-sim wird von der Firma Controllab Products entwickelt und basiert aufverschiedenen Entwicklungen der Universitat Twente:

• Technical University of Twente SIMulation (TUTSIM)Eine in den 70er-Jahren entwickelte Simulationsumgebung.

• Computer-Aided Modeling Analysis and Simulation (CAMAS)CAMAS ist ein PhD-Projekt von Jan Broenink. Im August 1995 wurdees unter dem Namen 20-sim veroffentlicht.

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2.3. SIMULATION 23

• Modeling and Analysis eXpert system (MAX)MAX is ein Expertensystem fur Modellierung und Simulation, das in20-sim integriert wurde. Es ist ein PhD-Projekt von Theo de Vries,Arno Breunese und Johannes van Dijk.

Intern basiert das Programm auf SIDOPS+ (Breunese und Broenink, 1997),einer Simulationssprache, die exklusiv fur 20-sim entwickelt wurde. Nebender Beschreibung des Modells durch Gleichungen und Verbindungen zwi-schen Komponenten sind auch die Definitionen von Icons, Texten und an-deren Grafiken enthalten.

MS1, http://www.lorsim.be/

MS1 ist eine Modellier- und Simulationsumgebung fur kontinuierliche Sys-teme. Die Modellbeschreibung erfolgt durch nicht kausale Bondgraphen,Blockdiagrammen und Gleichungen. Daruber hinaus existiert die Moglich-keit, FORTRAN und C Routinen aus dem Modell aufzurufen. Die Simu-lation selbst wird durch externe Module (z. B. Matlab) durchgefuhrt. Lauteigenen Angaben wurden Modelle mit bis zu 80 000 Zustandsvariablen er-folgreich getestet.

Symbols Shakti, http://www.htcinfo.com/

Symbols ist ein Akronym fur SY stem M odeling by BOndgraph Languageand S imulation. Symbols ist den eigenen Angaben nach ein industrietaug-licher Simulator, der auch große Graphen verarbeiten kann. Die konkreteGroßenordnung wird jedoch nicht erwahnt.Symbols bietet die Moglichkeit, Parameter wahrend der Simulation zu ver-andern (HighTech Consultants, 2005, Seite 3). Ein weiteres interessantesFeature ist das Beschreiben des Verhaltens von Komponenten durch eineTabelle. Mit Hilfe der Funktionen Polyfit oder Curvefit werden die Werteangenahert und ’kontinuisiert’.Im Beispiel aus Abbildung 2.7 wird die Charakteristik eines elektrischen Um-setzers durch eine Tabelle beschrieben. Wahrend der Simulation werden dieWerte durch eine Polynom vierter Ordnung angenahert: SE12=-PolyFit(Q9,4, B, H, 19). Die Funktion PolyFit berechnet in Abhangigkeit von Q9und den Werten von B und H den aktuellen Wert fur den Effort von SE12.Octave ermittelt folgendes Polynom 4. Grades (siehe auch Abbildung 2.8):

octave:1> B = [-1.401, -1.40, ... , 1.40, 1.401];octave:2> H = [-10000, -2020, ..., 2020, 10000];octave:3> p = polyfit(B, H, 4);octave:4> pp = 4.5796e-12 2.1419e+03 -9.6276e-12 -1.3690e+03 2.1502e-12

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24 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

Abbildung 2.7: Tabellenbasierte Charakteristik von Parametern (HighTechConsultants, 2005, Seite 19f.)

Dymola, http://www.dynasim.se/

DymolaTM(Dynamic Modeling Laboratory) ist ein Produkt von Dynasim,welches die hierarchische Komposition und Wiederverwendung von Model-len aus unterschiedlichen Domanen unterstutzt. Verbindungen werden ohneKausalitat betrachtet. Die aktuelle Version von Dymola basiert komplett aufModelica und kann deshalb auf viele Ressourcen zuruckgreifen. In Elmqvistet al. (1994) wird die fruhere Version beschrieben, wobei die Ahnlichkeit zuModelica auffallt, die sich auf den ersten Blick nur im Syntax unterscheiden.Tatsachlich wurden viele Aspekte in Modelica ubernommen.

Intern unterscheidet Dymola zwei Zustande: Modellierung und Simulation.Wahrend der Simulation kann das Modell nicht geandert werden.

In Dynasim (2002), S. 14, ist die Architektur von Dymola beschrieben. Sehrinteressant ist der Ubersetzer von Modelica nach C. Dieser Code kann auchin Matlab/Simulink und zur sog. Hardware-In-The-Loop-Simulation genutztwerden. Dazu wird unter anderem die Platform xPC von Mathworks un-terstutzt (vgl. Ledin et al. (2003)). xPC beinhaltet einen speziellen Compi-ler, der ein optimiertes Echtzeitmodell des Systems erstellt.

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2.4. ZUSAMMENFASSUNG 25

-10000

-5000

0

5000

10000

-1.5 -1 -0.5 0 0.5 1 1.5

’BH’p(x)

Abbildung 2.8: Annaherung der tabellarisch definierten Werte durch einPolynom vierter Ordnung

2.4 Zusammenfassung

Ausgehend von einer Problemstellung wird ein Modell formuliert, welchesanschließend simuliert wird. Entsprechen die Ergebnisse nicht den Anforde-rungen, so konnen entweder Parameter in der Simulation oder das Modellselbst geandert werden. Diese Iteration erfolgt so lange, bis die Ergebnissedie vorher gestellten Anforderungen erfullen.

Abbildung 2.9: Modellierung und Simulation als iterativer Prozess

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26 KAPITEL 2. MODELLIERUNG UND SIMULATION

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Kapitel 3

Modellierung mitBondgraphen

Bondgraphen sind eine visuelle und strukturelle Beschreibungsmethode furSysteme, die das dynamische Verhalten aus einer kontinuierlichen Sicht be-schreiben. Sie sind dabei unabhangig von der Domane des betrachteten Sy-stems (z. B. Elektrik, Mechanik oder Hydraulik). Bondgraphen sind einemachtige und elegante Methode, gerade wenn verschiedene Domanen in ei-nem System vorkommen. Eine wichtige Eigenschaft ist die automatischeHerleitung von Differentialgleichungen durch einen Algorithmus. Somit bie-ten sie nicht nur eine visuelle Beschreibung, sondern eignen sich auch fur dieSimulation im Computer.Bondgraphen sind gerichtete Graphen, wobei Knoten idealisierten Beschrei-bungen von physikalischen Vorgangen entsprechen. So wird z. B. der KnotenR allgemein fur den Widerstand verwendet. In der Mechanik steht R dabeifur Reibung und in der Elektrik fur den elektrischen Widerstand. Kantenstellen den Energiefluss zwischen Elementen im System dar.

Abbildung 3.1: Bondgraph Beispiel (Banerjee, 2005, S. 123)

Abbildung 3.1 zeigt ein Beispiel eines Bondgraphen aus dem Bereich der Me-chanik. Zur Veranschaulichung ist daneben die Schemazeichnung abgebildet.Im Beispiel ist die Struktur des Graphen dem mechanischen Aufbau nochrelativ ahnlich. Ungewohnlich erscheint die Behandlung von parallelen und

27

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28 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

seriellen Verbindungen durch 1 bzw. 0 Knoten (vgl. Abschnitt 2.2.3). Bei zu-nehmender Komplexitat ist ein Zusammenhang nur noch schwer erkennbar.

Abbildung 3.2: Zvezda, Service Module and Space Shuttle CAMP-G Bond-graph Model Mission (aus Montgomery und Granda (2003))

Abbildung 3.2 zeigt die Modellierung des Zvezda Service-Moduls und SpaceShuttle mit Bondgraphen. Die vorgenommene Gruppierung und Bezeich-nung hilft, Teile des Bondgraphen dem Original zuzuordnen, was ansonstennur schwer moglich ware. Ein weiteres Einsatzgebiet ist z. B. die Beschrei-bung von Fahrdynamiken von Autos (Kramer, 2001).Das Konzept wurde 1959 von Paynter am Massachusetts Institute of Tech-nology (MIT) entwickelt und von Karnopp, Margolis und Rosenberg fur diepraktische Verwendung weiterentwickelt. In Paynter (1961) wurde das Kon-zept zum ersten Mal publiziert. Ein Standardwerk ist das 1968 in Erstaufla-ge erschienene Buch System Dynamics - A unified approach. Eine Ubersicht

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3.1. ALLGEMEINER AUFBAU UND KONZEPTE 29

der geschichtlichen Entwicklung findet man in (Borutzky, 2004, S. 1ff.). AlsReferenzmaterial sei hier unter anderem auf Broenink (1999) und Karnoppet al. (1990) verwiesen.

3.1 Allgemeiner Aufbau und Konzepte

Bondgraphen modellieren den Energiefluss in geschlossenen Systemen, wo-bei der Austausch die Dynamik des Systems beschreibt. Ein System ist auseinzelnen Elementen zusammengesetzt. Bonds zwischen diesen stellen denAustausch von Energie dar. Abbildung 3.3 zeigt das zugrunde liegende Sche-ma.

Abbildung 3.3: Interaktion zwischen Elementen in Bondgraphen

Ein Element besitzt so genannte ’Ports’, an denen der Austausch mit derUmgebung stattfindet. Energie fließt dabei in beide Richtungen durch dieBonds. Der Austausch von Energie ist definiert durch

E(t) =∫ t

0P (t)dt =

∫ t

0e(t) · f(t)dt (3.1)

Der Energiefluss ist durch die Variablen Effort e und Flow f charakterisiert,die den Verbindungen (Bonds) zugewiesen werden. Darauf basierend lassensich folgende Konzepte ableiten:

• Power (augenblickliche Leistung1): P (t) = e(t) · f(t)

• Momentum (Bewegungsenergie): p(t) = p0 +∫ t0 e(t)dt

• Displacement (Versatz): q(t) = q0 +∫ t0 f(t)dt

Tabelle 3.1 ordnet die abstrakten Konzepte (Effort, Flow, Momentum, Dis-placement) von Bondgraphen Auspragungen in den Domanen Mechanik,Elektrik, Hydraulik und Okonomie zu. Gleichzeitig wird die Machtigkeit desKonzeptes deutlich, mit dem sogar Vorgange aus der Okonomie beschriebenwerden konnen.

1Wenn sich die Leistung mit der Zeit andert, wird von einer augenblicklichen Leistung(im Englischen instantaneous power) gesprochen. Siehe dazu (Kuchling, 1988, S. 80).

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30 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

Mechanic Electric Hydraulic EconomyEffort e Force F [N] Voltage U

[V=Nm/C]Pressure pa(N/m2)

Unit price[$/unit]

Flow f Velocity v[m/s]

Current I[A=C/s]

Volumeflow Q(m3/s)

Order flow,commodityflow [unit/-period]

Momentum p MomentumP [Ns]

Flux linka-ge λ [Vs]

Pressuremomentumpp [Ns/m2]

Investmentimpulse[$/unitperiod]

Displacementq

DisplacementX [m]

Charge q[C=As]

Volume V[m3]

Order [unit]

Power P [Nm/s] [W=Nm/s] [Nm/s] Money flow[$/period]

Energy E [Nm] [J=Ws=Nm] [Nm] Money [$]

Tabelle 3.1: Bondgraph-Konzepte und -Einheiten (aus Gero und Tsai (2004))

3.1.1 Richtung des Energieflusses

Der Austausch zwischen Elementen ist bi-direktional, d.h. Energie fließt inbeide Richtungen. Die Richtung des Energieflusses wird durch einen Pfeil(⇀) angegeben, d.h. die positive Richtung von Effort und Flow. In mecha-nischen Systemen entspricht dieses den positiven Richtungen von Bewegun-gen und Kraften. Als Konvention gilt dabei: Positiv aus Quellen heraus, inI, C und R Elementen hinein (Absorption) und zwischen 0 und 1 Knotenundefiniert.

3.1.2 Kausalitat

Kausalitat beschreibt die Quelle von Effort und Flow zwischen Elementen:Ursache-Wirkung-Prinzip. Banerjee erklart das Konzept wie in Abbildung3.4 gezeigt: Der Strich gibt die Quelle des Flows an; Effort wird von deranderen Seite bestimmt. Ein Element definiert entweder Effort oder Flow,aber nicht beide.Tabelle 3.2 zeigt die Kausalitat der Elemente und ihre Einschrankungen. Eswird zwischen verschiedenen Kausalitatsregeln unterschieden: vorgegebene,bevorzugte und undefinierte. Vorgegebene Regeln sind unbedingt einzuhal-ten (0, 1, SE, SF), wahrend bevorzugte unter Umstanden verletzt werdenkonnen (I, C).Kausalitat lasst sich algorithmisch bestimmen. In Ausnahmefallen lassensich auftretende Konflikte nur durch eine Anderung der Modellierung auflo-sen. Stromberg et al. sehen die Zuweisung der Kausalitat als Teil des Simu-

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3.2. ELEMENTE VON BONDGRAPHEN 31

Abbildung 3.4: Die Konvention der Kausalitat (Banerjee, 2005, S. 119)

Element KausalitatsregelSE EffortSF Flow0 Einmal Flow, sonst Effort1 Einmal Effort, ansonsten Flow

TF Einmal Effort und einmal FlowGY Zweimal Effort oder zweimal FlowC Bevorzugt Effort (integrale Kausalitat)I Bevorzugt Flow (integrale Kausalitat)R Undefiniert

Tabelle 3.2: Kausalitat der Elemente (nach Banerjee (2005);Junglas (2005))

lationsalgorithmus an: ”One should rather consider generating causality asan extension of the simulation algorithm.“ (Stromberg et al., 1993) Ausfuhr-licher wird diese Thematik in Abschnitt 6.2 beschrieben.

3.2 Elemente von Bondgraphen

Bondgraphen bestehen aus neun verschiedenen Knotentypen: SE, SF, 0, 1,R, C, I, TF, GY. Bei den Elementen wird zwischen 1-Port (SE, SF, R, C, I),2-Port (TF, GY) und Multiport (0, 1) oder allgemein n-Ports unterschieden.N gibt dabei die Anzahl von Schnittstellen (hier als Ports bezeichnet) mitder Umgebung an.

Quellen

Quellen bringen externe Energie in das System. Ein Beispiel ist die Stromver-sorgung in elektrischen Schaltungen. Dabei werden zwei Typen von Quellenunterschieden: SE (SE⇀) und SF (SF⇀). SE liefert Effort (z. B. Kraft) undSF Flow (z. B. Geschwindigkeit).

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32 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

Widerstand

Der Widerstand (⇀ R) verbraucht Energie. Dabei wird angenommen, dasssich verbrauchte Energie durch folgende lineare Beziehung beschreiben lasst.

f =1R

e ⇔ e = Rf (3.2)

Kapazitat

Kapazitat (⇀ C) ist ein Speicher fur ’Displacement’. In der Elektrik ent-spricht C dem Kondensator, der Ladung speichert. Analog speichert dieFeder Ladung durch den Versatz. In diesem Zusammenhang wird von po-tentieller Energie (Energie der Lage) gesprochen.

e =1C

∫fdt ⇔ f = C

de

dt(3.3)

Induktion

Ein induktives Element (⇀ I) speichert kinetische Energie (Energie derBewegung). Beispiele sind Spulen oder Massen.

f =1I

∫edt ⇔ e = I

df

dt(3.4)

Knotenpunkte

Knotenpunkte verbinden verschiedene Teilsysteme untereinander. Der 0-Knotenpunkt erhalt Effort, der 1-Knoten Flow. Es handelt sich dabei um ei-ne Verallgemeinerung der zwei Kirchhoff’schen Gesetze (vgl. Grehn (1988)).Oftmals wird der 1-Knoten als seriell und 0 als parallel bezeichnet.2

Der 0-Knotenpunkt ist definiert durch

e0 = e1 = ... = en,n∑

i=0

fi = 0 (3.5)

und der 1-Knotenpunkt durch

f0 = f1 = ... = fn,n∑

i=0

ei = 0 (3.6)

2Vereinzelt finden sich auch die Bezeichnungen s bzw. p, was aber nicht dem Standardentspricht.

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3.3. KOMPONENTENBASIERTE MODELLIERUNG 33

Transformator

Der Transformator-Knoten (⇀ TF ⇀) ubertragt Leistung ohne Verlustevon der primaren zur sekundaren Seite mit einer Ubersetzung μ. In derMechanik sind Zahnrader ein typisches Beispiel. Aus e1f1 = e2f2 folgt:

f2 = μf1, e2 =1μ

e1 (3.7)

Gyrator

Ein Gyrator (⇀ GY ⇀) wandelt Effort in Flow um. Dabei gilt:

e2 = μf1, e1 = μf2 (3.8)

Ein elektrischer Motor ist ein Beispiel eines Gyrators: Die Rotationsge-schwindigkeit ist proportional zur Eingangsspannung.

3.3 Komponentenbasierte Modellierung

Mit einem Bondgraphen wird ein abgeschlossenes System modelliert. Kom-men im System mehrere gleiche Komponenten vor, so enthalt der Graphwiederkehrende Elemente, die jeweils von Hand hinzugefugt werden mussen.Diese Art der Modellierung ist bei kleinen Systemen noch moglich, wird aberschnell ineffektiv. Besser ware es, wenn Komponenten zur Verfugung ste-hen, die in den Graphen einfugt und mit anderen Teilen verbunden werdenkonnen.Komponentenbasiertes Modellieren ist eine Moglichkeit zur Reduktion vonKomplexitat, denn die vorgefertigten Elemente ermoglichen einen effizien-ten Aufbau von komplexen Schaltungen. Da Komponenten ihrerseits wiederKomponenten enthalten konnen, ist eine hierarchische Dekomposition einesSystems moglich.Um bestimmte Teile eines Graphen zu einer Komponente zusammenfassenzu konnen, wird eine Notation von Ports benotigt, die Schnittstellen zwi-schen den Elementen definieren. Es handelt sich dabei um logische Knoten,die unter Verwendung von 0-Knoten implementiert werden. Ports ermogli-chen den Bondgraphen an beliebigen Stellen zu schneiden und zusammen-zufugen. Verbindungen zwischen Komponenten sind nur an den Ports moglich,welche die eigentliche Implementierung verstecken.Abbildung 3.5 zeigt ein Beispiel, in dem der Bond vor dem Gyrator-Knotenaufgetrennt wird. Ports werden durch 0-Knoten erstellt.Die eingefuhrten Ports fungieren dabei als Platzhalter und sind nur fur dieModellierung wichtig. Sie haben keine Auswirkungen auf die Eigenschaftendes Bondgraphen. Zusammengefugt werden die Graphen durch Bonds (siehe

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34 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

a) b)

Abbildung 3.5: Schneiden von Bondgraphen. Zur besseren Unterscheidungder Ports gegenuber ’normalen’ 0 Knoten werden diese invertiert dargestellt.

Abbildung 3.6). Vergleicht man den Ausgangsgraphen mit dem zusammen-gefugten, so fallt auf, dass sie strukturell nicht identisch sind. Jedoch giltfolgende Vereinfachungsregel: A ⇀ 0 ⇀ B wird zu A ⇀ B.3

Abbildung 3.6: Zusammenfugen von Subgraphen

Ports definieren einige Randbedingungen. Jede Kante kann durch einen Portgeschnitten werden. Die Orientierung der zwei erzeugten Bonds ist gleichdem ’aufgeschnittenen’. Die positive Richtung der Leistung bestimmt ob einKnoten Eingang oder Ausgang ist.

3.4 Bondgraph-Erweiterungen

Es existieren verschiedene Erweiterungen der Bondgraphen, um neue Aspek-te zu erganzen oder bestehende Begrenzungen zu mindern. Die vorgestelltenErweiterungen zeigen deren Vielfalt, ohne Anspruch auf Vollstandigkeit zuerheben.

3.4.1 SysML

Turki und Soriano (2005) beschreiben eine Erweiterung von SysML zur Mo-dellierung von Bondgraphen. SysML ist eine standardisierte Modellierungs-sprache fur systems engineering-Anwendungen. Sie unterstutzt die Spezi-fikation, Analyse, das Design und die Verifikation von Systemen (SysML,2006). SysML basiert auf einem modifizierten Modell der Unified ModelingLanguage (UML). Abbildung 3.7 zeigt eine Ubersicht der verschiedenen Ele-mente eines SysML-Diagramms und die Unterschiede zu UML.

3Nach Gleichung (3.5) gilt: e1 = e2 und f1 − f2 = 0 ⇔ f1 = f2

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3.4. BONDGRAPH-ERWEITERUNGEN 35

SysML Diagram

StructureDiagram

BehaviorDiagram

Use CaseDiagram

ActivityDiagram

Internal BlockDiagram

Block DefinitionDiagram

SequenceDiagram

State MachineDiagram

ParametricDiagram

RequirementDiagram

Modified from UML 2

New diagram type

Package Diagram

Same as UML 2

Abbildung 3.7: SysML Ubersicht und Vergleich mit UML (aus (Friedenthalet al., 2006, S. 18))

SysML benutzt einen integrierten Ansatz, um die Spezifikation verschiedenerAspekte eines Systems zusammenzufassen. Dazu zahlen u. a. Anforderungen,Verhalten, Struktur und Komponenten.

3.4.2 Bondgraphen und genetische Programmierung

Seo et al. (2003) stellen eine Methode zur automatischen Synthese eines De-signs dynamischer Systeme dar. Mit Hilfe von genetischen Algorithmen (vgl.Michalewicz (1999)) werden automatisch Bondgraphen erzeugt. Abbildung3.8 zeigt die Hauptmerkmale des Konzeptes. Wahrend Bondgraphen einunified design unabhangig von der betrachteten Domane bieten, konnen mitgenetischen Algorithmen automatisch Systeme erzeugt werden (automateddesign). Als eine Anwendung wird die Erzeugung von optimalen Bondgra-phen fur Filter genannt.

Automated Design

Unified Design

• Electric • Mechanical • Hydraulic

• Embryo • Fitness Definition

BG/GP design

Abbildung 3.8: Hauptmerkmale des Bondgraph-Konzeptes und genetischerProgrammierung (aus Seo et al. (2003))

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36 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

3.4.3 Multi-Bondgraphen

Multi-Bondgraphen sind eine vektorielle Erweiterung der ’normalen’ Gra-phen. An Stelle einer Variablen fur Effort und Flow wird ein n-dimensionalerVektor benutzt:

e1

e2

e3f2

f1

f3

e

f3

single bonds multibond , mit e = (e1, e2, e3) und f = (f1, f2, f3).Damit lassen sich mehrdimensionale Prozesse, z. B. Bewegungen von Korpernim Raum modellieren. Fur Beispiele und eine Einfuhrung siehe Zimmer(2006).

3.4.4 Switched Bondgraphen

Stromberg et al. fuhren Switched Bondgraphen ein, um Schaltvorgange bes-ser abbilden zu konnen. ”Ideally, switching occurs within times very shortwith respect to the overall timescale of the system and without power loss.The problem is that the essentially continuous character of the mathematicalrepresentation is unsuited for modelling this type of behaviour.“ (Stromberget al., 1993) Mit der mathematischen Reprasentation sind die zugrunde lie-genden Differentialgleichungen gemeint. Um die auftretende variable Kausa-litat und die Unstetigkeit systematisch zu kontrollieren wird der Bondgraphum einen ’idealen Schalter’ (Sw) erweitert (vgl. Abbildung 3.9).

Abbildung 3.9: Idealer Schalter in Switched Bondgraphen (aus Stromberget al. (1993)). Die boolesche Variable m reprasentiert den Status des Schal-ters.

3.4.5 Hybride Bondgraphen

Um diskrete Schaltvorgange behandeln zu konnen fuhrt Mosterman (2002)hybride Bondgraphen ein. Diese enthalten das Konzept einer kontrolliertenVerbindung um Nicht-Stetigkeiten und die daraus resultierende Undifferen-zierbarkeit behandeln zu konnen.Das Konzept ist eine Erweiterung der Switched Bondgraphen, die von Mo-sterman und Biwas kritisiert werden:

• ”It is unnatural to consider switches as bond graph elements; unlikeother Bondgraph elements they have no energy-related functions.

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3.4. BONDGRAPH-ERWEITERUNGEN 37

• Switches represent transient elements; their behavior is based on con-trol logic rather than physical concepts.“

(Mosterman und Biswas, 1995)Stattdessen wird ein hybrides Schema, bestehend aus den Bondgraph-Ele-menten und einem endlichen Automaten, fur die kontrollierten Verbindun-gen eingefuhrt. Dadurch findet keine Vermischung zwischen der Energie- undKontrollwelt statt.

p1 p2

CON OFFC

1

R

R R

0 01Sf

R12

Rb1 Rb2

C1 C2C C

1

R

R R

0 01Sf

R12

Rb1 Rb2

C1 C2

p1 p2

01 11

0 1Se:0

Sf:0

ON ONOFF OFF

Abbildung 3.10: Kontrollierte Verzweigungen in HyBrSim (Mosterman,2002)

Abbildung 3.10 zeigt die Idee der kontrollierten Knotenpunkte. Ein Knotenverhalt sich dabei wie ein idealer Schalter: Ein nicht aktiver (off ) 0-Knotenerzwingt einen 0 Effort, ein nicht aktiver 1-Knoten einen 0 Flow. Sind dieKnoten aktiv (on), so verhalten sie sich wie normale 0 oder 1-Knoten. Derendliche Automat wird benutzt, um den Zustand des Schalters zu ermitteln.Der Zustand wird u. a. durch externe Ereignisse, aber auch von Effort oderFlow beeinflusst. Ein externes Event ware z. B. das Umlegen eines Schaltersper Mausklick. Bei einem Relais kann die Entscheidung in Abhangigkeit desSchaltstroms getroffen werden.

3.4.6 Hyper-Bonds

Die Grundidee der Hyper-Bonds ist es, einen Bondgraphen an einem beliebi-gen Bond in zwei Subsysteme zu schneiden und diese durch ein Hyper-Bond-Subnetz miteinander unter Beibehaltung des ursprunglichen Verhaltens zuverbinden: A ⇀ B ⇔ A ⇀ HB ⇀ B.4

Hyper-Bonds sind Energie basierte Schnittstellen, die zwischen Subsystemenvermitteln (vgl. dazu Bruns (2004)) und bi-direktionale Ubergange zwischenRealitat und Virtualitat ermoglichen. Dadurch lassen sich Simulationen mit

4Die Aquivalenz ist theoretisch und praktisch”restricted only by signal transmission

time and sensor/generator characteristics“ (Bruns, 2004).

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38 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

Abbildung 3.11: Simulation mit realen und virtuellen Komponenten in DE-RIVE. Die reale Luft setzt sich im Virtuellen fort und lasst den Zylinderausfahren. (Projektfoto artec)

realen und virtuellen Komponenten realisieren (vgl. Abbildung 3.11). Imple-mentiert ist dieses Konzept prototypisch fur diskrete, Event basierte Syste-me (siehe DERIVE, Abschnitt 4.6.3). Kontinuierliche Systeme werden vonBruns (2004) und Yoo (2007) betrachtet. Yoo merkt an, dass die Darstellungvirtueller Subsysteme in der Bondgraph-Notation unvollstandig ist, da sienicht zwischen diskreter und kontinuierlicher Zeit trennt. Deshalb fuhrt er ei-ne neue Notation fur virtuelle Bondgraph-Subsysteme ein. Diese ermoglichtes kontinuierliche und diskrete Bondgraphen in einem Graphen zu beschrei-ben und mithilfe eines Hyper-Bonds zu koppeln. Siehe dazu (Yoo, 2007, S.101ff.).

3.4.7 Constraint Bondgraphs

Das Konzept der Bondgraphen abstrahiert stark von den zu simulierendenObjekten und uberfuhrt diese in einen Graphen, der die energetischen Bezie-hungen modelliert. Dabei wird die Geometrie des Originals nicht vollstandigberucksichtigt, wie z. B. Ausmaße von Massen. Probleme im Verhalten tre-ten immer dann auf, wenn geometrische Randbedingungen nicht durch C-,I- und R-Knoten ausgedruckt werden konnen.Abbildung 3.12 zeigt schematisch das geometrische Modell eines doppeltwirkenden Zylinders und seinen Bondgraphen. Der Zylinder fahrt einen be-stimmten Weg (ein/aus) und wird dann, bedingt durch das Gehause, ge-stoppt. In der Simulation des Bondgraphen fahrt der Zylinder jedoch end-los aus/ein und stoppt nicht am Anschlag (die Auslenkung wird als

∫v dt

berechnet). Die berechnete Geschwindigkeit v ist korrekt, aber bei der Be-rechnung der Zylinderposition werden die Anschlage links und rechts nicht

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3.4. BONDGRAPH-ERWEITERUNGEN 39

Abbildung 3.12: Doppelt wirkender Zylinder: Geometrisches Modell undBondgraph (nach Bruns und Erbe (2005))

berucksichtigt. Diese begrenzen die Auslenkung auf das Intervall [min; max].McGregor et al. (1999) weisen auf die Wichtigkeit der Begrenzung hin: ”Atthis point, it is important to include a significant feature of the model: thereed displacement x>x 0 (x 0 is a constant) as its motion is constrained bythe mouthpiece“.

Borutzky beschreibt eine Moglichkeit, Modelle mit variabler Struktur be-handeln zu konnen (Borutzky, 2004, Kapitel 7). Dort schreibt er: ”If thedisplacement of a body is limited by a stop, [. . . ], then a straightforward mo-delling approach is to model the stop by means of a spring damper pair“.Jedoch schrankt er die Aussage gleich wieder ein, denn der Bondgraph (Ab-bildung 3.13 a)) gilt nur, solange ein Kontakt mit dem Stopper besteht. Umdennoch beide Falle in einem Graphen behandeln zu konnen, muss die Cha-rakteristik des Feder-Dampfer-Systems angepasst werden (Abbildung 3.13b)).

a)

Se ��F

1 ��FC

C :1

kstop

��

R : R

��x

I : m

b)

������������

FC

F0

xxstop

kspring

kspring + kstop

Abbildung 3.13: System mit variabler Struktur: a) Bondgraph eines RigidBody und Stop, b) Dynamische Anpassung des Feder-Dampfer-Systems (aus(Borutzky, 2004, S. 228f.))

Hier wird die Idee der Constraint Bondgraphs verfolgt, die Randbedingungenohne zusatzliche Modellierung integrieren. Außere Randbedingungen werdendurch Begrenzung der Werte fur Momentum und Displacement berucksich-tigt. Im Fall des doppelt wirkenden Zylinders geschieht dieses durch folgen-den Constraint fur Displacement: 0mm ≤ ∫

v dt ≤ 100mm.

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40 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

Definition 3.1. Constraint BondgraphsEin Constraint Bondgraph definiert Einschrankungen fur Momentum undDisplacement. Diese wirken sich nicht auf die Berechnung der Differential-gleichungen aus, sondern begrenzen nur die Integrale uber Effort bzw. Flow.

Definition 3.1 beschreibt das Konzept der Erweiterung. Außere Randbedin-gungen werden durch Constraints fur Momentum und Displacement reflek-tiert. Hiermit konnen nur statische Bedingungen erfasst werden, was in denmeisten Fallen ausreichend ist. So z. B. beim doppelt wirkenden Zylinder,der sich nun korrekt(er) verhalt.

Implementiert ist Definition 3.1 durch vier Attribute, die an einem Bond spe-zifiziert werden konnen: momentum-{min, max} sowie displacement-{min,max}. Jedes Attribut ist optional, d.h. es konnen auch offene oder gar keineIntervalle spezifiziert werden. Im Zusammenhang mit dem Attribut calcula-te5 werden die Min-/Max-Werte automatisch berucksichtigt.

Abbildung 3.14: Erweitertes Constraint-Konzept. Dynamische Randbedin-gungen werden durch die Erkennung von Kollisionen erkannt und fuhren zueiner Veranderung der Constraints.

Die folgende Abbildung zeigt die Anordnung zweier Zylinder, bei der sichzwar die Komponenten fur sich alleine betrachtet korrekt verhalten, es aberzu Fehlern in der Darstellung kommt:

Das Problem liegt darin, dass es neben den statischen auch noch dynamischeRandbedingungen (Kollisionen) gibt, die bisher nicht erfasst werden. Einemogliche Losung zeigt Abbildung 3.14: Kollisionen fuhren zu einem Updateder Constraints und moglichen neuen temporaren Verbindungen.

5Automatische Berechnung der Werte von Effort, Flow, Power, Momentum und Dis-placement.

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3.5. ZUSAMMENFASSUNG 41

3.5 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden die grundlegenden Konzepte von Bondgrapheneingefuhrt, die fur die weitere Arbeit notwendig sind. Das Konzept beruhtauf der Betrachtung des Energieflusses in einem geschlossenen System. Einwichtiger Aspekt ist, dass Bondgraphen selbst keine Notation fur Subgra-phen besitzen, es dennoch moglich ist komponentenbasiert zu modellieren.Ports kapseln das interne Verhalten von Subgraphen und definieren festeSchnittstellen. Ports sind ein abstraktes Konzept, das durch 0-Knoten im-plementiert wird. Ein Bondgraph mit Subgraphen lasst sich jederzeit in einenBondgraphen ohne Subgraphen umwandeln.Ports konnen nicht nur dazu benutzt werden, Ubergange zwischen verschie-denen Modellen zu realisieren, sondern auch Ubergange zwischen realer undvirtueller Welt. Ein Beispiel dafur sind Hyper-Bonds, wobei der geschnitteneBond in der Realitat fortgesetzt wird.

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42 KAPITEL 3. MODELLIERUNG MIT BONDGRAPHEN

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Kapitel 4

Perspektivenbegriff inModellierung und Simulation

”Eine Perspektive ist die Gesamtheit von Annahmen uber relevante Aspekteeines interessierenden Gegenstandsbereichs aus einem gemeinsamen Blick-winkel.“ (Floyd, 2001, S. 118)Eine Perspektive definiert eine bestimmte Sicht auf ein System, die durchein Modell beschrieben wird. Der Ausdruck ’gemeinsamer Blickwinkel’ wirdunsauber verwendet. Zunachst ist eine Perspektive immer personenbezogen.Eine gemeinsame Perspektive ergibt sich durch ein vorgegebenes Modell,welches zu gemeinsamen Annahmen fuhrt. Ein Beispiel sind Formalismen inModellierung und Simulation, die z. B. ein System aus einer vorgegebenenSicht betrachten. Floyd argumentiert weiter, dass Perspektivitat einen Fokuserzeugt und zugleich Blindheit mit sich bringt: ”Ich sehe nicht, was ich nichtsehen kann. Die Blindheit kann niemals ausgeschaltet werden.“ (Floyd, 2001,S. 119) Somit ist die Wahrnehmung bei einer Perspektive immer begrenzt.Der Ansatz der Perspektivenvielfalt hilft diese ’Blindheit’ zu reduzieren, umso zu einem verbesserten Verstandnis beizutragen.Im Folgenden werden Perspektiven im Bereich der Modellierung und Simu-lation speziell im Hinblick auf die Unterstutzung von Multi-Perspektivitatvorgestellt.

4.1 Vorbemerkungen

Kapitel 2 fuhrte die Begriffe des Formalismus und der Zerlegung ein: EinSystem lasst sich aus (unterschiedlichen) Teilkomponenten zusammenset-zen. Auf der einen Seite wird dadurch die Komplexitat bei der Modellierungreduziert. Auf der anderen Seite werden aber auch neue Komplexitaten ein-gefuhrt, wie Page und Opper (1999) ausfuhren. So wird es z. B. durch dieVerwendung von mehreren Modellen und unterschiedlichen Abstraktions-ebenen schwieriger, das komplette Modell zu uberblicken (”multiresolution

43

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44 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

modeling problem“, (Page und Opper, 1999, S. 555)). Generell gilt, dassfur das Verstandnis immer noch die Kenntnis des verwendeten Formalismuswichtig ist. Mikulecky (2005) kritisiert die Benutzung eines einzelnen forma-len Systems und vertritt den Standpunkt, dass ein komplexes System mitverschiedenen Perspektiven beschrieben werden muss. Fishwick schreibt da-zu: ”I would rather see one sunset through a thousand eyes than a thousandsunsets. A slightly prosaic understanding of this suggests that we learn abouta thing by experiencing multiple perspectives, with different visualizations,materials and ways of crafting“ (Fishwick, 2003b).Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die als gultig angenommene These, dassverschiedene Perspektiven auf ein System auch zu einem besseren Verstand-nis fuhrt (vgl. Fishwick (2003b), Spiro et al. (1996), Ainsworth (1999a), Kay(1991) und Mikulecky (2005)). Im Bereich der Modellierung und Simulationexistieren unterschiedliche Ansatze zur Unterstutzung von Perspektivenviel-falt, die jedoch hauptsachlich auf Integration verschiedener Beschreibungenfokussieren. Nach Ainsworth (1999a), White (1993) und van Someren et al.(1998) ist jedoch ein Wechsel zwischen Beschreibungen zur Erganzung oderKontrastierung wichtig.Die folgenden Abschnitte zeigen verschiedene Perspektiven und deren Nut-zung.

4.2 Perspektiven durch Abstraktion

Die bei Bondgraphen vorgenommene Idealisierung von physikalischen Vor-gangen fuhrt zu einer Zusammenfassung unterschiedlicher Systeme in einerabstrakten Notation. Damit beschreibt der Graph Systeme in unterschied-lichen Auspragungen und erzeugt eine Vielfalt an Perspektiven, die durcheinen Algorithmus generiert werden konnen. Abbildung 4.1 stellt diesen Pro-zess schematisch dar.

Abbildung 4.1: Multi-Perspektivitat von Bondgraphen

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4.3. COMPUTER AUTOMATED MULTI-PARADIGM MODELING 45

Mit Hilfe der Bondgraphen ist es moglich, ein System zwischen verschie-denen Domanen zu transformieren. Dazu wird zunachst die abstrakte Be-schreibung des Systems erzeugt (vgl. Karnopp et al. (1990)). Im Anschlussfindet eine Rucktransformation in die Zieldomane statt. Kemnade (2007)demonstriert die Umwandlung eines Bondgraphen in eine elektrische Schal-tung und Breedveld (2003) die Transformation in Blockdiagramme.

4.3 Computer Automated Multi-Paradigm Mode-ling

Das Konzept der Computer-Automated-Multi-Paradigm-Modellierung (Mo-sterman und Vangheluwe, 2002) behandelt die Modellierung und Simulati-on von heterogenen Systemen. Als Beispiel wird das Gebiet der Mechatro-nik angefuhrt, welches die Disziplinen Mechanik, Elektronik und Informatikmiteinander verbindet. Durch den interdisziplinaren Charakter werden auchverschiedene Tools und Beschreibungen zur Modellierung und Simulationbenotigt. Unter ’Integriertem Entwurf’ wird eine Methode verstanden, mitder das gesamte System modelliert werden kann. Fur eine weitergehendeDiskussion zum Thema Mechatronik sei hier auf Tomizuka (2002) verwie-sen.

Definition 4.1. Computer Automated Multi-Paradigm Modeling

”Computer Automated Multi-Paradigm Modeling (CAMPaM) addresses andintegrates three orthogonal directions of research:

1. model abstraction, concerned with the relationship between models atdifferent levels of abstraction;

2. multi-formalism modeling, concerned with the coupling of and trans-formation between models described in different formalisms;

3. meta-modeling, concerned with the description (models of models) ofclasses of models. More explictly, the specification of formalisms.

Multi-paradigm modeling explores the possible combinations of these noti-ons.“

(Mosterman und Vangheluwe, 2002, S. 249).

Mosterman und Vangeluwe versuchen mit diesem Ansatz der steigendenKomplexitat von Systemen Rechnung zu tragen, indem ihr Modell verschie-dene Ebenen der Abstraktion, die Kopplung von und die Transformationzwischen Modellen unterschiedlicher Formalismen sowie eine Spezifikationeines neuen Formalismus durch eine Meta-Modellierung integriert (vgl. auchVangheluwe und de Lara (2003)).

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46 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

Auffallend an der Definition 4.1 ist der Titel, welcher das Wort Paradigmaenthalt, aber in der eigentlichen Beschreibung nur sehr kurz erwahnt wird.Mosterman und Vangheluwe (2002) schreiben dazu: ”as a paradigm, mode-ling and simulation is a way of representing our knowledge about structureand behavior of systems and answering questions about them.“ (S. 249)Fur eine ausfuhrliche Diskussion der Multi-Formalismus-Modellierung seiauf Vangheluwe (2000) verwiesen. Implementiert ist der CAMPaM-Ansatzim AToM3-Tool (de Lara und Vangheluwe, 2002). Im Folgenden werden diedrei Dimensionen aus Definition 4.1 naher beschrieben.

4.3.1 Ebenen der Abstraktion

Diese Dimension beschaftigt sich mit verschiedenen Ebenen von Detaillie-rungen eines Modells. Je weniger Details ein Modell enthalt, desto mehr wirdabstrahiert. Ein einfaches Beispiel sind ideale Motoren in der Simulation, beidenen zur Vereinfachung Reibungsverluste ignoriert werden.Abstraktion ist an ein Subsystem gebunden, d.h. unterschiedliche Kompo-nenten konnen unterschiedliche Detaillierungen aufweisen. Je weniger Wis-sen uber eine Komponente verfugbar ist, umso abstrakter ist diese. Beeinflus-sende Faktoren sind u. a. der gewunschte Detaillierungsgrad, die Moglichkei-ten des gewahlten Formalismus und die durch den Simulator handhabbareKomplexitat.

4.3.2 Multi-Formalismen-Modellierung

Mosterman und Vangheluwe (2002) argumentieren, dass die Wahl eines For-malismus von vielen Faktoren abhangt (Abstraktionsebene, vorhandene Si-mulatoren, . . . ): ”Thus, high level behavior may have to be studied in con-junction with low level detailed effects for which different formalisms arebest suited.“ (S. 251) Dabei sollen nicht nur mehrere Formalismen benutztwerden, sondern auch Modelle in verschiedenen Beschreibungssprachen mit-einander kombiniert werden konnen. Unterschieden wird zwischen Kopplung(engl. coupling) und Transformation (engl. transformation) (vgl. Abbildung4.2). Bei einer Kopplung existieren verschiedene Formalismen nebeneinan-der, wahrend an den Schnittstellen zwischen Subsystemen Umsetzungen aufder Datenebene vorgenommen werden. Dazu wird die Ausgabe eines Teil-systems so ubersetzt, dass sie Eingabe fur ein anderes sein kann. Bei einerTransformation wird zunachst die Spezifikation von einem Formalismus ineinen anderen ubersetzt und dann simuliert.Abbildung 4.3 zeigt ein Beispiel einer Multi-Formalismen-Modellierung mitHilfe von Blockdiagrammen, Bondgraphen, Zustandsdiagrammen und 3D-Darstellung. Untereinander sind die Komponenten durch Ein- und Ausgabe-Relationen verbunden. z. B. findet im Bondgraphen ACTUATE1 eine Uberset-zung des Attributes MEASUREMENTS1 statt: Der Wert wird im Graphen abge-

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4.3. COMPUTER AUTOMATED MULTI-PARADIGM MODELING 47

Abbildung 4.2: Konzept der Kopplung und Transformation (z.T. nach Zeig-ler et al. (2000))

lesen und dann in das Zustandsdiagramm CONTROL uberfuhrt. Auf die kon-krete Ubersetzung zwischen den Formalismen gehen Mosterman und Vang-heluwe nicht naher ein. Ferner sind die gezeigten Darstellungen der einzelnenSubkomponenten unvollstandig. So ist im Bondgraphen ACTUATE1 ein Input-Port1 vermerkt, der wahrscheinlich das Kontrollsignal erhalt und damit dieStellung des Leitwerks beinflusst. An welcher Stelle FORCE1 abgelesen wird,bleibt unklar.

4.3.3 Meta-Modellierung

Mit Hilfe der Meta-Modellierung wird ein abstrakter Formalismus spezifi-ziert, welcher zur Laufzeit in ein konkretes Modell uberfuhrt wird. Anstatteine allmachtige Beschreibung (Mosterman spricht von omnipotent forma-lism) als Grundlage zu benutzen, wird eine Meta-Ebene eingefuhrt: ”Meta-modelling can help in defining high abstraction level notations. With meta-modelling, we can describe, using a high-level, graphical notation, the (possi-bly graphical) syntax of languages for particular needs (i.e., Domain SpecificVisual Languages)“ (Vangheluwe und de Lara, 2003, S. 595).Die automatische Ubersetzung in ein konkretes Modell wird mit Hilfe vonGraph-Grammatiken (siehe Kreowski et al. (2006); Rozenberg (1997); Faust(1998)) realisiert. An dieser Stelle wird auch deutlich, warum im CAMPaMTitel ’automated’ anstatt ’aided’ verwendet wird: Automated bezieht sichauf die automatische Generierung eines konkreten Modells auf Basis derMeta-Beschreibung.

4.3.4 Einordnung

CAMPaM beschreibt ein System mit mehreren Formalismen, wobei jedesder einzelnen Subsysteme ein funktionales Modell darstellt, welches das Ver-halten definiert. Durch die Integration verschiedener Formalismen wird der

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48 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

Abbildung 4.3: Multi-Formalismus-Modellierung mit einer Kopplung zwi-schen Subsystemen (aus (Mosterman und Vangheluwe, 2000, CACSDPrasentation))

Benutzer in die Lage versetzt, den fur die Beschreibung eines Teilsystemsam effizientesten zu verwenden, was sich vom Ziel dieser Arbeit unterschei-det. Das Konzept der multi-perspektivischen Modellierung und Simulati-on unterstutzt nur einen Formalismus und versucht, durch unterschiedlicheDarstellungen eine Perspektivenvielfalt zu erzeugen, die dem Verstandnishilfreich ist. Um dieses Ziel zu erreichen, kann der Benutzer verschiedeneSichten wahrend der Modellierung und Simulation einnehmen.

4.4 Aesthetic Computing

Fishwick geht wie Mosterman von der Idee der Perspektivenvielfalt aus,verfolgt jedoch einen unterschiedlichen Ansatz. Beim Aesthetic Computinggeht es um ”applying aesthetics to computing“. Im Manifest argumentiertFishwick (2003a), dass die Informatik zwar ihre eigene Asthetik hat, sie dochin vielen Fallen eher formal bleibt. Mankiewicz (2000) hat dieses Verhaltnistreffend als neue Asthetik beschrieben, ”die mathematische Prazision mitkunsterlischer Sensibilitat verbindet.“ Durch die Einbindung kreativer Dar-stellungen sollen sich neue Perspektiven auf und neue Zugange fur ein bisher

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4.4. AESTHETIC COMPUTING 49

abstraktes und formales Konstrukt ergeben. Als Beispiel wird die Mathema-tik genannt, bei der die Notation traditionell in Textform erfolgte und dienun durch neue Darstellungsformen ’anschaulicher’ werden soll.Ausgehend von folgender mathematischen Beschreibung eines endlichen Au-tomaten

• M=<Q, I, O, δ, λ >

• Q={S1, S2, S3}• δ:Q×I→Q

δ(Si,0)=Si for i∈{1, 2, 3}, δ(S1,1)=S2, δ(S2,1)=S3, δ(S3,1) = S2

• I={0, 1}• λ:Q×O, λ(Sn)=Sn, n∈{1, 2, 3}

werden verschiedene Sichten definiert (vgl. Abbildung 4.4): Bei der ersten

a) b)

c) d)

Abbildung 4.4: Aesthetic Computing Beispiel aus (Fishwick, 2003b)

Sicht a) handelt es sich um ein zweidimensionales Diagramm, das die Zu-sammenhange grafisch darstellt. Zustande sind durch Kreise reprasentiertund Ubergange durch Pfeile; b) zeigt eine dreidimensionale Variante von

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50 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

a); die Abbildungen c) und d) gehen andere Wege, indem sie sich komplettanderer Metaphern bedienen: dem Fluss von Flussigkeiten und Agenten. Inc) werden Zustande durch Tanks und Ubergange durch Rohrverbindungendargestellt. Ein gefullter Tank entspricht einem aktiven Zustand.Ziel des Aesthetic Computing ist es nicht, die mathematische Notation zuersetzen, sondern durch die Anwendung von Kunsttheorie und Praxis Zu-sammenhange sichtbar zu machen. Wahrend es z. B. beim CAMPaM An-satz um die Kombination und Integration verschiedener Formalismen geht,steht hier die Verdeutlichung von Funktion und Struktur durch verschiede-ne Perspektiven auf ein Modell im Vordergrund. Der Begriff der Perspektiveist bei Fishwick gleichzusetzen mit der Art der Darstellung, die auch eingegenstandliches Modell sein kann. Perspektivenvielfalt entsteht durch dieVerwendung verschiedener Metaphern.

Definition 4.2. Aesthetic Computing

”Aesthetic Computing is defined as the application of art theory and practiceto computing. The underlying assumption is that by employing a diversearray of aesthetics and natural or artificial cultural artifacts, that we permitan exploration of different views for representation within computing.“

Fishwick (2003b)

Eine kompakte Einfuhrung findet sich im Video Fishwick (2006), worin dieHauptgedanken erklart und Beispiele gezeigt werden. Im Dagstuhl-Seminar(Bertelsen und Fishwick, 2002) und in Fishwick (2006) zeigen sich weitereAuspragungen des Aesthetic-Computing-Gedankens. Die vorliegende Arbeitbeschrankt sich auf die Sicht von Fishwick, der vor allem auf die Visualisie-rung setzt.

4.4.1 RUBE-Framework

Das Konzept des Aesthetic Computing ist im RUBE-Framework umgesetzt.Der Name RUBE ist inspiriert von den Arbeiten Rube Goldbergs, der esverstand, kreative Umsetzungen von Prozessen bzw. kausalen Ketten vor-zunehmen: ”accomplishing by complex means what seemingly could be donesimply“.1 In Hopkins und Fishwick (2001) werden die Ziele von RUBE wiefolgt definiert:

1. Trennung der Modellspezifikation von der Darstellung

2. Personalisierte und asthetische Darstellungen

3. Eine moglichst offene Spezifikation von dynamischen Modellen, die inverschiedenen Kontexten eingesetzt werden konnen.

1Merriam-Webster Online, http://www.m-w.com/ 8.2.2007

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4.4. AESTHETIC COMPUTING 51

Ziele 1 und 3 sind technische Aspekte, wahrend sich Ziel 2 u. a. auf den Be-trachter bezieht. Durch eine kreative/kunstlerische Umsetzung eines Sach-verhalts soll sich dem Betrachter der Inhalt besser erschließen. Unterschiedli-che Perspektiven werden durch personalisierte Darstellungen gewonnen. Esfinden sich viele Parallelen zur vorliegenden Arbeit, jedoch fehlt der hierbetonte Aspekt des Wechsels zwischen den Darstellungen. Des Weiteren zei-gen sich Unterschiede im Design und in der Implementierung. Abbildung4.5 zeigt den Aufbau des Frameworks. Ausgehend von einem graphischen2D-/3D-Editor wird eine Szenenbeschreibung (Geometrie) erzeugt, die Ob-jekte, aber keine Dynamiken beinhaltet. Mit Hilfe eines Exporters werdendie Objekte und deren Attribute in eine ’Multimodel Exchange Langua-ge’-Datei konvertiert. Hier wird nun das dynamische Verhalten des Modellsbeschrieben. Durch einen Transformationsprozess entsteht am Ende ein ’RU-BE dynamic modeling file’, welches Darstellung und Simulation beinhaltet.

Simulation code

SimPackJ/S

Simulation file

MXL file MXLtoDXL

translator using

XSLT

DXLtoJavascript translator using

DOM DXL file

MXL file Simulation file

Scene file 2D & 3D

Merge engine

2D & 3D RUBE dynamic modeling file

2D interface (Sodipodi)

3D interface (Blender)

Abbildung 4.5: RUBE Framework (aus Fishwick et al. (2003))

Abbildung 4.6 zeigt ein Beispiel einer Simulation mit dem RUBE-Framework.Als personalisierte und asthetische Darstellung wird eine dreidimensionaleSzene benutzt, in der Position und Orientierung der virtuellen Kamera freigewahlt werden kann. Das Ergebnis der Simulation wird as Graph visua-lisiert. Ein Wechsel zwischen Darstellungen fur einzelne Komponenten zurLaufzeit ist nicht vorgesehen.

4.4.2 Kritik

Die Personalisierung der Darstellung ist der Ausgangspunkt bei der Erstel-lung eines Modells im RUBE-Framework. Der Benutzer entwirft seine Artder Visualisierung und verknupft Elemente davon mit bestimmten Simula-tionselementen. In einer Studie hat sich gezeigt, dass diese Personalisierungein wichtiges Konzept ist: ”Students found the ability to customize and per-sonalize a positive attribute“ (Fishwick et al., 2005).

”A picture is worth a thousand words – isn’t it? And hence graphical re-presentation is by its nature universally superior to text – isn’t it?“ (Pe-tre, 1995). Aesthetic Computing benutzt u. a. grafische Darstellungen auf

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52 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

Abbildung 4.6: Beispiel einer RUBE-Simulation (aus Fishwick et al. (2003)),links: Darstellung der Komponenten, rechts: Simulationslauf

dem Computer, um Zusammenhange besser darstellen zu konnen. Wie Pe-tre (1995) ausfuhrt, sind jedoch sog. ’secondary notations’ wichtig, um denVorteil gegenuber Text vollstandig ausnutzen zu konnen: ”The mere pre-sence of graphical features does not guarantee clarity in a representation.What is required in addition is good use of secondary notation“. Ein Beispielsolcher Notation ist die Nahe von Objekten in einer Grafik oder die Verbin-dungen zwischen ihnen. In den Aesthetic Computing Publikationen findensich unterschiedliche Arten von Beispielen. Manche setzen zwar dreidimen-sionale Grafik ein, nutzen aber die zusatzlichen Moglichkeiten der drittenDimension nicht aus. Andere uberbetonen die Grafik, was den Sachverhalteher verkompliziert, wie die speisenden Philosophen aus Abbildung 4.7; ohneden erlauternden Text ist es schwierig die Grafik zu verstehen.

Abbildung 4.7: RUBE-Beispiel – Speisende Philosphen (Fishwick (2001))

Der erlauternde Text aus Fishwick (2001): ”[...] This example serves as ademonstration of creating a metaphor on top of a Petri Net. We use thedining philosopher metaphor with places, transitions and traces. The sphe-res represent the places in the Petri Net. Cubes represent the control for a

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4.5. WEITERE ANSATZE ZUR PERSPEKTIVENVIELFALT 53

Abbildung 4.8: Beispiel fur Multimodeling (Fishwick, 1995, S. 287)

philosopher to pick up a chopstick or put it down. The ellipsoids connectingthe places to the transitions represent the trace the chopstick takes betweeneating and resting.“

4.5 Weitere Ansatze zur Perspektivenvielfalt

In der Literatur finden sich verschiedene Begriffe, wie multimodeling ap-proach (Fishwick, 1995), multi-paradigm modeling (Mosterman und Vang-heluwe, 2002), multi representation formalisms (Lorenz, 1991) und multiplemodel formulations (Breunese et al., 1995), hinter denen sich z.T. verschie-dene Ansatze verstecken.

4.5.1 Multimodeling

Fishwick (1995) definiert Multimodellierung als einen Prozess, in dem ein Sy-stem auf verschiedenen Abstraktionsebenen beschrieben wird. Unterschied-liche Perspektiven kommen durch die Verfeinerung zum Tragen. Ziel ist dieModellierung schrittweise zu vereinfachen. Ausgangspunkt sind Platzhalter(auch als Black-Boxen bezeichnet), die nur Ein- und Ausgange festlegen.In einem weiteren Schritt werden diese Platzhalter schrittweise verfeinert.Multimodellierung entspricht einer heterogenen, hierarchischen Zerlegung.Abbildung 4.8 zeigt das Beispiel eines Halbaddierers. Im Level 1 werdennur die Ein- und Ausgange festgelegt, die Funktion jedoch als Black-Boxdargestellt. Level 2 verfeinert das Modell, indem die Funktion f modelliertwird, wobei die Ein- und Ausgange gleich bleiben.

4.5.2 Multi Representation Formalisms

Einen ahnlichen Ansatz wie Fishwick verfolgt Lorenz (1991), indem er ver-schiedene Formalismen gleichzeitig zulasst. Dadurch ergibt sich die Moglich-

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54 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

Abbildung 4.9: Architektur eines Systems fur ’multiple model formulations’(aus Breunese et al. (1995))

keit, ein System aus Komponenten mit unterschiedlichen Formalismen zubeschreiben. Den Unterschied zum Multimodeling-Ansatz beschreibt Lorenz(1991) als: ”The key point of MS1 is a specially designed formalism whichthe entire system is based on. This normalized formalism – we call it infor-mation networks – is basically a topological representation of mathematicalequation sets.“ Das Konzept erlaubt beliebige Formalismen, solange sie sichin ein information network uberfuhren lassen. Die umgekehrte Richtung (in-formation networks → Formalismus) wird hier nicht weiter betrachtet.

4.5.3 Multiple Model Formulations

Breunese et al. (1995) bezeichnen die in Abschnitt 4.5.2 beschriebene Ar-chitektur als multiple model formulations. Abbildung 4.9 zeigt das Konzept:Modelle werden in ein core model transformiert. Der Unterschied zu Lorenzbesteht darin, dass sich Anderungen in einer Beschreibung automatisch aufdie anderen Modelle auswirken: ”The descriptions are coupled to the coremodel by means of bi-directional transformations. [...] When a model is ma-nipulated, each layer in the formulation propagates the changes from the nexthigher layer. Upon reception of a change, the core model will notify all otherformulations of the change, and the propagation takes place in the reversedirection.“ (Breunese et al., 1995)

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4.6. EIGENE PROJEKTARBEITEN 55

Als Beispiele fur Formalismen werden Blockdiagramme und Bondgraphengenannt, fur die bijektive Transformationen moglich sind.

4.6 Eigene Projektarbeiten

In den Projekten RUGAMS, BREVIE, DERIVE und Lab@Future wur-den eigene Ansatze zur Perspektivenvielfalt entwickelt. Dabei stand, nebenVisualisierung und verschiedenen Formalismen, die von Fishwick (2003b)erwahnte Gegenstandlichkeit (materials) und das Handwerk (crafting) imVordergrund. Ziel war es, eine enge Bindung zwischen physikalischen undvirtuellen Objekten zu schaffen.

4.6.1 RUGAMS

Gegenstandliche Modelle helfen, komplexe technische Systeme besser zu ver-stehen: ”Der physikalische, reale Modellierungsprozess ermoglicht es allenBeteiligten, aktiv teilzunehmen und ihr Wissen sowie ihre Sichtweisen ein-zubringen.“ (Hornecker et al., 2001). Simulationen unterstutzen diesen Pro-zess, indem sie Varianten erzeugen oder fur Berechnungen benutzt werden.RUGAMS2 hat die beiden Welten mit Hilfe einer greifbaren Schnittstelle(engl. graspable user interface) uberbruckt. Graspable User Interfaces sinddurch die Arbeit von Fitzmaurice et al. (1995) bekannt geworden. RealeObjekte werden fur die Manipulation und Reprasentation von virtuellenElementen eingesetzt. Heute wird der Begriff durch den allgemeineren der’Tangible User Interfaces’ ersetzt, siehe Hornecker (2004) fur eine ausfuhrli-che Diskussion.Ziel von RUGAMS war die Modellierung und Simulation des Materialflus-ses einer Fabrik. Dazu wird zunachst die Topologie des Modells per Daten-handschuh und realen Objekten aufgebaut (Abbildung 4.10a). Gleichzeitigentsteht ein rechnerinternes Abbild. Dieses Modell besitzt ein Standardver-halten, welches durch Vormachen mit Hilfe von speziellen realen Objek-ten verfeinert werden kann. RUGAMS folgt dabei dem Programming-by-demonstration-Gedanken (Cypher, 1993), bei dem der Benutzer das Ver-halten (hier Simulationsregeln) zeigt und der Computer dieses lernt – imeinfachsten Fall nur nachahmt.RUGAMS benutzt drei verschiedene und gekoppelte Modelle: Ausgangs-punkt ist das physikalische Modell (1), welches durch eine dreidimensio-nale Computerdarstellung (2) und ein Simulationsmodell (3) erganzt wird.Verandert sich das gegenstandliche Modell, z. B. die Position oder Orien-tierung einzelner Elemente, so wird das Computermodell dementsprechendmodifiziert. Die Ergebnisse der Simulation werden entweder im Hintergrunddargestellt oder direkt auf das Objekt projiziert.

2DFG-Projekt BR 1556/2-3, 1996-1999

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56 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

a) b)

Abbildung 4.10: RUGAMS in Aktion (aus Schafer (1998)): a) Diskutierenund Modellieren am realen Modell (S. 270), b) Simulation und Visualisierungim Computer (S. 268)

Dieses Konzept eroffnet neue Perspektiven fur die Modellierung und Simu-lation, denn es wird kein spezielles Vorwissen benotigt, wie es z. B. bei einerSimulationssprache der Fall ist. Die Gegenstandlichkeit ermoglicht verein-fachte Zugange und fordert die Diskussion in der Gruppe an einem Modell.

4.6.2 BREVIE

BREVIE3 ist die Abkurzung fur ’Briding Reality and Virtuality with a Gras-pable User Interface’. BREVIE fuhrt das Konzept von Zwillingsobjekten(engl. twin-objects) ein, die aus einer realen Komponente und einem virtu-ellen Abbild bestehen.4 Anderungen (Position, Orientierung sowie Verbin-dungen durch Schlauche/Kabel) an realen Objekten fuhren automatisch zueiner Modifikation in der virtuellen Welt. Im Gegensatz zu RUGAMS wirdauf den Datenhandschuh verzichtet und stattdessen die Abbildung durchBilderkennung realisiert. Dadurch erhalt der Benutzer komplette Freiheitohne storende Verkabelung. Fur eine Beschreibung der verwendeten Archi-tektur sei auf Ernst et al. (1999) verwiesen.Neben den Zwillingsobjekten unterstutzt BREVIE auch verschiedene Artender Visualisierungen, wie Abbildung 4.11 zeigt. Die dreidimensionale Dar-stellung wurde mit VRML realisiert und bietet ein realistisches geometri-sches Abbild der realen Komponenten. Fur die schematische Visualisierungwurde FluidSIM verwendet. Die Darstellungen sind in zwei Programmengetrennt voneinander verfugbar, wobei keine einheitliche (gemeinsame) Be-schreibung eines Objektes besteht. Jedes Programm verwendet sein eigenesinternes Format.

3Gefordert im Rahmen des Educational-Multimedia-Task-Force (EMTF) Programmes,Projektnummer MM1002, 1998-2000, http://www.brevie.uni-bremen.de

4Genau genommen gab es Zwillingsobjekte schon bei RUGAMS, nur wurden sie dortnicht als solche bezeichnet.

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4.6. EIGENE PROJEKTARBEITEN 57

a) b)

Abbildung 4.11: Virtual Construction Kit: a) 3D Sicht, b) SchematischeSicht (aus (Brauer, 2000, Seite 13)

Die gleichzeitige Generierung von mehreren Sichten wird durch einen zen-tralen Objektmanager ermoglicht. Dieser verwaltet u. a. die Position, Ori-entierung und Typ eines Objektes. Anderungen werden als Events an dieApplikationen weitergeleitet, die nun in der Lage sind, ein eigenes Modellder Szene zu erstellen und zu simulieren.

4.6.3 DERIVE

DERIVE5 steht fur ’Distributed real and virtual learning environment formechatronics and tele-service’. Hauptentwicklung war das Konzept des Hy-per-Bonds fur eine flexible, auf physikalischen Phanomenen (Luftdruck, elek-trisches Potential, . . . ) beruhenden Kopplung zwischen realen und virtuellenElementen (vgl. Bruns et al. (2002)). Der Hyper-Bond lost die Eins-zu-eins-Verbindung zwischen realen und virtuellen Komponenten und damit diebisher vorhandene Verdopplung von RUGAMS und BREVIE auf. Virtuel-le Subsysteme sind jetzt direkt mit realen Subsystemen und andersherumverbunden.Abbildung 4.12 zeigt das Konzept des Hyper-Bonds und DERIVE. Teile ei-ner Schaltung werden im Virtuellen fortgesetzt und bilden eine funktionaleGesamtheit. Dabei werden physikalische Einheiten (wie z. B. Luftdruck) inbeide Richtungen ubertragen. Hyper-Bonds bestehen aus einzelnen Verbin-dungen, die entweder Quelle oder Senke sind. Zum Prinzip des Hyper-Bondssiehe Bruns (2001, 2003) und Yoo (2007).Abbildung 4.13 zeigt DERIVE in Aktion. Zur Interaktion mit dem virtu-ellen Teil der Schaltung wird ein dreidimensionales Virtual ConstructionKit (VCK) verwendet. Aus einer Bibliothek selektiert der Benutzer dasgewunschte Objekt, welches durch Drag’n’Drop auf der Arbeitsflache er-stellt wird. Ebenso einfach gestaltet sich das Verbinden mit virtuellen Ka-beln und Schlauchen. Reale Systeme werden uber eine spezielle Hyper-Bond-Komponente, die im Realen und Virtuellen existiert, angebunden.

5European IST Research and Development Project, Projektnummer IST-1999-10417,2000-2002, http://www.derive.uni-bremen.de

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58 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

Abbildung 4.12: DERIVE-Konzept aus (Bruns et al., 2002, Seite 4)

Andere Sichten werden, wie in BREVIE, durch Plugins unterstutzt. Jedochbesitzt jede Sicht ihr eigenes Fenster ohne eine einheitliche Modellbeschrei-bung.

4.6.4 Lab@Future

In Lab@Future6, School LABoratory anticipating FUTURE needs of Euro-pean Youth, lag der Fokus auf der Benutzung von Informations- und Kom-munikationstechnologien zur Unterstutzung und Ausweitung von Laborex-perimenten (Baudin et al., 2004). Die Plattform ermoglicht das Bilden voneLearning Gruppen, die zusammenarbeiten, Experimente durchfuhren unddiskutieren konnen. Dazu werden Groupware Tools, wie Chat, Whiteboard,Audio- und Videokonferenz, zur Verfugung gestellt. Ein Hauptaugenmerklag auf einer einfachen Integration von Experimenten und Kommunikationuntereinander.Teil der Experimente war die Fluid-Dynamics-Umgebung auf Basis der DE-RIVE-Software. Mit Hilfe einer Mixed Reality Web Service (Faust und Bruns,2003) kann aus der Ferne uber den Hyper-Bond auf reale Hardware zuge-griffen werden.Das Projekt verfolgte einen konstruktivistischen Ansatz, der die Wichtigkeitvon Kultur und sozialem Kontext fur die Erkenntnisbildung betont (vgl. Mc-Mahon (1997);Kim (2001)). Lab@Future selbst stellt eine technische Platt-form zur Verfugung, die Mixed-Reality-Experimente, Kommunikation undmobiles Lernen effektiver machen soll. Perspektiven kommen hier vor al-lem durch die soziale Interaktion, aber auch uber die in den Experimentenverwendete Software zum Tragen.

6European IST Research and Development Project, Projektnummer IST-2001-34204,2002-2005, http://www.labfuture.net

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4.7. ZUSAMMENFASSUNG 59

Abbildung 4.13: DERIVE in Aktion (Projektfoto von Herrman Gathmann)

4.7 Zusammenfassung

Der Begriff der Perspektive entspricht einer bestimmten Betrachtungsweiseeines Systems, die sich in der (formalen) Beschreibung wiederspiegelt. Sobetrachten z. B. Petri-Netze die Zustande und Zustandswechsel, ohne dieVorgange im Detail zu beschreiben. Perspektivenvielfalt beinhaltet die Be-schreibung eines Systems aus verschiedenen Sichten. Im Vordergrund dieserArbeit steht die Frage, wie die verschiedenen Perspektiven miteinander in-tegriert werden konnen: unabhangig nebeneinander, gekoppelt oder durchTransformation zwischen Sichten.

Abbildung 4.14: Eine Systemkomponente mit drei verschiedenen internenModellen, die auf den gleichen Ein- und Ausgangen arbeiten

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60 KAPITEL 4. PERSPEKTIVENBEGRIFF IN M&S

Abbildung 4.14 skizziert die hier verfolgte Idee: Eine Systemkomponentehat mehrere interne Modelle mit einer einheitlichen Schnittstelle zur Um-welt; jedes interne Modell bildet eine bestimmte Sicht auf die Komponenteab. Dabei bleibt das System erhalten (d.h. Abtrennung von der Umgebung,Funktionalitat, . . . ), wird jedoch um verschiedene Perspektiven desselbenerganzt. Ebenfalls bleiben die Konzepte der Zerlegung (homogen, heterogenund hierarchisch) erhalten. Verschiedene Anwender konnen nun das fur sieverstandlichste interne Modell auswahlen. So wurde z. B. jemand, der mitder Funktionalitat eines doppelt wirkenden Zylinders nicht vertraut ist, viel-leicht die Sicht im Bild ganz unten bevorzugen, da diese eine Darstellungder internen Funktionsweise bietet. Wenn er damit vertraut ist, kann er aufdie abstrakteren Ebenen umschalten und mit ihnen weiterarbeiten.Wie am Beispiel der SPS-Programmierung in Kapitel 1 gezeigt wurde, sindviele Notationen zielgruppenspezifisch. Durch ein einfaches Wechseln zwi-schen den Formalismen konnen Personen mit unterschiedlichem Vorwissenoder unterschiedlichen Vorlieben besser zusammenarbeiten.

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Kapitel 5

Komplexe Objekte – EinKonzept zur Realisierungvon Perspektivenvielfalt

In diesem Kapitel wird ein generisches Konzept fur Objekte mit verschie-denen Reprasentationen definiert, welches einen einfachen Wechsel zwischenverschiedenen Darstellungen ermoglicht. Ein Wechsel fuhrt nicht zu einerAnderung des Systemzustandes. Erst diese Eigenschaft ermoglicht es zu je-dem Zeitpunkt die gewunschte Darstellung frei zu wahlen.

5.1 Bewertung von bestehenden Ansatzen

In Kapitel 4 wurden verschiedene Ansatze zur Perspektivenvielfalt mit un-terschiedlichen Ausrichtungen in Modellierung und Simulation vorgestellt.Computer Automated Multi-Paradigm Modeling basierte auf der Integrationverschiedener Formalismen durch eine Meta-Modellierung, die automatischin ein lauffahiges Modell uberfuhrt wird. Aesthetic Computing benutzt Me-taphern, um unterschiedliche Zugange zu Modellbeschreibungen zu bieten.RUGAMS, BREVIE und DERIVE erweitern die rechnerinternen Modelleum eine reale Komponente. Bei DERIVE und Lab@Future findet die Simu-lation uber reale und virtuelle Komponenten statt. In Tabelle 5.1 sind dieverschiedenen Perspektivenbegriffe vergleichend gegenubergestellt.Ein Ziel der Arbeit ist es, wahrend der Modellierung und Simulation zwi-schen verschiedenen Perspektiven wechseln zu konnen. In den vorgestelltenAnsatzen wird dieses zum Teil durch die Unterstutzung unterschiedlicherSichten erreicht, allerdings erlauben sie keine ad-hoc-Wechsel oder eine Kom-ponente vielfaltig darzustellen.Der in dieser Arbeit verfolgte Ansatz der Multi-Perspektivitat ermoglichtes, zwischen verschiedenen Sichten einer Systemkomponente zu wechseln.Abbildung 5.1 zeigt ein Beispiel fur das Umschalten: Auf Knopfdruck wer-

61

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62 KAPITEL 5. KOMPLEXE OBJEKTE – EIN KONZEPT. . .

Ansatz PerspektivenbegriffBondgraphen Generalisierung und Vereinheitlichung

von KonzeptenCAMPaM Integration von Formalismen durch Meta-

ModellierungAesthetic Computing Verschiedene Metaphern zur Verdeutli-

chung von Struktur und VerhaltenMultimodeling Heterogene ZerlegungMulti RepresentationFormalisms

Transformation verschiedener Formalis-men in einen normalisierten Formalismus

Multiple Model Forma-lisms

Bi-direktionale Transformation zwischenFormalismen auf Basis eines ’core models’

RUGAMS Verdopplung und Anreicherung durch Si-mulationsdaten

BREVIE Verdopplung und Anreicherung durch Si-mulationsdaten

DERIVE Freie Kopplung von realen und virtuellenSubsystemen durch einen Hyper-Bond

Lab@Future Soziale Interaktion ermoglicht verschiede-ne Sichten neben den durch die technischeUmgebung bereitgestellten

Tabelle 5.1: Perspektiven in den vorgestellten Ansatzen

den die Darstellungen ausgetauscht ohne die Topologie zu modifizieren. DasUmschalten ist ein lokaler Vorgang und verandert den Kontext des Objektes(Verbindungen, interner Zustand) nicht, so dass die Simulation weiterlaufenkann.Um dieses Ziel zu erreichen, wird auf die Integration verschiedener Formalis-men verzichtet und es findet eine Entkopplung vom Modell und seiner Dar-stellung statt. Ausgehend von einer realen Komponente werden ein Modellsowie verschiedene Darstellungen definiert und mit einer Meta-Modellierungzu einem Komplexen Objekt verbunden.Das Konzept der Komplexen Objekte verbindet die Ebenen der Realitat,der Modellierung & Simulation und der Visualisierung miteinander. Da-durch entstehen Komponenten mit definierten Ein- und Ausgangen, die ent-sprechend der in Abschnitt 2.2.2 eingefuhrten Techniken zu einem Systemzusammengesetzt werden. Der Anwender hat die Moglichkeit fur jede Kom-ponente seine bevorzugte Darstellung zu wahlen.Der Begriff Perspektive ist hier gleichbedeutend mit Visualisierung, wobeidie Darstellungen auf Basis einer hinreichend machtigen Modellbeschrei-bung aktualisiert werden. Durch die Anwendung von verschiedenen Meta-

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5.2. KOMPLEXE OBJEKTE 63

Abbildung 5.1: Umschalten zwischen symbolischer und dreidimensionalerSicht einer Testszene

phern, wie im Aesthetic Computing von Fishwick vorgeschlagen, entstehteine Vielfalt an Visualisierungen, die helfen, das Verhalten und die Struktureines Systems darzustellen und besser zu verstehen.

5.2 Komplexe Objekte

Um den Gedanken der Multi-Perspektivitat umzusetzen, wird das Konzeptder Komplexen Objekte von Bruns (Bruns, 1999, 2000) aufgegriffen und wei-terentwickelt. Ein Komplexes Objekt integriert ein reales Objekt und ver-schiedene Sichten auf dieses (vgl. Definition 5.1): ”These complex objects ha-ve one single real physical part and various virtual, computer-internal repre-sentations“ (Bruns, 2000, S. 250). Der Begriff des Komplexen Objektes ist inAnlehnung an das mathematische Konzept der komplexen Zahlen gewahlt.Bezugnehmend auf ein reales Objekt wird dieses durch verschiedene virtuel-le Modelle angereichert, die sowohl funktional als auch nicht-funktional seinkonnen.

Definition 5.1. Komplexes Objekt (engl. Complex Object) nach BrunsEin Komplexes Objekt enthalt 1 realen und n virtuelle Anteile. Der realeAnteil entspricht einem realen Objekt, dem Original. Die virtuellen Antei-le sind verschiedene Modelle des realen Objektes, die sowohl funktional alsauch nicht-funktional sein konnen. Ein funktionales Modell reflektiert denaktuellen Zustand der Eingange und zeigt das Verhalten des realen Objektesan. Ein nicht-funktionales Modell ist unabhangig von den aktuellen Ein-gangswerten.

Abbildung 5.2 zeigt ein Beispiel eines solchen Objektes. Ausgehend von ei-nem realen (einfach wirkenden) Zylinder werden drei Sichten definiert (von

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64 KAPITEL 5. KOMPLEXE OBJEKTE – EIN KONZEPT. . .

Abbildung 5.2: Komplexes Objekt: Beispiel eines einfach wirkenden Zylin-ders (aus (Bruns, 2000, S. 251))

links nach rechts): dreidimensionales Modell, Video des Funktionsprinzipsund symbolische Darstellung. Die Beschreibung ist nicht vollstandig undkann z. B. um die Kraft F = P · π · r2, die auf den Kolben wirkt, erweitertwerden.Das dreidimensionale Modell und die symbolische Darstellung sind funktio-nale Sichten, d.h. sie zeigen das Verhalten (Ein-/Ausfahren des Zylinders)des realen Objektes an. Das Video hingegen zeigt zwar die Funktionswei-se, ist aber statisch, da es nicht auf andernde Druckverhaltnisse reagiert.Welche Sicht funktional oder nicht-funktional ist, hangt von der Definitionder Sicht und der verwendeten Software ab; ein dreidimensionales Modell istnicht per se funktional. Auch ein Video kann funktional sein, wenn zwischenden einzelnen Szenen in Abhangigkeit der Eingange umgeschaltet wird.

Lemma 5.1. Zwillingsobjekte (engl. Twin Objects)Ein Zwillingsobjekt ist ein Komplexes Objekt mit genau einem realen undeinem virtuellen Anteil (n=1).

Fur das Verstandnis haben komplexe Objekte einen wichtigen Vorteil. Sie er-lauben es dem Anwender verschiedene Sichten auf ein Objekt einzunehmen,um so tiefere Einblicke in die Funktionsweise, Struktur oder das Verhalten zubekommen. Bisher sind Komplexe Objekte nur in Ansatzen mit einer virtuel-len Sicht realisiert worden. Es gibt bisher (soweit dem Autor bekannt) keineUmgebung, in der man zwischen verschiedenen Reprasentationen1 umschal-ten kann. So modelliert man z. B. in DERIVE mit einem dreidimensionalen,funktionalen Modell. Andere Sichten werden per Kontext-Hilfe angeboten,bleiben aber immer entkoppelt und statisch.

1Unter Erhalt des Kontextes sowie zwischen nicht-funtionalen und funktionalen Mo-dellen.

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5.2. KOMPLEXE OBJEKTE 65

SPS-Programmierumgebungen bilden eine Ausnahme, da sie ein Umschaltenzwischen verschiedenen Sichten ermoglichen. Allerdings ist ein freies Um-schalten nur in bestimmten Fallen bzw. Grenzen moglich. Nach John undTiegelkamp (2000) liegt eine Schwierigkeit in der ”Art und Sichtweise derWerteberechnung“, die sequentielle Ausfuhrung (z. B. AWL) im Widerspruchzur parallelen Auswertung bei Netzwerken (z. B. KOP) stehen. Indem Pro-grammierumgebungen bestimmte Anforderungen an die Programmierungstellen, ist eine Querubersetzbarkeit in den meisten Fallen moglich. Ein wei-teres Problem ist, dass einige Konzepte, z. B. Arrays in Strukturiertem Text,nicht in anderen Sprachen vorhanden sind. Fur eine ausfuhrliche Diskussionder Problematik sei auf Kapitel 7 in John und Tiegelkamp (2000) verwiesen.

5.2.1 Modellierung

Die Modellierung mit Komplexen Objekten ist nach Bruns (2000) bestimmtdurch die synchrone Generierung und Manipulation von realen Kompo-nenten und ihren virtuellen Gegenstucken. Das bedeutet, dass jede Ande-rung an einem Teil des Objektes direkt Auswirkungen auf die andere Seitehat. Ziel ist es dabei, die reale und virtuelle Szene in Ubereinstimmung zuhalten. In der Praxis reduziert sich diese Sicht oftmals auf die RichtungRealitat→Virtualitat, d.h. nur reale Anderungen2 haben Auswirkungen aufvirtuelle Objekte. Beispiele dieser synchronen Modellierung sind u. a. RU-GAMS, BREVIE oder greifbare Schnittstellen im Allgemeinen.

Diese Synchronitat ist aber nicht immer gewunscht, denn die Virtualitatbleibt dabei ein Spiegel der Realitat. Eine andere Moglichkeit ist die Ein-fuhrung von speziellen Ubergangen zwischen realen und virtuellen Systemen.Jetzt werden beide Welten als eigenstandige Systeme betrachtet: Es findetkein automatischer Abgleich zwischen den Systemen mehr statt; verbundensind beide Systeme durch bi-direktionale Schnittstellen.

Eine mogliche Realisierung solcher Schnittstellen sind Hyper-Bonds (vgl.Abbildung 5.3), die auf der Theorie der Bondgraphen basieren. Der Energief-luss wird zwischen beiden Endpunkten ubertragen und bildet die Grundlagefur eine universelle, energiebasierte Schnittstelle zwischen Realitat und Vir-tualitat (Yoo, 2007). Erstmals in DERIVE (Abschnitt 4.6.3) implementiert,ermoglicht diese allgemeine Schnittstelle beliebige reale (virtuelle) Kompo-nenten durch virtuelle (reale) zu ersetzen ohne die Logik der Schaltung zuverandern. Intern basiert DERIVE auf Komplexen Objekten mit einem Mo-dell.

2Anderungen beziehen sich auf das Hinzufugen und Entfernen von Komponenten sowiederen Position, Orientierung und evtl. Verbindungen zwischen diesen (Kabel, Schlauche,. . . ).

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66 KAPITEL 5. KOMPLEXE OBJEKTE – EIN KONZEPT. . .

Abbildung 5.3: Gekoppelte Welten (nach Bruns (2003))

5.2.2 Simulation

Die Definition der Komplexen Objekte legt keine Simulationsmethodik fest,sondern entspricht der Methode des zugrunde liegenden Formalismus derImplementierung. Dabei konnen u. a. die in Kapitel 4 beschriebenen Metho-den verwendet werden.

5.2.3 Moglichkeitsraum Komplexer Objekte

Ein Komplexes Objekt ist per Definition an ein reales Original gebunden.Die virtuellen Modelle definieren einen Raum moglicher Perspektiven aufdas reale Objekt. Die Betrachtung des Komplexen Objektes fur sich ist un-scharf, d.h. die virtuelle Darstellung ist aufgrund der Mehrdeutigkeit (durchmehrere Modelle) nicht sofort erkennbar. Erst durch die Wahl einer Perspek-tive reduziert sich dieser aufgespannte Raum auf ein konkretes Modell undwird nutzbar fur Modellierung und Simulation. Ein Komplexes Objekt istgewissermaßen in einem Zustand der Superposition3, d.h. die verschiedenenvirtuellen Zustande uberlagern sich. Definition 5.2 schrankt den Moglich-keitsraum auf die Visualisierungen ein, denn der Formalismus ist fest.

5.3 Erweiterung der Komplexen Objekte

Die bisherige Definition sieht Komplexe Objekte als einen Container, in demjedes Objekt die Beschreibung verschiedener Perspektiven in sich tragt. ImFolgenden wird die Synchronitat zwischen realen und virtuellen Kompo-nenten aus der ursprunglichen Definition der Modellierung mit KomplexenObjekten fallen gelassen; stattdessen findet eine lose Kopplung statt.

3Fur eine Einfuhrung u. a. in dieses Quantenphanomen siehe Schulenberg (2005).

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5.3. ERWEITERUNG DER KOMPLEXEN OBJEKTE 67

Die Idee der multi-perspektivischen Visualisierung verzichtet auf die Inte-gration verschiedener Formalismen und entkoppelt die formale Beschreibungdes Modells von seiner Darstellung. Ausgehend von einem realen Vorbildwird ein virtuelles Modell gebildet, welches in einem Formalismus beschrie-ben ist. Dieses dient als Grundlage fur die Modellierung und Simulation.Nach dem Modellbegriff von Stachowiak handelt es sich bei den Visualisie-rungen genau genommen um Modelle zweiter Ordnung (Modell vom Mo-dell), da ein Original selbst wieder ein Modell sein kann. Jede Darstellungbasiert auf einer Metapher, um bestimmte Aspekte darzustellen (vgl. Lakoffund Johnson (1981); Cox (2006)).

Abbildung 5.4: Konzept der Multi-Perspektivischen-Visualisierung

Ein Vorteil des gewahlten Konzeptes ist, dass nur ein Modell benutzt wird,von dem verschiedene Visualisierungen abgeleitet werden. Die Problematikder Integration verschiedener Formalismen fallt weg; ein Nachteil ist dieBeschrankung auf die Moglichkeiten des gewahlten Ansatzes. Wichtig ist es,einen Formalismus zu wahlen, der hinreichend machtig ist, um verschiedeneSichten abzuleiten (mehr dazu in Abschnitt 5.4).Das in Abbildung 5.4 vorgestellte Modell basiert auf der Idee der Trennungzwischen dem Simulationsmodell und der Visualisierung durch Benutzungdes Model-View-Controller-Prinzips.4 Lewis schreibt in seinem Buch ’TheArt and Science of Smalltalk’ dazu: ”By separating the application logic fromthe Uf[user functionality], an application can have several user-interfaces ornone“ (Lewis, 1995, S. 92). Hier entspricht ein ’user-interface’ einer Sichtauf das Modell. Durch die Kapselung der Modellfunktionalitat ist die Si-mulation unabhangig von der gewahlten Sicht. Damit lasst sich ein Wechsel

4Das Konzept wurde bei Xerox Parc Anfang 1979 von Trygve Reenskaug unter der Be-zeichnung Thing-Model-View-Editor entwickelt. In Diskussion mit Adele Goldberg wurdedas Konzept in Model-View-Controller umbenannt. Siehe dazu Reenskaug (2006). Erst-mals wurde es in Smalltalk eingefuhrt und fand spater Eingang in verschiedene Entwick-lungen: u. a. zur Beschreibung von Tangible-User-Interfaces (Ullmer und Ishii, 2001) undin modifizierter Version auch im Web 2.0 mit AJAX (Garrett (2005)).

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68 KAPITEL 5. KOMPLEXE OBJEKTE – EIN KONZEPT. . .

zwischen verschiedenen Darstellungen unter Beibehaltung des Simulations-kontextes erreichen. Das MVC-Konzept bietet somit eine solide Grundlagefur die Implementierung der verschiedenen Sichten mit Hilfe von KomplexenObjekten. An dieser Stelle muss betont werden, dass sich Komplexe Objek-te auch mit anderen Konzepten, wie z. B. Transformation (Kapitel 4.3.2),realisieren lassen. Definition 5.1 macht keine Aussage uber den Zusammen-hang der virtuellen Reprasentationen, z. B. fordert sie keine Unterstutzungfur den Wechsel zwischen virtuellen Modellen.

Abbildung 5.5: Model-View-Controller-Prinzip fur Komplexe Objekte

Abbildung 5.5 zeigt das angepasste MVC-Prinzip, wobei Model die Simu-lationsfunktionalitat auf Basis eines Formalismus (z. B. Modelica, Bondgra-phen,. . . ) implementiert. View stellt eine rein geometrische Sicht auf das Mo-dell dar. Die optionale Controller -Komponente passt die Sicht in Abhangig-keit des Zustandes des Modells an, um so z. B. ein Ausfahren eines Zylinderszu ermoglichen.Verbindungen zwischen Komplexen Objekten sind an den Ein- und Ausgan-gen der Modelle moglich (vgl. Abbildung 1.4, Seite 8). Auch bleiben die inSektion 2.2.2 beschriebenen Konzepte der Zerlegung gultig. Definition 5.2zeigt das erweiterte Verstandnis eines Komplexen Objektes.

Definition 5.2. Komplexes Objekt (engl. Complex Object)Ein Komplexes Objekt besteht aus einem realen Objekt (Original), einemvirtuellen Modell und n Visualisierungen des Modells. Eine Visualisierungkann optional ein Skript besitzen, welches Elemente der Darstellung auf Ba-sis des Modellzustandes aktualisiert.

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5.4. UMSETZUNG DES KONZEPTES 69

5.4 Umsetzung des Konzeptes

Zur Umsetzung des in Definition 5.2 dargestellten Konzeptes wird ein For-malismus zur Beschreibung des Modells benotigt. Die Wahl des Formalismusschrankt die Moglichkeiten bei der Simulation ein, weshalb eine hinreichendmachtige Beschreibung wichtig ist. Mit dem Ziel kontinuierliche Vorgangezu simulieren, wurden diskrete Formalismen (z. B. DEVS, vgl. Zeigler et al.(2000)) im Vorfeld ausgeschlossen. Viele Simulationssysteme setzen Modeli-ca als Basis ein, da es sich um eine umfassende und machtige Sprache han-delt. Modelle werden textuell durch Angabe von Gleichungen beschrieben.Vorteile von Modelica sind dessen weite Verbreitung sowie die Moglichkeit,diskrete und kontinuierliche Elemente zu mischen. Ein Nachteil ist, dass essich nur um eine Beschreibungssprache handelt, die einen komplexen Simu-lationskern benotigt.In dieser Arbeit werden Bondgraphen benutzt, um das Konzept zu imple-mentieren. Bondgraphen bieten sich als Formalismus an, da sie eine einheit-liche Beschreibung von Systemen unterschiedlicher Domanen ermoglichen.Der Benutzer modelliert mit abstrakten Elementen und muss nicht mit Glei-chungen agieren. Letztere werden automatisch erzeugt. Der Hauptgrund istaber die im Bondgraphen inharente Perspektivenvielfalt, wie sie in Abschnitt4.2 beschrieben wurde.Die objekt-orientierte Sicht von Bondgraphen (vgl. Broenink (1999)) er-moglicht eine einfache Integration in die Komplexen Objekte, denn Bond-graphen modellieren den Energiefluss zwischen Elementen durch sog. Ports.Ein Element muss dabei nicht zwangslaufig aus einer einzelnen Komponentebestehen, sondern kann seinerseits ein System sein. Somit wird komplexesVerhalten in einer einfachen Schnittstelle gekapselt.Die Ein- und Ausgange eines Komplexen Objektes entsprechen dabei Portsim Bondgraphen. Eine Verbindung zwischen zwei Objekten impliziert einenBond zwischen zwei Ports im Bondgraphen. Die Modell-Komponenten, zu-sammen mit den Verbindungen, erzeugen den Bondgraphen, auf dem spaterdie Simulation stattfindet.Eine Sicht besteht aus der geometrischen Beschreibung der Komponente, wiez. B. 2D-Symbol, 3D-Objekt oder Text. Dabei muss zwischen statischen unddynamischen Anteilen unterschieden werden. Statische Anteile werden nurangezeigt, wahrend dynamische sich verandern konnen. Bei einem doppeltwirkenden Zylinder verandert sich z. B. die Position des Kolbens je nach an-liegendem Druck. Diese Information muss aus dem Bondgraphen abgeleitetund in der Grafik umgesetzt werden.Abbildung 5.6 zeigt das Beispiel eines doppelt wirkenden Zylinders; Aus-gangspunkt ist das Bondgraph-Modell nach Bruns und Erbe (2005).Im Beispiel des Zylinders entspricht die Auslenkung der uber der Zeit in-tegrierten Geschwindigkeit v (Displacement) des Kolbens. Damit lasst sichdie Position durch position =

∫v dt =

∫I.flow dt bestimmen. Durch eine

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70 KAPITEL 5. KOMPLEXE OBJEKTE – EIN KONZEPT. . .

Abbildung 5.6: Doppelt wirkender Zylinder als Komplexes Objekt FIXME

eindeutige Bezeichnung der Elemente des Graphen kann direkt auf die je-weils benotigte Information zugegriffen und in der Visualisierung umgesetztwerden.Das Beispiel hat gezeigt, wie sich translative Bewegungen durch das Konzeptdes Displacements umsetzen lassen. Daruber hinaus gibt es verschiedene an-dere Moglichkeiten: So kann der Druck im Zylinder durch Farbe dargestelltwerden, wie Abbildung 5.7 zeigt.5

Abbildung 5.7: Visualisierung des Druckverhaltnisses in der linken Kammerdurch Farbkodierung

Die Druckverhaltnisse in der linken Kammer des Zylinders werden im Bond-graphen durch einen C-Knoten modelliert. Um die Farbe zu ermitteln wirdder aktuelle Effort in Beziehung zum maximalen Wert gesetzt und dann alsIndex in die Farbtabelle benutzt.

5Die Druckverteilung im Zylinder ist eigentlich weitaus komplexer, aber da der zugrun-deliegende Bondgraph nur eindimensional definiert ist, kann diese Vereinfachung stattfin-den.

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5.5. VERFEINERUNG VON KOMPLEXEN OBJEKTEN 71

Als Grundlage fur die Visualisierung lassen sich die in Tabelle 3.1 (Seite 30)dargestellten Konzepte benutzen.

5.5 Verfeinerung von Komplexen Objekten

Nach Definition 5.2 besitzt ein Komplexes Objekt keine Notation von Hier-archie bzgl. des zugrundeliegenden Graphen: Alle Visualisierungen basierenauf einem Bondgraphen. Damit lassen sich unterschiedliche Detaillierungs-stufen nur indirekt modellieren, indem die Visualisierungen Daten entwederignorieren oder berucksichtigen, wodurch Ungenauigkeiten in der Berech-nung entstehen. Werden z. B. Reibungsverluste berucksichtigt, ergeben sichandere Werte als ohne deren Berucksichtigung. In den zugrundeliegendenGleichungen druckt sich dieses durch zusatzliche oder fehlende Terme aus –ein Beispiel dazu befindet sich im Anhang A.2.Eine pragmatische Losung ist, mehrere Bondgraphen pro Komplexem Ob-jekt zu erlauben. Eine Visualisierung referenziert den Graphen im gewunsch-ten Detaillierungsgrad. Allerdings wird die Verwaltung von Komplexen Ob-jekten deutlich erschwert, da keine saubere Strukturierung der Visualisie-rungen mehr moglich ist. Fur den Benutzer ist es schwer erkennbar, welcheDarstellung auf welchen Graphen basiert. Ferner lassen sich spatere Erwei-terungen nur schwer erganzen. Aus diesen Grunden wird die Einfuhrung vonVerknupfungen auf der Ebene von Komplexen Objekten bevorzugt, wie sieAbbildung 5.8 zeigt.

Abbildung 5.8: Verknupfung von Komplexen Objekten durch die Relationverfeinert am Beispiel eines Zylinders

Das Objekt ’Zylinder’ ist eine Verfeinerung vom Objekt ’Idealer Zylinder’.Im Gegensatz zur objektorientierten Programmierung besteht keine direkteAbhangigkeit zwischen den Elementen, sondern es werden nur Beziehungendefiniert: Jedes Komplexe Objekt bildet eine eigene Einheit. Damit lasst sicheine strikte Trennung zwischen verschiedenen Detaillierungsstufen und derenVisualisierungen sowie ein modulares Konzept zur Erweiterung realisieren.Der Anwender kann jetzt ein Komplexes Objekt durch ein anderes ersetztenund damit eine schrittweise Verfeinerung der Szene erreichen. Dieses ist nachDefinition 5.2 ebenfalls moglich, jedoch erleichtert die Verlinkung zwischenden Komplexen Objekten die Auswahl, z. B. uber ein Kontext-Menu.Das flexible Auswechseln von Komponenten hat Einfluss auf die Simulation.Um die Erwarmung des Zylinders darzustellen, muss die Warmeentwicklung

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72 KAPITEL 5. KOMPLEXE OBJEKTE – EIN KONZEPT. . .

uber die Zeit integriert werden. Findet ein Wechsel vom einfachen Modellzum verfeinerten statt, so ist keine Warme vorhanden, obwohl der Benut-zer dieses, aufgrund der verstrichenen Zeit, vielleicht erwarten wurde. Eshandelt sich hierbei um keinen Fehler der Simulation, sondern vielmehr istdie Simulationszeit relativ zum Zeitpunkt des Erzeugens eines Objektes zusehen: ΔtObjekt = tAktuell − tErzeugung.

5.6 Zusammenfassung

Komplexe Objekte beinhalten einen realen Teil und verschiedene virtuel-le Perspektiven auf diesen: ein dreidimensionales Modell, ein Symbol, ei-ne Formel, etc. . Dabei muss zwischen funktionalen und nicht-funktionalenDarstellungen unterschieden werden. Eine funktionale Sicht beschreibt dasVerhalten des Objektes; Beispiele fur nicht-funktionale Sichten sind Sche-mazeichnungen, Bilder oder textuelle Beschreibungen.

Abbildung 5.9: Aufbau eines Komplexen Objektes

Durch das MVC-Prinzip lassen sich Komplexe Objekte realisieren. Dabeiwird eine moglichst allgemeine Modellbeschreibung benutzt, um die Gene-ralitat nicht einzuschranken. In dieser Arbeit wird das Konzept mit Bondgra-phen als Formalismus implementiert. Die Sichten sind geometrische Darstel-lungen. Dynamische Parameter, wie z. B. die Position des Zylinderkolbens,werden aus dem Modell abgeleitet und umgesetzt.

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Kapitel 6

Simulation KomplexerObjekte

Die Simulation Komplexer Objekte entspricht der Methode des zugrundelie-genden Formalismus. Dieser bestimmt, wie der Zustand zu einem Zeitpunktberechnet wird. Das Konzept der Komplexen Objekte enthalt keine Vorga-ben bzgl. der Simulation. Stattdessen benutzt es die konkrete Simulations-methode eines Formalismus.

6.1 Vorbemerkung

Bondgraphen sind eine Modellierungssprache. Sie stellen Zusammenhangezwischen Elementen in Systemen auf Basis des Energieaustausches dar.Um mit einem Bondgraphen experimentieren zu konnen, muss dieser in einausfuhrbares Simulationsmodell, den Differentialgleichungen, transformiertwerden. In diesem Kapitel werden die einzelnen Schritte vorgestellt, mitdenen ein Graph in ein Simulationsmodell uberfuhrt wird:

1. Kausalitat zuweisenBestimmung der Ursache/Wirkung als Vorbereitung auf Schritt 2.

2. Gleichungen herleitenHier findet die eigentliche Transformation des Bondgraphen in Diffe-rentialgleichungen statt.

3. Gleichungen losenLosung der Gleichungen mit Hilfe von Verfahren aus der numerischenMathematik. Dieser Schritt ist genau genommen nicht mehr Teil derTransformation, sondern Teil der Simulation. Jedoch kann Schritt 1Auswirkung auf die Komplexitat der numerischen Losung haben.

Zur Veranschaulichung der Konzepte und Algorithmen dient der Bondgraphaus Abbildung 6.1.

73

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74 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

Abbildung 6.1: Beispiel Bondgraph fur dieses Kapitel, links: Ein DC-Motorohne gekoppelte Last, rechts: Bondgraph.

6.2 Bestimmung der Kausalitat

Das Prinzip der Kausalitat wurde bereits in Abschnitt 3.1.2 beschrieben undlasst sich wie folgt zusammenfassen: Kausalitat bestimmt Ursache und Wir-kung. Zur Bestimmung der Differentialgleichungen ist dieser Schritt notwen-dig, wird aber u. a. von Cellier und Karnopp kritisiert (Cellier et al., 1995;Karnopp und Margolis, 2001).Cellier et al. (1995) schreiben dazu: ”Physics is essentially acausal. [...] Yet,the acausal nature of physics is indeed of much concern.“ Er fuhrt weiter aus,dass State-Space-Modelle (siehe nachstes Kapitel) immer in Zuweisungsformgeschrieben werden und somit unterschwellig eine Kausalitat voraussetzen.Cellier (2006) verdeutlicht dieses durch Folgendes: ”There is no physical ex-periment in the world that could distinguish whether I drove my car into atree, or whether it was the tree that drove itself into my car.“ Auch wennKausalitat hauptsachlich fur die Berechnung eine Bedeutung hat, so lasstsich der Prozess der Zuweisung nutzen. Top und Akkermans (1991) fuhrendazu aus, dass zum einen Bondgraphen eine adaquate formale Beschrei-bung fur die Darstellung und Generierung von Kausaliat eines physikali-schen Systems sind und zum anderen die Kausalitatsanalyse selbst wichtigeInformationen uber das modellierte System liefert. Als Beispiele nennen dieAutoren self-containment und feedback. Self-containment bedeutet, dass sichjeder Effort und Flow durch genau eine Gleichung beschreiben lasst, in derdie Variable selbst nicht vorkommt. Dieser Aspekt wird automatisch durchEinhaltung der Regeln (Tabelle 3.2) bei der Kausalitatszuweisung uberpruft.Feedback spricht die Abhangigkeit zwischen Gleichungen an, die im Kapi-tel 6.3 besprochen werden. Insgesamt relativiert sich dadurch die Aussagevon Cellier nicht, aber Kausalitat hat auch eine positive Seite, die allerdingsnicht physikalisch begrundet ist.Im Folgenden werden drei verschiedene Ansatze fur die Zuweisung von Kau-salitat besprochen. Der erste Ansatz ist ein sequentieller Ansatz, der in denmeisten Programmen verwendet wird. Im Anschluss daran wird zunachstein evolutionarer Ansatz und dann ein logikbasierter vorgestellt.

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6.2. BESTIMMUNG DER KAUSALITAT 75

6.2.1 Sequentieller Ansatz

Traditionell wird Kausalitat unter Ausnutzung von lokalen Eigenschaftenzugewiesen und propagiert. Es ist ein sequentielles Verfahren, das bei Ele-menten mit verbindlichen Regeln startet und dann entlang der Struktur desGraphen arbeitet. In der Literatur wird diese Art von Algorithmus als Se-quential Causality Assignment Procedure (SCAP) bezeichnet. Der SCAP-Algorithmus ist in vielen Quellen, z. B. Karnopp et al. (1990),Wahlberg(2006), leicht unterschiedlich in Bezug auf Struktur und Anzahl von Schrit-ten beschrieben.

Algorithmus 6.1. Sequential Causality Assignment Procedure

1. ”Assign mandatory causalities to sources

2. Propagate causalities through junctions, using causality constraints onjunctions, transformers and gyrators

3. Assign desired causality for one storage element. Return to 2 and re-peat until all storage elements have causalities assigned

4. Remaining resistive elements can be given any causality. Choose cau-sality and propagate as in 2 until all elements are assigned“

Wahlberg (2006)

Tabelle 6.1, Seite 74, zeigt die Anwendung von Algorithmus 6.1 auf denTestgraphen.Eine Erweiterung ist der MSCAP-Algorithmus (Modified SCAP), der opti-malere Ergebnisse durch Einbeziehung von graphentheoretischen Erkennt-nissen erzielt (siehe Karnopp et al. (1990)).

6.2.2 Evolutionarer Ansatz

Wong et al. (2002) verfolgen einen anderen Ansatz, indem sie die Problem-stellung der Kausalitatszuweisung in ein Optimierungsproblem transformie-ren. Die Suche nach einer optimalen Losung geschieht mit Hilfe von evoluti-onaren Algorithmen (siehe dazu auch Michalewicz (1999)). Ein evolutionaresProgramm besteht aus einer Menge von Individuen, die jeweils eine mogli-che Losung des Problems darstellen. Jedem Individuum wird ein Maß seinerFitness zugeordnet, das angibt, wie optimal die Losung ist. Im nachstenSchritt wird eine neue Population von Individuen ausgewahlt (Selektion).Einige davon unterlaufen eine Mutation, d.h. eine Veranderung von einzel-nen Genen oder Crossover zwischen zwei Individuen. Diese Schritte werdenso lange ausgefuhrt, bis die Losung gut genug ist.Als Evolutionsstrategie wird PAES (Pareto Archived Evolution Strategy,Knowles und Corne (2000)) eingesetzt, welche auf dem Konzept der Domi-

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76 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

1. Feste Kausalitat bei Quellen 2. Integrale Kausalitat bei Induktoren

3. Propagieren (1-Knoten) 4. Wechselnde Kausalitat bei Gyratoren

5. Integrale Kausalitat bei Induktoren 6. Propagieren (1-Knoten)

Tabelle 6.1: Kausalitatszuweisung nach Algorithmus 6.1

nanz eines Individuums uber eines anderen beruht, um die neue Generationauszuwahlen.

6.2.3 Constraint-Logic-Ansatz

Fattah beschreibt eine weitere Methode, um die kausale Form eines Bondgra-phen zu berechnen. Dazu beschreibt er die Aufgabenstellung als ein boole-sches Optimierungsproblem: ”The causal labeling task is stated declarativelyas a constraint optimization problem in the boolean domain. The presentapproach makes it possible to exploit existing implementions of constraintsolvers within constraint programming languages. This has the advantage ofensuring the soundness and completeness of the causal labelings.“ (Fattah,1996)

Als Sprache verwendet Fattah Prolog. Das Pradikat constraint implemen-tiert die Kausalitatsregeln. Parameter 1 gibt den Knotentyp an. Die kausalenLabels der mit dem Knoten verbundenen Bonds werden als Liste im zweitenParameter gespeichert. Als Letztes erfolgt die Angabe der Kosten, welcheauf den Kausalitatsregeln basieren. Der Sourcecode ist in Fattah (1996) an-gegeben.

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6.3. MOGLICHE KONFLIKTE UND DEREN ERKENNUNG 77

6.3 Mogliche Konflikte und deren Erkennung

Das Zuweisen von Kausalitat kann jedoch zu Problemen fuhren, die sichnegativ auf die Losung des Modells auswirken. Borutzky und Cellier (1996)schreiben dazu: ”Reasonable modeling assumptions lead to algebraic depen-dencies between some state variables [...] Consequently, the mathematicalmodel has the form of a Differential Algebraic Equations (DAE) system.“Differential-algebraische Gleichungssysteme sind komplexer, verglichen miteinfachen Differentialgleichungen, da sie aus zwei Arten von Gleichungenbestehen. Ein Maß dafur ist der sog. Differentationsindex; dieser gibt dieAnzahl von Ableitungen an, die notig sind, um das System in gewohnlicheDifferentialgleichungen zu uberfuhren. Viele Losungsansatze funktionierennur, wenn der Index einen Maximalwert nicht uberscheitet, wobei oftmalsn≤1 gefordert wird (Petzold, 1982; Fabian et al., 2001).Das Handbuch von 20-sim bemerkt allgemein zum Thema Konflikte: ”How-ever, sometimes a causal conflict occurs. This means the model is not correctarithmetically. Often this points out an ill-defined model. Redefinition ofthe ideal physical model will solve the problem. [...] This means the modelcontains an algebraic loop. Models with algebraic loops are generally hard tosimulate.“ (ControllabProducts, 2006)Folgende Konflikte konnen auftreten:

• Verletzung der bevorzugten Kausalitat (Abb. 6.2 a)

• Kausale Pfade (engl. causal paths) zwischen Elementen (Abb. 6.2 b)

• Algebraische Schleifen (engl. algebraic loops, Abb. 6.2 c)

Eine Verletzung der bevorzugten Kausalitat hat zur Folge, dass an Stel-le der Berechnung eines Integrals eine Differentialgleichung tritt, was z.T.Auswirkung auf die numerische Stabilitat hat (vgl. Samantaray (2001)).Entscheidend ist hier die Wahl des numerischen Verfahrens.Ein kausaler Pfad ist definiert als Weg zwischen zwei Elementen gleichenTyps, wobei die Bonds dieselbe Richtung der Kausalitat aufweisen (vgl.Definition 6.1) und die Richtung der Pfeile dabei ignoriert wird. KausalePfade fuhren zu Differential Algebraic Equations, d.h. zu Abhangigkeitenzwischen Variablen.Als Beispiel einer algebraischen Schleife zeigt Banerjee (2005) den Graphenaus Abbildung 6.2 c). Die Abhangigkeit besteht dabei zwischen f2 und e6,d.h. zur Berechnung von f2 wird e6 und fur e6 f2 benotigt:e1 = se1f4 = i1state/i1e7 = c1state/c1f2 = e2/r1 = (e1 − e5)/r1 = (e1− (e6 + e7))/r1 = (se1− e6 − c1state/c1)/r1e6 = r2 · f6 = r2 · f5 = r2 · (f3 − f4) = r2 · (f2 − i1state/i1)

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78 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

a) b)

c)

Abbildung 6.2: Bondgraphen mit Konflikten: a) Verletzung der bevorzugtenKausalitat, b) Kausaler Pfad zwischen I und C Elementen sowie eine kausaleSchleife, c) Algebraic Loop zwischen e2 und f6

Definition 6.1. Kausale Pfade (engl. causal paths)

”Bond path between two ports of the type C, I, R, Se, or Sf via the (G)JS[Junctions] containing 0, 1, TF and GY in such a way that the causal strokeshave one direction with the exception of a path through a GY where thisdirection is always changed. A causal path is equivalent with a signal loop ina block diagram or signal flow graph except for the case that a source portis involved.“

(Breedveld, 2003)

Da zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten vorliegen, kann durch Um-formen die Abhangigkeit aufgelost werden. Bode (2006) beschreibt alge-braische Schleifen folgendermaßen: ”Da zwischen dem Eingangssignal unddem Ausgangssignal des Vorwartszweiges und des Ruckfuhrzweiges keineZeitverzogerung auftritt, gilt wahrend eines Rechenschrittes: Eingangssignalgleich Ausgangssignal gleich Eingangssignal oder Ursache gleich Wirkunggleich Ursache!“

Erkennung von Konflikten

Der Algorithmus 6.2 ist eine Implementierung zur Erkennung von kausa-len Pfaden und Schleifen in Bondgraphen in Prolog.1 Diese Sprache wurde

1Prolog lasst sich auf die Arbeiten von Alain Colmerauer und Phillipe Roussel (Frank-reich 1970/71) zuruckverfolgen. Ursprunglich war Prolog als Programmiersprache zumVerarbeiten von naturlichsprachigen Text entworfen worden. In verschiedenen Schrittenentwickelte sich daraus die heutige Programmiersprache. Ausfuhrlich ist die Geschichte in

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6.3. MOGLICHE KONFLIKTE UND DEREN ERKENNUNG 79

deshalb gewahlt, weil die Regeln kompakt und elegant dargestellt werdenkonnen. Ein kausaler Pfad causalpath ist zwischen zwei Speicherelementen(C oder I, erstes Pradikat) bzw. zwischen R-Elementen definiert (zweitesPradikat). Bei der Traversierung des Graphen wird nun die Richtung derPfeile ignoriert und nur auf die gleichbleibende Kausalitat (bei GY inver-tiert sich die Kausalitat) geachtet. Elemente von Bondgraphen werden wiefolgt zusammengefasst:

• 0 und 1-Knoten als junction

• C und I als storage

• SE und SF als source

• R als resistor

• GY und TF bleiben erhalten.

Knoten werden durch node(Name, Typ) in Prolog reprasentiert, Kanntendurch das Pradikat edge(Von, Nach, Kausalitat). Der dritte Parametervon edge gibt an, ob sich der kausale Strich beim Start- oder Zielknoten derKannte befindet. Der Bondgraph aus Abbildung 6.2 b) wird damit durchfolgende Wissensbasis abgebildet:

node(se1, source).node(j1, junction).node(j2, junction).node(j3, junction).node(j4, junction).node(i1, storage).node(c1, storage).

edge(se1, j1, 1).edge(j1, se1, 0).edge(j2, j1, 0).edge(j1, j2, 1).edge(j3, j2, 0).edge(j2, j3, 1).edge(j3, c1, 0).edge(c1, j3, 1).

edge(j2, i1, 1).edge(i1, j2, 0).edge(j3, j4, 1).edge(j4, j3, 0).edge(j4, j1, 1).edge(j1, j4, 0).edge(j4, r1, 1).edge(r1, j4, 0).

Der folgende Text zeigt die Erkennung der Konflikte am Beispielgraphen.Um alle moglichen Losungen zu finden, wird der ’ ’-Operator von Prologverwendet. Jetzt werden alle Losungen gesucht, bei denen das Pradikatcausalpath wahr ist. Aus Ubersichtsgrunden wird hier nur die erste Losunggezeigt.

Welcome to SWI-Prolog (Multi-threaded, Version 5.6.14)Copyright (c) 1990-2006 University of Amsterdam.?- consult(’prolog.pl’).% prolog.pl compiled 0.00 sec, 4,960 bytesYes

Colmerauer und Roussel (1996) beschrieben. Zur Sprache selber siehe Nilsson und Malus-zynski (1995) und Louden (1994).

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80 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

?- causalpath(_, _, P).P = [c1, j3, j4, j1, j2, i1]Yes?- causalloop(_, L).L = [j2, j3, j4, j1, j2]Yes

Algorithmus 6.2. Erkennung von kausalen Pfaden

% Pradikat zur Erkennung kausaler Pfade

causalpath(A, B, Path) :- cp(A, B, storage, Path).

causalpath(A, B, Path) :- cp(A, B, resistor, Path).

% Pradikat zur Erkennung von Schleifen

causalloop(A, Path) :- path(A, A, 0, [A], Path).

causalloop(A, Path) :- path(A, A, 1, [A], Path).

% Hilfspradikate

cp(A, B, Type, Path) :- path(A, B, 0, [A], Path),

node(A, Type), node(B, Type).

cp(A, B, Type, Path) :- path(A, B, 1, [A], Path),

node(A, Type), node(B, Type).

path(A, B, C, Visited, [B|Visited]) :- edge(A, B, C).

path(A, B, C, Visited, Path) :- edge(A, X, C),

X \== B, \+member(X, Visited), node(X, gyrator),

D is 1-C, path(X, B, D, [X|Visited], Path).

path(A, B, C, Visited, Path) :- edge(A, X, C), X \== B,

\+member(X, Visited), not(node(X, gyrator)),

path(X, B, C, [X|Visited], Path).

6.4 Herleitung der Gleichungen

Bondgraphen lassen sich durch Algorithmus 6.3 in Gleichungen uberfuhren.Der Algorithmus selbst wird in vielen Quellen erwahnt, jedoch mit leichtanderen Formulierungen.

Algorithmus 6.3. Herleitung der Gleichungen

1. ”Mark flow(effort) variables on bonds of flow(effort) sources

2. Mark effort(flow) variables on bonds of flow(effort) storages

3. Determine unknowns via constitutive relations, junction constraints“

Wahlberg (2006)

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6.4. HERLEITUNG DER GLEICHUNGEN 81

Als Erstes werden die offensichtlichen Elemente bestimmt, danach werdenunbekannte durch Ausnutzung der bestehenden Informationen und Ein-schrankungen von Knoten ermittelt. Abbildung 6.3 zeigt das Ergebnis furden Testgraphen.

Abbildung 6.3: Bondgraph mit ermittelten Gleichungen

Da jetzt die Formeln fur jeden Effort und Flow im System bekannt sind,lassen sich die Gleichungen zur Simulation ableiten. Ausgangspunkt sinddie Definitionen der C- und I-Elemente sowie die ermittelte Kausalitat. Furinduktive Elemente mit integraler Kausalitat (⇀ |I) gilt:

f(t) =1I

∫ t

0edt (6.1)

Flow wird dabei als Integral uber Effort berechnet. Bei differentieller Kau-salitat (| ⇀ I) muss stattdessen

e = Idf

dt(6.2)

berechnet werden. Entsprechendes gilt fur kapazitive Elemente (vgl. dazuKapitel 3.2, Seite 32). Integrale Kausalitat hat den Vorteil, dass ”der Grundintegriert wird um den Effekt zu berechnen“. Auch aus der Sicht der nume-rischen Stabilitat ist das Integral vorzuziehen, wie Samantaray (2001) an-merkt: ”[...] differential causality needs differentiation of the cause at present(that cannot be found properly, since the future is not known) to arrive at theeffect. Hence differential causality makes system dependent on future[...].“

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82 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

Das verwendete Verfahren (Algorithmus 6.3) zur Ermittlung der Gleichun-gen unterscheidet sich von dem bei 20-sim benutzten. Gleichungen werden,laut 20sim (2006), dort nicht direkt den Bonds zugeordnet, sondern als ein-zelne Gleichungen erzeugt. Durch Umformung und Einsetzung werden unbe-kannte Variablen eliminiert. Aus programmiertechnischer Sicht ist es jedocheinfacher direkt auf dem Graphen zu operieren, da man sowieso dessen Ei-genschaften ausnutzt. Der Weg uber die Gleichungen scheint ein Umwegzu sein. Dazu kommt ein hoherer Aufwand bei der Implementierung dersymbolischen Mathematik zum Umformen und Einsetzen. Deshalb wurdeentschieden, direkt auf den Graphen zu arbeiten. Im Anhang A.1 sind zumVergleich die von 20-sim ermittelten und eliminierten Gleichungen angege-ben. Schon bei diesem einfachen Graphen wurden 22 Ersetzungen vorge-nommen. Solange keine kausalen Pfade vorhanden sind, ist dieses Verfahrendeutlich effizienter. Andernfalls muss auch der Weg uber die Umformungvon Gleichungen eingeschlagen werden.

6.4.1 State-Space-Reprasentation

State Space Representation (SSR) ist eine mathematische Beschreibung ei-nes Systems auf Basis von Eingabe �u, Ausgabe �y und Zustandsvariablen�x. Eingaben entsprechen Quellen (SE und SF Knoten) im Bondgraphen.Die Variablen �x beschreiben den Zustand des gesamten Systems zu einemZeitpunkt durch Differentialgleichungen erster Ordnung. Jedes dynamischeElement (C, I) besitzt eine Zustandsvariable. Alle anderen Bauteile (R, 0, 1,GY, TF) besitzen eine lineare Relation zwischen Ein- und Ausgang (vgl. Ab-schnitt 3.2). Der aktuelle Wert von Effort und Flow an bestimmten Punktenim Graphen lasst sich in Abhangigkeit von x und u ermitteln (vgl. Abbildung6.3).Die allgemeine Matrixform der State-Space-Gleichung lautet:

d�x

dt= A�x + B�u (6.3)

�y = C�x + D�u (6.4)

x, y, u sind Vektoren; A,B,C,D Matrizen. Die Große der Matrizen hangt vonden Vektoren x, u und y ab. Betragt die Dimension von �x = n, �u = p und�y = q, so ist A eine quadratische Matrix der Dimension n× n, dim(B)=n×p, dim(C)=q × n und dim(D)=q × p. Die Dimension von x (u) ist gleichder Anzahl von C- und I-Elementen (SE- und SF-Elemente) im Graphen.Die Ausgaberelation (Gleichung 6.4) hat in diesem Zusammenhang keineBedeutung, sie wird vor allem im Bereich der Kontrolltheorie verwendet(siehe (Gajic und Lelic, 1996, Kapitel 10)).Die Matrixform der SSR hat den Vorteil, dass sie eine kompakte Beschrei-bung und einfache Losung der Differentialgleichungen ermoglicht. Matrizen-und Vektoroperationen bilden dabei die Grundlage. In dieser Darstellung

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6.4. HERLEITUNG DER GLEICHUNGEN 83

lassen sich die Gleichungen effizient mit dem Computer numerisch losen(vgl. Intel (2006), BLAS Level 2 Routinen). Die Matrixform kann nur be-nutzt werden, wenn die Differentialgleichungen linear sind. Fur nicht lineareSysteme muss folgende Form verwendet werden:

x(t) = f(t, x(t), u(t)) (6.5)y(t) = h(t, x(t), u(t))

Eine kompakte Zusammenfassung der Begrifflichkeiten und deren Definiti-on findet man in Hogan (2002). Die Carnegie Mellon Universitat bietet inKooperation mit der Michigan Universitat Tutorials zur Kontrolltheorie an.Dabei ist hier vor allem das State Space Tutorial von Messner und Tilbury(1997) interessant.Betrachten wir als Beispiel den Graphen aus Abbildung 6.1. Es gibt eineEffort-Quelle und zwei induktive Elemente. Damit werden zwei Zustands-variablen (x0 und x1) und eine Inputvariable (u0) zur Beschreibung desSystems benotigt. Folgende Differentialgleichungen lassen sich fur den Gra-phen ermitteln:

x0 =1i1

· (u0 − x0 · r1 − x1 · gy1)

x1 =1i2

· (x0 · gy1 − x1 · r2)

Umgeformt in die SSR sieht das System so aus:(

x0

x1

)=

(−r1i1

−gy1i1

gy1i2

−r2i2

)·(

x0

x1

)+

(10

)· (s0

)(6.6)

Die Ausgaberelation y ist hier nicht angegeben, da keine explizite Ausgabedefiniert ist.Bisher wurde stillschweigend davon ausgegangen, dass Parameter wahrendder Laufzeit konstant sind. Bei Gleichung (6.6) handelt es sich um ein kon-tinuierliches, zeitinvariantes System, da sich die Matrizen A und B nichtmit der Zeit andern. Ansonsten wurde ein kontinuierliches, zeitvariantesSystem vorliegen, z. B. wenn ein regelbarer Widerstand in einem elektri-schen Schaltkreis vorhanden ist. Eine ausfuhrliche Ubersicht der verschiede-nen StateSpaceFormen findet sich in Gajic und Lelic (1996).

6.4.2 Simulation

Nachdem alle Gleichungen bekannt sind, kann das System simuliert werden,d.h. dessen Zustand zu einem Zeitpunkt t berechnet werden. Die Simulationbesteht dabei aus der Auswertung von Integralen und Differentialen.Differentiale lassen sich kompakt in der Matrixform (State Space Repre-sentation) darstellen, wodurch sich effiziente Algorithmen entwickeln lassen.

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84 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

Unterstutzung bieten dazu die Single Instruction Multiple Data (SIMD) Be-fehlssatze heutiger Prozessoren, z. B. SSE-3 (Intel, 2004).

Der aktuelle Zustand von �x und �u wird durch Algorithmus 6.4 ermittelt.Im ersten Schritt wird das System auf seinen Initialzustand gesetzt. Da-nach wird mit fester Schrittweite der Folgezustand ermittelt.2 Als nachsteswird der Zustandsvektor �u der Quellen aktualisiert, da sich Quellen mit derZeit andern konnen (z. B. bei oszillierenden Quellen). Anschließend findetdie Berechnung der Integrale und Differentiale statt (Schritt 3-5). Schritt5 ist aufgrund der Verzahnung zwischen der Berechnung der Integrale undDifferentiale notwendig. Wurde man Vorgang 3 und 5 gleichzeitig ausfuhren,so wurde der Zustandsvektor aus Werten der Zeiten tn−1 und tn bestehen.Damit greift eine Differentialgleichung u.U. auf zukunftige Werte zu. Umdies zu vermeiden wurde der Zwischenschritt eingefuhrt.

Zur Bestimmung der Ableitung von x wurde Eulers Forward Rule benutzt.In der Literatur wurde gezeigt, dass sich dabei Fehler fortpflanzen: ”Onedrawback of this method is that every step incurs some error that tends tobuild up.“ (Banerjee, 2005, S. 155) Grund dafur ist, dass diese Methode nurden Anfang des Intervalls in die Berechnung mit einbezieht. Besser ist dieBenutzung von akkurateren Verfahren, wie z. B. Rutta-Kunge und adaptiveSchrittgroßen. Eine fortgeschrittene Ubersicht und Diskussion findet man inPress et al. (1992).

Nach Schritt 5 sind x und u zu einem Zeitpunkt bekannt und jeder Effortund Flow im System kann auf Basis der bei der Herleitung ermittelten Glei-chungen berechnet werden. Abbildung 6.4 zeigt das ermittelte System zurSimulation des Beispielgraphen und dessen Parametern. Die Werte der zweiZustandsvariablen sind in Abbildung 6.5 dargestellt.

6.5 Zusammenfassung

Bondgraphen mussen in ein Simulationsmodell, den Differentialgleichungen,transformiert werden. Zur einfacheren Losung und kompakten Darstellungder Gleichungen werden diese in die State-Space-Reprasentation umgeformt.Jetzt kann das Gleichungssystem mit Hilfe von Matrizen- und Vektorope-rationen gelost werden. Da heutige Prozessoren vektorielle Erweiterungenbesitzen, lassen sich effizente Implementierungen erstellen.

2Eine Optimierung ware die Benutzung einer variablen Schrittweite, wie z. B. in Ba-nerjee (2005) beschrieben.

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6.5. ZUSAMMENFASSUNG 85

Algorithmus 6.4. Iteration zur Ermittlung des aktuellen Zustandes

1. Initialzustand herstellen

x = xinital, t = 0

2. Eingabewerte aktualisieren

foreach(u in sources):uvalue = actual value

3. Integrale berechnen

foreach(ig in integrals):igvalue += evalutate(igexpression, current state) · Δt / igparameter

4. Differentiale berechnen, wenn A �= id ∨ B �= 0

x = A·x + B·ux += x · Δt

5. Zustandsvektor der Integrale anpassen

foreach(ig in integrals):x[igindex] = igvalue

6. Zeit inkrementieren

t += Δt

7. Gehe zu 2.

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86 KAPITEL 6. SIMULATION KOMPLEXER OBJEKTE

Abbildung 6.4: Fur den Beispielgraphen ermitteltes Simulationssystem

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0 1 2 3 4 5 6 7 8Zeit [s]

’i1.state’’i2.state’

Abbildung 6.5: Simulationslauf des Systems

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Kapitel 7

Prototyp einermulti-perspektivischenUmgebung

In diesem Kapitel wird das Design und die Implementierung eines Pro-totypen einer multi-perspektivischen Modellier- und Simulationsumgebung(kurz mpmod), auf Basis der Komplexen Objekte, vorgestellt. Der Prototypwird genutzt, um die praktische Anwendbarkeit zu zeigen und eine Umge-bung zum Testen des Konzeptes zu besitzen. Anhand von Beispielen werdendie Vorteile von verschiedenen Perspektiven eines Objektes demonstriert.

7.1 Systemdesign und -Architektur

Der Begriff Softwaredesign beschreibt einen iterativen Prozess, der den Auf-bau, das Verhalten und die Interaktionen von Komponenten definiert: ”. . . thefundamental organization of a system, embodied in its components, their re-lationships to each other and the environment, and the principles governingits design and evolution“ (ANSI/IEEE Std 1471, 2000). Fur eine Ubersichtund eingehendere Beschreibung der Methoden und Vorgehensweisen sei u. a.auf Reussner und Hasselbring (2006), Abran et al. (2004) und Sommerville(1995) verwiesen.Ziel des Designs ist es, eine moglichst enge Bindung zwischen Konzept (Defi-nition 5.2, Seite 66) und Implementierung zu erhalten und gleichzeitig einenmodularen Aufbau zu bewahren, um die Implementierung auch in anderenKontexten und Projekten einsetzen zu konnen.Die Grundlage des Prototyps bildet eine dreigeteilte Architektur, wie inAbbildung 7.1 dargestellt:

1. Bondgraphen bilden die Basis fur die Modellierung und Simulation.Es werden Funktionen zum Laden, Speichern und zur Herleitung des

87

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88 KAPITEL 7. PROTOTYP

Abbildung 7.1: Architektur zur Implementierung einer multi-perspektivischen Modellier- und Simulationsumgebung

Simulationsmodells bereitgestellt.

2. Auf Basis der Bondgraphen wird das Konzept der Komplexen Objek-te implementiert. Zusatzlich werden Klassen fur die Darstellung derPerspektiven eines Objektes und zum Laden und Speichern definiert.

3. Die Anwendungebene: Eine exemplarische Implementierung einerModellier- und Simulationsumgebung fur Komplexe Objekte.

Diese Struktur ermoglicht eine flexible Verwendung der Komponenten in an-deren Anwendungen. Um die Interoperabilitat zu erhohen, sollen u. a. fur dieSpeicherung und die Visualisierung existierende Standards verwendet wer-den. Damit kann auf verschiedene, bereits existierende Tools zuruckgegriffenwerden:

• Extensible Markup Language (XML)http://www.w3.org/XML/XML ist ein flexibles Dateiformat zur Speicherung von Daten.

• XML-Schema (XSD)http://www.w3.org/XML/Schema

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7.1. SYSTEMDESIGN UND -ARCHITEKTUR 89

Durch die Verwendung von XML-Schema kann eine uberprufbare Struk-tur und Semantik von XML-Dokumenten festgelegt werden.

• Extensible Hypertext Markup Language (XHTML)http://www.w3.org/TR/xhtml1/XHTML ist die Neuformulierung von HTML in XML, die das Gerustfur (Debug-)Ausgaben bilden soll.

• Mathematical Markup Language (MathML)http://www.w3.org/TR/REC-MathML/MathML beschreibt mathematische Ausdrucke in XML zur Darstel-lung und Verarbeitung im Web und anderen Applikationen. MathMLsoll in Kombination mit XHTML fur die Visualisierung eines Simula-tionssystems verwendet werden.

• Scalable Vector Graphics (SVG)http://www.w3.org/TR/SVG/SVG beschreibt zweidimensionale Vektorgrafiken in XML, welche alsGrundlage fur die Visualisierung der Perspektiven benutzt wird.

• Extensible 3D (X3D)http://www.web3d.org/x3dX3D ist das Gegenstuck zu SVG und beschreibt dreidimensionale Sze-nen.

Die Systemarchitektur wird durch die Module BondGraphs, ComplexObjectsund die Anwendung abgebildet.

7.1.1 Bondgraphen

Das Modul BondGraphs teilt sich in vier Unterpakete auf. Core definiert diegrundlegenden Strukturen fur Bondgraphen. Math beinhaltet u. a. Routinenzur Verarbeitung von Ausdrucken, wie sie bei der Herleitung der Gleichungenbenotigt werden. IO implementiert die von Core bereitgestellte Schnittstellezum Laden und Speichern von Bondgraphen. Simulation stellt Klassen zurSimulation von Bondgraphen zur Verfugung.

Core

Abbildung 7.2 zeigt die durch die Klassenhierarchie festgelegte Ontologieder Implementierung von Bondgraphen. Basis ist die Klasse Element, wel-che ein generisches Attributsystem implementiert, wodurch es moglich ist,beliebige Attribute Graphelementen zuzuweisen (siehe dazu auch Abschnitt7.2.2). Knoten erweitern die Klasse Node, wobei keine weitere Unterteilungstattfindet.

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90 KAPITEL 7. PROTOTYP

Abbildung 7.2: BondGraphs.Core-Architektur

Gruber (1993) definiert eine Ontologie als ”an explicit specification of aconceptualization“ (S. 199), d.h. eine Sicht auf ein System wird durch einestandardisierte Terminologie und Beziehungen zwischen Entitaten beschrie-ben. In vielen Bereichen gibt es nicht nur eine Terminologie, sondern oft-mals verschiedene miteinander konkurrierende (Hesse, 2002). Ursprunglichwar in der Architektur eine Klassifikation nach der Anzahl von Ports vor-gesehen (vgl. Abschnitt 3.2). In Kapitel 6.3 wurde jedoch eine alternativeEinteilung aufgezeigt, in der Knoten entsprechend des Typs zusammenge-fasst werden. Beide Schemata gleichzeitig zu unterstutzen, ist, mit Blick aufheutige Programmiersprachen, nicht einfach ohne weiters moglich (z. B. we-gen Mehrdeutigkeiten und nicht unterstutzter Mehrfachvererbung). Deshalbwird auf eine feinere Klassifikation verzichtet und diese durch verschiedeneOntologien ersetzt (Abbildung 7.3). Je nach verwendeter Ontologie ist ein

Abbildung 7.3: Ontologien zur Anreicherung der Klassenstruktur

SE-Knoten entweder vom Typ SinglePort oder Source. Der Vorteil ist, dassdie Doppeldeutigkeit der Vater-Kind-Beziehung in der Ontologie nicht zueinem Konflikt fuhrt und eine eindeutige Klassenhierarchie in der Program-miersprache gewahrt wird. Ontologien lassen sich zur Laufzeit hinzufugen,so dass eine flexible Klassifizierung entsteht. Die vollstandigen Ontologien

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7.1. SYSTEMDESIGN UND -ARCHITEKTUR 91

sind in Anhang A.4 aufgefuhrt. Eine aktive Diskussion zu diesem Themawird unter http://www.codeproject.com/csharp/ontology.asp gefuhrt.

Math

Das Modul Math implementiert Strukturen zur Beschreibung von Ausdrucken,wie sie z. B. bei der Herleitung der Gleichungen fur Effort und Flow benotigtwerden. Mathematische Ausdrucke werden als Baume mit Knoten vom TypIExpression beschrieben:

Expression := Branch | Constant | Variable | null.Branch := Expression ("+"|"-"|"*"|"/") Expression.Constant := Float.Variable := String.

Die Enumeration EncodingScheme wird benutzt, um den Ausdruck in ver-schiedene Darstellungen zu konvertieren.

Abbildung 7.4: BondGraphs.Math-Architektur

Simulation

Die Simulation wird durch drei Hauptklassen abgebildet: Im ersten Schrittwird die Kausalitat des Graphen durch CausalStrokes bestimmt. Danachwerden die Gleichungen fur Effort und Flow hergeleitet (Equations). AufBasis der Gleichungen wird dann ein Simulator erzeugt. Die Architekturfolgt der in Kapitel 6 eingefuhrten Struktur.

Abbildung 7.5: BondGraphs.Simulation-Architektur

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92 KAPITEL 7. PROTOTYP

7.1.2 Komplexe Objekte

Komplexe Objekte besitzen virtuelle Anschlusse, Connector, uber die siemit anderen Objekten gekoppelt werden konnen. Konkretisiert werden diePositionen (Location) der Ein- und Ausgange durch die gewahlte Darstel-lung (Representation). Die Klasse Resource soll die virtuellen Anteile ineiner ZIP-Datei zusammenfassen, um die Verwaltung und den Zugriff, z. B.uber Web-Server, zu vereinfachen.

Abbildung 7.6: Architektur der Komplexen Objekte

7.2 Aspekte der Implementierung

Bei der Entwicklung wurde ein iteratives und reflektierendes Vorgehen inAnlehnung an das Extreme Programming Paradigma (Wolf et al., 2005)gewahlt. Der Schwerpunkt lag auf der Einfachheit und dem Feedback: Sowurden z. B. wahrend der Entwicklung viele Aspekte der Anwendung alsPrototyp implementiert, die wieder verworfen wurden, bzw. nach einemFeedback durch Testpersonen in geanderter Form eingeflossen sind.Fur die Implementierung1 wurde die Hochsprache C# und das .NET Fra-mework gewahlt. Die nachsten Abschnitte gehen auf ausgewahlte Aspekteder Implementierung ein.

7.2.1 Ontologie(n)

Implementiert sind die Ontologien durch die E56.Ontology-Bibliothek. Die-se stellt Klassen zur Annotation von bestehenden Objekten zur Verfugung.SemanticType ist das Gegenstuck zur System.Type-Klasse von C# und bil-det die Grundlage fur die Hierarchie. Ein semantischer Typ ist virtuell, wennkeine C#-Klasse mit dem Namen existiert; ansonsten werden Querverweisezur C#-Typinformation hinterlegt. SemanticObject erweitert die Basisklas-se System.Object um semantische Informationen. Um eine Klasse in einerOntologie nutzen zu konnen, muss diese von SemanticObject abgeleitetsein. Den Prozess der Anreicherung verdeutlicht das folgende Beispiel:

1Der Quelltext ist unter http://www.mpmod.de verfugbar.

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7.2. ASPEKTE DER IMPLEMENTIERUNG 93

class Element : SemanticObject { ... }class Node : Element { ... }class SE : Node { ... }class SF : Node { ... }

Der Anwender kann verschiedene Ontologien laden und anwenden:

SemanticObject.Parse("by-port.xml");SemanticObject.Parse("by-type.xml");

Jetzt steht neben der ublichen Typinformation eine zusatzliche Klassifizie-rung zur Verfugung:

// Instantiieren einer KlasseSF sf = new SF();// Zugriff auf dessen semantischen TypSemanticType root = sf.SemanticType;

// Im Schema ’by-port’ handelt es sich um ...SemanticType st1 = sf.IsA("by-port");Console.WriteLine("’by-port’: {0} is a {1}", root, st1);

// Im Schema ’by-type’ handelt es sich um ...SemanticType st2 = sf.IsA("by-type");Console.WriteLine("’by-type’: {0} is a {1}", root, st2);

Mit Hilfe der Property SemanticType findet der Zugriff auf die semantischenTypinformationen statt. Dazu wird der C#-Typ in Beziehung mit dem se-mantischen Typ gesetzt (entspricht den gestrichelten Linien von Abbildung7.3, S. 88). Die Methode IsA(string schema) traversiert die definierte isA-Beziehung des gewahlten Schemas und gibt das Vaterobjekt zuruck. DasErgebnis sieht wie folgt aus:

’by-port’: [SF/BondGraphs.Core.SF] is a [SinglePort/virtual]’by-type’: [SF/BondGraphs.Core.SF] is a [Source/virtual]

Durch dieses Verfahren steht eine dynamische Klassifizierung zur Verfugung,welche die bestehende Hierarchie um zusatzliche Informationen erganzt. Ins-besondere konnten damit u. a. hart codierte switch-case-Abfragen aufgelostwerden. Benutzt werden die Ontologien u. a. beim Exportieren nach Prologzur Kausalitatsanalyse (vgl. Abschnitt 6.3). Zurzeit ist als einzige BeziehungisA implementiert, was fur den Anwendungsfall ausreichend ist. Das Kon-zept ermoglicht die Unterstutzung von anderen Beziehungen zur Abbildungkomplexerer Ontologien.Basis der Implementierung bildet die System.Reflection API, durch diezur Laufzeit auf Klassen, Methoden und Variablen zugegriffen werden kann.

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94 KAPITEL 7. PROTOTYP

Die Ontologie selbst wird in einem einfachen XML-Format beschrieben, wel-ches langfristig durch OWL ersetzt werden soll. Die Web Ontology Langua-ge2, kurz OWL, ist ein Standard zur formalen Beschreibung der Semantikvon Eigenschaften, Relationen und Klassen einer Domane, so dass diese ma-schinell verarbeitet und verstanden werden konnen.

7.2.2 Attributsystem

Das BondGraphs.Core-Modul bildet die Grundlage fur das gesamte System.Um spatere Erganzungen oder zusatzliche Parallelstrukturen zu vermeidenwird ein allgemeines Attributsystem verwendet, welches es erlaubt, beliebigeC# Objekte Graphelementen zuzuweisen. Attribute werden dazu als Key-Value-Paare in einer Hashtabelle gespeichert.Effizient ist dieses Design aus zweierlei Grunden: Zum einen kann jederDatentyp gespeichert werden und zum anderen reorganisiert sich die Klasseselbststandig, um einen ausgewogenen Lastfaktor zu ermoglichen.3

Beim Speichern werden die Attribute eines Elementes als Key=’Value’Paarein der XML-Datei gespeichert – Temporare Parameter, beginnend mit %,werden ignoriert. Value ist eine Stringdarstellung der Datenstruktur, diemittels der C#-Standardmethode ToString() erzeugt wurde. Beim Einle-sen werden benutzerdefinierte XML-Parameter an einen registrierten Parserweitergeleitet, der das entsprechende C#-Objekt erzeugt. Falls kein Parserfur einen Parameter registriert ist, wird das Attribut als String gespeichert.

7.2.3 Speicherformat von Bondgraphen

Als Dateiformat fur Bondgraphen kommt nicht das in Borutzky (2005)beschriebene BGML-Format zum Einsatz, sondern ein eigenes. Diese Ent-scheidung fiel augrund der Festlegung auf bestimmte Attribute bei BGML.Damit weist das Format nicht die benotigte Flexibilitat auf. Ein weitererUnterschied ist, dass im Prototypen keine Gleichungen fur die Spezifikati-on zugelassen sind. In BGML ist es moglich, Gleichungen und Bondgraph-Elemente miteinander zu mischen. Das hier verwendete XML-Format ist inAnhang B.1 beschrieben. Zur Interoperabilitat wird eine Importfuntion furdas BGML-Format bereitgestellt.

7.2.4 Skripting

Einige Operationen erfordern ein Skriptinterface, um z. B. eine oszillieren-de Quelle zu erzeugen. Dazu wird hier keine neue Sprache entwickelt, son-dern C# selbst eingesetzt. Somit sind auch komplexe Interaktionen zwischen

2http://www.w3.org/2004/OWL/3Siehe dazu MSDN Webseite http://msdn2.microsoft.com/de-de/library/system.

collections.hashtable.aspx, 18.4.2007

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7.2. ASPEKTE DER IMPLEMENTIERUNG 95

Skript und Bondgraph moglich, da alle Sprachelemente und externe Biblio-theken verwendet werden konnen. Die .NET Runtime-Umgebung enthaltCompiler, die das Skript zur Laufzeit automatisch ubersetzen. Dadurchnutzt man auch evtl. vorhandene Just-in-time-Compiler aus und erhalt einehohe Performanz und Flexibilitat. Durch die Architektur von .NET ist esmoglich, verschiedene Sprachen (u. a. Ada, Lisp, Python und Java) mitein-ander zu mischen, wobei z. Zt. nur C# unterstutzt wird.Implementiert ist das Interface in der Klasse Script durch die folgendeMethode: virtual void Execute(float time, object[] args). Das er-ste Argument time gibt die Simulationszeit in Sekunden an. Danach folgenoptional weitere Parameter. Die Klasse Script wird in unterschiedlichen Kon-texten eingesetzt, z. B. zur Aktualisierung der Darstellung auf Basis aktuellerSimulationsdaten.

7.2.5 Komplexe Objekte

Der virtuelle Anteil eines Komplexen Objektes wird als ein ZIP-komprimiertesArchiv verwaltet, in dem alle dazugehorigen Dateien (XML, Bilder, . . . ) zu-sammengefasst sind.Jedes Archiv enthalt ein Manifest, ComplexObject.xml, in der das Objektbeschrieben ist (Pfadangaben sind relativ zum Archiv). Dieses vereinfachtdie Verwaltung und Benutzung, insbesondere bei der Verteilung auf unter-schiedliche Rechner bzw. der Bereitstellung auf einem Webserver. Ein Kom-plexes Objekt wird uber seine URL lokalisiert. Liegt die Datei auf einemWebserver, so wird diese automatisch in einen lokalen Cache geladen unddann verwendet.

Abbildung 7.7: XML-Schema der Struktur eines Komplexen Objektes

Abbildung 7.7 zeigt die Struktur des Manifestes. Zunachst werden die An-schlusse des Objektes festgelegt, deren Namen den Ports im Bondgraphen

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96 KAPITEL 7. PROTOTYP

entsprechen mussen. Die verschiedenen Perspektiven werden durch das Ele-ment Representation definiert. Der Parameter name bezeichnet die Artder Perspektive, z. B. Symbol, 3D-Zeichnung oder Foto, die Grafik wirddurch den Parameter url angegeben. Location gibt die konkrete Positi-on der vorher definierten Konnektoren bzgl. der Darstellung an. Optionalfolgt dann noch ein Skript, welches die Visualisierung entsprechend des ak-tuellen Zustandes aktualisiert. Als Skriptargumente werden der Bondgraphund Szenengraph des Komplexen Objektes (args[0] und args[1]) uberge-ben. Beliebige externe C#-Bibliotheken konnen uber den using Parametereingebunden werden.Die Definition eines einfach wirkenden Zylinders mit einer symbolischen Dar-stellung (vgl. Abbildung 7.8) sieht z. B. wie folgt aus:

<ComplexObject name="SingleActingCylinder"><Connector name="in" type="air" /><BondGraph use="sac.xbg" />

<Representation name="symbolic" url="sac.svg"><Location name="in" x="7.61" y="39.29" /><Script using="E56.Space.Engine">BondGraph bg = args[0] as BondGraph;Group grp = args[1] as Group;Bond bond = bg.FindBond("display");

Transform dcs = grp["root.piston"] as Transform;float d = (float) bond["%displacement"];if (dcs != null)dcs.Matrix.Translation(d * 10.0, 0.0, 0.0);

dcs = grp["root.spring"] as Transform;if (dcs != null) {dcs.Matrix.Scale(1.0 - d / 5.0, 1.0, 1.0);dcs.Matrix.Translation(d*15.0, 0.0, 0.0);

}</Script>

</Representation><Description>

<de>Einfach wirkender Zylinder</de><en>Single Acting Cylinder</en>

</Description></ComplexObject>

Das Skript der symbolischen Darstellung liest den aktuellen Displacement-Wert im zugrundeliegenden Bondgraphen ab und verandert sowohl die Po-sition des Kolbens als auch die Skalierung der Feder. Die Modellierung des

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7.3. ANWENDUNGSPROTOTYP 97

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Zeit in Sekunden

’I1.state’’display.displacement’

’src.parameter’

Abbildung 7.8: Bondgraph des einfach wirkenden Zylinders und ein Testlaufmit einer angeschlossenen Druckluftquelle (src.parameter). Die Positiondes Kolbens zeigt der display.displacement Graph.

Bondgraphen legt fest, an welchem Bond (hier ’display’) welche Informationbereitgestellt wird.

7.3 Anwendungsprototyp

Die Anwendung integriert die vorgestellten Elemente in einem Prototypeneiner Modellier- und Simulationsumgebung (siehe Abbildung 7.9). Objektewerden in Bibliotheken mit einer beliebigen Baumstruktur zusammenge-fasst, wobei gleichzeitig verschiedene geladen sein konnen. Objekte werdendurch Drag-and-Drop auf die Arbeitsflache instanziiert. Mit Hilfe eines De-buggers konnen die interne Struktur und die Gleichungen fur Effort und Flowbetrachtet werden. Zusatzlich besteht die Moglichkeit, im Monitor Wertegrafisch darstellen zu lassen.

Die erste Version des Prototypen hatte nur eine zweidimensionale Grafiken-gine, weshalb eine Mischung von symbolischer und dreidimensionaler Dar-stellung nicht moglich war. Der zweite Prototyp hob diese Beschrankungauf. Die dreidimensionale Darstellung hat u. a. den Vorteil nah am Originalzu sein und somit auch Maschinen realisitisch abbilden zu konnen. Dazugehort u. a. auch ein Umgebungsmodell, wie z. B. eine Fabrik, so dass eindirekter Bezug vom Konkreten zum Abstrakten aufgebaut werden kann. ImFolgenden wird die Funktionsweise der Prototypen an Beispielen moglicherAnwendungsszenarien demonstriert.

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98 KAPITEL 7. PROTOTYP

Abbildung 7.9: Die grafische Oberflache des Prototypen

7.3.1 Szenario 1: Doppelt wirkender Zylinder

Die generelle Funktionsweise der multi-perspektivischen Visualisierung wirddurch einen doppelt wirkenden Zylinder, der mit zwei konstanten Druckluft-quellen verbunden ist, gezeigt.Uber das Kontextmenu eines Komplexen Objektes, erreichbar mit der rech-ten Maustaste, wird eine Perspektive ausgewahlt und aktiviert; die aktuelleDarstellung ist ausgegraut. Das Umschalten ist wahrend des Aufbaus derSzene und der Simulation jederzeit moglich. Die zur Verfugung stehendenSichten hangen von den in ComplexObject.xml definierten Reprasentatio-nen ab. Dabei gibt es keine Standardsichten, d.h. jedes Objekt kann un-terschiedliche Sichten besitzen; so haben Druckluftquellen z. Zt. nur einesymbolische Darstellung. Im Extremfall konnten alle Objekte eine andereSicht haben. Fur den doppelt wirkenden Zylinder sind u. a. die folgendenimplementiert:4

Textuelle Beschreibung der Funktion des Zy-linders. Entspricht einem Hilfetext, der dieGrundlagen erlautert.

4Die roten Linien stellen die Verbindungen zu den Druckluftquellen dar. Aufgrund derUbersichtlichkeit wurden die Bilder abgeschnitten.

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7.3. ANWENDUNGSPROTOTYP 99

Statisches 3D-Bild

Krafte. Stellt die Kraftverhaltnisse im Zylin-der in der linken und rechten Kammer in Zah-len dar.

Weg-Zeit-Graph. Darstellung der Positiondes Zylinders als Weg-Zeit-Graph.

Symbol. Symbolische Darstellung

Bei den ersten beiden Darstellungen handelt es sich um nicht-funktionale,wahrend die anderen in jedem Simulationsschritt von einem Skript aktuali-siert werden. Die dreidimensionale Sicht ist im Prototypen nicht-funktional,da nur ein zweidimensionales Rendering implementiert ist.Im Rahmen des Lab@Future-Projektes findet sich folgende Aufgabe: ”Gege-ben ist ein doppelt wirkender Zylinder, eine Luftquelle und Schlauche. Waspassiert, wenn der gleiche Luftdruck an beiden Eingangen anliegt?“ (Faust,2005)Die verschiedenen Perspektiven helfen mehr uber den internen Aufbau zuerfahren, um dann die Aufgabe korrekt zu beantworten und das Phanomen(der Zylinder fahrt aus) zu erklaren.

7.3.2 Szenario 2: Mischen von Darstellungen

Die folgenden Bilder zeigen ein Beispiel, wie verschiedene Sichten in einerSzene gemischt werden konnen. Ausgehend von der reinen symbolischen Dar-stellung

werden zwei gemischte Sichten definiert:

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100 KAPITEL 7. PROTOTYP

und.Der fur das Verstandnis wichtige Aspekt ist, dass einfach nachgeschaut wer-den kann, wie eine Komponente funktioniert oder aufgebaut ist – was sichdurch die Snapshots nur schwer vermitteln lasst. Auch sind Zylinder noch re-lativ einfach zu verstehen. Anders sieht es z. B. bei folgenden Komponentenaus:

und .

Die dreidimensionalen Darstellungen alleine sagen wenig uber das Bauteilaus. Die Symbole hingegen lassen auf die Funktionalitat ruckschließen. Beider ersten Komponente handelt es sich um ein pneumatisch realisierte ’und’-Funktion. Wenn X und Y gleichen Druck aufweisen, wird der Ausgang Aaktiviert. Das zweite Bauteil ist ein 5/2-Wege-Impulsventil, das pneumatischbetrieben wird. Uber die Steuereingange 12 und 14 lasst sich die Ausgabevon Eingang 1 entweder auf Ausgang 2 oder 4 schalten.

7.3.3 Szenario 3: Abstraktionsstufen

Um eine Komponente in verschiedenen Abstraktionsstufen betrachten zukonnen, wurde in Kapitel 5.5 das Konzept der verwandten Objekte ein-gefuhrt. Dazu wird in den Komplexen Objekten vermerkt, welches andereObjekt sie verfeinern (Attribut refines, vgl. Abbildung 7.7). Beim Ladenvon Komplexen Objekten werden dann automatisch die Verbindungen er-kannt und dem Benutzer im Kontextmenu angezeigt (vgl. Abbildung 7.10).Beim Ersetzen einer Komponente bleiben die Verbindungen erhalten undder zugrundeliegende Bondgraph sowie die Darstellung werden entsprechendaktualisiert. Allerdings geht dabei z. Zt. der Zustand des Objektes, z. B. wieweit der Zylinder ausgefahren ist, verloren.5

Die grafische Darstellung ist in diesem Fall identisch und ermoglicht keinedirekte Unterscheidung. Uber das Kontextmenu kann deshalb auf die Be-schreibung der Komponente zugegriffen werden.

5Bedingt ist es moglich Teile des Zustandes zu kopieren, was aber voraussetzt, dass dieElemente im Graphen gleich benannt sind. Dieses kann nicht vorausgesetzt werden.

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7.4. ZUSAMMENFASSUNG 101

Abbildung 7.10: Verfeinerungen von Objekten

7.4 Zusammenfassung

Der Prototyp zeigt eine Modellier- und Simulationsumgebung, welche eineneinfachen Wechsel zwischen den Darstellungsarten von Komponenten er-laubt. Nach Gathmann (2005) helfen diese computergestutzten Ubergangeden Lernprozess zu unterstutzen. Dabei ist vor allem der Wechsel zwischenanschaulichen und abstrakten Darstellungen von Interesse. Des Weiterenwerden auch Verfeinerungen von Komponenten einfach ermoglicht. So kannz. B. ein idealisierter, doppelt wirkender Zylinder durch ein Modell mit Rei-bung per Mausklick ersetzt werden.

→ → →Abbildung 7.11: Beispiel verschiedener Darstellungsarten: Vom anschauli-chen 3D-Modell zum abstrakten Symbol

Der durch die Komplexen Objekte definierte Perspektivenraum ist in Abbil-dung 7.12 schematisch dargestellt. Der Benutzer kann frei zwischen den ver-schiedenen Visualisierungen des Bondgraphen wahlen. Bondgraphen span-nen eine weitere Ebene auf, denn es lassen sich algorithmisch Sichten inverschiedenen Domanen erzeugen.

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102 KAPITEL 7. PROTOTYP

Abbildung 7.12: Perspektivenraum Komplexer Objekte, vertikal: Visualisie-rungen verschiedener Sichten, horizontal: Perspektiven durch Bondgraphen

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Kapitel 8

Einordnung des Konzeptes’Komplexe Objekte’

Ziel dieses Kapitels ist eine Einordnung des Konzeptes sowohl aus techni-scher Sicht als auch im Kontext heutiger Lerntheorien. Ausgangspunkt isteine Uberlegung zur Machtigkeit Komplexer Objekte, bezogen auf moglichePerspektiven auf ein Objekt: Was sind beeinflussende Faktoren? Wo liegendie Grenzen? Bezugnehmend auf die in Kapitel 1.1 beschriebene Motiva-tion findet eine Einordnung in Lerntheorien statt. Diese bestarken die in-formell geausserte Wichtigkeit von Perspektiven und den Wechsel zwischendiesen. Den Abschluss bildet eine Bewertung der Effektivitat von multi-perspektivischen Lernumgebungen nach Ainsworth (1999a).

8.1 Machtigkeit und Grenzen Komplexer Objekte

Das Konzept der Komplexen Objekte bietet einen neuen Ansatz zur Inte-gration von verschiedenen Perspektiven und dem Wechsel zwischen diesenwahrend der Modellierung und Simulation. In der Originaldefinition 5.1 vonBruns werden, ausgehend von einem realen Objekt, verschiedene virtuelleModelle abgeleitet, z. B. zur Darstellung der internen Funktionsweise. In die-ser Arbeit wurde das Konzept durch die multi-perspektivische Darstellungmodifiziert und implementiert (Definition 5.2). Anstatt mehrere Formalis-men zu verwenden, wird ein Modell mit verschiedenen Sichten benutzt.Auf den ersten Blick ist die vorgenommene Reduktion auf einen Formalis-mus eine Vereinfachung, welche die Moglichkeiten der ursprunglichen Defi-nition einschrankt. Allerdings hat sich der Fokus zu einer Unterstutzung vonPerspektivenwechsel zur Laufzeit verschoben. Aufgrund der Zersplitterungin verschiedene Formalismen ist ein On-the-fly-Wechsel in der ursprungli-chen Definition nur schwer bzw. gar nicht zu realisieren (vgl. Diskussionaus Kapitel 4). Definition 5.1 bietet, bezogen auf die Formalismen, mehrMoglichkeiten, hat aber den Nachteil, dass keine formale Semantik fur Ver-

103

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104 KAPITEL 8. EINORDNUNG DES KONZEPTES

bindungen zwischen Komplexen Objekten existiert. Es ist nicht gesichert,dass ein Wechsel der Perspektive uberhaupt moglich ist, da nicht unbedingtjeder Ein- und Ausgang in einem Modell existieren muss. Hingegen ist in De-finition 5.2 festgelegt, wie die einzelnen Subsysteme gekoppelt und simuliertwerden.Die Frage, die sich stellt, ist, ob diese Vereinfachung Auswirkungen auf diePerspektivenvielfalt hat. Das Beispiel aus Abschnitt 7.3.1 zeigte eine Anzahlvon Perspektiven auf den doppelt wirkenden Zylinder, doch wo liegen dieGrenzen bei den Sichten? Was sind beeinflussende Faktoren?Die Machtigkeit bzw. die Moglichkeiten der Darstellungen sind weitestge-hend unabhangig vom Simulationsmodell.1 Zum Verstandnis dieser Aussageist es wichtig, die zwei Typen von Sichten zu verstehen: funktional undnicht-funktional.Eine nicht-funktionale Sicht ist unabhangig vom Simulationsmodell und des-sen aktuellen Kontext. Sie reagiert nicht auf sich andernde Eingange desKomplexen Objektes. Typischerweise beinhaltet diese Art der Visualisie-rung eine Zeichnung (z. B. Schema oder Aufbau), Text (z. B. Beschreibungdes Verhaltens oder der Geometrie) oder eine Animation bzw. ein Video.Die Darstellung erfolgt meistens nach bestimmten (standardisierten) Re-geln: Technische Zeichnung, Symbol, DIN/ISO, . . .Im Gegensatz dazu reagiert eine funktionale Sicht auf Anderungen, welchezu einer Aktualisierung der Darstellung fuhren. Auch hier kann die Visuali-sierung vielfaltige Formen annehmen, z. B. Zeichnung (Schema, Symbol, 3D,. . . ) oder Text. Die Visualisierung ist ihrerseits weitestgehend unabhangigbzgl. der Sicht, benotigt jedoch Daten aus dem Simulationsmodell. Hier stehtdie Frage im Vordergrund, ob das Simulationsmodell die benotigten Datenbereitstellt bzw. diese aus den vorhandenen Informationen berechnet wer-den konnen. Somit ist letzten Endes der Zugriff auf die Information und dieGranularitat des zugrundeliegenden Modells, hier Bondgraphen, entschei-dend. Wenn z. B. Reibungsverluste nicht modelliert sind, so konnen auchdie Daten nicht abgelesen und dargestellt werden.

Grenzen des Simulationsmodells

Bondgraphen modellieren das Verhalten von kontinuierlichen Vorgangen inSystemen auf Basis des Energieflusses. Kanten zwischen Knoten definierenden Energieaustausch im System. Die Uberfuhrung in ein Simulationsmodellordnet jeder Kante eine Gleichung fur Effort und Flow zu. Somit lasst sichder Zustand fur ein beliebiges Element im Graphen zu einem Zeitpunktermitteln.

1Neben den theoretischen Betrachtungen hangt in der Praxis die Machtigkeit auchvon der verwendeten Grafikbibliothek ab, worauf an dieser Stelle nicht naher eingegangenwerden soll.

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8.1. MACHTIGKEIT UND GRENZEN KOMPLEXER OBJEKTE 105

Werte fur Effort (z. B. Kraft), Flow (z. B. Geschwindigkeit) und Power (au-genblickliche Leistung) lassen sich direkt ablesen. Durch Integration uberdie Zeit werden Displacement und Momentum berechnet (vgl. Tabelle 3.1).Solange sich ein fur die Visualisierung benotigter Wert auf Effort, Flow,Power, Momentum oder Displacement zuruckfuhren lasst, sind Bondgraphenmachtig genug. Dieses schließt naturlich ein, dass entsprechende Vorgangeim Graphen modelliert sind. Dem Konzept der Bondgraphen sind dabei aberauch Grenzen gesetzt. So lassen sich geometrische Randbedingungen oderdiskrete Zustandsanderungen oftmals nur bedingt oder gar nicht realisieren.

Wie die Tabelle 3.1 gezeigt hat, lassen sich viele Werte ablesen oder berech-nen. Problematisch wird es bei sehr abstrakten Konzepten, wie z. B. denMarken von Petri-Netzen. Diese sind unabhangig von physikalischen Großenund entsprechen eher logischen Aussagen, deren Bedeutung sich von Stellezu Stelle andern kann. Daruber hinaus existiert in Standard-Petri-Netzenkeine Notation von Zeit.2 Somit ist es sehr kompliziert und in vielen Fallennicht moglich, eine funktionale Petri-Netz Sicht, z. B. die eines doppelt wir-kenden Zylinders, zu definieren.

Abbildung 8.1: Teil eines Petri-Netzes fur einen Zylinder

Abbildung 8.1 zeigt einen Teil eines Petri-Netzes fur einen Zylinder. DasProblem, welches sich ergibt, ist, die Bedeutung der Marken zu definieren.Eigentlich musste die Transition ausfahren aktiv sein, wenn der Druck amEingang E1 großer als E2 ist. Ein Schaltvorgang ist nur von den Markenauf den Eingangsstellen abhangig. Wird eine Marke als anliegender Druck Pinterpretiert, so musste die Transition aktiv sein, wenn: #E1 ≥ #E2. Dieseslasst sich in Petri-Netzen nicht ausdrucken.

Hier zeigt sich, dass nicht jede Kombination von Bondgraphen und funktio-naler Visualisierung moglich ist. Probleme tauchen bei funktionalen Visua-lisierungen immer dann auf, wenn Teile der Darstellung von physikalischenVorgangen losgelost sind (vgl. Tabelle 8.1).

2Fur Petri-Netze gibt es eine Reihe von Erweiterungen, die weitergehende Konzepte(Zeit, Priorisierung, . . . ) dem ursprunglichen Konzept hinzufugen (vgl. David und Alla(2005)).

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106 KAPITEL 8. EINORDNUNG DES KONZEPTES

Faktor BeschreibungModellierung Im Bondgraph muss der betrachtete

Aspekt, z. B. Reibung, modelliert sein.Physikalischer Bezug Wenn kein physikalischer Bezug, d.h.

Ruckfuhrung auf Effort und Flow, exi-stiert, dann lasst sich nur eine einge-schrankte funktionale Sicht definieren.

Tabelle 8.1: Begrenzende Faktoren bei der Definition einer Perspektive Kom-plexer Objekte

8.2 Mixed Reality und Komplexe Objekte

Komplexe Objekte basieren auf physikalischen Komponenten, welche durchverschiedene rechnerinterne Perspektiven erganzt werden. Die Verknupfungbesteht zunachst nur auf logischer Ebene (lose Kopplung): Die virtuellenModelle nehmen Bezug auf ein physikalisches Original, sind davon aberunabhangig; so konnen z. B. Komplexe Objekte ohne reales Vorbild defi-niert werden. Damit unterscheiden sie sich von bestehenden Mixed RealityAnsatzen (vgl. Cohen (1993)), wie z. B. Augmented Reality und dem Ubi-quitous Computing (Weiser, 1991).Milgram et al. (1994) beschreiben die Moglichkeiten der Mischung physika-lischer Objekte und digitaler Medien als ein Kontinuum (Abbildung 8.2).Dabei identifizieren sie zwei Unterkategorien im Bereich der visuellen Mi-schung: Augmented Reality(AR) und Augmented Virtuality(AV). AR rei-chert die physikalische Welt durch digitale Daten an, indem reale Objektemit virtuellen Informationen uberlagert werden (z. B. AR Toolkit, Kato undBillinghurst (1999)). AV benutzt reale Daten, um sie in eine virtuelle Weltzu integrieren (z. B. Konferenzsystem cAR/PE, Regenbrecht et al. (2003)).

Abbildung 8.2: Realitat-Virtualitat-Kontinuum nach Milgram et al. (1994)

Beim Ubiquitous Computing tritt der Rechner in den Hintergrund und wird

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8.3. LERNPROZESSE UND KOMPLEXE OBJEKTE 107

fur den Benutzer unsichtbar(er). Beispiele sind das von Bohn und Rohs(2001) beschriebene ’Klicken in der realen Welt’ oder die sog. Hyper-Objekte(Mavrommati und Kameas, 2003). Hyper-Objekte konnen beliebige Elemen-te des taglichen Lebens sein, die mit ihrer Umwelt und virtuellen Welteninteragieren konnen.Bei diesen Ansatzen findet eine enge Kopplung zwischen realem und virtu-ellem Objekt statt: Wird z. B. beim AR Toolkit das reale Objekt bewegt, sopasst sich die virtuelle Projektion an. Eine enge Kopplung findet bei Kom-plexen Objekten erst durch Nutzung von Mixed Reality Techniken statt,wie sie z. B. in RUGAMS, BREVIE oder DERIVE enwickelt wurde. Dabeifindet eine Synchronisation statt, welche den realen Anteil des KomplexenObjektes mit dem virtuellen direkt miteinander koppelt. Durch die Integra-tion des Hyper-Bonds ensteht eine enge Kopplung, die aber physikalischeUbergange zwischen den Welten ermoglicht.

8.3 Lernprozesse und Komplexe Objekte

Ein Ausgangspunkt dieser Arbeit war u. a. die Kritik von Lehrern, keineUbergange zwischen verschiedenen Modellen zur Verfugung zu haben. Dieserinformell geaußerte Aspekt wird durch verschiedene Lerntheorien bestarkt,indem ihm eine große Bedeutung zugeordnet wird. In Bezug auf die Un-terstutzung des Lernens mit dem Computer gehen Anfange u. a. auf denEinsatz von Multimedia im Unterricht zuruck (vgl. Jarz (1997)). Helmert(1992), definiert Multimedia als ”die Integration von verschiedenartigen Me-dien. Voraussetzung dabei ist, dass die Medien einen inhaltlichen Bezug zu-einander haben, der didaktisch begrundbar ist. Multimedia ohne sinntragendeInhalte ist nicht moglich.“ (S. 58) Der Einsatz von Multimedia zum Wis-senserwerb muss uber die reine Kombination von verschiedenen Medien, wieBild und Ton, hinausgehen. Die Struktur von Lernprozessen ist abhangigvon der zugrundeliegenden Theorie, die einen didaktischen Rahmen vorgibt.Nach Blumenstengel (1998) und Kerres (2001) haben sich bei der Gestaltungvon Lernprozessen drei wichtige Ansatze entwickelt3:

• Behaviourismus – Lernen durch VerstarkungDer Behaviourismus basiert auf einem Reiz-Reaktions-Schema. DerLernende eignet sich routinisierte Verhaltensweisen an. Vertreter sindu. a. Watson, Thorndike und Skinner.

• Kognitivismus – Lernen durch EinsichtDer Wissenserwerb geschieht durch Erkennen von Zusammenhangen

3Daruber hinaus existieren weitere Theorien, die z.T. auf einer dieser Positionen ba-sieren. Als Beispiel integrativer Theorien erwahnt Hubwieser (2001) Bandura und Gagne,die Aspekte aus mehreren Ansatzen miteinander kombinieren. Fur eine weitere Diskussionsiehe Blumenstengel (1998), Kerres (2001) und Grund (2004).

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108 KAPITEL 8. EINORDNUNG DES KONZEPTES

mit bereits Gelerntem. In einem iterativen Prozess wird hoheres Wis-sen erworben. Vertreter sind u. a. Piaget und Bruner.

• Konstruktivismus – Lernen durch aktive KonstruktionDie Grundhaltung des Konstruktivismus ist, dass Wissen nicht direktvermittelbar ist, sondern durch die aktive Konstruktion des Lernendenensteht. Oftmals wird auch von ’entdeckendem Lernen’ gesprochen.Vertreter sind u. a. Dewey, Vygotsky und Ausubel.

In diesem Kapitel werden Komplexe Objekte in Bezug zu den LerntheorienModel Facilitated Learning (Milrad et al., 2002) und Cognitive FlexibilityTheory (Jacobson und Spiro, 1993) diskutiert. Die Wahl fiel auf diese Theo-rien, da sie zum einen den Einsatz von neuen Medien und zum anderen dieDarstellung in verschiedenen Perspektiven explizit befurworten.

8.3.1 Cognitive Flexibility Theory

Die Cognitive Flexibility Theory (CFT) ist eine Theorie, die sich mit Ler-nen in nicht strukturierten Gebieten beschaftigt: ”a constructivist theoryof learning and instruction that emphasizes the real-world complexity andill-structuredness of many knowledge domains“ (Spiro et al., 1996). Dabeiwird der Ansatz der Multikodierung verfolgt, d.h. um etwas effektiv lernenzu konnen mussen verschiedene Sichten auf das zu lernende Gebiet benutztwerden. Die Sichten werden dem Lernenden in verschiedenen Kontexten ge-zeigt, wodurch ein Netzwerk mit vielen Querreferenzen entsteht. Spiro et al.(1996) erklaren dieses wie folgt: ”Any single explanation of a complex con-cept or case will miss important knowledge facets that would be more salientin a different context or from a different intentional point of view. Some ofthe representational perspectives necessary for understanding will be graspedon a first or second exploration, while others will be missed until furtherexplorations are undertaken.“Insgesamt basiert die Theorie auf funf Prinzipien, die dem Lernenden eineflexiblere Anwendung seines Wissen auf neue Situationen (Transferleistung)ermoglichen sollen:

1. ”Multiple knowledge representations

2. Link and tailor abstract concepts to different case examples

3. Early introduction of domain complexity

4. Stress the interrelated and web-like nature of knowledge

5. Encourage knowledge assembly“

Jacobson und Spiro (1993)Interessant ist die Theorie auch wegen der Unterstutzung von interaktivenTechnologien, wie z. B. Video und Hypertext. So zeigen Jacobson und Spiro

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8.3. LERNPROZESSE UND KOMPLEXE OBJEKTE 109

Abbildung 8.3: Beispiel eines ”Cognitive Flexibility Hypertextes“ aus Grad-dy (2001)

(1993) wie die oben genannten Prinzipen auf Hypertext-Eigenschaften ab-gebildet werden konnen. In diesem Zusammenhang wird oftmals auch vonCognitive Flexibility Hypertext gesprochen, wobei es sich um speziell derTheorie angepasste Strukturen handelt. Wie ein Kurs aussehen kann, zeigtAbbildung 8.3. Hauptaspekt ist die Verknupfung zwischen den einzelnenElementen, die einen Sachverhalt aus verschiedenen Sichten in unterschied-lichen Kontexten zeigen sollen.Im Sinne der CFT bilden Komplexe Objekte ein Tool zur Umsetzung derPrinzipien. Fallbeispiele sind Teil der Darstellungen eines Komplexen Ob-jektes, z. B. als Video uber den Einsatz einer mechatronischen Komponentein der Industrie. Dabei werden nicht nur statische Fallbeispiele unterstutzt,sondern es wird eine interaktive Umgebung definiert, in der verschiedeneVarianten eines Beispiels entwickelt werden konnen. Die Komplexitat istabhangig von der Schaltung. Allerdings ist die multi-perspektivische Simu-lation nicht automatisch eine Lernumgebung, sondern erst in Kombinationmit Strukturen, wie Abbildung 8.3 sie zeigt.

8.3.2 Model Facilitated Learning

Model Facilitated Lerning (MFL) ist ein Ansatz, der methodisches Vorge-hen, Theorie und Technologie integriert, um ein verbessertes Lernen undtieferes Verstandnis zu ermoglichen: ”To achieve this goal, learning theory(socio-constructivism), methodology (system dynamics) and technology (col-laborative tele-learning) should be suitably integrated.“ (Milrad et al., 2002)Zentraler Aspekt der Theorie ist die Bereitstellung verschiedener Darstel-lungen. Mit Hilfe von Simulationen soll ein Lernen an Modellen und durchModellierung eigener Szenarien ermoglicht werden (Milrad, 2004; Spector,2000). Model Facilitated Learning unterscheidet sich von anderen Ansatzendes Lernens mit Simulationen durch die Integration von physikalischen und

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110 KAPITEL 8. EINORDNUNG DES KONZEPTES

computergestutzen Medien in einer interaktiven ’Ubiquitous Computing’-Lernumgebung (Milrad, 2004).

8.4 Effektive multi-perspektivische Lernumgebun-gen

Ainsworth (1999b) definiert drei Funktionen von Perspektivenvielfalt in Lern-prozessen (vgl. Abbildung 8.4): complement, constrain und construct. Ver-schiedene Perspektiven erganzen sich in Bezug auf Darstellung und enthal-tener Information.4 Zum einen fuhren die Darstellungen selbst zu unter-schiedlichen Wahrnehmungsprozessen (vgl. Larkin und Simon (1987)) undzum anderen werden gleiche und unterschiedliche Informationen prasentiert(Redundanz). Constrain bezieht sich auf eine unbekannte Perspektive, diedurch eine gewohnte eingeschrankt wird. Damit findet eine Unterstutzungder Transferleistung statt. Eine andere Moglichkeit ist die gleichzeitige Dar-stellung von zwei Perspektiven, um evtl. Mehrdeutigkeiten einer Perspektiveaufzulosen. Insgesamt fuhrt Perspektivenvielfalt zu einem besseren und tiefe-ren Verstandnis durch die Konstruktion von Querreferenzen zwischen denDarstellungen sowie der Verallgemeinerung und Erweiterung bestehendenWissens.

Abbildung 8.4: Eine funktionale Taxonomie von Multi-Reprasentationennach Ainsworth (1999b) (MERs = multiple external representations)

Wie Ainsworth (1999b) ausfuhrt, sind die Evaluationen von ’Multi-represen-tational Learning Environments’ widerspruchlich, d.h. es gibt sowohl positi-ve als auch negative Ergebnisse. Allen Studien ist gemeinsam, dass Lernen-de die Ubersetzung zwischen den Darstellungen, das Herstellen von Relatio-

4Clark und Lyons (2004) bemerken dazu:”When it comes to learning, not all visuals

are equally effective“ (S. 51) .Einige Richtlinien fur Autoren fasst Clark (2007) zusammen.Hegarty (2004) geht auf die Rolle dynamischer Darstellungen ein.

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8.5. ZUSAMMENFASSUNG 111

nen, als schwierig empfanden. Um eine effektive Lernumgebung zu gestalten,fuhrt Ainsworth funf Prinzipien zur Gestaltung ein:

1. ”the way that information is distributed in the multi-representationalsystem

2. the similarity of the presented representations

3. automatic translation between representations

4. the number of representations employed

5. the ordering and sequencing of representations“

Ainsworth (1999a)Bei mehreren Darstellungen gibt es eine gewisse Freiheit bei der Vertei-lung der Informationen, so muss nicht alles in einer Darstellung unterge-bracht sein. Bei der Verteilung spielt die Redundanz eine wichtige Rolle,die dafur sorgt, dass feste Anhaltspunkte vorhanden sind, damit Relatio-nen zwischen den Darstellungen aufgebaut werden konnen. Bezogen auf dieProbleme beim Transfer zwischen Sichten, muss genau uberlegt werden, wieunterschiedlich die Darstellungen auf den Benutzer wirken, um evtl. zusatz-liche Annotationen vorzunehmen. Veranderungen durch Interaktionen miteiner Darstellung fuhren zu einem automatischen Abgleich mit den anderenSichten.Tabelle 8.2 zeigt die Bewertung der Komplexen Objekte nach den Prinzipienvon Ainsworth. Die Aspekte 1, 2 und 4 liegen im Ermessen des Erstellers, derbestimmt, welche Sichten es gibt und wie Informationen verteilt sind. Die-se Freiheit wird von den Komplexen Objekten nicht beeinflusst. Ein festerBezugspunkt fur die verschiedenen Perspektiven sind die stets festen Ein-und Ausgange von Komponenten, die bei jeder Darstellung vorhanden sind.Somit bleibt der Kontext (z. B. Verbindungen mit anderen Objekten) einesObjektes immer erhalten. Die automatische Ubersetzung zwischen Darstel-lungen ist ein zentraler Aspekt des Konzeptes; er sichert zu, dass ein Wechselzu keinem Verlust des aktuellen Zustandes fuhrt. Der in Kapitel 7 gezeigtePrototyp erlaubt es gleichzeitig, verschiedene Perspektiven in einer Szenezu nutzen. Ein Komplexes Objekt hat aber immer genau eine aktive Dar-stellung. Welche Sicht wann und fur welches Objekt benutzt wird, ist demAnwender uberlassen; es werden keine Vorgaben gemacht.

8.5 Zusammenfassung

In der Literatur finden sich verschiedene Hinweise, dass mehrere Perspek-tiven ein Schlussel zum besseren Verstandnis eines Vorgangs bzw. Sachver-halts sind. Snowdon und Jaa-Aro (1997) sprechen dabei von subjektiven

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112 KAPITEL 8. EINORDNUNG DES KONZEPTES

Prinzip Bewertung1. Distribution Es gibt keine Vorgabe, wie Informationen

uber die Perspektiven verteilt werden.2. Similarity Die Ahnlichkeit hangt von den Reprasen-

tationen ab. Die Ein- und Ausgange unddie daruber verbundenen Objekte bietenstets feste Anhaltspunkte.

3. Translation Die Umsetzung von Anderungen geschiehtautomatisch, da nur ein Formalismus furdie Simulation benutzt wird.

4. Representations Die Anzahl ist unbegrenzt und nur von dendefinierten Sichten abhangig.

5. Ordering and sequencing Komplexe Objekte geben keine Reihenfol-ge von den Sichten vor. Vom Standpunktder Didaktik ware es gut, eine Empfehlungzu integrieren.

Tabelle 8.2: Bewertung des Konzeptes Komplexer Objekte nach Prinzipienvon Ainsworth (1999a)

Darstellungen, die es Benutzern einer virtuellen Umgebung ermoglichen, ih-ren eigenen Standpunkt, Darstellung und damit Perspektive einzunehmen.Park et al. (2000) sehen den Begriff multiple perspectives als Uberbegriffan: ”We define multiple perspectives as a broad term to encompass multipleand possibly heterogeneous viewpoints, representations, and roles“ (S. 74).Ainsworth schreibt in diesem Zusammenhang: ”The variety of roles thatMERs can play in supporting learning has been acknowledged. These rolesare taken as the basis of effective design of multi-representational learningenvironments“ (Ainsworth, 1999b). Dennoch gestaltet sich die Umsetzungals schwierig, wie die Widerspruche in den Evaluationen zeigen (van Labe-ke, 2001). Ein einfacher und reibungsloser Wechsel unter Beibehaltung desKontextes hilft, die Potenziale der unterschiedlichen Perspektiven zu nutzen.Ein wichtige Klasse von Perspektiven sind nicht-funktionale Sichten, wiez. B. Hilfetexte oder Schemazeichnungen. In Kombination mit funktionalenDarstellungen erganzen sich beide zu einem Gesamtverstandnis. Clark undLyons unterscheiden folgende Arten von Grafiktypen zur Bildung mentalerModelle, die sie allgemein als ’Explanatory Graphics’ bezeichnen:

• ”Organizational, a visual that shows the qualitative relationships amongcontent elements.

• Relational, a visual that communicates quantitative relationships.

• Transformational, a visual that shows movement and change in timeand space.

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8.5. ZUSAMMENFASSUNG 113

• Interpretative, a visual that illustrates theoretical or abstract relation-ships.“

(Clark und Lyons, 2004, S. 127)Die Kategorie ’Organizational’ entspricht Verbindungen zwischen Komple-xen Objekten; funktionale Sichten der Kategorie ’Transformational’. Inter-pretative Grafiken beinhalten u. a. nicht-funktionale Sichten, wie z. B. sche-matische Diagramme, aber auch abstraktere (theoretische) Konzepte. Eine’Relational’-Grafik ist z. B. Abbildung 5.7, welche die Großen des Druckesin der linken und rechten Kammer eines doppelt wirkenden Zylinders inBeziehung setzt.Das Konzept der multi-perspektivischen Modellierung und Simulation weistviele Parallelen mit den vorgestellten Forschungen auf. Es wird jedoch einanderes Konzept verfolgt: Integration von verschiedenen Perspektiven aufein System in einem Komplexen Objekt. Anstatt mehrere nebeneinanderstehende Perspektiven bereitzustellen, basiert der hier gewahlte Ansatz aufder Integration von und dem reibungslosen Wechsel zwischen verschiede-nen Sichten. Damit soll erreicht werden, dass Darstellungen unter Erhaltdes aktuellen Zustandes wahrend der Modellierung und Simulation gewahltwerden konnen.

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114 KAPITEL 8. EINORDNUNG DES KONZEPTES

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Kapitel 9

Schlusswort und Ausblick

Diese Arbeit hat ein Konzept zur Multi-Perspektivitat in Modellierung undSimulation auf Basis von Komplexen Objekten entwickelt. Ziel des Konzep-tes ist es, verschiedene Perspektiven auf ein System wahrend der Model-lierung und Simulation bereitzustellen und zwischen ihnen ohne Kontext-verlust wechseln zu konnen. Im Mittelpunkt stand die Formalisierung undWeiterentwicklung des bislang nur informellen Konzeptes Komplexer Ob-jekte. Die theoretischen Betrachtungen wurden durch die Implementierungeines Prototypen und durch Reflektionen erganzt.

Zusammenfassung

Das erste Kapitel fuhrte in das Thema der Perspektivenvielfalt und die Moti-vation dieser Arbeit ein. Allgemeine Prinzipien der Modellierung und Simu-lation wurden danach vorgestellt; Kapitel 3 fuhrte vertiefend in die Theorievon und die Modellierung mit Bondgraphen ein. Eine wichtige Eigenleistungist die Constraint Bondgraph-Erweiterung. Mit ihr ist es moglich verschiede-ne geometrische Randbedingungen in Bondgraphen abzubilden. Dazu wer-den die Integrale fur Momentum und Displacement auf ein benutzerdefinier-tes Intervall begrenzt.Kapitel 4 reflektierte die verschiedenen Perspektivenbegriffe in Modellierungund Simulation. Nach einem Vergleich der Ansatze wurde anschließend derhier verwendete Begriff der Multi-Perspektivitat herausgearbeitet. Die bis-herigen Ansatze fokussieren hauptsachlich auf der Integration verschiedenerFormalismen zur effizienten Beschreibung einer Teilkomponente. Ausgehendvon Argumenten fur die vielfaltige Darstellung von Komponenten wurde einAnsatz entwickelt, der die Moglichkeit der Wechsel zwischen Darstellungenbetont.Kapitel 5 formalisierte das Konzept der Komplexen Objekte und erweiter-te dieses entsprechend des Multi-Perspektivitats-Gedankens. Ferner wurdedessen Umsetzung mit Bondgraphen gezeigt, wobei das Konzept selbst offen

115

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116 KAPITEL 9. SCHLUSSWORT UND AUSBLICK

fur andere Formalismen ist. Die Simulation Komplexer Objekte war Inhaltvon Kapitel 6, bevor die Implementierung des Prototyps und Anwendungs-szenarien besprochen werden.Kapitel 8 betrachtete das Konzept von unterschiedlichen Seiten. Aus tech-nischer Sicht wurden die Potenziale und Grenzen Komplexer Objekte dis-kutiert; aus lerntheoretischer Sicht der Einsatz Komplexer Objekte zur Un-terstutzung des Lernprozesses naher betrachtet.Insgesamt wurden die in der Einleitung definierten Ziele der Arbeit erreicht:

• Formalisierung und Erweiterung der Komplexen Objekte

• Entwicklung eines Konzeptes zur Perspektivenvielfalt in Modellierungund Simulation

• Unterstutzung dynamischer Wechsel zwischen Perspektiven ohne Kon-textverlust wahrend der Modellierung und Simulation

Daraus ergeben sich verschiedene weitere Fragestellungen und Aufgaben. Sowurde in dieser Arbeit bewusst auf eine Evaluation der These des erhohtenVerstandnisses (vgl. Kapitel 4) verzichtet. Wie bisherige Studien gezeigt ha-ben, sind die Ergebnisse nicht eindeutig und schwer zu beurteilen (Ains-worth, 1999b). Schulmeister (2007) diskutiert die verschiedenen Arten derEvalution von Software (S. 363ff.) und zeigt die Schwierigkeiten Variablenvon Versuchen zu kontrollieren (vgl. S. 374). Unter dem provokanten Ti-tel ”Die Nicht-Evaluierbarkeit von Multimedia“, S. 388 ff., schlussfolgert er:

”So ernuchternd die Ergebnisse sind, sie sind eine Konsequenz ihrer eigenenMethodologie“ (S. 391). Schulmeister vertritt die Ansicht, dass die Evalua-tionsmethoden selbst das Problem sind, die seiner Meinung nach sich zuvielauf die direkte kognitive Auswirkung einer Lernmethode beziehen. Die ko-gnitive Auswirkung wird meistens durch Pre- und Posttests gemessen, umein gesteigertes Wissen nachzuweisen. Faktoren, wie freiwilliges Interesseoder Attraktion bleiben dabei unberucksichtigt. Einen alternativen Ansatzbeschreiben Baumgartner und Payr (1996), die Lernen als Aktion in ei-nem sozialen Kontext sehen. Negroponte lehnt Evaluationen sogar ganz ab,denn wenn ”etwas erst sorgfaltig getestet werden muß, damit man einenUnterschied feststellen kann, dann ist der Unterschied nicht groß genug.“(Negroponte, 1995, S. 123f.). Trotzdem wird der Perspektivenvielfalt einegroße Bedeutung fur den Wissenserwerb zugeschrieben, die schwer zu mes-sen ist. An dieser Stelle sei auf Grund (2004) verwiesen1, der untersucht,welche Auswirkungen Multicodalitat und Multimodalitat auf die Entwick-lung von Fachwissen, praktischem Problemlosen, mentalen Modellen undProblemlosestrategien hat. Die Studie kommt zu folgendem Schluss:

1Dadurch, dass die dort beschriebene Evaluation im gleichen Umfeld wie diese Arbeitentstanden ist, hat sie eine praktische Relevanz fur die Arbeit. Als Grundlage dienten dieim Projekt BREVIE ermittelten Daten.

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117

”Die Bildung korrekter mentaler Modelle sollte im Unterricht mit Visuali-sierungstools (grafischen Darstellungen, Zeichnungen etc.) oder bei compu-terunterstutztem Unterricht mittels einer Hypermedia-Bedienoberflache mitverschiedenen Darstellungsarten des Lerninhalts gefordert werden.“

(Grund, 2004, S. 164)

Im Sinne dieses Schlusses beantwortet die Arbeit nicht die Frage nach demverbesserten Verstandnis; sie hat vielmehr ein Konzept entwickelt, welchesverschiedene Sichten auf ein Modell integriert und einen einfachen Wechselzwischen diesen ermoglicht. Komplexe Objekte erzeugen eine Perspektiven-vielfalt, die den Benutzer bei der Modellierung und Simulation von Systemendurch verschiedene Darstellungsarten unterstutzt.

Ausblick

Diese Arbeit wirft neue Fragestellungen auf, welche im Folgenden darge-stellt werden. Auf der eher technischen Seite sind dieses u. a. die Integrati-on von diskreten Elementen in die Simulation von Bondgraphen (wie z. B.von Mosterman vorgeschlagen), die Ausdehnung des Constraint Bondgraph-Konzeptes auf beliebige geometrische Randbedingungen, die Benutzung vonMulti-Bondgraphen fur die Simulation mehrdimensionaler Vorgange undHyper-Bonds zur Ausweitung der Simulation uber reale und virtuelle Kom-ponenten. Der Hyper-Bond ist die fehlende physikalische Verbindung zwi-schen dem realen und virtuellen Anteil Komplexer Objekte.Die Einbindung von Graphtransformation, wie z. B. in GRACEland (Faust,1998) gezeigt, wurde eine visuelle Programmierung ermoglichen; z. B. umOptimierungsregeln fur Bondgraphen zu beschreiben. Einen Ausblick aufdie Moglichkeiten gibt Anhang A.3. Eine Integration von P# Prolog (Cook,2004) wurde eine elegante Formulierung der Kausalitatszuweisung ermogli-chen. Gleichzeitig konnten aber auch Forschungsergebnisse aus dem Be-reich der Logik und der Kunstlichen Intelligenz (KI) genutzt werden, umz. B. naturliche Anfragen auszuwerten oder eine Uberprufung auf Konsistenzdurchzufuhren.

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118 KAPITEL 9. SCHLUSSWORT UND AUSBLICK

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Anhang A

Erganzungen zum Text

A.1 Vergleichsdaten von 20-sim

Fur den Graphen aus Abbildung A.1 ermittelt 20-sim v3.6 folgende Glei-chungen:

Abbildung A.1: 20-sim-Version des Bondgraphen aus Abbildung 6.1

Continuous-time equations

===================

model: model

date: March 31, 2006

time: 12:08:27 pm

static equations:

Se1\p.e = Se1\effort;

dynamic equations:

I1\p.f = I1\state / I1\i;

I2\p.f = I2\state / I2\i;

GY1\p1.e = GY1\r * I2\p.f;

GY1\p2.e = GY1\r * I1\p.f;

R1\p.e = R1\r * I1\p.f;

R2\p.e = R2\r * I2\p.f;

119

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120 ANHANG A. ERGANZUNGEN ZUM TEXT

I1\p.e = Se1\p.e - (GY1\p1.e + R1\p.e);

I2\p.e = GY1\p2.e - R2\p.e;

system equations:

I1\state = int (I1\p.e, I1\state_initial);

I2\state = int (I2\p.e, I2\state_initial);

removed equations:

OneJunction1\p1.e = Se1\p.e;

OneJunction1\p2.f = I1\p.f;

OneJunction2\p2.f = I2\p.f;

OneJunction1\p1.f = I1\p.f;

OneJunction1\p3.f = I1\p.f;

OneJunction1\p4.f = I1\p.f;

OneJunction2\p1.f = I2\p.f;

OneJunction2\p3.f = I2\p.f;

OneJunction1\flow = I1\p.f;

OneJunction2\flow = I2\p.f;

Se1\p.f = I1\p.f;

R1\p.f = I1\p.f;

GY1\p1.f = I1\p.f;

GY1\p2.f = I2\p.f;

R2\p.f = I2\p.f;

Se1\flow = I1\p.f;

OneJunction1\p3.e = R1\p.e;

OneJunction1\p4.e = GY1\p1.e;

OneJunction2\p1.e = GY1\p2.e;

OneJunction2\p3.e = R2\p.e;

OneJunction1\p2.e = I1\p.e;

OneJunction2\p2.e = I2\p.e;

A.2 Modellierung mit und ohne Verluste

Der folgende Bondgraph dient als Beispiel fur die Auswirkung der Model-lierung mit und ohne Verluste fur die Anpassung der Visualisierungen:

.Ohne Widerstand R ermittelt 20-sim folgende Gleichungen:

I1\p.e = Signal1\amplitude * (step (Signal1\start_time) - step (Signal1\stop_time));

output equations:

I1\p.f = I1\state / I1\i;

Signal1\change = timeevent (Signal1\start_time) or timeevent (Signal1\stop_time);

system equations:

I1\state = int (I1\p.e, I1\state_initial);

Mit Widerstand ermittelt 20-sim folgende Gleichungen:

dynamic equations:

I1\p.f = I1\state / I1\i;

SignalGenerator1\output = Signal1\amplitude * (step (Signal1\start_time) - step (Signal1\stop_time));

R1\p.e = R1\r * I1\p.f;

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A.3. GRAPHTRANSFORMATION 121

I1\p.e = Signal1\output - R1\p.e;

output equations:

SignalGenerator1\change = timeevent (Signal1\start_time) or timeevent (Signal1\stop_time);

system equations:

I1\state = int (I1\p.e, I1\state_initial);

Der Unterschied liegt im Term R1\p.e, der in die Berechnung des Effortsvon I1 eingeht; die folgenden Simulationslaufe zeigen die Auswirkungen:

Damit wird deutlich, dass Visualisierungen, die sich auf Basis der Simulationaktualisieren, Daten nicht einfach ignorieren oder berucksichtigen konnen.Es werden somit mehrere Bondgraphen zur Modellierung der Vorgange benotigt.

A.3 Graphtransformation

Graphtransformation ist die regelbasierte Modifikation von Graphen. EineRegel besteht aus drei Teilen: der linken Seite, dem Klebegraphen und einerrechten Seite. Nachdem eine Abbildung der linken Seite in einen Graphengefunden wurde, werden alle Teile, die nicht zum Klebegraphen gehorenentfernt und durch die rechte Seite ersetzt.1 Graphersetzungssysteme sindprogrammierte Graphtransformationen. Anstatt nur eine Menge von Regelnzu spezifizieren, wird hier zusatzlich ein Kontrollfluss beschrieben, der vor-gibt wie, wann und in welcher Reihenfolge die Regeln angewendet werden.GRACEland (Faust, 1998, 2002) ist eine Implementierung der graph- undregelbasierten Sprache GRACE, die von Forschern aus Aachen, Berlin, Bre-men und Leiden entwickelt wird. Bei GRACEland handelt es sich dabeium eine integrierte Entwicklungsumgebung, die verschiedene Editoren fur

1Dieses ist eine stark verkurzte Version einer Regelanwendung. Siehe dazu auch Faust(1998); Rozenberg (1997)

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122 ANHANG A. ERGANZUNGEN ZUM TEXT

Graphen, Regeln und Programme beinhaltet. GRACE bietet als wichtigsteStrukturierungskonzept die sog. Transformation Units (vgl. Kuske (2002))an, die mit Prozeduren aus imperativen Programmiersprachen vergleichbarsind.

Die Optimierung von Bondgraphen durch ein Graphersetzungssystem ist inAnsatzen implementiert. Der Anwender hat die Moglichkeit aus dem Pro-totypen eine Szene nach GRACEland zu exportieren und dort zu optimie-ren. Der optimierte Graph wird allerdings z. Zt. nicht wieder eingelesen.Abbildung A.2 zeigt das GRACEland Programm zur Optimierung. Im Mo-ment sind zwei Regeln definiert, die unnotige 0-Knoten bzw. Ports entfernen.20sim (2007) zeigt weitere Regeln zur Vereinfachung eines Bondgraphen.

module bond

graph class: DirectedGraph

exportstransformation unit optimize

realized by

transformation unit optimizeinitial:body:

apply as long as possible |

terminal:end

end.

Abbildung A.2: GRACE-Programm zur Optimierung von Bondgraphen

Grundlage fur das folgende Beispiel ist ein doppelt wirkender Zylinder, deran zwei Druckluftquellen angeschlossen ist.

Links ist die von GRACEland benutzte Re-prasentation des zugrundeliegenden Bond-graphen zu sehen. Die Darstellung erfolgtdurch ein VR-Interface, um dreidimensionaleGraphen besser darstellen zu konnen.

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A.4. ONTOLOGIEN 123

Nach Anwendung der Regel auf den Graphenwurde der unbenutzte 0-Knoten (links unten)entfernt.

Nachdem die Regeln so lange wie moglich an-gewendet worden sind, entsteht dieser Graph.Die Optimierung entfernte isgesamt funf 0-Knoten.

Der Vorteil eines Graphersetzungssystems liegt darin, dass es sich dabeium eine visuelle Programmiersprache handelt. Die Regeln zur Optimierungwerden graphisch dargestellt und haben einen direkten Bezug zum Bond-graphen. Der Einsatz von Umgebungen wie z. B. GRACEland ist nicht nurauf die Optimierung begrenzt, sondern es lassen sich weitergehendere Algo-rithmen zur Analyse oder Modifikation implementieren. Hier gibt es vieleRaum fur spatere Erweiterungen.

A.4 Ontologien

Die verwendeten Ontologien zur Klassifizierung der Bondgraph-Elementenach ihrem Typ oder der Anzahl an Ports.

’by-port’-Ontologie

<?xml version="1.0" ?><schema namespace="E56.BondGraphs.Core"><object name="Element" /><object name="Node" isA="Element" /><object name="SinglePort" isA="Node" /><object name="TwoPort" isA="Node" /><object name="MultiPort" isA="Node" />

<object name="SE" isA="SinglePort" /><object name="SF" isA="SinglePort" /><object name="C" isA="SinglePort" /><object name="I" isA="SinglePort" /><object name="R" isA="SinglePort" />

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124 ANHANG A. ERGANZUNGEN ZUM TEXT

<object name="GY" isA="TwoPort" /><object name="TF" isA="TwoPort" /><object name="Port" isA="MultiPort" /><object name="J0" isA="MultiPort" /><object name="J1" isA="MultiPort" />

<object name="Bond" isA="Element" /></schema>

’by-type’-Ontologie

<?xml version="1.0" ?><schema namespace="E56.BondGraphs.Core"><object name="Element" /><object name="Node" isA="Element" /><object name="storage" isA="Node" /><object name="junction" isA="Node" /><object name="source" isA="Node" /><object name="gyrator" isA="Node" /><object name="transformator" isA="Node" /><object name="resistor" isA="Node" />

<object name="SE" isA="source" /><object name="SF" isA="source" /><object name="C" isA="storage" /><object name="I" isA="storage" /><object name="Port" isA="junction" /><object name="J0" isA="junction" /><object name="J1" isA="junction" /><object name="GY" isA="gyrator" /><object name="TF" isA="transformator" /><object name="R" isA="resistor" />

<object name="Bond" isA="Element" /></schema>

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Anhang B

Dateiformate

B.1 Bondgraphen

Bondgraphen werden als XML-Datei mit einem bestimmten Format gespei-chert. Dabei wird zwischen folgenden Elementen unterschieden:

• BondGraph ist das oberste Element der Definition.

• SE,SF,. . . stellen Knoten dar.

• Bond verbindet zwei Knoten miteinander.

• Inline fugt einen externen Subgraphen referenziert uber eine URL ein.Unterstutzt werden die Protokolle: file und http.

• Subgraph definiert einen Subgraphen.

• Script zur Berechnung von Werten z. B. bei oszillierenden Quellen.

Zur Uberprufung der Korrektheit wird ein XML-Schema eingesetzt, welchesdie erlaubten Elemente, deren Attribute und die Reihenfolge beschreibt. DasSchema definiert den Namensraum ’E56.mpmod.BondGraph’, welchen manin der eigentlichen Bondgraph-Datei referenziert. Listing B.1 zeigt die Ver-wendung. Wichtig ist dabei die erste Zeile, in der die Zuweisung stattfindet.xsi:schemaLocation wird vom .NET-Parser nicht ausgewertet, ist deshalbdirekt im Code angegeben. Aus Kompatibilitatsgrunden unterstutzt die Im-plementierung auch XML-Dateien ohne Schemareferenz.

Listing B.1: Referenzierung des Schemas<?xml version="1.0"?>

<BondGraph xmlns="E56.mpmod.BondGraph"

xmlns:xsi="http: //www.w3.org /2001/ XMLSchema -instance"

xsi:schemaLocation="E56.mpmod.BondGraph�

http://www.e56.de/mpmod/BondGraph.xsd">

...

</BondGraph >

125

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126 ANHANG B. DATEIFORMATE

Listing B.2: Definition des Bondgraph-Schemas

<?xml version="1.0"?>

<xsd:schema xmlns:xsd="http://www.w3.org /2001/ XMLSchema"

xmlns:bg="E56.mpmod.BondGraph"

targetNamespace="E56.mpmod.BondGraph">

<xsd:simpleType name="Causality">

<xsd:restriction base="xsd:string">

<xsd:enumeration value="From" />

<xsd:enumeration value="To" />

</xsd:restriction >

</xsd:simpleType >

<xsd:complexType name="BondGraph">

<xsd:sequence >

<xsd:element name="Subgraph" type=" bg:BondGraph" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="Inline" type="bg:Inline" minOccurs ="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="Port" type="bg:Port" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="SE" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="SF" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="J0" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="J1" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="R" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="I" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="C" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="GY" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="TF" type="bg:Node" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="Bond" type="bg:Bond" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

<xsd:element name="Script" minOccurs ="0" maxOccurs="1"

type="bg:Script"/>

</xsd:sequence >

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="optional"/>

<xsd:anyAttribute/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Node">

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:attribute name="parameter" type="xsd:float" use="optional"

default="0" />

<xsd:anyAttribute/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Port">

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:anyAttribute/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Bond">

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:attribute name="from" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:attribute name="to" type="xsd:string" use="required"/>

Page 143: Multi-Perspektivit¨at in Modellierung und Simulationelib.suub.uni-bremen.de/diss/docs/00010938.pdf · Multi-Perspektivit¨at in Modellierung und Simulation von Martin Faust Dissertation

B.2. KOMPLEXE OBJEKTE 127

<xsd:attribute name="causality" type=" bg:Causality"

use="optional"/>

<xsd:attribute name="calculate" type="xsd:string" use="optional"/>

<xsd:attribute name="displacement_min" type="xsd:float"

use="optional"/>

<xsd:attribute name="displacement_max" type="xsd:float"

use="optional"/>

<xsd:attribute name="momentum_min" type="xsd:float"

use="optional"/>

<xsd:attribute name="momentum_max" type="xsd:float"

use="optional"/>

<xsd:anyAttribute/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Inline">

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:attribute name="url" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:anyAttribute/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Script">

<xsd:attribute name="using" type="xsd:string" use="optional"

default="" />

</xsd:complexType >

</xsd:schema >

Schema entspicht dem W3C-Standard; getestet durch: http://www.w3.org/2001/03/webdata/xsv:

Schema validating with XSV 2.10-1 of 2005/04/22 13:10:49

* Target: [standalone schema assessment]

(Real name: http://E56.de/mpmod/BondGraph.xsd

Length: 3356 bytes

Last Modified: Mon, 02 Jul 2007 13:01:03 GMT

Server: Apache/1.3.31 (Unix))

* schemaDocs: http://E56.de/mpmod/BondGraph.xsd

* The schema(s) used for schema-validation had

no errors

* The target was not assessed

B.2 Komplexe Objekte

Listing B.3: Definition des XML-Schemas fur Komplexe Objekte<?xml version="1.0"?>

<xsd:schema xmlns:xsd="http://www.w3.org /2001/ XMLSchema"

xmlns:cx="E56.mpmod.ComplexObject"

targetNamespace="E56.mpmod.ComplexObject">

<xsd:complexType name="ComplexObject">

<xsd:sequence >

<xsd:element name="Connector" minOccurs="1"

maxOccurs="unbounded" type="cx:Connector"/>

<xsd:element name="BondGraph" minOccurs="1" maxOccurs ="1"

type="cx:BondGraph"/>

<xsd:element name="Representation" minOccurs="1"

maxOccurs="unbounded" type="cx:Representation"/>

<xsd:element name="Description" minOccurs="0" maxOccurs="1"/>

</xsd:sequence >

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

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128 ANHANG B. DATEIFORMATE

<xsd:attribute name="refines" type="xsd:string" use="optional"/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="BondGraph">

<xsd:attribute name="use" type="xsd:string" use="required"/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name=" Representation">

<xsd:sequence >

<xsd:element name="Location" minOccurs="1"

maxOccurs="unbounded" type="cx:Location"/>

<xsd:element name="Script" minOccurs ="0" maxOccurs="1"

type="cx:Script"/>

</xsd:sequence >

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:attribute name="url" type="xsd:string" use="required" />

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Location">

<xsd:attribute name="name" use="required" type="xsd:string"/>

<xsd:attribute name="x" type="xsd:float" use="optional"

default="0" />

<xsd:attribute name="y" type="xsd:float" use="optional"

default="0" />

<xsd:attribute name="z" type="xsd:float" use="optional"

default="0" />

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Connector">

<xsd:attribute name="name" type="xsd:string" use="required"/>

<xsd:attribute name="type" type="xsd:string" use="required"/>

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Script">

<xsd:attribute name="using" type="xsd:string" use="optional"

default="" />

</xsd:complexType >

<xsd:complexType name="Description">

<xsd:sequence >

<xsd:any processContents="lax" minOccurs="0"

maxOccurs="unbounded"/>

</xsd:sequence >

</xsd:complexType >

</xsd:schema >

Schema entspicht dem W3C-Standard; getestet durch: http://www.w3.org/2001/03/webdata/xsv:Schema validating with XSV 2.10-1 of 2005/04/22 13:10:49

* Target: [standalone schema assessment]

(Real name: http://E56.de/mpmod/ComplexObject.xsd

Length: 2125 bytes

Last Modified: Mon, 02 Jul 2007 13:04:32 GMT

Server: Apache/1.3.31 (Unix))

* schemaDocs: http://E56.de/mpmod/ComplexObject.xsd

* The schema(s) used for schema-validation had

no errors

* The target was not assessed

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