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mum 01 0542 - LMU München · forderung zu stellen und die Strukturen hinsichtlich Effizienz, Qua- lität und Innovationskraft zu optimieren – und dies vor dem Hinter- grund von

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EDITORIALEXZELLENZ IN ZEITEN KNAPPER MITTEL

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1Die Ludwig-Maximilians-Universität ist nicht nur eine der größ-ten, sondern auch eine der renommiertesten Universitäten Eu-ropas. Seit 1995 bin ich als Professor am Department für Physiktätig und in diesem Wintersemester zum Prorektor gewählt wor-den. Als aktiver Wissenschaftler möchte ich bei der Ausübungdieses neuen Amtes mit dazu beitragen, dass die Rahmenbedin-gungen an der LMU es auch in Zukunft erlauben, internationalkonkurrenzfähige Forschung zu betreiben sowie den studenti-schen und wissenschaftlichen Nachwuchs bestens auszubilden.

Denn wie für alle öffentlichen Bereiche gilt auch für die Forschungs-und Lehreinrichtungen mehr denn je, sich der globalen Heraus-forderung zu stellen und die Strukturen hinsichtlich Effizienz, Qua-lität und Innovationskraft zu optimieren – und dies vor dem Hinter-grund von Sparzwängen, die der dramatischen demographischenEntwicklung Rechnung tragen und verhindern sollen, dass unsere jetzige Generation länger auf Kosten der nachfolgenden lebt. Wir können daher unseren derzeitigen Lebensstandard nur halten,wenn wir als ein an Rohstoffen armes Land diesen Wettbewerbs-nachteil sowie unsere höheren Arbeitskosten durch eine hohe Produktivität und Innovation ausgleichen.

Der Schlüssel zum Erfolg ist daher, verstärkt in innovative For-schungs- und Technologiebereiche zu investieren und begabte junge Menschen in diesen Gebieten exzellent auszubilden. Die Uni-versitäten unseres Landes übernehmen demnach eine ganz beson-dere Verantwortung, was die gesellschaftliche, wirtschaftliche undtechnologische Zukunftsfähigkeit unseres Landes angeht.Dies gilt insbesondere für die LMU: Ihre Aufgabe als internationalanerkannte Spitzenuniversität in einer weltbekannten Stadt musssein, um die besten Forschenden und um die besten Studierendenaus aller Welt aktiv zu werben. Wie kann das aber angesichts abnehmender finanzieller Ressourcen in Zukunft gelingen?

Die Sparmaßnahmen der Bayerischen Staatsregierung haben beider LMU sichtbare Spuren hinterlassen. Rektor Bernd Huber hat angesichts dieser massiven Einschnitte im Personal- und Haus-haltsbereich sehr früh einen Profilbildungsprozess eingeleitet, durch

den Exzellenz in den zukunftsträchtigen und forschungsstarkenSchwerpunktgebieten der LMU weiter ausgebaut und der Einzugvon Mittelmaß auf breiter Front verhindert werden soll. Ein sehr wichtiger Aspekt zur Profilbildung ist die interfakultativeVernetzung der Forschung über gemeinsame Schwerpunktthemen.Die konsequente Förderung transdisziplinärer Forschung hat in derjüngsten Vergangenheit zu großen Erfolgen geführt und wird auchin Zukunft ein Markenzeichen der LMU bleiben.

Ab April werde ich im Rektoratskollegium neben anderen Aufgabenfachlich die Naturwissenschaften vertreten. In diesem Bereich istder Wunsch nach solchen vernetzten Strukturen groß, da die Gren-zen zwischen den klassischen Disziplinen immer mehr verschwim-men und große Herausforderungen insbesondere in den Lebens-,Nano- und Geowissenschaften nur mit interdisziplinär aufgestelltenForschungsteams angegangen werden können. Die LMU hat durcheine großzügige Förderung fächerübergreifend arbeitender Zen-tren, durch eine konsequente Berufungspolitik sowie durch die begonnene Konzentration der Naturwissenschaften auf dem High-TechCampusLMU in Martinsried-Großhadern eine ausgezeichnete Aus-gangsposition erarbeitet, um bei der Lösung von Zukunftsfragen,die die Grenzen fest umrissener Disziplinen sprengen, in der Welt-liga ganz vorn mitzuspielen. Für die Naturwissenschaften an derLMU wird entscheidend sein, dass dieser Kurs beibehalten wird undsich die naturwissenschaftlichen Disziplinen auf dem HighTech-CampusLMU unter dem gemeinsamen Dach einer School of Science organisieren können.

In meiner Arbeit sowohl als aktiver Wissenschaftler als auch als Prorektor möchte ich mit dazu beitragen, dass die LMU auchzukünftig ihren Spitzenplatz in der Forschung weiter ausbauen kannund exzellente Wissenschaftler ausbildet. Dabei soll es auch darum gehen, der Politik zu kommunizieren, welche Maßnahmen eherSchäden anrichten. ■

Professor Dr. Jochen Feldmann

Prorektor der Ludwig-Maximilians-Universität München

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■ PROREKTOREN GEWÄHLT

Die Mitglieder des erweiterten Se-nats, der Vorsitzende des Hoch-schulrats und dessen Stellvertretersind am 16. Dezember 2004 derVorschlagsliste von Rektor Hubermit überwältigender Mehrheit imersten Wahlgang gefolgt. Bei denvier Stellvertretern des Rektors,deren zweijährige Amtszeit mitdem 1. April 2005 beginnt, sind

drei bekannte Gesichter: Für eine weitere Amtszeit kandidiert habenProfessor Reinhard Putz (Medizinische Fakultät), Professor FriederikeKlippel (Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften) sowie Dr. Werner Schubö (Fakultät für Psychologie und Pädagogik). Der Phy-siker Professor Jochen Feldmann ist Nachfolger von Professor MatthiasWesterhausen, der einen Ruf an die Universität Jena angenommen hat.Professor Feldmann wird als Prorektor schwerpunktmäßig die For-schungsangelegenheiten, die Förderung des wissenschaftlichen Nach-wuchses sowie die Kontakte zwischen Wirtschaft und Wissenschaftbetreuen. Fachlich ist er für die Naturwissenschaften zuständig. Pro-fessor Klippel vertritt auch künftig vor allem die Geistes- und Kultur-wissenschaftlichen Fächer. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit liegenauf der Lehrerbildung und der Umsetzung des Bologna-Prozesses ander LMU. Professor Putz – fachlich für den Bereich Medizin zuständig –steht auch in der neuen Amtszeit für die Bereiche Auslandsbeziehun-gen und Hochschulplanung. Dr. Schubö zeichnet vor allem für die An-gelegenheiten der Studierenden und für die Datenverarbeitung verantwortlich.

Professor Dr. Jochen Feldmann studierte Physik an der Universität Mar-burg, wo er 1990 über ein Thema aus der Halbleiteroptik promovierte.Nach einem Forschungsaufenthalt in den USA habilitierte er sich 1994an der Universität Marburg. Seit 1995 ist Feldmann Professor am De-partment für Physik der LMU und beschäftigt sich in seiner Forschungvor allem mit Fragestellungen der Nanowissenschaften und der orga-nischen Optoelektronik. Zu den zahlreichen wissenschaftlichen Aus-zeichnungen Feldmanns gehören der Philip-Morris Forschungspreis(1999), der „Preis für gute Lehre des Bayerischen Wissenschaftsmini-steriums“ (1999) sowie der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deut-schen Forschungsgemeinschaft (2001).

Professor Dr. Friederike Klippel ist seit 1994 Lehrstuhlinhaberin für Di-daktik der Englischen Sprache und Literatur am Department für Ang-listik und Amerikanistik der LMU. Nach einem Lehramtsstudium in denFächern Anglistik, Geschichte und Kunsterziehung an der UniversitätGießen war sie mehrere Jahre als Lehrerin tätig. An der Victoria Uni-versity in Wellington/Neuseeland schloss sie 1975 ein Aufbaustudiumin „English Literature and Linguistics“ mit dem Master of Arts with Honours ab. Sie promovierte 1979 an der Universität Dortmund, 1992folgte die Habilitation. Professor Klippel gehört dem wissenschaftlichen

Beirat zu PISA und DESI an. Sie ist Vorsitzende der LMU-Kommissio-nen für Lehrerbildung sowie für Lehre und Studium. Die Anglistin istseit April 2003 Prorektorin. Sie war in ihrer Amtszeit Vorsitzende desGründungsbeirats für den Aufbau des Lehrerbildungszentrums derLMU, das zum Wintersemester 2004/05 seine Arbeit aufgenommenhat.

Professor Dr. Reinhard Putz wurde nach dem Studium der Medizin, derPromotion und Habilitation an der Universität Innsbruck 1982 Lehr-stuhlinhaber für Anatomie an der Universität Freiburg. 1989 folgteProfessor Putz einem Ruf an die LMU. Neben seiner umfangreichenwissenschaftlichen Tätigkeit, die durch zahlreiche nationale und inter-nationale Ehrungen und Preise dokumentiert wird, hat sich ProfessorPutz an der LMU insbesondere für das München-Harvard-Programmder Medizinischen Fakultät engagiert, einem erfolgreichen Programmzur fallbasierten praxisnahen Medizinerausbildung, aus dem heraussich die neue Studienordnung „Medizinisches Curriculum MünchenLMU (MeCuMLMU)“entwickelt hat. Professor Putz ist seit April 2003 Prorektor der LMU.

Dr. Werner Schubö vertritt unter den vier Kandidaten die Gruppe derwissenschaftlichen Mitarbeiter. Er studierte Physik an den Universitä-ten Erlangen und München und schloss mit dem Diplom ab. 1982 folg-te die Promotion zum Dr. phil. mit Hauptfach Psychologie. Bereits 1970übernahm er am Institut für Psychologie der Universität München dieStatistik-Ausbildung der Studierenden. Heute arbeitet er als LeitenderAkademischer Direktor am Department für Psychologie der UniversitätMünchen. Dr. Schubö hat lange in der universitären Selbstverwaltungmitgewirkt, unter anderem als Mitglied des Senats und der Kommis-sion für Haushalts-, Raum- und Bauangelegenheiten sowie im Sach-verständigenbeirat zum Ausbau der Informatik. In seiner Zeit als Spre-cher des Konvents der wissenschaftlichen Mitarbeiter war er zugleichSprecher der Landesvertretung Akademischer Mittelbau Bayern.Schubö hat das Amt bereits in dritter Amtszeit inne. Er ist seit April2001 Prorektor der LMU und fungiert als Ansprechpartner der Hoch-schulleitung für die Studierenden. ■ dir

■ AUSGEZEICHNETE VERSTÖRUNG

Der französischen Schriftstellerin Soazig Aaron wurde am 22. November 2004 für ihren Roman „Klaras Nein“ der renommierteGeschwister-Scholl-Preis in der Aula der Ludwig-Maximilians-Uni-versität verliehen. Der im Gedenken an den Widerstand der „WeißenRose“ gegen das nationalsozialistische Regime gestiftete Preis wirdseit 25 Jahren von der Stadt München und dem Börsenverein desDeutschen Buchhandels, Landesverband Bayern, verliehen. Soazig

Aaron erzählt in ihrem Roman eine ungeheuerliche Geschichte: Klara, Überlebende des KZ Auschwitz, kehrt nach Paris zurück undweigert sich kategorisch, wieder ein „normales Leben” zu führen –nicht einmal ihre Tochter will sie sehen. Mit ihrem Verhalten verstört sie ihre Umwelt. „Dieses literarische Meisterstück beein-druckt“, so die Jury in ihrer Begründung, „weil die Autorin etwasschildert, was so bislang noch nicht beschrieben war: Sie erzählt dieGeschichte einer ‚überlebenden Toten’, die für jeden eine Zumu-tung zu sein glaubt – und das auch tatsächlich ist.“ ■ ms

NEWSDie Prorektoren mit LMU-Rektor Professor Bernd Huber (Mitte): ProfessorReinhard Putz, Dr. Werner Schubö (links), Professor Friederike Klippel undProfessor Jochen Feldmann (rechts).

PROFILEERNSTFALL SCHULE

PROFILEEIN NASHORN IM HÖRSAAL

PROFILENEBEN DEMZWANGSSTAND

MUM 01 | 2005

■ NEWS2 MELDUNGEN

■ TITEL4 AKADEMISCHER NACHWUCHS ERWÜNSCHT

STUDIEREN MIT KIND

7 „AUF DIE VIELFALT KOMMT ES AN“PROFESSOR ULLA MITZDORF IM GESPRÄCH

■ ESSAY8 MIT ELITE ZUR ÖKONOMISCHEN WELTGELTUNG

ELITEUNIVERSITÄTEN IN DEUTSCHLAND

PROF. DR. FREERK HUISKEN, FACHBEREICH ERZIEHUNGS- UND

BILDUNGSWISSENSCHAFTEN DER UNIVERSITÄT BREMEN

■ PROFILE10 NEUES AUS DEM NORDEN

SERIE: FORSCHER ALS LITERATEN (TEIL 3)

12 NEBEN DEM ZWANGSSTANDVETERINÄR-BLECHBLÄSERENSEMBLE

14 „FUNKTIONIERENDE AUSPLÜNDERUNGSMASCHINERIE“FORSCHUNGSPROJEKT ZUR FISKALISCHEN VERFOLGUNG

DER JUDEN

16 ERNSTFALL SCHULEAUFTAKT FÜR DAS LMU-LEHRERBILDUNGSZENTRUM

18 VOM TOLLHAUS ZUR TANZTHERAPIE100 JAHRE PSYCHIATRISCHE KLINIK NUSSBAUMSTRASSE

20 EIN NASHORN IM HÖRSAALKINDERUNI AN DER LMU

22 SPITZENFORSCHUNG – MADE IN MUNICHINTERNATIONALES DOKTORANDENKOLLEG „THESIS“

24 VERSTEHEN, WIE GENE FUNKTIONIERENBAYERISCHES GENOMFORSCHUNGSNETZWERK BAYGENE

■ KUNSTSCHÄTZE26 DER HOCHALTAR DES INGOLSTÄDTER MÜNSTERS

■ FORUM28 PRO & CONTRA

STRUKTURIERT PROMOVIEREN?

■ SPECIAL29 SEID WILLKOMMEN, ERSTSEMESTER!

■ KÖPFE30 NEUBERUFEN32 PREISE & EHRUNGEN

■ SERVICE36 TIPPS & TERMINE

■ IMPRESSUM

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AKADEMISCHER NACHWUCHS ERWÜNSCHTSTUDIEREN MIT KIND

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4Die massive Holztür mit Codeschloss lässt kaum einen Laut nachaußen dringen. Wer aber sein Ohr an sie legt, kann durch die hal-lende Geräuschkulisse im Hauptgebäude der LMU deutlich die Kinderstimme hören, die sich im Still- und Wickelraum Gehör ver-schafft. Ein Blick hinter die Tür zeigt: Es sind Laute des Erstaunens,denn schließlich gibt es im Raum viel zu entdecken: Bunte Comicsund Spiele liegen herum und die Schubladen des Wickeltischs sindnatürlich ganz besonders interessant. Während der Sohn von Olga Baur, der zehn Monate alte Maxim Leon durch den Raum streifend seiner Freude über die Neuent-deckungen lautstark Ausdruck verleiht, sitzt sein Fast-NamensvetterLéo Maxim eher ruhig und zurückhaltend auf dem Schoß seiner Mut-ter. Er sieht der 31-jährigen Sandra Schmied ein bisschen ähnlich, dieim ersten Semester Psychologie studiert. Sie hat sich trotz des Kin-des, das sie schon vor dem Studium bekommen hat, für das Studium

entschlossen: Obwohl ihre Entscheidung bei ihren Kommilitonen zumTeil auf Unverständnis stößt, ist sie der festen Überzeugung, dass eseigentlich nur während des Studiums möglich ist, ein Kind zu be-kommen, zumal sie später beruflich Karriere machen möchte. Aller-dings betont sie die große Herausforderung, Studium und Kinder-erziehung unter den berühmten Hut zu bekommen. „Ich hatte zu Beginn schon die Hoffnung, das Studium in der Regelstudienzeit zuschaffen. Jetzt habe ich mein Pensum von 18 auf zwölf Semester-wochenstunden reduziert“, erklärt sie. Ihr berufstätiger Lebensge-fährte unterstützt sie so gut er kann, dennoch ist eine genaue Struk-turierung des Tages unumgänglich. Sandra Schmied hat ein wenigvon ihrem anfänglichen Optimismus verloren. „Ich hatte gehofft, dassich mich mit Kommilitoninnen in derselben Situation in Sachen Kin-derbetreuung abwechseln kann. Leider habe ich bis jetzt keine so gut-en Erfahrungen gemacht“, erzählt sie. Aber vielleicht ändert sich dasbald. Denn beim Treffen im Wickelraum reichen sich die beiden Kinder vom Schoß ihrer Mütter aus die Hand – sie scheinen sich zuverstehen. Das lässt hoffen für eine gegenseitige Hilfe in der Alltags-bewältigung. Sandra Schmied und Olga Baur machen beide von derneuen Beurlaubungsregelung Gebrauch: Bis zum dritten Lebensjahrdes Kindes ruht die Zählung ihrer Fachsemester. „Es ist sehr gut, ichkann im Rahmen meiner Möglichkeiten trotzdem Veranstaltungen be-suchen und Scheine machen“, sagt Olga Baur, die aus Weißrusslandstammt und in München Deutsch als Fremdsprache studiert.

VIELFÄLTIGE BERATUNGSMÖGLICHKEITEN„Die Beurlaubungsregelung in dieser Art gibt es erst seit 1998. Seit-her dürfen sich Studierende mit Kind für die Zeit des Mutterschutzesund der Elternzeit beurlauben lassen und trotzdem Studien- und Prü-fungsleistungen erbringen, und zwar in dem Umfang, wie sie es ent-sprechend ihrer persönlichen Situation auch schaffen. Damit könnensie sich eine Art Teilzeitstudium organisieren“, erklärt Dr. HildegardAdam, bei der Allgemeinen Studienberatung der LMU zuständig für„Studieren mit Kind“. Aber nicht nur gesetzlich, auch praktisch hatsich in den vergangenen Jahren vor allem an der LMU einiges zumVorteil für die Studierenden getan: Sie können vielfältige Beratungs-möglichkeiten seitens der Universität und des StudentenwerksMünchen in Anspruch nehmen, Seminare für die Organisation des

Kinder sind die einzige Möglichkeit, die von Warnern in der Politik postulierte „Überalterung der Gesellschaft“ aufzuhalten. Vor allem Akademiker gelten als zurückhaltend, wenn es um die Nachwuchsplanung geht. Die K-Frage – Kind oder Karriere –gibt dabei in den meisten Fällen den Ausschlag für die Entscheidung pro oder contra Kind. Damit sie zugunsten des Nachwuchsesausfällt, bedarf es passender Rahmenbedingungen – schon während des Studiums.

STUDIEREN MIT KINDAKADEMISCHER NACHWUCHS ERWÜNSCHT

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5Studiums besuchen und sich für Kinderkrippenplät-ze bewerben. 14 Krippen mit insgesamt 182 Plätzenfür ein- bis dreijährige Kinder gibt es inner- undaußerhalb Münchens. Das Studentenwerk als Trägerdieser Einrichtungen treibt den Ausbau der Be-treuungsmöglichkeiten stetig voran: Weitere Bau-projekte, so auf dem Campus Martinsried laufen. Siewerden helfen, die derzeit noch 100 Plätze auf derWarteliste abzubauen. In Zusammenarbeit mit derLMU, die die Räume zur Verfügung stellt, plant dasStudentenwerk für 2005 zudem die Einrichtung einerStundenbetreuung, die es Müttern und Vätern er-möglichen soll, auch dann Lehrveranstaltungen zubesuchen, wenn die reguläre Betreuung ausfällt.

STRAFFE ORGANISATION IST ALLESWenn es ganz eng wird, kümmern sich auch schonmal Freunde um die siebenjährige Riccarda und densechsjährigen Luca. Ihre Mutter, Nadja Hennig, istallein erziehend und studiert im 6. Semester Wirt-schaftspädagogik an der LMU. Nach einem Semesterdes Pendelns zwischen Rosenheim und Münchenkonnte sie im Frühjahr 2002 eine 35 Quadratmetergroße Wohnung in der Studentenstadt Freimann beziehen, nachdem sie im vorhergehenden Winter-semester einen Härtefallantrag gestellt hatte. „Die Bearbeitung des Antrags und die Zuteilung der Woh-nung durch das Studentenwerk ging sehr schnell“,freut sie sich. Weiterer Pluspunkt: Kindergarten undGrundschule, wo Riccarda die erste Klasse besucht,liegen gleich um die Ecke. Dennoch waren die ersten Monate in München für die29-Jährige Stress pur: „Ich hatte zu dem Zeitpunktnoch keinen Hortplatz für die Kinder und mit der vomJugendamt vermittelten Tagesmutter kamen die bei-den nicht zurecht“, erzählt sie. Über ihr wohnte jedochein ebenfalls allein erziehender Vater, der mit dem Studium fertig war und die Betreuung von Luca und

Riccarda zeitweise übernahm. Ohne eine genaueStrukturierung ihres Tages kam und kommt NadjaHennig dennoch nicht aus. Erschwerend wirkt dieprekäre finanzielle Situation: Im Sommer wurde ihrBafög erheblich gekürzt – nur noch 200 Euro erhältsie monatlich. Dazu kommen noch ein Unter-haltsvorschuss von 164 Euro, insgesamt 300 EuroKindergeld sowie Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhevon 150 Euro. Zudem jobbt Nadja Hennig am Schal-ter der wirtschaftswissenschaftlichen Bibliothek –übrigens die einzige Möglichkeit, nebenbei etwasfür das Studium zu lesen, vorausgesetzt, der Publi-kumsverkehr hält sich in Grenzen. „Gerade bei Alleinerziehenden ist die finanzielleBasis oft sehr klein“, erläutert Beate Mittring vomStudentenwerk München. „Wenn der Verdiensteines berufstätigen Partners fehlt oder die Eltern keine Unterstützung geben können, ist es kaum zuschaffen, das Studium zu absolvieren.“ Sollte es imWintersemester 2005/2006 zur Einführung von Stu-diengebühren kommen, verschärft sich die Situationnochmals. „Wie es dann weitergehen soll, darübermag ich mir noch keine Gedanken machen“, sagtNadja Hennig. Dennoch klagt sie nicht. Schließlich hat sie sich ganzbewusst für das Studium mit Kind entschieden. Sie be-urteilt den Kontakt mit Kommilitoninnen in derselbenSituation positiv: „Bei uns wohnen viele Studierendemit Kind. Wir helfen uns, wo wir können.“ Zum Ab-schalten vom stressigen Alltag bleibt für die kleineFamilie der Sport: Wenn Luca beim FC SchwabingFußball spielt und Riccarda tanzt, absolviert die Ma-ma ihr Triathlon-Training für die 2. Bundesliga.Triathlon scheint bei studierenden Müttern ohnehinen vogue zu sein. Denn auch Sabine Mentrup betreibtden Sport mit Leidenschaft. Aber auch sie muss ihrTraining in die Abendstunden oder aufs Wochenen-de verlegen, denn der schriftlich fixierte und minu-

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6tiös geplante Tagesablauf erlaubt kaum Flexibilität.Morgens bringt die 28-Jährige den siebenjährigenNiklas in die Grundschule sowie Kristof und Janik,fünf und drei Jahre alt, in die Ganztagsbetreuungdes Kindergartens. Dann pendelt sie von Erding, wodie Familie wohnt, in die Innenstadt an die LMU, wosie bis nachmittags Lehrveranstaltungen besucht.Sabine Mentrup: „Wenn ich meinen Mann, der imSchichtdienst arbeitet und meine Mutter nicht hätte,die manchmal die Betreuung übernimmt, könnte ichmein Studium kaum schaffen.“ Sie studiert im ersten Fachsemester Psychologie. Sabine Mentrupist froh, dass die Akzeptanz von Studierenden mitKind bei Professoren und Dozenten in ihrem Fachrecht groß ist. Dennoch sieht sie Verbesserungsbedarf: „Man kannnicht erwarten, dass der ganze Studienplan für Müt-ter geändert wird, aber ein paar Veranstaltungen,beispielsweise mehr Pflichtvorlesungen am Vor-mittag, wären prima, vor allem, da der Anteil vonStudierenden mit Kind im Bereich Psychologie vergleichsweise hoch ist.“ Nicht nur für die Kinder von Studierenden gibt es Be-treuungseinrichtungen an der LMU. Wissenschaft-

liche Mitarbeiter haben die Möglichkeit, ihre Kinderin der seit Januar 2004 geöffneten Kinderkrippe„LMU-Rabauken“ unterzubringen. Hier spielt auchdie eineinhalbjährige Emmy mit den anderenKindern, während ihr Vater, Dr. Till Kössler, am Histo-ricum über die Geschichte Spaniens forscht. 300 Europro Monat kostet der Krippenplatz. „Emmy gefällt esdort“, sagt Till Kössler, der froh ist, dass er einen vonden 13 Plätzen ergattern konnte. Meistens bringt erseine Tochter morgens selbst dorthin – gerade im Semester, wenn die Abende oft mit Vorträgen oderKolloquien belegt sind, häufig die einzige Zeit amTag, wo er sie sehen kann. „Ich bin natürlich in einerrelativ privilegierten Position“, so Kössler. „Mütter,die noch studieren, haben es bei ihrer Alltagsbewäl-tigung sicher wesentlich schwerer.“Das sieht auch Dr. Hildegard Adam so. Sie rätStudentinnen, sobald diese von ihrer Schwanger-schaft wissen, die Beratungsangebote von LMU,Studentenwerk und der Frauenbeauftragten wahr-zunehmen. „So kann man im Vorfeld schon vielesklären, sich rechtzeitig um Betreuungsplätzebewerben und das Studium mit Kind optimal organisieren.“ ■ cg

www.studierenmitkind.uni-muenchen.de3 Beratung zu Studienwahl3 Zulassung, Studienplanung, Beurlaubung, Prüfungenwww.studentenwerk.mhn.de/kinder3 Beratung für schwangere Studierende3 Rechtsberatung3 Allgemeine Bafög-Beratungwww.uni-muenchen.de/frauenbeauftragte3 Beratung zu allen Themen im wissenschaftlichen Bereich3 Fördermöglichkeiten von Nachwuchswissenschaftlerinnen3 Hochschulpolitische Fragen

■ I N T E R N E T A D R E S S E N F Ü R S T U D I E R E N D E M I T K I N D

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Im Vergleich zu anderen deutschen Hochschulen hat die LMU inder Kinderbetreuung eine lange Tradition. MUM sprach mit derFrauenbeauftragten der LMU, Professor Ulla Mitzdorf, über Ein-richtungen, Optimierungsansätze und Trends in Sachen Kinderbetreuung.

MUM: Wie würden Sie die Situation für Studierende mit Kindern ander LMU beurteilen?

Mitzdorf: Im Vergleich zu anderen Universitäten ist die Situation ander LMU durchaus positiv. Es gibt vielfältige Beratungsmöglichkei-ten für Mütter oder Väter. Überdies helfen eine Reihe von Kurs-angeboten bei der Organisation des Alltags und der Entwicklung einer effizienten Strategie im Studium. Zudem schreitet der Ausbauder Kinderbetreuungsmöglichkeiten stetig voran. Zwar sind dieWartezeiten zum Teil noch relativ lang, aber Universitätsleitung und-verwaltung sind dem Ausbau gegenüber sehr positiv eingestellt. Daher dürfte sich die Situation in der Zukunft weiter verbessern.

MUM: Denken Sie, es wird genug für studierende Mütter und Väter getan oder sehen Sie Nachbesserungsbedarf? Wenn ja, wassollte Ihrer Meinung nach geändert werden?

Mitzdorf: Das Bewusstsein für die Problematik „Studieren mit Kind“ist da, das Engagement entsprechend groß. Wichtig ist es vor allem, eine gewisse Vielfalt an Beratungs- und Be-treuungsmaßnahmen zu bieten. Bei den Verbesserungsbemühun-gen liegt der Schwerpunkt nicht nur auf Kinderkrippen und -gärten.Zum Beispiel ist eine stundenweise Betreuung von Kindern an derUni für das kommende Jahr geplant. Einen weiteren Ansatz für die Verbesserung von Studienbedingun-gen sehe ich darin, dass schwangere Studentinnen in naturwissen-schaftlichen Fächern sicherere Bedingungen bei der praktischen

Ausbildung vorfinden. Ein Beispiel ist die Tiermedizin, wo sie be-sonders durch Tierkrankheiten gefährdet sein können. Das gleichegilt natürlich für Fächer wie Biologie oder Chemie. Kurse und Prak-tika sollten daher entsprechend ihres Gefährdungsgrades gekenn-zeichnet werden.

MUM: Was konkret tun Sie als Universitätsfrauenbeauftragte, umStudentinnen im Falle der Schwanger- bzw. Mutterschaft Unter-stützung zu geben?

Mitzdorf: Wir beraten im Wesentlichen und organisieren Seminare.Zudem unterstützen wir Studierende bei der Durchsetzung von Sonderregelungen zum Beispiel bei Prüfungsfristen und -modalitä-ten, vorausgesetzt, die Anliegen sind ausreichend begründet undinnerhalb des gesetzlichen Rahmens.

MUM: Wie wird sich die Zahl der Studierenden mit Kind in den kom-menden Jahren entwickeln? Welche Indikatoren beeinflussen dieEntwicklung?

Mitzdorf: Derzeit ist zu erwarten, dass der Anteil von Studierendenmit Kind steigt, weil das von politischer Seite zunehmend unter-stützt wird. Das heißt konkret, dass Betreuungsmaßnahmen deut-lich verbessert werden. Auch die Einstellung der Lehrenden ändertsich deutlich zum Positiven. Dieser Trend kann allerdings durch dieEinführung von Studiengebühren sowie Bachelor- und Masterstu-diengängen getrübt werden: Es wird für die Studierenden schwie-riger, entstehende Extrakosten zu kompensieren, zumal tragfähi-ge Förderprogramme und Stipendiensysteme noch nicht bestehen.Bei Bachelor- und Masterstudiengängen könnte vor allem die stärkere Verschulung des Studiums mit genau strukturierten Stundenplänen die Organisation des Alltags erschweren.

■ Interview: cg

„AUF DIE VIELFALT KOMMT ES AN“ULLA MITZDORF IM GESPRÄCH

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E S S A YELITEUNIVERSITÄTEN INDEUTSCHLAND MIT ELITE ZUR ÖKONOMISCHENWELTGELTUNG

Braucht Deutschland Eliteuniversitäten? Welches sind die richtigen Konzepte und wie müssensie umgesetzt werden, um erfolgreich zu sein? In einer Essayreihe widmet sich MUM diesemThema und lässt dazu Bildungsexperten ganz unterschiedlicher Meinung zu Wort kommen.Für Freerk Huisken, Professor für politische Ökonomie des Ausbildungssektors an der Uni-versität Bremen, dienen Eliteuniversitäten der Festigung der wirtschaftlichen BedeutungDeutschlands in der Welt.

PROF. FREERK HUISKEN

FREERK HUISKEN ISTPROFESSOR FÜRPOLITISCHE ÖKONOMIEDES AUSBILDUNGS-SEKTORS AN DERUNIVERSITÄT BREMEN.

Der Plan zur Gründung von Eliteuniversitäten hat eine innerwissenschaftliche Debatte über den Um-gang mit dem Elite-Begriff ausgelöst. Es werden ihmgegenüber Vorbehalte geäußert, da es sich bei ihmum einen „gefährlichen Ladenhüter“ handeln soll,seine Bedeutung für den aktuellen „Reformprozess“wird problematisiert und der Verdacht geäußert, dieRede von der Elite könne einem „dichotomischenWeltbild“ Vorschub leisten. Bemerkenswert an diesem Diskurs ist, dass nicht dieWirklichkeit hiesiger Eliten-Produktion untersuchtund auf „Gefahren“ abgeklopft wird, sondern derensprachliche Bezeichnungen und ihre Konnotationenerörtert werden. Es hat gelegentlich den Anschein,als ginge es allein um die Frage, wie ein allgemeinunterstelltes, hierzulande real existierendes Ver-hältnis von Funktionseliten und den zum freiwilligenFunktionieren erzogenen Massen so benannt werdenmuss, dass die unschönen Zusammenhänge vonFührungselite und Gefolgschaft ein freundlicheresSprachkleid erhalten. Diese Debatte ist ein doppelter Anachronismus.Denn zum einen meinen die regierenden Politikersolche Schönfärberei längst nicht mehr nötig zu haben. Sie sprechen inzwischen offen aus, welchepolitischen Zwecke sie mit der Schaffung von Elite-universitäten verfolgen. Zum anderen sind sie aberauch über die Frage, ob Deutschland eine nationaleFührungselite braucht, weit hinaus. In der Sicher-heit, dass das nationale Bildungswesen mit (un-)schöner Regelmäßigkeit den gewünschten Eliten-nachwuchs produziert, indem es systematisch circaZweidrittel der nationalen Jugend von weiter-führender Bildung ausschließt, und in der Sicher-heit, dass sie selbst ein Teil dieser Elite sind, bre-chen sie zu neuen Ufern auf: Mit Eliteuniversitätensoll Deutschland sich einen Platz in der „Welt-Elite“der Nationalstaaten sichern. Und niemand hat das

Warum und Wie dieses Vorha-bens schöner auf den Begriff ge-bracht als der UmweltministerJürgen Trittin, der nach derVerabschiedung der sozialde-mokratischen „Leitlinien zurInnovation“ (Weimar 01. 2004)bei Sabine Christiansen gela-den war, um den Plan des Koa-litionspartners zu erläutern. Miteinem Beispiel, mit dem er dieNotwendigkeit von Eliteuniver-sitäten illustrierte, outete er sich alsheißer Verfechter des SPD-Vor-schlags: Es sei ein Skandal, so der Minister, dass es einem japanischen Autoproduzenten gelungen sei, ein Auto miteinem Hybridmotor bis zur Serienreife zu entwickeln! Was ausgerechnet der Umweltministeran einem umweltschonenden und energiesparendenMotor so skandalös findet, das erläuterte er umge-hend: Das Skandalöse an diesem Vorgang sei, dasses dem Japaner vor BMW, VW oder Daimler-Chryslergelungen sei, dieses Gerät verkaufsfähig auf demWeltmarkt zu platzieren. Und wer immer noch rät-selte, was dies denn mit den Eliteuniversitäten zuschaffen hat, wurde prompt aufgeklärt: Deutschland,so Trittin, bräuchte Eliteuniversitäten, damit sich soetwas in Zukunft nicht mehr wiederholt!Das ist klar und eindeutig. Und deshalb sollte mansich dieser Begründung genauer widmen. Auffallendist zunächst die Entrüstung des Ministers über einewissenschaftlich-technologische Leistung – den Hybridmotor. Warum bricht er, der doch für Umweltund Energie zuständig ist, angesichts dieser Erfin-dung und Entwicklung nicht in Begeisterungsstür-me aus? Warum geht er nicht davon aus, dass die-ser neue Motor mit seinen feinen Eigenschaften ein

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Segen für die auf den Autoverkehr angewiesene undvon ihm heimgesuchte Menschheit ist? Des Ministers Entrüstung gibt zutreffend Auskunft:In Marktwirtschaften werden bahnbrechende Erfin-dungen nicht nach ihren besonderen nützlichen Eigenschaften beurteilt. Für sich genommen, alsneue Erkenntnis oder als neue Technologie, die zumBeispiel Arbeit spart, Freizeit verlängert, Umweltschont, zählt Wissenschaft in der Marktwirtschaftnichts. Die allgemeine Beachtung von Forschungund Entwicklung gilt ausschließlich dem Umstand,ob sich daraus ein Geschäft machen lässt und weres macht. Erst wenn sich ein Unternehmen findet,das nach gründlicher Kalkulation zur Auffassung ge-langt, mit der neuen Technologie sei ein Gewinn zuerwirtschaften, zählt Wissenschaft im Kapitalismus.

Deswegen ist es den Managern von VW, BMWoder Renault, deren Ingenieure an der

gleichen Entwicklung arbeiten, einÄrgernis, dass ihnen die japani-

schen Kollegen zuvorgekom-men sind. An neuen Erfin-

dungen arbeitet eben nichteine Wissenschaftler-

gemeinde überall auf der Welt arbeitsteilig,tauscht sich über diejeweiligen Fortschrit-te aus und begutach-tet gemeinschaftlichdas Endprodukt. Inden diversen Kon-strukteursbüros wirdvielmehr gegenein-

ander gearbeitet, weildas Endprodukt über-

haupt nur etwas gilt,wenn es als Geschäfts-

oder Produktionsmittel ge-gen den Konkurrenten ein-

gesetzt werden kann.Deswegen kommt es den jeweili-

gen Konzernen auch nicht nur daraufan, einen zeitlichen Konkurrenzvor-

sprung vor der restlichen Industrie zu erar-beiten. So eine Erfindung besitzt keineswegs denCharakter eines Allgemeinguts, das aus den Händendes japanischen Eigners uneigennützig seinenMarsch um die Welt antritt. Es verhält sich umge-kehrt: Diese Weltfirmen setzen alles daran, sich einen einmal geschaffenen Konkurrenzvorteil lang-fristig zu erhalten. In der Geschäftswelt ist es des-halb üblich, die exklusive Nutzung des lukrativenKnow-Hows sicherzustellen. So wie in der Markt-wirtschaft am Wissen allein der Wissensvorsprunggegenüber der Konkurrenz interessiert, so kommtes bei seiner Anwendung auf die Monopolisierung,das heißt auf den Ausschluss der Konkurrenz vomneuen Geschäftsmittel an.

Industriebetriebe stellen sich damit zu immateriellengeistigen Produkten, die ihrer Natur nach allgemeinverfügbar sind, so wie zu sachlichem Eigentum, das

seine ökonomische Ratio im Ausschluss anderer vonseinem Gebrauch besitzt. Was bei Fabriken undihren Produkten hierzulande Grundgesetz ist undentsprechende Rechtsgültigkeit besitzt, dass näm-lich Güter nur bei entsprechender, profitabler Zahlung ihren Eigentümer wechseln, funktioniert beigeistigen Erzeugnissen nicht so ohne weiteres. Mitder Verbreitung eines geistigen Produkts wechseltes nämlich nicht die Hände. Mit seiner Preisgabeverbleibt es weiterhin im Besitz seines Erfinders, nurdie Verfügung darüber verbreitet sich. Und geradediese phantastische Möglichkeit der unendlichenVervielfachung von Wissen wird im Kapitalismus alsGeschäftsschädigung deklariert. Deswegen werdenPatente beantragt, Erfindungen in Tresoren ver-schlossen und Lizenzen zur Nutzung neuer Techno-logien verkauft. So geht jede privat-kapitalistischeAnwendung von neuem Wissen einher mit der Behinderung von seiner allgemeinen Verwendung.Dass sich auch der grüne Minister über rosige Geschäftsaussichten japanischer Produzentenechauffiert, liegt daran, dass er das neue Produktweder als Umweltbeauftragter noch als Energie-sparkommissar, sondern allein als deutscher Umweltbeauftragter und als deutscher Energie-sparkommissar begutachtet. Deswegen entdeckt eram Hybridmotor des japanischen Herstellers nichtsals ein den deutschen Firmen entgangenes Geschäft.Und das entgangene Geschäft nationaler Weltfirmenübersetzt er sich in entgangenes Wachstum der nationalen Ökonomie. Eliteuniversitäten, in denen es in erster Linie um Naturwissenschaften geht, werden also zu einer nationalen Notwendigkeit erklärt, nicht etwa um ei-nen Wissenschaftsprozess durch Bündelung allerausgewiesenen Fachkräfte zu effektivieren, dessenResultate dann technologisch umgesetzt dazu beitragen sollen, Menschen das Leben mindestenserträglich zu gestalten. Ziel ist es, mit wissenschaft-lichen Spitzenleistungen in der Konkurrenz kapita-listischer Unternehmen auf dem Weltmarkt erfolg-reich zu sein und darüber das nationale Wachstumzu fördern: Nicht Honda oder Mitsubishi gebührenGeschäftserfolge, sondern BMW, VW und Daimler,fordert der Umweltminister. Deswegen müssenBMW, VW und andere instand gesetzt werden, mitneuen Produkten und Technologien der Konkurrenzdie Märkte zu bestreiten. Er weiß: Nur die Schädi-gung der auswärtigen Konkurrenz sichert hiesigenGeschäftsleuten die nötigen Gewinne. Und nur dieBehauptung in der Standortkonkurrenz gegenüberanderen nationalen Kapitalstandorten schafft jenesWachstum, auf dem nun einmal der gesamte Staats-reichtum basiert.Der Plan zur Schaffung von Eliteuniversitäten ist alsokein Element jener gewöhnlichen, die Entwicklungdes Bildungswesens immer begleitenden Reformen,mit ihm soll auch nicht der „Nivellierung der natio-nalen Elite“ (Helmut Schmidt) vorgebeugt werden,sondern er steht für ein neues, besonders an-spruchsvolles und zwar imperialistisches Vorhaben.„Wir brauchen Unis, die weltweit strahlen!“, sagtFrau Bulmahn dazu.

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5 Klaus Böldls jüngstes, 2003 beiFischer erschienenes Werk „Diefernen Inseln“

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Am 13. Juni 1997 saß Klaus Böldl vom Institutfür Nordische Philologie mit ein paar Freundenzu Hause vor dem Fernseher. Sie warteten nichtauf ein Fußballspiel oder einen Actionfilm, son-dern auf „Das Literarische Quartett“. An diesem13. Juni besprachen die Kritiker um MarcelReich-Ranicki nicht nur „100 Jahre Einsamkeit“von Gabriel García Márquez, sie stürzten sichauch auf den Roman „Studie in Kristallbildung“.Der Autor: Klaus Böldl.

„Kerstin Hensel, die an dem Abend als Gastkriti-kerin eingeladen war, hatte das Buch total verris-sen. Aber Reich-Ranicki war recht angetan undHellmuth Karasek war begeistert“, erinnert sichKlaus Böldl. Für den Skandinavisten, der damalsmit seiner Dissertation kämpfte, halbtags jobbteund daneben noch irgendwie dieses Buch ge-schrieben hatte, war es ein riesiger Erfolg. Auchfür die Verkaufszahlen des Buches und das Re-nommee des Autors war das „Literarische Quar-tett“ ein Glücksfall. Noch heute hat Böldl diesenSchicksalsabend als Videoaufzeichnung zu Hauseim Regal. Angeschaut hat er sich die Sendung allerdings nie wieder.Sieben Jahre später sieht Böldl gelassen auf dieaufregenden Anfänge zurück. Er ist kein Mensch,der die Öffentlichkeit sucht oder gerne im Mittel-punkt steht. Die Reaktionen auf seine Büchernimmt er auch nicht mehr so ernst wie früher. Erliest nicht mehr jede Rezension und findet zudem,er sei „ja von der Kritik bisher ganz glimpflich be-handelt worden“. Er wirkt ein wenig verwundert

und dann auch wieder in einem bescheidenenMaße stolz, dass andere seine literarische Arbeitanerkennen. Für seinen ersten Romanentwurf bekam KlausBöldl 1995 ein Literaturstipendium der Stadt Mün-chen. Für Böldl war diese finanzielle und ideelleUnterstützung ein entscheidender Wegweiser.„Wer weiß, vielleicht hätte ich das Buch gar nichtbeendet, wenn ich nicht das Stipendium gewon-nen hätte.“ Aus dem eingereichten Entwurf wur-de „Studie in Kristallbildung“, das auf dem Tischdes „Literarischen Quartetts“ landete und außer-dem noch den Tukan-Preis der Stadt München er-hielt. Für sein aktuelles Buch „Die fernen Inseln“hat Böldl 2003 nicht nur den Brüder-Grimm-Preisder Stadt Hanau bekommen, sondern auch denHermann-Hesse-Literaturpreis. Der Autor lächeltzurückhaltend und sagt: „Es wäre ja schon toll ge-wesen, einen dieser Preise zu bekommen.“Die Frankfurter Rundschau betitelte Böldl in einerRezension als „Textmaler“. „Es stimmt, ich habeals Jugendlicher viel gemalt“ sagt Böldl. Späterzog er die Sprache vor, die für ihn ein „viel sprö-deres Material“ ist als die Farbe. Seine drei bishererschienenen Bücher sind für ihn Versuche, dieLandschaften des Nordens zu versprachlichen.„Studie in Kristallbildung“ spielt in Grönland,„Südlich von Abisko“ in Stockholm und Lapplandund „Die fernen Inseln“ handelt von einer Reisenach Island und auf die Färöer Inseln.Über das Reisen kam Klaus Böldl auch zur Skan-dinavistik. Als Gymnasiast lernte der gebürtigePassauer per Interrail die skandinavischen Länder

SERIE: FORSCHER ALS LITERATEN (TEIL 3) NEUES AUS DEM NORDEN

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kennen. An der Universität wollte er erst nur die schwedische Spra-che lernen, dann faszinierten ihn auch Kultur und Literatur der Nord-länder. Er studierte Skandinavistik, Germanistik und Komparatistikan der LMU, promovierte hier und arbeitet seit 1999 als wissen-schaftlicher Assistent am Institut für Nordische Philologie der LMU.Er forscht über isländische Mythologie, übersetzt mittelalterlicheLiteratur und hält im Wintersemester 2004/05 sein erstes Hauptse-minar über „Universalromantik in Skandinavien“. Vom Literaturbetrieb und seinen Kapriolen ist Böldl nicht abhängig.Für ihn sind Schriftstellerei und wissenschaftliche Arbeit im Kopfzwei getrennte Bereiche. Trotzdem ist er gerne Wissenschaftler undSchriftsteller – acht Stunden jeden Tag Romane schreiben könnteer nicht, sagt Böldl. Selbst wenn er dauerhaft von der Schriftstelle-rei leben könnte, es würde ihm ein Teil seines Lebens fehlen. W.G. Sebald ist für ihn dabei ein großes Vorbild – einmal und vorallem wegen seiner kunstvollen Sprache. Aber auch, weil Sebald biszu seinem tödlichen Autounfall 2001 als Professor für Literaturwis-senschaften arbeitete. Die Professur ist auch für Böldl das Fernziel.Im September 2004 hat er seine Habilitationsschrift abgegeben.„Die letzten zwei Jahre war an literarisches Schreiben nicht zu den-

ken.“ Nach der langen Beschäftigung mit mittelalterlichen Textenist er froh, sich jetzt auch wieder vermehrt der modernen Literaturzuwenden zu können. Er hat mit einem Kollegen eine Anthologiezur neuen skandinavischen Literatur herausgegeben. Ende No-vember war er mit drei jungen Autoren aus Norwegen, Schwedenund Dänemark auf Lesereise im deutschsprachigen Raum.In den letzten Monaten sind auch die ersten Ideen für ein neues Pro-sawerk gereift. Viel mag Klaus Böldl noch nicht verraten, nur, dassdas neue Buch in einer sehr viel näheren Region spielen wird. „Ichmöchte schließlich nicht bis an mein Lebensende nur über den Norden schreiben.“ ■ gra

Klaus Böldl wurde 1964 in Passau geboren. Er studierte Skandinavistik in München und Lund (Schweden). Seit 1999 arbeiteter als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Nordische Philologie der LMU und ist dort spezialisiert auf Altnordistik. Seine Habilitation „Eigi einhamr. Untersuchungen zum Weltbild der Eyrbyggja und anderer Isländersagas“ wurde im Dezember 2004 ohne Gegenstimme angenommen. Drei Wochen später erfolgte Böldls Ernennung zum Oberassistenten. Auf einer Forschungsreise nach Island, bei der Klaus Böldl für seine Habilschrift Archive in Reykjavik durchforstete, holte er sichauch die Anregungen für sein aktuelles Prosawerk „Die fernen Inseln“.

■ Z U R P E R S O N

OR E ND

Sie sind Phonetiker, forschen über Shakespeare oder dozie-ren in Komparatistik. Doch einige Wissenschaftler an der LMUbetreiben nicht nur exzellente Forschung und Lehre, sondernsind auch als Satiriker, Romanciers oder Lyriker erfolgreich.MUM stellt die Literaten unter den LMU-Forschern vor.

BIBLIOGRAPHIE:Klaus Böldl: Studie in Kristallbildung. Roman, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 1997Klaus Böldl: Südlich von Abisko. Erzählung, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2000Klaus Böldl: Die fernen Inseln. S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2003Klaus Böldl und Uwe Englert (Hg): Vereinzelt Schneefall. NeueTexte aus Skandinavien. Neue Rundschau. 115. Jg. 2004. Heft 3

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NEBEN DEM ZWANGSSTANDVETERINÄR-BLECHBLÄSERENSEMBLE

Das Blechbläserensemble der Tierärztlichen Fakultät der LMU „BlechVet“ spart nicht mit Superlativen. Die Musiker bezeichnen sich aufihrer Website als das „wahrscheinlich führendetiermedizinische Blechbläserensemble Europas“.„Wahrscheinlich sind wir aber auch das einzigein Europa“, ergänzt mit einem AugenzwinkernProfessor Joachim Braun, der mit seinem Enga-gement das Ensemble zusammenhält.

Wie kommen gerade die Tiermediziner zu einemBlechbläser-Ensemble? Wieso spielen die ange-henden Veterinäre Flügelhorn, Tuba oder Posaune?Joachim Braun, Professor an der GynäkologischenTierklinik, hat sich diese Frage wohl auch schongestellt. Er erklärt, dass fast alle Studierenden derFakultät vom Land kämen. „Da gibt es doch nochviele, die daheim auf dem Dorf in der Blaskapelleoder im Posaunenchor spielen.“ Außerdem laufensich die Tiermediziner ohnehin im Studium ständigüber den Weg. So entsteht leichter ein Zusam-mengehörigkeitsgefühl.Für Posaunistin Johanna Eiberle war die Anony-mität der Großstadt ein entscheidender Grund, beiBlechVet mitzumachen. „Ich war neu in Münchenund hatte gerade angefangen, zu studieren. Dawar ich schon froh, über die Musik Leute kennenzu lernen.“ Die Studentin ist auch froh, von denälteren Semestern im Ensemble Tipps zu nützli-chen Büchern oder Prüfungsfragen zu bekommen.Geprobt wird im Hörsaal der GynäkologischenTierklinik. Tagsüber erfahren hier angehendeTierärztinnen und Tierärzte etwa, wie man eineKuh richtig besamt. In der Mitte der Bühne, wosonst vielleicht der Dirigent am Pult stehen würde,

steht hier der Zwangsstand. Eine Art Individual-gefängnis für das Tier, das den Studierenden imHörsaal als veterinärmedizinisches Demonstra-tionsobjekt dient.

MIT USCHI GLAS IM HÖRSAALBeim alljährlichen Weihnachtskonzert könnenauch Nicht-Veterinäre die ganz speziellen Reizedieses Musiksaals kennen lernen. Allein der Geruch ist einzigartig. Es liegen viele JahrzehnteTier in der Luft. Beim letzten Weihnachtskonzertgenossen 300 Zuhörer Musik und Atmosphäre imGynäkologischen Hörsaal. Dort spielte BlechVetgemeinsam mit dem Streicherensemble derTierärztlichen Fakultät. Eingeladen wird dazu schon mal ein prominenterGast, der die Erlöse des (Benefiz-)Konzertabendsin die Höhe treiben soll. TV-Tierärztin Uschi Glasmusste zum Beispiel 2002 zugunsten der Ob-dachlosenzeitschrift BISS ihre veterinärmedizini-schen Kenntnisse preisgeben. „Das war sehrlustig“, meint Trompeterin Katja Ritterbuschtrocken. Beim Weihnachtskonzert 2004 hatteBlechVet neben Klassik und Gospel auch einigeStücke für Brassband auf den Notenständern. Bei

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dem ersten improvisierten Auftritt anlässlich der Emeritierung ei-nes Professors vor etwa acht Jahren konnten die Blechbläser gera-de mal zwei Stücke spielen. Inzwischen ist nicht nur das Repertoiregewachsen, sondern auch der Anspruch. Dabei hatte die Geschichteder Blechblastruppe mit Misstönen begonnen.Es war 1995 und die Studentin Katja Ritterbusch hatte sich mit zweiKommilitonen aus ihrem Wohnheim zum Musizieren in der Uni getroffen. Alle drei waren gute Musiker und hatten Anspruchsvol-les vor. Bei ihrer zweiten Probe hörten sie aus einem NebenraumPosaunenklänge und holten den einsamen Musikanten zu sich. Eswar Professor Joachim Braun, der damals gerade mit dem Posau-nespielen begonnen hatte. „Der Abend war eine Katastrophe“, erinnert sich Katja Ritterbusch. Die Hornistin, eine Freundin vonihr, mäkelte ständig an Professor Braun herum. „So könne mannicht Posaune spielen, das wäre unmöglich. Sie hatte ja keine Ah-nung, dass er einer meiner Professoren war“, lacht Katja Ritter-busch, die heute – knapp zehn Jahre später – wieder als Assisten-tin an der Tierärztlichen Fakultät arbeitet und mit ihrer Trompeteimmer noch bei BlechVet aktiv ist. Inzwischen ist das Ensemble auf knapp 20 Mitglieder gewachsen,und „wir haben wirklich gute Leute dabei“, erzählt Professor Braunstolz. Eine Studentin, die schon ein Jahr auf dem Konservatoriumwar, eine, die fast Tuba studiert hätte und noch einige andere sehrgute Orchestermusiker sind dabei. In diesem Semester ist Blech-Vet sogar zum ersten Mal auf ein veritables Probenwochenende ge-fahren, in ein Schullandheim in Agatharied. Die Blechveterinärewaren trotz der Proben von früh bis spät von ihrem gemeinsamenAusflug begeistert.

www.blechvet.de

AUF DER SUCHE NACH DER TUBAFür viele der Musiker macht die Zusammensetzung des Ensemblesseinen Reiz aus. Neben Professor Braun ist die Professorenschaftdurch den Immunologen Thomas Göbel vertreten. Der rekrutiertauch schon mal seinen Doktoranden mit dem Schlagzeug, wenn esdie Besetzung erfordert. Neben einigen fertigen Tierärzten sind diemeisten Ensemblemitglieder Studierende. Für die Besetzung be-deutet das häufige Änderungen. Ein Auslandsjahr, Prüfungen, eineStelle in einer anderen Stadt: Es gibt viele gute Gründe für die hoheFluktuation. Somit ist es eine der Hauptaufgaben von ProfessorBraun, neue Musiker zu rekrutieren. Er gibt sich alle Mühe. „Ich binschon aufgezogen worden, weil ich keine Vorlesung habe vergehenlassen, ohne eine Tuba zu suchen.“ Seit zwei Jahren ist nun zumGlück eine Tubaspielerin dabei. Die ist wichtig, weil die anspruchs-vollen Stücke fast alle eine Tuba fordern. In solchen Notfällen werden daher auch Ausnahmen gemacht: Es muss nicht immer einTiermediziner sein, wenn das Instrument gefragt ist. Und eigent-lich, schränkt Braun ein, sei die Rekrutierung gar nicht elitär: „Bei uns darf jeder mitspielen. Sogar ich.“ ■ gra

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Im Jahr 2001 nahmen Professor Hockerts und seine drei Mitarbei-ter Dr. Christiane Kuller, Axel Drecoll und Tobias Winstel die Arbeit am Forschungsprojekt „Die Finanzverwaltung und die Ver-folgung der Juden in Bayern“ auf – mit interessanten Ergebnissen,die der Projektleiter bei der Abschlusspräsentation im Historicumder LMU auf den Punkt brachte: „Die Finanzverwaltung war zwarnicht insgesamt, aber in erheblichen Teilen ein Bestandteil arbeits-teiliger, staatsgestützter Makrokriminalität. Und dies insbesonderedort, wo sie die vermögensrechtliche Abwicklung der Deportatio-nen übernahm.“ Nicht viel, so Hockerts, bleibe von der älteren Dua-lismus-Vorstellung, nach der traditionelle Staatlichkeit und entfes-selte Führergewalt in einem Spannungsverhältnis zueinander gestanden hätten. Im Gegenteil, die Integration der Finanzbehör-den in ein enges Kooperationsgeflecht von Dienstellen der Partei,der Polizei und des Staates habe die „Ausplünderungsmaschinerie“ ohne Stockung am Laufen gehalten.Zwar zeigen die Studien im Einzelnen, dass keineswegs alle Beamteantisemitische Neigungen an den Tag legten. In der Gesamtheitspielten die Finanzbehörden und ihre Repräsentanten jedoch eineentscheidende Rolle bei der wirtschaftlichen Existenzvernichtungder Juden.

FISKALISCHE BERAUBUNG DER JUDENWie die Arbeit der bayerischen Finanzbehörden im Kontext derreichsweiten fiskalischen Verfolgung aussah, wie die steuerlicheDiskriminierung sowie die Entziehung und Verwertung jüdischenVermögens verliefen, damit beschäftigt sich die Einzelstudie von Dr. Christiane Kuller. „Die Beamten hatten durchaus die Möglich-keit, selbstständig Entscheidungen zu fällen und Handlungsspiel-räume zu nutzen“, erläuterte sie in ihrem Vortrag. „Schließlich mussten sie die widersprüchlichen und mit geordnetem staatlichenHandeln kaum zu vereinbarenden Anweisungen des NS-Regimes in geregelte bürokratische Verfahren übertragen.“ Das konnte zu Gunsten der jüdischen Steuerzahler, aber auch zu einem ver-schärften Verhalten ihnen gegenüber ausfallen.

Erstes Ziel der steuerlichen Verfolgung waren die Emigranten. Siewurden mit einer Sondersteuer – der so genannten „Reichsflucht-steuer“ – belegt, die bereits aus der Weimarer Zeit stammte, mit Beginn der NS-Diktatur jedoch weitgehend antijüdisch konnotiertwar. Zur fiskalischen Diskriminierung kam noch die komplette Ent-eignung von Emigranten und Deportationsopfern, die so genannte„Aktion 3“. Juden, die das Glück hatten, ins Ausland fliehen zu kön-nen, verloren durch Sondersteuern, Enteignungen und eine rigideSteuer- und Devisengesetzgebung nicht selten bis zu 96 Prozent ihres Geld- und Sachvermögens.

„FUNKTIONIERENDEAUSPLÜNDERUNGSMASCHINERIE“FORSCHUNGSPROJEKT ZUR FISKALISCHENVERFOLGUNG DER JUDEN

Drei Jahre hatte ein Historikerteam um Professor Hans Günter Hockerts von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayern Zeit, Licht in ein dunkles Kapitel bayerischer Geschichte zu bringen: Gefördert vom Finanzministerium untersuchten die Forscher die Verfolgung der Juden durch die Finanzbehörden im Nationalsozialismus. Am 12. November 2004 stellten sie ihre Forschungsergebnisse vor.

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Die Begründung der Sonderabgaben machte der Reichsfinanz-minister Schwerin von Krosigk 1936 deutlich: „Der Jude ist fremden Blutes und steht daher außerhalb der deut-schen Volksgemeinschaft. Dass er eben diese Volksgemeinschaft,von der er ausgeschlossen ist, im Ausland unterstützen wird, ist unwahrscheinlich.“ Bei der Einziehung jüdischen Vermögens wirkten die Finanzbeam-ten eng mit Gestapo und SS zusammen. Brennpunkte der „Arisie-rung“ in Bayern waren München und Nürnberg, wo es große jüdi-sche Gemeinden gab. Auf die fiskalische Verfolgung der Juden indiesen beiden Städten sowie auf Unterfranken als typisch ländlicherRegion konzentrierten sich die Untersuchungen von Axel Drecoll.Nicht weniger als 600 Biografien jüdischer Erwerbstätiger sowieinsgesamt 2.500 Akteneinheiten hat er ausgewertet. Dabei fand erheraus, dass zu Beginn des NS-Regimes die Arbeit in den Finanz-behörden von bürokratischer Sachlichkeit und weniger von antise-mitischer Emotionalität geprägt war. Erst mit der sukzessiven Adaption der nationalsozialistischen Weltanschauung in den Behör-den übten die Beamten ihre Tätigkeit in aller Regel zuungunstenvon Juden aus. Dennoch hält Drecoll fest, dass weniger die Fiskal-behörden, als vielmehr die radikal vorgehenden Gliederungen derNSDAP ausführendes Organ bei der „Arisierung“ waren, dass es sogar zur „Konkurrenz“ zwischen diesen und dem Fiskus bei derAusplünderung kommen konnte: So zogen die Finanzbehörden inNürnberg – um dem mächtigen Gauleiter Julius Streicher zuvorzu-kommen – Mobiliar und Einrichtungsgegenstände von Juden ein,um deren Steuerschuld zu begleichen.

WIEDERGUTMACHUNG – FINANZIELL UND MENTALUm die Möglichkeiten und Grenzen der Wiedergutmachung des Unrechts deutscher Behörden bei der Verfolgung der Juden nachKriegsende geht es in der Untersuchung von Tobias Winstel. Er betont, dass der frühere bayerische Ministerpräsident WilhelmHoegner dieser Frage bereits 1945 höchste Priorität einräumte. InFolge kam es zur Einrichtung verschiedener Wiedergutmachungs-

institutionen, unter anderem Entschädigungs- und Rückerstat-tungsgerichten, vor denen die jüdischen Opfer des NS-RegimesGehör fanden. Zwar halfen ihnen die Entschädigungszahlungen zumTeil, wieder eine Existenz in Deutschland oder an einem anderenOrt aufzubauen. Dennoch konnten die Beträge keineswegs die Leiden aufwiegen, die den Juden zugefügt worden waren. Was bei der Verhandlung ihres Falls vor den Wiedergutmachungs-behörden viel wichtiger war, formulierte der Arzt William G. Niederland, Gutachter in einer Reihe von Verfahren, so: „Für dieüberlebenden Opfer des nationalsozialistischen Regimes, die Ent-schädigung erhielten, war es nicht eine bestimmte Summe… inGeld, die am meisten zählte, sondern die ihnen damit zugebilligteAnerkennung ihres Leids. – Und darin liegt wohl der tiefere Sinnder Wiedergutmachung für das ihnen angetane Unrecht.“Immer noch beziehen NS-Opfer in der ganzen Welt eine monatlicheRente vom bayerischen Landesentschädigungsamt, und der Haus-haltsplan des Bayerischen Finanzministeriums sah für das Jahr 2004eine Wiedergutmachungssumme von knapp 100 Millionen Euro vor. Nicht zuletzt deswegen war es ein Anliegen des Bayerischen Finanz-ministers Professor Kurt Faltlhauser, die Aufarbeitung der Beteilungder bayerischen Finanzbehörden an der fiskalischen Judenverfolgungmit finanziellen Mittel zu unterstützen: 375.000 Euro standen den Forschern um Professor Hockerts für ihre dreijährige Arbeit zur Verfügung. Zudem erhielten sie Zugang zu bisher ungesichteten Akten aus dem Archiv des Ministeriums. Das Projektteam leistete inKooperation mit der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayernein Stück Pionierarbeit bei der Aufarbeitung eines bislang uner-forschten Kapitels bayerischer (und deutscher) Geschichte. ■ cg

6.142 Studierende der LMU wollen später ein-mal dort arbeiten, wo sie bereits mindestens13 Jahre ihres Lebens verbracht haben – in derSchule. Das sind ein Viertel aller bayerischenLehrerinnen und Lehrer, die ihren Abschluss ander Münchner Universität machen. Damit ist dieLMU die größte Ausbildungsstätte für Lehrer inBayern. Das neue Lehrerbildungszentrum (LBZ)der LMU soll künftig als zentrale Einrichtungdie vielen Aktivitäten und Initiativen im Bereichder Lehrerbildung bündeln, koordinieren undoptimieren.

Für Friederike Klippel endete mit der feierlichenEröffnung am 18. Januar 2005 eine Vorberei-tungsphase, die viele Jahre gedauert hat. „Esbegann alles mit dem Bericht der Terhart-Kom-mission“, erinnert sich die Prorektorin und Pro-fessorin für Didaktik der englischen Sprache undLiteratur. Im Jahr 2000 hatte der Münsteraner Er-ziehungswissenschaftler Ewald Terhart im Auftragder Kultusministerkonferenz einen Bericht überdie „Perspektiven der Lehrerbildung“ vorgelegt.Terhart und seine Kommissions-Kollegen warensich zwar einig darin, dass die UniversitätenZentren der Lehrerbildung bleiben sollten. Siekritisierten jedoch vehement, dass die Fachwis-senschaften, die fachdidaktischen, die erziehungs-wissenschaftlichen sowie die schulpraktischenStudien immer noch zu unverbunden neben-

einander stünden. Allzu oft bildeten die Hoch-schulen zwar gute Fachwissenschaftler aus, wieman ein guter Lehrer werden kann, vermitteltensie aber nicht. Angehende Deutschlehrer, die aus-führlich über das Mittelhochdeutsche geforschthaben, aber nicht wissen, wie sie eine Stunde überGedichte für Viertklässler konzipieren, gaben derTerhart-Kommission Anlass zur Kritik. Außerdemdürfe kein angehender Musiklehrer erst im Refe-rendariat erkennen, dass er keine Lust hat, 30 Pu-bertierende zum Singen zu animieren.Der Terhart-Bericht sorgte für viel Aufsehen. Auchan der LMU stieß er Reformbestrebungen an. Ei-ne Arbeitsgruppe unter der Leitung von ProfessorFriederike Klippel arbeitete mehrere Jahre lang andem Konzept für eine zentrale Einrichtung derLehrerbildung an der LMU. Und so ist Klippel be-sonders glücklich, dass eben jener Ewald Terhart,der die Entwicklung angestoßen hatte, für denFestvortrag bei der Auftaktveranstaltung desLehrerbildungszentrums gewonnen werden konn-te. „So schließt sich ein Kreis“, freut sich die Vor-sitzende des Gründungsbeirats des LBZ.Die mehr als 6.000 Lehramtsstudenten stellen diegrößte durch eine gemeinsame Prüfungsordnunggeeinte Gruppe von Studierenden an der Münch-ner Universität dar. Doch die Gemeinsamkeitenbleiben oft verborgen. Angehende Mathema-tiklehrer treffen vor allem auf Diplommathema-tiker; Grundschullehrer in spe bekommen selten

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16 ERNSTFALL SCHULEAUFTAKT FÜR DASLEHRERBILDUNGSZENTRUM DER LMU

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einen zukünftigen Englischlehrer am Gymnasium zu Gesicht. Dasneue Lehrerbildungszentrum soll künftig dazu beitragen, die Lehrerbesser auf den Ernstfall Schule vorzubereiten. Besonders wichtigist die breite Verankerung des LBZ in den drei Komponenten derLehrerbildung. Fachwissenschaftler, Fachdidaktiker und Erzie-hungswissenschaftler sind hier vernetzt. Für den notwendigen Pra-xisbezug sorgen Vertreter aller Schulformen, die im LBZ Mitgliedsind. Das Lehrerbildungszentrum engagiert sich zum einen in denpraktischen Fragen universitärer Ausbildung und Weiterbildung fürLehrkräfte. Es will aber auch die Entwicklung von Reformkonzep-ten für die Lehrerbildung und die Bildungsforschung fördern sowiedie wissenschaftliche Kooperation mit anderen Institutionen undUniversitäten.Jeder soll seine Ideen einbringen und von den Ideen Anderer lernenkönnen. So sind etwa viele innovative Projekte nur einer kleinenGruppe von Lehrenden und Studierenden des jeweiligen Faches bekannt. Das ist die unvermeidliche Kehrseite des reichhaltigen An-gebots an der LMU, das fast alle Fächerkombinationen ermöglicht.Das LBZ soll für mehr Transparenz und zukünftig einheitliche Qua-litätsstandards sorgen. Und Friederike Klippel ist optimistisch, dassdie Mitglieder des Lehrerbildungszentrums noch viele weitere Ideenproduzieren. „Ich habe das Gefühl, dass ganz viele Leute in denStartlöchern stehen.“

AUSSICHTSREICHE ZUKUNFTAuch für die Studierenden gibt es mit dem LBZ erste sichtbareSchritte in die Zukunft. Eine Website (www.lmu.de/lehrerbildungs-zentrum) wird aufgebaut als Wegweiser für alle Lehramtsstudie-renden, die Studienpläne, Prüfungsordnungen oder spezifischeFachstudienberatungen suchen. Die zentrale Studienberatung oderdie Fachstudienberatung kann und soll das LBZ nicht ersetzen.„Aber das LBZ soll auch ein Informations- und Beratungsportal fürStudierende sein“, erklärt Geschäftsführer Dr. Richard Sigel, der imOktober 2004 zusammen mit zwei Mitarbeiterinnen sowie einer Sekretärin die Arbeit in den drei Räumen in der Schellingstraße 10

aufgenommen hat. Vor allem aber soll das LBZ in Zukunft mithel-fen, das Studium qualitativ zu verbessern. So könnten etwa diePflichtveranstaltungen von häufigen Fächerkombinationen zeitlichkoordiniert werden. Studierende, die zwischen A, B, und C pendeln,während zeitgleich für sie wichtige Seminare in D und E stattfinden,werden dankbar sein. „Das ist ein ehrgeiziges Ziel, das wir uns davorgenommen haben“, so Professor Klippel. Und es ist nicht daseinzige. Angedacht sind auch Veranstaltungsreihen zur Schulrea-lität, Vorbereitungsseminare auf das Praktikum, inhaltliche Koope-rationen der Fachdidaktiker, der Aufbau von Netzwerken innovativerSchulen und die Weiterqualifizierung der Ausbildungslehrkräfte anden Schulen.Das LBZ beginnt seine Arbeit in politisch spannenden Zeiten. DerBologna-Prozess fordert nämlich von allen deutschen Universitäteneine Reform des Studiums – das betrifft auch das Lehramtsstudium.Bayern will zwar weiterhin an einer zentralen Staatsprüfung fest-halten, allerdings sollen Bachelor- und Masterstudiengänge damitkombiniert werden. Zudem wird der Freistaat den Universitätenneue Freiheiten in der Lehrerbildung geben. Die Examensnote derangehenden Lehrer wird künftig nur noch zu 60 Prozent von derschriftlichen Staatsprüfung bestimmt. 40 Prozent der Note ergebensich aus Prüfungen während des Studiums. „Das heißt, 40 Prozentder Ausbildungsinhalte können durch die Universitäten gestaltetwerden. Folglich werden sich die Lehramtsstudiengänge der ein-zelnen Unis schon unterscheiden“, erläutert Friederike Klippel. Siesieht das LBZ daher als aktiven Faktor für eine Schärfung des Profils der LMU. ■ gra

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Vor 100 Jahren wurde die Psychiatrische Klinik der LMU alsKönigliche Psychiatrische Klinik in München feierlich eröffnet.Viele berühmte Forscher haben hier gearbeitet, zum BeispielEmil Kraepelin und Alois Alzheimer. Ein Blick zurück auf einspannendes Stück Zeitgeschichte.

Besucher, die heute den Haupteingang der Psychiatrischen Klinik inder Nussbaumstraße betreten, sind zuerst einmal beeindruckt von demPrunk vergangener Zeiten. Bei ihrer Eröffnung im Jahr 1904 war dieKlinik für München allerdings nicht nur ein architektonischer, sondernauch ein medizinischer Meilenstein. Seit 1803 gab es das GiesingerTollhaus am heutigen Kolumbusplatz. Dort wurden die „ganz Tollen“und die etwas ruhigeren „Irren“ von Wärtern bewacht. Auf Prügel undKetten sollte verzichtet werden, Zwangsjacken waren allerdings nochgängige Praxis. Es gab einen einzigen Arzt, der sich um die Krankenkümmerte. Das „Giesinger Tollhaus“ war schon bald überfüllt, die Zustände für die Patienten wurden als unerträglich beschrieben.

Abhilfe sollte Anfang des 19. Jahrhunderts die Königliche Psychia-trische Klinik schaffen. Erst musste die Universität allerdings Ver-handlungen mit den Barmherzigen Schwestern vom Orden des Hei-ligen Vinzenz von Paul führen. Sie betrieben Landwirtschaft auf demGrundstück, auf dem die Klinik errichtet werden sollte. Man einigte

sich darauf, dass die Barmherzigen Schwestern die Bewirtschaftungund Pflege in der künftigen Klinik übernehmen sollten. Gründungs-direktor Emil Kraepelin – schon damals ein Psychiater von Weltrang –war zunächst besorgt, ob diese Kooperation funktionieren würde. Docherst sehr viel später beendete der Nachwuchsmangel im Orden einefast neunzigjährige erfolgreiche Zusammenarbeit. 1991 hörten vierder letzten fünf Ordensschwestern auf. Eine einzige BarmherzigeSchwester arbeitet heute noch auf eigenen Wunsch in der Nuss-baumstraße.

BERÜHMTE WISSENSCHAFTLERUm die Erstausstattung der Klinik kümmerte sich ganz besonders einerder Assistenten Kraepelins, der mit ihm aus Heidelberg gekommenwar. Dieser Assistent nutzte die Gelegenheit und ließ einen auf-wändigen Mikroskopiersaal in das 3. Obergeschoß der Klinik einbauen,der vor allem seiner eigenen Forschung dienen sollte. Alois Alzheimerhieß dieser Assistent, der 1907 auf einer Tagung erstmals über dasKrankheitsbild der verwirrten „Auguste D.“ berichtete. Die Tagungs-teilnehmer waren damals nicht sonderlich beeindruckt. AlzheimersVorgesetzter Kraepelin hingegen erkannte die Bedeutung der Be-obachtungen und nahm sie unter dem Begriff „Alzheimer’sche Krank-heit“ in sein epochales Lehrbuch „Psychiatrie“ auf. Alzheimers Mikro-skopiersaal in der Psychiatrischen Klinik wurde bald zu einem Zentrumder internationalen neurologischen Forschung. Auch H.G. Creutzfeldtund A.M. Jakob, die später unabhängig voneinander die Creutzfeld-Jakob-Krankheit beschrieben, haben hier bei Alzheimer gearbeitet.Heute ist in dem Saal die psychiatriehistorische Sammlung der Klinikuntergebracht. Die Jahre des Nationalsozialismus waren eine dunkle Epoche für diedeutsche Psychiatrie, nicht nur in der Nussbaumstraße. Einer der ehe-maligen Assistenten Kraepelins, Ernst Rüdin, war ein fanatischer

VOM TOLLHAUS ZUR TANZTHERAPIE100 JAHRE PSYCHIATRISCHE KLINIKNUSSBAUMSTRASSE

7 Das Gebäude der Psychiatrischen Klinik in der Nussbaumstraße

Anhänger des Gedankens der „Rassenhygiene“. Erhatte den Kommentar zum berüchtigten „Gesetz zurVerhütung erbkranken Nachwuchses“ der Nazismitverfasst. 360.000 Menschen wurden in der Folgesterilisiert. Im Rahmen der so genannten „AktionT4“ wurden zwischen 1939 und 1941 mehr als80.000 psychisch Kranke umgebracht, weitereZehntausende kamen durch „Hungerkost“ in denKliniken ums Leben. Aus der Nussbaumstraße gabes, anders als aus der psychiatrischen Klinik in Haar,keine Deportationen in „Tötungsanstalten“. Aller-dings sind damals Patienten aus der Uniklinik nachHaar verlegt worden. Der damalige Leiter derMünchener Klinik, Oswald Bumke, war allem An-schein nach nicht in die Gräueltaten verwickelt. Erwusste aber von ihnen, setzte sich jedoch nicht öffentlich für die Rechte psychisch Kranker ein.

LANGSAMER NEUANFANGAls die Amerikaner am 30. April 1945 in Müncheneinzogen, lief in der Klinik in der Nussbaumstraßenur noch ein Notbetrieb. Viele Stationen warenschon im Winter 1943/44 nach Haar ausgelagertworden. Im letzten Kriegswinter wurde der restlicheKlinikbetrieb ins Tegernseer Tal verlegt. NachKriegsende begann der Alltag an der Nussbaum-straße nur langsam wieder. Es mangelte an intakterInfrastruktur, Geld, Personal und Mut, sich wiedereiner Forschung fernab von Ideologien zu widmen.Die Modernisierung der Psychiatrie wurde erst inden 50er Jahren durch die Entwicklung neuer Medi-kamente beschleunigt. 1952 wurde das erste Anti-psychotikum entwickelt, mit dem man Wahnkrank-heiten behandeln konnte. 1957 folgte Imipramim,das erste Antidepressivum. Ein weiterer Meilenstein

für die Entwicklung der Psychiatrie in der Bundes-republik war der Bericht, den die so genannte „Psy-chiatrie-Enquête“ 1974 veröffentlichte. Die vomBundestag eingesetzte Kommission rüttelte diedeutsche Öffentlichkeit mit Fakten über die ent-setzliche Situation in vielen psychiatrischen Ein-richtungen auf. Patientensäle mit zehn bis 18 Bet-ten, die Toiletten in der Mitte des Raums nur durchStellwände abgetrennt, Kliniken mit weit mehr als1.000 Betten, viel zu wenige Ärzte und viel zu vieleZwangsbehandlungen waren der Alltag. „Auch inder Nussbaumstraße war es nicht wirklich komfor-tabel“, beschreibt der heutige Klinikdirektor Hans-Jürgen Möller die damaligen Zustände. Laut Möllerkam es aber auch in München – angestoßen durchden Enquête-Bericht – zu einer Neuorientierung.„Dazu gehörten bauliche Änderungen, aber auchder Ausbau der komplementären Versorgung mitTag- und Nachtkliniken sowie Ambulanzen.“Heute ist die ehemals Königliche PsychiatrischeUniklinik eine moderne Großstadtklinik mit diver-sen Spezialambulanzen und einer psychiatrischenPoliklinik, in der Hilfesuchende in akuten psy-chischen Krisen rund um die Uhr ohne vorherigeAnmeldung betreut werden. Auf zehn Stationenkönnen 200 Patienten versorgt werden, im Jahrwerden dort knapp 2.000 Patienten stationär be-handelt. Die Sozialpsychiatrie und Behandlungs-formen wie Verhaltenstherapie, Psychoanalyse,Kunst- oder Beschäftigungstherapie ergänzen dieBehandlung mit Psychopharmaka. Der heutigeKlinikdirektor Hans-Jürgen Möller ist froh über die-se Entwicklung: „Konzeptionell gibt es heute wenigKonflikte.“ Die Zeiten, als in München ein Tollhausstand, sind lange vorbei. ■ gra

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1 Emil Kraepelin (3. von rechts) mit

seinen Mitarbeitern bei der Visite in

der Münchner Klinik

Zum Jubiläum der Klinik ist imSpringer-Verlag 2005 das Buch„Die Psychiatrische Klinik derUniversität München 1904 –2004“ von H. Hippius, H.-J. Möl-ler, N. Müller und G. Neundörfererschienen.

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Im Wintersemester hat die Ludwig-Maximi-lians-Universität (LMU) das Durchschnittsalterihrer Studierenden ganz erheblich gesenkt:Zum ersten Mal findet hier die KinderUni statt.Acht- bis Zwölfjährige können in insgesamt achtVorlesungen nicht nur eine Menge dazulernen,sondern zudem erleben, wie es an einer Uni-versität zugeht. Ob Vorlesungen über Soziologie,Philosophie, Pädagogik, Physik oder die Antike– die LMU-Professoren bieten den Kindernspannende Themen, natürlich kindgerecht auf-bereitet. Und sowohl die Kinder als auch dieProfessoren sind mit großem Spaß und Enga-gement bei der Sache.

„Ich weiß ganz genau, dass Harry Potter weitsichtigist“, vertritt der neunjährige Stefan nachdrücklichseinen Standpunkt. Die achtjährige Laura ist sichsicher, dass der Professor recht hat: „Harry Potterhat die Brille nur so!“ Kritische Diskussionen unter Studierenden nach einer Vorlesung sind gutund wichtig – auch bei der KinderUni.Und in Sachen Weit-, Normal- und Kurzsichtigkeit

oder Schielen können sie nach der Vorlesung„Warum haben wir zwei Augen und sehen nur einmal – Harry Potter und seine Brille“ von Professor Klaus-Peter Boergen kompetent mitre-den. Der Kinderaugenarzt von der Augenklinik derLMU hat in seinem Vortrag alles Wissenswerterund ums Sehorgan erklärt. Und für alle weiterenFragen hat der Augenspezialist auch nach der Vor-lesung ein offenes Ohr. Und die gibt es! Kaum hater geendigt, wird er schon von einer Traube seiner„Studierenden“ umlagert, die ihn mit Fragenlöchern und versuchen, ein Autogramm für ihreBrille von ihm zu bekommen. Die 3D-Brille, die jedes Kind zu Beginn der Vorlesung erhalten hatund natürlich die tollen 3D-Bilder, die ProfessorBoergen per Beamer auf die Leinwand projizierte,waren der absolute Renner: „Mir hat am meistendas Nashorn gefallen. Es sah so aus, als ob es aufmich zukommt!“, erklärt der neunjährige Micki begeistert. Aber nicht nur den Kindern hat der Vortrag viel Spaß gemacht. Auch Professor Boergenist hochzufrieden mit seinen jungen Studierenden:„Anfangs war ich ja schon etwas skeptisch, aber

EIN NASHORN IM HÖRSAALKINDERUNI AN DER LMU

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jetzt kann ich nur sagen: Jederzeit wieder!“ Für ihn, der es gewohntist, nur junge Erwachsene zu unterrichten, war besonders die Vorbereitung eine neue Erfahrung und eine große Herausforderung:„Normalerweise sind Vorlesungen zur Augenheilkunde relativschnell konzipiert. Aber hier ging es ja darum, das Thema Sehenkindgerecht aufzubereiten.“ Erstaunt war Professor Boergen vor allem über die große Wissbegierde der Kinder und darüber, wie vielVorwissen sie schon haben.

VOLLER ERFOLGIn jedem Fall war die KinderUni bisher ein riesiger Erfolg, schließ-lich wurde jedem Vortragenden – ganz nach akademischer Art – miteinem eifrigen Klopfen auf die Tische applaudiert. Die beiden Moderatorinnen vom Bayerischen Rundfunk – neben dem MünchnerMerkur ein Medienpartner für die LMU und die Initiative Kinder-

Uni – hatten schon zu Beginn die wichtigsten Gebräuche für das Leben rund um den Hörsaal erklärt, so unter anderem, wie man ander Uni applaudiert, was das Kürzel „c.t.“ bedeutet und dass die„Mitschüler“ an der Hochschule Kommilitonen heißen. Einige der rund 450 Kinder hatten schon die beiden vorhergegan-genen Vorlesungen gesehen, in denen der Anatom Professor ReinhardPutz alles über den menschlichen Körper erzählte und AstrophysikerProfessor Harald Lesch die Studierenden mitgenommen hatte aufeine Reise in das Weltall und fremde Galaxien. Mona hat alle dreiVorlesungen besucht. Mittlerweile ist die Elfjährige schon ein richtiger Profi. „Mir haben eigentlich alle sehr gut gefallen, obwohlich die erste schon ein bisschen gruselig fand.“ Auf jeden Fall hatsie sich schon Karten für die nächsten Vorlesungen der KinderUnigesichert. ■ cg

29. Januar 2005, 11:00 – 12:00 Uhr, Hörsaal 201, Prof. Dr. Oliver Primavesi„Warum uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt? – Wie sich die Menschen in der Antike den Kosmos vorgestellt haben“

12. Februar 2005, 11:00 – 12:00 Uhr, Großer Physikhörsaal, Schellingstraße, Prof. Dr. Hartmut Wiesner„Warum entstehen Farben beim Regenbogen? – Wie die Physik uns hilft, die Natur zu erklären“

Hinweis: Alle Plätze sind bereits vorreserviert. Etwa 100 Restkarten werden jeweils 15 Minuten vor Vorlesungsbeginn am Veranstaltungsort ausgegeben.

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Im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern starteten im Oktober dreiInternationale Doktorandenkollegs (IDK) und zwei Elitestudi-engänge, bei denen die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)als Sprecherhochschule fungiert. In einer Reihe stellt MUM dieAngebote des Eliteförderungsprogramms vor. Diesmal das IDK„THESIS“ der LMU und der Technischen Universität München.

Der Kern der Erde besteht hauptsächlich aus flüssigem Eisen. Darüber herrscht bei den Geowissenschaftlern Konsens. Was allerdings macht sie so sicher, dass nur dieses Material den Mit-telpunkt unseres Planeten bildet? Schließlich sind Bohrungen ineine Tiefe von rund 3.000 Kilometern nach wie vor unmöglich. DieMethode scheint sehr einfach, wenn sie erklärt wird: „Indem wirverschiedene Evidenzen in Erwägung ziehen und sie verifizieren,kristallisiert sich schließlich eine Lösung heraus“, erklärt Profes-sor Hans-Peter Bunge vom Lehrstuhl für Geophysik an der LMU.So wissen beispielsweise die Kosmochemiker, dass Silber, obwohles gut leitet und infolgedessen ein Magnetfeld wie das der Erdeaufbauen könnte, kein sehr häufiges Element im All ist. Ebensoscheidet Aluminium aus, weil die Masse des Erdkerns viel zu großist. Schließlich spricht auch nichts für einen permanenten Stab-magneten, da aus Erdbeobachtungen bekannt ist, dass sich dasMagnetfeld der Erde wiederholt von Nord nach Süd und dann vonSüd nach Nord umgepolt hat. Hans-Peter Bunge: „Vier bis fünf Evi-denzen verweisen schließlich auf geschmolzenes Eisen, in dem einaktiver Dynamo-Prozess abläuft. Wir wägen das Unmögliche gegen das Mögliche ab und ziehen die Schlüsse daraus. Die be-sondere Herausforderung für Geowissenschaftler liegt darin, dasssie Teil eines Experiments sind, das sie weder kontrollieren nochwiederholen können.“ Detektivisches Kombinieren macht die Ar-beit der Geowissenschaftler zum großen Teil aus. Viele Resultateerzielen sie dabei jedoch vor allem durch die intensive Zusam-menarbeit der verschiedenen geowissenschaftlichen Bereiche.„Die Vernetzung der Disziplinen ist für unsere Arbeit unabding-bar“, so Professor Bunge.

INTENSIVE ZUSAMMENARBEITVernetzung und intensive Zusammenarbeit stehen auch beim Internationalen Doktorandenkolleg (IDK) „THESIS“ im Vordergrund,das im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern im Oktober 2004 startete:17 Wissenschaftler und Doktoranden aus sechs verschiedenen Nationen widmen sich unter dem Motto „Complex Processes in the Earth: Theory, Experiment, Simulation“ neben der experi-mentellen Grundlagenforschung auch der Entwicklung von aus-gefeilten 3D-Simulationsverfahren, mit denen komplexe geody-namische Prozesse dargestellt werden können. Ein wichtiges Ziel der Forschung dabei ist die Verbesserung von Frühwarnsystemen beiErdbeben oder Vulkaneruptionen. Die Relevanz dieser in THESISverfolgten Forschung wird durch die dramatischen Ereignisse im Indischen Ozean belegt. So befasst sich der 27-jährige HijiangWang aus Peking mit der Entwicklung eines 3D-Modells, mit dem er Erdbeben im Großraum Peking simulieren und so das Verlaufs-szenario nachzeichnen kann. Seit 2002 ist der Doktorand aus Chinabereits in München, wo seine Forschungsarbeit von Professor Hei-ner Igel betreut wird. Neben Wang gehören derzeit noch der Indonesier Wiwit Suryanto, der Italiener Giampiero Iffaldano, der Kanadier Yan Lavallee, sowie der LMU-Absolvent Bernhard Schuberth zu den THESIS-Doktoranden.Um am IDK teilnehmen zu können, hatten die fünf Nachwuchswis-senschaftler anspruchsvolle Hürden zu nehmen: Bei der Bewerbungsind ausgezeichnete Diplomabschlüsse natürlich Voraussetzung. Zu-dem müssen potenzielle Teilnehmer zwei so genannte „Letters ofRecommendation“ beibringen, also Empfehlungsschreiben deutscherund ausländischer Professoren, die ihre früheren Arbeiten betreuthaben. Besonders wichtig ist auch eine von den Bewerbern selbstverfasste „Research Project Description“, in der sie ihr geplantes For-schungsprojekt detailliert vorstellen müssen. Ergänzt werden dieseZugangsvoraussetzungen durch Auswahlgespräche und einen per-sönlichen Vortrag sowie die Verteidigung der Projektskizze vor denan THESIS beteiligten Wissenschaftlern.

SPITZENFORSCHUNG – MADE IN MUNICHINTERNATIONALES DOKTORANDEN-KOLLEG „THESIS“

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„Wir brauchen den besten Nachwuchs“, sagt Professor Bunge,„denn die Besten suchen sich die schwierigsten Fragestellungen.“Dass THESIS genau diese Fragestellungen bietet, zeigt das Beispielvon Giampiero Iffaldano. Weil für ihn die Forschungsthemen derMünchner Geophysik eine große Herausforderung sind, hat er einAngebot vom weltweit renommierten California Institute of Tech-nology (CALTEC) abgelehnt und sich für die Promotion in der bayeri-schen Metropole entschieden. Hier arbeitet er zusammen mit Professor Bunge und Professor Rothacher an seinem Projekt überdynamische Prozesse im Bereich der Plattentektonik.An THESIS schätzt der Italiener, mit den anderen Doktoranden undWissenschaftlern in stetigem Dialog zu stehen. „Wir lernen voneinander, weil wir aus verschiedenen Ländern und verschie-denen Bereichen der Geowissenschaften kommen. Das ermöglichteinen umfassenden Einblick in die vielen komplexen Fragestellun-gen der geowissenschaftlichen Disziplinen“, erklärt er.

DIE BESTE FORSCHUNG GEHÖRT AN DIE UNIVERSITÄTZum Austausch untereinander sind daher regelmäßige Treffen vereinbart, in denen der Fortgang der einzelnen Forschungs-projekte diskutiert wird. Den Anfang machte die Auftaktveranstal-tung vom 28. bis 30. Oktober 2004 in Sudelfeld bei Bayerischzell.

In der Bergwelt um den Wendelstein trafen sich die beteiligten Forscher zum Erfahrungsaustausch und zur Planung des weiterenVerlaufs von THESIS. Neben wissenschaftlichen Diskussionenstand auch ein Ausflug auf den Wendelstein inklusive Besichtigungder Universitäts-Sternwarte auf dem Plan, wo Dr. Heinz Barwig vom Observatorium den THESIS-Wissenschaftlern die hochempfind-liche Technik erklärte. „Solche Einrichtungen sind kein Luxus für Universitäten, sondern essentiell für eine angemesseneForschung“, betont Professor Bunge. „Nur durch permanente Be-obachtung, das so genannte Monitoring, erhalten wir die für un-sere Forschung notwendigen Zeitreihen der Erdentwicklung. Wir wissen nicht, welche Beobachtungen in 50 Jahren relevant sind.Deshalb sind systematische Erdbeoachtungen auch immer eine Investition in die Zukunft.“Der Leiter des Doktorandenkollegs THESIS, der 15 Jahre in denUSA forschte, ist der festen Meinung, dass die Spitzenfor-schung an der Universität bleiben muss. „Wir müssen die bestenStudenten mit den besten Forschern zusammenbringen“, meintBunge. THESIS ist für ihn ein wichtiger Schritt in diese Richtung,ein fruchtbarer Nährboden, auf dem sich die deutsche Spitzen-forschung prächtig entwickeln kann. ■ cg

Ziel des Elitenetzwerks Bayern, das mit Beginn des Winterse-mesters startete, ist die optimale Positionierung des größtenBundeslandes im Wettbewerb um die besten Köpfe in Forschungund Wissenschaft. Individuelle Betreuung und Förderung vonNachwuchswissenschaftlern in Internationalen Doktoranden-kollegs und Elitestudiengängen sowie die Vernetzung der

interdisziplinären Forschung sind Schwerpunkte dieser deutsch-landweit einmaligen Initiative, die vom Bayerischen Staatsmini-sterium für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit insgesamt14 Millionen Euro gefördert wird.

Weitere Informationen unter: www.elitenetzwerk-bayern.de

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Das Genom des Menschen ist entschlüsselt. Alle Gene, die sichauf den 46 Chromosomen einer menschlichen Zelle befinden, sindlokalisiert. Nun gilt es, die genetische Information zu analysieren,zu charakterisieren und vor allem, die Funktionen menschlicherGene zu bestimmen. Dieser so genannten funktionellen Genom-forschung hat sich das Bayerische GenomforschungsnetzwerkBayGene am Genzentrum der LMU verschrieben.

Es war ein Wissenschaftskrimi, der über Jahre hinweg für Schlag-zeilen sorgte: Seit 1987 versuchten Wissenschaftler, die sich in der„Human Genome Organization“ (HUGO) zusammengeschlossenhatten, das menschliche Genom zu dechiffrieren. Der Abschluss desGenomprojekts wurde dabei durch den Wettstreit zwischen den privaten Forschern der Firma „Celera Genomics“ und dem interna-tionalen HUGO-Konsortium enorm beschleunigt. Im Jahr 2000 wares dann soweit: Craig Venter und Francis Collins gaben die Ent-schlüsselung des menschlichen Genoms bekannt. Das HUGO-Teamhatte letztlich die Nase vorn und konnte somit den erfolgreichen Abschluss des größten und aufwändigsten internationalen For-schungsprojekts, das jemals in der Biowissenschaft durchgeführtwurde, für sich verbuchen. Doch damit ist die Genomforschung keineswegs an ihr Ende ge-langt: Der größte Teil der Arbeit steht den Wissenschaftlern in allerWelt noch bevor. Nun gilt es zu erforschen, wie menschliche Geneund Genprodukte funktionieren, interagieren und wie sie reguliertwerden können: „Es wird wahrscheinlich Generationen dauern, biswir verstanden haben, was das alles bedeutet“, glaubt ProfessorHorst Domdey, wissenschaftlicher Leiter des Bayerischen Genom-forschungsnetzwerks BayGene am Genzentrum der LMU. „In denkommenden Jahrzehnten wird sich die funktionelle Genomfor-schung zu einem der zentralen Wissenschaftsfelder für den Erkenntnisfortschritt in den Lebenswissenschaften und für die Innovationsfähigkeit der Medizin, der Pharma- und Biotechnologie-Industrie, der Agrarwirtschaft, des Nahrungsmittelsektors und desUmweltschutzes entwickeln“, ist Horst Domdey überzeugt. Das

unter dem Dach von BayGene entstehende Netz aus Informationund Zusammenarbeit soll dabei eine effiziente Genomforschung sowie einen schnellen Technologietransfer gewährleisten. Ziel derWissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Netzwerk ist es,Grundlagen für die Entwicklung neuer Methoden zur Diagnostik undTherapie von Krankheiten wie Krebs oder Diabetes zu schaffen. BayGene wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft,Forschung und Kunst pro Jahr mit insgesamt rund 3,86 MillionenEuro über eine Laufzeit von sieben Jahren gefördert. Seit Juli 2004sind vier Juniorgruppen über so genannte bildgebende Verfahrenam Start – drei von der LMU, eines von der TU München. Nach erfolgreichem Abschluss der Berufungsverfahren sollen demnächstdrei Seniorgruppen der Universitäten Erlangen, Regensburg undWürzburg folgen. Die Projekte unterziehen sich alle zwei Jahre einer Evaluation. Eine der drei LMU-Juniorgruppen widmet sich unter der Leitungvon Dr. Dr. Jürgen Haas im Max-von-Pettenkofer Institut der Analysevon Herpesviren, die beim Menschen und im Tierreich weit verbreitet sind und nach der Erstinfektion meist latent im Wirt verbleiben. Dabei sollen mit Hilfe automatisierter Hochdurchsatz-verfahren zur Identifizierung therapeutisch und diagnostisch relevanter Gene ein neuartiger Zugang zum Verständnis der aus-gelösten Erkrankungen und ihrer Ursachen erzielt sowie neue Impulse für die Therapie und die Therapeutikaentwicklung gewon-nen werden. Mit der Analyse früh-streuender, so genannter epithelialer Tumor-zellen, die die Vorläuferzellen der tödlichen Metastasen enthalten,beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Dr. Christoph Klein am In-stitut für Immunologie. Epitheliale Tumorzellen sind äußerst selten.Sie lassen sich aufgrund ihres Gewebeursprungs im Knochenmarkund in den Lymphknoten nachweisen. Auch wenn der Primärtumoroperativ oder chemotherapeutisch bekämpft und vernichtet ist, können diese ausgewanderten Einzelzellen zu Metastasen führen.Ziel der Arbeitsgruppe ist es, durch die genaue Charakterisierungdieser einzelnen Zellen den Prozess der Metastasierung verstehen

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VERSTEHEN, WIE GENE FUNKTIONIERENGENOMFORSCHUNGSNETZWERK BAYGENE

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zu lernen. Die Forscher erhoffen sich zudem Erkenntnisse für eineverbesserte Früherkennung und für Ansätze zur Prävention vonKrebserkrankungen. Ziel ist es unter anderem, neue Therapien fürKrebspatienten zu erarbeiten, die eine Entstehung von Metastasenin der Zukunft verhindern sollen. Das Projekt ist sehr praxisbezogenangelegt; große Kliniken im Münchener Raum sowie bayerische Bio-technologieunternehmen werden dabei miteingebunden. In der Arbeitsgruppe von Dr. Ania Muntau werden im Forschungs-zentrum des Dr. von Haunerschen Kinderspitals genetische Erkrankungen mit defekter Proteinfaltung erforscht. Eine Protein-faltung kann sich in unterschiedlicher Weise auf die Proteinfunktionauswirken. Wenn die Wissenschaftler die zugrunde liegenden Mechanismen kennen, können sich daraus neue Möglichkeiten zurgezielten pharmakologischen Korrektur solcher Faltungs-Anoma-lien und deren Folgen ergeben. Die Forscher erwarten, dass in Zusammenarbeit mit Industriepartnern Therapiekonzepte bei genetischen Defekten entwickelt werden können, die individuell aufdie Erkrankten zugeschnitten sind. Forschen, um konkrete Anwendungen zu entwickeln – das habensich die Netzwerker von BayGene aufs Panier geschrieben. Die Bedeutung des Technologietransfers, also der wirtschaftlichen undindustriellen Verwertung der gewonnenen Erkenntnisse, hob des-halb der Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber bei

einem Besuch von BayGene besonders hervor: „An alle Wissen-schaftler im Netzwerk darf ich appellieren, ihre wichtigen For-schungsarbeiten auch offensiv zu ‚vermarkten’.“ Bei den sieben Ar-beitsgruppen soll es deshalb auch nicht bleiben. Weitere Projekte ausWissenschaft und Industrie sollen im Laufe der Zeit eingebundenwerden. Der Biotech-Cluster München habe im nationalen Vergleichseine Vormachtstellung in den vergangenen Jahren ausbauen kön-nen, betont Horst Domdey, und sei neben Cambridge und Kopen-hagen/Malmö einer der drei europäischen Spitzenstandorte. Nungelte es, die Chancen dieses Clusters zu nutzen. ■ ms

Seniorprojekte:• Architektur und Funktion von Proteinkomplexen der Zellmembran (Prof. Dr. André Reis, Universität Erlangen) • Functional Human Genome Research on Degenerative and Metabolic Diseases (Prof. Dr. Gerd Schmitz, Universität Regensburg) • Molekulare Pathogeneseforschung (Prof. Dr. Ulf Rapp, Universität Würzburg)

Juniorprojekte:• Funktionelle Genomik der Herpesviren (Dr. Dr. Jürgen Haas, LMU) • Funktionelle Genomik und Therapie früh-disseminierter Tumorzellen (Dr. Christoph Klein, LMU) • Genetische Erkrankungen mit defekter Proteinfaltung (Dr. Ania Muntau, LMU) • Molekulare Bildgebung (Dr. Hans Jürgen Wester, TU München)

Kontakt:Dr. Ulrike KaltenhauserTel.: 089/8 59 50 [email protected]

7 Der Bayerische Ministerpräsident besucht das Genomforschungsnetz-werk: Edmund Stoiber im Gepräch mitLMU-Rektor Professor Bernd Huber.

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KUNSTSCHÄTZE AN DER LMUGrafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Steingehauene Botschaften – an der Ludwig-Maximilians-UniversitätMünchen finden sich auch viele Kunstwerke. MUM präsentiertdiese Schätze und zeigt, wo sie zu finden sind.

Der universitätsgeschichtlich interessierte Besucher braucht einaufmerksames Auge, um im Ingolstädter Münster auf Zeugnisseder Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität zu stoßen.Der erste Weg führt zum Chorgestühl, das den Chorraum zurRechten und Linken von den Seitenschiffen trennt. Unter denkunstvollen Schnitzereien des Gestühls, die die Wappen Ingol-stadts, der Häuser Habsburg und Wittelsbach sowie der Mark-grafen von Baden darstellen, findet sich auch die „IngolstädterGnad“. Das Bildnis zeigt Maria auf dem Thron und geht auf eine französische Goldschmiedearbeit zurück, die Herzog Lud-wig der Gebartete im Jahr 1438 dem Münster schenkte. Sie gabder Kirche nicht nur ihren Namen „Zur Schönen Unserer LiebenFrau“, sondern findet sich bis heute im Siegel der Ludwig-Maximilians-Universität.In dem kostbaren Schnitzwerk deutet sich an, welche Bedeutungdem Münster in der Geschichte der LMU zukommt: Mit der Grün-dung der Universität 1472 in Ingolstadt wurde das Münster„Templum Academicum“ – eine Kirche als Ort für die festlichenGottesdienste der Universität. Überdies hatten bedeutende Theo-logieprofessoren die Pfarrei des Münsters inne, so Dr. JohannesEck, der den katholischen Glauben gegen Martin Luther vertei-digte. Die Kirche steht gleichsam an der Schnittstelle von Glau-ben und Wissenschaft. Zum Ausdruck bringen dies auch die Bilder des reich verzierten Hochaltars aus der Werkstatt desMünchner Hofmalers Hans Mielich. Der Altar wurde von HerzogAlbrecht V. im Jahr 1560 in Auftrag gegeben und rechtzeitig zum100. Geburtstag der Universität im Jahre 1572 fertig. Der in der Tradition der gotischen Flügelaltäre gefertigte Kunst-schatz soll ganz bewusst die gegenreformatorische Affirmationdes Bildes evozieren. Er stellt auf seiner Rückseite das Span-nungsverhältnis zwischen Wissenschaft und Glauben dar: Aufden drei Flügeln des Altars ist hier die Disputation der HeiligenKatharina von Alexandrien – die Patronin der philosophischenFakultät – mit den Professoren der Universität zu sehen. WährendKatharina den reinen Glauben repräsentiert, argumentieren dieGelehrten für die Wissenschaften – mit dem Resultat, dass Katharina als „Siegerin“ aus dem Disput hervorgeht. Dieses lässtsich zwar nicht unbedingt aus den Bildern schließen, es liegt je-doch in der Intention des Auftraggebers. Dabei vermittelt dasTriptychon gleichzeitig auch Fortschritt und Toleranz. Das zeigtsich vor allem daran, dass mit Katharina eine Frau die Oberhandim Disput behält, die der Legende nach nicht weniger als 40 an-tike Philosophen bekehrt haben soll. Die wichtigste Aussage desAltars ist jedoch, dass sich das Haus Wittelsbach, dem der Auf-traggeber entstammt, und die Gelehrten im Glauben einig sind.Einige der Professoren auf dem Triptychon konnten identifiziertwerden: So finden sich hier unter anderem der Mathematiker Peter Apian, der Theologe Friedrich Staphylus, der Geschichts-schreiber Aventin, der Begründer der Botanik, Leonhard Fuchs,an den noch heute die Fuchsie erinnert, sowie der Mathemati-ker Philipp Apian, der Sohn von Peter Apian. ■ cg

1 Im Mittelpunkt des Triptychons: Die heilige Katharina von Alexandrien

im Disput mit den Gelehrten der Universität.

7 Der Flügelaltar des Ingolstädter Münsters in der Vorderansicht.

5 Einige Professoren konnten namentlich ermittelt werden:So der Mathematiker Peter Apian (Mit Zirkel am Globus)

5 5 Die „Ingolstädter Gnad“ im Chorgestühl des Münsters.

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Seit dem Wintersemester 2001/2002 wird der Münchener Pro-motionsstudiengang Literaturwissenschaft, der von sämtlichen

literaturwissenschaftlichen Fächern der LMU getragen wird, ge-meinsam von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und demDeutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert. Nachden dreijährigen Erfahrungen mit dem inzwischen als „sehr gut“ eva-luierten Promotionsstudiengang liegen die Vorteile einer strukturier-ten Doktorandenausbildung auf der Hand: Durch transparente Aus-wahl- und Evaluationsverfahrenund die konsequente Modulari-sierung des Studienangebots bie-tet sie herausragenden Dokto-randinnen und Doktoranden ausdem In- und Ausland ein for-schungsorientiertes und syste-matisch strukturiertes Lehrpro-gramm, das die Qualität literatur-wissenschaftlicher Promotionenund die beruflichen Erfolgschan-cen der Absolventen grundlegendverbessern dürfte. Der interdiszi-plinäre Zuschnitt des Studiengangs befördert den Austausch sowohlzwischen den verschiedenen Einzelphilologien wie zwischen text-,medien- oder kulturwissenschaftlichen Forschungsrichtungen. Hier-zu dienen vor allem die Doktorandenkolloquien, in denen die Dokto-randinnen und Doktoranden ausführlich über den Fortgang ihres Dis-sertationsprojekts berichten; die fächerübergreifenden Basis- undOberseminare, in denen aktuelle methodologische Ansätze und For-schungsschwerpunkte exemplarisch erprobt werden; schließlich Vor-träge, Symposien und Workshops, die über die Oberseminare und Vor-lesungen hinaus der Diskussion aktueller Forschungsschwerpunktedienen.Die Internationalisierung von Forschung und Lehre wird begünstigtdurch die bereits weit vorangetriebene Flexibilisierung der Zu-gangsbedingungen wie auch durch die Förderung von Auslandsauf-enthalten, durch die konsequente Erweiterung des fremdsprachigenLehrangebotes und die regelmäßige Einladung herausragender aus-ländischer Gastdozenten sowie durch die Ermöglichung fremdspra-chiger Dissertationen und Disputationen. Im Unterschied zur bisherüblichen Einzelbetreuung der Doktorandinnen und Doktoranden kom-biniert das Mentorensystem dieses Studiengangs die Vorteile der In-dividualbetreuung mit denjenigen einer Teambetreuung, wie sieeinerseits deutscher, andererseits angelsächsischer Tradition ent-sprechen: Neben einem persönlichen Mentor stehen den Dokto-randinnen und Doktoranden für die wissenschaftliche Betreuung alle25 am Studiengang beteiligten Hochschullehrerinnen und Hoch-schullehrer aus zwölf verschiedenen Disziplinen zur Verfügung.Die Einbindung der Doktorandinnen und Doktoranden in Forschungund Lehre wird sowohl durch die Gelegenheit zur selbstständigenAbhaltung von Lektürekursen und Übungen gefördert wie durchdie Mitwirkung bei der Planung und Organisation von Kolloquienund Symposien, durch die selbst-ständige Teilnahme an Forschungs-projekten der beteiligten Hoch-schullehrer ebensowohl wie durchVortrags-, Tagungs- und Biblio-theksreisen. Kann es unter diesen Umständen verwundern, dass die Akzeptanz desStudiengangs bei seinen Doktoran-dinnen und Doktoranden überdurch-schnittlich hoch ist?

Im Zentrum der Debatte steht für mich die Frage nach dem Ortder geisteswissenschaftlichen Dissertation insgesamt, der mir

durch einige Entwicklungen zumindest klärungsbedürftig geworden ist.Hintergrund ist die starke Zunahme von Formen der thematisch gebun-denen Dissertationsförderung. Da sind zum einen die zumeist von derDFG, aber nicht nur von ihr finanzierten Graduiertenkollegs, die inzwi-schen einen gewichtigen Teil der öffentlich geförderten Doktoranden-ausbildung ausmachen, derzeit werden circa 270 Kollegs gefördert. Zum

anderen sind dies jene Disser-tationen, die im Rahmen von Sonderforschungsbereichen, Kul-turwissenschaftlichen Kollegs, denResearch Schools der MPG odereinzelner Bundesländer, Trans-regios oder Forschergruppen ge-fördert werden. Diese Variante derPromotionsförderung möchte ichals thematisch gebundene Promo-tionsförderung bezeichnen, dennAufnahme in den Kreis der geför-derten Arbeiten findet nur das

Dissertationsprojekt, das sich den thematischen oder methodischen Vor-gaben anpasst, die von den jeweiligen Leitern vorab formuliert wordensind. Zwar kann man immer wieder beachtliche Differenzen zwischendem Oberthema und den dann realisierten Dissertationsthemen beob-achten, aber prinzipiell muß man davon ausgehen, dass das jeweiligeThema in den Rahmen hineinpassen muss, der vorgegeben ist. Die Frage bleibt, ob der thematisch gebundene Rahmen der einzige möglicheKontext ist, in dem vorzügliche Dissertationen entstehen können. MeineAntwort auf diese Frage ist eindeutig, wenn auch in aller Vorsicht for-muliert: Nein, es gibt auch andere „individuelle” Zusammenhänge, in de-nen solche Fragen entstehen können. Diese aber scheinen mir in den letz-ten Jahren zunehmend in den Hintergrund gedrängt zu werden. Wie lässtsich heute noch eine mit „öffentlichen” Mitteln geförderte Dissertationim Bereich der Geisteswissenschaften finanzieren, die außerhalb des obengenannten Verbundsystems, also als individuelle Dissertation, entsteht?Natürlich gibt es noch einige Stiftungen, die sich weiterhin in diesemBereich engagieren, aber z.B. die bislang existierende Graduierten-förderung des Freistaats Bayern, die eine bescheidene Fördermög-lichkeit von Individualdissertationen ermöglichte, soll jetzt in einemneuen System zentralisierter Förderung aufgehen, das die Anbindungdes Themas an landesweite Schwerpunktbildungen wie etwa die des„Elitenetzwerks” voraussetzt. Es liegt zwar noch keine eindeutige Ver-fahrensregelung vor, aber die jetzt drohende Umstellung lässt be-fürchten, dass die bisher noch mögliche schmale Förderung für indi-viduell arbeitende Doktoranden auch noch versperrt wird. Dies wäreein Verlust bislang durchaus ertragreicher akademischer Freiheit, ge-gen den die Bayerische Rektorenkonferenz erfreulicherweise prote-stiert hat. Ebenso begrüßt werden muss die Stellungnahme des Wis-senschaftsrats aus dem Jahre 2002, der sich nicht nur gegen eine Aus-weitung, sondern für eine Reduktion der Graduiertenkollegs aussprach. Insofern besteht der Konflikt wenigerum die strukturierte Ausbildung, diefreilich auch zu keiner neuen Belas-tung der Doktoranden werden darf,sondern eher in dem Streit um dieKontexte, in denen eine Dissertationals Forschungsbeitrag generiert undgepflegt werden kann. Hier muß eingroßer individueller Spielraum blei-ben, der auch Konsequenzen für dieFörderpraxis haben sollte.

1 Prof. Dr. Winfried Schulze

Abteilung für Geschichte der

Frühen Neuzeit an der LMU

1 Prof. Dr. Hendrik Birus

Institut für Vergleichende und

Allgemeine Literaturwissenschaft

(Komparatistik) an der LMU

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STRUKTURIERTPROMOVIEREN?Sollen Promovenden strukturierte Doktorandenstudiengängeoder individuelle Promotionsbetreuung wahrnehmen?

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SEID WILLKOMMEN, ERSTSEMESTER!

5 Direkt vor der Amalienhalle wurden die Kisten mit den beliebtenLMU-Rucksäcken vom Lkw geladen.

Junge Gesichter mit neugierigen Blicken drängten sich am 18. Oktober 2004 auf den Treppen der altehrwürdigen Alma Mater: Viele der insgesamt 9.322 Erstsemester, die im Wintersemester2004/05 ihr Studium an der LMU aufgenommen haben, wurden vonProfessor Bernd Huber am ersten Tag des Semesters im Lichthofdes LMU-Hauptgebäudes persönlich begrüßt. In seiner Rede ermunterte der Rektor die Studierenden, ihr Studium auch mit Blickauf ihre Chancen im Ausland auszurichten. „In einer von Globa-lisierung und internationaler Vernetzung geprägten Welt lohnt essich immer, über den Tellerrand hinauszuschauen, vor allem schonwährend des Studiums.“ Die Bedeutung eines grenzüberschreitenden Studiums betonte auchProrektorin Professor Friederike Klippel in ihrer anschließenden Begrüßungsrede. Sie erläuterte den gespannten Erstsemestern diegroße Wichtigkeit, während des Studiums eine oder mehrere Fremd-sprachen zu lernen sowie einen Auslandsaufenthalt zu planen. Experten vom Akademischen Auslandsamt, der Studienberatungund des Promotionsausschusses waren vor Ort, um spezielle Fragen der Studierenden zu beantworten.

Aber zunächst nutzten die Erstsemester diesen Tag, um sich einenersten Überblick zu verschaffen und sich mit ihrem neuen Studien-ort vertraut zu machen. Um ihnen den Start zu erleichtern, stelltenihnen Studierendenorganisationen wie die internationale Aus-tauschorganisation AIESEC oder der Debattierclub auch im Okto-ber 2004 vielfältige Informationen an zahlreichen Infoständen zur Ver-fügung. Studienanfänger ohne Dach über dem Kopf konnten sichbeim Studentenwerk über die Zimmervermittlung informieren. Erst-semester ohne Studienplan waren bei der Zentralen Studienbera-tung gut aufgehoben. Und wer Leben und Studium schon perfekt organisiert hatte, konnte sich am Stand der Bayerischen Elite-Akademie schlau machen, wie er noch ein wenig mehr An-spruch in sein neues Leben bringen könnte.Als Willkommensgeschenk gab es auch in diesem Semester wiederfür alle Studienanfänger den LMU-Rucksack – randvoll gefüllt mitvielen Informationen und zahlreichen Give-Aways der Sponsoren.In langen Schlangen warteten die neuen Mitglieder der LMU-Com-munity geduldig, um ihr Starterpaket für die ersten harten Tage imStudentenleben in Empfang zu nehmen. ■ gra

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■ PROF. DR. DAMIR FILIPOVICFakultät für Mathematik

Seit Oktober 2004 ist Damir Filipovic, Lehrstuhl-inhaber für Finanz- und Versicherungsmathematikam Mathematischen Institut der LMU. Er studierteMathematik an der ETH Zürich und promovierte dort2000 mit einer Arbeit über stochastische Zinsmo-delle. Danach absolvierte er Forschungsaufenthaltean der TU Wien, Stanford University, Princeton Uni-versity und Columbia University. Von 2002 bis 2003war Damir Filipovic Assistant Professor am Depart-ment of Operations Research and Financial En-gineering an der Princeton University. Im Sommer2003 wechselte er zum Schweizerischen Bundesamtfür Privatversicherungen in Bern, wo er als wissen-schaftlicher Berater an der Entwicklung des Schwei-zer Solvenztests für Versicherungsunternehmen mit-wirkte. Daneben war er als Gastforscher an der ETHZürich tätig. Die aktuellen wissenschaftlichenSchwerpunkte von Damir Filipovic liegen in der Finanz- und Versicherungsmathematik mit Fokus aufder Entwicklung von Methoden zur Risikoanalyseund Solvenzkapitalbestimmung für Versicherungs-unternehmen, insbesondere im Rahmen von Solven-cy II., dem zukünftigen Solvenzrichtlinienwerk fürErst- und Rückversicherer in der Europäischen Union.Frühere Forschungsarbeiten behandeln Kreditrisiko-und Zinsmodelle, die Bewertung von Optionen, aberauch mathematisch grundlegendere Themen wie dieAnalyse von so genannten affinen und quadratischenMarkov-Prozessen, stochastischen Differentialglei-chungen in unendlich vielen Dimensionen und derenendlich-dimensionalen Realisierungen.

■ PROF. DR. BARBARA VINKENFakultät für Sprach- und Literatur-wissenschaften

Barbara Vinken hat seit dem Wintersemester 2004/05 den Lehrstuhl für Französische Literatur und All-gemeine und Vergleichende Literaturwissenschaftan der LMU inne. Vinken stammt aus der Konstan-zer Schule der Literaturwissenschaft, wohin sie nachStudien in Aix-en-Provence, Freiburg im Breisgauund Paris gegangen war. Von Konstanz ging sie alsStipendiatin an die Yale School of Criticism. 1989 inKonstanz und 1991 in Yale promoviert, habilitiertesie sich 1996 in Jena und folgte im Wechsel mit Gast-professuren an der New York University, der EHESSParis und der Humboldt-Universität in Berlin Rufenauf die romanistischen Lehrstühle in Hamburg,Zürich und München. In ihren literaturtheoretischen

und philologischen Arbeiten hat Barbara Vinken dieMethoden der Konstanzer und Yaler Komparatistikzur Rekonstruktion der epochalen Schwellen derfranzösischen Renaissance, Klassik und des späten19. Jahrhunderts genutzt und geschärft. In ergän-zenden kulturwissenschaftlichen Studien von dermittelalterlichen Mystik bis zum dekonstruktivenFeminismus, von den Gynomythologien der Moder-ne zur Avantgarde der Modetheorie im 20. Jahrhun-dert hat sie ihren jetzigen Forschungsschwerpunktvorbereitet, der den postreligiösen Motiven und derlaizistischen Politik des nachrevolutionären Frank-reich gewidmet ist.

■ PROF. DR. HERMANN-JOSEF STIPPKatholisch-Theologische Fakultät

Hermann-Josef Stipp ist seit Oktober 2004 Professorfür Alttestamentliche Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät. 1973 bis 1979 studierte erKatholische Theologie, Philosophie, SemitischeSprachen und Pädagogik an der Johannes-Guten-berg-Universität Mainz und promovierte 1985 an derEberhard-Karls-Universität Tübingen. Von 1985 bis1987 war er Humboldt-Stipendiat an der UniversitätStellenbosch (Südafrika). 1991 erfolgte seineHabilitation und Ernennung zum Privatdozenten inTübingen. 1992 bis 1998 war er an der UniversitätStellenbosch tätig, unterbrochen von einer halb-jährigen pastoralen Tätigkeit in der PfarrgemeindeSt. Paulus (Tübingen) im Jahr 1994. Ab 1996 war erGastprofessor an der Universität Stellenbosch undseit 2003 Honorarprofessor. 2000 bis 2004 hatte ereine Professur für Altes Testament am FachbereichKatholische Theologie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz inne und war hier von 2003 bis2004 Dekan. In seinem Fachgebiet, dem AltenTestament, liegen seine Forschungsschwerpunkteauf dem Buch des Propheten Jeremia, der imreligiösen und politischen Leben des Staates Juda inden Krisenjahren vor dem babylonischen Exil (ab 586v. Chr.) eine Schlüsselrolle spielte. Das Jeremiabuchzählt zum weiteren Kreis der deuteronomistischenLiteratur. Darunter versteht man jene Bereiche desAlten Testaments, in denen eine bedeutendetheologische Schule ihre Spuren hinterlassen hat, diesich durch ihre Hochschätzung des deuterono-mischen Gesetzes ausgezeichnet hat.

■ PROF. DR. FRANZ MERKLFakultät für Mathematik

Im Oktober 2004 trat Franz Merkl eine C4-Professurfür Angewandte Mathematik (Stochastik) an der LMUan. Franz Merkl wurde 1966 geboren. 1987 bis 1993studierte er an der LMU und machte Diplom-abschlüsse in Mathematik und Physik. Er wurde ander ETH Zürich 1997 mit einer Arbeit über ein Riemann-Roch-Theorem mit Anwendungen in der inversen Spektraltheorie promoviert. Nach For-schungstätigkeiten am Courant-Institut in New York,dem Stochastikinstitut Eurandom in Eindhoven (Nie-derlande), der Habilitation in Bielefeld im Jahr 2002über stochastische Prozesse in zufälligen Medien, einer Assistenzprofessur an der Universität Leiden

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1 Prof. Dr. Hermann-Josef Stipp

Prof. Dr. Barbara Vinken

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1 Prof. Dr. Roland Kany

1 Prof. Dr. Joachim Winter

(Niederlande) und dazwischen einem Forschungs-aufenthalt an der UCLA in Los Angeles, kehrte ernach München zurück. Er verbindet in der Lehre zweiZiele: Vermittlung einer breiten Grundausbildungund Heranführung an die zentralen Techniken derStochastik. Franz Merkl will die Zusammenarbeit zwi-schen den verschiedenen Fachrichtungen innerhalbder Mathematik, aber auch mit den Nachbardiszipli-nen stärken. Seine wissenschaftlichen Hauptinteres-sen liegen in physikalisch motivierten stochastischenFragestellungen.

■ PROF. DR. JOACHIM WINTER Fakultät für Volkswirtschaftslehre

Joachim Winter, 1967 geboren, ist zum 1. Oktober2004 als Professor für Empirische Wirtschaftsfor-schung an das Department Volkswirtschaftslehre be-rufen worden. Nach dem Studium der Wirtschafts-wissenschaften an der Universität Augsburg und derLondon School of Economics wechselte er an dieUniversität Mannheim, wo er 1997 promovierte undsich 2002 in den Fächern Volkswirtschaftslehre undÖkonometrie habilitierte. Forschungsaufenthalteführten ihn an die University of Wisconsin, Madison,das U.S. Bureau of the Census, Washington, die Til-burg University in den Niederlanden sowie im Jahr2000 an die University of California, Berkeley. VonJanuar 2002 bis September 2004 war er stellvertre-tender Direktor des Mannheim Research Institute forthe Economics of Aging (MEA). Das Forschungsgebiet von Professor Winter ist dasVerhalten in dynamischen Entscheidungssitua-tionen, wobei die Altersvorsorge privater Haushaltedie derzeit wichtigste praktische Anwendung dar-stellt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen, inwie-weit die privaten Haushalte ihre Entscheidungen sorational treffen, wie es das traditionelle ökonomischeVerhaltensmodell unterstellt, und welche Rolle al-ternative Entscheidungsmuster wie Faustregeln undHeuristiken sowie Lernprozesse in sozialen Gruppenspielen. Winter entwickelt derzeit zusammen mitdem Nobelpreisträger Daniel McFadden von derUniversity of California, Berkeley, neue Methodenfür Haushaltsbefragungen sowie geeignete statisti-sche Analysewerkzeuge. Mit besseren Daten lassensich Spar- und Altersvorsorgeentscheidungen genauer vorhersagen und damit auch die Auswir-kungen der Alterung sowie der Renten- und Sozial-reformen besser abschätzen.

■ PROF. DR. HELMUTH PREEKatholisch-Theologische Fakultät

Helmuth Pree, geb. 1950, hat zum 15. Oktober 2004den Lehrstuhl für Kirchenrecht, insbesondere fürtheologische Grundlegung des Kirchenrechts,Allgemeine Normen und Verfassungsrecht sowie fürOrientalisches Kirchenrecht übernommen. Nachdem Studium der Rechtswissenschaften an derJohannes-Kepler-Universität Linz absolvierte Preedas Studium des Kanonischen Rechts an derPäpstlichen Lateran-Universität in Rom sowie dasStudium der Katholischen Theologie an der Theolo-gischen Hochschule Linz. Die Habilitation im Fach

Kirchenrecht erfolgte an der Juristischen Fakultätder Universität Linz, an der er 1983 zum Ordinariusfür Kirchenrecht ernannt wurde. 1988 nahm er denRuf auf den Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Uni-versität Passau an, den er bis zu seiner Berufungnach München inne hatte. Er ist seit diesem Jahrstellvertretender Vorsitzender der InternationalenVereinigung der Kirchenrechtler und bereits seit1997 Mitglied der Rechtskommission des Verbandesder Diözesen Deutschlands. Prees Forschungsschwerpunkte liegen im Bereichder theologischen, rechtsphilosophischen undrechtstheoretischen Grundlagen des Kirchenrechtssowie seiner Grundbegriffe. Ein weiterer For-schungsfokus liegt auf der kanonistischen Metho-denlehre, auf Fragen des Verfassungsrechts derkatholischen Kirche einschließlich der Rechtsfragen,die der Ökumenismus aufwirft. Zudem forscht Preein Fragen des kirchlichen Vermögensrechts, speziellim Grenzbereich zwischen kirchlichem und staat-lichem Recht. Außerdem soll die Zusammenarbeitmit führenden ausländischen kanonistischenFakultäten und Instituten ausgebaut und vertieftwerden.

■ PROF. DR. ROLAND KANYKatholisch-Theologische Fakultät

Roland Kany wurde zum 15. Oktober 2004 auf denLehrstuhl für Kirchengeschichte des Altertums undPatrologie berufen. Nach dem Studium der Theo-logie, Philosophie und Germanistik in Würzburgund Tübingen verbrachte er 1984/85 ein Jahr amWarburg Institute in London, das allen Aspektender Antike-Rezeption in Orient und Okzident ge-widmet ist. 1986 erwarb er in Tübingen den philo-sophischen Doktorgrad. Von 1985 bis 1990 warRoland Kany Mitarbeiter des Tübinger Theologenund heutigen Kardinals Walter Kasper. 1990 bis1993 forschte er als Thyssen-Stipendiat je ein Jahrin Tübingen, Oxford und Rom in den FachgebietenPatrologie und christlicher Orient. 1994 bis 2000arbeitete er als Assistent in Mainz, bis 2001 in Frei-burg. 2001 trat er in die Feuilletonredaktion derFrankfurter Allgemeinen Zeitung ein. 2003 wurdeer mit einer Studie zu Augustins Trinitätslehre ander Katholisch-Theologischen Fakultät der Univer-sität Bochum habilitiert. Von Sommer 2003 bisSommer 2004 wirkte er als Professor für Kirchen-geschichte in Augsburg. Im Mittelpunkt seiner For-schungsinteressen stehen die Wechselwirkungenvon heidnischer, jüdischer und christlicher Kulturin der Antike, darunter vor allem die christlicheRezeption antiker Philosophie, außerdem die systematisch-theologischen Aspekte antiker christ-licher Schriften sowie Phänomene der Wirkungs-geschichte der Antike, insbesondere in der Wissenschafts- und Ideengeschichte vom Mittelal-ter bis zur Gegenwart. Fünf Jahre lang hatte er dieHerausgeber-Schriftleitung des elfbändigen „Lexi-kons für Theologie und Kirche“ inne. Er ist Mit-herausgeber der „Fontes Christiani“, einer Reihezweisprachiger Ausgaben von antiken und mittel-alterlichen Texten.

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■ FORSCHUNGSSTIPENDIATEN AN DER LMUDie Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglichthoch qualifizierten promovierten ausländischenNachwuchswissenschaftlern, ein Forschungsvor-haben eigener Wahl in Deutschland durchzu-führen. Unter der wissenschaftlichen Betreuungvon Professor Helmut Schwichtenberg sind der-zeit am Mathematischen Institut zu Gast: Das Ehe-paar Dr. Sara Negri und Professor Janvon Platovon der University of Helsinki, Institute of Philo-sophy, vom 1. Oktober 2004 bis 31. März 2005 sowie für ein Jahr Dr. Christian Urban, CorpusChristi College Cambridge, Großbritannien, seit 1. Januar 2005.Dr. Maria Angeles Izquierdo erhielt ebenfalls einHumboldt Forschungsstipendium und ist nunHumboldt-Gastwissenschaftlerin in der Arbeits-gruppe von Professor Thomas Carell, DepartmentChemie und Biochemie, Bereich Organische Chemie. Ein weiterer Humboldt Gastwissenschaft-ler in der AG Carell ist Dr. Glenn Ashley Burley.Dr. Deborah Holmes aus Oxford/England hat einTheodor-Heuss-Forschungsstipendium für zwölfMonate erhalten. Sie ist vom 1. Oktober 2004 bis30. September 2005 am Institut für Deutsche Phi-lologie und wird von Professor Inka Mülder-Bach,Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur, betreut. Frau Professor Lenawaty Brotosudarmo arbeitetseit 1. November 2004 für ein Jahr als Georg-For-ster-Stipendiatin in der Arbeitsgruppe von Profes-sor Hugo Scheer, Department Biologie I – BereichBotanik und Sprecher des SFB 533 – Lichtindu-zierte Dynamik von Biopolymeren. Professor Brotosudarmo ist bekannt durch ihre biochemi-schen und spektroskopischen Arbeiten an Photo-synthese-Farbstoffen. Sie ist hier an einem inter-disziplinären Projekt zur photodynamischen Krebs-therapie mittels bakterieller Chlorophylle beteiligt,wobei sie vor allem die Abbauprodukte und denAggregationszustand der Pigmente bearbeitet.

■ BEDEUTENDER FORSCHUNGSPREIS FÜRREINHARD HOHLFELD

Professor Reinhard Hohlfeld (51), Leiter des In-stituts für Klinische Neuroimmunologie am Klini-kum der Universität München, erhielt am 26. November 2004 in Stuttgart den Sobek-For-schungspreis. Der mit 100.000 Euro dotierte Preisist eine der weltweit bedeutendsten Auszeich-nungen auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose(MS). Der Sobek-Forschungspreis wird nicht für

eine wissenschaftliche Einzelleistung vergeben,sondern würdigt das Gesamtwerk eines For-schers. Reinhard Hohlfeld gehört weltweit zu den führen-den Neuroimmunologen. Erstmals gelangen ihm1984 im Labor die Isolierung und die klonale Kul-tur von humanen T-Helfer-Lymphozyten. Diesenehmen bei der Regulation des Immunsystems eine Schlüsselrolle ein und sind an vielen lebens-notwenigen Abwehrprozessen beteiligt. Sie kön-nen jedoch auch „verrückt spielen“ und in einerArt Überreaktion Bestandteile des eigenen Körpers bekämpfen. Diese Überreaktion spielt beider Entstehung der Multiplen Sklerose eine großeRolle. Die Isolierung der T-Lymphozyten war vor20 Jahren ein wissenschaftlicher Paukenschlag.Bei der Multiplen Sklerose, einer schubweise ver-laufenden Erkrankung des zentralen Nervensys-tems, werden zunehmend Nervenfasern in Gehirnund Rückenmark zerstört. Bis heute kann MSzwar durch Medikamente in ihrem Verlauf aufge-halten oder abgeschwächt werden, eine Heilungist aber noch nicht möglich. Das immer bessereVerständnis der autoaggressiven T-Lymphozytenlässt zumindest hoffen, dass es in Zukunft eineHeilung geben wird. Hohlfeld und seinen Mitar-beitern ist es kürzlich gelungen, autoaggressiveT-Lymphozyten von verstorbenen MS-Patientenin der Zellkultur wieder zu beleben und dadurchihre Wirkmechanismen besser zu entschlüsseln.

■ LMU-VULKANEXPERTE EINER DERMEISTZITIERTEN FORSCHER

Der Vulkanexperte Professor Donald BruceDingwell, Direktor des Departments für Geo- undUmweltwissenschaften, Lehrstuhl für Mineralogieund Petrologie, gehört seit 2004 zu den meist-zitierten wissenschaftlichen Autoren. Dies gab das„Institute for Scientific Information“ (ISI) inPhiladelphia, USA, bekannt. „Highly Cited Authors“ sind die 250 in den letzten20 Jahren weltweit meistzitierten wissenschaft-lichen Autoren ihres Faches. Weniger als 0,5 Pro-zent aller zitierten Wissenschaftler erreichen diesenStatus. Die meistzitierten Autoren der letzten 20Jahre in 21 Kategorien sind im Internet unterwww.ISIHighlyCited.com zu finden, einer Internet-seite des „Institute for Scientific Information“, derinternational führenden Organisation für biblio-metrische Forschung.

■ DAAD-PREIS 2004 FÜR KANADISCHENLMU-DOKTORANDEN

Den Preis des Deutschen Akademischen Austausch-dienstes (DAAD) für hervorragende Leistungen 2004hat der kanadische Doktorand Joel Timothy Schmidterhalten. Die mit 800 Euro dotierte Auszeichnungwürdigt auch sein Engagement im Bereich derKirchenmusik. Der 33-Jährige promoviert am Lehr-stuhl für Allgemeine Pädagogik und Bildungs-forschung bei Professor Tippelt. Neben seinerPromotion engagiert sich Joel Timothy Schmidt alsGründer sowie Leiter des Jugendkirchenchores

PREISE & EHRUNGEN

1 Prof. Dr. Reinhard Hohlfeld

1 Prof. Dr. Donald Bruce Dingwell

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„Jubilation Singers“ an der Pfarrkirche St. Jodok inLandshut. Der Preis des DAAD wird jährlich an ausländischeStudierende vergeben, die sich durch herausragendePrüfungsleistungen und ein umfassendes sozialesEngagement auszeichnen.

■ FELIX-WANKEL-TIERSCHUTZ-FORSCHUNGSPREIS 2004 AN PROFESSOR JEAN-MARIE BUERSTEDDE

Professor Jean-Marie Buerstedde, Direktor des Instituts für Molekulare Strahlenbiologie am For-schungszentrum für Umwelt und Gesundheit(GSF) in Neuherberg bei München hat den mit30.000 Euro dotierten Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis 2004 erhalten. Buerstedde hatbei seinen Forschungen über das Hühner-Genommit der Hühnerzelllinie DT40 ein effektives tier-freies genetisches System etabliert, durch das Ver-suche mit Tieren überflüssig werden. Den Felix-Wankel-Preis gibt es seit 1972. Er ist damit der älteste seiner Art in Deutschland undwurde zum Vorbild für eine Reihe ähnlicher Preise.Seit 1985 erfolgt die Vergabe durch ein Kuratori-um, in das die LMU als Institution eingebundenist. Ihm gehören Vertreter der Felix-Wankel Stif-tung, von der Stiftung benannte Wissenschaftlerund von der Tierärztlichen Fakultät bestellte Professoren an. Vorsitzender des Kuratoriums istder Rektor der LMU.

■ AUSZEICHNUNG FÜR PROF. RENNERProfessor Susanne Renner, Lehrstuhl Systemati-sche Botanik, Direktorin des Botanischen GartensMünchen-Nymphenburg, ist zum foreign memberder Natural Sciences Class der Royal Danish Academy of Sciences and Letters gewählt worden.

■ EHRUNG FÜR PROFESSOR THURAUProfessor med. Dr. h.c. Klaus Thurau, Physio-logisches Institut, wurde von der NephrologischenGesellschaft auf ihrer Jahrestagung im September2004 in Basel zum Ehrenmitglied ernannt.

■ ZWEI FORSCHUNGSPREISE FÜRWISSENSCHAFTLER AM GENZENTRUM

Zwei Arbeitsgruppenleiter am Genzentrum wurden mit international renommierten For-schungspreisen ausgezeichnet. Dr. Katja Sträßererhielt von der Europäischen Organisation fürMolekularbiologie den Young Investigator Award2004 (EMBO YIP). Das Genzentrum nimmt damitinternational eine Spitzenstellung ein: Vier EMBOYIP-Preisträger arbeiten derzeit am Institut, zu denen neben Professor Karl-Peter Hopfner undProfessor Ralf-Peter Jansen auch Professor PatrickCramer, der Leiter des Genzentrums, gehört. Cramer ist zudem am 25. November 2004 in Düs-seldorf mit dem 10. Eppendorf Award for YoungEuropean Investigators ausgezeichnet worden.Das EMBO Young Investigator Programm wurdeeingerichtet, um junge Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler in den ersten drei Jahren als

selbständige Gruppenleiter zu unterstützen. So finanziert das jeweilige Gastland des Forschersein Preisgeld von 45.000 Euro, das über drei Jah-re hinweg ausgezahlt wird. Dr. Katja Sträßer ist eine von 20 EMBO Young Investigators in diesem Jahr. Seit Januar 2003 istsie Gruppenleiterin am Genzentrum und arbeitetüber das Molekül mRNA, das eine essentielle Rolle bei der Umsetzung genetischer Informationin Proteine spielt. Der Eppendorf Award for Young European Inves-tigators ist mit 15.000 Euro dotiert. Anerkanntwerden damit herausragende Beiträge zur bio-medizinischen Forschung mit Hilfe molekular-biologischer Methoden. Der Preis wird gemein-schaftlich von Eppendorf, einem der weltweitführenden Unternehmen für Biotech-Equipment,und der Fachzeitschrift Nature verliehen. DerPreisträger 2004 Professor Dr. Patrick Cramer begann seine Arbeit am Genzentrum vor drei Jah-ren, seit 2004 ist er leitender Direktor. Der Schwer-punkt seiner Forschung liegt auf dem zentralenEnzym der Genabschrift, der RNA-Polymerase II.Mit der Entschlüsselung der dreidimensionalenStruktur des Enzyms gelang Cramer ein Durch-bruch.

■ LMU-PHYSIKER ERHÄLT RENÉ-DESCARTES-PREIS MIT EU-FORSCHER-GRUPPE FÜR QUANTENKOMMUNIKATION

Der René-Descartes-Preis der Europäischen Unionwurde in diesem Jahr an eine Gruppe von Wissen-schaftlern verliehen, der auch Professor HaraldWeinfurter vom Department Physik angehört. Diemit einer Million Euro dotierte Auszeichnung wirdjedes Jahr für herausragende wissenschaftliche undtechnologische Ergebnisse verliehen, die aus einereuropäischen Kooperation hervorgegangen sind.„IST-QuComm“ heißt das Projekt, für das der René-Descartes-Preis am 2. Dezember 2004 in Prag verliehen wurde. Die Wissenschaftler hätten damitdie Quantentechnologie aus dem Labor geholt, hießes in der Begründung der Nominierung. Es gelangenihnen mehrere Durchbrüche, die schon in nächsterZeit ein globales Netzwerk abhörsicherer Kommu-nikation ermöglichen könnten. Das Münchner Teamum Professor Weinfurter konnte innerhalb derQuComm-Gruppe viele Experimente in Zusam-menarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Quan-tenoptik in Garching durchführen.

■ EHEMALIGER LEITER DES LMU-AUSLANDSAMTES GEEHRT

Der langjährige Leiter des Akademischen Aus-landsamtes, Rainer Kohmann, hat den mit 5.000Euro dotierten Preis des Bayerischen Staatsmi-nisters für Wissenschaft, Forschung und Kunstfür besondere Verdienste um die Internationali-sierung der Bayerischen Hochschulen erhalten.Kohmann wurde für seinen hohen persönlichenEinsatz für die Steigerung des Bekanntheitsgra-des und der Wertschätzung bayerischer Hoch-schulen im Ausland geehrt. Wissenschaftsminister

1 Prof. Dr. Susanne Renner

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Thomas Goppel lobte Kohmanns „umfangreichesund in dieser Intensität wohl einzigartiges Lebenswerk“.Rainer Kohmann war von 1977 bis 1994 Mentoram Hochschulkuratorium für Studentenwohn-heime an der LMU sowie an der TechnischenUniversität München. Danach leitete er das Aka-demische Auslandsamt der LMU. Seit November2004 ist er im Rahmen einer Altersteilzeitrege-lung vom aktiven Dienst freigestellt.

■ AWR-PREIS FÜR PSYCHOLOGIN ROSNERProfessor Rita Rosner, Department Psychologie,hat im Oktober den Forschungspreis der „Asso-ciation for Research on the World Refugee Problem (AWR)“ erhalten. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert und wird für Forschungsarbeiten vergeben, die sich mit Aspekten von Flucht undVertreibung beschäftigen. Beim AWR handelt es sich um eine internationaltätige Forschungsorganisation, die in der Folgeder Flüchtlingsbewegungen nach dem ZweitenWeltkrieg gegründet wurde und sich überwie-gend mit den rechtlichen Aspekten von Fluchtund Vertreibung befasst. Die deutsche Sektionbesteht vorrangig aus Juristen.

■ PROFESSOR WOLFGANG M. HECKLERHÄLT RENÉ-DESCARTES-PREIS FÜRWISSENSCHAFTSKOMMUNIKATION

Wolfgang M. Heckl, Professor für Oberflächen-topographie an der Fakultät für Geowissenschaf-ten und seit 1. Oktober 2004 Generaldirektor desDeutschen Museums in München, ist mit demRené-Descartes-Preis für Wissenschaftskommu-nikation der Europäischen Kommission ausge-zeichnet worden, der dieses Jahr erstmalig verge-ben wurde. Den mit 50.000 Euro dotierten Preishat der Physiker am 2. Dezember 2004 in Prag fürseine herausragenden Leistungen in der Kategorie„Professional Scientists engaged in Science Com-munication to the Public“ erhalten.

■ PROFESSOR BECKER ERHÄLT LEIBNIZ-PREIS 2005

Professor Peter Becker, Lehrstuhlinhaber für Molekularbiologie am Adolf-Butenandt-Institut,hat den Förderpreis des Gottfried Wilhelm Leib-niz-Programms der Deutschen Forschungsge-meinschaft (DFG) 2005 erhalten. Der Leibniz-Preis ist der wichtigste deutsche Forschungs-preis. Er ist mit 1,55 Millionen Euro dotiert. Beckers Forschungsergebnisse seien von großerBedeutung für das Verständnis der Genaktivitätenbei der Entstehung von Krebs oder der embryo-nalen Entwicklung, so die Begründung der Jury. Professor Becker studierte Biologie an der Rup-recht-Karls-Universität in Heidelberg. Nach drei-jährigem Postdoctorat am National Institute ofHealth (NIH), USA, erhielt er eine Stelle als Grup-penleiter im Genexpressionsprogramm am Euro-pean Molecular Biology Laboratory (EMBL, Hei-delberg). Im Jahr 1999 erhielt er den Ruf auf

eine C4-Professur für Molekularbiologie an dieLMU. Er zählt heute international zu den führen-den Wissenschaftlern auf seinem Gebiet. Im Jahr2000 wurde Becker zum Mitglied der EuropeanMolecular Biology Organisation (EMBO) gewähltund ist Sprecher des 2002 eingerichteten Sonder-forschungsbereichs Transregio 5 „Chromatin:Aufbau und Vererbung von Struktur und Genak-tivität“, der an der LMU und der Universität Heidelberg angesiedelt ist. .■ ARNOLD-SOMMERFELD-PREIS 2004 FÜR

CHEMIKER ZUMBUSCHDen Arnold-Sommerfeld-Preis 2004 der Bayeri-schen Akademie der Wissenschaften erhielt PDDr. Andreas Zumbusch, Department Chemie undPharmazie. Die Auszeichnung würdigt seine her-ausragenden, auch international anerkanntenBeiträge in der biophysikalischen Chemie. Zum-busch war unter den ersten Forschern, denen dieoptische Beobachtung einzelner Moleküle überFluoreszenz gelang. Als Postdoc am US-ameri-kanischen Pacific Northwest National Laboratoryentwickelten Zumbusch und Kollegen dann mitCARS (Coherent Anti-Stokes Raman Scattering)eine neue Technik der Mikroskopie, die Zum-busch im Rahmen seiner Habilitation weiterent-wickelte. Mit dem Arnold-Sommerfeld-Preis zeichnet dieMathematisch-naturwissenschaftliche Klasse derBayerischen Akademie der Wissenschaften Nach-wuchswissenschaftler aus.

■ GOLDENES DOKTORJUBILÄUM FÜREHEMALIGE DOKTORANDEN

„Goldene Promotion“ bei der Fakultät für Ge-schichts- und Kunstwissenschaften im November2004: 14 ehemalige Doktorandinnen und Doktor-anden der Fakultät wurden zum 50. Jubiläum derPromotion „erneuerte Doktorurkunden“ zum Aus-druck der Verbundenheit überreicht. Zu den Geehrten zählen renommierte Professorinnen undProfessoren der Fakultät wie Professor LaetitiaBoehm, Professor Karl Otmar Freiherr von Aretin,Professor Heinrich Angermeier, Professor LudwigHammermayer und Professor Eberhard Weis.Kommende Doktorjubilare möchten sich an das Dekanat der Fakultät wenden unterTel: 089/280-2997.

■ PROFESSOR REISER NEUES MITGLIEDDER LEOPOLDINA

Im zweiten Halbjahr 2004 hat die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina 38 Per-sönlichkeiten als neue Mitglieder aufgenommen, unter ihnen auch Maximilian Reiser, Professor fürRadiologische Diagnostik, Institut für Klinische Radiologie, Klinikum der LMU. Als Mitglieder wer-den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlergewählt, die sich durch besondere Leistungen aus-gezeichnet haben. Die Leopoldina ist die ältestenaturwissenschaftliche Akademie in Deutschlandund eine überregionale Gelehrtengesellschaft.

1 Prof. Dr. Peter Becker

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■ HONORARPROFESSUR IN SHANGHAI FÜRPROFESSOR BIEL

Professor Martin Biel, Department Pharmazie derFakultät für Chemie und Pharmazie, wurde vonder Fudan Universität Shanghai, VolksrepublikChina, eine Honorarprofessur verliehen. DieFudan Universität gehört mit ihren 36.000 Stu-denten zu den größten und überdies zu den dreibesten Universitäten Chinas. Professor Biel hatsehr gute Kontakte zu der Universität, insbeson-dere zur School of Life Sciences und dem Insti-tute of Neurobiology. Die Honorarprofessur ermöglicht die Intensivierung der bestehendenKontakte.

■ AUSZEICHNUNGEN FÜR PROFESSORKNOCHEL

In Anerkennung seiner ausgezeichneten Leis-tungen ist Professor Paul Knochel, DepartmentChemie, Prodekan der Fakultät für Chemie undPharmazie, unter den Preisträgern 2004 des Arthur C. Cope Scholar Awards. Das Preisgeldbeträgt insgesamt 45.000 Dollar. Ziel des Preisesist es, wissenschaftliche Exzellenz in der Orga-nischen Chemie auszuzeichnen und zu fördern.Ferner ist Professor Knochel wie schon im Vor-jahr vom Merck Research Laboratories Chemi-stry Council für seine Forschungsleistungen aus-gezeichnet worden. Die Auszeichnung ist mit25.000 Dollar dotiert, die insbesondere zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchsesdienen sollen.

■ FAKULTÄT FÜR PSYCHOLOGIE UNDPÄDAGOGIK VERLEIHTFAKULTÄTSMEDAILLEN 2004

Im Rahmen des Festkolloquiums am 20. Dezember2004 anlässlich des 150. Geburtstages von GeorgKerschensteiner hat die Fakultät für Psychologieund Pädagogik zwei Fakultätsmedaillen verliehen.Ausgezeichnet wurden Dietlinde Pagany, Regie-rungsschulrätin, die mit ihrer Arbeit wesentlichzur Stärkung der Praxis- und Berufsfeldorien-tierung im Lehramtsstudium beigetragen hat, so-wie Honorarprofessor Dr. Georg Wagner, ehemalsleitender Psychologe in der Strafanstalt München-Stadelheim, der seine Erfahrungen mit dem deutschen Strafvollzug in seine jahrzehntelangeverdienstvolle Lehre eingebracht hat.

■ FÖRDERPREIS DER AKADEMIE FÜRTIERGESUNDHEIT E.V. VERLIEHEN

PD Dr. Stefan Hiendleder wurde im Rahmen desFestaktes „50 Jahre Bundestierärztekammer“ inBerlin für seine Arbeiten in der molekularen Tier-zucht mit dem Förderpreis der Akademie für Tiergesundheit e.V. ausgezeichnet. Hiendlederarbeitet am Genzentrum der LMU in der Arbeits-gruppe von Professor Eckhard Wolf an epigene-tischen und zytoplasmatisch-genetischen Effek-ten bei Embryonen. Der mit 5.000 Euro dotiertePreis wird für herausragende Arbeiten jungerWissenschaftler verliehen.

■ EHRUNG FÜR PROFESSOR HOFFMANNAnlässlich des 20. Kongresses der Polnischen Gesellschaft für Parasitologie wurde Professor Rudolf Hoffmann am 2. September 2004 in einemFestakt im Warschauer Königsschloss die Ehren-mitgliedschaft der Gesellschaft verliehen.

■ VERFASSUNGSMEDAILLE IN GOLD FÜRPROFESSOR BISER

Dr. phil. Dr. theol. Eugen Biser, Professor für Christ-liche Weltanschauung und Religionsphilosophie undDirektor des Zentrums Seniorenstudium der LMU,hat im Dezember 2004 im Maximilianeum vom Präsidenten des Landtags, Alois Glück, die Verfas-sungsmedaille in Gold erhalten. Damit wurde der bekannte Münchner Religionsphilosoph und Theo-loge für sein Lebenswerk und seine besonderen Verdienste gewürdigt, insbesondere für seinen Einsatz für das Seniorenstudium an der LMU wieauch für sein Engagement in Glaubensfragen undweltanschaulichen Themen. Die Verfassungsmedaille gehört zu den staatlichenAuszeichnungen, die im Freistaat Bayern am sel-tensten verliehen werden. Mit der Verfassungs-medaille in Gold werden Persönlichkeiten geehrt, diesich „in hervorragender Weise“ um die Verfassungdes Freistaates Bayern verdient gemacht haben.

■ ELI LILLY FORSCHUNGSPREIS FÜR LMU-CHEMIKER

Dipl. Chem. Philipp Gramlich, Mitarbeiter in derArbeitsgruppe von Professor Thomas Carell, hat denmit 1.000 Euro dotierten Eli Lilly Forschungspreisfür seine herausragende Diplomarbeit mit dem Titel „Versuche zur Inkorporation von charge-transfer Komplexen in DNA“ erhalten. Thematischgeht es dabei um den Weg zu leitfähiger DNA.

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■ BUNDESWEITER ESSAYWETTBEWERB „Was heißt und zu welchem Ende kann man heuteSchiller lesen?“ ist das Thema des Essay-Wettbe-werbs, den die Friedrich-Schiller-Universität Jenaanlässlich des 200. Todestags des Dichters am 9. Mai 2005 ausschreibt. Studierende und Dokto-randen aller deutschen Hochschulen sind aufgeru-fen, einen Essay zu dem Thema zu verfassen.Weitere Informationen unter: www.uni-jena.de/Essay_Wettbewerb.htmlEinsendeschluss für die Essays ist der 30. April2005.

■ PHANTASTISCHER JAHRGANGBeim Bücherjahrgang 2003 spielt die „Lese“ keineRolle. Vielmehr stehen Bild, Satz, Typografie,Druck und Einband im Fokus der Juroren, die alsExperten allesamt aus der Buchbranche stammen:Jährlich prämiert die Stiftung Buchkunst dieschönsten deutschen Bücher. Aus insgesamt 876eingesandten Büchern von 424 Verlagen wurdenim Jahr 2003 insgesamt 49 Werke ausgezeichnet.Diese sind noch bis zum 11. Februar 2005 in derUniversitätsbibliothek der LMU zu bewundern. www.ub.uni-muenchen.de

■ WEITERBILDUNG FÜR WEITERBILDERMit dem Programm PROFiL-TT bietet die Ludwig-Maximilians-Universität München noch bis Herbst2005 bayerischen Hochschuldozentinnen und -dozenten die Chance, ihre Kompetenzen fürqualitativ hochwertige Weiterbildung im externenMarkt zu erweitern. In mehrtägigen Modulen zu Sprach- und Lehrkompetenz vermitteln Prof.Dr. Gerd Kegel (Institut für Psycholinguistik) undProf. Dr. Jochen Gerstenmaier (Lehrstuhl fürPädagogische Psychologie) sowie deren Mit-

arbeiter Inhalte aus Rhetorik, Pädagogik undDidaktik. Die Seminare finden jeweils in dervorlesungsfreien Zeit statt. Teilnehmen könnenDozentinnen und Dozenten aller bayerischenUniversitäten und Hochschulen. Die Teilnahme istkostenlos, jedoch von einem Auswahlgesprächabhängig. PROFiL-TT ist in Kooperation mit derGesellschaft zur Förderung des Wissenstransfersund der Wissenschaftlichen Weiterbildung ent-standen. Träger sind das Bayerische Staatsmini-sterium für Wissenschaft, Forschung und Kunstsowie der Europäische Sozialfonds.

Kontakt:Ludwig-Maximilians-Universität MünchenInstitut für PsycholinguistikTelefon: 089/21 80-96 58 E-Mail: [email protected]

■ BERUFLICHE ZUSATZQUALIFIKATIONENDas Institut Student und Arbeitsmarkt bietet auch im kommenden Semester ein Studienbegleit-programm an. Teilnehmer können sich hier berufs-relevante Zusatzqualifikationen sowie Praxiswissenaneignen. Die Kurse können entweder im Paket (nurfür Studierende geistes-, sozial- und naturwissen-schaftlicher Fächer ab 2. Semester) oder alsEinzelkurse für Studierende aller Fächer besuchtwerden. Unter anderem werden Themen im BereichEDV, BWL, Marketing, Projektmanagement, Öffent-lichkeitsarbeit, Auslandsgeschäft oder Wirtschafts-fremdsprachen angeboten. Interessenten könnensich noch bis Ende Januar 2005 für die Kurse imSommersemester 2005 anmelden.Weitere Informationen unter:www.s-a.uni-muenchen.de

TIPPS &TERMINE

■ AKTUELLE STELLENANGEBOTE DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT UNTER WWW.LMU.DE/STELLENANGEBOTE

I M P R E S S U M

HerausgeberRektorat der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München

RedaktionKommunikation und Presse LMULuise Dirscherl (dir) (Chefredaktion)Clemens Grosse (cg)(stellv. Chefredaktion)Julia Graven (gra), Thomas Pinter (thp) (Online-Redakteur),Susanne Wedlich (suwe)

Mitarbeiter dieser AusgabeEva Kittel (ki)

BildredaktionAngelica Fuss

RedaktionsadresseGeschwister-Scholl-Platz 1, 80539 MünchenTel +49 (0) 89 2180-3423Fax +49 (0) 89 33 82 97 [email protected]/presse/mum

Designkonzept und LayoutH A A K & N A K A T[www.haak-nakat.de]

DistributionKommunikation und Presse LMU: Mathias Schiener

AnzeigenKommunikation und Presse LMUAngelica FussGeschwister-Scholl-Platz 180539 MünchenTel +49 (0) 89 2180 3556

ISSN 0940-0141

Titelgrafik: HAAK & NAKAT

Umschlagfoto: Friedrich Schmidt

Fotos im Heft: Freerk Huisken (S. 8-9); Friedrich Schmidt, S. Fischer-Verlag

(S. 10); Markus Schlaf/Münchner Merkur (S. 20); Stadt München (S. 22);

BayGene (S. 24-25); Alle weiteren Fotos: Friedrich Schmidt bzw. LMU