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STUDY Nr. 336 · September 2016 NACHHALTIGE PERSONAL- WIRTSCHAFT FÜR KINDER- TAGESEINRICHTUNGEN Herausforderungen und Strategien Elke Katharina Klaudy, Karola Köhling, Brigitte Micheel und Sybille Stöbe-Blossey

Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

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Page 1: Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

STUDYNr 336 middot September 2016

NACHHALTIGE PERSONALshyWIRTSCHAFT FUumlR KINDERshyTAGESEINRICHTUNGENHerausforderungen und Strategien

Elke Katharina Klaudy Karola Koumlhling Brigitte Micheel und Sybille Stoumlbe-Blossey

Dieser Band erscheint als 336 Band der Reihe Study der Hans-Boumlckler- Stiftung Die Reihe Study fuumlhrt mit fortlaufender Zaumlhlung die Buchreihe bdquoedition Hans-Boumlckler-Stiftungldquo in elektronischer Form weiter

Nr 336 middot September 2016

NACHHALTIGE PERSONALshyWIRTSCHAFT FUumlR KINDERshyTAGESEINRICHTUNGENHerausforderungen und Strategien

Elke Katharina Klaudy Karola Koumlhling Brigitte Micheel und Sybille Stoumlbe-Blossey

STUDY

copy 2016 by Hans-Boumlckler-StiftungHans-Boumlckler-Straszlige 39 40476 Duumlsseldorfwwwboecklerde

ISBN 978-3-86593-244-0

Satz DOPPELPUNKT Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt

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INHALT

1 Einfuumlhrung 7

2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends 1221 Aufgaben und Rahmenbedingungen der

Kindertagesbetreuung 1322 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der

Kindertagesbetreuung 1423 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash

Anstieg und wachsender Bedarf 1524 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash

Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe 1725 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung 1926 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze 2127 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische

Anforderungen an Kindertageseinrichtungen 2328 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende

Anforderungen bei knappen Ressourcen 25

3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen 2831 Die Perspektive der Kita-Traumlger 2932 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen 4533 Die Perspektive der Kita-Leitungen 59

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft 7341 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands 7442 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung 9143 Work-Life-Balance und Management von

Zeitressourcen 11444 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft

in Kindertageseinrichtungen 135

Literatur 138

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 57

Abbildung 2 Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 58

Abbildung 3 Anforderungen an die Kita-Leitung 61

Abbildung 4 Fach- und personale Kompetenzen 66

Abbildung 5 Karrieremodelle 81

Abbildung 6 Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell 120

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1 EINFUumlHRUNG

Die Anforderungen an das Personal von Kindertageseinrichtungen ndash und da-mit auch an die Personalwirtschaft der Traumlger ndash sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen Einerseits wurde und wird ein erheblicher gesellschaftli-cher Bedarf nach einer qualitativen wie auch quantitativen Weiterentwick-lung des Arbeitsfeldes wahrgenommen andererseits wird inzwischen viel-fach Kritik an den bestehenden Arbeitsbedingungen artikuliert Daruumlber hin-aus laumlsst der demografische Wandel der in vielen Wirtschaftsbranchen be-reits heute mit einem steigendem Fachkraumlftemangel verbunden ist auch fuumlr diesen Dienstleistungsbereich wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und er-fahrenem Personal erwarten Er stellt damit die Traumlger von Kindertagesein-richtungen vor zusaumltzliche Herausforderungen

Die Veraumlnderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern personalwirt - s chaftliche Strategien die staumlrker als bisher auf Nachhaltigkeit und damit auf Personalbindung ausgerichtet sind Zentraler Anknuumlpfungspunkt fuumlr das zukuumlnftige Personalmanagement ist darum dass es sich verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert und Personal(entwicklungs)maszlignahmen beinhaltet die deren Lebenslauf be-ruumlcksichtigen Auf diese Weise koumlnnen kontinuierliche Erwerbsbiografien der Mitarbeiterinnen ermoumlglicht und gefoumlrdert und eine kontinuierliche Be-schaumlftigung bei dem Traumlger gesichert werden

Das Projekt bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbe - treu ungldquo (KONTI) hat sich dieser Problematik gestellt Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens das von der Abteilung bdquoBildung und Erziehung im Strukturwandelldquo (BEST) des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitaumlt Duisburg-Essen zwischen 2013 und 2015 mit Foumlrderung der Hans-Boumlckler-Stiftung durchgefuumlhrt wurde stand die Frage wie geeignete personalwirtschaftliche Konzepte fuumlr Kindertageseinrichtungen gestaltet wer-den koumlnnen um den demografischen Herausforderungen angemessen begeg-nen zu koumlnnen

Ausgangspunkt des Projektes war dabei die Diskussion um eine demogra-fiegerechte Personalwirtschaft die in Deutschland seit einigen Jahren bran-chenuumlbergreifend intensiv gefuumlhrt wird das Arbeitsfeld der Kindertages-einrichtungen bislang jedoch weitgehend ausgeblendet hat Im Mittelpunkt solcher Personalstrategien standen zunaumlchst vor allem spezielle Maszlignahmen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte inzwischen besteht in der Fachwelt grundsaumltzlich Konsens daruumlber dass diese Fokussierung nicht zielfuumlhrend ist sondern dass

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

geeignete Konzepte fuumlr alle Mitarbeiterinnen und damit grundsaumltzlich prauml-ventiv ausgerichtet sein muumlssen So machte ein Befund von 2008 deutlich dass die Voraussetzungen fuumlr die Beschaumlftigungsfaumlhigkeit im Alter im Laufe der Berufsbiografie geschaffen werden in der Studie konnte ein Zusam-menhang zwischen der in einer Berufsgruppe subjektiv wahrgenommenen Qua litaumlt der Arbeit und den Arbeitsunfaumlhigkeits- und Fruumlhinvaliditaumltsraten sta tistisch nachgewiesen werden (vgl Priester 2008) Damit ist ein staumlrker ganzheitliches und umfassendes Verstaumlndnis von einer lebenslangen Beschaumlf-tigungsfaumlhigkeit in den Fokus der Uumlberlegungen geruumlckt das die Erwerbs-biografien aller Mitarbeiterinnen in der Belegschaft eines Betriebes beruumlck-sichtigt Es geht damit im Rahmen einer demografiesensiblen Personal politik nicht mehr nur um altersgerechtes Arbeiten am Ende sondern um alterns ge-rechtes Arbeiten waumlhrend des gesamten Erwerbslebens So wichtig spezielle altersspezifische Maszlignahmen sind so wenig reichen sie aus um kontinuier-liche Erwerbstaumltigkeit und damit Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt in der Personal-situation von Betrieben zu foumlrdern

In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Lebenslaufperspektive da-rum sowohl als Analyseansatz als auch als Leitbild fuumlr die Politik des Wohl-fahrtsstaates verwendet (vgl Anxo et al 2010) Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung etwa wurde sie zugrunde gelegt um herauszuarbeiten wie unterschiedlich Lebenslaumlufe durch verschiedene Institutionen geformt wer-den welche kritischen Lebensereignisse und Uumlbergaumlnge dabei relevant sind welche Unterschiede es zwischen den Geschlechtern gibt und wo demzu-folge eine Gleichstellungspolitik ansetzen muss (vgl BMFSFJ 2011 insb 39 ff) Die Lebenslaufperspektive kann schlieszliglich ebenso als Orientierungs-rahmen fuumlr die Politik von Organisationen gelten z B hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeitszeiten in unterschiedlichen Lebensphasen (vgl beispiels-weise ScheierHildebrandt 2010)

Ein personalwirtschaftliches Konzept das diese Erkenntnisse zugrunde legt sollte darum nicht nur eine generelle Orientierung am Lebenslauf bein-halten sondern vor allem auch die unterschiedlichen Schwellen und Uumlber-gaumlnge (beispielsweise Berufseinstieg nach der Ausbildung Familiengruumln-dung Pflege Angehoumlriger) im Lebensverlauf der Mitarbeiterinnen eines Be-triebes in den Blick nehmen lassen sich doch gerade diese Schwellen haumlufig als kritische Lebensphasen charakterisieren Sie erfordern darum jeweils spe-zifische UnterstuumltzungsangeboteVor dem Hintergrund arbeitspsychologischer Erkenntnisse ist daruumlber hin-aus zu beruumlcksichtigen dass der Unterstuumltzungsbedarf von Beschaumlftigten houmlchst unterschiedlich sein kann In der neueren arbeitspsychologischen For-

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1 Einfuumlhrung

schung wird nicht nur nach allgemeinen betrieblichen Rahmenbedingungen gefragt die die Arbeitsmotivation foumlrdern oder behindern koumlnnen sondern diese Rahmenbedingungen werden stets im Kontext individueller Merkmale betrachtet Bedingungen fuumlr die Arbeitszufriedenheit ergeben sich demnach aus Merkmalen der Person und aus Merkmalen der Arbeit (vgl Nerdinger et al 2008 432) d h jeder Mensch ist durch spezifische Motive (also Werte-dispositionen und Haltungen) gepraumlgt Motivation entsteht somit als bdquoPro-dukt aus individuellen Merkmalen von Menschen ihren Motiven und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation in der Anreize auf die Motive einwirken und sie aktivierenldquo (Nerdinger et al 2008 427 vgl auch Heckhau-senHeckhausen 2005)

Des Weiteren hat sich in der Arbeitspsychologie schon seit langem die Unterscheidung zwischen bdquoBelastungenldquo (als objektive Faktoren die auf den Menschen einwirken) und bdquoBeanspruchungenldquo (als individuell durchaus un-terschiedliche Auswirkungen dieser Faktoren auf den Menschen)1 etabliert Bestimmte Belastungen fuumlhren also nicht automatisch bei jeder Mitarbeite-rin oder jedem Mitarbeiter zu den gleichen Beanspruchungen Vielmehr wir-ken hier unterschiedliche Einflussfaktoren zusammen Dazu gehoumlren auf der einen Seite individuelle Faktoren etwa persoumlnliche Werthaltungen oder die familiaumlre Situation aus der sich sowohl unterstuumltzende Ressourcen als auch zusaumltzliche Belastungen ergeben koumlnnen Auf der anderen Seite beeinflusst auch die (spezifische) Gestaltung jeder Organisation die Wirkungsweise von Belastungen und damit das Beanspruchungsempfinden Jede Institution kann darum auch Ressourcen zum Umgang mit Belastungen bereitstellen ndash etwa durch Qualifizierungsangebote oder die Foumlrderung der Zusammenar-beit im Team

Es gibt inzwischen eine Reihe von Initiativen die an genau diesen Er-kenntnissen ansetzen Neben verschiedenen laumlnderspezifischen Ansaumltzen ist hier bundesweit vor allem die INQA2 zu nennen eine seit 2002 bestehen- de Gemeinschaftsinitiative von Bund Laumlndern Sozialversicherungstraumlgern Gewerkschaften Unternehmen und Stiftungen INQA bietet Tools zur Be-standsaufnahme und Handlungshilfen sowie Beratungs- und Auditierungs-programme um die Qualitaumlt der Arbeit fuumlr Unternehmen und Beschaumlftigte zu verbessern

1 vgl dazu grundlegend RohmertRutenfranz 1975 zusammenfassend beispielsweise Ulich 19912005 insbesondere Kapitel 72 INQA = Initiative fuumlr eine neue Qualitaumlt der Arbeit wwwinqade (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEs werden kuumlnftig nur Unternehmen innovativ wettbewerbsfaumlhig und erfolgreich sein denen es gelingt qualifizierte Fachkraumlfte zu ge-winnen sowie ihre Beschaumlftigten zu motivieren an sich zu binden und ihre Leistungsfaumlhigkeit zu erhaltenldquo3

Das Bundesministerium fuumlr Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundes-ministerium fuumlr Bildung und Forschung haben in den letzten Jahren ver-schiedene Programme zu diesem Themenfeld aufgelegt So hat das BMBF beispielsweise den Foumlrderschwerpunkt bdquoInnovationsfaumlhigkeit im demogra-fischen Wandelldquo4 initiiert mit dem vor allem die anwendungsorientierte Forschung gefoumlrdert wurde und wird und aus denen Publikationen (vgl bei-spielsweise BMBF 2010) und Internet-Plattformen5 hervorgegangen sind Mit der Forschungsagenda der Bundesregierung fuumlr den demografischen Wandel bdquoDas Alter hat Zukunftldquo6 hat die Bundesregierung im November 2011 ein ressortuumlbergreifendes Forschungskonzept beschlossen Die Vielfalt der Ini-tiativen kann als Indikator fuumlr den Handlungsdruck und die Bedeutung des Themas gewertet werden ndash aber auch dafuumlr dass es nach wie vor an Hand-lungswissen und noch mehr an seiner Umsetzung mangelt

Das Arbeitsfeld der sozialen Dienstleistungen und dabei insbesondere auch das der Kindertagesbetreuung findet in den bisherigen Publikationen Programmen und Initiativen zur Personalwirtschaft im demografischen Wandel kaum Beachtung Dieser geringe Stellenwert steht jedoch in einem deutlichen Missverhaumlltnis sowohl zur gesellschaftlichen Bedeutung der sozia-len Dienstleistungen als auch zum aktuellen Problemdruck in diesem Sektor

An dieser Ausgangssituation setzte das Projekt KONTI an Fuumlr die Studie wurden zunaumlchst die Rahmenbedingungen fuumlr das Personal in der Kinderta-gesbetreuung analysiert und sowohl nach bereits vorhandenen personalwirt-schaftlichen Konzepten der Traumlger von Kindertageseinrichtungen als auch nach Problemen Motiven und Beduumlrfnissen aus der Sicht der Beschaumlftigten gefragt Eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit so die erste Grundannahme im Projekt liegt sowohl im Interesse der Traumlger (die qualifiziertes Personal benoumltigen) als auch der Beschaumlftigten (aufgrund ihrer persoumlnlichen Motivati-

3 wwwinqadeDEMitmachen-Die-InitiativeUeber-unsDie-Initiative-kompaktdie-initiative-kom-pakthtml (Abruf am 18042016)4 wwwbmbfdefoerderungen15043php (Abruf am 18042016)5 wwwdemowerkzeugede (Abruf am 18042016) 6 wwwdas-alter-hat-zukunftde (Abruf am 18042016)

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1 Einfuumlhrung

on und ihrer sozialen Absicherung) Personalwirtschaftliche Konzepte zur Foumlrderung kontinuierlicher Erwerbstaumltigkeit so die zweite Grundannahme muumlssen daher die Aufgaben Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso beruumlcksichtigen wie die Motivationsstrukturen Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten

Der Ansatz einer solchen lebensphasenorientierten Personalwirtschaft muss dabei bdquoden unterschiedlichen Altersgruppen im Betrieb mit ihren je le-bensphasenspezifischen Anforderungen gerecht werdenldquo (Schilling 2008 90) und erfordert darum ein entsprechendes bdquobetriebliches Gesamtkonzeptldquo (ebd) das im Idealfall von einem Wissen uumlber den jeweils individuellen Be-darf aller seiner Beschaumlftigten d h uumlber deren persoumlnlichen Merkmale Wer-te Einstellungen und Motive ausgeht Erst auf dieser Basis kann es zielge-richtete Ressourcen zum Umgang mit vorgefundenen Belastungsfaktoren bereitstellen Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes muss darum immer die jeweils spezifische Organisation und Personalsituation eines Betriebes und die Struktur und Zusammensetzung seiner Belegschaft sein Darum kann es grundsaumltzlich kein auf alle Betriebe uumlbertragbares personalwirtschaftliches Konzept geben Vielmehr ist es nur moumlglich eine Auswahl geeigneter Maszlig-nahmen zusammenzustellen aus denen die fuumlr jeden Betrieb erforderlichen Instrumente immer wieder neu kombiniert werden koumlnnen

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden zunaumlchst die Strukturen und Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes Kindertagesbetreuung darge-stellt (Kapitel 2) und anschlieszligend die Ergebnisse der drei empirischen Erhe-bungen im Projekt KONTI zusammengefasst Dabei werden die Sichtweise von Personalverantwortlichen der beteiligten Traumlger die Einstellungen von beschaumlftigten Erzieherinnen in unterschiedlichen Lebensphasen sowie von Berufsaussteigerinnen und die Perspektive von Leitungskraumlften vorgestellt (Kapitel 3) Als Ergebnis der Analyse wurden einige zentrale Handlungs-felder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die sich fuumlr die Akteure in der Praxis als besonders dringlich herausgestellt haben Dazu wur-den im weiteren Projektverlauf Beispiele guter Praxis aufgearbeitet und Moumlg-lichkeiten zu deren Weiterentwicklung mit Expertinnen diskutiert Die Er-gebnisse der empirischen Untersuchung sowie die Diskussionsergebnisse zu diesen ausgewaumlhlten und ganz unterschiedlichen Instrumenten mit denen die Personalwirtschaft von Kindertageseinrichtungen auf die demografische Entwicklung der naumlchsten Jahre reagieren und damit zur Personalbindung in ihren Kinderbetreuungsbetrieben beitragen kann bilden den Schwerpunkt dieser Publikation (Kapitel 4)

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2 DAS ARBEITSFELD ndash STRUKTUREN UND ENTWICKLUNGSTRENDS

Ein funktionsfaumlhiges System der Kindertagesbetreuung ist von hoher gesell-schaftlicher und oumlkonomischer Bedeutung Auf der einen Seite ist es eine wichtige Voraussetzung fuumlr eine altersangemessene Bildung Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schulalter auf der anderen Seite ist es eine bedeutende Bedingung fuumlr die Erwerbstaumltigkeit von Eltern Dementspre-chend haben sich sowohl die Zahl der betreuten Kinder als auch deren indi-viduelle Betreuungszeiten in den letzten Jahren erhoumlht Diese Entwicklung war gleichzeitig mit einem Anstieg des eingesetzten Personals in diesem Ar-beitsfeld verbunden Ein erheblicher Schub fuumlr diesen quantitativen Ausbau ergab sich vor allem aus dem im Jahre 2008 beschlossenen Kinderfoumlrderungs-gesetz mit dem fuumlr Kinder im Alter von zwoumllf Monaten bis unter drei Jahren ein subjektiver Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung eingefuumlhrt wurde (Art 1 Nr 7 und 8 KifoumlG sect 24 SGB VIII) der zum 01082013 in Kraft trat

Auf der qualitativen Ebene sind Kindertageseinrichtungen mit gesell-schaftlichen Entwicklungen konfrontiert die mit einem Anstieg sozialer Dis-paritaumlten und mit Veraumlnderungen der familiaumlren Strukturen einhergehen Zu nennen sind beispielsweise die steigende Zahl an Ein-Eltern- und soge-nannten Patchwork-Familien die angesichts wachsender Mobilitaumlt abneh-menden Unterstuumltzungsstrukturen der traditionellen Groszligfamilie oder auch die immer oumlfter festzustellende Uumlberforderung vieler Familien mit den Er-ziehungsaufgaben Ein besonders gravierendes Problem von Familien mit Kindern ist die wachsende Bedeutung von Armut (vgl ButterweggeKlundtZeng 2008) Ihr Anstieg ist bei Kindern und Jugendlichen deutlicher aus-gepraumlgt als bei Erwachsenen die regionalen Unterschiede sind erheblich (vgl Chasseacute 2014 411 f) Zusammenfassend muss festgestellt werden dass der Anteil an Kindern die aufgrund ihrer Entwicklungsbedingungen als bdquobil-dungsbenachteiligtldquo gelten muumlssen seit Jahren gewachsen ist Diese und an-dere Entwicklungen fuumlhren dazu dass der Familienfoumlrderung und damit gerade auch der Bildung Erziehung und Betreuung im Rahmen der Kinder-tagesbetreuung eine verstaumlrkt kompensatorische Funktion zukommt (vgl beispielsweise BuumlchnerSpieszlig 2007 SpieszligBuumlchelWagner 2003) Nach einer zusammenfassenden Analyse von Studien in verschiedenen Laumlndern bdquobele-gen vor allem die methodisch aufwaumlndigen Laumlngsschnittstudien der letzten Jahre kurz- und mittelfristig positive Effekte des Besuchs einer vorschulischen

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Einrichtung sofern diese eine hohe Betreuungsqualitaumlt aufweistldquo (AndersRoszligbach 2014 344) Vor allem als Folge der Debatten um die PISA-Studie ist in den letzten Jahren wieder staumlrker in den Mittelpunkt der oumlffentlichen Dis-kussion getreten was fachlich schon seit langem gefordert wird naumlmlich vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Erkenntnisse die fruumlhkind-liche Bildung aufzuwerten und der fruumlhen Foumlrderung von Kindern eine weit houmlhere Bedeutung zuzumessen als dies lange Zeit der Fall war Kindertages-einrichtungen und ihr Auftrag sind damit verstaumlrkt in das Zentrum des oumlf-fentlichen Interesses getreten

21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fuumlr die fruumlhkindliche Bildung Foumlrde-rung und Betreuung werden in Deutschland durch das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG bzw 8 Buch des Sozialgesetzbuchs SGB VIII) gesetzt Konkretisiert wird dieser Rahmen durch die Ausfuumlhrungsgesetze der ein-zelnen Bundeslaumlnder Inhaltlich beschraumlnkt sich das SGB VIII auf einige program matische Formulierungen zur Funktion von Kindertagesbetreuung (sect 22 Grundsaumltze der Foumlrderung)

bdquo(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen in denen sich Kinder fuumlr einen Teil des Tages oder ganztaumlgig aufhalten und in Gruppen gefoumlrdert werden [hellip] (2) Tageseinrichtungen fuumlr Kinder und Kin-dertagespflege sollen 1 die Entwicklung des Kindes zu einer eigen-verantwortlichen und gemeinschaftsfaumlhigen Persoumlnlichkeit foumlrdern 2 die Erziehung und Bildung in der Familie unterstuumltzen und er-gaumlnzen 3 den Eltern dabei helfen Erwerbstaumltigkeit und Kinder-erziehung besser miteinander vereinbaren zu koumlnnen (3) Der Foumlr-derungsauftrag umfasst Erziehung Bildung und Betreuung des Kin-des und bezieht sich auf die soziale emotionale koumlrperliche und geistige Entwicklung des Kindes Er schlieszligt die Vermittlung orien-tierender Werte und Regeln ein Die Foumlrderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand an den sprachlichen und sonstigen Faumlhig-keiten an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Beduumlrf-nissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Her-kunft beruumlcksichtigenldquo

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

In sect 26 ist festgeschrieben dass das bdquoNaumlhere uumlber Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungenldquo durch Landesrecht bestimmt wird Die Ausfuumlhrungsgesetze der Laumlnder7 regeln insbesondere die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards im Hin-blick auf Personaleinsatz und Gruppengroumlszligen sowie moumlgliche Betreuungs-formen und -zeiten Daruumlber hinaus konkretisieren sie in unterschiedlicher Weise den Bildungsauftrag und Fragen der Qualitaumltsentwicklung Die Rah-menbedingungen fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich also je nach Bundesland erheblich insbesondere im Hinblick auf Finan-zierungsstrukturen und Personalbemessung aber auch bezuumlglich der inhalt-lichen Konkretisierung des Bildungsauftrags

22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung

Auf der Grundlage der Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes liegt die Ver-antwortung fuumlr die Sicherstellung der Kindertagesbetreuung im Wesentli-chen bei den oumlrtlichen Jugendaumlmtern also bei den Staumldten und Kreisen wo-bei die Leistungserbringung nicht allein durch die Kommune selbst sondern nach dem Subsidiaritaumltsprinzip (vgl sect 4 SGB VIII) haumlufig durch Traumlger der freien Jugendhilfe erfolgt Freie Traumlger sind vor allem die Kirchen und die groszligen Wohlfahrtsverbaumlnde daruumlber hinaus Elterninitiativen und ndash je nach Bundesland unterschiedlich ndash vereinzelt auch privatwirtschaftliche Anbieter Der Anteil der Beschaumlftigten die bei freien Traumlgern taumltig sind ist dabei von 58 Prozent im Jahr 1998 auf 68 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 20) Dieser Anstieg ist vor allem durch die Entwicklung in Ostdeutschland bedingt wo sich die Struktur nach und nach an die der westlichen Bundeslaumlnder angeglichen hat In den neuen Bundeslaumlndern ist der Anteil der Beschaumlftigten bei oumlffentlichen Traumlgern von 61 Prozent im Jahr 1998 auf 37 Prozent im Jahr 2014 gesunken (vgl ebd)

Das Traumlgerspektrum ist sehr heterogen Viele groszligstaumldtische Jugendaumlmter stellen eine Vielzahl von eigenen Einrichtungen bereit wobei diese in einigen Kommunen in eigenbetriebsaumlhnlichen Strukturen zu einem Gesamt betrieb zusammengefasst sind Eigene Jugendaumlmter gibt es nur in kreisfreien Staumldten und groumlszligeren kreisangehoumlrigen Kommunen so dass viele kleine Kommunen

7 vgl wwwbildungsserverdezeigenhtmlseite=1899 (Abruf am 18042016)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

uumlber Kindertageseinrichtungen aber nicht uumlber ein Jugendamt als fachlich steuernde Instanz verfuumlgen Manchmal haben kleine Kommunen nur eini - ge wenige eigene Einrichtungen wobei es Regionen gibt in denen (fast) die gesamte Infrastruktur durch freie Traumlger angeboten wird Im kirchlichen Bereich unterhalten zum einen die groszligen Verbaumlnde (Caritas und Diakonie) eigene Einrichtungen zum anderen gibt es nach wie vor eigene Kindergaumlrten von Kirchengemeinden die den Gemeindepfarrerinnen und den ehrenamt-lichen Leitungsstrukturen der Gemeindegremien unterstehen In einigen Re-gionen wurden in den letzten Jahren Zweckverbaumlnde gebildet in denen die Einrichtungen der oumlrtlichen Kirchengemeinden zusammengefasst wurden und nun zentral verwaltet werden Die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz sind als Wohlfahrtsverbaumlnde regional oder auf der Ebene von Bundeslaumlndern organisiert so dass die Kindertageseinrichtungen wie bei Diakonie und Caritas einen Teil ihres Angebotsspektrums neben anderen sozialen Dienstleistungen bilden Der Deutsche Paritaumltische Wohlfahrtsver-band ist nicht selbst Traumlger von Einrichtungen sondern ist ein Dachverband von zumeist kleinen Traumlgern (beispielsweise Elterninitiativen) der seinen Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen und Beratungsangebote zur Verfuuml-gung stellt Privat-gewerbliche Anbieter sowie betriebliche Kindertagesein-richtungen als eigene Angebote privater oder oumlffentlicher Wirtschaftsunter-nehmen spielen mit 22 Prozent der Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte barometer 2014 21) nach wie vor nur eine marginale Rolle Leicht angestiegen ist in den letzten Jahren der Anteil sonstiger juristischer Per-sonen und Vereinigungen zu denen beispielsweise private Initiativen (mit vielfach innovativen Angebotsformen) gehoumlren die zwar eine gemeinnuumltzige Rechtsform (beispielsweise gGmbH) besitzen aber keinem Verband ange-schlos sen sind (vgl Stoumlbe-Blossey 2015a 113 ff) Das Spektrum der Arbeit-geber im Bereich der Kindertagesbetreuung ist somit sehr differenziert und reicht von groszligen Verwaltungen und ndash teilweise spezialisierten ndash Verbaumlnden bis hin zu ehrenamtlich geleiteten Einzeleinrichtungen

23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf

Waumlhrend noch vor wenigen Jahren angesichts der demografischen Entwick-lung ein Ruumlckgang des Personalbedarfs in der Kindertagesbetreuung be-fuumlrchtet wurde (und damit die Arbeitslosigkeit von Fachkraumlften) ist inzwi-schen ein quantitativer Ausbau zu beobachten (vgl SellKersting 2010) Der

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Zuwachs der Beschaumlftigtenzahlen war in den letzten Jahren erheblich Zwi-schen 2006 und 2014 kamen bundesweit rund 195000 Beschaumlftigte im Arbeits-feld der Kindertageseinrichtungen hinzu wobei der Anstieg in Westdeutsch-land besonders stark war (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 17) Damit war in diesem Arbeitsfeld im Jahr 2014 ein (vorlaumlufiger) Houmlchststand von 609900 Beschaumlftigten zu verzeichnen (vgl ebd) Umgerechnet in Voll-zeitaumlquivalente bedeutet dies eine Zunahme von gut 281600 Arbeitsplaumltzen im Jahr 2006 auf etwa 424800 im Jahr 2014 (vgl ebd 19) Die Zahl der Ar-beitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation hat seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen vom Houmlchststand 1997 mit rund 63000 re-gistrierten Arbeitslosen ist sie bis 2013 auf etwa 16000 zuruumlckgegangen (vgl ebd 48) An der geschlechtsspezifischen Aufteilung hat sich in den letzten Jahren hingegen nichts geaumlndert der Anteil der Maumlnner in diesem Arbeits-feld bleibt mit 48 Prozent extrem gering (vgl ebd 26)

Die Differenz zwischen Beschaumlftigtenzahlen und Vollzeitaumlquivalenten weist bereits auf die hohe Bedeutung der Teilzeitarbeit in Kindertageseinrich-tungen hin Der Anteil der Vollzeitbeschaumlftigten in diesem Arbeitsfeld ist von 52 Prozent der Beschaumlftigten im Jahr 1998 auf etwa 40 Prozent im Jahr 2014 kontinuierlich gesunken Waumlhrend die Anzahl der Vollzeitstellen in diesem Zeitraum um 22 Prozent anstieg hat sich die Menge der Teilzeit-stellen nahezu verdoppelt Dieser Anstieg betraf alle Formen der Teilzeit-arbeit also sowohl Teilzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit unter 21 Stun-den als auch Stellen mit einem Umfang von 21 bis unter 32 Stunden und vollzeitnahe Stellen mit zwischen 32 und 385 Stunden Wenn auch dieser Trend bundesweit zu beobachten ist so stellt sich die Entwicklung im Wes-ten und im Osten dennoch unterschiedlich dar In Ostdeutschland waren in den 1990er Jahren im Zuge des Stellenabbaus viele Vollzeitstellen in voll-zeitnahe Stellen umgewandelt worden sodass dort der Anteil der Vollzeit-stellen bereits 1998 unter der 25-Prozent-Marke gelegen hatte Seit diesem Zeitpunkt blieb er ndash nach einem Einbruch in 2006 ndash konstant (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 29) Im Westen ist der Anteil an Vollzeit-stellen zwischen 1998 und 2014 von 59 Prozent auf 44 Prozent zuruumlckgegan-gen (vgl ebd 30) In der Vergangenheit wurde vielfach die Auffassung ver-treten dass eine Teilzeittaumltigkeit ndash insbesondere fuumlr die Gruppenleitungen ndash nicht moumlglich waumlre weil sie die Kontinuitaumlt der Betreuungspersonen fuumlr die Kinder gefaumlhrden wuumlrde Ein gewisses Umdenken hat hier zum einen der Anstieg der Anzahl von Ganztagsplaumltzen mit laumlngeren Betreuungszeiten mit sich gebracht die zur Abdeckung des gesamten Zeitvolumens eine Kombi-nation von Vollzeit- und Teilzeitstellen erforderte Zum anderen wuchs mit

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

dem steigenden Fachkraumlftebedarf die Bereitschaft der Traumlger auf Arbeitszeit-wuumlnsche von Mitarbeiterinnen einzugehen die aus familiaumlren Gruumlnden ihre Arbeitszeit reduzieren wollten

Die Unterschiede zwischen den westlichen und oumlstlichen Bundeslaumln - dern zeigen sich auch bei der Frage ob es sich bei der Teilzeitbeschaumlftigung um eine erwuumlnschte oder unfreiwillige Teilzeit handelt Eine Analyse von Eva Strunz (2015) auf der Basis des Mikrozensus 2011 bestaumltigt dass fuumlr west-deutsche Erzieherinnen die weniger als 32 Stunden arbeiten vor allem fa-miliaumlre Gruumlnde ausschlaggebend sind 36 Prozent geben als Motiv die Be-treuung von Kindern Pflegebeduumlrftigen oder Menschen mit Behinderungen und weitere 33 Prozent sonstige persoumlnliche oder familiale Gruumlnde an 37 Prozent der ostdeutschen Erzieherinnen in Teilzeitbeschaumlftigung er-klaumlrten hingegen dass sie keine Vollzeitstelle finden konnten Betreuungs- oder sonstige persoumlnliche oder familiale Verpflichtungen waren hier nur fuumlr 26 Prozent der Befragten von Bedeutung (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte-barometer 2014 30)

24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe

Die dominierende Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen sind Erzieherinnen Sie werden an Fachschulen bzw Fachakademien nach landesrechtlich unterschiedlichen faktisch aber relativ aumlhnlichen Regelungen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) ausge-bildet Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss Bei der Ausbildung zur Erzieherinzum Erzieher lassen sich grundsaumltzlich zwei Modelle unter-scheiden ndash das additive Modell als eine zweijaumlhrige uumlberwiegend fachtheoretische

Ausbildung mit anschlieszligendem einjaumlhrigem Berufspraktikum sowie ndash das integrative Modell als eine dreijaumlhrige Ausbildung an der Fachschule

inklusive Praxisphasen

Daruumlber hinaus existiert in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen eine bdquoPraxisintegrierte Ausbildungldquo (PIA) in der fachtheoretische Inhalte Praktika und Anerkennungsjahr miteinander staumlrker verzahnt wurden Mit dem Traumlger der Kindertageseinrichtung wird dazu ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen der auch eine Verguumltung vorsieht (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 67 ff)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Im Deutschen Qualifikationsrahmen fuumlr Lebenslanges Lernen (DQR)8 wird die Erzieherinnen-Ausbildung an einer Fachschule auf demselben Niveau (Stufe 6) wie ein Bachelor-Studium eingestuft In den neuen Bundeslaumlndern verfuumlgten im Jahr 2014 ca 87 Prozent der Beschaumlftigten uumlber einen derar-tigen Berufsbildungsabschluss im Westen waren es 66 Prozent Im Westen besaszligen 16 Prozent einen Abschluss als Kinderpflegerin oder aumlhnliche un-terhalb des Niveaus der Erzieherinnen angesiedelte Qualifikationen Diese spielen im Osten praktisch keine Rolle Etwa 10 Prozent der Beschaumlftigten hatten im Jahr 2014 eine andere Ausbildung befanden sich noch in der Ausbildung oder waren ohne Abschluss (vgl ebd 31) Entgegen anderslau-tenden Befuumlrchtungen hat sich der Ausbau der Kindertagesbetreuung somit bislang nicht auf Kosten der Fachlichkeit des Personals vollzogen

Der Anteil der Beschaumlftigten mit Hochschulabschluss lag bundesweit ndash mit leicht steigender Tendenz ndash bei ca 5 Prozent Darunter befanden sich gut 3000 Absolventinnen von speziell auf die fruumlhe Bildung bezogenen kindheitspaumldagogischen Studiengaumlngen Die Anzahl der Kindheitspaumldagoginnen hat sich somit seit 2012 dem ersten Jahrgang in dem sie in der Sta-tistik separat ausgewiesen sind verdreifacht (vgl ebd 34) In den letzten Jahren sind zahlreiche und sehr unterschiedlich konzipierte Studiengaumlnge entstanden die ndash als Erstausbildung oder Weiterbildung ndash eine akademische Qualifikation fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vermitteln9

Im Jahr 2003 wurde erstmals in Deutschland ndash damals noch umstritten ndash ein fruumlhpaumldagogischer Studiengang an der Alice-Salomon-Hochschule in Ber-lin eingerichtet Angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeit fuumlr die fruumlh-kindliche Bildung und der Existenz einer akademischen Ausbildung in den meisten europaumlischen Laumlndern wurde die Akademisierung fruumlhpaumldagogi-scher Fachkraumlfte in Kindertageseinrichtungen in der Folgezeit zu einem zen-tralen Thema in der bundesdeutschen Diskussion um die Weiterentwicklung von fruumlhkindlicher Bildung Erziehung und Betreuung Daruumlber hinaus be-schleunigte der parallel einsetzende Bologna-Prozess zur Internationalisie-rung und Modularisierung von Studiengaumlngen den Ausbau von Studien-gaumlngen zur Fruumlhen Kindheit enorm Fuumlr die (Fach)Hochschulen ergaben sich aus diesem Prozess sowohl die Moumlglichkeiten als auch wettbewerbliche

8 Der DQR wurde zum Zweck der Vergleichbarkeit der historisch gewachsenen Sektoren des deut-schen Bildungssystems konzipiert Er besteht aus einer umfangreichen sektorenuumlbergreifenden Matrix die der Einordnung von Qualifikationen dient9 Zur Entwicklung der Studiengaumlnge vgl KlaudySchuumltzStoumlbe-Blossey 2014

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Anreize neue Studiengaumlnge mit unterschiedlicher Spezialisierung zu entwi-ckeln (vgl zusammenfassend Speth 2010 169 ff) Nach der Einrichtung des ersten Studiengangs in Berlin im Jahr 2003 entstanden bis zum Jahr 2010 etwa 60 kindheitspaumldagogische Studiengaumlnge bis zum Jahr 2015 hat sich die Anzahl auf 118 (an 82 Standorten) nahezu verdoppelt (vgl Altermann et al 2015 10) Ein Teil dieser Studiengaumlnge ist grundstaumlndig angelegt andere bauen als konsekutive Studiengaumlnge auf einer abgeschlossenen Erzieherin-nen-Ausbildung auf Zwar zeigt sich dass die Absolventinnen keineswegs immer in einer Kindertageseinrichtung arbeiten wollen (vgl ebd 33 ff) je-doch kommt seit einiger Zeit wie die zitierten Zahlen zeigen nach und nach eine wachsende Zahl an Kindheitspaumldagoginnen auf den Arbeitsmarkt In einem Feld das traditionell durch eine fachschulische Ausbildung gepraumlgt ist stellt die Pluralisierung der Qualifizierungswege eine Innovation dar die von Konflikten Unsicherheiten und Ambivalenzen begleitet wird

25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung

Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen in kommunaler Traumlgerschaft wer-den nach dem Tarifvertrag fuumlr den oumlffentlichen Dienst (TVoumlD) der Kom mu-nen fuumlr Sozial- und Erziehungsdienste bezahlt Freie Traumlger haben groumlszligte n-teils eigene Tarifvertraumlge die sich allerdings oft am TVoumlD orientieren (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 59) Nach Berechnungen auf der Grundlage der Entgeltstatistik der Bundesagentur fuumlr Arbeit verdienten die Beschaumlftigten in Kindertageseinrichtungen im Jahr 2014 auf einer Vollzeit-stelle mit durchschnittlich 2630 Euro pro Monat etwa 300 Euro weniger als der Durchschnitt aller maumlnnlichen Arbeitnehmer ndash allerdings 300 Euro mehr als der Durchschnitt aller weiblichen Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 59)

Das Bruttogehalt einer in die Entgeltgruppe S2 eingruppierten Beschaumlf-tigten die die Taumltigkeit einer Kinderpflegerin ausuumlbt lag nach der bis zum 30062015 geltenden Fassung des TVoumlD10 im Jahr 2015 in der Eingangsstu - fe bei 1960 Euro monatlich eine Leiterin einer sehr groszligen Einrichtung (mit mindestens 180 Plaumltzen) konnte in der Endstufe der Gruppe S17 4749 Euro erhalten Staatlich anerkannte Kinderpflegerinnen (S3) starteten mit 2043 Euro monatlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (S6)

10 vgl zu den folgenden Angaben httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsue (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mit 2367 Euro in den Endstufen kamen sie auf 2679 bzw 3289 Euro Er-zieherinnen mit besonders schwierigen fachlichen Taumltigkeiten konnten in der Gruppe S8 mit 2478 Euro monatlich beginnen und in der Endstufe bis zu 3732 Euro erhalten Wenn eine Erzieherin fachlich schwierige Taumltigkei-ten von mindestens drei Beschaumlftigten der Gruppe S8 koordiniert waren in der Gruppe S9 je nach Stufe zwischen 2579 und 3750 Euro erreichbar Als besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten werden vor allem die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen sowie einrichtungsuumlbergreifende und koordi-nierende Aufgaben definiert

Als Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 wurden fuumlr Kin derpflegerinnen die monatlichen Entgelte erhoumlht so erhaumllt eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin in der Eingangsstufe der Gruppe S3 seitdem ein um 61 Euro erhoumlhtes Monatsgehalt Die Taumltigkeitsmerkmale von Erzieherinnen wurden aus der Gruppe S6 in die neu geschaffene Gruppe S8a uumlber-fuumlhrt was in der Eingangsstufe eine Steigerung des Gehalts um 93 Euro mo-natlich bedeutet In den Endstufen fallen die Anstiege mit 112 bzw 138 Euro monatlich etwas houmlher aus Fuumlr die Taumltigkeitsmerkmale der in S8 eingrup-pierten Erzieherinnen wurde eine neue Gruppe S8b geschaffen deren Ent-gelt nun identisch mit der Gruppe S9 ist Die Anstiege sind geringer als fuumlr Erzieherinnen im Allgemeinen und machen sich schwerpunktmaumlszligig in den houmlheren Dienstaltersstufen bemerkbar

Bei einem Aufstieg zur Leitung einer Einrichtung begann das Gehalt bis 2015 in der Gruppe S7 mit 2406 Euro und steigerte sich je nach Anzahl der Plaumltze in der Einrichtung Ab 40 Plaumltzen kam die Stufe 10 mit einem Ein-gangsgehalt von 2590 Euro zur Anwendung bei 70 Plaumltzen die Stufe 13 mit 2880 Euro bei 100 Plaumltzen S 15 mit 2913 Euro bei 130 Plaumltzen S 16 mit 3025 Euro und bei 180 Plaumltzen schlieszliglich S 17 mit 3103 Euro Das End-gehalt lag jeweils um gut 50 Prozent uumlber dem Anfangsgehalt der jeweili gen Stufe Stellvertretende Leitungen wurden ab einer Einrichtungsgroumlszlige von 70 Plaumltzen jeweils in die Entgeltgruppe von Leitungen der naumlchstkleineren Einrichtungsgroumlszlige eingruppiert Mit dem Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen wurden die beschriebenen Stufenzuordnungen veraumlndert Die Leitung einer kleinen Einrichtung wird nun statt nach Stufe 7 nach Stufe 9 bezahlt was in der Eingangsstufe einen Anstieg um 74 Euro monatlich be-deutet Die Leitungen und die Stellvertretungen der groumlszligeren Einrichtungen steigen jeweils in die Stufe die vorher der naumlchsthoumlheren Groumlszligenklasse vorbehalten war so dass beispielsweise die Leitung einer Einrichtung mit 40 bis 69 Plaumltzen nun in Stufe 13 in der Eingangsstufe ein um 290 Euro houmlheres Gehalt erhaumllt Besonders groszlig ist die Differenz fuumlr Leitungen einer sehr gro-

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

szligen Einrichtung die nun in S18 eingruppiert sind und in der Eingangsstufe 342 Euro mehr erhalten als vorher und in der Endstufe 5197 Euro monatlich bekommen Fuumlr die Leitungen der anderen Groumlszligenklassen fallen die Erhouml-hungen geringer aus

Ein Aufstieg ist somit in begrenztem Maszlige uumlber besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten moumlglich im Wesentlichen ist jedoch die Uumlbernahme von Leitungsfunktionen die Voraussetzung fuumlr eine finanzielle Weiterent-wicklung Dies gilt im Uumlbrigen auch fuumlr Kindheitspaumldagoginnen mit Ba-chelor-Abschluss die in der Regel auf Erzieherinnen-stellen eingesetzt wer-den An dieser Situation hat sich durch das Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen nichts geaumlndert

Neben dem Gehalt gehoumlrt zum Thema der Arbeitsbedingungen noch die Frage der Befristung Im Jahr 2014 waren 16 Prozent der Erzieherinnen und 18 Prozent der Kinderpflegerinnen befristet beschaumlftigt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 56) Im Vergleich zum Jahr 2011 bedeutet dies eine Steigerung um 3 bzw 4 Prozentpunkte Damit liegen die Anteile befris-teter Beschaumlftigungsverhaumlltnisse uumlber dem Durchschnitt sowohl der Frauen (11 Prozent) als auch der Maumlnner (8 Prozent vgl ebd 57)

26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze

Nach Prognosen aus dem Jahr 2014 werden bis zum Jahr 2025 etwa 200000 Fachkraumlfte das Arbeitsfeld verlassen Dies haumlngt zunaumlchst mit der Altersstruk-tur zusammen die sich zwischen 1998 und 2014 deutlich veraumlndert hat 1998 lag der Anteil der Fachkraumlfte im Alter von uumlber 45 Jahren bei rund 22 Pro-zent 2014 betrug er 41 Prozent (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 26) Daher wird zum einen die Anzahl derjenigen die wegen Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen in den naumlchsten Jahren erheblich steigen Zum anderen basieren die Prognosen darauf dass auf der Grund - la ge der Erfahrungen vergangener Jahre viele Beschaumlftigte das Arbeitsfeld vor-zeitig verlassen werden ndash mit einer Erwerbsminderungsrente oder aus ande-ren Gruumlnden

Im Jahr 2011 erreichten nur 18 Prozent der Beschaumlftigten die im Ar-beitsfeld Kindertageseinrichtung in Rente gingen die Regelaltersgrenze von 65 Jahren Fast 40 Prozent der uumlberwiegend weiblichen Beschaumlftigten be-zogen bereits zum (damals) fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt mit 60 Jahren ihre Rente Damit verlassen Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen ihr Arbeits-feld deutlich fruumlher als Frauen in anderen Berufen Im Jahr 2011 hatten ins-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

gesamt 42 Prozent der Frauen bei ihrem Renteneintritt die Regelaltersgrenze erreicht Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an allen Rentenzugaumlngen ist bei Beschaumlftigen in Kindertageseinrichtungen um 25 Prozent houmlher als bei den erwerbstaumltigen Frauen insgesamt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebaro-meter 2014 52)

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist somit bei rentennahen Jahr-gaumlngen in besonderem Maszlige vom vorzeitigen Berufsausstieg seiner Beschaumlf-tigten betroffen Aber auch im Hinblick auf juumlngere Beschaumlftigte wird immer wieder darauf hingewiesen dass sie oft schon nach wenigen Jahren den Be -ruf wieder verlassen ndash genaue Zahlen daruumlber liegen allerdings nicht vor Gruumlnde dafuumlr koumlnnen in gesundheitlichen Belastungen durch den Beruf lie-gen So kommt das Projekt bdquoSTEGE ndash Strukturqualitaumlt und Erzieher_innen-gesundheit in Kindertageseinrichtungenldquo in dem 2744 Kita-Beschaumlftigte in Nordrhein-Westfalen befragt wurden zu dem Ergebnis dass Erzieherinnen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen mit gleicher Bildung in der deutschen Bevoumllkerung im Durchschnitt als deutlich schlech-ter empfinden und haumlufiger durch gesundheitliche Belastungen dauerhaft im Alltag eingeschraumlnkt sind (ViernickelVoss 2013 8) Daruumlber hinaus sind einer GEW-Studie (Fuchs-Rechlin 2007) zufolge ca zwei Drittel der befrag-ten Erzieherinnen mit der gesellschaftlichen Anerkennung des Berufes un-zufrieden knapp 54 Prozent mit der Bezahlung und gut 60 Prozent mit den beruflichen Aufstiegsmoumlglichkeiten (vgl Fuchs-Rechlin 2007 34)

Legt man die eingangs beschriebene Lebenslaufperspektive zugrunde so lassen sich anhand der Beruumlcksichtigung von kritischen Lebensereignissen und Uumlbergaumlngen drei zentrale Schwellen identifizieren an denen gehaumluft Be-rufsausstiege stattfinden ndash Ausbildung und Berufsintegration Vielfach verlassen gerade qualifizierte

Mitarbeiterinnen bereits unmittelbar oder kurz nach der Ausbildung ihr Taumltigkeitsfeld um sich weiterzuqualifizieren Diese Weiterqualifizierun-gen fuumlhren bislang in der Regel in andere Berufe und nicht in eine houmlher-wertige Taumltigkeit in der Kindertagesbetreuung

ndash Familiengruumlndung Eine zweite Schwelle fuumlr Beschaumlftigte in der Kinderta-gesbetreuung steht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Familienfreundliche Arbeitszeit- und Dienstplanmodelle stellten ebenso wie an den Bedarfen der Beschaumlftigten orientierte Teil-zeitmodelle lange Zeit eine Ausnahme dar (vgl Klaudy 2010) Viele Be-schaumlftigte kehren deshalb nach einer Berufsunterbrechung nicht in ih - ren Beruf zuruumlck sondern uumlbernehmen beispielsweise Spielgruppen und an dere Angebote auf Honorarbasis oder in geringfuumlgiger Beschaumlftigung

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

die mit einer Dequalifizierung verbunden sind und zu Einbuszligen bei der Alterssicherung dieser Beschaumlftigten fuumlhren

ndash Alter Die dritte Schwelle schlieszliglich betrifft den vorzeitigen Berufsaus-stieg im Alter und somit das Themenfeld der nachhaltigen und alternsge-rechten Arbeitsgestaltung Die quantitative Bedeutung dieses Problems waumlchst angesichts des gestiegenen Anteils an aumllteren Beschaumlftigten Zu-saumltzlich verschaumlrft wird sie durch eine andere Form von Reproduktions-verpflichtungen naumlmlich durch die Konfrontation vieler aumllterer Mitar-beiterinnen mit der Pflegebeduumlrftigkeit von Angehoumlrigen vor allem der eigenen Eltern

27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen

Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veraumlnderungen gehen eine steigende Vielfalt etwa an Lebensstilen und Kulturen und damit auch ein Wandel der Kindheit einher ndash mit neuen Anforderungen auch an die Fami-lien Gerade Kindertageseinrichtungen muumlssen hierauf in vielfaumlltiger Weise reagieren Neben einer bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote muumlssen sie auch Organisation und Management der Kinderbetreuungsbetriebe an-passen Anpassungserfordernisse ergeben sich z B mit Blick auf

ndash die Groumlszlige der Einrichtungen und das Alter der Kinder Ausgehend vom Alter der Kinder werden diese von 4 Monaten bis hinein ins schulpflichtige Alter in Kindertageseinrichtungen betreut Die Groumlszlige der Einrichtungen reicht von einer Gruppe mit beispielsweise 15 Kindern bis zu Einrichtun-gen mit mehr als sieben Gruppen und uumlber 160 Kindern Dabei werden Kinder in altershomogenen und altersheterogenen Gruppen mit einem unterschiedlichen Stundenvolumen betreut wobei die zeitlichen Moumlg-lichkeiten in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt sind Mit dem Ausbau der U3-Betreuung werden viele Einrichtungen erweitert und es kommen zunehmend juumlngere Kinder hinzu

ndash die innereOumlffnungderKindertageseinrichtungen Waumlhrend der bdquoklassische Kindergartenldquo die Arbeit in Gruppen vorsah wird seit Ende der 1970er Jahre der bdquooffene Kindergartenldquo (vgl RegelKuumlhne 2001) zunehmend be-liebter Seither werden vielfaumlltige Formen der bdquoinneren Oumlffnungldquo prakti-ziert z B werden offene teiloffene und gruppenuumlbergreifende Angebote und Projekte und ebenso ein offenes Arbeiten in Bildungs- und Funktions-bereichen angeboten Dieser Entwicklung werden einerseits groszlige Chan-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

cen zugeschrieben da der Ansatz dem selbstbestimmten und selbstorga-nisierten Lernen von Kindern entgegenkommt und auch den paumldagogi-schen Fachkraumlften Moumlglichkeiten fuumlr einen kompetenzorientierten Ar-beitseinsatz bietet Andererseits wird den Oumlffnungskonzepten kritisch entgegengehalten dass sie sich wegen des fehlenden Gruppenzusammen-halts negativ auf die kindliche Entwicklung insbesondere sehr junger Kinder auswirken Haumlufig bestehen Bedenken und auch Aumlngste im Zu-sammenhang mit erhoumlhten Anforderungen an die organisatorische und inhaltliche Abstimmung sowie die Zusammenarbeit im Team insgesamt Daruumlber hinaus fuumlhrt die bdquoOumlffnungldquo zu neuen Zustaumlndigkeiten und Ver-antwortlichkeiten im Team Festzuhalten bleibt dass die offene Arbeit nicht nur mehr Abstimmung und Zusammenarbeit erfordert sondern auch transparentere Strukturen die bewirken dass die Arbeit der einzel-nen Erzieherinnen oumlffentlicher wird (vgl Doumlrfler 1994 108 ff)

ndash die Zusammensetzung der Teams hin zur Multiprofessionalitaumlt (vgl Froumlhlich-Gildhoff et al 2014) Erkenntnisse der Hirnforschung belegen dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen fuumlr das Lernen und den persoumlnlichen Bildungserfolg eines Menschen gestellt werden Als Folge wird in Kitas den Bildungsaufgaben mehr Aufmerksamkeit geschenkt Erzieherinnen werden zu Expertinnen fuumlr fruumlhkindliche Bildung die die individuellen Entwicklungspotenziale der Kinder erkennen und best-moumlglich foumlrdern sollen Weitere Anforderungen wie z B die Zunahme von bdquoFamilienzentrenldquo (Stoumlbe-Blossey 2010) der hohe Anteil von Famili-en mit Migrationshintergrund und die Entwicklung hin zu inklusiv ar-beitenden Einrichtungen fuumlhren dazu dass auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Fachkraumlfte im Umbruch sind Multiprofessionali-taumlt wird als Schlagwort fuumlr die Zusammenarbeit unterschiedlichster Fach-richtungen verwendet und meint ein Verstaumlndnis der fachuumlbergreifenden Zusammen arbeit verschiedener Professionen bei der unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen die Bearbeitung und Loumlsung komplexer Arbeitsanforderungen Probleme oder Faumllle ermoumlglichen (vgl Rannen-berg-Schwerin 2012 20) In der Praxis der Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen uumlbli-cher wird So arbeiten mittlerweile z B neben den Erzieherinnen und anderen sozial paumldagogischen Fachkraumlften auch Heilpaumldagoginnen Psy-chologinnen und andere Expertinnen in einer Kindertageseinrich-tung Quereinsteigerinnen mit anderem Berufshintergrund sowie die zu-nehmende Vernetzung und Kooperation mit externen Fachleuten und Diensten bereichern zudem die Fachlichkeit in der Kita

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

ndash das Management der Einrichtungen das ein zunehmendes Maszlig an Professi-onalitaumlt erfordert um den unterschiedlichen Anforderungen und Vor-aussetzungen mit einer guten Qualitaumlt in der Angebotsgestaltung gerecht werden zu koumlnnen ∙ Kindertageseinrichtungen werden sowohl geleitet von Erzieherinnen

mit und ohne entsprechende zusaumltzliche Qualifikation als auch von Fachkraumlften mit (Fach)Hochschulabschluss Ergebnisse der Expertise bdquoSchluumlssel zu guter Bildung Erziehung und Betreuungldquo zeigen dass inzwischen ca 19 Prozent der Leitungen uumlber einen akademischen Abschluss verfuumlgen (vgl Viernickel et al 2013 42)

∙ Leitungskraumlfte erfuumlllen ihre Leitungsaufgaben mit oder ohne (Teil)Freistellung von der paumldagogischen Arbeit und werden nur z T durch Stellvertreterinnen ebenfalls mit oder ohne (Teil)Freistellung unter-stuumltzt oder in Abwesenheit vertreten

∙ die Organisation von Fuumlhrung und Leitung der Kinderbetreuungs-betriebe erfolgt daneben z B in groumlszligeren Einrichtungen durch zu-saumltzliche bdquoTeamleitungenldquo Bei einigen Traumlgern wird inzwischen mit bdquoVerbund-ldquo oder bdquoGebietsleitungenldquo gearbeitet die fuumlr zwei oder mehr Kindertageseinrichtungen zustaumlndig sind Hier gibt es innerhalb jeder Einrichtung lediglich Ansprechpartnerinnen oder stellvertretende Lei-tungen die nur z T uumlber eine eigene (Teil)Freistellung verfuumlgen

Diese exemplarische Zusammenstellung zum Anpassungsbedarf der Orga-nisation von Kindertageseinrichtungen verdeutlicht die Komplexitaumlt des notwendigen Anpassungsaufwands wenn eine tragfaumlhige und qualitativ an-spruchsvolle Antwort auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen gefunden werden soll Die dargestellte Vielfalt erhoumlht als Folge auch die Anforderungen an das Team und die Leitung und nicht zuletzt auch an die Unterstuumltzung durch den Traumlger

28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen

Die gesellschaftlichen Anforderungen denen die Kindertagesbetreuung ge-genuumlbersteht und die steigende Aufmerksamkeit fuumlr den Stellenwert fruumlh-kindlicher Bildung haben zu einer quantitativen wie qualitativen Erweite-rung des Aufgabenspektrums der Beschaumlftigten gefuumlhrt So haben vor dem Hin tergrund des steigenden Bedarfs an fruumlher Foumlrderung alle Bundeslaumlnder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bildungsleitlinien fuumlr Kindertageseinrichtungen verabschiedet Konzepte zur Vorbereitung und Begleitung des Uumlbergangs vom Kindergarten in die Grund-schule formuliert und Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Fruumlherkennung und Entwicklungsbegleitung eingefuumlhrt (vgl Stoumlbe-Blossey Torluumlmke 2010) Festzustellen ist weiterhin eine ndash von den einzelnen Bun-deslaumlndern in unterschiedlicher Weise politisch geforderte und gefoumlrderte ndash Funktionserweiterung von Kindertageseinrichtungen als Zentren fuumlr Kinder und Familien und als niedrigschwellige Instanz zur Buumlndelung von Bera-tungs- und Familienbildungsangeboten im Sozialraum (Stoumlbe-Blossey 2010) Gleichzeitig laumlsst sich eine Verdichtung von Taumltigkeiten feststellen In Kin-dertageseinrichtungen fuumlhrten die Entwicklungen z B bei den Fachkraumlften zu einem weitgehenden Wegfall von Vor- und Nachbereitungszeiten fuumlr die paumldagogische Arbeit mit den Kindern (vgl AGJ 2011 10)

Neue Anforderungen hervorgerufen beispielsweise durch das neue Bil-dungsverstaumlndnis in der Fruumlhpaumldagogik Bildungsleitlinien oder ein neues Bild von der Zusammenarbeit mit Eltern haben Einfluss auf die gesellschaft-lichen Erwartungen an die Erzieherinnen und auf ihr eigenes Selbstver-staumlndnis Vor diesem Hintergrund sind Erzieherinnen von Rollenunsicher-heit und -konflikten betroffen die sich in ihren Werten und ihrer Haltung gegenuumlber Kindern Eltern und Mitarbeiterinnen aumluszligern Neue Anforde-rungen kollidieren mit alten Rollen und Haltungen (vgl MienertVorholz 2007) Wichtig ist dieser Aspekt vor allem vor dem Hintergrund arbeitspsy-chologischer Erkenntnisse denn aus dem Rollenverstaumlndnis und der Hal-tung koumlnnen sich entweder persoumlnliche Ressourcen fuumlr einen konstruktiven Umgang mit Belastungen oder aber eine Verstaumlrkung der wahrgenommenen Beanspruchung ergeben In der Forschung wird darauf verwiesen dass Er-zieherinnen aufgrund ihrer eigenen beruflichen Leitbilder und ihrer fach-lichen Orientierungen auch selbst einen entsprechend hohen Anspruch an ihre Arbeit stellen ndash ihr praktisches Handeln jedoch bleibt bdquodeutlich ndash auch wegen des selbstgesetzten hohen ideellen Maszligstabes notgedrungen ndash hinter diesen Anspruumlchen zuruumlckldquo (Dippelhofer-Stiem 2006 363)

In einigen Studien werden die steigenden Anforderungen an die Arbeit in Kindertageseinrichtungen thematisiert (vgl z B Fuchs-Rechlin 2007) Da-ruumlber hinaus wurde das subjektive Belastungsempfinden also die persoumlnliche Beanspruchung der Fachkraumlfte untersucht Dabei hat sich herausgestellt dass beispielsweise Personal- und Zeitmangel sowie ein hoher Geraumluschpegel als besonders belastend empfunden werden (vgl BGWDAK 2001 FuchsTrischler 2008 Fuchs-Rechlin 2007 VossViernickel 2013 zusammenfassend Hirsch 2011 109 f)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtun-gen werden in zunehmendem Maszlige als Problem erkannt Darum foumlrderte die Hans-Boumlckler-Stiftung bereits vor einigen Jahren eine Untersuchung zum Thema bdquoBelastungsmanagement bei Erzieherinnenldquo um genauere Erkennt-nisse uumlber die Belastungsfaktoren zu erhalten und Instrumente zur Gefaumlhr-dungsbeurteilung zu entwickeln (vgl Rudow 2007) Die groszlige Bedeutung die Erzieherinnen dem Thema selbst beimessen wurde 2009 durch die gro-szlige Beteiligung an Streiks fuumlr mehr Gesundheitsschutz im Rahmen eines ge-sonderten Gesundheits-Tarifvertrages deutlich11

Personalverantwortliche der Traumlger muumlssen vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen und wissenschaftlichen Ergebnisse reagieren indem sie ihre personalwirtschaftlichen Konzepte im Arbeitsfeld der Kin-dertagesbetreuung angemessen weiterentwickeln Bislang gibt es dazu in der fachwissenschaftlichen Diskussion jedoch nur wenige Ansaumltze Zu nennen ist hier beispielsweise die Arbeit von Andreas Hirsch (2011) der als Ergebnis einer Online-Befragung (110 Fachkraumlfte) einige Uumlberlegungen zur Verbesse-rung von Weiterbildungsmoumlglichkeiten (unter Einschluss von Fragen kom-munikativer Kompetenz) und zu den Moumlglichkeiten einer staumlrkeren Spezia-lisierung von Fachkraumlften sowohl bei der Weiterentwicklung eigener Kom-petenzen als auch bei der Arbeitsverteilung im Team ableitet Daruumlber hinaus weist er darauf hin dass ein systematischer Einsatz etwa von gesundheits-diagnostischen Verfahren oder von Instrumenten zur Analyse von Arbeits-motivation und -zufriedenheit erforderlich ist (vgl Hirsch 2011 161 ff) Fuumlr die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung derartiger Ansaumltze besteht bislang noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf Die im Folgenden darge-stellten Forschungsergebnisse aus dem Projekt KONTI greifen darum einige dieser Fragestellungen auf

11 httpdereuterscomarticledeutschland-erzieher-warnstreiks-idDEBEE5450GS20090506 (Abruf am 18042016)

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3 HERAUSFORDERUNGEN AUS DER PERSPEKTIVE VON TRAumlGERN MITARBEITERINNEN UND LEITUNGEN

Personalwirtschaftliche Konzepte die zu einer nachhaltigen Foumlrderung kon-tinuierlicher Erwerbstaumltigkeit beitragen sollen koumlnnen nicht allgemein - guumlltig gestaltet werden sondern muumlssen passgenau die jeweils spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes beruumlcksichtigen sind doch die personal wirtschaftlichen Gegebenheiten je nach Branche und Unternehmen sehr verschieden Die Unterschiede ergeben sich dabei sowohl aus den zu bewaumll tigenden Aufgaben und deren Rahmenbedingungen als auch aus dem pro fessionellen Hintergrund und den Motivationsstrukturen der Beschaumlf-tigten Letztlich muumlssen in einem solchen Konzept die Interessen mehrerer Per sonenkreise ndash Personalverantwortliche Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiterinnen ndash wahrgenommen werden

Vor diesem Hintergrund wurden im Projekt bdquoKONTIldquo zwischen 2013 und 2015 qualitative Befragungen zur Arbeitssituation von Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen durchgefuumlhrt die zum Themenkomplex sowohl die Sichtweisen von Traumlgern und damit Arbeitgebern als auch die Sichtwei-sen von Beschaumlftigten und damit Arbeitnehmerinnen einfangen sollten Die Sicht von Kita-Leitungen die einerseits selbst Mitarbeiterinnen und andererseits gleichzeitig Personalverantwortliche in ihrer Einrichtung sind wurde wegen dieser bdquoSandwich-Positionldquo explizit zusaumltzlich erhoben Die folgende Darstellung fasst die Ergebnisse der Befragungen von Traumlgern (Ka-pitel 31) Mitarbeiterinnen (Kapitel 32) und Kita-Leitungen (Kapitel 33) zusammen und greift dabei Themen auf die sich im Laufe des Projektes als wichtige Handlungsfelder herauskristallisiert haben Sie bieten damit erste ausgewaumlhlte Anknuumlpfungspunkte fuumlr nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte die eine dauerhafte Beschaumlftigung von Erzieherinnen bei Trauml gern von Kindertageseinrichtungen unterstuumltzen koumlnnen Ergaumlnzend zu den pro-jektspezifischen Erkenntnissen wird auf einige Befunde einer im Rahmen der AQUA-Studie (Schreyer et al 2014) etwa zeitgleich vom Staatsinstitut fuumlr Fruumlhpaumldagogik (Muumlnchen) durchgefuumlhrten quantitativen Befragung hin ge-wiesen die in vieler Hinsicht zu aumlhnlichen Ergebnissen gekommen ist

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

31 Die Perspektive der Kita-Traumlger

Im Zeitraum von August bis Dezember 2013 wurden insgesamt 22 leitfaden-gestuumltzte Face-to-Face-Interviews mit Personalverantwortlichen von Traumlgern von Kindertageseinrichtungen gefuumlhrt davon fuumlnf in Baden-Wuumlrttemberg zwoumllf in Nordrhein-Westfalen und fuumlnf in Thuumlringen Die Gespraumlche dien-ten zum einen dazu Daten zur Personalsituation und zum Personalmanage-ment zu erheben Im zweiten Teil ging es darum Informationen zur traumlger-spezifischen Gestaltung der Arbeitsbedingungen fuumlr Erzieherinnen zu er-mitteln Unter den befragten Anbietern befanden sich acht in kommunaler zwoumllf in frei-gemeinnuumltziger einer in privat-gemeinnuumltziger und einer in privat-gewerblicher Traumlgerschaft Vier Traumlger beschaumlftigten zum Zeitpunkt des Interviews weniger als 100 paumldagogische Mitarbeiterinnen in Kinder-tageseinrichtungen und drei mehr als 1000 Bei zehn der befragten Traumlger waren zwischen 100 und 500 bei den uumlbrigen drei Traumlgern zwischen 500 und 1000 paumldagogische Fachkraumlfte angestellt

Die folgende Darstellung der Befragungsergebnisse fasst Informatio nen zur Entwicklung der Personalsituation (Abschnitt 311) zur Personalstruktur (Abschnitt 312) und zu Personalengpaumlssen und Personalbedarfsschwankun-gen (Abschnitt 313) zusammen Ergebnisse zur konkreten Arbeitssituation in den Kindertageseinrichtungen werden unter den Aspekten Arbeitsbedin-gungen (Abschnitt 314) und Teilzeitarbeit (Abschnitt 315) sowie Organi-sation und Management (Abschnitt 316) bzw Personal- und Teamfuumlhrung (Abschnitt 317) vorgestellt

311 Die Entwicklung der Personalsituation

Die Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen wird zum Zeitpunkt des Interviews aus Sicht der befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlrin-gen und Nordrhein-Westfalen mehrheitlich als gut zumindest nicht als an-gespannt bewertet Nach Aussage der meisten Befragten waren die regulaumlren Stellen dort durchweg besetzt Der beste Zeitpunkt fuumlr Neueinstellungen so einige befragte Personalverantwortliche sei zu Beginn des Kindergarten-jahres da dann genuumlgend Schulabsolventinnen vorhanden sind

Jedoch hat es in den Jahren zuvor in Thuumlringen auch schon andere Erfah-rungen gegeben Waumlhrend die Personaldecke dort bis 200506 relativ stabil war haben Gesetzesnovellierungen danach zu einem massiven Personalbe-darf gefuumlhrt 2010 gab es durch den erweiterten Rechtsanspruch und eine

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Verbesserung des Personalschluumlssels eine erneute Ausweitung des Personal-bedarfs von ca 2000 Stellen im Land bdquoDa war der Erzieherinnen-Markt schnell leergefegtldquo berichten mehrere Gespraumlchspartner Zum Zeitpunkt des Interviews habe sich die Situation jedoch wieder entspannt

Zufriedenstellend wird die Situation in NRW auch von den drei Ge-spraumlchspartnern kommunaler Traumlger eingeschaumltzt Sie geben an dass bislang immer alle ausgeschriebenen langfristigen Stellen rechtzeitig mit geeigne - ten Fachkraumlften besetzt werden konnten und es dabei keinerlei Stellenbe-setzungsprobleme gegeben habe weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht Gut ausgebildete Fachkraumlfte seien vorhanden bdquoTaumlglich gehen neue (Initiativ-)Bewerbungen einldquo Auch fuumlr den durch den U3-Ausbau verursach-ten zusaumltzlichen Personalbedarf konnte geeignetes Personal rechtzeitig ver-pflichtet werden

Einige andere Personalverantwortliche aus NRW bewerten die Situation etwas problematischer und berichten dass man sich fruumlh genug bemuumlhen und schon im Anerkennungsjahr beginnen muss zu rekrutieren Die Aus-wahl sei nicht mehr so groszlig wie fruumlher so dass der hohe Bedarf an Fach-kraumlften nicht mehr jederzeit gedeckt werden koumlnne es bestehe eher ein Uumlberhang an Ergaumlnzungskraumlften (Kinderpflegerinnen) Wieder andere erle-ben die Stellenbesetzungssituation als bdquomerklich angespannterldquo sagen aber bdquoWir kommen gerade noch hinldquo Einzelne andere sehen hingegen Schwie-rigkeiten weil es zu wenige Bewerbungen gebe bdquoFruumlher haben sich die Leu-te bei uns beworben heute bewerben wir uns bei den Leutenldquo

Daneben weisen einige Traumlgervertreterinnen vor allem in NRW und Thuumlringen daraufhin dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist Im laumlndlichen Raum aber auch in einigen Ruhrgebietsstaumldten gebe es eher Schwierigkeiten ausreichend Personal einzustellen In Staumldten in denen Aus-bildungsstaumltten angesiedelt sind sei es oft leichter geeignete Fachkraumlfte zu finden Auch die Qualitaumlt der Ausbildungsinstitutionen und damit auch die Ausbildungsqualitaumlt der Bewerberinnen seien regional sehr verschieden Zudem finden sich die heutigen Anforderungen immer noch nicht vollstaumln-dig in den Ausbildungsinhalten wieder Darum muumlsse haumlufig nachqualifi-ziert werden selbst bei Jahrespraktikantinnen bdquoWas sie mitbringen reicht auf keinen Fall fuumlr den paumldagogischen Alltagldquo Probleme bei der Stellenbe-setzung werden somit oft eher in qualitativer Hinsicht gesehen

In Baden-Wuumlrttemberg scheint der Arbeitsmarkt fuumlr Erzieherinnen zum Zeitpunkt des Interviews bereits deutlich enger geworden zu sein Hier wer-den von den Gespraumlchspartnerinnen erste Anzeichen eines Fachkraumlfte-mangels angesprochen Drei der fuumlnf Befragten geben an dass zu Beginn des

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Kindergartenjahres bdquonicht mehr alle Stellen besetztldquo worden seien Insgesamt muumlsse bei den Traumlgern inzwischen ein hoher Stellenbesetzungsaufwand fuumlr Akquise und Bewerbungsgespraumlche betrieben werden Ein Gespraumlchspartner berichtet dass Stellenausschreibungen zweimal erfolgen mussten Zudem muumlsse schnell reagiert werden weil andere Traumlger als Konkurrenten wahrge-nommen werden Auch der Einarbeitungs- und Nachqualifizierungsaufwand fuumlr das neue Personal sei gestiegen Zwar koumlnne die formale Qualitaumlt noch eingehalten werden passgenauer Einsatz sei jedoch nur uumlber Nachschulun-gen moumlglich z B fuumlr den U3-Bereich Um die Stellen uumlberhaupt noch beset-zen zu koumlnnen werden die Anforderungen bei der Einstellung manchmal ge-senkt Auch komme es heutzutage vor dass Mitarbeiterinnen wieder ab-springen weil ihnen das Traumlger- bzw Einrichtungskonzept nicht zusagt

Zusammenfassend laumlsst sich schlussfolgern dass sich bei den Traumlgerbe-fragungen im Projekt KONTI trotz einer bislang insgesamt durchaus (noch) zufriedenstellenden Personal- und Stellenbesetzungssituation Probleme in qualitativer wie in regionaler Hinsicht zeigen Sie lassen sich als Anzeichen eines enger werdenden Fachkraumlftemarktes und eines sich verschaumlrfenden Wettbewerbs zwischen den Anbietern interpretieren der sich bis zur Veroumlf-fentlichung der Studie fortgesetzt und verstaumlrkt haben duumlrfte Vergleichbare Tendenzen werden von den Autorinnen der quantitativ angelegten AQUA-Studie wahrgenommen auch die kuumlnftigen Entwicklungen werden aumlhnlich eingeschaumltzt (vgl Schreyer et al 2014 178 ff)

312 Personalstruktur

In der Struktur der Belegschaften lassen sich bei den befragten Traumlgern z T deutliche Unterschiede ausmachen Allerdings liegen nicht allen Personal-verantwortlichen zu den persoumlnlichen Merkmalen ihrer Mitarbeiterinnen wie Geschlecht Qualifikation und Alter vollstaumlndige bzw ausreichend diffe-renzierte Daten vor Eindeutig ist dass die Frauenquote in den Einrichtun-gen der befragten Traumlger erwartungsgemaumlszlig sehr hoch ist Sie liegt bei allen die hierzu Angaben gemacht haben bei mindestens 80 Prozent (18 Befragte) bei dreizehn von diesen sogar uumlber 90 Prozent und bei elf von diesen wieder-um uumlber 95 Prozent Dabei weisen alle Thuumlringer Traumlger einen Frauenanteil von uumlber 90 Prozent auf

Hinsichtlich der Qualifikationen wird von den Befragten grundsaumltzlich erlaumlutert dass auf den dafuumlr ausgewiesenen Fachkraftstellen gemaumlszlig den ge-setzlichen Vorgaben Mitarbeiterinnen mit dem Berufsabschluss der Erziehe-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

rindes Erziehers eingesetzt werden Manchmal sind Erzieherinnen-Stel - len auch mit Sozialpaumldagoginnen manchmal mit Kinderpflegerinnen ndash als Ergaumlnzungskraumlfte in NRW ndash besetzt In Baden-Wuumlrttemberg ndash wo der gesetzliche Rahmen dies erlaubt ndash sind einige wenige andere Professionen vertreten

Zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen hat fast die Haumllfte der befragten Traumlger keine konkreten Angaben gemacht Bei denjenigen denen entspre-chende Daten vorliegen ergibt sich ein durchaus heterogenes Bild Einige weisen eine ausgeglichene Altersstruktur auf (4 Traumlger) daneben gibt es im Kreis der Befragten durchaus Traumlger mit einer ausgesprochen jungen Beleg-schaft (3 Traumlger) mehrheitlich ist jedoch ein uumlberproportional hoher Anteil aumllterer Beschaumlftigter uumlber 50 Jahren festzustellen (6 Traumlger) Insbesondere im Osten geben alle Befragten eine hohe Uumlberalterung ihrer Belegschaften mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren oder sogar daruumlber an Die Situation wird von vielen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und als Ergebnis des Stellenabbaus nach der Wende gewertet Vor allem viele Leitungen stehen kurz vor dem Ruhestand Seit zwei Jahren sei ein Generationenwechsel im Gange der zu einem sinkenden Durchschnittsalter fuumlhre Folge ist dass in-zwischen sehr viele aumlltere Mitarbeiterinnen sehr vielen juumlngeren gegenuumlber-stehen bdquoIn der Mitte gibt es ein Lochldquo Einige Personalverantwortliche ndash und nicht nur in Thuumlringen ndash bewerten das hohe Durchschnittsalter ihrer Beleg-schaften als bdquodie erste Herausforderung in der Personalsituationldquo und sehen an dieser Stelle Handlungsbedarf Konkrete Ansaumltze wie beispielsweise eine Altersstrukturanalyse oder eigene Nachwuchskonzepte fuumlr ihre Fuumlhrungs-kraumlfte um der bevorstehenden massiven Verrentung von Kita-Leitungen ent-gegenzutreten finden sich bislang jedoch nur selten

Im Kontext der Entwicklung der Altersstruktur wird oft das Thema Ge-sundheit aufgeworfen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlrderung sind nach Meinung der befragten Personalverantwortlichen Aufgabenfelder die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Zukunft wei - ter an Bedeutung gewinnen werden Zwar geben nur drei der Befragten an uumlber ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement zu verfuumlgen oder eines einzufuumlhren aber gleichzeitig berichten nur zwei Befragte dass sie keine entsprechenden Maszlignahmen zum Gesundheitsschutz bzw zur Ge-sundheitsfoumlrderung umsetzen bdquoSolche Aktivitaumlten sind schon gewuumlnscht Das steht in Zusammenhang mit den personellen Ressourcenldquo erlaumlutert dazu ein Interviewpartner Die Auseinandersetzung mit dem Thema gene -rell erfolgt aber unterschiedlich intensiv Die Spannweite der Bewertungen liegt zwischen bdquoein riesenhaftes Themaldquo bdquonoch zu wenigldquo bdquozu wenig syste-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

matischldquo bdquozu wenig konzeptionellldquo bis hin zu bdquowollen wir jetzt angehenldquo Das Thema Gesundheit steht dabei in engem Zusammenhang mit den Fehl-zeiten die bei einer Reihe von Traumlgern Grund zur Sorge sind und als Problem wahrgenommen werden ndash vor allem die haumlufigen laumlngeren Abwesenheiten durch Schwangerschaften bei juumlngeren und Dauererkrankungen insbeson-dere bei aumllteren langjaumlhrigen Mitarbeiterinnen

313 Personalengpaumlsse und Personalbedarfsschwankungen

Ein zentrales Problem fuumlr den betrieblichen Alltag in Kindertageseinrichtun-gen ist der Umgang mit Personalbedarfsschwankungen Der Personalbedarf in den Einrichtungen veraumlndert sich im Laufe des Kindergartenjahres weil Abgaumlnge aus den Kitas vor allem im Sommer zur Einschulung zu verzeich-nen Zugaumlnge aber laufend moumlglich sind z B weil der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift oder Eltern zu unterschiedlichen Zeiten eine Erwerbstaumltigkeit aufnehmen Auch die unterschiedlichen Personalschluumlssel je nach Alter des Kindes fuumlhren im Verlauf des Kindergartenjahres zu Schwankungen im Personalbedarf der Einrichtungen ndash einerseits kommen juumlngere Kinder hinzu andererseits ist fuumlr aumlltere Kinder ein niedrigerer Per-sonalschluumlssel umzusetzen Zusaumltzlich ist es aufgrund der jaumlhrlichen Jugend-hilfeplanung und der Schwankungen in der Elternnachfrage im Hinblick auf die Betreuungsbedarfe notwendig den Personalbedarf fuumlr das folgende Kindergartenjahr entsprechend anzupassen Diese Vorgaben fuumlhren bei den Anbietern von Kinderbetreuung dazu dass sie Spielraumlume in der Personalde-cke also Personalreserven benoumltigen um angemessen reagieren zu koumlnnen

Durch Fluktuation ergeben sich weitere unterjaumlhrige Veraumlnderungen in der Personalsituation der Einrichtungen Dabei stellt externe Fluktuation bei den befragten Traumlgern zum Zeitpunkt der Interviews kein groszliges Problem dar Sie wird von den Personalverantwortlichen mehrheitlich als gering manchmal als mittel und nur vereinzelt als hoch eingeschaumltzt Insbesondere im Osten scheint sie wenig ausgepraumlgt zu sein bdquoWer kommt der bleibtldquo Als Beispiele fuumlr Fluktuation werden der Wegzug der Familie oder der Ruumlckzug aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ndash oft gesundheitsbedingt vor Errei-chen der Altersgrenze ndash genannt Bei einigen Traumlgern bemuumlht man sich dar-um die Arbeitssituation altgedienter Leiterinnen alternsgerecht zu gestalten und entlastet sie z B von einigen Aufgaben oder schafft Assistenzen oder Stellvertretungen Uumlber moumlgliche weitere Gruumlnde fuumlr einen Berufsausstieg ist den Befragten wenig bekannt

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Bei der internen Fluktuation durch Fehlzeiten sieht das Urteil anders aus Nur bei einem Traumlger wird die krankheitsbedingte Ausfallquote als gering bewertet 17 Befragte bezeichnen sie als mittel zwei sogar als hoch Einige Personalverantwortliche stellen in der letzten Zeit eine steigende Tendenz fest Dabei gibt es saisonale Unterschiede Aufgrund der Ansteckungsgefahr ist insbesondere der Winter haumlufig gepraumlgt von Krankheitswellen die durch-aus die gesamte Gruppe oder gar Einrichtung erfassen koumlnnen Auffaumlllig ist fuumlr eine Reihe von Befragten auch dass insbesondere die Juumlngeren unter den Fachkraumlften noch wenig immunisiert sind und bdquovon jeder Infektion in der Kita mitgerissen werdenldquo Daneben berichten einige Personalverantwortli-che dass die Fehlzeiten in den Einrichtungen houmlchst unterschiedlich aus-gepraumlgt seien und stellen einen Zusammenhang zur sonstigen Belastungs-situation in der Einrichtung her Wenn eine Kita von vielen laumlngerfristigen Personalausfaumlllen betroffen sei wirke sich das auch auf das Betriebsklima aus was wiederum mehr Fehlzeiten bei den uumlbrigen Mitarbeiterinnen provozie-re und dann durchaus auch zu externer Fluktuation fuumlhren koumlnne

Laumlngerfristige Fehlzeiten stellen somit ein schwerwiegendes Problem dar Ursaumlchlich dafuumlr sind bei Traumlgern mit einem hohen Altersdurchschnitt vor allem Langzeiterkrankungen Bei den Traumlgern mit vielen juumlngeren Mit-arbeiterinnen also auch dort wo sich ein Generationenwechsel vollzieht sind dies in erster Linie Schwangerschaften die bei den Erzieherinnen mit einem Beschaumlftigungsverbot in den Einrichtungen einhergehen In Verbin-dung mit Mutterschutz Elternzeit und den anstehenden Kinderkrankheiten der eigenen Kinder kaumlme es nach Einschaumltzung der Personalverantwort-lichen bei diesen Fachkraumlften aufgrund ihrer familiaumlren Situation erst in ei-nem Alter von ca 35 Jahren wieder zu einem stabileren Einsatz Die Dauer der familienbedingten Auszeiten (Elternzeit und ggf anschlieszligende Beurlau-bung) ist unterschiedlich lang In Thuumlringen berichten die meisten befragten Personalverantwortlichen dass die Mitarbeiterinnen immer noch schnell wieder zuruumlckkehren Die Traumlger aus den beiden westlichen Bundeslaumlndern stellen uumlbereinstimmend fest dass auch hier die Erziehungszeiten inzwi-schen kuumlrzer werden und oft bei ca einem bis zwei Jahren liegen Es gibt aber auch immer noch sehr lange Beurlaubungen von zehn bis zwoumllf Jahren die aus der Sicht der betroffenen Personalverantwortlichen eine Reihe von Problemen aufwerfen

Als besonders problematisch wird die Situation immer dann einge-schaumltzt wenn bei Schwangerschaften und den damit verbundenen Beschaumlfti-gungsverboten fuumlr Mutterschutz und Elternzeit und bei Langzeiterkrankun-gen waumlhrend des laufenden Kindergartenjahres Vertretungskraumlfte benoumltigt

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

werden was bei vielen Aumllteren und vielen Juumlngeren in einigen Belegschaften relativ haumlufig vorkommt Dann gelinge es nicht immer sofort Ersatz zu fin-den Der kurzfristige Markt sei ziemlich leer bdquoDas ist ein Dauerproblem bei dem angespannten Marktldquo Arbeitsuchende Erzieherinnen koumlnnen dann auswaumlhlen wo sie hinwollen Einige Anzeichen sprechen dafuumlr dass insbe-sondere wenn erst im Winter Fachkraumlfte benoumltigt werden die Qualitaumlt nicht stimmt bdquoDann ist es besser wenn die Stellen frei bleibenldquo Der Auslesepro-zess in der Sommerferienzeit und zu Beginn des Kitajahres fuumlhre dazu dass die uumlbrig Gebliebenen dann nicht mehr den Anforderungen entsprechen bdquoAlle guten Erzieherinnen haben dann meist bereits eine (neue) Stelleldquo Ei-nige Traumlgervertreterinnen berichten daruumlber dass es insbesondere schwieri-ger geworden ist Leitungsstellen mit geeigneten Fachkraumlften zu besetzen bdquoErgaumlnzungskraumlfte sind schon eher zu finden aber houmlher qualifiziertes Perso-nal steht dann nur sehr wenig bereitldquo Laumlngerfristige Personalausfaumllle fuumlhren in vieler Hinsicht auch zu zusaumltzlichen Belastungen bei den Kolleginnen Nach Einschaumltzung von Personalverantwortlichen muumlssen insbesondere die Vollzeitkraumlfte die Situation durch eigene Mehrarbeit auffangen und werden dadurch staumlrker belastet als Teilzeitkraumlfte

Insgesamt betrachtet ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung in be-sonderem Maszlige durch unterjaumlhrige Schwankungen sowohl im Personal-bedarf als auch im Personalbestand gekennzeichnet Individuell unterschied-liche Zeitpunkte des Eintritts in den Kindergarten einerseits und einheitliche Einschulungstermine andererseits bringen im Verlauf des Kindergartenjah-res Veraumlnderungen bei der Anzahl der zu betreuenden Kinder mit sich Der hohe Frauenanteil in den Einrichtungen ist verbunden mit Schwangerschaft Mutterschutz und Elternzeit der hohe Anteil an aumllteren Beschaumlftigten mit Langzeiterkrankungen Die unterjaumlhrige Stellenneubesetzung insbesondere fuumlr Vertretungskraumlfte gehoumlrt damit zum Alltagsgeschaumlft der Personalverant-wortlichen Diese Aufgabe des Personalmanagements wird jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation mehrheitlich als besondere Herausforderung be-trachtet

314 Arbeitsbedingungen

Die Verguumltung der Mitarbeiterinnen erfolgt bei den kommunalen Traumlgern nach dem Tarifvertrag des oumlffentlichen Dienstes (TVoumlD 8 Traumlger) bei den frei- bzw privat-gemeinnuumltzigen Traumlgern in Anlehnung an den TVoumlD (13 Trauml-ger) dabei meistens entweder nach einem entsprechenden kirchlichen oder

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verbandseigenen Tarif Der in der Befragung vertretene privat-gewerbliche Traumlger verfuumlgt uumlber ein eigenes Verguumltungssystem Die Verguumltung orientiert sich somit weitgehend an den Rahmenbedingungen die in Kapitel 25 darge-stellt werden

Ein genereller Anstieg des Stellenwerts befristeter Arbeitsvertraumlge konn te in der Befragung nicht festgestellt werden Von den befragten Personal-verantwortlichen wird im paumldagogischen Bereich grundsaumltzlich eine Festan-stellung ihrer Mitarbeiterinnen bevorzugt Ein Groszligteil der Beschaumlftigten besitzt darum einen unbefristeten Vertrag Dennoch gehoumlren auch Befristun-gen zur gaumlngigen Praxis Dabei bewegen sich die Befristungsgruumlnde zwischen bdquoGrundsatz bei Neueinstellungenldquo und bdquoSachgrundldquo uumlberwiegend fuumlr An-erkennungspraktikantinnen und Vertretungen wegen Schwangerschaft Elternzeit bzw Langzeiterkrankungen

Allerdings gibt es hier regionale Unterschiede Waumlhrend die Befristung neuer Arbeitsvertraumlge in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen von allen befragten Traumlgern eingesetzt wird ist sie in Thuumlringen ein wenig ver-breitetes Instrument Im Westen werden Neueinstellungen von sieben der befragten NRW-Traumlger und drei Traumlgern in Baden-Wuumlrttemberg zunaumlchst fuumlr ein oder zwei Jahre befristet vorgenommen damit man als Arbeitgeber flexibel bleibe oder nicht uumlber Bedarf eingestellt werde weil beispielsweise Fluktuation nicht vorausgesehen werden koumlnne In erster Linie fuumlhre die jaumlhrliche Jugendhilfeplanung zu einem solchen Flexibilitaumltsbedarf Befristete Neueinstellungen seien damit vor allem eine Absicherung fuumlr die unbefristet Beschaumlftigten Mit der Begruumlndung der nach Meinung vieler Traumlgervertreterinnen heute vorgefundenen unzureichenden Qualitaumlt neueingestellter Mit-arbeiterinnen geraumlt die bisherige Ablehnung des Befristungsinstruments bei den in Thuumlringen befragten Traumlgern inzwischen ins Wanken

Als haumlufiger Sachgrund fuumlr eine Befristung von einem Jahr werden in allen beteiligten Bundeslaumlndern Schwangerschafts- und Elternzeitvertretun-gen genannt um den in Elternzeit gegangenen Mitarbeiterinnen die Ruumlck-kehr zu ermoumlglichen Auch Projektarbeit im Bedarfsfall gehoumlrt bei eini - gen Traumlgern dazu Das Beschaumlftigungsverhaumlltnis laumluft dann nach Ablauf des Vertrages aus Einige Personalverantwortliche weisen darauf hin dass Sachgrundbefristungen in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt werden (muumlssen) Fuumlr die Einrichtungen stellen sie nach Meinung vieler Interview-partner ein Problem dar bdquoda sie in der angespannten Arbeitsmarktsituation dazu fuumlhren dass immer wieder gute Mitarbeiterinnen den Traumlger wech-seln wenn sie (von Konkurrenten) unbefristete Vertraumlge angeboten bekom-menldquo

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Bei der Mehrheit der Befragten gilt der Grundsatz bdquoguteldquo Mitarbeiterin-nen moumlglichst schnell in eine unbefristete Anstellung zu uumlbernehmen Das betrifft z T auch Vertretungskraumlfte Nach Ablauf der Elternzeitvertretung werde versucht die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zu uumlber-nehmen bdquoentweder in der jeweiligen Einrichtung oder einer anderen so - fern sie gut ist und passtldquo und bdquoweil immer irgendwo eine Mitarbeiterin gesucht wirdldquo Bei einem Traumlger gibt es selbst fuumlr die Vertretungskraumlfte keine Sachgrundbefristungen sondern einen fuumlr ein Jahr befristeten Vertrag mit der Perspektive der anschlieszligenden Entfristung

Fuumlr die Uumlbernahme werden unterschiedliche Verfahren genutzt Am haumlu figsten wird nach einer festgelegten Zeitspanne von einem Jahr oder zwei oder sogar fuumlnf Jahren in ein unbefristetes Anstellungsverhaumlltnis uumlbernom-men Gesagt wird aber auch dass die Entfristung erfolgt wenn derdie Beschaumlftigte bdquonicht unterdurchschnittlichldquo beurteilt wird bdquosobald klar ist dass die Stelle erhalten bleibtldquo oder bdquosobald Stellen frei werdenldquo In einem Fall wird diese dann bdquoan die Mitarbeiterin gegeben die am laumlngsten darauf wartetldquo Bei einem anderen wird unter Beteiligung der Personalvertretung ein gemeinsam festgelegtes Auswahlverfahren eingesetzt mit schriftlichen Be-werbungen Leistungsbeurteilungen auf der Basis von Personalgespraumlchen Auswahlgespraumlchen anhand eines Anforderungsprofils und von weiteren Kriterien wie Alter Familienstand oder betrieblicher Zugehoumlrigkeit

Insgesamt wird ein groszliges Interesse der Personalverantwortlichen an ei-ner Dauerbeschaumlftigung ihrer Mitarbeiterinnen deutlich um fuumlr eine perso-nelle Stabilitaumlt in den Teams der Kindertageseinrichtungen zu sorgen Die aufgrund der haumlufig zu verzeichnenden Personalausfaumllle notwendige Einstel-lung von Vertretungskraumlften wird bei vielen mit der Perspektive vorgenom-men auch diese Mitarbeiterinnen in die Stammbelegschaft zu uumlberfuumlhren

315 Der Einsatz von Teilzeitarbeit

Der hohe Anteil an weiblichen Fachkraumlften bringt im Ergebnis einen hohen Bedarf an Teilzeitarbeit mit sich denn diese ist haumlufig das Beschaumlftigungs-modell fuumlr Mitarbeiterinnen in der Familienphase Daneben ist es heute bei vielen der befragten Traumlger auch dann fuumlr Mitarbeiterinnen moumlglich Stun-den zu reduzieren wenn sie sich den beruflichen Anforderungen nicht mehr voll gewachsen fuumlhlen Bei den Teilzeitquoten zeigen sich starke regionale Unterschiede Waumlhrend sie bei den befragten Traumlgern in Nordrhein-Westfa-len und Baden-Wuumlrttemberg lediglich zwischen etwa einem Viertel und zwei

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Dritteln der Beschaumlftigten liegen (NRW zwischen 24 Prozent und 57 Pro-zent Baden-Wuumlrttemberg zwischen 31 Prozent und 71 Prozent) weisen die Traumlger in Thuumlringen eine Quote zwischen 40 Prozent und uumlber 95 Prozent auf Hier liegt der Anteil bei drei der fuumlnf befragten Personalverantwortli-chen sogar uumlber 85 Prozent

Moumlglicherweise lassen sich diese Disparitaumlten mit den unterschiedlichen Beweggruumlnden fuumlr das Angebot an Teilzeitarbeit in Ost und West erklaumlren (vgl im Folgenden Micheel 2015) Von den Personalverantwortlichen im Westen wird sie ganz uumlberwiegend mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit be-gruumlndet (bdquoweil es die gesetzlichen Regelungen vorgeben und wir nicht anders koumlnnenldquo) Nicht zuletzt darum wird bei den meisten der Befragten versucht den Wuumlnschen der berufstaumltigen Muumltter zu entsprechen bdquoDeshalb muss hier nach Loumlsungen geschaut werdenldquo Zur Umsetzung gibt es jedoch haumlufig keine weiteren konkreten Vereinbarungen das Angebot an die Wiederein-steigerinnen zur Stundenreduktion ist vielfach lediglich mit der Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) verbunden

Daneben wird die Entwicklung zu mehr Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita auch von den geaumlnderten Finanzierungsstrukturen beguumlnstigt Durch die 2008 erfolgte Umstellung der Kita-Finanzierung auf eine Kindpauschale in Nordrhein-Westfalen setzt sich der Personalbedarf aus der Summe der auf der Grundlage der geltenden Personalvereinbarung erforderlichen Stellenan-teile zusammen die sich nicht immer auf eine Vollzeitstelle aufaddieren las-sen Als Folge der veraumlnderten Rahmenbedingungen hat sich bei den befrag-ten Traumlgern ein Eigeninteresse an Teilzeitbeschaumlftigung entwickelt Wurde sie dort in der Kita fruumlher mit paumldagogischen Gruumlnden rundweg abgelehnt werden heute bei Neubesetzungen sogar Teilzeitstellen ausgeschrieben

In Thuumlringen dagegen wird den Mitarbeiterinnen schon seit der Wende uumlberwiegend gar keine Vollzeitstelle angeboten Teilzeit-Beschaumlftigung ist ndash wie in allen oumlstlichen Bundeslaumlndern ndash das Standard-Angebot der Traumlger und die (nahezu) einzige Beschaumlftigungsmoumlglichkeit fuumlr Erzieherinnen in der Kita Hauptmotiv fuumlr das Angebot an Teilzeitbeschaumlftigung im Osten war da-mals das Argument der Beschaumlftigungssicherheit und der sozialvertraumlglichen Gestaltung des Abbaus von Kapazitaumlten Allerdings gibt es dort ganz uumlber-wiegend auch keine klassischen Halbtagsstellen sondern uumlber Sockelarbeits-vertraumlge vollzeitnahe Beschaumlftigung mit einem Umfang von 30 (Fuumlnf-Tage-Woche agrave 6 Stunden) oder 32 (Vier-Tage-Woche agrave 8 Stunden) Wochenstunden

Die Personalverantwortlichen der Traumlger legen mit den jeweiligen Mit-arbeiterinnen haumlufig nur den individuellen Wochenstundenumfang und

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die Arbeitswoche also die grobe Lage der persoumlnlichen Arbeitszeiten fest Die konkrete Umsetzung dieser Vorabsprachen in der Dienstplangestaltung erfolgt vor Ort durch die Kita-Leitungen Dabei wird es in den in die Be-fragung einbezogenen westlichen Bundeslaumlndern aus der Sicht von vielen Personalverantwortlichen als problematisch fuumlr den Kinderbetreuungsbe-trieb bewertet dass sich insbesondere teilzeitbeschaumlftigte Muumltter uumlberwie-gend die klassische Halbtagsstelle am Vormittag wuumlnschen Aufgrund der durch die verlaumlngerten Oumlffnungszeiten notwendig gewordenen Schichtplauml -ne mit rotierenden Diensten sind zwar uumlberwiegend eine Zwei- Drei- oder Vier-Tage-Woche und damit auch freie Tage moumlglich Grundsaumltzlich feste Arbeitszeiten werden dagegen haumlufig zum Problem So wird von den Per-sonalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlffnungszeiten von Schule und Kita bestimmte Dienste nicht wahrgenommen werden koumlnnen Der Fruumlhdienst wird hier genauso genannt wie Spaumltdienste Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferien zeiten der eigenen Kinder Lange Anfahrtswege verhindern daruumlber hinaus oft einen Acht-Stunden-Arbeitstag von Teilzeit-Beschaumlftigten die nur an einem Teil der Wochentage arbeiten

Der Dienstplangestaltung kommt damit fuumlr die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima einerseits eine zentrale Bedeutung zu Interessenkolli-sionen im Team treten hier besonders deutlich zutage Es werde zunehmend schwieriger und eher zur bdquoQuadratur des Kreisesldquo all diesen Interessen ge-recht zu werden Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlhren nicht zuletzt darum zu viele Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung zu Problemen Teamfuumlhrung erweist sich aus diesem Grund insbesondere an dieser Stelle oft als schwierig Die daraus resultierenden Probleme der Leitungen mit der Dienstplangestaltung werden von den Personalverantwortlichen durchaus wahrgenommen allerdings meistens eher auf der Basis informeller Ruumlck-meldungen Nur einer der befragten Traumlger uumlberwacht das Verfahren in den Einrichtungen indem er Einsicht und Genehmigung des festgelegten Dienst-plans einfordert Nur in wenigen Faumlllen gibt es fuumlr die Dienstplangestaltung eine professionelle Begleitung und Unterstuumltzung

Neben der Arbeitszeitregelung werden fuumlr die Umsetzung der Teilzeitar-beit in den Einrichtungen mit den Mitarbeiterinnen meistens keine weiteren Vereinbarungen getroffen etwa eine Reduzierung des Aufgabenspektrums Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Daraus entstehen in den Einrichtungen haumlufig weitere Probleme Teilzeitarbeit erfordere einerseits mehr Kommunikation geringere Verfuumlgungszeiten erschweren aber gleichzeitig die noumltigen Abspra-

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chen und den erforderlichen Austausch weil diese viel Zeit binden Selbst Terminabsprachen fuumlr Elterngespraumlche werden schwieriger Wird gewuumlnscht dass Teilzeitkraumlfte dennoch regelmaumlszligig an allen Teamsitzungen oder El-ternabenden teilnehmen fuumlhrt dies zu vielen Uumlberstunden Demgegenuumlber schraumlnkt ein Verzicht auf die (regelmaumlszligige) Teilnahme Partizipationsmoumlg-lichkeiten ein so dass bei Teilzeitkraumlften oft das Gefuumlhl entsteht dass sie nur mitlaufen und nicht als vollwertiges Team-Mitglied anerkannt werden

Wenn es in einer Einrichtung viele Teilzeit-Kolleginnen gibt sehen viele Vollzeitkraumlfte eine zusaumltzliche Belastung Sie geben an dass sie nicht nur unliebsame Schichten und (Zusatz)Aufgaben uumlbernehmen muumlssen son-dern auch regelmaumlszligig ndash z T laumlngerfristig ndash Personalausfaumllle kompensieren bis eine Vertretungsloumlsung gefunden ist So entsteht haumlufig das Gefuumlhl dass sie alles auffangen muumlssen waumlhrend ihre Kolleginnen dazu nicht flexibel genug seien Dass die Grenzen der Belastbarkeit hier oftmals bereits uumlber-schritten sind und Vollzeitkraumlfte haumlufiger uumlber gesundheitliche Beschwerden (wie z B Schlafstoumlrungen) berichten als ihre Teilzeit-Kolleginnen stellte ein Traumlger in einer Beschaumlftigtenbefragung mit Besorgnis fest

Obwohl sich berufstaumltige Muumltter auch bei vollzeitnaher Teilzeit feste Arbeitszeiten wuumlnschen wird die bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo von den befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlringen kaum thematisiert bdquoDie Muumltter wollen gar keinen Sonderstatusldquo Mit dem Arbeitgeber wird dort zunaumlchst grundsaumltzlich geklaumlrt welche Variante des vollzeitnahen So-ckelarbeitszeitmodells dieder Beschaumlftigte wuumlnscht Zusaumltzlich stehen bei einigen der Traumlger flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten zur Verfuuml-gung Beim Personaleinsatz im Kinderbetreuungsbetrieb wird von den Mit-arbeiterinnen einerseits deutlich eine gewisse Flexibilitaumlt erwartet ihnen aber gleichzeitig Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange bei der Dienst-plangestaltung zugesichert bdquoAufgrund der verschiedenen Arbeitszeitmodelle ist man da sehr flexibelldquo Jede Einrichtung sorgt selbst fuumlr einen bedarfs-gerechten Einsatz Dies ist aus der Sicht der Traumlger sehr wichtig bdquoWenn Ar-beitszeiten nicht in die persoumlnliche bzw familiaumlre Situation passen gibt es Unzufriedenheitldquo

Veraumlnderungen in der Personalstruktur der letzten Jahre werden von den Personalverantwortlichen nur wenig wahrgenommen Waumlhrend in Thuumlringen von einigen Gespraumlchspartnern festgestellt wird dass sich die So ckel arbeitszeiten auf 35 bis zu 38 () Stunden erhoumlht haben berichten die Per sonalverantwortlichen aus NRW und Baden-Wuumlrttemberg dass es im Ver gleich heute mehr Festanstellungen fruumlhzeitigere Entfristungen und mehr Teilzeitbeschaumlftigte aufgrund von Elternzeiten (mit geringerem Stun-

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denumfang als fruumlher) gibt Einige begruumlnden diese Entwicklung mit der er-forderlichen Personalbindung um als Traumlger attraktiv zu bleiben Aber auch der Ausbau bzw der Rechtsanspruch fuumlhre zu mehr neuen Stellen und damit auch zu mehr Teilzeitbedarf durch juumlngere Mitarbeiterinnen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass Teilzeitarbeit in der Kita aus verschiedenen Motiven heraus eingesetzt und unterschiedlich gestaltet wer-den kann Das Instrument entfaltet dann jeweils spezifische Wirkungen auf die Kita Insbesondere als klassische Halbtagsstelle fuumlhrt es zu einer Reihe von Problemen und zwar nicht nur fuumlr die betrieblichen Ablaumlufe und die Dienstplangestaltung sondern auch fuumlr die Fuumlhrung und die Zusammenar-beit im Team Die mit Teilzeitarbeit verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile werden von Traumlgern nicht uumlberall gleich wahrgenommen und ge-nutzt Neben der Unterstuumltzung einer Work-Life-Balance fuumlr die Beschaumlf-tigten laumlsst sich das Instrument zur Schaffung von Flexibilitaumltsreserven bei Schwankungen im Personalbedarf einsetzen Eine besondere Herausforde-rung besteht vor allem darin die individuellen Zeit-Interessen der einzelnen Beschaumlftigten und die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen mit-einander in Einklang zu bringen

316 Organisation und Management in der Kita

Die Gesamtverantwortung fuumlr Organisation und Management der Kinder-tageseinrichtungen ist bei allen befragten Traumlgern an die Kita-Leitungen de-legiert die grundsaumltzlich fuumlr einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sorgen haben Daneben ist die Kita-Leitung in der Praxis die zentrale Vertre-tung des Arbeitgebers in der Einrichtung und uumlbernimmt an dieser Stelle eine wichtige Schnittstellenfunktion Sie organisiert den Personaleinsatz und praumlgt damit den Alltag im Team und in der Einrichtung insgesamt Dienst-plangestaltung Arbeitsorganisation im Sinne einer Aufgabengestaltung und Arbeitsverteilung sind hier aus personalwirtschaftlicher Sicht wichtige Hand-lungsfelder Auch fuumlr den Ausgleich von Personalausfaumlllen muss sie sorgen Die Personalfuumlhrung ist damit ndash auch im Sinne der Teamleitung ndash ihre zent-rale und umfassendste Aufgabe

Der fachliche Arbeitseinsatz der paumldagogischen Mitarbeiterinnen er -folgt bei den befragten Traumlgern gemaumlszlig den gesetzlichen Vorgaben und dem Konzept des Traumlgers Das wesentliche Taumltigkeitsfeld der Erzieherinnen ist entsprechend ihrer Qualifikation die paumldagogische Gruppenarbeit Haumlufig liegt dazu eine Stellenbeschreibung fuumlr Erzieherinnen zu ihren Funktionen

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in der Kita und zu ihren Gruppenaufgaben fuumlr (stellvertretende) Leitungs-kraumlfte auch zu deren Fuumlhrungsaufgaben zugrunde

In der praktischen Arbeit der Einrichtungen werden generell keine (gro-szligen) Unterschiede im Einsatz der Mitarbeiterinnen gemacht Allgemeine Leitvorstellung ist hier bdquoAlle machen das Gleicheldquo Insbesondere in Baden-Wuumlrttemberg wird darauf hingewiesen dass alle paumldagogischen Fachkraumlfte als gleichberechtigte Mitarbeiterinnen in den Teams mit gleichen Aufgaben fuumlr alle zusammenarbeiten Der Arbeitsanfall auszligerhalb der bdquopaumldagogischen Arbeit am Kindldquo wird grundsaumltzlich auf den Teambesprechungen verteilt Dabei gibt es aus den Gespraumlchen mit den Personalverantwortlichen nur we-nige Informationen daruumlber ob und wie die Aufgaben zugeschnitten bzw gestaltet und auf welche Weise sie unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden

Die Entscheidungen uumlber den fachlichen und zeitlichen Personalein - satz also uumlber die Arbeitsorganisation und Dienstplangestaltung werden von Kita-Leitungen uumlberwiegend in Kooperation oder zumindest in Abspra-che mit ihrem Team getroffen Bei der Gestaltung dieser Aufgaben gibt es nur vereinzelt konzeptionelle Unterstuumltzung durch die Fachberatung In (sehr) groszligen Einrichtungen existieren bei einigen groszligen Traumlgern Arbeits-gruppen zu Ablaumlufen in der Einrichtung und zur Aufgabenverteilung Im Groszligen und Ganzen erfolgt damit die Organisation des Personaleinsatzes dezentral in den Einrichtungen Wichtige wenn nicht die wichtigsten Auf-gaben im Rahmen der Personalfuumlhrung sind damit von den Personalverant-wortlichen der Traumlger an ihre Fuumlhrungskraumlfte vor Ort delegiert Nur beim raumlumlichen Einsatz seines Personals also im Hinblick auf die Verteilung der Mitarbeiterinnen auf die Einrichtungen behaumllt sich der Traumlger die Entschei-dung uumlber den konkreten Einsatzort vor faumlllt diese dann aber fast immer in Koopera tion mit der zustaumlndigen Leitung

Viele Traumlger lassen ihren Leiterinnen bei der Personal- und Betriebs-fuumlhrung somit weitgehend freie Hand Alles ist moumlglich solange die betrieb-lichen Belange dem nicht entgegenstehen Die praktische Umsetzung liege bdquoin der gestalterischen Freiheit jeder Einrichtungldquo Einiges sei verpflichtend vorgegeben daneben seien die Einrichtungen und Mitarbeiterinnen frei und selbststaumlndig in der Entscheidung bdquoWie das im Einzelnen aussieht da halte ich mich rausldquo ist eine weit verbreitete Meinung unter den Befragten Die Erfahrung zeige dass auf diese Weise alles am besten funktioniere

Im Detail wissen darum die befragten Traumlgervertreterinnen auch oft we-nig uumlber die konkreten Vorgehensweisen in ihren Betrieben Trotzdem verfuuml-gen sie im Allgemeinen uumlber den Austausch mit ihren Leitungskraumlften uumlber

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

einen umfassenden und differenzierten Gesamteindruck zur personellen Si-tuation in den einzelnen Einrichtungen So werden Belastungen in den Ein-richtungen durch Personalbedarfsschwankungen und Personalausfaumllle oder Konflikte in den Teams wahrgenommen

Insgesamt betrachtet tragen die Leitungen in den Einrichtungen die Verantwortung fuumlr ein groszliges und vielfaumlltiges Aufgabengebiet nicht nur im paumldagogischen Sinne Dazu sind sie von den Traumlgern mit einer groszligen Handlungsautonomie ausgestattet Im praktischen Arbeitsalltag sind sie so-mit die wichtigsten Akteure die uumlber die konkreten Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen vor Ort entscheiden und sie gestalten (koumlnnen)

317 Personal- und Teamfuumlhrung

Sehr deutlich wird in den Gespraumlchen dass von den Personalverantwortli-chen Mitarbeiterorientierung als Leitbild fuumlr die Personalfuumlhrung gewuumlnscht wird Mehrheitlich wird ein partizipativer Fuumlhrungsstil befuumlrwortet Wichtig ist vielen Gespraumlchspartnerinnen dass dabei die individuellen Interessen am Arbeitsplatz wahr- und ernst genommen sowie nach Moumlglichkeit auch die persoumlnlichen Wuumlnsche und Belange der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden z B bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Vielfach haben die Beschaumlftigten ein Mitspracherecht etwa bei der Aufgabenverteilung oder der Festlegung der eigenen Dienstzeiten Oft erfolgen diese Absprachen in und mit dem gesamten Team Haumlufig wird aber auch darauf hingewiesen dass man bdquonicht jeden Wunsch erfuumlllenldquo koumlnne Die Interessenvielfalt im Kreis der Mitarbeiterinnen waumlchst nicht zuletzt durch die Veraumlnderungen in den Personalstrukturen der Traumlger Work-Life-Balance oder Generationen-wechsel werden hier genannt Aus den Interviews gibt es nur wenige In-formationen daruumlber wie der dazu notwendige Interessenausgleich immer wieder hergestellt wird meistenteils scheint er innerhalb der Einrichtungen zu funktionieren wo dies aber nicht der Fall ist entstehen aus den Interes-senkollisionen nicht selten massive Konflikte

Viele der befragten Personalverantwortlichen weisen auf die hohe Bedeu-tung einer guten Teamzusammenarbeit und des Teamgeists fuumlr die Arbeits-zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen in den Einrich-tungen hin Zentrale Leitungsaufgabe ist es darum fuumlr die erforderliche gute Arbeitsatmosphaumlre und ein gutes Betriebsklima zu sorgen Dennoch wird von den Befragten der Aufgabe der Teamentwicklung eine unterschiedlich groszlige Bedeutung beigemessen In einigen wenigen Faumlllen wird zum Thema aus-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

schlieszliglich auf die Zustaumlndigkeit der jeweiligen Leitung hingewiesen Bei vie-len anderen Traumlgern stehen dafuumlr zusaumltzliche Ressourcen zur Verfuumlgung mit denen etwa eine Unterstuumltzung durch die Fachberatung ermoumlglicht wird oder Angebote zum Konfliktmanagement zur Supervision oder zum Coaching gemacht werden Nur in Einzelfaumlllen wird jedoch noch mehr getan z B jaumlhr-lich ein extern moderierter Teamentwicklungstag zur Foumlrderung der Zusam-menarbeit durchgefuumlhrt an dem die Einrichtung geschlossen ist

Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator fuumlr die Beurteilung der Qualitaumlt der Arbeitsbedingungen Genaues Wissen daruumlber ist unter den Personalverantwortlichen allerdings relativ wenig ausgepraumlgt Die Einschaumlt-zungen reichen von der Aussage dass es keine Informationen uumlber die Zu-friedenheit gibt uumlber verschiedene Mutmaszligungen zu Zusammenhaumlngen mit verschiedenen Rahmenbedingungen wie etwa der Personalausstattung dem Fuumlhrungsverhalten der Leitung der entgegengebrachten Wertschaumltzung fuumlr die Arbeitsleistungen der Bezahlung den Aufstiegsmoumlglichkeiten sowie der Arbeitsbelastungen bis hin zu der Meinung dass momentan gemessen an-hand der geringen Fluktuation eine hohe Zufriedenheit herrschen muumlsse

Das Wissen um die Mitarbeiterzufriedenheit scheint wenn uumlberhaupt eher in dezentralisierter Form bei den Kita-Leitungen vorhanden zu sein denn sie sind es in der Regel die regelmaumlszligig Personalgespraumlche mit ihren Mitarbeiterinnen durchfuumlhren Meistens auf der Grundlage vorgegebener Verfahrensweisen seitens des Traumlgers fragen sie dabei verschiedene The-menbereiche ab die persoumlnliche Situation genauso wie Arbeitsbelastungen Wertschaumltzung Motivation Aufgreifen von Ideen und Veraumlnderungswuumln-schen bzw Weiterentwicklung Entwicklungspotenziale Fortbildungsop-tionen oder die Qualitaumlt der Arbeit Manchmal faumlllt auch die Entscheidung uumlber den Arbeitseinsatz im Personalgespraumlch Dabei wird deutlich dass die einzelnen Mitarbeiterinnen ihr Befinden und ihre Wuumlnsche im Mittelpunkt der durchgefuumlhrten Personalgespraumlche stehen Im Wesentlichen dienen die Gespraumlche also zur Abklaumlrung der Mitarbeiterzufriedenheit Sie gehoumlren damit zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten mit denen Informationen uumlber die Mitarbeiterinteressen uumlber Belastungen und ge sund-heit liche Leistungsfaumlhigkeit bzw uumlber individuelle Anspruumlche an eine Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammenge-tragen werden Umfang und Qualitaumlt der Gespraumlche liegen jedoch nahezu ausschlieszliglich bei den Einrichtungen vor Ort bdquoWir wissen dass es laumluft mehr nichtldquo Dokumentiert werden die Ergebnisse durch die Leitungen haumlu-figer an die Traumlger (in anonymisierter Form) weitergegeben jedoch nur sel-ten systematisch ausgewertet werden sie kaum

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Neben der Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit dienen die bei fast allen Traumlgern etablierten Personalgespraumlche mehrheitlich auch der persoumln-lichen und fachlichen Weiterentwicklung der Beschaumlftigten Haumlufig wird der individuelle Fortbildungsbedarf erfragt persoumlnliche Wuumlnsche koumlnnen dabei geaumluszligert werden Gemeinsam wird nach Umsetzungswegen gesucht oder es wird vereinbart die individuellen Interessen z B in Beratungen des Traumlgers zum Fortbildungsbedarf oder zur Aufnahme in das Fortbildungsprogramm weiterzuleiten Mitarbeitergespraumlche haben somit meistens gleichzeitig den Charakter von Personalentwicklungsgespraumlchen Personalentwicklungskon-zepte gibt es allerdings bei der Haumllfte der befragten Traumlger nicht Sie sind zum Zeitpunkt des Interviews also keine Selbstverstaumlndlichkeit

Die Personalverantwortlichen nehmen die Mitarbeiterzufriedenheit zwar als wichtigen Indikator fuumlr die Personalbindung wahr Uumlber die Erwartungs-haltung gegenuumlber ihren Leitungskraumlften hinaus die durch einen partizipati-ven Fuumlhrungsstil fuumlr eine foumlrderliche Arbeitsatmosphaumlre in der Kita sorgen sollen uumlbernehmen sie dabei bislang allerdings mehrheitlich eine konkrete Unterstuumltzungsfunktion nur wenn Konfliktsituationen offenkundig werden Sie vertrauen darauf und haben uumlberwiegend die Erfahrung gemacht dass sich ein Teamgeist und die persoumlnliche Identifikation der Erzieherinnen mit bdquoihrerldquo Einrichtung durch die taumlgliche Zusammenarbeit einstellen Eine sys-tematische und regelmaumlszligige Uumlberwachung der Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen gibt es auf Traumlgerebene nur sehr selten

32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen

Im Zeitraum von Maumlrz bis Juli 2014 wurden 75 leitfadengestuumltzte Telefon-interviews mit Erzieherinnen durchgefuumlhrt Dabei wurden vier Gruppen unterschieden naumlmlich Berufseinsteigerinnen (19 Befragte mit max zwei Jahren Berufserfahrung) Beschaumlftigte in der Familienphase (20 Befragte) langjaumlhrig und somit aumlltere Beschaumlftigte (18 Befragte ab 50 Jahren) und Be-rufsaussteigerinnen (18 Befragte) Ziel der Interviews war es vor allem In-formationen uumlber die Motive der Berufswahl und das Selbstverstaumlndnis im Beruf (Abschnitt 321) die berufliche Situation und die Bewertung des Ar-beitsalltags (Abschnitte 322 bis 324) sowie die beruflichen Perspektiven zu gewinnen (Abschnitte 325 und 326) um auf dieser Basis Handlungsfelder fuumlr personalwirtschaftliche Konzepte abzuleiten Die nachfolgende Darstel-lung beruumlcksichtigt die Gespraumlchsergebnisse aller Teilgruppen und bezieht dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ein

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321 Das Selbstverstaumlndnis im Beruf

Zentrales Motiv fuumlr die Wahl des Erzieherinnen-Berufs ist der Wunsch mit Kindern zu arbeiten Weitere Motive sind die familiaumlre Praumlgung z B durch den Beruf der Mutter oder durch fruumlhe eigene Erfahrungen mit dem Be-aufsichtigen von Nachbarskindern oder juumlngeren Geschwistern und als Baby-sitter Auch Praktika Freiwilligendienste und die Berufsberatung spielen in einigen Faumlllen eine Rolle Haumlufig sagen die Erzieherinnen dass sie sich bdquoschon immerldquo fuumlr diesen Beruf interessiert bdquonie etwas anderes gewolltldquo oder den Beruf als bdquoTraumberufldquo gewaumlhlt haben

Hinsichtlich der Bewertung der eigenen Ausbildung gibt es heterogene Antworten die von positiven Einschaumltzungen bis zur Benennung von Defizi-ten reichen Viele langjaumlhrig Beschaumlftigte weisen darauf hin dass das Wissen aus der Ausbildung nicht mehr ausreicht den (neuen) Anforderungen ge-recht zu werden Eine Erzieherin betont bdquoDie Gesellschaft veraumlndert sich und mit ihr auch die Kinder deshalb muss man flexibel sein und kann nicht jahrzehntelang mit alten Methoden arbeiten Es ist wichtig immer wieder Neues zu lernenldquo

Es gibt jedoch auch die Einschaumltzung dass die Ausbildung zur Erziehe-rinzum Erzieher eine sehr gute Grundlage fuumlr die Arbeit in anderen Berufen darstellt So fuumlhrt eine Berufsaussteigerin an dass sie in ihrer aktuellen Taumltig-keit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr stark von ihrer Ausbildung pro-fitiert z B im Koordinieren und Vermitteln bdquowenn ich da die Ausbildung nicht haumltte saumlhe es anders aus d h ich profitiere unglaublich von diesem Ausbildungsberuf und das sollte man ja vielleicht mal zur Staumlrke machen so dass das nicht nur in der Einbahnstraszlige Erzieher muumlndetldquo

Der uumlberwiegende Teil der langjaumlhrig Beschaumlftigten schaumltzt den Einfluss ihrer Berufs- und Lebenserfahrung als sehr wichtig und positiv fuumlr den Beruf ein da er zu einer persoumlnlichen Staumlrkung zu mehr Gelassenheit im Alltag und einem stabileren Selbstbild fuumlhrt bdquoMan hat einen groszligen Erfahrungs-schatz und da wirft einen nichts so schnell aus der Bahn Viele Anforderun-gen werden auch kritischer gesehen und es besteht das Selbstbewusstsein Kritik auch zu aumluszligernldquo

Hinsichtlich der Eigenschaften die eine Erzieherin besitzen sollte wer-den hauptsaumlchlich persoumlnliche Merkmale und Einstellungen angesprochen insbesondere Sozialkompetenzen wie kommunikative Faumlhigkeiten Team-faumlhigkeit Respekt und Toleranz Geduld Aufgeschlossenheit fuumlr neue Ide en Belastbarkeit oder Zuverlaumlssigkeit Sehr haumlufig wird das Stichwort bdquoEmpa-thieldquo genannt Es gehe um bdquoZuneigung Zuwendung und Vertrauenldquo es sei

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

wichtig ein bdquoGefuumlhl fuumlr Kinderldquo zu haben man muumlsse bdquoliebevollldquo bdquooffen und herzlichldquo sein und bdquoKinder annehmen so wie sie sindldquo Konkrete Aufga-ben und paumldagogische Zielsetzungen werden selten benannt ebenso wenig wie fachliche Qualifikationen uumlber die eine Erzieherinein Erzieher verfuumlgen sollte

Insgesamt laumlsst sich also bei den Befragten eine hohe inhaltliche Identi-fikation mit dem Erzieherinnen-Beruf feststellen fuumlr dessen Ausuumlbung so-zialen Kompetenzen und persoumlnlichen Erfahrungen eine hohe Bedeutung beigemessen wird

322 Belastungen im Arbeitsalltag

Als zentrale Bedingungen die sowohl Qualitaumlt als auch Zufriedenheit mit der Arbeit beeinflussen werden von groszligen Teilen aller Befragten der Perso-nalschluumlssel und die Groumlszlige der Gruppen genannt Bei der Personalausstat-tung wird meist zwischen generellem Personalmangel z B durch Unter-besetzung und anderweitigen Personalausfaumlllen unterschieden die durch Krankheit Schwangerschaften Urlaub oder Fortbildungen entstehen Die dadurch erzeugten Probleme werden als starker Belastungsfaktor und als be-sonders negativ eingeschaumltzt Es gebe bdquoZeitdruck immer Stress im Nackenldquo so dass es bdquonur noch darum geht den Alltag aufrechtzuerhaltenldquo was in der Folge zum bdquoVerwalten der Kinder Verwalten des Tagesablaufsldquo fuumlhre Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte fasst die Auswirkungen so zusammen bdquoZu viele gleichzeitige Anforderungen und man hat das Gefuumlhl der Situation nicht mehr gerecht werden zu koumlnnenldquo

Als besonders belastend werden haumlufig vorkommende Beeintraumlchtigun-gen durch kurzfristige Personalausfaumllle angesehen Dies fuumlhrt zu Stress und Unzufriedenheit insbesondere wenn eigene Planungen davon betroffen werden Eine aktuelle Untersuchung zu Stressbelastungen und Burnout-Ri-siko bei Erzieherinnen in Kindertagesstaumltten zeigt als Auswirkungen dieser Belastungen dass ein hoher Anteil der befragten Erzieherinnen ein erhoumlhtes Stressniveau aufweist und fast ein Fuumlnftel als Hochrisiko-Gruppe fuumlr Burnout angesehen werden kann

bdquoAls zentrale Stressquelle konnte die mangelhafte Personalausstat-tung in vielen Einrichtungen identifiziert werden einhergehend mit zu groszligen Gruppen einem unzureichenden Betreuungsschluumlssel Zeitdruck und sbquoMulti-Taskinglsquoldquo (JungbauerEhlen 2015 418)

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Auch die STEGE-Studie die auf einer Repraumlsentativbefragung von Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen basiert bestaumltigt die hohe Bedeutung von Personalmangel (ViernickelVoss 2013 156) sowie von Zeitdruck als Belas-tungsfaktoren (ebd 64 ff) Die von Traumlgern wahrgenommenen Probleme im Hinblick auf den Krankenstand (vgl Abschnitt 313) finden hier Erklaumlrun-gen

Zu groszlige Gruppen werden insbesondere von juumlngeren Mitarbeiterinnen als Problem beschrieben sie fuumlhlen sich uumlberfordert und koumlnnen dann haumlufig den eigenen Anspruumlchen nicht gerecht werden Bei (zu) vollen Gruppen wird beispielsweise sehr viel Zeit und Energie fuumlr Alltagssituatio-nen benoumltigt z B beim Anziehen der Kinder oder Zaumlhneputzen nach den Mahlzeiten Dann kann der Eindruck entstehen bdquokeine Zeit (mehr) fuumlr die Kinder zu habenldquo was zur Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit fuumlhrt bdquodann wird man keinem Kind gerecht und das ist dann auch unerfuumlllend fuumlr einen selbstldquo Diese Aussagen sind vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten dass Erzieherinnen es nach den Ergebnissen der AQUA-Studie fuumlr die wichtigste Bedingung ihrer Arbeit halten bdquogenuumlgend Zeit fuumlr gute pauml-dagogische Arbeit zu habenldquo (vgl Schreyer et al 2014 49)

Auf die Frage nach einer Veraumlnderung von Arbeitsbelastungen im Zeit-verlauf geben je nach Befragtengruppe (ohne Berufseinsteigerinnen) zwei Drittel bis drei Viertel an dass diese im Zeitverlauf zugenommen haumltten bdquoEs muss immer mehr immer mehr immer schneller immer besser seinldquo Als Faktoren fuumlr den Belastungsanstieg werden zum einen konzeptionelle Aufga-ben wie die zeitintensive Bildungsbeobachtung und -dokumentation sowie die jaumlhrlichen Entwicklungsgespraumlche genannt zum zweiten Aspekte der Ar-beitsorganisation etwa zunehmende Schichtdienste ein unzureichender Er-zieher-Kind-Schluumlssel oder das bdquoStundenauffangenldquo bei Personalausfall sowie allgemein eine Zunahme an administrativen Aufgaben die Zeit in Anspruch nehmen die bei der Arbeit mit den Kindern fehlt Auch die Betreuung im-mer juumlngerer Kinder (U3) die viel mehr und veraumlnderte Anforderungen mit sich bringt wird genannt Von einigen wird vermutet dass sich neben einem realen Anstieg der Belastungen auch das Belastungsempfinden geaumlndert hat bdquoEs wurde mir dann einfach zu viel der Tag wurde dann auch immer laumln-ger hellip Daran habe ich gemerkt Ich brauch mal eine Auszeitldquo Auch die AQUA-Studie bestaumltigt dass die wachsenden Aufgaben dazu fuumlhren dass sich immer mehr Fachkraumlfte stark belastet fuumlhlen ndash bdquobis hin zum Risiko eines beruflichen Burnoutsldquo (Schreyer et al 2014 78)

Auch die aus Sicht der Befragten gestiegenen Anforderungen durch El-tern tragen zur Belastung bei Einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Anspruumlche von Seiten der Eltern und der Wunsch dass bdquodie Erzieherin alles regeltldquo uumlber die Jahre immer mehr zugenommen haben bdquosie fordern fordern fordernldquo Fruumlher waumlren die Kinder ermahnt worden lieb zu sein und sich nicht zu zanken aber heute heiszlige es bdquoSei der King und lass dir nichts gefallenldquo Eine andere Befragte fasst zusammen bdquoDie Eltern sehen nur noch ihr eigenes Kind und nicht mehr dass es auch noch andere Kinder in der Gruppe gibtldquo Als eine Ursache wird von einer Befragten angemerkt dass bdquoviele Eltern mit der Erziehung voumlllig uumlberfordert sind man muss sie an die Hand nehmen ihnen immer mehr Hilfestellung gebenldquo Langjaumlhrig Be-schaumlftigte haben Strategien zum Umgang mit Anforderungen durch Eltern entwickelt aber von den juumlngeren Beschaumlftigten werden die Anspruumlche der Eltern oft als starke Belastung wahrgenommen z T deshalb da sie sich durch (bislang) fehlende eigene Kinder in einer schwierigen Position gegen-uumlber Eltern sehen bdquoDas hat ein bisschen gedauert bis man sich so ausdruuml-cken konnte und sich ein bisschen Respekt verschaffen konnteldquo Beschaumlftigte in der Familienphase geben an dass sie durch eigene Kinder eine deutlich verbesserte Position gegenuumlber den Eltern bekommen haben Jedoch merkt eine Befragte aus dieser Gruppe auch an bdquoEltern koumlnnen die Arbeit sehr gut behindernldquo

Bei vielen Beschaumlftigten nehmen physische Beeintraumlchtigungen einen groszligen Raum ein Selbst bei den Berufseinsteigerinnen gibt uumlber die Haumllfte der Befragten berufsbedingte Gesundheitsprobleme an vor allem haumlufige In-fekte aber auch schon Ruumlckenprobleme Bei den anderen Befragtengruppen werden ebenso verschiedenste Belastungen angefuumlhrt die sich auf das physi-sche und psychische Wohlbefinden auswirken wie z B wenig ergonomische Moumlblierung Heben und Tragen von Kindern ein hoher Laumlrmpegel aber auch Konflikte oder Mobbing Die personelle Unterbesetzung spielt eine er-hebliche Rolle bdquoEs geht sehr an die Substanz wenn man alleine istldquo Und auch die Anforderung dass man die bdquoSicherheit gewaumlhrleistenldquo muss jedoch der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann wenn man allein in der Gruppe ist wirkt sich negativ auf die eigene Befindlichkeit aus

Als Auswirkungen werden unterschiedlichste teilweise multiple Erkran-kungen koumlrperlicher Art angefuumlhrt die von einigen Befragten auch auf eine Verquickung physischer und psychischer Problemlagen zuruumlckgefuumlhrt wer-den Partiell stehen jedoch auch psychische Auswirkungen von Belastungen im Vordergrund die von Befindlichkeitsstoumlrungen wie Schlafproblemen oder Erschoumlpfungszustaumlnden bis hin zu schweren Erkrankungen wie Depres-sionen und Burnout reichen bdquoIch bin dann auf der Arbeit umgekipptldquo Bei den Berufsaussteigerinnen fuumlhren fast die Haumllfte der Befragten psychische

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Probleme oder Erkrankungen an die teilweise zunaumlchst nicht beachtet bzw verdraumlngt wurden (bdquoDas war ein schleichender Prozessldquo) letztlich aber zum Ausstieg aus dem Beruf beigetragen haben oder sogar der zentrale Grund wa-ren Die Daten der AQUA-Studie bestaumltigen zudem dass Arbeitsstress zur Folge haben kann dass Fachkraumlfte uumlber einen Stellenwechsel nachdenken und eine geringere Bindung an Beruf und Traumlger aufweisen (vgl Schreyer et al 2014 79)

Den meisten Befragten scheint die Problematik bewusst zu sein und sie sind daran interessiert etwas fuumlr ihre Gesundheit zu tun Viele geben an mehr oder weniger regelmaumlszligig Sport zu treiben (Fitness-Studio Walken Gymnastik Radfahren Yoga etc) um ihre Probleme zu reduzieren bzw fit zu bleiben Daruumlber hinaus wird groszliger Wert auf Entspannung und Freizeit-beschaumlftigung bdquozum Abschaltenldquo gelegt Gezielte Angebote von Seiten ihrer Arbeitgeber zur Gesundheitsfoumlrderung und zum Umgang mit Stress gibt es jedoch nur fuumlr wenige Befragte das Engagement fuumlr die Gesundheit findet im Wesentlichen im Privatbereich statt

Insgesamt werden von den Befragten also vielfaumlltige und ansteigende Be-lastungen und Belastungssituationen wahrgenommen die sich neben ge-sellschaftlichen Veraumlnderungen und konzeptionellen Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung aus einer allgemein als unzureichend wahrgenomme-nen Personalausstattung ergeben Die Situation wird zusaumltzlich durch die Anforderung erschwert kurzfristige Schwankungen in der Personalsituation bewaumlltigen zu muumlssen Angesichts der wahrgenommenen Gesundheitsstouml-rungen erhaumllt eine praumlventive Gesundheitsfoumlrderung fuumlr die Beschaumlftigten eine wachsende Bedeutung die vor allem einen individuellen Umgang mit persoumlnlichen Belastungssituationen und damit eine verbesserte Selbstfuumlrsor-ge vermittelt

323 Die Arbeitszeit

Beim Blick auf die Arbeitszeiten zeigt sich dass die uumlberwiegende Zahl der Befragten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden ist Von den Teilzeitbeschaumlftig-ten wird als Vorteil eine gewisse Zeitflexibilitaumlt angefuumlhrt die auch die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie unterstuumltzt Bei den vollzeitbeschaumlftigten Berufsanfaumlngerinnen und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten geben allerdings einige Befragte an dass sie lieber weniger arbeiten wuumlrden (bdquoIch bin an der Grenze meiner Kraumlfteldquo) sich dies aber aus finanziellen Gruumlnden nicht leisten koumlnnen Und einige aumlltere Befragte wuumlrden den Beruf auch gern vor dem of-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

fiziellen Renteneintrittsalter aufgeben koumlnnen das aber ebenfalls aus finanzi-ellen Gruumlnden nicht umsetzen (bdquoWenn ich die Moumlglichkeit haumltte etwas an-deres zu machen dann wuumlrde ich es tunldquo) Bei den vollzeitbeschaumlftigten Er-zieherinnen gibt es teilweise Unzufriedenheit mit der Arbeitsorganisation wenn sie unliebsame Arbeiten oder Arbeitszeiten uumlbernehmen oder unvor-hergesehene bzw laumlngerfristige Personalausfaumllle auffangen muumlssen weil die Teilzeitbeschaumlftigten dies nicht leisten koumlnnen oder wollen

Bei der Lage der Arbeitszeiten laumlsst sich mehrheitlich eine groszlige Zufrie-denheit feststellen denn die Absprachen zur Arbeitszeitgestaltung in den Einrichtungen funktionieren uumlberwiegend gut Beschaumlftigte die ein Arbeits-zeitkonto nutzen koumlnnen sind besonders zufrieden Allerdings ist dieses we-nig verbreitet Werden die Erwartungen hinsichtlich der Lage der Arbeitszei-ten durch die Gestaltung des Dienstplans jedoch nicht erfuumlllt und wird damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestoumlrt wird das als sehr belas-tend empfunden Eine Berufsaussteigerin gibt an dass sie den Beruf aus Gruumlnden fehlender Teilzeitmodelle aufgegeben hat und weitere vier Befragte in dieser Gruppe sagen dass die Vereinbarkeit selten klappte Schwierigkei-ten bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gehoumlren somit zu den Faktoren die zu einem Berufsausstieg beitragen

324 Das Team als zentrale Ressource

Mit Blick auf das Wohlfuumlhlen am Arbeitsplatz laumlsst sich festhalten dass sich ein groszliger Teil der Befragten bdquoimmerldquo oder bdquomeistensldquo wohlfuumlhlt ein Be-fund den auch die AQUA-Studie bestaumltigt (vgl Schreyer et al 2014 125 ff) Auch die STEGE-Studie kommt zu dem Ergebnis dass die Zusammenarbeit in den Teams im Allgemeinen sehr gut laumluft (vgl ViernickelVoss 2913 74) In den Befragungen im KONTI-Projekt gibt sogar bei den Berufsaussteigerinnen mehr als die Haumllfte an sich meistens am Arbeitsplatz wohlgefuumlhlt zu haben Als positive Faktoren werden von ihnen wie auch von den anderen Befragten neben dem bdquoSpaszlig am Berufldquo sehr haumlufig ein gutes Betriebsklima sowie die gute Zusammenarbeit im Team und mit der Leitung genannt Es laumlsst sich vermuten dass diese Faktoren miteinander korrelieren wobei sich jedoch kein klarer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang festlegen laumlsst

In der AQUA-Studie wurde festgestellt dass fast alle teilnehmenden Fachkraumlfte ein gutes Teamklima als absolut wichtig oder zumindest sehr wichtig einschaumltzen (vgl ebd 97) Auch dieses ist ein Befund der in der KONTI-Befragung bestaumltigt wird Aussagen wie bdquoDas Team ist halt super-

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wichtig und ausschlaggebend fuumlr die Arbeitldquo oder bdquoEine gute Leiterin ein gu-tes Team das ist wichtigldquo sind typische Antworten Ein gutes Betriebsklima wird als Quelle persoumlnlicher Bestaumltigung und Anerkennung gesehen und bdquohat einen positiven Einfluss auf die Psycheldquo Teilweise wird der Arbeitsplatz als zweites Zuhause bezeichnet bdquoNach 38 Jahren bin ich hier zu Hause mei-ne Gruppe ist mein Wohnzimmer der Schlafraum ist mein Schlafzimmer nur die Moumlbel sind etwas kleinldquo Als Defizit wird jedoch von einer Berufsaus-steigerin angefuumlhrt dass Problemloumlsungen haumlufig nur dann funktionieren wenn Menschen sich gut verstehen das sei aber zu wichtig um es dem Zufall zu uumlberlassen es muumlssten strukturelle Loumlsungen fuumlr eine gute Kooperation gefunden werden

Da dem Team hohe Bedeutung zugesprochen wird werden Probleme unter den Kolleginnen in besonderem Maszlige als negativ und belastend ein-geschaumltzt Zu Konflikten tragen fehlende oder schlechte Absprachen bzw allgemein Unstimmigkeiten oder Streit bei (bdquoWenn die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen nicht funktioniert die Kolleginnen nicht sbquoHand in Hand arbeitenlsquo und Absprachen missachten belastet das sehrldquo) aber es werden auch Mobbingsituationen benannt Fuumlr eine Berufsaussteigerin stellt Mob-bing durch die Kolleginnen das in einen Burnout muumlndete den zentralen Ausstiegsgrund dar Herausforderungen fuumlr die Teamsituation ergeben sich auch durch Veraumlnderungen wie z B die Einfuumlhrung der offenen Arbeit Umstrukturierungen durch den U3-Ausbau eine neue Kollegin oder den Ausfall eines oder gar mehrerer Teammitglieder durch Krankheit oder Ur-laub Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte betont wenn bereits morgens Spannungen entstehen fuumlhle sie sich nicht mehr wohl da sie dann bdquozwischen den Stuumlhlen sitztldquo Aber es gibt auch die Einschaumltzung dass Auseinandersetzungen zur Klaumlrung von Positionen sein mussten und bdquodanach warrsquos wieder in Ord-nungldquo

Auch Generationenkonflikte werden angesprochen Langjaumlhrig Beschaumlf-tigte berichten dass eine Uumlberforderung juumlngerer Kolleginnen ndash eine Erfah-rung die von dieser Befragtengruppe durchaus ebenso thematisiert wird ndash zu Unruhe in den Ablaumlufen und zu Spannungen fuumlhren kann bdquoIn aumllteren Jah-ren hat man eher den Uumlberblick und die Umsicht uumlber das Geschehen was den juumlngeren Kolleginnen haumlufig noch fehltldquo Jedoch fuumlhlen sich aumlltere Be-schaumlftigte von den Juumlngeren auf Grund ihres Alters teilweise nicht anerkannt und beklagen Stoumlrungen in der Kita die durch eine aus ihrer Sicht schlechte Ausbildungsqualitaumlt verursacht seien Auch von Seiten der juumlngeren Befrag-ten werden Konflikte mit aumllteren Kolleginnen und daraus resultierende Pro-bleme im Team angefuumlhrt So berichten Einsteigerinnen dass sie sich von

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

aumllteren Kolleginnen bdquoausgebremstldquo oder bdquonicht ernst genommenldquo fuumlhlen oder dass sie eine Offenheit fuumlr Veraumlnderung und neue Ideen vermissen

Aber es wird z T auch betont dass die Mischung von juumlngeren und aumll-teren Mitarbeiterinnen durchaus sinnvoll sein kann da es zu einer Ver-knuumlpfung unterschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen kommt die die Qualitaumlt der Arbeit steigert und dass aumlltere Kolleginnen in der Berufsein-stiegsphase als Ratgeberinnen fungieren koumlnnen Einige juumlngere Befragte berichten von Unterstuumltzung durch aumlltere Kolleginnen die ihnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen wichtig ist Und einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass es ihnen gut tut bestimmte Taumltigkeiten (z B Bewegungserzie-hung) an die juumlngeren Kolleginnen abgeben zu koumlnnen Auch seien diese durch ihre Ausbildung besser auf neue Taumltigkeiten beispielsweise das Erstel-len von Bildungsdokumentationen vorbereitet Haumlufiger allerdings werden Konflikte erwaumlhnt

Unter dem Aspekt einer Personalbindung stellt somit ndash insgesamt be-trachtet ndash eine gute Zusammenarbeit im Team fuumlr die Beschaumlftigten eine wichtige Ressource dar Aufgrund der wachsenden Heterogenitaumlt in den Teams wird die Aufgabe der Leitung fuumlr eine gute Arbeitsatmosphaumlre zu sor-gen jedoch zunehmend komplexer Die Vielfalt bietet zunaumlchst fuumlr den Arbeitsalltag und insbesondere auch fuumlr die Arbeit mit den Kindern viele Vorteile die auch wahrgenommen werden Daneben wird es aber schwieri-ger und erfordert nicht nur ein Empathievermoumlgen der Leitung sondern auch spezifische Kompetenzen um stets fuumlr einen gerechten Interessenaus-gleich in der Einrichtung sorgen zu koumlnnen

325 Aufgaben und Aufstiegsmoumlglichkeiten

Mit Blick auf das Erleben des eigenen Arbeitsalltags wird es von allen Be-fragtengruppen als positiv empfunden wenn individuelle Interessen sowie eigene Faumlhigkeiten eingebracht werden koumlnnen Es werden sehr unterschied-liche Situationen bzw Bereiche genannt in denen je nach eigener Inte-ressenlage und Faumlhigkeiten Aufgaben gut erledigt werden koumlnnen Einige gehen gern mit den Kindern nach drauszligen andere finden die Betreuung ih-res Funktionsbereichs in der offenen Arbeit interessant eine weitere nennt die Kinderkonferenz eine bdquopositive Herausforderungldquo der sie sich gern stellt eine sportliche Mitarbeiterin freut sich Spaszlig an Bewegung vermitteln zu koumlnnen und eine Berufseinsteigerin bringt gern ihre Medienkompetenz ins Team ein

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Die Vielfalt der Beispiele zeigt einerseits dass es individuell sehr unter-schiedlich ist welche Aktivitaumlten die Befragten als besonders befriedigend ansehen Zum anderen wird deutlich dass es den Einzelnen sehr wichtig ist sich mit ihren spezifischen Kompetenzen an der bdquorichtigen Stelleldquo einbrin-gen zu koumlnnen Als Aufgabenfelder mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeigen sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit Eltern oder der Umgang mit bdquoschwierigen Kindernldquo was von einigen als groszlige Belastung empfun - den wird waumlhrend es bei anderen zur Befriedigung beitraumlgt diese Aufgaben gut bewaumlltigt zu haben Hier wird einerseits deutlich dass bestimmte Auf-gaben individuell unterschiedlich bewertet werden andererseits zeigt sich dass die Erfahrung Herausforderungen zu meistern zur Zufriedenheit bei-traumlgt Insgesamt betrachtet traumlgt damit die Moumlglichkeit die eigenen Kom-petenzen einbringen zu koumlnnen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Be-fragten bei

Bei der Zufriedenheit mit der Entlohnung gibt es graduelle Unterschie-de insgesamt aber mit der Tendenz zur Unzufriedenheit die bei langjaumlhrig Beschaumlftigten am groumlszligten ausfaumlllt Hier sind viele der Meinung dass das Ge-halt nicht der hohen Verantwortung Beanspruchung und dem Bildungsauf-trag entspricht Von einigen wird der Gehaltsunterschied im Vergleich zu Lehrkraumlften kritisiert Bei den anderen Befragtengruppen fuumlhlt sich jeweils die Haumllfte nicht angemessen entlohnt einige sind sich unsicher ob sie die Be-zahlung als angemessen empfinden

Hinsichtlich potenzieller Aufstiegsmoumlglichkeiten im Erzieherinnen-Be-ruf gibt es differenzierte Antworten Zwei Drittel der Berufseinsteigerinnen und Befragten in der Familienphase sehen Aufstiegsmoumlglichkeiten dagegen nur ein Viertel der langjaumlhrig Beschaumlftigten bei denen jeweils knapp die Haumllfte angibt entweder keine Moumlglichkeiten oder kein Interesse (mehr) zu haben Bei den anderen Befragtengruppen sind nur einzelne Personen nicht an einem Aufstieg interessiert Bei den Aussteigerinnen wird von der Haumllfte der Befragten angefuumlhrt dass mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten ndash neben der Entlohnung ndash mit dazu beigetragen haben den Beruf aufzugeben Dieser Befund wird in der AQUA-Studie gestuumltzt wenn festgestellt wird dass Be-zahlung und Entwicklungsmoumlglichkeiten mit zu den Bereichen gehoumlren mit denen Fachkraumlfte eher unzufrieden sind (vgl Schreyer et al 2014 132)

Als Aufstiegsmoumlglichkeiten werden Gruppen- bzw Teamleitung (stell-vertretende) Leitungsfunktionen sowie die Kombination von Leitungsauf-gaben mit einer Referententaumltigkeit oder der Uumlbernahme spezieller Fachauf-gaben genannt Es faumlllt auf dass auch Personen die kein Interesse an einem Aufstieg haben den Wunsch nach Spezialisierungen oder einem fachuumlber-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

greifenden Einsatz aumluszligern Hinsichtlich der Taumltigkeitsoptionen fuumlr aumlltere Er-zieherinnen gibt es die Aufforderung an die Traumlger dass sie sich bdquowenn man es ernst meint mit der Mitarbeiterpflege und der Verantwortungldquo Gedanken daruumlber machen muumlssen welche Optionen sie den Mitarbeiterinnen anbie-ten koumlnnen

Bei der Frage nach Fortbildungsmoumlglichkeiten ergibt sich ein differen-ziertes Bild das zwischen den Befragtengruppen variiert Als Hindernisse fuumlr die Verwirklichung von Fortbildungswuumlnschen werden mehrfach zu hohe Kosten genannt aber auch die Tatsache dass Arbeitgeber nur interne Fortbildungen zulassen oder Fortbildungen (zu) schnell ausgebucht sind Teilweise wird auch angefuumlhrt dass eine angespannte Personalsituation die Teilnahme an Fortbildungen unmoumlglich macht Von Seiten der Berufsaus-steigerinnen werden bessere Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmoumlglich-keiten als Voraussetzung fuumlr Entwicklungsperspektiven angesprochen Zu-saumltzlich wird angemahnt dass dann auch Konsequenzen gezogen werden muumlssen (bdquoIst ja schoumln dass Sie die Fortbildung besucht haben aber wir ma-chen weiter wie gewohntldquo) Ein weiterer Wunsch bezieht sich darauf dass bdquoder Beruf aus dem Sackgassenberuf herauskommt dass es noch andere Pers-pektiven gibtldquo auch jenseits der Leitungsposition denn das sei nicht fuumlr jede geeignet und wuumlnschenswert

Die Beschaumlftigten aumluszligern ein hohes Interesse an beruflichen Entwick-lungsmoumlglichkeiten ndash nicht nur an einem hierarchischen Aufstieg sondern vor allem auch an fachlichen Perspektiven Unzufriedenheit mit der aktuel-len Entlohnung spielt in diesem Kontext vielfach eine Rolle jedoch wird der Wunsch nach Aufstiegsmoumlglichkeiten nicht auf finanzielle Verbesserungen reduziert

326 Der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Beruf zeigt sich bei den Gruppen (ohne Aussteigerinnen) dass der groumlszligte Teil der Befragten bdquovoumllligldquo oder bdquoweitgehend zufriedenldquo ist Bei den Aussteigerinnen stellt sich das erwartungsgemaumlszlig anders dar denn hier gibt nur knapp die Haumllfte der Be-fragten an dass sie voumlllig bzw weitgehend zufrieden waren Dabei bezieht sich Unzufriedenheit meistens auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit (Dienstplan Arbeitsvertrag Aufstiegsmoumlglichkeiten etc)

Trotz der grundsaumltzlich hohen Identifikation mit dem Beruf sind nur we-nige der juumlngeren Befragten und derjenigen in der Familienphase der Mei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

nung dass sie ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben werden Als Fak-toren die zu einem vorzeitigen Ausstieg bzw Taumltigkeitswechsel beitragen koumlnnten wird vor allem Skepsis bezuumlglich der koumlrperlichen Fitness bei stei-gendem Alter angesprochen Bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten sieht die Ein-schaumltzung anders aus (vielleicht weil diejenigen die fruumlher aus dem Beruf aussteigen wollten nicht mehr bis in diese Phase gekommen sind vielleicht auch weil nicht alle eine moumlglicherweise fruumlher geaumluszligerte Ausstiegsoption realisiert haben) Mit Ausnahme einer Befragten geben alle langjaumlhrig Be-schaumlftigten an ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben zu wollen bzw zu muumlssen wenn die koumlrperliche Verfassung es zulaumlsst Vier Befragte begruumlnden dies damit dass sie auf das Gehalt angewiesen seien eine verweist darauf dass mehr Angebote fuumlr Teilzeit eine laumlngere Arbeitsdauer ermoumlglichen wuumlr-den Als Argumente fuumlr den langjaumlhrigen Verbleib im Beruf werden von den meisten vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern genannt und von ei-nigen das gute Betriebsklima und die Vertrautheit mit der Einrichtung

Eine aktuelle Untersuchung zu Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastun gen und ihren Folgen fuumlr Erzieherinnen zeigt dass der Wunsch nach vorzeiti-gem Ruhestand bei dieser Gruppe houmlher ist als bei anderen Berufen (Abbil-dung 1) Bei uumlber der Haumllfte der befragten Erzieherinnen wird als Haupt-grund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand angefuumlhrt dass die Ar-beit sehr anstrengend ist (Abbildung 2) Es faumlllt im Vergleich mit anderen Berufen auf dass dieser Grund dort eher nachrangig ist und von weniger als einem Viertel der Befragten angefuumlhrt wird

Die Frage ob sie sich einen Wechsel des Taumltigkeitsfeldes vorstellen koumlnn-ten bejahen 18 von 20 der Befragten in der Familienphase bei den Berufsein-steigerinnen sind es ca zwei Drittel und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten ca ein Drittel Dabei werden sowohl Taumltigkeiten innerhalb als auch auszliger-halb von Kitas genannt Zu Letzterem gehoumlren paumldagogische Taumltigkeiten mit aumllteren Kindern und Jugendlichen in Hort Heim oder Schulen aber auch Kombinationsloumlsungen in denen die Arbeit in einer Kita-Gruppe mit Taumltig-keiten im Jugendamt in Fachberatung Familienhilfe oder Fruumlhfoumlrderung verbunden wird Einige Befragte koumlnnen sich auch Taumltigkeiten auszligerhalb pauml-dagogischer Arbeitsfelder vorstellen

Bei den Berufsaussteigerinnen faumlllt auf dass weniger als die Haumllfte der Befragten weiterhin paumldagogische Taumltigkeiten wie z B in der Behinderten- oder Altenarbeit als Spielgruppenleitung oder Lehrerin in der Erzieher innen-Ausbildung ausuumlben Als nicht-paumldagogische Taumltigkeiten nach dem Berufsausstieg werden sehr unterschiedliche Felder angefuumlhrt wissenschaft-liche Mitarbeiterin an einer Universitaumlt Verwaltungsfachangestellte Bank-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

kauffrau Tischler Verkaumluferin oder Politesse Insgesamt hat mehr als die Haumllfte der Befragten die beim Berufsausstieg gewuumlnschte berufliche und per-soumlnliche Weiterentwicklung durch ein Studium bzw durch eine Ausbildung unterstuumltzt waumlhrend die anderen Befragten eher geringfuumlgige Weiterquali-fizierungen wahrgenommen haben In der Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur fuumlr Arbeit (BA) heiszligt es dass es im Jahresdurchschnitt 13000 Arbeitslose gibt die (wieder) in der Kinderbetreuung und -erziehung arbeiten moumlchten (vgl BA 2014 16) es jedoch bdquoim Schnitt der letzten zwoumllf Monate 8600 arbeitslose Personen [gab] die zwar uumlber eine entsprechende

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten

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Abbildung 1

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Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter Quelle nach HallLeppelmeier 2015 25

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Ausbildung als Erzieherin (4200) oder Kinderpflegerin (3500) verfuumlgtenldquo (ebd) aber eine andere berufliche Taumltigkeit anstrebten

Fuumlr den Berufsausstieg ist in allen Faumlllen nicht ein einzelner Grund sondern ein ganzes Buumlndel von Faktoren ursaumlchlich Ein Motivbuumlndel ist das Ziel der persoumlnlichen undoder beruflichen Weiterentwicklung das von mehr als der Haumllfte der Befragten genannt wird Zusaumltzlich fuumlhren fast alle mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten und schlechte Entlohnung als weitere

Abbildung 2

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter von 100 abweichende Summe der Prozentwerte ist rundungsbedingt Quelle nach HallLeppelmeier 2015 26

aus sonstigen Gruumlnden um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus gesundheitlichen Gruumlnden weil die Arbeit sehr anstrengend ist

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

weil die Arbeit sehr anstrengend ist

aus gesundheitlichen Gruumlnden

um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus sonstigen Gruumlnden

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Erzieherinnen andere Berufe

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Gruumlnde an Gleichzeitig werden aber auch von fast der Haumllfte der Befragten gesundheitliche Gruumlnde Stress oder Uumlberforderung angesprochen Bei eini-gen sind Erkrankungen sogar der zentrale Ausstiegsgrund In der Arbeits-marktberichterstattung heiszligt es dass die Gruumlnde fuumlr die Suche nach einer alternativen Taumltigkeit vielschichtig sind dass jedoch gesundheitliche Aspek -te oder veraumlnderte Interessen oft dazu gehoumlren (vgl ebd 16)

Einige Aussteigerinnen weisen dezidiert darauf hin dass sie keinen Ruumlck halt bei ihrem Traumlger bzw kein Entgegenkommen gegenuumlber ihren Wuumlnschen erlebt haben was zumindest teilweise mit zu ihrer Entscheidung beigetragen hat Und mehr als zwei Drittel geben an dass sie den Ausstieg aus dem Beruf nicht bedauert haben

Insgesamt steht bei den befragten Berufsaussteigerinnen der grundsaumltz-lich hohen Identifikation mit dem Beruf zum einen ein hohes Interesse an Veraumlnderungen des Taumltigkeitsfeldes gegenuumlber zum anderen eine weit ver-breitete Skepsis daruumlber ob sich der Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben laumlsst Wenn tatsaumlchlich ein Berufsausstieg erfolgt liegen dieser Entscheidung in der Regel mehrere Motive zugrunde

33 Die Perspektive der Kita-Leitungen

Die Aufgabenbereiche der Leitung einer Kindertagesstaumltte sind umfangreich und mit unterschiedlichsten Anforderungen verbunden Dies ist auf ihre Position an der Schnittstelle zwischen Traumlger Mitarbeiterinnen Kindern Eltern und dem Sozialraum zuruumlckzufuumlhren womit teilweise mehrfache Rollenwechsel im Laufe eines Arbeitstages verbunden sein koumlnnen Weil die verschiedenen Personen(gruppen) heterogene Wuumlnsche und Bedarfe ha-ben existieren Gegensaumltze und Spannungsfelder denen sich Leitungen stel-len muumlssen

Vor dem Hintergrund dieser Schnittstellenposition von Kita-Leitungen ist deren Perspektive von wesentlicher Bedeutung fuumlr die Personalfuumlhrung in und fuumlr Kindertageseinrichtungen Im Zeitraum von Januar bis Maumlrz 2015 wurden deshalb 15 Interviews mit Leitungskraumlften kommunaler frei-gemein-nuumltziger und privater Traumlger in den beteiligten Bundeslaumlndern gefuumlhrt Das Ziel der Interviewreihe bestand darin die Funktion der Leitung an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiterinnen und Traumlger naumlher zu beleuchten (vgl dazu auch Koumlhling 2015) Zum Zeitpunkt der Befragung war gut die Haumllfte der Interviewpartnerinnen uumlber 50 und drei Leitungen waren etwa 30 Jahre alt das Alter der anderen Personen befand sich zwischen diesen bei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

den Altersgruppen Fuumlr ihre Leitungstaumltigkeit waren neun Befragte vollstaumln-dig die anderen teilweise freigestellt eine Befragte verfuumlgte uumlber keine Frei-stellung

Um die Interviewaussagen der befragten Leiterinnen besser einordnen zu koumlnnen werden zunaumlchst die Aufgabenbereiche einer Kita-Leitung an-hand eines Schaubildes im Uumlberblick vorgestellt (Abbildung 3) Das Schau-bild verdeutlicht die Aufgabenbereiche einer Leitung mit dem Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrag auf der einen und der Betriebsfuumlhrung auf der anderen Seite sowie den damit jeweils verbundenen Handlungsan-forderungen

Im Folgenden werden Aussagen und Einschaumltzungen aufgezeigt die der Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Team zu-gerechnet werden koumlnnen (Abschnitt 331) Daran anschlieszligend steht die Betriebsfuumlhrung als Teilbereich der vielfaumlltigen Aufgaben im Mittelpunkt (Abschnitt 332) waumlhrend Aufgaben die der direkten paumldagogischen Arbeit zuzurechnen sind nur begleitend thematisiert werden da sie nicht im Fo - kus des KONTI-Projektes standen Im Weiteren werden dann Kompetenz - an for de rungen an Leitungen (Abschnitt 333) sowie die Themenbereiche Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungsmoumlglichkeiten als Voraussetzungen bzw Bedingungen fuumlr gute Arbeit in den Blick genommen (Abschnitt 334) Abschlieszligend wird der Aufgabenbereich der Zusammenar-beit mit dem Traumlger als wichtige Rahmenbedingung fuumlr effektives Arbeiten vorgestellt (Abschnitt 335)

331 Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit

Die befragten Leitungen berichten von einer groszligen Vielfalt in ihren Teams ndash z B durch unterschiedliche Altersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Kompetenzen Ausbildungen und Nationalitaumlten ndash die durchgaumlngig positiv betrachtet wird Aus dieser Heterogenitaumlt ergeben sich nach Meinung der Interviewpartnerinnen besonders fuumlr die Arbeit mit Kindern Vorteile weil diese bdquofuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen be-noumltigenldquo Im Allgemeinen haben die befragten Leitungen auch Einwirkungs-moumlglichkeiten auf die Zusammensetzung des Teams da sie in der Regel an der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen beteiligt sind Grundsaumltzlich ist zwar der Traumlger zustaumlndig der z T auch die Vorauswahl trifft im Prinzip erfolgt jedoch bei den meisten Traumlgern eine enge Zusammenarbeit mit den Leitun-gen So koumlnnen die Leitungen Wuumlnsche aumluszligern sind bei Vorstellungsgesprauml-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen anwesend oder duumlrfen sich nach der Vorauswahl durch den Traumlger dieden neuen Mitarbeiterin aussuchen (zur Zusammenarbeit mit dem Traumlger vgl auch Abschnitt 335)

Mehrheitlich sehen sich die Leitungen in der Rolle eines Motors fuumlr das Funktionieren und die Weiterentwicklung der paumldagogischen Arbeit in der Einrichtung und fuumlr eine gute Zusammenarbeit im und mit dem Team Dazu gehoumlre auch dass die Leistungen der Mitarbeiterinnen durch Aner-kennung unterstuumltzt werden bdquoEine Leitung muss auch wertschaumltzen und loben koumlnnen und erkennen wo gute Arbeit geleistet wirdldquo Zudem wirken sich nach Wahrnehmung der Leitungen ein positives Arbeitsklima und ein guter Teamzusammenhalt positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitar-beiterinnen aus Als zentrale Leitungsaufgabe wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch gesehen Einige Leitungen betonen auch dass transparente Strukturen und Zustaumlndigkeiten das Wohlfuumlhlen im Team und die Fairness untereinander befoumlrdern Als bedeutsam wird zudem die Vor-bildfunktion der Leitungen angesehen die die Motivation der Mitarbeiterinnen durch eigenen fachlichen Input Initiativen neue Ideen aber auch durch die Bereitstellung von Raum zum Experimentieren unterstuumltzen kann Von einzelnen nicht vollstaumlndig freigestellten Leitungen wird die Mitarbeit in den Gruppen als wichtiger Praxisbezug bewertet um die Belange der Mit-arbeiterinnen verstehen zu koumlnnen Einzelne Befragte erwaumlhnen zudem dass der Einsatz neuer Methoden oder Instrumente fuumlr einige Mitarbeiterin-nen nachvollziehbarer wird bzw sie sich erst dann darauf einlassen wenn die Leitung eigene Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit vorweisen kann bdquoAlles was nicht bewiesen wird ist erst einmal Theorie auf die sie sich nicht ein-lassen Beweise erhoumlhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung garantieren diese jedoch nichtldquo

Mit Konflikten zwischen den Beschaumlftigten wird in einigen Einrichtun-gen offensiv umgegangen indem eine Konfliktloumlsungskultur gelebt wird die den Rahmen fuumlr die Umsetzung geeigneter Loumlsungen vorgibt und Mediati-onsverfahren einschlieszligt Ein Teil der Befragten erwartet von den Mitarbei-terinnen zunaumlchst einen offensiven verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem Problem und eine zeitnahe Problemloumlsung Einige wenige sehen hingegen Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinanderset-zung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) Als Misserfolg fuumlr die Leitungstaumltigkeit wird z B angesehen wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden die ge-meinsam getroffen wurden (bdquoDas sind Misserfolge da gelingt es mir nichtldquo)

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Vereinzelt wird auch von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team berichtet die nach Einschaumltzung der Befragten vor allem dadurch aus-geloumlst werden dass die Leitungen versuchen Veraumlnderungen einzuleiten Mitarbeiterinnen jedoch Sorge vor zusaumltzlichen Belastungen haben bdquoEs fehlt das Gefuumlhl wir machenrsquos gemeinsam Ich habe immer das Gefuumlhl ich muumlsste einen Waggon anschieben Dann laumluft er wieder ein bisschen und dann steht er wieder und dann muss ich ihn wieder anschieben Und da habe ich keine Lust mehr zu ich lass ihn stehenldquo Eine Unterstuumltzung durch den Traumlger erfolgt in solchen Faumlllen oft nicht Insgesamt sehen sich die Leitun -gen als verantwortlich fuumlr das Funktionieren der Einrichtung und die Team-Zusammenarbeit Dieses Ziel koumlnnen sie verwirklichen wenn das Team mit-wirkt und auftretende Konflikte in angemessener Form bearbeitet werden

Im Hinblick auf die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen ndash was z T ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungen gehoumlrt ndash werden verschie-dene individuelle und traumlgerspezifische Entwicklungskonzepte erwaumlhnt In einigen Einrichtungen wird dazu dem Motto gefolgt Mitarbeiterinnen zu foumlrdern und zu fordern Dazu werden z B jaumlhrliche Zielvereinbarungs- oder Mitarbeitergespraumlche oder zu Jahresbeginn individuelle bdquoStartgespraumlcheldquo ein-gesetzt Eine Einrichtung fuumlhrt fuumlr alle neuen Mitarbeiterinnen einen drei-taumlgigen Einarbeitungs-Workshop zur traumlgerspezifischen fachlichen konzep-tionellen und betrieblichen Einweisung durch

Alle Leitungen berichten in den Interviews von ausreichenden Fort-bildungsmoumlglichkeiten wobei es teils traumlgerinterne Schulungsangebote gibt wie beispielsweise regelmaumlszligig stattfindende Qualitaumltszirkel oder -werkstaumlt-ten aber es wird teilweise auch auf externe Angebote zuruumlckgegriffen wie beispielsweise bei Teamqualifikationen mit externen Referentinnen Eine Leitung verweist darauf dass zunehmend Fortbildungsangebote in groumlszligeren Staumldten auf Interesse stoszligen da sich diese von den uumlblichen Themen abhe-ben und neue Anforderungen an Kitas staumlrker beruumlcksichtigen wuumlrden Die Traumlger beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an den Fortbildungskos-ten vereinzelt werden die Kosten ganz uumlbernommen teilweise muumlssen Fort-bildungen jedoch auch durch die Mitarbeiterinnen allein finanziert werden

332 Organisation betrieblicher Ablaumlufe

Die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe beinhaltet verschiedene Aufga-benbereiche mit unterschiedlichen Methoden und Instrumenten In den In-terviews werden insbesondere die Bereiche Dienstplangestaltung sowie Per-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sonaleinsatz thematisiert In seiner Gesamtheit wird das Aufgabenfeld der Betriebsfuumlhrung von den Leitungen haumlufig nicht als ein wichtiges Steue-rungsinstrument erachtet obwohl sie partiell durchaus professionelle Ma-nagementinstrumente wie Zielvereinbarungen oder Checklisten einsetzen Insbesondere Leitungskraumlfte ohne (umfangreiche) Freistellung vom Grup-pendienst und ohne Unterstuumltzung durch eine Stellvertretung sehen die Betriebsfuumlhrung teilweise als eine laumlstige und unliebsame Zusatzaufgabe die viel Zeit und Energie neben der paumldagogischen Taumltigkeit in der Gruppe er-fordert Nach Angabe einiger Befragter erfolgt die Erledigung dieser Auf-gaben vereinzelt auszligerhalb der Dienstzeit da eine ungestoumlrte konzentrierte Arbeit waumlhrend der Kita-Oumlffnungszeiten z T nicht gewaumlhrleistet werden kann In den meisten Einrichtungen gibt es jedoch Vertretungen fuumlr die Leitungs kraumlfte zum einen stellvertretende Leitungen teilweise mit und teil-weise ohne anteilige Freistellung fuumlr ihre betrieblichen Aufgaben zum an-deren Abwesenheitsvertretungen die nicht uumlber Freistellungen verfuumlgen In der Regel berichten die Leitungskraumlfte dort wo die Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Leitung gut verlaumluft uumlber eine wichtige und unterstuumltzende Entlastung

Insgesamt ist die Fuumllle der Arbeitsanforderungen aus Sicht der Leiterin-nen stark angestiegen was nach ihrer Einschaumltzung zu einer teilweise erheb-lichen Beeintraumlchtigung der Qualitaumlt ihrer Taumltigkeit fuumlhrt Ein Groszligteil der Befragten gibt an dass der Aufwand fuumlr die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe extrem gestiegen sei und sich negativ auf Teamfuumlhrung Anleitung Beratung sowie die paumldagogisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der An-gebote auswirke Wenn zu wenig Zeit zur guten Vorbereitung inhaltlicher Aspekte und Fuumlhrungsaufgaben besteht entsteht Unzufriedenheit Schwie-rigkeiten und Probleme dieser Art werden insbesondere von Leitungen ge-schildert die keine oder nur eine geringe Freistellung haben

Die Erstellung von Dienstplaumlnen ist meistens Aufgabe der Leitung oder Stellvertretung Die Traumlger behalten sich nur in Einzelfaumlllen die Genehmi-gung vor nehmen durch das Setzen der Rahmenbedingungen aber eine wichtige Rolle ein So halten einige Traumlger Springer vor oder bieten bezahlte Stundenaufstockungen fuumlr Teilzeitkraumlfte an um Personalausfaumllle auszuglei-chen In knapp der Haumllfte der Einrichtungen gibt es zudem unterschiedliche Formen von Notfallplaumlnen die den Umgang mit Personalengpaumlssen definie-ren In allen Einrichtungen muss bei der Erstellung der Dienstplaumlne ein mehr oder weniger hoher Anteil an Teilzeitbeschaumlftigten beruumlcksichtigt werden was von einigen als Herausforderung im Hinblick auf Kommunikation und Information von anderen aber auch als Vorteil fuumlr den Gesamtbetrieb gese-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

hen wird Zu Vorteilen werden beispielsweise mehr Flexibilitaumlt bei Perso-nalengpaumlssen durch Aufstockungsmoumlglichkeiten oder eine houmlhere Vielfalt im Angebot durch mehr Personen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ge-zaumlhlt

Die Personaleinsatzplanung ist unterschiedlich geregelt wobei die Orga-nisationsform der Gruppenoumlffnung groszlige Bedeutung fuumlr die Verteilung der Aufgaben aufweist Bei offener und teiloffener Arbeit erfolgt uumlberwiegend eine interessen- und kompetenzorientierte Personaleinsatzplanung Zum Teil werden dabei feste Zeitraumlume (z B ein bis zwei Jahre) fuumlr die Zustaumlndig-keit von Aufgaben oder Bildungsraumlumen durch die Leitung vorgegeben oder es werden im Rahmen von Aufgaben- oder Projektorientierung kurzfristige Wechsel durch verbindliche Absprachen ermoumlglicht in anderen Faumlllen wird die Aufgabenverteilung an besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen orientiert und dauerhaft angelegt Zusaumltzlich zu den paumldagogischen Schwer-punkten werden in einzelnen Einrichtungen auch Aufgaben der Betriebsfuumlh-rung (z B Dienstplangestaltung und Finanzbuchhaltung) an entsprechend interessierte und kompetente Mitarbeiterinnen delegiert Fuumlr die Bearbei-tung wird uumlberwiegend ein Zeitkontingent zur Verfuumlgung gestellt und im Dienstplan beruumlcksichtigt Dazu eine Leitung bdquoIm Groszligteil bin ich erst ein-mal fuumlrs Management zustaumlndig Ich bin nicht dafuumlr zustaumlndig alle Auf-gaben im Kindergarten alleine zu loumlsen in meiner Personldquo

333 Kompetenzanforderungen an Leitungen

Das Leiten einer Kindertageseinrichtung ist eng mit der Persoumlnlichkeit der Leitungskraft und ihrem Auftreten verbunden Ihr Verstaumlndnis von Aufga-benspektrum Fuumlhrungsstil und Haltung wirken sich auf die Arbeitsat-mosphaumlre in der Kita aus auf den Umgang der Teammitglieder untereinan-der das Verhaumlltnis zu Kindern Eltern und in den Sozialraum sowie auf die Art der Bildungskultur (vgl Rannenberg-Schwerin 2012 2) In der Vier-Saumlu-len-Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) werden im Zu-sammenhang mit der Frage nach notwendigen Faumlhigkeiten einer Leitung bdquoFachkompetenzldquo und bdquopersonale Kompetenzldquo genannt (Abbildung 4 vgl AK DQR 2011 7)

Bei den Leitungsinterviews werden auf die Frage uumlber welche Kompe-tenzen eine Leitung verfuumlgen muss uumlberwiegend personale Kompetenzen ndash und dabei insbesondere Sozialkompetenzen ndash benannt Haumlufig angesprochen werden Empathie (bdquoSie braucht eine hohe Empathie fuumlr Kinder Eltern und

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mitarbeiterinnenldquo) und die Faumlhigkeit zu motivieren (bdquoEine gute Leitung mo-tiviert wenn es Motivation braucht hat Freude am Tun und bringt eigene Motivation mit die dann auch anstecktldquo) aber auch die Bereitstellung einer guten Kommunikationsbasis oder Fuumlhrungsfaumlhigkeiten wie Fairness und Ge-rechtigkeit (bdquoIch versuche auch schon sehr fair zu sein dass jeder das Gefuumlhl hat dass er genauso behandelt wird wie der andereldquo) Aussagen zur Selbst-kompetenz werden unabhaumlngig von Traumlger demografischen Faktoren und der Ausbildung der Befragten in eher geringem Umfang thematisiert Be-nannt werden reflexive Faumlhigkeiten wie das Verstaumlndnis von Zusammenhaumln-gen um beispielsweise Sach- und Beziehungsverhaumlltnisse trennen zu koumln-nen Konfliktfaumlhigkeit sowie ein guter Umgang mit Enttaumluschungen (bdquoMan muss auch schon mal was aushalten koumlnnen dass man nicht zu sehr in die Emotionalitaumlt geht wobei das sehr schwierig ist manchmalldquo)

Fachkompetenzen werden von den Befragten dagegen nur in sehr einge-schraumlnktem Maszlige bzw eher unspezifisch benannt (bdquoDie gesamte Organisa-tion und das Management der Einrichtung ist der Dreh- und Angelpunkt d h darauf zu achten dass das Tagesgeschaumlft immer laumluft Mail checken dass die Eltern angesprochen werden und der Elternbeirat laumluftldquo) Einige Leitun-gen verweisen darauf dass vielfaumlltige Faumlhigkeiten benoumltigt werden um eine Kita zu leiten wie betriebswirtschaftliche Kompetenzen oder Methodenviel-falt damit sie bdquoz B zu einem aktuellen Thema einen Qualitaumltszirkel bilden und das konzeptionelle Arbeiten vorantreiben kannldquo Fachwissen wird zur Staumlrkung der Vorgesetztenfunktion als bedeutsam erachtet denn es sei wich-

Abbildung 4

Fach- und personale Kompetenzen

Quelle nach DJIWiFF 2014 119

Fachkompetenz

Wissen Fertigkeiten

Tiefe und instrumentale Breite und systemische Fertigkeiten Beurteilungs - faumlhigkeit

Sozial- Selbstkompetenz kompetenz

Team- Eigenstaumlndigkeit Fuumlhrungsfaumlhig- Verantwortung keit Mitge- Reflexivitaumlt staltung und Lernkompetenz Kommunikation

Personale Kompetenz

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

tig dass bdquoeine Leiterin aus der Praxis kommt damit sie weiszlig wovon sie redet um auch ernst genommen zu werdenldquo Nur wenige benennen konkrete Auf-gaben bdquoMeine Aufgabe sehe ich darin dass ich ein guter Chef bin nicht der beste Fachmann fuumlr die Paumldagogik sondern der Vorgesetzte der fuumlr die Rah-menbedingungen einsteht und der die Arbeitsbedingungen schafft der das Haus gut nach auszligen repraumlsentiert und eine gute Personalauswahl trifftldquo

Als Kernkompetenzen fuumlr Leitungskraumlfte werden somit uumlberwiegend per-sonale Kompetenzen genannt Die Benennung von Fachkompetenzen zur Betriebsfuumlhrung erfolgt hingegen gar nicht oder nur sehr allgemein Das Lei-tungsverstaumlndnis kann auch mit der Verortung der Leitungen in der Kinder-tageseinrichtung variieren denn einige sind von der Arbeit in den Gruppen freigestellt andere nicht bzw nur z T freigestellt Leitungen die gleichzeitig in der Gruppenarbeit taumltig sind befinden sich in einer Doppelrolle Waumlhrend sich die Funktionen im Rahmen der Gruppenarbeit nicht von denen der Mitarbeiterinnen unterscheiden ist auf der anderen Seite zusaumltzlich die Ver-antwortung fuumlr die Betriebsfuumlhrung und das Funktionieren der Einrichtung insgesamt vorhanden Innerhalb eines Tages werden teilweise mehrfache Wechsel zwischen unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten not-wendig Deshalb verwundert es nicht wenn sich einige teilfreigestellte Lei-tungen und vor allem diejenigen die die Leitungsposition nicht als gezielte Entscheidung gesucht haben (vgl Abschnitt 334) als bdquonormalesldquo Team-Mit-glied ohne hierarchische Position definieren im Sinne von bdquoWir sind ein Ganzesldquo oder bdquoIch bin Kollegin und fertigldquo Nur vereinzelt wird ein um-fassenderes professionelleres Leitungsverstaumlndnis beschrieben bdquoLeiterin zu sein bedeutet fuumlr mich nicht sbquonurlsquo ein Teammitglied zu seinldquo sie stehe bdquovor neben oder hinter dem Teamldquo Insgesamt werden also groszlige individuelle Unterschiede im Leitungsverstaumlndnis deutlich die sich z T auf verschieden-artige Einbindung in den Gruppendienst und mehrfachen Rollentausch so-wie auf unterschiedliche Verortung der eigenen Position in Bezug auf das Team zuruumlckfuumlhren lassen

334 Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungs-moumlglichkeiten

Die Uumlbernahme der Leitungsfunktion kann im Prinzip zwei Wegen zugeord-net werden der bewussten eigenen Entscheidung und dem von auszligen an die Befragten herangetragenen Wunsch teilweise sind auch mehrere Gruumlnde ausschlaggebend Nur ein gutes Drittel der Befragten hat bewusst und gezielt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

die Position der Leitung und den damit verbundenen Fuumlhrungsanspruch an-gestrebt Bei dieser Gruppe spielt vor allem der Wunsch nach neuen Heraus-forderungen und einem groumlszligeren Handlungs- und Gestaltungsspielraum eine Rolle (bdquoIch brauche andere Anspruumlche ich moumlchte mich selber weiter-entwickeln ich brauche andere Aufgabenldquo) aber auch Gruumlnde wie das Ge-fuumlhl der Unterforderung im Gruppendienst oder das Ziel mit Erwachsenen arbeiten zu wollen Bei den anderen Befragten ist es keine gezielte Entschei-dung sondern der Wunsch nach Uumlbernahme der Leitungsposition wurde an die Befragten herangetragen z B durch die eigene Familie oder auch durch Kolleginnen die moumlgliche Veraumlnderungen durch eine neue Leitung scheu-ten (bdquoAllen war wichtig dass nicht jemand Neues von auszligen kommt und die Stelle besetzt da befuumlrchtet wurde dass dadurch die offene Arbeit und der Charakter des Hauses zerstoumlrt werden koumlnnteldquo) Bei den meisten Befragten erfolgte der Uumlbergang in die Leitungsposition im Rahmen eines Aufstiegs von der paumldagogischen Fachkraft oder Gruppenleitung Dabei handelt es sich oft nicht um eine bewusste Entscheidung fuumlr die Fuumlhrungsrolle Erzieherin-nen scheinen haumlufig eher zufaumlllig in die Leitungsfunktion zu geraten

Die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit stellt sich insgesamt als hoch dar Alle befragten Leitungen fuumlhlen sich am Arbeitsplatz zumindest meistens wohl Entscheidend dafuumlr ist das Gefuumlhl den eigenen fachlichen Anspruumlchen gerecht werden zu koumlnnen was unter Rahmenbedingungen wie ausreichender Ressourcen sowie guter Kommunikation mit dem Traumlger den Mitarbeiterinnen und Eltern am ehesten gelingt Eine Leitung druumlckt das folgendermaszligen aus bdquoIch bin am zufriedensten wenn die Kolleginnen und die Eltern zufrieden sind weil das meine Arbeit widerspiegelt Das sind mei-ne persoumlnlichen Erfolgeldquo Auch die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitgestal-tung faumlllt hoch aus was damit begruumlndet wird dass man einen groszligen Ein-fluss und Freiraum auf die Lage der Arbeitszeit habe Bei uumlber zwei Dritteln entspricht der Dienstplan immer oder meistens den eigenen Beduumlrfnissen nur wenige machen hier Einschraumlnkungen indem sie z B sagen bdquoEs passt halt nicht immerldquo Die AQUA-Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis dass es eine insgesamt hohe Arbeitszufriedenheit bei den Leitungen gibt (vgl Schreyer et al 2014 126)

Alle befragten Leitungskraumlfte fuumlhlen sich den inhaltlichen Anforderun-gen die mit der Leitungsrolle verknuumlpft sind immer oder zumindest meis-tens gewachsen Allerdings wirken sich ebenso wie bei den befragten Be-schaumlftigten unvorhergesehene Stoumlrungen oder zu viele Anforderungen auf einmal bei zusaumltzlicher Zeitknappheit negativ auf die Zufriedenheit und das Belastungsempfinden aus Als Auswirkungen von Belastungen werden z B

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Erschoumlpfungserscheinungen genannt oder die weitere Berufsausuumlbung wird hinterfragt wie beispielsweise bei einer Leitung (43 Jahre) bdquoIch denke schon mal daruumlber nach wie lange ich das noch schaffeldquo In der AQUA-Studie zeigt sich dass der Anteil der Personen die sich beruflich belastet fuumlhlen bei Leitungen mit 867 Prozent deutlich houmlher ist als bei Nicht-Leitungen mit 671 Prozent (vgl ebd 69) Dieses Belastungsempfinden schlaumlgt sich in der Gruppe der Personen die sich in einer Gratifikationskrise12 befinden in bdquoho-her Kuumlndigungsabsichtldquo (Schreyer et al 2014 77) nieder Zum Teil wird ge-genuumlber solchen Belastungen aber auch eine grundsaumltzlich andere persoumlnli-che Haltung entwickelt wie etwa bei einer Leitungskraft die die Einstellung vertritt dass Stoumlrfaktoren mit zur Arbeit gehoumlren und darum mit einem An-teil von ca 20 Prozent in die eigene Arbeitszeit eingeplant werden bdquoda es oft nicht so kommt wie ich es willldquo

Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Leitungskraumlfte werden vom uumlberwiegenden Teil der Befragten nicht gesehen Nur zwei Gespraumlchspartnerinnen berich-ten uumlber entsprechende traumlgerspezifische Sonderformen fuumlr die berufliche Weiterentwicklung Einige andere Befragte koumlnnen sich aber durchaus beruf-liche Veraumlnderungen vorstellen z B durch einen Wechsel des Taumltigkeitsfel-des Genannt werden hier uumlbergeordnete Taumltigkeiten beim Traumlger beispiels-weise als Bezirksleitung oder einrichtungsuumlbergreifende Taumltigkeiten im Rah-men von Kooperationen und Vernetzungen oder Stadtteilentwicklungen Weitere halten es fuumlr moumlglich neben der Leitungsfunktion zusaumltzliche Auf-gabenbereiche zu uumlbernehmen Ein knappes Drittel der befragten Leitungen gibt an aus familiaumlren oder altersbedingten Gruumlnden kein Interesse (mehr) an einem Aufstieg zu haben

335 Zusammenarbeit mit dem Traumlger

Die Zusammenarbeit mit den Traumlgern gestaltet sich bei den befragten Lei-tungskraumlften unterschiedlich Nur knapp die Haumllfte der Leitungskraumlfte ist sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung und der groumlszligere Teil fuumlhlt sich entwe-der bdquonicht besonders gutldquo bis zu bdquonicht ausreichendldquo unterstuumltzt Als wichtig fuumlr die Zusammenarbeit werden die Kommunikations- und Informations-prozesse angesehen Leitungskraumlfte die sich gut unterstuumltzt fuumlhlen berichten

12 Eine Gratifikationskrise kann als ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung definiert werden (ebd)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

von gutem Kontakt mit unterschiedlichen Moumlglichkeiten zur gegenseitigen Information wie z B festen Sprechzeiten Dagegen wird in Einzelfaumlllen be-richtet dass zustaumlndige Ansprechpartnerinnen uumlber laumlngere Zeit nicht er-reichbar sind die Kontaktaufnahme sich umstaumlndlich und zeitaufwendig gestaltet und auch die Erreichbarkeit in Notsituationen nicht verlaumlsslich ge-regelt ist Von einer teilweise muumlhsamen Zusammenarbeit wird berichtet wenn die Ansprechpartner die sich um die Belange in der Kindertagesein-richtung kuumlmmern nicht (ausreichend) qualifiziert sind bdquoDer Traumlger setzt sich nur aus Ehrenamtlichen zusammen Auf den jaumlhrlichen Kirchenvor-standswahlen werden Verantwortliche gewaumlhlt die nach Einarbeitung bei der kommenden Wahl den Vorstand theoretisch und praktisch wieder ver-lassenldquo

Rahmenbedingungen dieser Art werden von den Leitungen als belastend und kraftraubend empfunden Gleiches gilt wenn Absprachen oder verein-barte Termine nicht eingehalten werden (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern dastehen umfallenldquo) Die AQUA-Studie kommt zu dem Ergebnis dass Lei-tungen die wenig Unterstuumltzung vom Traumlger erhalten und bei denen keine klaren Absprachen mit dem Traumlger vorhanden sind eher in eine Gratifika-tionskrise geraten und dass eine staumlrkere Burnout-Gefaumlhrdung besteht als bei Leitungen die viel Unterstuumltzung erhalten und bei denen klare Absprachen mit dem Traumlger bestehen (vgl Schreyer et al 2014 72 f)

Als weiteres Defizit stellt sich aus Sicht mancher Leitungen die mangeln-de Bereitschaft einiger Traumlgervertreterinnen dar zuzuhoumlren sowie Verstaumlnd-nis und Wertschaumltzung zu zeigen Probleme dieser Art werden vermehrt bei kommunalen Traumlgern genannt wo z B ein (haumlufig erfolgter) Personalwech-sel zu Unzuverlaumlssigkeit Motivationsabfall und fehlender Transparenz fuumlhrt Verwaltungswege und -entscheidungen werden als teilweise nicht nachvoll-ziehbar eingeschaumltzt und belasten die Leitungen bei ihrer Taumltigkeit In der AQUA-Studie findet sich ein aumlhnliches Ergebnis Leitungen die bei kommu-nalen und kirchlichen Traumlgern angestellt sind fuumlhlen sich in geringerem Maszlige durch den Traumlger unterstuumltzt als Leitungen von Kitas anderer freier Traumlger (vgl ebd 42)

Um Reibungsverluste zu vermeiden sollten aus Sicht vieler Leitungen die Aufgaben und Befugnisse fuumlr die Leitung durch den Traumlger klar definiert und fixiert werden Im Rahmen dieser Handlungsfreiraumlume wuumlnschen sie sich insbesondere Flexibilitaumlt Moumlglichkeiten fuumlr eigene Entscheidungen und freie Zeiteinteilung Fuumlr einen Groszligteil der befragten Leitungen stellt dies eine wichtige Arbeitsgrundlage dar und mehr als die Haumllfte fuumlhlt sich dies-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

bezuumlglich von ihren Traumlgern ausreichend ausgestattet Einige Leitungen se-hen sich dagegen in ihrem eigenen Handeln eingeschraumlnkt oder gar daran gehindert eigene Entscheidungen zu treffen Verantwortlich werden Traumlger-vorgaben gemacht die als umstaumlndlich empfunden werden und deren Ein-haltung kontrolliert wird was als Behinderung der Leitungstaumltigkeit an ge se-hen wird (bdquoEr pfeift mich immer wieder zuruumlckldquo) Zwei Leitungen berichten jedoch auch von einem (fast) uneingeschraumlnkten Handlungsfreiraum der zwar als sehr foumlrderlich fuumlr die Umsetzung der Ziele von Leitungen und Mit-arbeiterinnen angesehen wird jedoch auch als sehr belastend da sich die Leitungen in der Verantwortung alleingelassen fuumlhlen Aspekte der Traumlger-qualitaumlt (Fthenakis et al 2003) scheinen hier in einem hohen Maszlige an die Leitungen delegiert zu werden Insgesamt stellt sich die Zusammenarbeit mit den Traumlgern aus unterschiedlichen Gruumlnden haumlufig als problematisch dar eine Bedingung die sich auf Wohlbefinden und Gesundheit der Leitungen auswirken kann

Neben dem Austausch mit den Traumlgervertreterinnen sind auch Moumlglich-keiten zum kollegialen Austausch und zur Beratung mit anderen Leitungen von Bedeutung Regelmaumlszligig stattfindende Leitungsrunden und -konferenzen finden mit Ausnahme eines Traumlgers der nur eine Einrichtung betreibt bei al-len statt Hinsichtlich der Bereitstellung von Fachinformation und Konzep-ten fuumlhlt sich der Groszligteil der Befragten gut versorgt Mehrfach wird eine Vernetzung inhaltlicher Art uumlber das Intranet mit Literatur bzw einer Bib-liothek zur internen einrichtungsuumlbergreifenden Information genannt Im Rahmen des Qualitaumltsmanagements werden vielfaumlltige Materialien zur Struk-turierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt wie z B Einarbeitungskonzepte fuumlr neue Mitarbeiterinnen Gespraumlchsleitfaumlden fuumlr Mitarbeitergespraumlche etc Solche Angebote finden sich vor allem bei Traumlgern mit mehreren Einrichtun-gen bei den in die Befragung einbezogenen privaten Traumlgern und dort wo es einen qualifizierten Ansprechpartnerin fuumlr paumldagogische und fachliche Be-lange einer Kindertageseinrichtung gibt Diese Angebote werden in der Re-gel ndash besonders von neuen Leitungen ohne hinreichende Praxiserfahrungen und unabhaumlngig von ihrer Qualifikation ndash als sehr hilfreich empfunden Ein-schraumlnkend wird jedoch auch angemerkt dass ein Zuviel an Informationen auch belastend sein kann

Nur ein kleinerer Teil der befragten Leitungen fuumlhlt sich im Hinblick auf die Ausstattung gut unterstuumltzt insbesondere bezogen auf das Raumangebot und die Raumausstattung auf Elektronik und Moderationsmaterial Bei der Mehrheit der Leitungen gibt es zumindest teilweise Kritik z B an baulichen Problemen und fehlender Ausstattung der Kita Des Weiteren werden Ver-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

fahrensfragen bemaumlngelt denn einige Leiterinnen beklagen dass alles was Ressourcen betrifft schwierig sei und von aufwendigen Verhandlungen be-gleitet werde Gewuumlnscht wird deshalb bdquomehr Personal und mehr Hand-lungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Unterstuumltzungldquo Hinsichtlich der notwendigen Ausstattung der Kitas und der jeweiligen Verfahren zur Be-reitstellung und dem Einsatz von Ressourcen sehen viele Kita-Leitungen ei-nen Nachholbedarf

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4 HANDLUNGSFELDER EINER NACHHALTIGEN PERSONALWIRTSCHAFT

Im Projekt KONTI wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten Hand-lungsfelder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die geeignet sind eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit im Arbeitsfeld Kindertagesein-richtungen zu foumlrdern Erstens wurden branchenuumlbergreifend diskutierte und erprobte Strategien auf ihre Uumlbertragbarkeit hin ausgewertet und unter dem Blickwinkel diskutiert ob und inwieweit sie fuumlr den Betrieb von Kinder-tageseinrichtungen nutzbar sind und wie sie den spezifischen Bedarfen ent-sprechend angepasst werden koumlnnen Zweitens wurden die aktuellen Anfor-derungen analysiert die sich aus dem Aufgabenfeld Kindertagesbetreuung ergeben und von den Traumlgern im Sinne der Sicherung und Weiterentwick-lung ihres Angebotes zur Bildung Erziehung und Betreuung von Kindern beruumlcksichtigt werden muumlssen Drittens wurde die Perspektive der Beschaumlf-tigten in den Mittelpunkt gestellt und gefragt was aus ihrer Sicht eine bdquogute Arbeitldquo ausmacht

Dabei wurde zunaumlchst von der These ausgegangen dass eine dauerhafte Beschaumlftigung der Mitarbeiterinnen bei Traumlgern von Kindertageseinrich-tungen durch eine gute Personalbindung erzielt werden kann Diese basiert grundsaumltzlich auf einer groszligen Arbeitszufriedenheit die sich zum einen aus einer hohen (intrinsischen) Motivation der Beschaumlftigten fuumlr das Arbeitsfeld und zum zweiten durch Arbeitsbedingungen ergibt die sich motivations-foumlrdernd auswirken Die (Weiter)Entwicklung guter Arbeitsbedingungen ndash und zwar sowohl in persoumlnlicher fachlicher zeitlicher und raumlumlicher Hin-sicht ndash steht darum im Fokus einer nachhaltigen und demografiesensiblen Personalarbeit So kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz Kin-dertageseinrichtung und dem Traumlger als Arbeitgeber gefoumlrdert werden

Vorgestellt werden im Folgenden konzeptionelle Uumlberlegungen und Pra-xiserfahrungen die im Sinne solcher nachhaltigen Personalkonzepte durch Traumlger und Personalverantwortliche nutzbar gemacht werden koumlnnen Die dazu ausgewaumlhlten Ansatzpunkte sind ndash Personalbestandsentwicklung (Kapitel 41) ndash Personal- und Teamfuumlhrung (Kapitel 42) ndash Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen (Kapitel 43)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Aufgabe des Personalmanagements ist es den Personalbestand einer Organi-sation zu erhalten und den betrieblichen Bedarfen entsprechend quantitativ wie qualitativ weiterzuentwickeln Eine solche mittel- und langfristige Ent-wicklung zielt dabei grundsaumltzlich darauf ab sowohl das fuumlr die Aufgaben-wahrnehmung erforderliche Personal kontinuierlich und dauerhaft bereitzu-stellen als auch den Beschaumlftigten selbst Entwicklungsmoumlglichkeiten zu bie-ten weil diese wiederum motivationsfoumlrdernd und damit personalbindend wirken (koumlnnen) also ein wichtiges Instrument der Personalbestandspflege sind In diesem Kapitel wird zunaumlchst allgemein auf Fragen der Personal-planung (Abschnitt 411) und der Personalentwicklung (Abschnitt 412) eingegangen Dann erfolgt eine Auseinandersetzung mit Moumlglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Karrierepfaden (Abschnitt 413) und einer leis-tungsorientierten Verguumltung (Abschnitt 414)

411 Strategische Personalplanung und Altersstrukturanalyse

Ziel einer zusaumltzlich auf Nachhaltigkeit angelegten Personalentwicklung ist es eine moumlglichst ausgewogene Altersstruktur zu schaffen um Karrierestaus die sich aus einer Dominanz bestimmter Altersgruppen ergeben ebenso zu vermeiden wie den Verlust von Wissen der entsteht wenn viele aumlltere Be-schaumlftigte gleichzeitig in den Ruhestand gehen (vgl BrandenburgDomschke 2007 115 ff) Insofern wird eine mittel- und langfristige Personalplanung nicht nur zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung des Personal-bestands sondern erhaumllt ndash gerade auch in Kombination mit einer an den In-teressen der Mitarbeiterinnen orientierten Personalfoumlrderung ndash zugleich eine bdquostrategische Komponenteldquo (ebd 122)

Als notwendige Grundlage fuumlr eine demografiesensible Personalwirtschaft wird allgemein eine Altersstrukturanalyse betrachtet die anhand von Perso-naldaten zu Merkmalen wie Alter Geschlecht Qualifikation oder Einsatzort erstellt wird Sie verschafft zunaumlchst einen differenzierten Uumlberblick uumlber den aktuellen Personalbestand Daruumlber hinaus kann mithilfe mittel- und lang-fristiger Prognosen ndash etwa in Fuumlnf- bis Zehn-Jahres-Schritten ndash festgestellt werden wann und in welchem Umfang ein zukuumlnftiger Personalbedarf ent-stehen wird Zu einer solchen Analyse gehoumlrt auch eine Beobachtung der Personalfluktuation Werden derartige Daten erfasst und ausgewertet erge-ben sich dadurch nicht nur quantitative Hinweise auf eventuell entstehende

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Luumlcken sondern auch Hinweise darauf in welchen Phasen der Berufsbiogra-fie in besonderem Maszlige Abgaumlnge zu verzeichnen sind (vgl beispielsweise Deller et al 2008 28 ff)

Differenzierte Auswertungen einer solchen Altersstrukturanalyse schaffen somit die Basis fuumlr eine strategische Personalbedarfsplanung z B mit Blick auf die eigene Nachwuchssicherung da bdquoeine fruumlhzeitige Planung der Kapa-zitaumlten es wahrscheinlicher macht den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz zu habenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 40 f) Eine strategische Per-sonalplanung bietet daruumlber hinaus nicht nur Potenzial fuumlr eine passgenaue Personalfoumlrderung sondern auch fuumlr die Personalakquise der in Zeiten eines prognostizierten Fachkraumlftemangels eine besondere Bedeutung zukommt Auf der Basis der Analyseergebnisse lassen sich Stellenausschreibungen ent-wickeln die sowohl die entsprechenden Anforderungsprofile als auch At-traktivitaumltsmerkmale fuumlr die Arbeit im Unternehmen beinhalten bdquoFuumlr die Gewinnung von guten Mitarbeitern ist es [hellip] von Bedeutung eine attrakti -ve Unternehmenskultur mit gelebten Unternehmenswerten nach auszligen zu kommunizieren sowie Arbeitsplatzsicherheit und verantwortungsvolle Be-schaumlftigungsmoumlglichkeiten zu bietenldquo (ebd 41) In einem strategisch aus-gerichteten Entwicklungskonzept fuumlr den Personalbestand werden somit Personalakquise und auch Personalmarketing als Einheit betrachtet Als ge-eignete Maszlignahmen sind hier Imagepflege Zusammenarbeit mit einschlauml-gigen Bildungseinrichtungen Angebot von Praktikumsplaumltzen und Praumlsenz bei Ausbildungs- und Jobmessen zu nennen

In der Traumlgerbefragung des Projekts KONTI hat sich herausgestellt dass die fuumlr eine Altersstrukturanalyse notwendigen Personaldaten (Alter Qualifi-kation aktueller Einsatzort) haumlufig vorliegen eine systematische Aufberei-tung und Auswertung jedoch ganz uumlberwiegend ndash selbst bei groszligen Trauml-gern ndash nicht erfolgt Die meisten Befragten verstehen im Gespraumlch unter einer Personalbedarfsplanung die gesetzlich vorgeschriebene Personalpla-nung anhand des ermittelten Betreuungsbedarfs fuumlr das folgende Kinder-gartenjahr die jaumlhrlich oder alle zwei Jahre in einem Fall sogar monatlich durchgefuumlhrt wird Eine mittel- oder gar langfristige Personalplanung daruuml-ber hinaus besteht in den meisten Faumlllen nicht in Thuumlringen wird sie sogar dreimal in NRW viermal explizit verneint bdquoEinen ausgesprochenen Pla-nungsansatz gibt es nichtldquo

Haumlufig wird daruumlber berichtet dass Planung ein schwieriges Thema und praktisch unmoumlglich sei Es gebe zwar einige planbare Groumlszligen wie z B ei-nen Mehrbedarf an Personal aufgrund des U3-Ausbaus der Einrichtung neu-er Gruppen und Kitas oder auch von Veraumlnderungen der Gruppenstruktur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bzw einen Minderbedarf aufgrund von Einrichtungs- oder Gruppenschlie-szligungen Auf Verrentungen und dabei insbesondere auf die Neubesetzung von Leitungspositionen koumlnne man sich durch Planung einstellen Aber nur ein Interviewpartner berichtet dass bei seinem Traumlger dazu ndash als wichtige Ba-sis fuumlr die zweijaumlhrigen Leitungsfortbildungen ndash bdquosehr strukturierte Datenldquo vorliegen Wegen der vielen nicht planbaren Groumlszligen wie etwa Schwanger-schaften Wohnortwechsel Beurlaubungen Elternzeitlerinnen oder Lang-zeiterkrankungen entstehen nach Ansicht der meisten Befragten groszlige Prob-leme fuumlr eine realistische Planung Der Gespraumlchspartner eines groszligen kom-munalen Traumlgers aus NRW berichtet von uumlber vierzig Personalvorgaumlngen woumlchentlich mehr als in der gesamten restlichen Kommunalverwaltung

Nur bei zwei kommunalen Traumlgern wird von einer mittel- oder langfristi-gen Planung des Personalbedarfs gesprochen davon bei einem gezielt auch fuumlr den zukuumlnftigen Umgang mit der demografischen Entwicklung Dem an-deren Personalverantwortlichen fehlt gerade dieser Aspekt in den Planungs-daten Bei weiteren Traumlgern hat man bdquodie mittel- bis langfristige Personalbe-darfsplanung im Blickldquo existiert ein aumlmteruumlbergreifender Arbeitskreis bdquokom-munaler Personalbedarfldquo oder wird eine Software bdquoStellenplanerldquo des Land-schaftsverbandes genutzt die angibt bdquowo Stellen frei sind und welche Stellen zu besetzen sindldquo Lediglich ein Personalverantwortlicher aus Thuumlringen be-richtet uumlber die Ergebnisse einer Altersstrukturanalyse In Form einer Dip-lomarbeit wurde beim Traumlger die Betreuungsbedarfsentwicklung mit den an-stehenden Verrentungen fuumlr die naumlchsten Jahre verglichen Daruumlber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch eine langfristige Betreuungsbedarfsabschaumlt-zung mit den Gemeinden um Tendenzen und regionale Unterschiede zu er-mitteln

In den meisten Faumlllen beschraumlnkt sich jedoch eine Personalplanung auf das jeweils kommende Kindergartenjahr Zwar werden daneben z B mit Blick auf anstehende Renteneintritte verschiedene Instrumente zur Entwick-lung des Personalbestands etwa zur Nachwuchssicherung eingesetzt So be-treiben einige groumlszligere Traumlger eine gezielte Nachfolgeplanung fuumlr Leitungs-positionen und bieten entsprechende Qualifizierungsprogramme fuumlr Mit-arbeiterinnen aus den eigenen Reihen an Bei einem anderen Traumlger wer - den Leitungsstellen fuumlr einen Uumlbergangszeitraum doppelt besetzt damit die nachfolgende Leitung sich einarbeiten und von den Erfahrungen der aus-scheidenden Leitung profitieren bzw diese in der Schlussphase ihres Berufs-lebens gleichzeitig entlastet werden kann Eine mittel- und langfristige und strategisch ausgerichtete Personal(bedarfs)planung auf der Basis einer Alters-strukturanalyse ist bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen nach den

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Befragungsergebnissen im Projekt bislang kein gaumlngiges Instrument obwohl sie eine solidere Grundlage fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft bilden koumlnnte als der Einsatz einzelner Maszlignahmen Hier zeigt sich darum ein gro-szliges Potenzial um sich als Traumlger fuumlr die Zukunft gut aufzustellen

412 Nachhaltige Personalfoumlrderung und Personalentwicklung

Aufgabe der Personalfoumlrderung ist es Potenziale von Individuen zu erken-nen und ihre Nutzung zu foumlrdern sowohl im Sinne der individuellen Ent-wicklungsmoumlglichkeiten als auch zur Deckung des Personalbedarfs im Hin-blick auf die betrieblichen Anforderungen Auch sie wird damit zu einem wichtigen Instrument einer strategischen Personalplanung Wesentliche Grundlage einer solchen auf Nachhaltigkeit und Personalbindung ausgerich-teten Personalfoumlrderung ist es die erforderlichen Kompetenzen zunaumlchst zu definieren (vgl BrandenburgDomschke 2007 149 ff) Nur dann koumlnnen bei Potenzialanalysen Personalbeurteilungen und Fortbildungsangeboten ndash bei den Instrumenten also die im Kontext der Personalfoumlrderung eingesetzt wer-den ndash diejenigen Aspekte beruumlcksichtigt werden die fuumlr die Organisation als Ganzes wichtig sind Entscheidend ist weiterhin dass weder Analysen und Beurteilungen noch Qualifizierungen lediglich aus Selbstzweck erstellt wer-den Vielmehr sollten die Maszlignahmen und Instrumente als Grundlage fuumlr eine persoumlnliche Karriereplanung aller Mitarbeiterinnen dienen die allen Individuen passende Aufstiegsmoumlglichkeiten eroumlffnet

Im Idealfall basiert darum die Personalfoumlrderung auf einem auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Gesamtkonzept zur Personalentwicklung und folgt dabei einem Leitbild mit dem die Ziele des Traumlgers und seiner Kindertages-einrichtungen sowohl gegenuumlber der Oumlffentlichkeit als auch gegenuumlber den Mitarbeiterinnen kommuniziert werden Aus einem solchen Leitbild lassen sich zum einen Anforderungen des Traumlgers an seine Beschaumlftigten ableiten zum anderen wird geklaumlrt welche Erwartungen die Mitarbeiterinnen an ih-ren Arbeitgeber stellen koumlnnen Auf dieser Grundlage koumlnnen Fortbildungs-moumlglichkeiten und Angebote der persoumlnlichen Weiterentwicklung aufge-baut werden Ein derartiges Gesamtkonzept uumlbernimmt nicht nur eine wich-tige Funktion fuumlr die Personalfoumlrderung sondern bildet daruumlber hinaus die Basis fuumlr ein erfolgreiches Personalmarketing Als exemplarisch fuumlr einen solchen Ansatz wird das im Kasten dargestellte Beispiel von bdquoKonzept-eldquo vor-gestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Leitbilder als Grundlage fuumlr die Personalfoumlrderung ndash das Beispiel von bdquoKonzept-eldquo (KammerlanderRehn 2015)

Das bdquoKonzept-eldquo-Netzwerk ist ein privater Traumlger von gut dreiszligig Kindertagesstaumltten und zwei freien Grundschulen Das Leitbild des Unternehmens wird mit dem Markennamen bdquoElement-ildquo uumlberschrie-ben der sich zusammensetzt aus bdquoElementar(-Paumldagogik)ldquo und dem Ele men taren der Paumldagogik des Unternehmens naumlmlich dem Leit-satz bdquoMenschen bilden sich individuell auf der Grundlage ihrer In-teressen und in Interaktion mit Anderenldquo (die drei Irsquos) Aus einem Leitbild das das Beduumlrfnis von Menschen nach Anerkennung in der Gemeinschaft einerseits und nach Selbstbestimmung andererseits in den Mittelpunkt stellt werden fuumlnf Leitziele abgeleitet ndash Gesundheit als physisches und psychisches Wohlbefinden ndash Autonomie als Einheit von Aufgaben Kompetenz und Verant-

wortung (bdquoAKV-Prinzipldquo) ndash Verbundenheit mit dem Unternehmen als Ganzes im Sinne ge-

genseitiger Hilfe und der Einhaltung von vereinbarten Struktu-ren

ndash Resilienz mit einer offenen und ehrlichen Kommunikations- und Feedback-Kultur

ndash Freude am Vorwaumlrtskommen und an Leistung sowie an intelli-gentem Arbeiten mit flexiblen Problemloumlsungen

Dabei wird davon ausgegangen dass eine gute Qualitaumlt der Arbeit nur mit intrinsisch motivierten und affektiv gebundenen Mitarbeiterinnen realisierbar ist Die Organisationsstrukturen des Unterneh-mens zielen deshalb darauf ab Raum fuumlr leistungsbereite und enga-gierte Teams zu bieten in denen persoumlnliche Verantwortungsuumlber-nahme und Selbstverpflichtung verknuumlpft werden mit dem Gewinn von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit jedes Einzelnen

Das Unternehmen arbeitet mit individuellen Zielvereinbarun-gen wobei gemaumlszlig dem AKV-Prinzip Wert darauf gelegt wird dass jeder Mitarbeiterin vereinbarte Aufgaben uumlbernimmt dafuumlr uumlber die noumltigen persoumlnlichen und fachlichen Kompetenzen die erforder-lichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie uumlber personel-le und materielle Ressourcen verfuumlgt und die Verantwortung fuumlr die

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

413 Kompetenzorientierter Personaleinsatz und Karrierepfade

Personalfoumlrderung ist letztlich vor allem dann wirkungsvoll wenn es Ein-satzorte gibt in denen die hinzugewonnenen Kompetenzen genutzt und die eigenen Faumlhigkeiten entfaltet werden koumlnnen Im Idealfall wird der Perso-naleinsatz so gestaltet dass er die Entwicklungsmoumlglichkeiten des Individu-ums gleichzeitig fordert und foumlrdert Personalfoumlrderung und Personaleinsatz stehen damit in einem wechselseitigen Verhaumlltnis zueinander Mit Blick auf eine demografiesensible Personaleinsatzplanung wird in diesem Zusammen-hang in der Literatur auf die Bedeutung einer bdquoalternsgerechte[n] Laufbahn-gestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 139) hingewiesen die einerseits bestehende Kompetenzen nutzt und weiterentwickelt und andererseits Fehl-beanspruchungen verhindert Das Konzept geht dabei von verschiedenen

Umsetzung uumlbernimmt ndash oder im Falle von Problemen rechtzeitig Unterstuumltzung einfordert

Fuumlr die Erzieherinnen bedeutet dies dass sie ndash im Rahmen eines Konzepts der offenen Gruppenarbeit ndash als gleichberechtigtes Team zusammenarbeiten und bdquoBezugskinderldquo haben bei denen sie fuumlr Auf-gaben wie Eingewoumlhnung Beobachtung Dokumentation oder El-terngespraumlche zustaumlndig sind Daruumlber hinaus sind die Erzieherin-nen nach dem AKV-Prinzip fuumlr weitergehende Aufgaben verantwort-lich so z B fuumlr die Zuteilung der Neuaufnahmen zu Bezugserzieherinnen die Erstellung von Dienstplaumlnen oder als Expertinnen fuumlr einzelne Bildungsbereiche

Fuumlr die Mitarbeiterinnen gibt es ein umfassendes Coaching- und Fortbildungsprogramm das mit dreitaumlgigen Einarbeitungswork-shops und der Begleitung durch einen Patenin in den ersten drei Monaten beginnt Darauf baut eine verbindliche Fortbildungsreihe auf die sieben eintaumlgige Bausteine zu den Leitzielen der Kinderhaumlu-ser und den Bildungsplaumlnen des jeweiligen Bundeslandes enthaumllt An-geboten werden des Weiteren Seminare die eine Spezialisierung fuumlr bestimmte Themen und die Uumlbernahme einer Multiplikatorfunktion ermoumlglichen Teamentwicklungstage in Form von viertaumlgigen Work-shops mit externen Referentinnen und Hospitationen in anderen Kinderhaumlusern des Traumlgers zur Foumlrderung des Austauschs

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Arbeitsplatztypen aus (Einstiegs- Umstiegs- Aufstiegs- Verweil- sowie Aus-stiegsarbeitsplaumltze) denen die vorhandenen Arbeitsplaumltze zugeordnet wer-den Je nach persoumlnlichen Bedarfen und aktuellen Lebenssituationen die auf Basis von bdquoMitarbeiterbeurteilungen Mitarbeitergespraumlchen Entwicklungs-plaumlnen und betriebsaumlrztlichen Empfehlungenldquo (ebd) erhoben werden soll entschieden werden welcher Arbeitsplatz fuumlr die einzelnen Mitarbeiterin-nen geeignet ist

Von besonderer Bedeutung fuumlr aumlltere Beschaumlftigte mit gesundheitlichen Einschraumlnkungen ist es Einsatzmoumlglichkeiten zu schaffen an denen sie so-wohl ihre persoumlnlichen Belastungen reduzieren als auch ihre Kompetenzen zur Geltung bringen koumlnnen In diesem Kontext wird uumlber bdquogesundheitsori-entierte Berufswegekorridoreldquo als Instrument betrieblicher Gesundheitspoli-tik diskutiert (Juumlrgenhake 2015) Hier geht es im Sinne der Praumlvention dar-um Erkrankungen und Leistungsminderungen dadurch vorzubeugen dass den Beschaumlftigten rechtzeitig die Moumlglichkeit geboten wird die eigene Taumltig-keit innerhalb des Unternehmens zu veraumlndern oder den Arbeitsplatz zu wechseln so dass Belastungen reduziert werden Je nach Struktur der Arbeits-plaumltze kann ein solcher bdquoBerufswegekorridorldquo innerhalb einer Organisations-einheit oder uumlbergreifend geplant werden (vgl ebd 151 f) Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit solcher Modelle ergeben sich in der Praxis zum einen aus der Frage der Planbarkeit die in der Regel nicht in dem Maszlige gegeben ist wie es fuumlr eine flaumlchendeckende Implementierung notwendig waumlre (vgl ebd 153) Zum anderen setzt das Modell voraus dass Arbeitsplaumltze mit sehr unter-schiedlichen Anforderungen existieren

bdquoWenn die Belastungen und deren Houmlhe an den Arbeitsplaumltzen nicht hinreichend unterschiedlich sind ergibt eine berufliche Ver-aumlnderung unter Gesundheitsaspekten wenig Sinn Schwierig wird es auch wenn nur wenige deutlich anders bzw gering belastende Ar-beitsplaumltze zur Verfuumlgung stehen aber viele an denen hohe Belas-tungen herrschenldquo (ebd 154)

Ein solcher an einer lebenslagenorientierten Laufbahnplanung ausgerichte-ter Personaleinsatz ist jedoch nicht nur unter der Perspektive der Gesundheit von Bedeutung sondern vor allem auch im Hinblick auf eine kompetenzori-entierte Personalfoumlrderung Relevant fuumlr alle Altersgruppen sind Moumlglichkei-ten des Job-Enrichments und des Job-Enlargements also der inhaltlichen Aufgabenerweiterung Neben einer solchen Aufwertung der von den einzel-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

nen Mitarbeiterinnen aktuell besetzten Arbeitsplaumltze stellt sich zusaumltzlich die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten wobei einerseits Leitungspositionen anderseits Positionen mit erweiterter fachlicher Verantwortung von Interesse sind

bdquoFuumlr jeden Mitarbeiter sollte ein individueller Entwicklungsplan er-stellt werden Notwendige Bestandteile eines solchen Plans sind vor-handene Faumlhigkeiten Entwicklungspotenziale Weiterbildungsbe-darf und moumlgliche Karrierewege Karriere ist dabei nicht gleichbe-deutend mit Aufstieg sondern meint vor allem Fachkarrierenldquo (BrandenburgDomschke 2007 140)

Abbildung 5 zeigt somit zwei unterschiedliche Karrieremodelle

Betrachtet man die Aussagen der Kita-Beschaumlftigten in den Interviews (vgl Kapitel 32) so zeigt sich ein erhebliches Interesse der Mitarbeiterinnen so-wohl an einer fachlichen Weiterentwicklung im Arbeitsfeld als auch daran bestimmte persoumlnliche Staumlrken und Faumlhigkeiten einbringen zu koumlnnen Vie-le Beschaumlftigte formulieren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und diese Arbeit mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung zu kombinieren Besonders zufrieden sind sie dann wenn sie den Eindruck haben ihre Kompetenzen gut nutzen zu koumlnnen Das Fehlen von beruflichen Entwicklungsperspekti-ven fuumlr Erzieherinnen ist darum auch ein gewichtiger Grund fuumlr deren Aus-

Abbildung 5

Karrieremodelle

Quelle nachLuumlthjeKurylas-Mengs 2015

Karrieremodell

Fuumlhrungskarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Fuumlhrungskompetenz

Fachkarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Expertenwissen

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stieg aus dem Beruf Die Befuumlrchtung man koumlnne bdquomit 60 nicht mehr auf dem Bauteppich sitzenldquo (so die Aussage von Befragten) fuumlhrt dazu dass viele Mitarbeiterinnen vermuten ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausuumlben zu koumlnnen Die Installation von Fachkarrieren koumlnnte im Sinne einer nach-haltigen Personalfoumlrderung darum sowohl unter dem Gesichtspunkt gesund-heitsorientierter Berufswegekorridore als auch als Instrument einer Lauf-bahngestaltung von Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen von ho-her Bedeutung sein

Besonders offenkundig wird die Notwendigkeit der Entwicklung solcher Fachkarrieren fuumlr Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung die als Absolventinnen von den in den letzten Jahren entstandenen kindheitspaumlda-gogischen Studiengaumlngen in wachsendem Maszlige auf den Arbeitsmarkt kom-men (vgl Kapitel 24) Befragungen zeigen dass nur ein Teil der Kindheits-paumldagoginnen Leitungsfunktionen anstrebt vor allem wird von Traumlgern und auch von den Absolventinnen selbst die Notwendigkeit gesehen zu -erst Berufserfahrung zu sammeln statt unmittelbar in eine Leitungsfunktion ein zusteigen (vgl Klaudy et al 2014 12 f) Die Arbeit in der Kita als Mitar-beiterin in der Gruppe betrachten viele von ihnen bislang nur als Durch-gangsstation Wenn sie nach ihren beruflichen Perspektiven gefragt werden nennen sie neben der mittelfristig angedachten Uumlbernahme einer Leitungs-funktion einerseits Positionen auszligerhalb der Kita ndash in der Fachberatung in der Wissenschaft in der Aus- und Fortbildung ndash andererseits geben viele von ihnen an dass sie gern weiterhin unmittelbar mit Kindern in der Kita arbei-ten wuumlrden aber diese Taumltigkeit mit anderen Funktionen kombinieren moumlchten Auch hier werden planerisch-gestaltende Funktionen die Arbeit im Management sowie Beratungs- und Lehrtaumltigkeiten genannt (vgl Alter-mann et al 2015 33 ff) Des Weiteren zeigt sich in der Praxis dass Kindheits-paumldagoginnen etwa vor dem Hintergrund von vertieften entwicklungs-psychologischen Kenntnissen in den Teams teilweise Multiplikatorfunktio-nen wahrnehmen (vgl ebd) Finanziell honoriert wird dies allerdings nicht Die Unzufriedenheit damit trotz einer akademischen Ausbildung keine ent-sprechende Verguumltung zu erhalten traumlgt dazu bei dass viele Kindheitspaumlda-goginnen die Kita nur als Ort fuumlr erste Berufserfahrungen aber nicht fuumlr weiterfuumlhrende Perspektiven ansehen (vgl ebd)

Legt man jedoch die Auswertung der Traumlgerbefragungen zugrunde so zeigt sich dass sich Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Beschaumlftigte in Kindertages-einrichtungen ndash ob nun fuumlr Erzieherinnen oder fuumlr Kindheitspaumldagoginnen ndash im Wesentlichen auf die Uumlbernahme von Leitungspositionen beschraumln-ken Selbst diese Aufstiegsmoumlglichkeit wird fuumlr Erzieherinnen zukuumlnftig

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schwieriger weil der Rechtsrahmen zunehmend z B bereits jetzt in Thuumlrin-gen einen Hochschulabschluss fuumlr diese Funktionen voraussetzt Auch bei einem der befragten Traumlger in NRW werden schon heute in dieser Position nur Akademikerinnen eingesetzt Einige Male wird auch die Stellvertre-tungsposition die Gruppenleitung fuumlr groszlige Einrichtungen die Teamleitung als Aufstiegsmoumlglichkeit von anderen der Wechsel in groumlszligere Einrichtungen genannt ndash von der zweigruppigen bis zur achtgruppigen Einrichtung An-sonsten ist die Reaktion der Personalverantwortlichen auf die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Erzieherinnen selbst bei groszligen Traumlgern eher bedauernd und resignativ bdquoDa muss ich aber ehrlich sagen ich habe nicht viele Stellen Also koumlnnen sie sich nur fuumlr sich selber entwickelnldquo Bei kleinen Traumlgern ist diese Situation besonders perspektivlos fuumlr die Beschaumlftig-ten sind diese Stellen doch immer uumlber Jahre vergeben

Teilzeitkraumlften wird die Uumlbernahme von Leitungsaufgaben ganz uumlber-wiegend verwehrt haumlufig mit der Begruumlndung dass allein die Anwesenheits-erfordernisse eine andere Vorgehensweise ausschlieszligen Eine Teilung der Po-sition wuumlrde zudem zu einem hohen Abstimmungsbedarf und somit einem erhoumlhten Zeitaufwand fuumlhren der nicht geleistet werden koumlnne Ein Auf-stieg ist damit fuumlr Erzieherinnen fast uumlberall nur in Vollzeit moumlglich Im Westen ndash insbesondere in Nordrhein-Westfalen ndash bezieht sich diese Haltung der Personalverantwortlichen manchmal sogar auf die Stellvertreterposition und die Gruppenleitung Selbst in Thuumlringen reicht nur bei zwei der fuumlnf befragten Traumlger fuumlr die Kita-Leitung die vollzeitnahe Sockelarbeitszeit aus Die befragten Traumlgervertreterinnen sehen auszligerdem kaum Moumlglichkeiten dass ihre Mitarbeiterinnen ihre persoumlnlichen Kompetenzen fuumlr eine Fach-karriere also einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktionen nutzen koumlnnen der dann auch finanziell honoriert wuumlrde

bdquoFachkarrierenldquo ndash gerade auch im Sinne eines gruppen- oder auch einrich-tungsuumlbergreifenden Einsatzes spezifischer fachlicher Kompetenzen ndash gibt es somit in der Kindertagesbetreuung faktisch kaum eine berufliche Weiterent-wicklung ist meistens mit einem Wechsel des Arbeitsfeldes verbunden Die Struktur des Arbeitsfeldes setzt der Entwicklung von Berufsfeldkorridoren und Fachkarrieren offenbar Grenzen Die im Hinblick auf die Etablierung von Berufsfeldkorridoren genannte Voraussetzung dass unterschiedliche Ar-beitsplaumltze mit unterschiedlichen Belastungsstrukturen vorhanden sein muumls-sen ist somit in der Kindertageseinrichtung auf den ersten Blick nicht zu er-kennen

Die Organisation der Arbeit in einer Kindertageseinrichtung folgt in der Regel einem Egalitaumltsprinzip nach dem alle Mitarbeiterinnen ndash mit Ausnah-

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me der Leitung ndash bei der Arbeit mit den Kindern dieselben Aufgaben erledi-gen (vgl Abschnitt 316) Wenn Einrichtungen mit festen Gruppenstruktu-ren arbeiten werden Unterschiede ndash wenn uumlberhaupt ndash houmlchstens bezogen auf die Altersstruktur definiert Es gibt altersgemischte Gruppen Gruppen fuumlr unter Dreijaumlhrige und Kindergartengruppen (vgl Kapitel 26) In dieser Struktur kann z B auch nur insofern auf Belastungen reagiert werden als Mitarbeiterinnen mit Ruumlckenproblemen eher im Kindergarten- als im U3-Bereich eingesetzt werden damit sie seltener Kinder heben und tragen muumls-sen

Bei einer offenen Gruppenarbeit sind die Spielraumlume groumlszliger Hier koumln-nen Schwerpunktaufgaben festgelegt werden die sich beispielsweise auf die Betreuung eines bestimmten Bildungsbereichs beziehen Auf diese Weise koumlnnen sowohl Belastungen reduziert als auch Moumlglichkeiten des kompetenz- orientierten Personaleinsatzes geschaffen werden In der Traumlgerbefragung wird deutlich dass die Arbeit mit einem offenen Konzept mit Funk tions-raumlumen wie sie bei den Traumlgern vor allem in Thuumlringen und Baden-Wuumlrt-temberg praktiziert wird den kompetenzorientierten Personaleinsatz ndash etwa durch Uumlbernahme eines Bildungsbereiches ndash foumlrdert Viele Traumlger vertreterinnen weisen darauf hin dass man die besonderen Kompetenzen der einzel-nen Mitarbeiterinnen kennt und ndash wenn moumlglich ndash beruumlcksichtigt Teilwei-se wird explizit darauf hingewiesen dass ein ressourcenorientiertes Konzept verfolgt wird nach dem jeder Beschaumlftigte fuumlr die Aufgaben eingesetzt wird fuumlr die sieer sich interessiert In den meisten Faumlllen verlaumlsst man sich jedoch darauf dass sich dies im Alltagsbetrieb der einzelnen Einrichtung regelt Die-se Verantwortungsteilung erschwert die Schaffung von Funktionsstellen und eine motivationsfoumlrdernde Laufbahngestaltung fuumlr die Mitarbeiterinnen in der Kindertageseinrichtung Manchmal wird darauf verwiesen dass diese Kompetenzen in der Personalakte festgehalten seien eine Auswertung gibt es jedoch in den meisten Faumlllen nicht Systematische Ansaumltze finden sich somit selten Ein Traumlgervertreter berichtet dass er dabei sei Zusatzausbildungen (Motopaumldie Heilpaumldagogik systemische Ausbildungen) systematisch zu er-fassen um zu uumlberlegen wie man diese Mitarbeiterinnen gezielter einset -zen kann und ein weiterer erlaumlutert dass man die besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen erhebt und in einer Datenbank festhaumllt so dass darauf zuruumlckgegriffen werden kann Letztlich ist aber festzuhalten dass der kompe-tenzorientierte Einsatz im Wesentlichen in der einzelnen Einrichtung prak-tiziert wird ndash oder eben nicht

Nur bei einigen Traumlgern gibt es vereinzelt Sonderfunktionen bzw Pro-jekte die die Einrichtung von houmlherwertigen Funktionsstellen ermoumlglichen

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wobei einige Personalverantwortliche mit den wahrgenommenen Karriere-interessen ihrer Mitarbeiterinnen durchaus kreativ umgehen Genannt wird neben noch eher verbreiteten Taumltigkeiten als Beauftragte (Kinderschutz Sicherheit Inklusion Fortbildung oder Qualitaumlt) etwa auch diejenige als in-terne Auditorin zur Qualitaumltssicherung die uumlber eine entsprechende Zusatz-ausbildung verfuumlgt Vereinzelt gibt es noch bdquoein paar Funktionen die man versucht selbst zu erfindenldquo so ein Traumlgervertreter wie z B Fortbildungs-referentinnen oder -koordinatorinnen oder Sprecherinnen in der Pfarrei Angesprochen werden in diesem Zusammenhang auch Foumlrderprogramme wie das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo uumlber das einige Mitarbeiterinnen gruppen- bzw einrichtungsuumlbergreifend arbei-ten Am Beispiel dieses Programmes das im Kasten naumlher dargestellt wird lassen sich Potenziale fuumlr Fachkarrieren durch die Nutzung von Multipli-katortaumltigkeiten verdeutlichen

Das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo13

Bundesweit etwa 4000 Kitas erhielten von 2011 bis 2015 im Rahmen dieses Programms eine finanzielle Foumlrderung bdquoim Umfang einer hal-ben Fachkraftstelle mit herausgehobener und schwieriger verantwor-tungsvoller Taumltigkeit (vergleichbar TVoumlD S8)ldquo Verbuumlnde konnten eine volle Stelle bekommen inklusive der dazugehoumlrigen Sach- und Gemeinkosten (z B Lehr- und Lernmittel Fortbildungen Honorare Coaching) Das Programm zielte vor allem auf die Foumlrderung der all-tagsintegrierten Sprachbildung die folgendermaszligen definiert wurde

bdquoUnter alltagsintegrierter sprachlicher Bildung wird eine umfas-sende systematische Unterstuumltzung und Begleitung der natuumlrlichen Sprachentwicklung aller Kinder in allen Altersstufen verstanden die uumlber die gesamte Verweildauer der Kinder in der Kindertageseinrich-tung das Handeln der paumldagogischen Fachkraumlfte waumlhrend der alltaumlg-lichen paumldagogischen Arbeit bestimmtldquo14

Das Konzept der alltagsintegrierten Sprachbildung beinhaltet somit Anforderungen an alle paumldagogischen Fachkraumlfte einer Einrichtung

13 httpsprach-kitasfruehe-chancendeprogrammueber-das-programmrueckschau-schwer-punkt-kitas (Abruf am 18042016)14 wwwfruehe-chancendeinformationen-fuerschwerpunkt-kitas-sprache-integrati-onschwerpunkt-kitasalltagsintegrierte-sprachliche-bildung (Abruf am 18112015)

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die Aufgabe der zusaumltzlichen Fachkraft besteht nicht darin die Sprach-foumlrderung durchzufuumlhren sondern eine Multiplikatorfunktion im Team wahrzunehmen Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf die Beratung Begleitung und fachliche Unterstuumltzung der Kita-Teams fuumlr die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit und die Zusammenar-beit mit den Familien der Kinder sowie auf eine exemplarische sprach-paumldagogische Arbeit mit Kindern insbesondere unter drei Jahren

Das Beispiel des Bundesprogramms zeigt zweierlei Einerseits sind die Moumlg-lichkeiten zur Schaffung von Funktionsstellen im Arbeitsfeld bdquoKindertages-einrichtungldquo insofern begrenzt als es darum geht dass viele Aufgaben im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsbegleitung von allen Erzieherinnen wahrgenommen werden muumlssen und nicht an Spezialkraumlfte delegiert werden koumlnnen Andererseits besteht offenkundig ein Bedarf an erweiterten Qualifi-kationen die im Sinne einer Multiplikatortaumltigkeit in die Einrichtungen ein-gebracht werden Wenn Mitarbeiterinnen in diesem Sinne Spezialwissen einbringen eroumlffnen sich Chancen sowohl fuumlr die Gestaltung von Fachkarri-eren als auch fuumlr die Weiterentwicklung der Arbeit in der Einrichtung insge-samt

Aumlhnliche Konstellationen koumlnnen sich bei anderen Themenfeldern erge-ben So kann es sinnvoll sein dass eine Fachkraft eine fundierte Fortbildung fuumlr die Arbeit mit unter dreijaumlhrigen Kindern absolviert und die anderen Beschaumlftigten in der Einrichtung entsprechend anleitet und beraumlt Auch bei einer Kinderschutzfachkraft wird es zum einen darum gehen dass sie sich einerseits vor dem Hintergrund ihrer speziellen Qualifikation um akute Pro-blemfaumllle kuumlmmert Andererseits wird sie ndash im Sinne der Praumlvention ndash ein-richtungsintern einen Austausch zu Fragen der Kindeswohlgefaumlhrdung or-ganisieren und alle Mitarbeiterinnen insoweit qualifizieren dass diese in der Lage sind Probleme bei den von ihnen betreuten Kindern zu erkennen Fuumlr alle derartigen Multiplikatorfunktionen sind auch einrichtungsuumlbergreifen-de Einsatzmoumlglichkeiten vorstellbar

Bei einem Konzept offener Arbeit kann es in einigen einzelnen Bildungs-bereichen ausreichen wenn eine Fachkraft uumlber eine bestimmte Qualifika-tion verfuumlgt und dann den entsprechenden Bildungsbereich betreut und fuumlr die Angebote verantwortlich ist Dies koumlnnte beispielsweise fuumlr naturwissen-schaftliche Bildung kuumlnstlerische und musische Angebote oder die Bewe-gungserziehung umgesetzt werden Derartige Aufgabenschwerpunkte sind

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im Uumlbrigen nicht nur im Kontext eines kompetenzorientierten sondern auch eines lebensphasenorientierten Personaleinsatzes von Interesse Sie er-moumlglichen naumlmlich z B auch den Einsatz von Mitarbeiterinnen die (etwa bei einem stufenweisen Wiedereinstieg nach einer bdquoBabypauseldquo) eine Teil-zeitloumlsung mit geringer Stundenzahl wuumlnschen ohne dass die Kontinuitaumlt der Betreuung von Kindern leidet (vgl Abschnitt 431)

Andere Schwerpunktaufgaben sind fuumlr eine Reihe organisatorischer An-forderungen vorstellbar So gibt es unter den Familienzentren in Nordrhein-Westfalen die als Kindertageseinrichtungen erweiterte Angebote zur Bera-tung und Unterstuumltzung von Familien in ihrem Sozialraum vorhalten einige Beispiele dafuumlr dass die fuumlr die Funktionsfaumlhigkeit des Familienzentrums notwendigen Aufgaben auf mehrere Mitarbeiterinnen verteilt werden In ei-ner Befragung von 31 Leitungen von Familienzentren die im Fruumlhjahr 2014 durchgefuumlhrt wurde (Stoumlbe-Blossey 2015b) berichtete ein gutes Drittel der Befragten von einer Aufgaben-Aufteilung innerhalb des Teams (auch wenn die Koordinierung meistens bei der Leitung verbleibt) So sind etwa einige Mitarbeiterinnen fuumlr die Betreuung und Organisation von Elterncafeacutes oder von Ausfluumlgen fuumlr Eltern und Kinder zustaumlndig In einigen ndash wenigen ndash Faumll-len geht die Aufteilung uumlber die Uumlbertragung einzelner Aufgaben hinaus und wird zum Organisationsprinzip das die gesamte Einrichtung umfasst bdquoWir haben uns aufgeteilt jede Kollegin hat Schwerpunktbereiche Die eine Kolle-gin hat die Kindertagespflege Die andere Kollegin hat den Schwerpunkt Be-ratungsstellen [hellip] die verweist dann bei Bedarf und hilft Termine vor Ort zu machen Die eine Kollegin ist im Lesebereich zustaumlndig die Kooperation mit der Buumlcherstube rund ums Buch Alles was mit Sprache zu tun hat Die ande-re Kollegin hat den Bewegungsbereich Dass jeder im Team seinen Schwer-punkt hat um das alles mehr zu vernetzenldquo (Stoumlbe-Blossey 2015b 10)

In einer anderen Einrichtung die nach dem Konzept der offenen Arbeit arbeitet wird die Aufteilung der Zustaumlndigkeiten fuumlr Familienzentrumsauf-gaben mit dem paumldagogischen Konzept verknuumlpft bdquoDass wir Zustaumlndigkeits-bereiche haben [hellip] Zum Beispiel fuumlr den Bewegungsbereich haben wir eine Kollegin die arbeitet fuumlnfzehn Stunden die haben wir sozusagen freigestellt Um auch Feste zu organisieren wir machen auch sehr viele sportliche Feste und das nimmt sie ganz in ihre Hand und spricht nur mit uns Dinge ab Eine hat den Babysitterclub Kolleginnen die zustaumlndig sind fuumlr die Tagespflege Wir haben eine Kollegin die besucht einmal im Monat mit Kindern ein Seni-orenheimldquo (ebd)

Die Beispiele zeigen dass es bei naumlherer Betrachtung durchaus Moumlglich-keiten gibt einen kompetenzorientierten Personaleinsatz auch fuumlr Mitarbei-

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terinnen in Kindertageseinrichtungen systematisch zu gestalten und damit gleichzeitig die Arbeit der Einrichtung qualitativ weiterzuentwickeln Damit eroumlffnen sich nicht nur Chancen fuumlr die Realisierung von Fachkarrieren son-dern auch ndash zumindest partiell ndash von gesundheitsorientierten Berufswegekor-ridoren Wenn beispielsweise die erfahrene Fachkraft die Ruumlckenprobleme hat zur Multiplikatorin fuumlr Sprachbildung wird kann sie zumindest teilwei-se von koumlrperlich anstrengenden Taumltigkeiten entlastet werden Eine Differen-zierung von Aufgaben bietet somit gleichermaszligen Potenziale fuumlr die Perso-nalfoumlrderung und fuumlr die Qualitaumltsentwicklung

Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit derartiger Konzepte ergeben sich zum ei-nen aus der Personaldecke einer Einrichtung Hier muss jederzeit genug Per-sonal fuumlr die allgemeine Alltagsarbeit mit den Kindern zur Verfuumlgung stehen was in der Praxis sowohl die Moumlglichkeiten fuumlr die Weiterqualifizierung von Beschaumlftigten als auch fuumlr die Wahrnehmung von Spezialaufgaben einschraumln-ken kann Zum anderen ist die Frage der Zusammenarbeit im Team zu beach-ten Einerseits aumluszligern in Befragungen viele Mitarbeiterinnen den Wunsch ihre besonderen Kompetenzen einsetzen und sich auf diese Weise beruflich weiterentwickeln zu koumlnnen Andererseits spielt fuumlr die Arbeits zufriedenheit auch das Wohlbefinden im Team eine wichtige Rolle Eine Differenzierung von Aufgaben insbesondere wenn sie mit finanziellen Konsequenzen ver-bunden ist kann die Beziehungen innerhalb eines Teams veraumlndern und Konkurrenzsituationen hervorrufen Dieses (potenzielle) Problemfeld ist zu beachten wenn Aufgabendifferenzierungen eingefuumlhrt werden Insofern steht dieses Handlungsfeld in engem Zusammenhang mit Fragen der Team-fuumlhrung und -entwicklung (vgl dazu Kapitel 42)

414 Leistungsorientierte Bezahlung

Nun sind der kompetenzorientierte Einsatz und die daraus zu entwickelnde Laufbahngestaltung die eine Seite des Themas Die andere Seite betrifft die Nutzung der fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen fuumlr eine wirk-liche Fachkarriere also fuumlr einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktion der dann im Sinne einer leistungsorientierten Bezahlung auch finanziell hono-riert wird

Zunaumlchst bleibt grundsaumltzlich zu uumlberlegen inwieweit ein kompeten z-orientierter Personaleinsatz mit finanziellen Konsequenzen fuumlr die Beschaumlf-tigten verknuumlpft sein kann und soll Zweifellos kann man von einer bdquoFach-karriereldquo nur dann sprechen wenn die persoumlnliche Weiterentwicklung auch

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eine finanzielle Weiterentwicklung mit sich bringt Bei der Planung von gesundheitsorientierten Berufswegekorridoren muss dies hingegen nicht zwangs laumlufig gegeben sein Wenn es um einen kompetenzorientierten Ein-satz geht kann allein die Moumlglichkeit motivationsfoumlrdernd sein sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren zu koumlnnen die man besonders gut be-herrscht fuumlr die man Anerkennung im Team erhaumllt und die man somit gern erledigt Je staumlrker bestimmte Aufgaben jedoch spezielle Qualifikationen er-fordern die manchmal in umfassenden Weiterbildungen erworben wurden desto staumlrker ausgepraumlgt wird auch das Beduumlrfnis der Mitarbeiterinnen nach einer finanziellen Anerkennung ihrer Leistung sein

Dafuumlr gibt es in der Praxis zwei Moumlglichkeiten Zum einen koumlnnen soweit die jeweiligen tariflichen Rahmenbedingungen dies ermoumlglichen Funktionsstellen mit einer entsprechend houmlheren Eingruppierung definiert werden Zum anderen kann das ndash ebenfalls in Tarifvertraumlgen in unterschied-licher Form enthaltene ndash Instrument der Leistungszulagen genutzt werden

Obwohl haumlufig die Moumlglichkeit besteht einen Teil der Gehaltssumme leistungsorientiert zu vergeben (z B 2 Prozent) wird bei den befragten Trauml-gern davon nur selten Gebrauch gemacht Knapp die Haumllfte der befragten Traumlger setzt keine leistungsorientierten Elemente bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen ein Bei sechs der Befragten werden die zur Verfuumlgung ste-henden Mittel nach dem bdquoGieszligkannenprinzipldquo gleichmaumlszligig auf alle Mitar-beiterinnen verteilt also de facto nicht leistungsorientiert genutzt Einige dieser Interviewpartner bedauern die Regelungen wenn diese z B fuumlr alle kommunalen Beschaumlftigten gelten sehen selbst aber keine Moumlglichkeit an diesen Rahmenbedingungen fuumlr das Aufgabenfeld Kindertageseinrichtung etwas zu aumlndern Bei einem Traumlger werden 80 Prozent der fuumlr eine Leistungs-orientierung vorhandenen Mittel in Form einer Sockelpraumlmie gleichverteilt und immerhin die restlichen 20 Prozent als Zusatzpraumlmie fuumlr bdquoallerbeste Mit-arbeiterinnenldquo vergeben In drei Faumlllen gibt es Zulagen z B fuumlr heilpaumldago-gische Taumltigkeiten fuumlr die Arbeitserschwernis in Brennpunkt-Kitas oder fuumlr die Dauer der Beteiligung an einem Projekt Ein Personalverantwortlicher gibt an die zur Verfuumlgung stehenden Mittel nicht fuumlr die Gehaumllter sondern zur Finanzierung von betrieblichen Programmen zu nutzen wie z B fuumlr eine uumlbergangsweise Pflege von Angehoumlrigen oder hauswirtschaftliche Un-terstuumltzung von Mitarbeiterinnen durch traumlgereigene Dienste um damit be-sondere Belastungssituationen eigener Beschaumlftigter gezielt abzufedern

Sechs Personalverantwortliche berichten dass zur Vergabe leistungsori-entierter Mittel eine Personalbeurteilung ndash meistens im Rahmen der regelmauml-szligigen Mitarbeitergespraumlche ndash erfolgt und dazu ein Punktesystem bzw ein

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Kompetenzbeurteilungsbogen genutzt wird Auf dieser Basis werden dann Zulagen z B fuumlr eine Anleitertaumltigkeit gezahlt Die Verfahren sind unter-schiedlich umfangreich gestaltet (zwischen drei und sechzehn Leistungskri-terien) Bei einem Traumlger befindet sich ein solches Verfahren in der Erpro-bungsphase bei einem weiteren wurde die urspruumlnglich geplante Nutzung einer Erzieherinnen-Einschaumltz-Skala aufgegeben Drei Befragte bewerten diese Instrumente sehr kritisch bdquoDas System ist kompliziert und ineffektivldquo bdquoDer Aufwand war gigantischldquo bdquoSelbstverstaumlndlichkeiten anstelle besonderer Leistungen werden nun fuumlr einen Teil der Mitarbeiterinnen zusaumltzlich ho-noriertldquo Lediglich einer der Personalverantwortlichen aumluszligert sich positiver Fuumlr die Vergabe der Praumlmien gebe es zwar nur geringe Spielraumlume denn der Traumlger duumlrfe dadurch nicht mehr Personalkosten verursachen aber bdquoje nach-dem wie jemand agiert kann mehr entlohnt werdenldquo

Die in den Tarifvertraumlgen des Oumlffentlichen Dienstes und der groszligen Trauml-gerverbaumlnde enthaltenen Moumlglichkeiten werden also auf unterschiedliche Weise genutzt Auf ein etwas groumlszligeres Interesse stoszligen Funktionszulagen die nicht auf einer individuellen Leistungsbewertung sondern auf der Uumlbernah-me von besonderen Aufgaben beruhen Im Allgemeinen sehen die befragten Traumlger dafuumlr ebenso wenig Moumlglichkeiten wie fuumlr eine Houmlhergruppierung was nicht erstaunlich ist wenn man sich exemplarisch die Tarifstrukturen im Oumlffentlichen Dienst (vgl Kapitel 25) anschaut Hier hat fast ausschlieszliglich der Aufstieg in Funktionen der Leitung und der stellvertretenden Leitung finanzielle Auswirkungen Die bdquoschwierigen Taumltigkeitenldquo die bisher einen Aufstieg von der Gruppe S6 in die Gruppe S8 und seit Juli 2015 von S8a nach S8b ermoumlglichen sind laut Protokollnotiz eng definiert Sie beziehen sich vor allem auf den Einsatz in Gruppen von Kindern mit unterschiedlichen Formen von Behinderung und besonderem Foumlrderbedarf daruumlber hinaus auf die allein verantwortliche Betreuung von Gruppen beispielsweise in Randzei-ten15 Zustaumlndigkeiten fuumlr bestimmte Schwerpunktaufgaben oder der Einsatz in speziellen Bildungsbereichen sind in der Protokollerklaumlrung nicht erfasst Die Ergebnisse der Tarifauseinandersetzungen 2015 haben an dieser Situati-on nichts geaumlndert sondern im Gegenteil die Differenzen zwischen Erzieherinnen im Allgemeinen und solchen mit bdquoschwieriger Taumltigkeitldquo reduziert Fuumlr Traumlger die unter solchen tariflichen Rahmenbedingungen arbeiten ist die Entwicklung von Fachkarrieren ein schwieriges Unterfangen Hinzu kom-

15 httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsueentgeltordnung-protokollerklaerunghtml (Abruf am 18042016)

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men die finanziellen Rahmenbedingungen der Kita-Gesetze der Bundeslaumln-der Die Refinanzierung der Gehaltskosten uumlber die Zuschuumlsse von Laumlndern und Kommunen sieht in der Regel keinen Spielraum fuumlr Funktionsstellen vor

Insgesamt scheint diese Form der leistungsorientierten Bezahlung bei den im Projekt KONTI befragten Traumlgern keine groszlige Rolle im Sinne einer Motivationsfoumlrderung von Beschaumlftigten zu spielen Im Kontext der Personal-beurteilung wird ihr aus der Sicht von Traumlgern und Beschaumlftigten offenkun-dig nur ein sehr begrenzter Stellenwert zugeschrieben Im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Personaleinsatz koumlnnte nach den hier vorgestellten Uumlberlegungen fuumlr eine Fachkarriere jenseits von Leitungsfunktionen eine Louml-sung darin bestehen dass die Vergabe von tariflich vorgesehenen leistungs-orientierten Entgeltbestandteilen nicht an bestimmte Beurteilungen son-dern an die Uumlbernahme bestimmter Aufgaben geknuumlpft wird In dieser Form koumlnnte sie einen ergaumlnzenden Stellenwert innerhalb eines Personalentwick-lungskonzepts erhalten

42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung

Allgemein wird unter Fuumlhrung die psychologische und soziale Faumlhigkeit ei-ner Person im Umgang mit Menschen verstanden Fuumlhrung kann dabei als Prozess definiert werden bei dem eine Person bestimmte Standards und Er-wartungen formuliert die das Verhalten von Menschen beeinflussen (vgl StremelUlber 2014 62) Fuumlhrung bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Arbeitsbereichen die eine Zusammenarbeit mit Personen erfordert Betrof-fen sind hiervon Personalplanung und -einsatz Personalfuumlhrung und -pflege und ebenso Personalentwicklung und -controlling einzelner Mitarbeiterin-nen sowie des Teams als Ganzes Daruumlber hinaus beinhaltet sie aber auch wei-tere Taumltigkeitsfelder wie z B die paumldagogische Leitung Qualitaumltssicherung Administration und Oumlffentlichkeitsarbeit Von wachsender Bedeutung ist da-bei auch das Gesundheitsmanagement

Die Fuumlhrungsverantwortung im Hinblick auf Kindertageseinrichtungen liegt somit zunaumlchst bei ihrem Traumlger Viele Elemente der Fuumlhrung werden jedoch von den Leitungskraumlften der einzelnen Einrichtungen wahrgenom-men (vgl Kapitel 33) die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist somit Fuumlhrungskraft Ihre Rolle ist daruumlber hinaus im alltaumlglichen Betrieb von be-sonderer Bedeutung Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Traumlgerstruktur um eine Position auf der mittleren Fuumlhrungsebene angesichts der dezentra-len Organisation ist die Kita-Leitung jedoch in der Praxis die zentrale Vertre-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

tung des Arbeitgebers in der einzelnen Einrichtung organisiert den Perso-naleinsatz vor Ort und praumlgt den Alltag im Team Der Traumlger gibt dafuumlr die Rahmenbedingungen vor und hat Fuumlhrungsaufgaben gegenuumlber den Kita-Leitungen wahrzunehmen

In diesem Kapitel werden zunaumlchst einige grundlegende Uumlberlegungen zum Verhaumlltnis zwischen dem Traumlger einerseits und der Einrichtungsleitung als Fuumlhrungskraft auf der mittleren Ebene andererseits angestellt (Ab-schnitt 421) Darauf aufbauend geht es im Anschluss um Fragen der Team-entwicklung (Abschnitt 422) und ein traumlgergestuumltztes Monitoring der Ein-richtungen (Abschnitt 423) Abschlieszligend werden Fragen des Gesundheits-managements als Fuumlhrungsaufgabe thematisiert (Abschnitt 424)

421 Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Einrichtungsleitungen

Eine mitarbeiterorientierte Personalfuumlhrung zielt auf eine moumlglichst hohe Mitarbeiterzufriedenheit und basiert zunaumlchst auf Fuumlhrungsgrundsaumltzen die das Handeln von Fuumlhrungskraumlften entsprechend leiten sollen Wertschaumltzung ist dabei im doppelten Sinne ein wichtiges Element eines ressourcenorien-tierten Fuumlhrungsstils Ziel ist es dabei den Mitarbeiterinnen eine Anerken-nung fuumlr ihre Leistungen zukommen zu lassen die fuumlr die Arbeit motiviert und die persoumlnlichen Staumlrken foumlrdert Dabei geht es sowohl um fachliche An-erkennung als auch um persoumlnliche Wertschaumltzung Daneben ist es im Sinne der Personalbindung fuumlr jedes Unternehmen ndash also auch fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash von Bedeutung die individuellen Werte seiner eigenen Mit-arbeiterinnen zu kennen um potenzielle Konflikte zwischen den Werten des Unternehmens also des paumldagogischen Konzepts der Einrichtung und denen des Traumlgers zu erkennen und Loumlsungen zu suchen

bdquoDie emotionale Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern entsteht dann wenn die gelebten Unternehmenswerte weitgehend identisch sind mit den priorisierten Werten der Mitar-beiter Dieser Effekt wird noch verstaumlrkt wenn die Mitarbeiter einen gewissen Freiraum bei ihrer Arbeit haben und dadurch ihre Werte auch verwirklichen koumlnnenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 85)

Von den Personalverantwortlichen der befragten Traumlger wird die Aufgabe der Personal- und Teamfuumlhrung weitgehend in die Haumlnde der Einrichtungs-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

leitungen gelegt Die Beschaumlftigtenbefragungen zeigen dass dies in den meis-ten Einrichtungen gut funktioniert Wo dies allerdings nicht der Fall ist ent-steht ein hohes Belastungsempfinden so dass die Qualitaumlt der Teamfuumlhrung aus Traumlgerperspektive nicht dem Zufall uumlberlassen werden sollte Insofern er-scheint eine gezielte Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Leitungen als notwendig d h der Traumlger als letztlich Verantwortlicher sollte einerseits Steuerungsmoumlglichkeiten wahrnehmen und andererseits die Fuumlhrungskraumlfte in der Kita ndash auch im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements ndash ge-zielt unterstuumltzen und entlasten

Nach einem Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtun-gen (Fhtenakis et al 2003) gehoumlrt das Personalmanagement zu den originauml-ren Aufgaben des Traumlgers Nach der bdquoTQ-Dimension 4 Personalmanage-mentldquo zaumlhlt dazu neben Personalplanung Personalentwicklung -controlling und -verwaltung auch die Personalfuumlhrung Als Voraussetzung fuumlr ein gelin-gendes Personalmanagement wird dort ein Personalkonzept angesehen das verbindliche Formen der Kompetenzverteilung zwischen dem Traumlger der Leitung und dem Mitarbeiterteam definiert und die Zusammenarbeit zwi-schen Beteiligten regelt (vgl Oberhuemer et al 2003 33) Der Traumlger ist dar-um gefordert seine Fuumlhrungskraumlfte bei der Ausuumlbung der Personalverant-wortung in den Kitas vor Ort zu unterstuumltzen Die Beispiele im Kasten koumln-nen diese Aufgabe naumlher veranschaulichen

Unterstuumltzungsbedarfe der Fuumlhrungskraft (Lange 2015)

ndash einschlaumlgiges Wissen und anwendungsfaumlhige Kenntnisse in den Bereichen Teamentwicklung Kommunikation Moderation und Konfliktloumlsung

ndash ausreichende Zeitressourcen fuumlr die Teamentwicklung Betroffen sind davon insbesondere bdquonicht freigestellteldquo Leitungen Ihnen fehlt es besonders dann an Zeit fuumlr die Teamentwicklung wenn sie etwa wegen eines hohen Krankenstandes als bdquoVertretungs-kraftldquo in den Gruppen fungieren

ndash Schutz und Unterstuumltzung durch den Traumlger in krisenhaften Situ-ationen

ndash professioneller Reflexionsrahmen zur Entlastung Absicherung Staumlrkung von Rollen-Klarheit und Vorbildfunktion etwa durch Einzel- oder Gruppensupervision kollegiale Beratung oder Inter-vision bzw austauschbasierte Fortbildungen

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In der Leitungsbefragung im Projekt KONTI zeigt sich jedoch (vgl im Fol-genden Koumlhling 2015) nur knapp die Haumllfte der Befragten sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung durch den Traumlger die anderen Befragten haben unter-schiedliche Einschaumltzungen von bdquomit Einschraumlnkungen gut unterstuumltztldquo bis hin zu bdquonicht ausreichend unterstuumltztldquo Lediglich hinsichtlich der Bereitstel-lung von Fachinformationen undoder Konzepten fuumlhlen sich die meisten Befragten gut ausgestattet Eine besondere Unterstuumltzungsfunktion uumlber-nimmt hier das Qualitaumltsmanagement das vor allem von Traumlgern mit meh-reren Einrichtungen und von privat-gewerblichen Traumlgern genutzt wird und uumlber das viele Materialien zur Strukturierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt werden Als wichtige Bedingungen fuumlr eine gute Zusammenarbeit werden von den befragten Fuumlhrungskraumlften in den Einrichtungen vor allem genannt ndash eine klareDefinitionvonAufgabenundBefugnissen innerhalb derer Leitun-

gen flexibel handeln koumlnnen dies wird von ca drei Vierteln der befragten Leitungen als wichtig fuumlr ihre Arbeit erachtet

ndash eine guteAnsprechbarkeitdesTraumlgers die regelmaumlszligige Termine als auch in-dividuelle Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme mit der Moumlglichkeit zur Kommunikation und Information genauso umfasst wie die Moumlglichkeit zum Austausch bei Treffen mit anderen Leitungen

ndash die BereitschaftzumZuhoumlren inklusive Verstaumlndnis und Wertschaumltzung fuumlr die geleistete Arbeit

ndash kurze Verwaltungs- bzw Entscheidungswege mit Einhalten von Terminen und Absprachen (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern da stehen um-fallenldquo) bzw allgemein Ruumlckhalt durch den Traumlger (bdquoWenn der Traumlger nicht hinter mir steht bei einer Entscheidung oder einer Aussage die ich treffe dann geh ich hier unterldquo)

ndash UnterstuumltzungdurchfinanzielleRessourcenAusstattungService bdquoMehr Per-sonal und mehr Handlungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Un-terstuumltzungldquo

Aus den bei den Befragungen im Projekt KONTI genannten Problemen und Defiziten lassen sich Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen ablei-ten Sie reichen von klarer definierten Traumlgerprofilen und -zustaumlndigkeiten auf der einen und Leitungsprofile und Arbeitsplatzbeschreibungen auf der anderen Seite uumlber eher bdquoweicheldquo ndash aber sehr zentrale ndash Faktoren einer besse-ren Anerkennung und Wertschaumltzung der Arbeit von Leitungen allgemein

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und insbesondere auch durch den jeweiligen Traumlger bis hin zu professionelle-ren Vorstaumlnden die uumlber die Belange von Kindertageseinrichtungen infor-miert sind Geeignete Loumlsungsansaumltze des Traumlgers bieten sich hier vor allem in Form von Fortbildungen an die im Sinne einer gezielten und kontinuier-lichen Personalentwicklung fuumlr Leitungen zur Unterstuumltzung der Taumltigkeit insgesamt und insbesondere eines qualifizierten Fuumlhrungsverhaltens beitra-gen koumlnnen

Einige Traumlger bieten ihren Leitungskraumlften entsprechende Schulungs-maszlignahmen an bei einigen ist dies sogar mit einer Teilnahmeverpflichtung verbunden So gibt es bei einem kommunalen Traumlger beispielsweise eine Fortbildungsreihe zum systemischen Fuumlhren die ihren Ursprung in der Er-kenntnis hat dass sich (stellvertretende) Leitungskraumlfte durch das Fuumlhren und Leiten ihrer Mitarbeiterinnen sehr belastet fuumlhlen Bei einem anderen kommunalen Traumlger gibt es einmal im Vierteljahr einen Leitungslehrgang mit sechs Modulen deren Umsetzungserfahrungen im Abstand von sechs Wochen durch eine zweitaumlgige Supervision zur Bearbeitung und Reflexion ergaumlnzt werden

Des Weiteren koumlnnen insbesondere ndash aber nicht nur ndash bei Leitungen die die Bedeutung von Sozialkompetenzen in den Mittelpunkt stellen Stellen- und Aufgabenbeschreibungen zu den Inhalten einer Leitungstaumltigkeit zur Schaumlrfung des Selbstbildes beitragen Bei vielen Traumlgern existieren allgemei-ne Stellenbeschreibungen fuumlr die Erzieherinnen bzw Leitungsstellen Im Sinne einer Aufgabenbeschreibung werden sie aber kaum genutzt obwohl sie den Blick fuumlr die Vielfalt der Aufgaben und Kompetenzbereiche weiten und damit zur Professionalisierung der Arbeit beitragen koumlnnen Auf diesem Weg kann eine Klaumlrung des Leitungsprofils fuumlr alle Beteiligten unterstuumltzt werden damit solchen Aussagen die Grundlage entzogen wird bdquoMir wird manchmal unterstellt Was machst Du denn den ganzen Tag Da krieg ich dann echt ein schlechtes Gewissen Ich kann nichts vorzeigen manchmal ich bin immer in Aktionldquo

Das Anforderungsprofil fuumlr Leitungen von Kindertageseinrichtungen eines der im Projekt KONTI befragten kommunalen Traumlger in NRW bein-haltet beispielsweise folgende Kompetenzbereiche Personalfuumlhrungs kom - pe tenz persoumlnliche Kompetenz (Integritaumlt und Grundhaltung) soziale Kompetenz (Kommunikations- und Interaktionskompetenz) Veraumlnderungs-kompetenz strategische Kompetenz Fach- Dienstleistungs- und Marketing-kompetenz Andere Traumlger gehen nicht von Kompetenzen aus sondern defi-nieren konkrete Aufgaben wie die folgende Stellenbeschreibung fuumlr die Lei-tung einer Kita in kirchlicher Traumlgerschaft zeigt Nach dieser Beschreibung

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umfasst die Leitungstaumltigkeit nachfolgende Aufgabenbereiche die jeweils durch eine Reihe von Unterpunkten spezifiziert werden16

1 Fuumlhrungsverantwortung und Personalentwicklung2 administrative Taumltigkeiten3 Konzeptions- und Qualitaumltsentwicklung4 Zusammenarbeit mit den Eltern5 Zusammenarbeit mit dem Traumlger6 Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde7 Oumlffentlichkeitsarbeit8 Gebaumlude Inventar und Arbeitssicherheit9 hauswirtschaftliche Aufgaben

Werden Anforderungen an die Leitungsfunktion in dieser Weise deutlich ge-macht kann das Selbstmanagement unterstuumltzt werden Es kann z B deut-lich werden wo Fortbildungsbedarf besteht um den Anforderungen gerecht werden zu koumlnnen wo eventuell das eigene Fuumlhrungsverhalten (weiter)ent-wickelt werden muss um unterschiedlichen Erwartungen begegnen zu koumln-nen oder welche physischen und psychischen Beanspruchungen bestehen und welche Gesundheits-Maszlignahmen ggf ergriffen werden sollten um die eigene Leistungsfaumlhigkeit zu erhalten

Zur Klaumlrung des eigenen Selbstbilds bei der Wahrnehmung der Leitungs-funktion koumlnnen daruumlber hinaus eine Analyse der eigenen Ressourcen (Moti-vation Ziele Belastungsempfinden etc) und der vorhandenen Rahmenbe-dingungen (Traumlger Kinder Personal Finanzen Raumlumlichkeiten Leitbilder etc) sowie der damit verbundenen Aufgaben beitragen Zu Ersterem der Vergewisserung eigener Ressourcen und Moumlglichkeiten koumlnnen Leitungs-schulungen dienen die sinnvollerweise bereits vor der Uumlbernahme einer ent-sprechenden Taumltigkeit erfolgen sollten Fuumlr den Traumlger haben derartige Schu-lungen daneben den Vorteil dass damit eine gezielte Auswahl von Leitungs-kraumlften sowie eine laumlngerfristige Personalplanung unterstuumltzt werden koumln-nen

Der Leitungslehrgang eines der im Projekt KONTI befragten kommuna-len Traumlger der als Zielgruppen neben Leitungskraumlften und ihren Stellvertre-tungen auch Personen einbezieht die an der Leitungsfunktion interessiert sind umfasst beispielsweise neun Module mit ein- bis zweitaumlgigen Work-

16 httpkitas-kgvdefileadminredakteure1_Familie_und_KinderpdfStellenbeschreibung_Leitung_KGV-Kitapdf (Abruf am 18042016)

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shops im Abstand von sechs Wochen Die Module enthalten folgende In-halte1 erfolgreiches Fuumlhren2 Gespraumlche konstruktiv gestalten und das Foumlrder- und Beratungsgespraumlch

als Chance nutzen3 souveraumlne Steuerung von Besprechungen und Moderationen4 Zeitmanagement und Verwaltungsorganisation5 Dienstplangestaltung6 die Beurteilung als Fuumlhrungsinstrument und ihre rechtliche Wirkung7 Erziehungspartnerschaft mit Eltern8 Grundzuumlge des Personalrechts9 Ziele Strategien und Strukturen des Jugendamtes

Leitungsschulungen unterstuumltzen durch die Aneignung von Wissen und Methoden zu Mitarbeiterfuumlhrung Personalentwicklungs- oder Qualitaumlts-sicherungsinstrumenten aber nicht allein die Kompetenzentwicklung der Fuumlhrungskraumlfte selbst sondern bieten auf diesem Wege auch Moumlglichkeiten Personalentwicklungsmaszlignahmen fuumlr das Mitarbeiterinnen-Team zu uumlber-pruumlfen und ggf zu verbessern

422 Teamfoumlrderung und Teamentwicklung

Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen erfolgt in Teams Von einem Team wird gesprochen wenn alle Mitglieder einer Grup-pe auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind und jedes Teammitglied entsprechend seiner Faumlhigkeiten bzw seiner zugeschriebenen Rolle einen Teilbeitrag zum Ganzen leistet (vgl Birker 2000 154) Die Teamarbeit wird besonders in Arbeitsfeldern sozialer Dienstleistungen favorisiert da die Be-schaumlftigten dem jeweiligen Arbeitsauftrag z B vor dem Hintergrund einer gestiegenen Komplexitaumlt von Prozessen wachsender Anforderungen an Fle-xibilitaumlt sowie der notwendig gewordenen Koordination von zunehmend spezialisiertem Wissen im Team besser gerecht werden koumlnnen als dies in traditionell hierarchischen Organisationsstrukturen moumlglich ist Gerade auch bei einem erhoumlhten Effektivitaumlts- und Effizienzdruck hervorgerufen durch Sparmaszlignahmen bei gleichzeitigem Anstieg an Qualitaumltsanforderungen wird der Gemeinschaft von Mitarbeiterinnen ein groszliges koordinierendes Potenzial zugeschrieben da durch die enge Zusammenarbeit eine emotional bindende und den Einzelnen anspornende Wirkung entsteht (vgl BalzSpieszlig

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2009 14) Studien zur Evaluation der Qualitaumlt fruumlhpaumldagogischer Angebote belegen daruumlber hinaus dass die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen mit der Kooperation im Team Auswirkungen auch auf die Qualitaumlt der paumldagogi-schen Angebote die Interaktionsqualitaumlt mit den Kindern und auf die Grup-penatmosphaumlre hat (vgl Honig et al 2004)

Die Aufgabe der Leitung von Kindertageseinrichtungen liegt somit nicht nur in der Fuumlhrung der einzelnen Mitarbeiterinnen sondern vor allem in der Fuumlhrung ihres gesamten Teams Dabei hat sie zunaumlchst sicherzustellen dass der paumldagogische Auftrag fachgerecht umgesetzt wird Damit die dazu erforderlichen Aufgaben von ihren Mitarbeiterinnen gut und verlaumlsslich er-ledigt werden hat sie gleichzeitig dafuumlr Sorge zu tragen dass eine foumlrderliche Arbeitssituation und Arbeitsatmosphaumlre entstehen kann Dies bestaumltigte sich gerade auch bei der Beschaumlftigtenbefragung im Projekt KONTI (vgl Ab-schnitt 324) Arbeitsmotivation und -zufriedenheit in der Kindertagesein-richtung steht und faumlllt mit einer guten Zusammenarbeit im Team und ei-nem guten Verhaumlltnis der Mitarbeiterinnen zur Leitung Auf dieser Basis ist der Arbeitsalltag ndash bei allen auftretenden Schwierigkeiten ndash von allen gut zu bewaumlltigen Das Zusammengehoumlrigkeitsgefuumlhl staumlrkt daruumlber hinaus die Identifikation mit der Einrichtung den eigenen Arbeitsaufgaben und nicht zuletzt mit den Kindern und deren Familien Die Teamfuumlhrung nimmt dar-um ndash auch aus der Sicht der Leitungskraumlfte selbst ndash im Alltag den groumlszligten Raum im Arbeitsfeld der Kita-Leitung ein

In diesem Sinne ist es auch Aufgabe von Leitung alle Mitarbeiterinnen zu beteiligen die individuellen Beduumlrfnisse der Einzelnen zu beruumlcksichtigen und dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen Hier stets einen gerechten Interessenausgleich herbeizufuumlhren wird zu einer sensiblen Aufgabe die viel Empathie und Fingerspitzengefuumlhl erfor-dert Teamfuumlhrung benoumltigt regelmaumlszligig komplexe Abstimmungsprozesse und transparente Entscheidungen mit denen die Teammitglieder in ihrem Arbeits- und Familienleben gut zurechtkommen und mit denen Konflikte im Vorfeld vermieden werden koumlnnen

Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass die Teams in Kindertageseinrichtun-gen durch eine wachsende Heterogenitaumlt gekennzeichnet sind Im Projekt berichteten Leitungen von einer Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Al-tersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Faumlhigkeiten Berufen Kompeten-zen bis hin zu unterschiedlichen Ausbildungen und Einstiegsvoraussetzun-gen in den Beruf (z B Erstberuf und Quereinstieg) sowie unterschiedlichen Nationalitaumlten und Familiensituationen Eine groszlige Vielfalt im Team wird von den befragten Leitungskraumlften uumlberwiegend als besonderer Vorteil fuumlr

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die Arbeit mit Kindern angesehen die fuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen benoumltigen

Die Vielfalt im Team kann andererseits z B durch eine breite Altersmi-schung eine multiprofessionelle Zusammensetzung oder partielle Akademi-sierung Konflikte aufwerfen die sich etwa in Hierarchiedenken Konkurrenz und unklarer Arbeitsteilung aumluszligern Der professionelle Umgang mit den da-raus resultierenden Konflikten sowie der Entwicklung und Foumlrderung des Personals und des Teams setzt nicht nur ein Wissen uumlber die jeweils spezifi-schen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten voraus sondern fordert von der Perso-nal- und Teamfuumlhrung auch besondere Kompetenzen um unter Beruumlcksich-tigung der verschiedenen Beduumlrfnisse und Ansichten der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen auf dem Wege der Aushandlung Win-Win-Situationen zu gestalten Je heterogener ein Team zusammengesetzt ist desto wichtiger wer-den darum Kommunikationskultur Konzeptionsentwicklung Personalorga-nisation und Qualitaumltssicherung

Im Hinblick auf eine demografiesensible Personalwirtschaft wird unter dem Aspekt der Vielfalt im Team vor allem die Bildung von altersgemischten Teams diskutiert (vgl BrandenburgDomschke 2007 185) damit juumlngere Be-schaumlftigte von den Erfahrungen der Aumllteren und Aumlltere von dem neuen Wis-sen und den neuen Ideen Juumlngerer profitieren koumlnnen (vgl Deller et al 2008 81 f) Im Zusammenhang mit der Teamentwicklung entstehen hier aber auch Herausforderungen im Umgang mit aumllteren Mitarbeiterinnen Vorur-teile sind oft weit verbreitet (vgl ebd 80)

Waumlhrend die Leistungsfaumlhigkeit mit zunehmendem Alter in manchen Bereichen (z B koumlrperliche Leistungsfaumlhigkeit Geschwindigkeit der Infor-mationsaufnahme und Risikobereitschaft) eher abnimmt zeigen sich auch Bereiche in denen sie gleich bleibt (z B Leistungs- und Zielorientierung Entscheidungsfaumlhigkeit und psychisches Durchhaltevermoumlgen) oder sogar zunimmt Beispiele sind Expertenwissen Urteilsfaumlhigkeit und Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein (vgl Bruggemann 2000)

Auf der anderen Seite zeigt sich im Alltag der Arbeit auch dass die Aus-uumlbung des Erzieherinnen-Berufs groszlige Freiraumlume und vielfaumlltige Entwick-lungsmoumlglichkeiten bietet die uumlber die Jahre und in der Summe positive Auswirkungen haben koumlnnen Gerade der Zuwachs an persoumlnlichen und be-ruflichen Erfahrungen sowie an Sicherheit kann einen Gewinn fuumlr das ge-samte Team darstellen

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bdquoWenn die Verschiedenheiten ndash persoumlnlich und fachlich ndash auf der Basis relevanter Gemeinsamkeiten stattfinden kann wird ein alters-gemischtes Team als Bereicherung fuumlr alle Beteiligten erlebt Das Verstaumlndnis fuumlr die Lebenssituation und Arbeitsweise des jeweils an-deren kann helfen individuelle Staumlrken zielfoumlrdernd einzusetzenldquo (Weiser 2013)

Dabei korrespondiert die Einschaumltzung der Leistungsfaumlhigkeit und Belastbar-keit von aumllteren Mitarbeiterinnen auch mit der jeweiligen Unternehmens-kultur (vgl BrandenburgDomschke 2007 112) Deshalb muumlssen bdquoUnterneh-mensleitung Fuumlhrungskraumlfte und Arbeitnehmervertretung [hellip] im Rahmen einer wertschaumltzenden Unternehmenskultur deutlich machen dass auch aumllte-re Mitarbeiter im Unternehmen unverzichtbar und fuumlr das Unternehmen wertvoll sindldquo (ebd) Diese Forderungen betreffen unterschiedliche Ebenen

ndash bdquoBewusstseinsschaffungSensibilisierung bei Management (Fuumlhrungskraumlf-ten) und Arbeitnehmervertretung

ndash Staumlrkung des Selbstbewusstseins aumllterer Mitarbeiter ndash Korrektur von Erwartungshaltungen bei aumllteren Mitarbeiternldquo (Branden-

burgDomschke 2007 112)

Als Leitungs- und Traumlgeraufgabe ergibt sich daraus die Anforderung fuumlr eine Atmosphaumlre und Haltung im Team zu sorgen in der die entsprechenden In-teressen Staumlrken sowie Schwaumlchen von jungen und aumllteren Mitarbeiterinnen offen angesprochen werden koumlnnen und daruumlber hinaus die Zeit- und Arbeitsorganisation so zu gestalten dass sie diese Unterschiedlichkeit be-ruumlcksichtigt Diese Leitvorstellung gilt letztlich auch fuumlr den Umgang mit an-deren Formen von Heterogenitaumlt insbesondere im Umgang mit unterschied-lichen Qualifikationen undoder Familiensituationen

Teams uumlbernehmen nicht nur gemeinschaftlich die Verantwortung fuumlr alle Aufgaben der Kindertageseinrichtung sondern sie regeln dazu auch ge-meinsam die Aufgaben(ver)teilung Im Idealfall werden Entscheidungen die die Einrichtung und das Arbeitsfeld betreffen von allen Teammitglie-dern partizipativ in einem demokratischen Verfahren getroffen Dabei wer-den Wissen und Erfahrung untereinander ausgetauscht Die Basis fuumlr diese Arbeit ergibt sich aus Vertrauen Offenheit und einem der gemeinsamen Sache verpflichteten Engagement Als zentrale Aufgabe der Leitung wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis in Form vielfaumlltiger Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch angesehen die gleich-zeitig das Wohlfuumlhlen im Team und in der Kindertageseinrichtung foumlrdern

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und somit zur Personalbindung beitragen soll Beispiele dafuumlr die in der KONTI-Befragung angesprochen wurden sind ndash morgendliche Rituale zur Begruumlszligung damit sich die Mitarbeiterinnen

zumindest einmal am Tag persoumlnlich gesehen und gesprochen haben ndash unterschiedliche gemeinsame Pausenregelungen zur persoumlnlichen Aus-

sprache ndash gemeinsame dienstliche und private Aktionen z B Studientage oder

bdquoKochaktionenldquo ndash die Schaffung von Raumlumen die besonders den Anforderungen von Er-

wachsenen mit z B entsprechend gemuumltlichen Sitzecken die zum Ver-weilen und zum Austausch auffordern

Der Aufbau einer wertschaumltzenden und belastbaren Teamkultur stellt einen entscheidenden Aspekt von Teamentwicklung dar Teams werden hier vor eine groszlige Herausforderung gestellt da eine kritische Auseinandersetzung und die Akzeptanz von Fehlern und Konflikten noumltig werden Im Umgang mit Konflikten wird in einigen der befragten Einrichtungen eine eigene Kon-fliktloumlsungskultur entwickelt und gelebt die bis zur Umsetzung geeigneter Problemloumlsungen einen organisatorischen Rahmen vorgibt und Mediations-verfahren einschlieszligt Gut ein Drittel der befragten Einrichtungsleitungen erwartet dazu von den Mitarbeiterinnen zunaumlchst einen offensiven aber gleichermaszligen verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem ent-standenen Problem In anderen Faumlllen sehen Leitungen zwar Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinandersetzung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) In zwei Faumlllen wird von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team be-richtet die vor allem dadurch ausgeloumlst sind dass die Leitung versucht Ver-aumlnderungen umzusetzen (bdquoSie haben Angst sie fuumlhlen sich belastet durch diese Veraumlnderungenldquo) Eine der beiden betroffenen Leiterinnen plant des-halb einen Arbeitsplatzwechsel

Gerade Teamentwicklung kann dazu beitragen dass Energien aus der vorhandenen Heterogenitaumlt der Mitarbeiterinnen mobilisiert werden in-dem das Team lernt konstruktiv und offen mit Konflikten umzugehen und vorhandene Potenziale auszuschoumlpfen Dabei ist es fuumlr den Prozess der Team-entwicklung notwendig von Beginn an vorhandenen Aumlngsten durch den Aufbau von Sicherheit entgegenzuwirken und die (unterschiedlichen) Hal-tungen im Team zu thematisieren und zu uumlberpruumlfen Fuumlr die Moderation dieser Prozesse ist die Leitung zustaumlndig die im besonderen Maszlige vom Pro-zess betroffen ist Sie stellt nicht nur einen entscheidenden Wegbereiter dar

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sondern uumlbernimmt auch Vorbildfunktion z B fuumlr die Haltung zu Partizipa-tion den Umgang mit Kritik eigenen Fehlern sowie Abgrenzungserforder-nissen Dazu benoumltigt sie insbesondere ein ausgeglichenes Verhaumlltnis von Naumlhe und Distanz zum Team um professionell auf Prozesse und Team-Mit-glieder einwirken zu koumlnnen Ein zielgerichtetes und selbstreflektiertes Fuumlh-rungs- und Handlungsverstaumlndnis ist Voraussetzung dafuumlr dass die Leis-tungsfaumlhigkeit des Teams und gleichzeitig das Team- und Arbeitsklima durch Teamentwicklung und -fuumlhrung verbessert werden koumlnnen Die Moderation der Prozesse erfordert Kenntnisse uumlber Methoden und Arbeitstechniken so-wie uumlber deren moumlgliche Wirkungen

In den Leitungsinterviews werden verschiedene Maszlignahmen zur Personal-entwicklung genannt die teilweise auf individuellen teilweise auf traumlger-spezifischen Entwicklungskonzepten beruhen So gibt es in einer Einrich-tung zu Jahresbeginn sogenannte bdquoStartgespraumlcheldquo zwischen Leitung und Mitarbeiterinnen in denen Bedarfe und Probleme thematisiert werden koumlnnen oder es gibt Zielvereinbarungs- bzw Mitarbeitergespraumlche Allge-mein wird von ausreichenden Fortbildungsmoumlglichkeiten fuumlr das Team be-richtet Sie reichen von traumlgerinternen Schulungsangeboten zwischen einem und drei Tagen oder regelmaumlszligig stattfindenden Qualitaumltszirkeln zum intensi-

Hauptweichen fuumlr die Teamentwicklung (Lange 2015)

Eine gemeinsam entwickelte Team-Matrix gibt den Team-Mitglie-dern Orientierung uumlber Ziele Aufgaben Rollen und Positionen so-wie Verfahrens- und Verhaltensregeln Sie stellt die Grundlage fuumlr die Identifikation mit der Kindertageseinrichtung dar und gilt als eine der Hauptvoraussetzungen fuumlr die Bildung einer bdquolernenden Organisationldquo wenn die Mitarbeiterinnen bereit sind voneinander zu lernen und sich zu veraumlndern

Der Einsatz zielfuumlhrender Arbeitstechniken stellt neben ausrei-chenden Zeitressourcen und einschlaumlgigem Methodenwissen einen wesentlichen Eckpfeiler dar ndash um an Haltungen und fachlichen Kompetenzen im Team zu ar-

beiten und ndash um eine wertschaumltzende und belastbare Teamkultur aufzubauen

in der die Anspruumlche an Psychohygiene und psychischer Entlas-tung der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden

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ven fachlichen Austausch uumlber Teamqualifikationen z T mit externen Refe-rentinnen bis hin zu einem dreitaumlgigen Einarbeitungsworkshop fuumlr neue Mitarbeiterinnen welcher der traumlgerspezifischen konzeptionellen und be-trieblichen Einweisung dient Wie bereits dargestellt (vgl Abschnitt 421) gehoumlrt die Unterstuumltzung der Teamentwicklung durch den Traumlger mit zu sei-nem Aufgabenprofil (vgl Oberhuemer 2003 61) Leitungskraumlfte bestaumltigen dies teilweise in den im Projekt KONTI durchgefuumlhrten Interviews Neben der Bereitstellung von Zeitressourcen berichten einige von ndash unterschiedlichen Formen von traumlgerinternen und -spezifischen Leitungs-

qualifikationen im Umfang mehrerer Tage oder in Form von Schulungs-reihen mit verschiedenen Modulen bzw Bausteinen

ndash Angeboten zur berufsbegleitenden Qualifikation fuumlr die Leitungstaumltig-keit in Form von Studium oder Weiterbildungen

ndash Teamentwicklungstagen und -workshops mit externer oder traumlgerinter-nen Moderation zur intensiven Auseinandersetzung mit Strukturen Rol-len- und Aufgabenverteilungen

ndash Patenschaften durch andere Leitungskraumlfte zur kollegialen Unterstuumlt-zung und Reflexion der Prozesse

ndash regelmaumlszligig bzw bei Bedarf stattfindender Supervision undoder Coaching fuumlr Leitungskraumlfte oder auch fuumlr ganze Teams

ndash Unterstuumltzung der Teams durch externe Moderation bei Konflikten

423 Monitoring der Mitarbeiterzufriedenheit

Ein funktionsfaumlhiges Beschwerdemanagement Mitarbeitergespraumlche und Mit arbeiterbefragungen gehoumlren zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten einer mitarbeiterorientierten Personalfuumlhrung Regelmaumlszligige Personalgespraumlche gibt es nach den Befragungen im Projekt KONTI bei den meisten Kita-Traumlgern Dabei ist mehrheitlich die Einrichtungsleitung fuumlr die Durchfuumlhrung zustaumlndig Gespraumlche mit der Leitung selbst erfolgen in der Regel durch Traumlgervertreterinnen wie z B die Fachberatungen oder die Personalverantwortlichen Zum Teil werden einheitliche Leitfaumlden zugrun-de gelegt Eine systematische Dokumentation der Ergebnisse konkrete Ziel-vereinbarungen auf der Grundlage der Gespraumlche oder eine uumlbergreifende Auswertung auf der Ebene des Traumlgers finden sich jedoch nur selten Neben solchen individuellen Mitarbeitergespraumlchen bietet sich die Nutzung von Beschaumlftigtenbefragungen an denn

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bdquoEine wesentliche Voraussetzung gelungener Organisations- und Personalentwicklung (in Kindertageseinrichtungen) ist es zielge-richtet und passgenau zu handeln ndash also eine konkrete Zielsetzung zu formulieren vor dem Hintergrund eines moumlglichst genauen und aktuellen Bildes der Erfordernisse und Bedarfe einer Organisation und des Personals Der erste Schritt im Prozess ist demnach eine Untersuchung des Ist-Zustandes z B des Gesundheitsstatus der Beschaumlftigten der Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden Eltern und Kindernldquo (Franz 2015a)

Vor diesem Hintergrund erweisen sich Kombinationen von Beschaumlftigten- und Elternbefragungen als sinnvolle Instrumente Beachtet werden muss da-bei dass Befragungen nicht allein aus Selbstzweck erfolgen Vielmehr muss mit den Ergebnissen gearbeitet werden Dazu gehoumlrt zum einen dass sie in den Teams kommuniziert werden wobei identifizierte Probleme diskutiert und zum Ausgangspunkt fuumlr die Erarbeitung von Loumlsungsvorschlaumlgen ge-nommen werden Zum anderen muss sich die Fuumlhrungsebene mit den Er-gebnissen auseinandersetzen und Schlussfolgerungen im Sinne der Planung von geeigneten Maszlignahmen daraus ziehen Werden Befragungen regelmaumlszligig wiederholt koumlnnen Veraumlnderungen im Zeitverlauf gemessen und damit auch der Erfolg der eingesetzten Maszlignahmen evaluiert werden (vgl Franz 2015a) Letztlich sind die Befragungen nur so gut wie ihre Einbindung in ei-nen Planungs- Entwicklungs- und Umsetzungsprozess An einer solchen sys-tematischen ndash vollstaumlndigen wie einrichtungsuumlbergreifenden ndash Analyse und zielorientierten Interpretation der Ergebnisse fehlt es haumlufig in der Praxis auch wenn Mitarbeiterbefragungen inzwischen von einer Reihe von Traumlgern eingesetzt werden Das Verfahren eines solchen Monitorings als eine Kom-bination von Fragen an Beschaumlftigte einerseits und an Eltern andererseits wird nachfolgend am Beispiel eines kommunalen Traumlgers vorgestellt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Monitoring in Kindertageseinrichtungen bei GeKita (BornJonassohn 2015)

GeKita (wwwgekitade) ist der Traumlger der staumldtischen Kindertages-einrichtungen in Gelsenkirchen Gemeinsam mit KCR (Konkret Consult Ruhr wwwkcr-netde) wurden 2013 und 2015 Beschaumlftig-ten- und Elternbefragungen in allen 65 Kitas durchgefuumlhrt Der Fra-gebogen wurde in einem eigens dafuumlr gebildeten Steuerungskreis (Abteilungsleitungen Kita-Leitungen Fachberatungen Mitarbeiterinnen Personalrat) entwickelt Die Befragungskonzeption wurde in einer Leitungskonferenz vorgestellt um die Kita-Leitungen als Multi-plikatorinnen zu gewinnen die dazu beitragen sollten Mitarbeiterinnen und Eltern fuumlr die Teilnahme an der Befragung zu motivieren Die Gesamtergebnisse der Befragungen wurden in Leitungskonferen-zen vorgestellt und im Steuerungskreis diskutiert Zusaumltzlich erhielt jede Leitung die Ergebnisse fuumlr ihre Einrichtung um sie in ihrem Team vorzustellen In kritischen Faumlllen gab es Gespraumlche mit der Fachberatung und Zielvereinbarungen uumlber Verbesserungsmoumlglich-keiten

Die Beschaumlftigtenbefragungen enthielten Fragen zur Mitarbeiter-zufriedenheit und zu Themen wie beispielsweise Fuumlhrung Informa-tion Mitarbeiterorientierung Organisation Team Fortbildung Ar-beitssituation und Work Life Balance In der Elternbefragung wurde die Kundenzufriedenheit abgefragt verbunden mit Bewertungsfra-gen zur Qualitaumlt der paumldagogischen Arbeit der Oumlffnungszeiten und der Atmosphaumlre in der Kita Auf diese Weise konnten sowohl (anony-misierte) Rankings der Einrichtungen im Hinblick auf die Mitarbei-ter- und die Elternzufriedenheit erstellt als auch Einrichtungen mit kritischen Ergebnissen identifiziert werden Des Weiteren konnte der Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Zufriedenheit in und mit allen Kindertageseinrichtungen des Traumlgers ermittelt werden Bei den Beschaumlftigten zeigte sich beispielsweise dass es das Team ist das den groumlszligten Einfluss auf die Zufriedenheit hat Daruumlber hinaus wurden die Ergebnisse der Jahre 2013 und 2015 miteinander verglichen Da-bei stellte sich heraus dass es insgesamt sowohl bei den Ergebnissen der Beschaumlftigten- als auch bei denen der Elternbefragung Verbesse-rungen erzielt worden sind und dass in denjenigen Einrichtungen in denen die Werte in der Erstbefragung problematisch gewesen waren

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

424 Gesundheitsmanagement

Wenn bereits juumlngere Beschaumlftigte haumlufig uumlber gesundheitliche Probleme be-richten und viele die Befuumlrchtung haben die Arbeit nicht bis zum Rentenal-ter schaffen zu koumlnnen besteht hier offenkundiger Handlungsbedarf Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlr-derung sind darum aus der Sicht der Personalverantwortlichen der Kita-Trauml-ger inzwischen zu wichtigen Handlungsfeldern geworden denen man in der naumlchsten Zeit noch mehr Aufmerksamkeit widmen moumlchte und im Kontext der Personalfuumlhrung eine wachsende Bedeutung zumisst Bislang allerdings ist ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement fuumlr Kindertages-einrichtungen noch nicht sehr weit verbreitet In der STEGE-Studie werden die diesbezuumlglichen Ergebnisse im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen folgen-dermaszligen zusammengefasst

auf der Grundlage der Gespraumlche und Zielvereinbarungen Veraumlnde-rungen zum Positiven erzielt werden konnten

Von Interesse war auch der Vergleich zwischen den Beschaumlftigten- und den Elternbefragungen Insgesamt wurde ein Zusammenhang zwischen Beschaumlftigten- und Elternzufriedenheit festgestellt So be-fanden sich 2015 unter den zwoumllf Einrichtungen mit der houmlchsten Mitarbeiterzufriedenheit auch sechs mit der houmlchsten Elternzufrie-denheit umkehrt gehoumlrten von den zwoumllf Einrichtungen mit der ge-ringsten Mitarbeiterzufriedenheit auch fuumlnf zur Schlussgruppe in der Elternzufriedenheit Es gab jedoch auch Abweichungen in beide Richtungen wobei eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei geringer Elternzufriedenheit haumlufiger vorkam als umgekehrt Wenn die Mit-arbeiterzufriedenheit deutlich houmlher ist als die Elternzufriedenheit so kann dies darauf hindeuten dass die Beschaumlftigten Wege gefunden haben sich selbst zu entlasten aber die Beduumlrfnisse der Familien nicht hinreichend wahrnehmen der umgekehrte Fall koumlnnte ein In-diz dafuumlr sein dass das Team sich zu sehr unter Druck setzt Hohe Differenzen zwischen Mitarbeiter- und Elternzufriedenheit waren so-mit Anlass fuumlr Diskussionen in und mit den Teams

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

bdquoKonkrete Interventionen zum BGM werden sehr selten in den Ein-richtungen angeboten Workshops zu Zeitmanagement werden in 198 Prozent der Einrichtungen mit oumlffentlicher und 134 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft angeboten Ruumlckenschule oder Ruumlckentraining in 189 Prozent der oumlffentlichen und 43 Pro-zent der freien Einrichtungen und WorkshopsKurse zu Entspan-nungstechniken wie bspw Yoga Autogenes Training oder Progres-sive Muskelentspannung in 169 Prozent der Einrichtungen in oumlf-fentlicher und 50 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft Betriebsaumlrztliche Untersuchungen fuumlr ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten 327 Prozent der freien und 356 Prozent der oumlf-fentlichen Einrichtungen an Impfungen finden in 399 Prozent der freien und 520 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen statt Die Methode der Gesundheitszirkel wenden 288 Prozent der freien und 325 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen anldquo (ViernickelVoss 2013 77)

Im Sommer 2015 wurde auf Bundesebene das sogenannte Praumlventionsgesetz (Gesetz zur Staumlrkung der Gesundheitsfoumlrderung und der Praumlvention vom 15072015)17 beschlossen das zur Verwirklichung einer bdquoerweiterten Praumlven-tionskulturldquo (Richter 2015 7) beitragen und neben anderen Praumlventionsmaszlig-nahmen nicht zuletzt die Gesundheitsfoumlrderung im Betrieb verbessern soll Zur Gesundheitsfoumlrderung gehoumlrt neben der Arbeitsergonomie und dem Arbeitsschutz auch die Praumlvention um gesundheitlichen Belastungen und Gefaumlhrdungen am Arbeitsplatz nicht nur entgegenzuwirken sondern auch vorzubeugen Letztere beinhaltet eine Vielfalt von Maszlignahmen Vorsorge-untersuchungen Beratungsangebote Betriebssport und die Foumlrderung in-dividueller Aktivitaumlten der Mitarbeiterinnen (vgl BrandenburgDomschke 2007 190 ff) Entscheidend ist dass die Gesundheitsfoumlrderung nicht erst bei aumllteren Beschaumlftigten einsetzt sondern zum betrieblichen Alltag gehoumlrt

bdquoJe gesundheitsgerechter die Arbeit gestaltet ist desto leichter kann ein Mitarbeiter seine Taumltigkeit ausuumlben Lern- und gesundheitsfoumlr-derliche Arbeitsgestaltung ist alternsgerechte Arbeitsgestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 178)

17 wwwbmgbunddeministeriummeldungen2015praeventionsgesetzhtml (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Dabei geht es sowohl um bdquoVerhaltenspraumlventionldquo also um die Staumlrkung ei-nes gesundheitsfoumlrdernden Verhaltens der Individuen als auch um eine bdquoVerhaumlltnispraumlventionldquo also um eine gesundheitsfoumlrdernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen (vgl FalkensteinGajewski 2015)

Bei vielen Traumlgern wird gerade hier eine Weiterentwicklung angestrebt Dabei geht es sowohl um Verhaumlltnis- als auch um Verhaltenspraumlvention Im Hinblick auf die Verhaumlltnispraumlvention sind verschiedene Themenfelder rele-vant von denen einige an anderer Stelle angesprochen werden ndash dies gilt bei-spielsweise fuumlr die Ermoumlglichung von gesundheitsorientierten Berufswege-korridoren (vgl Abschnitt 413) und fuumlr den Umgang mit Zeitressourcen (vgl Abschnitt 432) Dieser Hinweis zeigt dass ein betriebliches Gesund-heitsmanagement letztlich eine Querschnittsaufgabe darstellt bei der unter-schiedliche Handlungsfelder unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit beruumlcksichtigt werden muumlssen In der STEGE-Studie wird dies-bezuumlglich zwischen vier Ebenen unterschieden Handlungsbedarf und Hand-lungsoptionen bestehen im Hinblick auf die Rahmenbedingungen (Politik und Gesellschaft) bei dem jeweiligen Traumlger der Kita-Leitung und der Fach-kraft selbst (ViernickelVoss 2013 180)

Ein zentraler Aspekt in diesem Kontext ist eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung die in der Praxis uumlber Investitionen in ergonomisches Mobiliar (Erzieher-StuumlhleWickeltische mit Aufstiegen) und in den Laumlrm-schutz angegangen wird Einige Befragte berichten in der KONTI-Traumlger-befragung dass sie gerade hier nach Loumlsungsmoumlglichkeiten suchen Beide Bereiche finden durch Neubauten und Sanierungen vor allem beim (U3-)Ausbau Beruumlcksichtigung bdquowenn ruumlckenschonende Maszlignahmen in den Ein-richtungen baulich initiiert werdenldquo Der Aus- und Umbau der letzten Jahre hat darum gerade hier einiges moumlglich gemacht und der Zustand dieser Ein-richtungen hat sich durch diese Investitionen deutlich verbessert gerade auch fuumlr die Mitarbeiterinnen Trotzdem wird mehrfach darauf hingewie-sen dass solche Maszlignahmen einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und die Finanzierung oft schwierig sei Gleichzeitig wird festgestellt dass diese Maszlignahmen wirken jedoch im Altbestand der Gebaumlude haumlufig nicht umgesetzt werden koumlnnen

Ein weiteres wichtiges Thema ist Bewegung zur Praumlvention bzw Linde-rung von Ruumlckenbeschwerden Hier bietet eine Reihe von Traumlgern ndash groszlige wie kleine ndash unterschiedlichste Angebote im Sport- und Therapiebereich wie z B Mitgliedschaften oder Trainingszeiten im FitnessstudioSportver-ein gymnastische UumlbungenRuumlckenschule PhysiotherapieMassage Lauf-treff oder Fahrradtour

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Genannt werden daruumlber hinaus Themen wie Desinfektion Hygiene und Infektionsschutz (insbesondere fuumlr juumlngere Mitarbeiterinnen) und die Aus-gestaltung der Wiedereingliederung nach laumlngeren Erkrankungen (insbeson-dere bei aumllteren Mitarbeiterinnen) Zum Themenspektrum gehoumlren dane-ben (psychische) Belastungen und Belastungssituationen durch die Arbeit oder die Arbeitszeiten in den Einrichtungen Wiedereingliederungsmaszlig-nahmen und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (individuell und im Team) mit dem Ziel einer angepassten Arbeitsplatzgestaltung der Um-setzung von Entlastungsmaszlignahmen oder der Befreiung von bestimmten Aufgaben werden von einigen Befragten als Instrumente angesehen die sich zunehmend etablieren

Einige Traumlger wuumlnschen sich von ihren Mitarbeiterinnen mehr Selbst-fuumlrsorge und Eigeninitiative ndash bdquoeinen anderen Blick auf sich selbstldquo Nicht nur bdquoeine Kultur der gegenseitigen Offenheitldquo solle zum Thema vorhanden sein sondern die Mitarbeiterinnen sollten auch bdquomehr auf die eigene Ge-sundheit achtenldquo Sie bieten darum Fachtagungen und Fortbildungen zum Thema an auf denen z B auch Uumlbungen gezeigt werden bei einem Traumlger demnaumlchst auch web-basiert und als E-Learning Auch fuumlr Leitungen werden vereinzelt praumlventive Angebote zum (systemischen) Fuumlhren zum Zeit- und Stressmanagement und zur Supervision gemacht unter dem Blickwinkel dass gerade das Fuumlhren von Teams und Einrichtungen eine besonders an-spruchsvolle Taumltigkeit ist die zu besonderen Belastungen fuumlhren kann Re-gelmaumlszligige Betriebsarztbesuche werden ebenfalls haumlufiger als Angebote ge-nannt aber von einigen Mitarbeiterinnen als nutzlos bewertet

Ein weiterer groszliger Traumlger hat eine Mitarbeiterbefragung zu gesund-heitlichen Fragen durchgefuumlhrt mit dem Ergebnis dass er nun seine Beschaumlf-tigten im individuellen Umgang mit festgestellten Belastungen unterstuumlt - zen will und sie zu einer gesundheitsfoumlrderlichen Haltung anregen moumlchte Ziel ist es dabei zu einem bewussten Umgang mit Arbeitsbelastungen und -anforderungen und damit auch zur Mitarbeiterzufriedenheit beizutragen

Die institutionelle Verankerung des Themas Gesundheit erfolgt bei den Traumlgern in eigens dafuumlr eingerichteten Arbeitsgruppen Gesundheitszirkeln oder Work-Life-Gruppen in der Personalabteilung einer Fachstelle einer AG Personal oder der Betriebs- bzw Personalversammlung Zwei der befrag-ten Traumlger verfuumlgen uumlber ein betriebliches Gesundheitsmanagement bei ei-nem weiteren besuchen zwei Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildun-gen Ein Traumlger weist darauf hin dass er in Zukunft Personal in Form einer Fachkraft fuumlr Gesundheitsschutz einbringen wird Haumlufig erfolgt die Aus-einandersetzung mit dem Thema projektfoumlrmig haumlufiger dabei auch in Ko-

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operation mit Dritten wie Gesundheitsamt Krankenkassen Gewerkschaften oder Universitaumlten

Betrachtet man die Ergebnisse der Beschaumlftigteninterviews (vgl Ab-schnitt 321) bei denen bei den befragten Erzieherinnen einerseits eine sehr hohe persoumlnliche Motivation und Identifikation mit ihrer Arbeit fest-gestellt wurde die allerdings andererseits mit einem wenig professionellen Selbstbild ihres Berufs verbunden sind so wird deutlich dass insbesonde- re stressreduzierende Maszlignahmen von zentraler Bedeutung sind Neben den wachsenden Anforderungen im Arbeitsfeld und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung ergibt sich offensichtlich zusaumltzlich ein Uumlberforderungs-potenzial das in der eigenen Haltung der Beschaumlftigten gegenuumlber ihrem eigenen z T persoumlnlich unzureichend definierten Leistungsvorstellungen als Erzieherin begruumlndet ist Bezogen auf die Verhaltenspraumlvention geht es darum vor allem um den individuellen Umgang der einzelnen Beschaumlftigten mit Stresssituationen Beide Aspekte haumlngen eng miteinander zusammen

bdquoArbeit ist gesundheitsfoumlrderlich wenn sie die Arbeitenden befaumlhigt und ermaumlchtigt in ihrer Bewaumlltigung der Anforderungen der Ar-beitswelt eine Balance zwischen den eigenen Moumlglichkeiten und Zielvorstellungen und ihren Arbeitsbedingungen herzustellenldquo (Richter 2015 8 vgl auch Beck 2011 15 ff)

Ein Beispiel fuumlr die Weiterentwicklung von Verhaltenspraumlvention das diese Herausforderungen aufgreift stellt der Ansatz eines haltungs- und gesund-heitsorientierten Qualitaumltsmanagements (HGQM)18 dar (vgl Esch 2015ab) Das HGQM legt seinen Fokus auf die kontinuierliche Reflexion der eigenen inneren Haltung der Beteiligten d h der Mitarbeiterinnen ebenso wie der Fuumlhrungskraumlfte und geht davon aus dass die Uumlbereinstimmung des taumlgli-chen Handelns mit der inneren Haltung und den persoumlnlichen Werten von hoher Bedeutung dafuumlr ist inwieweit Beanspruchungen ndash negativ ndash als Be-lastungen empfunden werden (vgl Kapitel 1) und wie sie sich somit auf die fuumlr die psychosoziale Gesundheit auswirken Der psychosozialen Gesundheit der Mitarbeiterinnen wiederum wird ein wesentlicher Einfluss auf die Pro-zessqualitaumlt zugeschrieben Fuumlr ein gelingendes Qualitaumltsmanagement ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig dass sich die Mitwirkenden immer wieder ihrer eigenen inneren Haltung insbesondere zu fach- und gesell-

18 httpwwwhg-qmde (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schaftspolitisch zentralen Themen der Kita-Arbeit bewusst werden Das HGQM konzipiert daher ein mehrstufiges Verfahren das in einem auf etwa drei Jahre angelegten Zyklus verschiedene Elemente kombiniert Mitarbei-ter- und Elternbefragungen bilden die Basis zur Informationsgewinnung ein spezielles Coaching uumlber alle Hierarchieebenen hinweg zielt auf die Reflexi-on von Arbeitssituationen und der inneren Haltung Qualitaumltszirkel der Ein-richtungsleitungen dienen dem Austausch und dem gemeinsamen Lernen in Teamtagen wird in den einzelnen Einrichtungen mit den Befragungser-gebnissen gearbeitet bei jaumlhrlichen Strategietagen erfolgt die Weiterentwick-lung des Verfahrens auf der Fuumlhrungsebene des Traumlgers Ein Beispiel fuumlr die Umsetzung dieses Ansatzes fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung ist das Projekt bdquoGesund arbeitenldquo (GesA) des Kita-Zweckverbands Essen

Das Projekt Gesund arbeiten (bdquoGesA bdquo) im KiTa Zweckverband Essen19

Der KiTa Zweckverband im Bistum Essen fuumlhrte 201314 das Projekt GesA (Gesund Arbeiten) im Rahmen der Initiative bdquoGleichstellung von Frauen in der Wirtschaftldquo des Bundesministeriums fuumlr Arbeit und Soziales durch Das Projekt basierte auf dem Ansatz des gesund-heits- und haltungsorientierten Qualitaumltsmanagements Ziel war die Realisierung einer individuellen Gesundheitsfoumlrderung angeleitet durch die Fragestellung bdquoWie kann es vor dem Hintergrund stei-gender Anforderungen und Belastungen gelingen gute Arbeit zu machen und gesund zu bleibenldquo Es ging also darum durch eine bdquoHaltungspraumlventionldquo die Resilienz der paumldagogischen Fachkraumlfte zu staumlrken und damit Belastungen bdquoabzupuffernldquo Das Projekt enthielt vier Elemente (Newsletter 12013 und 22013)20

1 SchriftlicheBefragung allerMitarbeiterinnen Bei der schriftlichen Befragung ging es um die Erhebung der Ausgangssituation in Form einer Arbeits-Belastungs-Ressourcen-Analyse Mit einem an-onymen Fragebogen wurden die Beschaumlftigten um Auskunft bei-spielsweise uumlber Gesundheit und Erholung Arbeitszeitregelun-

19 httpwwwkita-zweckverband-gesade (Abruf am 18042016)20 httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684352pdf und httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684198pdf (Abruf am 18042016)

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gen sowie Kommunikation und soziale Unterstuumltzung gebeten Bei 2835 Frageboumlgen wurde eine Ruumlcklaufquote von 49 Prozent realisiert Aus der Befragung wurden gleichzeitig Anregungen fuumlr konkrete Maszlignahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entnommen

2 Entwicklung und Durchfuumlhrung eines Fortbildungsprogramms Ein auf den Befragungsergebnissen und dem Haltungsansatz basierendes Fortbildungsprogramm (bdquoGesA-Gesundheitszirkelldquo) wurde entwi-ckelt und umgesetzt Dabei ging es beispielsweise um Themen wie Stressmanagement sowie Krisen- und Konfliktmanagement Im ersten Modul stand die Schaumlrfung des professionellen Selbstbilds im Mittelpunkt bdquoDabei ging es u a um das Entdecken der eigenen Wertehierarchie und den Umgang mit Veraumlnderungen Durch die systematische Reflexion der eigenen Haltung und der damit ver-bundenen ndash vielleicht bisher nicht wahrgenommenen ndash Ressour-cen konnten die Teilnehmerinnen zielgerichtet an der positiven Entwicklung ihres Selbstbilds arbeitenldquo (Newsletter 22013 1) Um moumlglichst vielen Beschaumlftigten die Gelegenheit zur Teilnah-me an den Fortbildungen zu geben und um das Projekt uumlber die Laufzeit hinaus weiterfuumlhren zu koumlnnen wurden einige Mitar-beiterinnen und Leitungskraumlfte als Multiplikatorinnen fuumlr die Durchfuumlhrung von Gesundheitszirkeln qualifiziert

3 E-Learning-Plattform als Ergaumlnzung zum Fortbildungsprogramm Mit-hilfe einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte des Fortbil-dungsprogramms nachhaltig fuumlr alle Beschaumlftigten nutzbar ge-macht Auch diejenigen die nicht am Fortbildungsprogramm teilgenommen haben koumlnnen auf diese Weise das darin vermittel-te Wissen erwerben

4 Evaluation des Projekts In der zweiten Haumllfte des Jahres wurde eine Nachbefragung durchgefuumlhrt die einen Vergleich mit den Ergeb-nissen der Erstbefragung ermoumlglichte Dabei wurde die Entwick-lung des Belastungsempfindens von Beschaumlftigten die am Fortbil-dungsprogramm teilgenommen hatten mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmenden verglichen Diese Evaluation zeigte deutliche Effekte So war beispielsweise bei den Teilnehmerinnen der Anteil derjenigen die angaben dass es ihnen oft schwerfaumlllt nach der Arbeit abzuschalten deutlich gesunken (Franz 2015b)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Fasst man die verschiedenen Aspekte eines Gesundheitsmanagements fuumlr die Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen zusammen so lassen sich drei zentrale Ebenen fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung identifizie-ren ndash Bei der materiellen Ausstattung der Einrichtungen sind vor allem Fragen

des Laumlrmschutzes und ein ergonomisches Mobiliar von Bedeutung ndash Aufgrund der koumlrperlichen Belastungen besteht ein Bedarf an Praumlventi-

onsangeboten Dazu gehoumlren sowohl Maszlignahmen die in den betriebli-chen Ablauf integriert werden (wie beispielsweise Besuche von Physio-therapeutinnen in der Einrichtung) als auch die Foumlrderung privater Ei-geninitiative der Beschaumlftigten (wie die Unterstuumltzung der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio)

ndash Fuumlr die Reduzierung von Stress bewaumlhren sich Fortbildungsangebote die auf die Staumlrkung von Resilienz setzen Die Arbeit an der eigenen Haltung bietet hier erhebliche Potenziale

Gesundheitsfoumlrderung in diesem Sinne darf allerdings nicht als Ersatz fuumlr eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verstanden werden ndash etwa nach dem Motto bdquoWenn die Beschaumlftigten lernen mit Belastungen besser umzu-gehen muumlssen die Belastungen nicht mehr reduziert werdenldquo Michael Nie-haus (2015) spricht in diesem Kontext von bdquoorganisationaler Beschaumlftigungs-faumlhigkeitldquo die er folgendermaszligen definiert

bdquoOrganisationale Beschaumlftigungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit einer Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten dass die Wertschoumlp-fungsprozesse mit den verfuumlgbaren Potenzialen der Beschaumlftigten realisiert werden und damit die Existenz der Organisation gesichert wirdldquo (Niehaus 2015 51)

Gesundheitsfoumlrderung im Sinne einer solchen gleichermaszligen organisationa-len wie individuellen Beschaumlftigungsfaumlhigkeit stellt eine Fuumlhrungsaufgabe dar und muss somit als ein integraler Bestandteil einer insgesamt auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Personalwirtschaft verstanden werden

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Eine nachhaltige Personalpolitik die auf Personalbindung und damit auf eine dauerhafte Beschaumlftigung von Mitarbeiterinnen setzt muss sich letzt-lich auch an den persoumlnlichen Potenzialen der Beschaumlftigten in deren Lebens-verlauf ausrichten Uumlbergeordnetes Ziel einer solchen personalpolitischen Strategie ist die Foumlrderung einer Work-Life-Balance fuumlr Beschaumlftigte die ne-ben ihrem Beruf familiaumlre Verpflichtungen zu bewaumlltigen haben In diesem Feld typischerweise eingesetzte Instrumente betreffen zum einen Arbeits-zeitkonzepte und zwar sowohl zur Gestaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten (Abschnitt 431) als auch zum Zeitmanagement im Rahmen der Personaleinsatzplanung und Dienstplangestaltung (Abschnitt 432) Zum anderen geht es um die Unterstuumltzung der Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Familienaufgaben (Abschnitt 433)

431 Teilzeitarbeit und Teilzeitkonzepte

Work-Life-Balance bedeutet bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen heute zunaumlchst und nahezu selbstverstaumlndlich das Angebot zur Stundenre-duktion Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita ist darum ndash wie in vielen anderen Branchen auch ndash ein weit verbreitetes personalwirtschaftliches Instrument (vgl im Folgenden Micheel 2015) Nicht nur beim Ausmaszlig der Teilzeitar-beit sondern gerade auch bei der Haltung der Personalverantwortlichen und Leitungskraumlfte gegenuumlber diesem Instrument zeigten sich im Projekt aller-dings starke regionale Unterschiede die sich mit den verschiedenen Beweg-gruumlndungen fuumlr seinen Einsatz und den damit verbundenen spezifischen Gestaltungsmerkmalen erklaumlren lassen

In den westlichen Bundeslaumlndern wird in der Traumlgerbefragung auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (2011) hingewiesen die zu befolgen sind und deren Ziel es ist die bdquoTeilzeitarbeit zu foumlrdern die Voraus-setzungen fuumlr die Zulaumlssigkeit befristeter Arbeitsvertraumlge festzulegen und die Diskriminierung teilzeitbeschaumlftigten und befristet beschaumlftigten Arbeit-nehmern zu verhindernldquo (vgl BMAS 2011) Nicht zuletzt aufgrund die - ses Rechtsanspruchs hat Teilzeitbeschaumlftigung bei den befragten Traumlgern im Westen vor allem die Funktion erhalten die Work-Life-Balance von Mitar-beiterinnen mit Familienpflichten zu erleichtern

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dabei meistens im persoumlnlichen Ge-spraumlch zwischen dem Traumlger (z T in Kooperation mit der Einrichtungslei-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

tung) und der jeweiligen Mitarbeiterindem jeweiligen Mitarbeiter bei dem der individuelle Wochenstundenumfang und die Arbeitswoche vereinbart werden Die vielfach einzige Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) entspricht dabei dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen mit eigenen Kindern nach einer Halbtags-stelle Bestandteil des Gespraumlchsergebnisses ist daneben haumlufig die Zusage des Arbeitgebers zur Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange der Mit-arbeiterindes Mitarbeiters insbesondere bei der Festlegung der konkreten Arbeitszeiten im Dienstplan Teilzeit-Beschaumlftigung ist damit bei der Mehr-heit der befragten Traumlger in den westlichen Bundeslaumlndern das Ergebnis ei-nes individuellen Aushandlungsprozesses und ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und Personalbindung geworden

Grundsaumltzlich sind die im KONTI-Projekt befragten in Teilzeit arbei-tenden Erzieherinnen in den meisten Faumlllen mit ihrer Arbeits(zeit)situation zufrieden wird die Stundenreduktion doch immer auch als persoumlnliche Ent-lastung im Berufsalltag empfunden Verlaumlssliche Arbeitszeiten und ein ge-wisses Maszlig an Flexibilitaumlt ndash Rahmenbedingungen die ihnen in der Ein-richtung meistenteils gewaumlhrt werden ndash tragen sehr zur Zufriedenheit bei Unzufriedenheit oder sogar Konflikte entstehen allerdings wenn die Verein-barkeit von Beruf und Familie mit der Leitung nicht geklaumlrt werden kann

Dennoch herrscht im Westen oft der Eindruck vor dass Teilzeitbeschaumlf-tigung fuumlr Kinderbetreuungsbetrieb und Arbeitgeber als Belastung wahr-genommen wird Die angewachsene Zahl an klassischen Halbtagsstellen in der Kita mit festen Arbeitszeiten moumlglichst nur am Vormittag ist hier aus der Sicht von Leitungen und Personalverantwortlichen mit einer Reihe von Problemen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb behaftet und wird darum uumlber-wiegend kritisch gesehen Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlh-ren nach Meinung vieler Personalverantwortlicher zu viele Teilzeitkraumlfte (auf Vormittagsstellen) in einer Einrichtung zu Problemen Aufgrund der eige-nen Familiensituation der Mitarbeiterinnen koumlnnen diese beispielsweise nicht alle Dienste im Schichtbetrieb uumlbernehmen die Dienstplangestaltung wird komplizierter Wenn es viele Teilzeit-Kolleginnen in einem Team gibt wird dies haumlufig von den Vollzeitkraumlften als zusaumltzliche Belastung wahrge-nommen Bei den Teilzeitlerinnen selbst fuumlhrt die Stundenreduktion ndash trotz hoher Motivation ndash oft zu Umgewoumlhnungsschwierigkeiten Das Gefuumlhl dass man nicht mehr alles schafft wird als Druck Stress und Uumlberforderung empfunden Nur selten ist fuumlr die befragten Teilzeitkraumlfte eine Verringerung des Arbeitspensums oder eine Reduzierung des Aufgabenspektrums verein-bart worden Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur

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seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Mit der kuumlrzeren Praumlsenzzeit in der Kita fehlt Zeit fuumlr die noumltigen Absprachen und den erforderlichen Austausch aber auch fuumlr die umfassende Begleitung der Entwicklungsprozesse der Kin-der und fuumlr Elterngespraumlche Oft fuumlhlen sie sich deshalb nicht mehr als voll-wertiges Teammitglied nicht zuletzt auch wegen der eingeschraumlnkten Parti-zipationsmoumlglichkeiten Um die Funktionsfaumlhigkeit der Teams fuumlr alle Betei-ligten zu sichern ist es darum wichtig Kommunikationsstrukturen fuumlr die Teams durch entsprechende zeitliche Ressourcen zu schaffen und Regelun-gen zu finden die sowohl den Belangen der einzelnen Mitarbeiterinnen als auch des Gesamtteams gerecht werden Daruumlber hinaus bedarf es Regelun-gen des Traumlgers die Moumlglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit definie-ren und hier konkrete Vorgaben zur Orientierung geben

Bei den am Projekt beteiligten Traumlgern in Thuumlringen wird Teilzeitarbeit in der Kindertageseinrichtung nach den Befragungsergebnissen zu urteilen anders bewertet Hier ist sie weitgehend etabliert und wird akzeptiert wurde das Instrument der Arbeitszeitreduktion doch in den 1990er Jahren zunaumlchst eingesetzt um Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden Seither stellt Teilzeitarbeit in diesem Bundesland quasi das Standard-Angebot der Traumlger an ihre Fachkraumlfte in der Kita dar Allerdings handelt es sich dort ganz uumlber-wiegend nicht um die klassische Halbtagsstelle sondern um vollzeitnahe Be-schaumlftigung auf der Basis von Sockelarbeitsvertraumlgen mit 30 oder 32 Wochen-stunden

Aus der Sicht der befragten Personalverantwortlichen dort sind diese Re-gelungen mit vielen Vorteilen fuumlr den Betreuungsbetrieb verbunden Einer-seits verbessert sich die Personalsituation in der Einrichtung weil die Arbeit auf mehr Mitarbeiterinnen verteilt wird auch kurzfristige Personalausfaumllle koumlnnen durch die bessere Besetzung gut aufgefangen werden Daneben er-gibt sich durch den Einsatz des Instruments die Moumlglichkeit auf die unter-jaumlhrigen Schwankungen im Betreuungs- und damit Personalbedarf einer Kindertageseinrichtung zu reagieren Im Sinne einer Flexibilitaumltsreserve koumln-nen sowohl die saisonalen Schwankungen im Betreuungsbedarf (kontinuier-licher Anstieg der betreuten Kinder im Verlauf des Kindergartenjahres bis zum naumlchsten Einschulungstermin) bzw in der Personaldecke (Erkrankun-gen Schwangerschaften Elternzeiten Fortbildungen) ausgeglichen werden Auf der Basis eines zusaumltzlich zum Teilzeitvertrag vereinbarten flexiblen Stundendeputats oder mithilfe einer bdquoAnordnung von Mehrarbeitldquo wird dazu je nach Arbeitsanfall und Personalsituation in der Kita die Wochen-arbeitszeit von Mitarbeiterinnen hoch- und spaumlter wieder zuruumlckgefahren Die Sockelarbeitszeitmodelle fuumlhren somit zu mehr personeller Stabilitaumlt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und Kontinuitaumlt in den Teams und letztlich auch zu mehr Beschaumlftigungs- und Planungssicherheit fuumlr den Traumlger Fuumlr die Beschaumlftigten bieten sie einer-seits den Vorteil dass die als belastend empfundene Personalknappheit bei kurzzeitigem Betreuungsmehrbedarf oder durch unvorhergesehene Perso-nalausfaumllle reduziert wird ohne dass fuumlr diese begrenzten Zeitraumlume neue Mitarbeiterinnen befristet eingestellt und eingearbeitet werden muumlssten Andererseits sind diese Konzepte mit Schwankungen im Einkommen und der persoumlnlich verfuumlgbaren Zeit verbunden

Teilzeitarbeit ist im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch in der Weise zu organisieren dass sie nicht zu einer Diskriminierung der Teil-zeitarbeitenden im Hinblick auf Einsatz- und Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlhrt Mit Blick auf die vor der Familienphase bereits ausgefuumlllten Positionen faumlllt im Rahmen der Ergebnisse der Beschaumlftigtenbefragung insbesondere bei den Erzieherinnen aus Nordrhein-Westfalen auf dass ihre Ruumlckkehr in den Beruf mehrheitlich mit einem Abstieg verbunden war Uumlberwiegend sind sie nun lediglich als Ergaumlnzungs- bzw Zweitkraft beschaumlftigt obwohl sie zuvor min-destens die Gruppenleitungs- manche sogar (stellvertretende) Leitungsfunk-tionen innehatten Dieser Ruumlckschritt erfolgte z T auf eigenen Wunsch weil sie sich aufgrund ihrer familiaumlren Situation den damit verbundenen zeitli-chen Flexibilitaumltserfordernissen nicht gewachsen sahen Grundsaumltzlich ist bei den Teilzeitkraumlften die eigene Kinder zu versorgen haben aber durchaus eine Karriereorientierung (Aufstieg oder Spezialisierung) festzustellen Auf-grund der damit verbundenen Vollzeitarbeit und notwendigen Weiterbil-dung wird jedoch auch diese Perspektive von mehreren zunaumlchst im Interes-se der eigenen Familie zuruumlckgestellt Teilzeitarbeit in der Kita wirkt damit zusaumltzlich zu einem bereits erfolgten Ruumlckschritt beim Wiedereinstieg auch mittel- bis langfristig als Karrierebremse ndash auf nun niedrigerer Position

Vor dem Hintergrund der Projektergebnisse kann Teilzeitarbeit in der Kita gelingen wenn zunaumlchst eine systematische Auseinandersetzung mit ih-ren Wirkungen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb und damit eine umfassen-de Reflexion uumlber den bisherigen Einsatz des Instruments erfolgt bei der die eigenen Praxiserfahrungen zusammengetragen und bewertet werden Auf dieser Basis koumlnnen grundsaumltzliche Entscheidungen zur Gestaltung getroffen werden Dies kann als Aufgabe gezielten Personalmanagements aber auch als Dienstvereinbarung in Kooperation mit Personalraumlten und Mitarbeiter-vertretungen erfolgen (vgl DGB-Bundesvorstand 2014 Buumlntgen 2013) Be-standteile eines solchen Teilzeitkonzepts sind neben Gestaltungsoptionen zunaumlchst auch Ziele und Motive fuumlr seinen Einsatz Letztlich gilt es dem Rechtsanspruch auf Teilzeit gerecht zu werden und dabei die mit dem Instru-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

ment verbundenen Chancen zu nutzen sowie moumlgliche Nachteile zu vermei-den

Grundsaumltzliche Aufgabe eines solchen Personalkonzepts ist es fuumlr einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und gleichzeitig die unterschiedlichen Inter-essen aller Beteiligten in eine Balance zu bringen Dazu gilt es zunaumlchst den erforderlichen Handlungsrahmen aus Sicht des Traumlgers zu definieren und im Interesse der betrieblichen Belange zu begrenzen Dabei ist zu beruumlcksichti-gen dass sich letztlich stets das Beduumlrfnis nach Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt fuumlr Betriebe und Mitarbeiterinnen einerseits und die im betrieblichen und priva-ten Alltag notwendige Flexibilitaumlt andererseits gegenuumlberstehen Weitere zen-trale Elemente eines solchen Konzepts koumlnnen beispielsweise folgende sein ndash Wochenarbeitszeitmodelledefinieren Fuumlr die Verteilung der Arbeitszeit auf

die Wochentage koumlnnen unterschiedliche Modelle angeboten werden die den unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiterinnen entsprechen wie z B Zweieinhalb- Vier-Tage- oder Fuumlnf-Tage-Woche (halbtags) etc Auch kleine Teilzeiten finden sich in der Praxis etwa als Minijobs fuumlr El-ternzeitlerinnen (6ndash8 Stunden) fuumlr gezielte Aufgaben (Springer Vertre-tung individuelle Foumlrderung oder Aumlhnliches)

ndash RegelungenfuumlreinebdquogerechteldquoVerteilungvonTeilzeitstellenuumlberdieEinrich-tungen Verschiedene Formen von Teilzeitarbeit (z B klassische Vormit-tagsstellen) sollten nach nachvollziehbaren Kriterien auf die Einrichtun-gen verteilt sein damit sie mit dem Kinderbetreuungsbetrieb vertraumlglich sind ndash eine Maszlignahme uumlbrigens die bereits haumlufig Anwendung findet z B indem nur begrenzte Anzahlen von klassischen Vormittagsstellen pro Kita oder nur eine Stellenteilung pro Gruppe vorgesehen werden

ndash Flexibilitaumltserwartungen des Traumlgers transparent machen und im Gegenzug Verlaumlsslichkeit und Planbarkeit zusichern Auch Teilzeitkraumlfte identifizieren sich mit dem was sie tun und tun moumlchten um als vollwertiger Mitar-beiterin wahrgenommen zu werden Sie uumlbernehmen gerne bestimmte Aufgaben ndash etwa saisonale Mehrarbeit oder auszligerplanmaumlszligige Arbeiten ndash wenn sie eigenverantwortlich planbar sind und ins persoumlnliche Zeitraster eingepasst werden koumlnnen

ndash Arbeitsplatzbeschreibungen fuumlr die verschiedenen Teilzeitmodelle entwickeln Weniger Bezugskinder und weniger Dokumentationspflichten sind die bislang einzigen uumlblichen Maszlignahmen zur Entlastung von Teilzeitkraumlf-ten Sinnvoller erscheint es anhand einer Arbeitsanfall-Analyse das ge-samte Arbeitspensum in der Kita zu definieren und daraus Arbeitsplatz-beschreibungen unter Beruumlcksichtigung der Teilzeitstellen abzuleiten (vgl Abschnitt 432)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash Partizipation und Austausch durch geeignete Maszlignahmen ermoumlglichen Zeit-liche Ressourcen fuumlr die notwendige Abstimmung im Team koumlnnen z B durch ein Uumlbergabe-Management oder durch mehr Verfuumlgungszeit fuumlr Teilzeitkraumlfte geschaffen werden (vgl LSJV 2005)

ndash BeruflicheFortbildungvonTeilzeitkraumlftenfoumlrdernErwerbstaumltige Muumltter stel-len ihre eigenen beruflichen Interessen oft zugunsten ihrer eigenen Kin-der zuruumlck was mittel- und langfristig mit negativen Folgen fuumlr die eige-ne Motivation die Qualitaumlt und die Identifikation mit der Arbeit (und damit fuumlr den gesamten Betrieb) verbunden sein kann Im Sinne der In-tention von Teilzeitarbeit als Instrument der Personalbindung wirkt die-se Haltung darum eher kontraproduktiv Die Foumlrderung der beruflichen Fortentwicklung fuumlr Teilzeitkraumlfte kann in Form von Fachkarrieren etwa im Sinne einer Spezialisierung oder durch die Entwicklung von Zusatz-kompetenzen erfolgen (vgl Abschnitt 413)

ndash Modelle fuumlr Leitung in Teilzeit entwickeln Weibliche Fuumlhrungskraumlfte ndash in der Wirtschaft insgesamt immer noch wenig verbreitet ndash sind ein beson-deres Kennzeichen von Kitas Zu selten noch wird die Uumlbernahme der Leitungsposition jedoch in Teilzeit gedacht Geeignete Leitungsmodel-le ndash fuumlr groszlige Einrichtungen auch fuumlr die Stellvertreter-Position ndash lassen sich entwickeln z B als Jobsharing-Modelle als vollzeitnahe Varianten oder als Phasen-Modelle (Vollzeitphase uumlber mehrere Monate im Wech-sel mit Teilzeitphasen vgl BMFSFJ 2008 27 ff)Diese grundsaumltzlichen Uumlberlegungen lassen sich am Praxisbeispiel des

Teilzeitkonzeptes des Jugendamtes Duumlsseldorf veranschaulichen

Teilzeitkonzept als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo (Jugendamt Duumlsseldorf 2011a)

Bestandteil eines Konzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo der Stadt Duumlsseldorf ist ein Teilzeitkonzept im Rahmen verschiede-ner Maszlignahmen zur bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo Die bdquoEmpfehlungen zur Teilzeit im Jugendamtldquo verfolgen das Ziel einen ordnenden Rahmen zu schaffen Hiermit soll eine Balance zwischen den betrieblichen Interessen einerseits und andererseits den Wuumln-schen der voll- und teilzeitbeschaumlftigten Mitarbeiterinnen hergestellt werden Die angestrebte Uumlberschaubarkeit wird mithilfe von vier Zeitfenstern (vgl Abbildung 6) und einer Anzahl von organisatori-schen Angaben und Regelungen hergestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mithilfe der Zeitfenster wird einerseits zwischen horizontaler und vertikaler Teilzeit unterschieden Nach Absprachen und unter Be-ruumlcksichtigung betrieblicher Erfordernisse ist eine taumlglich stattfinden-de Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der unterschiedlich vertrag-lich vereinbarten Wochenarbeitszeit in Form von Teilzeit bdquoklassischldquo und bdquopurldquo ebenso moumlglich wie die Umsetzung an einzelnen Wochen-tagen in Form der bdquokurzen Wocheldquo und bdquoTeilzeit plusldquo

Die Moumlglichkeit zur weitgehend individuellen Handhabung und Umsetzung der Zeitfenster fuumlhrt dazu dass ca 80 verschiedene Teil-zeitvarianten umgesetzt werden Zudem erweist sich die bdquokurze Teil-zeitldquo bei der die Wochenarbeitszeit auch unter 10 Stunden liegen kann als sinnvoll da hiermit bestimmte Aufgabenbereiche z B spe-zielle Angebote in der Kita durch Erzieherinnen in der Elternzeit ab-gedeckt werden die ihnen die Moumlglichkeit zur Erwerbsarbeit bieten und sich zudem foumlrderlich auf den Wiedereinstieg auswirken

Abbildung 6

Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell

Quelle Jugendamt Duumlsseldorf 2011a

Kurze Woche19ndash21 Std

3 Tage

24ndash30 Std

3ndash5 Tage

Kurze Teilzeit (fuumlr Mitarbeiterinnen) Spezialaufgaben auch unter 10 Std Wochenarbeitszeit

19ndash21 Std

5 Tage

12ndash15 Std

2ndash3 TageTeilzeit plus

Teilzeit klassisch

Teilzeit pur

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Eine weitere Orientierung und ebenso Verbindlichkeit zum Um-gang mit Teilzeit wird durch unterschiedliche Regelungen erzielt Zu den grundsaumltzlichen Regelungen gehoumlren z B Stellenbeschreibun-gen die Einbindung in die Kommunikationsstruktur der Einrich-tung Service- und Oumlffnungszeiten Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausschlieszligliche Taumltigkeit am Vormittag und die Notwendigkeit zum Vorhandensein der Bereitschaft zu wechselnden Dienstzeiten

Regelungen zu Teilzeit in Leitungsfunktion verweisen auf die grundsaumltzliche Teilbarkeit aller Fuumlhrungspositionen

Abteilungsspezifische Regelungen nehmen zudem Bezug auf die Anforderungen der unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsge-biete Fuumlr die Abteilung Kindertageseinrichtungen beziehen sich die-se z B auf ndash Moumlglichkeit zur Realisierung des Teilzeitwunsches in einer ande-

ren Kita ndash keine Reduzierung des Stundenbudgets der Einrichtung durch

Teilzeit ndash zeitnahe Besetzung von Reststunden die bei der Realisierung

eines Teilzeitwunschs nicht mehr abgedeckt sind ndash maximale Erhoumlhung der Anzahl der Mitarbeiterinnen einer

Gruppe durch eine Person ndash Vorgabe zur Zahl der Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung die

nicht houmlher sein soll als die der Vollzeitkraumlfte ndash Grenzen von Teilzeit z B Ausschluss der Gruppenleitung einer

Familiengruppe mit vielen unter Dreijaumlhrigen ndash Bereitstellung von 05 Stunden woumlchentlich pro geteilter Vollzeit-

stelle zur Durchfuumlhrung von Besprechungen ndash Anleitung von Praktikantinnen nur durch Vollzeitkraumlfte

Nach einer zweijaumlhrigen Pilotphase mit Zustimmung des Personal-rates wurde die Umsetzung des Teilzeitprojektes 2011 entschieden Zur Sensibilisierung der Leitungskraumlfte erfolgte uumlber mehrere Jahre eine Leitungsschulung zur Dienstplangestaltung Eine Clearingstel - le wurde zur Unterstuumltzung und Loumlsung strittiger Faumllle eingerichtet die eingeschaltet werden kann wenn sich keine einvernehmlichen Loumlsungen finden lassen (vgl Jugendamt Duumlsseldorf 2011b)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

432 Zeitmanagement und Dienstplangestaltung

Beim Management und im Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen wird es zunehmend wichtiger Zeitspielraumlume zu finden und die Personal-einsatzplanung so zu gestalten dass Kontinuitaumlt und Verlaumlsslichkeit fuumlr die Bildungsprozesse der Kinder und gleichzeitig ein moumlglichst groszliges Maszlig an Flexibilitaumlt fuumlr die Ablaumlufe in der Einrichtung gewaumlhrleistet werden Im Fol-genden geht es um die Anforderungen an einen Dienstplan der sich bei der Personaleinsatzplanung an den Aufgaben der Kindertageseinrichtung orien-tiert und gleichzeitig Flexibilitaumlt fuumlr die Fachkraumlfte zulaumlsst (vgl im Folgenden Klaudy 2015)

Flexible Arbeitszeitkonzepte wie sie bereits seit laumlngerem in vielen an-deren Branchen erfolgreich praktiziert werden verfolgen grundsaumltzlich das Ziel die individuelle Arbeitszeit von der Betriebszeit abzukoppeln um somit zu einer besseren Auslastung der Zeit- bzw Betriebskapazitaumlten zu gelangen (vgl Olfert 2010 197 ff) Bei Beschaumlftigten tragen sie dazu bei unterschiedli-che Vereinbarkeitsbedarfe die sich im Lebensverlauf ergeben koumlnnen reali-sieren zu koumlnnen und somit uumlber mehr Zeitsouveraumlnitaumlt verfuumlgen zu koumlnnen (vgl Hoffmann 2015 25 f) Den Arbeitgeber kann eine Flexibilisierung da-bei unterstuumltzen neben der Orientierung an vorhersehbaren laumlngerfristigen Bedarfen auch unvorhersehbare Schwankungen und kurzfristige Bedarfs-aumlnderungen auffangen zu koumlnnen Das Instrument bdquoArbeitszeitkontoldquo kann eine solche Flexibilisierung von Arbeitszeiten unterstuumltzen (vgl Kirschten 2014 216 f) Die Zeitbewirtschaftung flexibler Gestaltungsformen von Ar-beitszeit z B Teilzeit gleitende Arbeitszeit Vertrauensarbeitszeit und Lang-zeitmodelle (z B Jahresarbeitszeit) erfolgt dabei uumlber die Erfassung von Ab-weichungen in Form von Mehrarbeitsstunden (transitorische Uumlberstunden) die durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden (vgl Zapf 2012 10) Derar-tige Arbeitszeitmodelle eroumlffnen erweiterte Moumlglichkeiten fuumlr die flexible und bedarfsorientierte Gestaltung von Dienst- und Schichtplaumlnen Entschei-dend dabei ist dass bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen ein Gleich-gewicht gefunden wird zwischen den Flexibilitaumltsbedarfen die sich aus den Aufgaben im jeweiligen Arbeitsfeld ergeben und den Beduumlrfnissen der Be-schaumlftigen nach Verlaumlsslichkeit und Work-Life-Balance Dann kann eine soge-nannte Win-Win-Situation also ein fuumlr alle Beteiligten zufriedenstellender Ausgleich der Interessen beim Umgang mit Zeitressourcen entstehen

Im Alltag vieler Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass es immer wie-der zu personellen Engpaumlssen kommt und ein Wechsel zwischen Zeiten statt-findet zu denen im Vergleich zur Anwesenheit der Kinder relativ viele Fach-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

kraumlfte anwesend sind und solchen Zeiten in denen es zu wenige sind Wie die Interviews gezeigt haben (vgl Abschnitt 322) stellen diese immer wie-der auftretenden Belastungsspitzen einen wesentlichen Stressfaktor dar Um eine gute Bildungsqualitaumlt fuumlr die Kinder und eine gute Work-Life-Balance fuumlr die Fachkraumlfte zu gewaumlhrleisten liegt die besondere Anforderung fuumlr die Personaleinsatzplanung darin hier eine moumlglichst gute Passung von Aufga-ben und Personal mit der Anzahl der anwesenden Kinder herzustellen und somit zu einer optimalen Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Zeitressour-cen beizutragen

Angesichts dieser Problemwahrnehmung wird bei vielen der befragten Traumlger versucht die Teams durch geeignete Maszlignahmen zu unterstuumltzen Haumlu figer eingesetzte Instrumente zum Umgang mit Personal(bedarfs)-schwan kungen sind z B Springerpools die bei Kurzzeit-Erkrankungen oder bis zur Einstellung einer Vertretung genutzt werden Da viele Traumlger in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht haben dass es unterjaumlhrig schwierig ist qualifiziertes Personal zu gewinnen legen einige Personalverantwortli -che einen Bewerberpool an auf den sie kurzfristig zugreifen koumlnnen um Personalausfaumllle moumlglichst sofort auffangen zu koumlnnen Bei einigen anderen Traumlgern werden zu Beginn des Kindergartenjahres Mitarbeiterinnen bdquoauf Vorratldquo eingestellt um Ausfaumllle und Schwankungen im Bedarf im Laufe des Jahres intern ausgleichen zu koumlnnen

Wenngleich flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten in der Kita bis-lang keine uumlblichen Instrumente sind zeigte sich jedoch in den Leitungs-interviews aber auch in einigen Gespraumlchen mit Personalverantwortlichen dass sich in der betrieblichen Praxis bereits viele unterschiedliche Ansaumltze ndash z T in einer Erprobungsphase ndash finden allerdings auch mit unterschiedli-chem Erfolg Im Rahmen der Beschaumlftigtenbefragung berichteten einige Erzieherinnen in der Familienphase dass sie flexible Arbeitszeiten und eine flexible Arbeitsorganisation nutzen und als gute Unterstuumltzung empfinden (vgl auch BMFSFJ 2010 6 ff) Eine Mitarbeiterin beschrieb sehr positiv ein Monats- und Schichtarbeitszeitmodell mit Zielvorgaben mit vier bis fuumlnf Mitarbeiterinnen in der Gruppe die alle mit ihren Zeiten flexibel umge -hen koumlnnen So sei es moumlglich die zeitlichen Anforderungen der Kita mit den Anforderungen der eigenen Familie in eine Balance zu bringen Auch ein Jahresarbeitszeitmodell sorge fuumlr eine bdquofast reibungslose Vereinbarkeitldquo

In Kindertageseinrichtungen erfolgt die Personaleinsatzplanung mithilfe des Dienstplanes Dieser hat zunaumlchst die Funktion die Taumltigkeit der Fach-kraumlfte so zu koordinieren dass fuumlr alle erforderlichen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt die notwendige Mindestanzahl an paumldagogischen Fachkraumlften zum

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Einsatz kommt dass also weder eine Unter- noch eine Uumlberbesetzung erfolgt Daruumlber hinaus soll er durch seine schriftliche Fixierung eine vorausschauen-de Wirkung herstellen die wichtig fuumlr die weiteren Planungstaumltigkeiten von Leitung und paumldagogischen Fachkraumlften ist Die Ausgangsbasis des Dienst-planes stellt die Fachkraft-Kind-Relation dar die entsprechend des Alters und der Anwesenheit der Kinder in den Landesausfuumlhrungsgesetzen der Bundes-laumlnder unterschiedlich ausfaumlllt (vgl Viernickel et al 2013 21 ff)

Wenn alle Fachkraumlfte anwesend sind ergeben sich bei Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschluumlssels keine erhoumlhten Anforderungen Proble-me stellen sich dann ein wenn bei der Erfassung der Fachkraft-Kind-Relation die anteiligen Fehl- oder Ausfallzeiten der Fachkraumlfte fuumlr Urlaub Krankheit Fortbildungstage etc nicht ausreichend Beruumlcksichtigung finden Dies kann anhand einer Netto-Arbeitszeitberechnung verdeutlicht werden Unter der Netto-Arbeitszeit wird die tatsaumlchlich real anfallende Arbeitszeit verstanden d h aus den Brutto-Arbeitszeiten werden die bdquoAusfallzeitenldquo der Mitarbei-terinnen fuumlr die Arbeitszeit mit dem Kind herausgerechnet Hierbei wird von einer Jahresarbeitszeit von 50 Arbeitswochen ausgegangen da fuumlr die ge-setzlichen Feiertage im Durchschnitt zwei Wochen von den 52 Wochen ab-zurechnen sind Von diesen 50 Wochen sind im Durchschnitt etwa 10 Wo-chen abzuziehen in denen die Beschaumlftigten nicht zur Verfuumlgung stehen ndash etwa sechs Wochen fuumlr Urlaub zwei Wochen fuumlr Krankheit eine Woche fuumlr Fortbildung eine Woche fuumlr Mehrstundenausgleich Statt 50 Arbeitswochen betraumlgt die reale jaumlhrliche Arbeitszeit also nur 40 Arbeitswochen ndash 20 Prozent der Jahresarbeitszeit sind somit bei der Planung von vornherein abzuziehen Diese Zahl multipliziert sich mit der Anzahl der Fachkraumlfte und fuumlhrt dazu dass rein rechnerisch bei fuumlnf Fachkraumlften (mit insgesamt 50 Wochen Ar-beitsausfall) davon auszugehen ist dass immer eine Fachkraft fehlt

Wie jede planbare und anspruchsvolle Arbeit erfordert auch die qualitaumlts-orientierte Bildungsarbeit eine angemessene Zeit fuumlr eine sorgfaumlltige Vor- und Nachbereitung Waumlhrend die Fachkraft-Kind-Relation die Betreuungssitua-tion fuumlr die unmittelbare paumldagogische Arbeit mit den Kindern beschreibt beruumlcksichtigt der Personalschluumlssel daruumlber hinaus auch die mittelbare also paumldagogische Arbeitszeit ohne direkten Kontakt mit den Kindern (vgl Viernickel et al 2013 32 ff) Mittelbare Arbeitszeiten dienen der Vor- und Nachbereitung von Taumltigkeiten einer paumldagogischen Fachkraft die zur um-fassenden Erfuumlllung des Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrages von Kindertageseinrichtungen notwendig sind Dazu gehoumlren Zeiten fuumlr ndash die Beobachtung und Dokumentation der Entwicklungsverlaumlufe und der

Sprachentwicklung von Kindern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash die Festlegung und Erarbeitung des individuellen Foumlrderbedarfs einzel-ner Kinder

ndash die Taumltigkeiten im Sinne der Qualitaumltsentwicklung und -sicherung z B Qualitaumltsmanagement und Konzeptionsarbeit

ndash die Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten Elternbeirat Trauml-ger Schulen und Einrichtungen der Familienbildung etc

ndash die Anleitung von Praktikantinnen Zusammenarbeit mit den Fach-schulen

ndash den Austausch mit Fachdiensten wie z B Logopaumldinnen Ergothera-peutinnen und Heilpaumldagoginnen

ndash die Dienstbesprechungen ndash die Fachliteratur und Medienvorbereitung und nicht zuletzt ndash Reflexion Besprechung und Auswertung gezielter kollegialer (Team-)Be-

ratungen Supervision sowie den fachlichen kollegialen Austausch

Der Anteil der mittelbaren Arbeitszeit von der Gesamtarbeitszeit einer Fach-kraft ist in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt und wird z B in pro-zentualen Anteilen oder Stunden vorgegeben (vgl Statistisches Bundesamt 2014) Wenn 10 Prozent der Arbeitszeit einer Fachkraft wie beispielsweise fuumlr Nordrhein-Westfalen geregelt fuumlr die mittelbare Arbeitszeit eingeplant werden ergibt sich zusammen mit einer Ausfallzeit von 20 Prozent eine reale Arbeitszeit mit den Kindern im Umfang von nur 70 Prozent Ein Dienst-plan der die Ausfallzeiten und mittelbaren Arbeitszeiten nicht beruumlck-sichtigt uumlberschaumltzt somit die Zeitpotenziale der Fachkraumlfte Immer wieder-kehrende Personalengpaumlsse die Zeiten der Uumlber- und Unterbelastung bei den Fachkraumlften hervorrufen sind das unausweichliche Resultat

Neben der real zur Verfuumlgung stehenden Arbeitszeit ist fuumlr einen optima-len Personaleinsatzplan die genaue Kenntnis uumlber den tatsaumlchlich erforderli-chen Betreuungsbedarf (Laumlnge der Oumlffnungszeiten und anwesende Kinder) notwendig Die Bewertung setzt eine Analyse des Ist-Zustandes voraus um hier eine Abstimmung der Anwesenheit der Kinder mit dem Personaleinsatz vorzunehmen Durch eine Nutzerfrequenzanalyse werden die Bring- und Ab-holzeiten der Kinder mit dem Ziel dokumentiert verlaumlssliche Angaben daruuml-ber zu erhalten an welchen Tagen und zu welchen Zeiten wie viele Kinder anwesend sind Die Nutzerfrequenzanalyse verfolgt das Ziel ndash die Oumlffnungszeitbedarfe besser einschaumltzen zu koumlnnen ndash Zeit- bzw Qualitaumltsreserven zu ermitteln und ndash Verbesserungshinweise zu Oumlffnungszeiten und Arbeitsorganisation zu er-

halten

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Nach der Auswertung liegen als Ergebnis genaue Angaben zum Verhaumlltnis von Gruppenstaumlrke und Personaleinsatz vor Die zeitlichen Verlaumlufe und Gruppenzusammensetzungen werden exakt abgebildet so dass sie fuumlr eine Uumlberpruumlfung oder Optimierung zur Gestaltung der an den konkreten Bedarf angelehnten Oumlffnungszeiten sowie fuumlr eine bedarfsgerechte Personaleinsatz-planung genutzt werden koumlnnen Da sich die familiaumlren Bedarfe hinsichtlich der Betreuungszeiten aumlndern koumlnnen empfiehlt es sich das Verfahren in re-gelmaumlszligigen Abstaumlnden zu wiederholen

Neben der Anwesenheit der Kinder bilden die Aufgaben den Rahmen fuumlr die Gestaltung des Dienstplans In vielen Kindertageseinrichtungen erfolgt die Arbeitsorganisation anhand der zur Verfuumlgung stehenden Personenzahl Die Orientierung an den Aufgaben zielt demgegenuumlber auf einen bedarfsori-entierten Personaleinsatz ab wobei die zu erfuumlllenden Aufgaben und deren zeitlicher Erfuumlllungsbedarf ermittelt und ins Verhaumlltnis zueinander gebracht werden muumlssen Dazu werden alle regelmaumlszligigen und einmal zu verrichten-den Taumltigkeiten neben den Betreuungszeiten (mit festgeschriebenem Perso-nal-Kind-Schluumlssel) in Form einer Bestandsaufnahme gesammelt und einer kritischen Pruumlfung unterzogen Die Aufgaben werden hinsichtlich ihrer Not-wendigkeit und ihres Zeitaufwandes bewertet Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnen unter anderem folgende Fragen geklaumlrt und im Team neu und ver-bindlich geregelt werden ndash Zu welcher Zeit muumlssen welche Taumltigkeit verrichtet werden die z B der

Vorbereitung von Tagesroutinen wie Oumlffnung und Schlieszligung der Grup-pen oder Einrichtung Vorbereitung von Mahlzeiten etc dienen

ndash Wie wichtig sind die unterschiedlichen Aufgaben Welche Prioritaumlt ha-ben sie

ndash Wer verrichtet welche Taumltigkeiten wo wann und in welcher Zeit

Durch eine kritische Betrachtung dieser Art koumlnnen bdquoliebgewonnene Ge-wohnheitenldquo identifiziert und auf ihre Sinnhaftigkeit hin hinterfragt wer -den So koumlnnen bdquoZeitfresserldquo ebenso gefunden werden wie Taumltigkeiten und Situationen die zu bestimmten Zeiten den Einsatz von mehr Personal erfor-dern Demgegenuumlber stehen aber auch solche Taumltigkeiten und Situationen die zwar Zeit beanspruchen dafuumlr aber das gute Arbeitsklima staumlrken und den Teamzusammenhalt foumlrdern und fuumlr die deshalb zeitliche Ressourcen be reitgestellt werden sollten Die Ergebnisse einer solchen Analyse koumlnnen auch dazu dienen dass bestimmten Diensten auch bestimmte Aufgaben zu-geschrieben werden Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnte so geklaumlrt wer -den welche Taumltigkeiten in der Zeit von Oumlffnung der Kita bis zum Eintreffen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

des naumlchsten Dienstes zu verrichten sind und wie sich die Aufgaben auftei -len

Besonders in bdquooffenldquo und bdquoteiloffenldquo arbeitenden Kindertageseinrichtun-gen erfolgt eine gemeinsame Orientierung der Mitarbeiterinnen auf alle Kinder Fachkraumlfte in Einrichtungen die nach dem bdquoGruppenprinzipldquo arbei-ten haben nicht selten nur ihre Gruppe mit ihren Kindern im Blick Eine Flexibilisierung der Dienstplaumlne erfordert jedoch den Blick uumlber die Gruppe hinaus und die kritische Uumlberpruumlfung des teilweise noch vorherrschenden Prinzips in Kindertageseinrichtungen bdquoIch und du und unsere Kinderldquo Mehr Flexibilitaumlt wird moumlglich wenn sich mehrere Fachkraumlfte fuumlr mehrere Kinder verantwortlich fuumlhlen Daruumlber hinaus haben z B feste Zustaumlndigkeiten von vier Fachkraumlften fuumlr zwei Gruppen zur Folge dass Kinder auch das Personal aus der anderen Gruppe kennen wodurch eine Vertretung erleichtert wird Die Orientierung an den Aufgaben und Verlagerung von Zustaumlndigkeiten uumlber die Gruppengrenzen hinaus sind weitere wesentliche Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten

Moumlglichkeiten der Umsetzung bieten sich z B in der Form an dass die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten uumlber einen laumlngeren Zeitraum von den tatsaumlchlich geleisteten Arbeitszeiten entkoppelt werden Dazu wird ein Arbeitszeitkorridor als Rahmen festgelegt der vorgibt in welchem Zeit-raum die abzuleistende Arbeitszeit erfuumlllt sein muss z B monatlich oder jaumlhrlich Die individuelle Arbeitszeit wird dann in Form von individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Die Fuumlhrung eines solchen Zeitkontos erfolgt durch die Fachkraumlfte selbst das Controlling durch die Leitung Der Einsatz dieses Instruments und die zusaumltzlich erforderlichen Regelungen werden grundsaumltzlich in Abstimmung mit dem Traumlger und der Personalvertretung vereinbart Ein Beispiel fuumlr eine solche dezentralisierte Dienstplangestaltung findet sich im Kasten

Das Monats-Arbeitszeitmodell im Reggio-Kinderhaus Gotha (Smudel 2015)

Das Reggio-Kinderhaus in Gotha ist eine kommunale Kita mit 200 Plaumltzen fuumlr ein- bis sechsjaumlhrige Kinder Jeweils zwei Gruppen mit insgesamt 36 Kindern bilden einen bdquoMini-Kindergartenldquo fuumlr den ein Klein-Team von Erzieherinnen zustaumlndig ist Dieses Klein-Team stimmt seine Dienstzeiten zunaumlchst intern und bei Bedarf auch grup-penuumlbergreifend ab die Kita-Leitung greift nur bei Unterstuumltzungs-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bedarf ein Da das Klein-Team den besten Uumlberblick uumlber die Anwe-senheitszeiten bdquoseinerldquo Kinder hat kann unkompliziert auf Schwan-kungen in der Auslastung reagiert werden

Die geleistete Arbeitszeit wird in individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Ein Uumlber- bzw Unterschreiten der vereinbarten regelmaumlszligigen woumlchentlichen Arbeitszeit ist moumlglich wobei maximal 24 Stunden als Plus- oder Minusstunden in den Folgemonat uumlbernommen wer-den duumlrfen Bei houmlheren Stundenkontingenten (max 40 Stunden) ist die Zustimmung der Kita-Leitung erforderlich Bei einem entspre-chend hohen Arbeitszeitguthaben besteht die Moumlglichkeit einer stun-denweisen oder ganztaumlgigen Freistellung (fuumlr maximal drei freie Tage im Monat auch in Verbindung mit Urlaub) Im Vorgriff auf kuumlnftige Plusstunden koumlnnen ebenfalls maximal drei freie Tage genommen werden

Bei den Erzieherinnen setzt dieses Modell Flexibilitaumlt und Eigen-verantwortlichkeit und die Bereitschaft sowohl zur Mehrarbeit als auch zum Uumlberstundenabbau voraus Die Kita-Leitung wird durch die Dezentralisierung entlastet die Mitarbeiterinnen koumlnnen in Ab-stimmung mit dem Team private Belange beruumlcksichtigen

Ausgangspunkt fuumlr die Gesamtplanung sollte die reale Arbeitszeit fuumlr jeden Mitarbeiterin sein Nach erfolgter Aufgabenorientierung kann dann mit Be-ruumlcksichtigung der jeweiligen kinderfreien Arbeitszeiten zur Vor- und Nach-bereitung ein Basisdienstplan erstellt werden Die reale Umsetzung geschieht dezentral durch die Mitarbeiterinnen Abweichungen von der tatsaumlchlichen Arbeitszeit undoder Aufgabenerledigung durch dienstliche oder private Be-darfsaumlnderungen werden in den individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Bei Bedarf kann im Abgleich mit privaten Zeiten eine woumlchentliche Mehrarbeit (Plus-Stunden) erfolgen oder bei weniger Arbeitsanfall koumlnnen bdquoReservezei-tenldquo (Minus-Stunden) entstehen von Zeiten also die zunaumlchst privat genutzt werden und erst spaumlter z B bei Personalengpaumlssen eingebracht werden Die individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit bleibt davon unberuumlhrt und wird in dem vereinbarten Zeitkorridor erreicht In der Praxis von Kindertagesein-richtungen werden flexible Arbeitszeiten in unterschiedlichen Modellen ein-gesetzt ndash Kleine Loumlsungen durch bdquoDepotstundenldquo oder bdquoStundenkontingentmo-

delleldquo die meist im Umfang bis zu monatlichen 10 Plus- und 10 Minus-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stunden umgesetzt werden dienen der Personalsicherung bei unvorher-sehbarem Bedarf Elternabenden Aktionen etc um Mehrarbeitsstunden entgegenzuwirken

ndash Moumlglichkeiten der monatlichen Uumlbertragung von 25 Plus- und 25 Mi -nus-Stunden erfassen einen groumlszligeren Flexibilisierungsumfang fuumlr Mitar-beiterinnen und bilden eine houmlhere Zeitreserve bei Personalengpaumlssen ab

ndash Jahresarbeitszeitmodelle haben den Vorteil dass sie saisonale und jah-reszeitliche Personal(bedarfs)schwankungen die sich z B durch Ferien-zeiten Bruumlckentage sowie Eingewoumlhnung zu Beginn eines Kita-Jahres ergeben in der Personaleinsatzplanung beruumlcksichtigen koumlnnen

Bei der Umsetzung muss das Ausmaszlig der Entkopplung der woumlchentlichen Arbeitszeit vom vertraglich vereinbarten Volumen gepruumlft werden Je houmlher die Zeitanteile sind mit denen das vertraglich vereinbarte Volumen in einem Zeitraum unter- oder uumlberschritten werden kann desto kritischer muss ge-pruumlft werden wo die Flexibilitaumltsgrenzen im Hinblick auf die Work-Life- Balance der Beschaumlftigten liegen Je groumlszliger die Zeitraumlume geplant werden umso wichtiger wird das Zusammenspiel zwischen Traumlger und Personalver-tretung in Form der Erstellung einer Dienstvereinbarung zur rechtlichen Ab-sicherung der Arbeitszeitkonten Letzteres ist vor allem dann relevant wenn man sich fuumlr Loumlsungen entscheidet die uumlber mehrere Jahre reichen Ange-sichts dessen dass Schwankungen im Personalbedarf der Kitas vor allem im Verlauf eines Kita-Jahres auftreten duumlrften mehrjaumlhrige Loumlsungen jedoch in der Praxis von geringer Relevanz sein

Bei aller Flexibilisierung und Optimierung des Personaleinsatzes muss beruumlcksichtigt werden dass sich nicht immer alle Personalengpaumlsse durch flexible Dienstplaumlne beseitigen lassen Grundsaumltzlich sind bei personellen Ausfaumlllen zum einen die gesetzlich vorgegebenen Mindestbesetzungen zu beachten die sich am Wohl des Kindes orientieren zum anderen ist zu be-ruumlcksichtigen dass das vorhandene Personal nicht unzumutbar belastet wer-den darf Traumlger und Fuumlhrungskraumlfte tragen hier Verantwortung und sollten Notfallplaumlne bzw Leitfaumlden zum Umgang mit Personalengpaumlssen entwi-ckeln und bereitstellen die Angaben zur Vorbeugung und zur Bewaumlltigung des Personalnotstandes regeln Sie haben den Vorteil dass der Umgang mit unvorhergesehenen Personalausfaumlllen auch in Abwesenheit der Leitung und fuumlr alle verbindlich geregelt ist Alle notwendigen Maszlignahmen koumlnnen zu je-der Zeit schnell eingeleitet werden

Verbunden damit sollten die Organisation und der Einsatzzeitpunkt von

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Vertretungskraumlften durch den Traumlger geregelt sein Gaumlngige Beispiele aus der Praxis zur Vorbeugung von Personalengpaumlssen sind ndash Aufstockung von Teilzeitvertraumlgen ndash Einrichtung eines Springer-Vertretungspools zur Aushilfe der z B aus

ehemaligen Beschaumlftigten oder Beschaumlftigten aus Nachbareinrichtungen besteht

ndash Kontaktpflege zu (spaumlteren) Berufsruumlckkehrerinnen waumlhrend der Fami-lienzeit

Daruumlber hinaus sind Regelungen sinnvoll die genau festlegen ab welchem Personalbestand in der Einrichtung z B Angebotsveraumlnderungen und Grup-penzusammenlegungen zu erfolgen haben

Die Einfuumlhrung von flexiblen Dienstplaumlnen verfolgt zum einen uumlber eine Bedarfsorientierung und Optimierung von Ablaumlufen das Ziel einer Effizienz- und Effektivitaumltssteigerung im Umgang mit den zur Verfuumlgung stehenden Zeitressourcen Gleichzeitig leisten sie einen groszligen Beitrag fuumlr das Ziel der Mitarbeiterorientierung koumlnnen sie doch grundsaumltzlich auch zu einer besse-ren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den beschaumlftigten Erzieherinnen beitragen Die Erarbeitung und erfolgreiche Umsetzung eines sol -chen Modells koumlnnen jedoch nur dann gelingen wenn ein Konsens zwischen Traumlger und im Team hergestellt wird und die notwendigen Veraumlnderungen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten erfolgen So traumlgt die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen in entscheidendem Maszlige zur Qualitaumlt der Dienstleistung bei und ihre Beteiligung erhoumlht die Bereit-schaft fuumlr Veraumlnderungsprozesse

433 Familienunterstuumltzende Maszlignahmen

Fuumlr die Mitarbeiterinnen die eigene Kinder versorgen oder eigene Angehouml-rige pflegen erweist es sich oft als sinnvoll und notwendig geeignete Maszlig-nahmen bereitzustellen und die Beschaumlftigten bei ihrem Bemuumlhen um eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und FamiliePflege zu unterstuumltzen So koumlnnen sie ndash im betrieblichen wie im eigenen beruflichen Interesse ndash ihren persoumlnlichen Handlungsspielraum erweitern (vgl DIHKBMFSFJ 2015 31 ff)

Zusaumltzlich zum Angebot an flexiblen Arbeitszeiten uumlbernehmen Unter-nehmen immer haumlufiger Beratungs- und Vermittlungsfunktionen ndash vielfach in Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Dienstleistern ndash oder halten ei-gene auf die spezifischen Beduumlrfnisse der eigenen Mitarbeiterinnen und des

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Unternehmens angepasste Betreuungsangebote vor Der Handlungsspielraum flexibler Arbeitszeitmodelle laumlsst sich von berufstaumltigen Muumlttern naumlmlich erst dann ausschoumlpfen wenn gleichzeitig bedarfsgerechte und flexible Kinder-betreuungsmoumlglichkeiten zur Verfuumlgung stehen (vgl Esch et al 2005 79 ff) ndash so wie es einige privat-gewerbliche Anbieter seit vielen Jahren sowohl fuumlr ihre Kundinnen als auch fuumlr ihre Beschaumlftigten erfolgreich praktizieren Im Bereich einer solchen unternehmensnahen Kinder tagesbetreuung fuumlr Be-schaumlftigte mit eigenen Kindern sind vor allem Ange bote der Notfallbetreu-ung betriebliche Kindertageseinrichtungen und die Nutzung von Belegplaumlt-zen in Kindertageseinrichtungen zu nennen (vgl dazu z B Kirschten 2014 222 ff)

Der Bedarf an solchen zusaumltzlichen Maszlignahmen auch bei Traumlgern von Kindertageseinrichtungen wurde im Projekt KONTI offenkundig Haumlufig wird von Beschaumlftigten Leitungen und Personalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlff-nungszeiten von Schule und Kita z B Fruumlh- oder Spaumltdienste nicht wahrge-nommen werden koumlnnen Auch Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferienzeiten der eigenen Kinder sind ein typisches Problem Von den befragten Erzieherinnen wird darauf hingewiesen dass es fuumlr sie be-sonders wichtig sei dass die eigene Kinderbetreuung gut funktioniere nur dann sei der Kopf frei fuumlr die Arbeit Entsprechende Probleme werden als Belastung wahrgenommen Auch wird daruumlber berichtet dass die Erzieherinnen bei Erkrankung des eigenen Kindes oder bei regelmaumlszligigen Arzttermi-nen auf das Verstaumlndnis der Leitung angewiesen seien Besonders dankbar sind diese Mitarbeiterinnen wenn Kinderbetreuungsmoumlglichkeiten beim ei-genen Traumlger verfuumlgbar sind oder das Kind in besonderen Situationen auch schon mal in die eigene Einrichtung mitgenommen werden kann

Grundsaumltzlich unterscheiden sich damit die Anforderungen an die Ge-staltung derartiger Angebote fuumlr die beschaumlftigten Erzieherinnen nicht von denjenigen Anforderungen in anderen Branchen Traumlger von Kindertagesein-richtungen verfuumlgen jedoch aufgrund ihres eigenen Betreuungsangebotes im Vergleich uumlber einige zusaumltzliche Moumlglichkeiten um ihre Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer familiaumlren Pflichten zu unterstuumltzen

Bei einigen der befragten Traumlger wird dieses zusaumltzliche Potenzial entspre-chend genutzt So stellen viele Traumlger ihren Mitarbeiterinnen Betreuungs-plaumltze fuumlr deren Kinder zur Verfuumlgung Um Rollenkonflikte zu verhindern geschieht dies vorzugsweise nicht in der Einrichtung in der die betroffenen Beschaumlftigten selbst arbeiten sondern in anderen Einrichtungen des Traumlgers Bei einigen anderen Traumlgern wird es den Mitarbeiterinnen ndash oft auf infor-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mellem Weg ndash ermoumlglicht ihre eigenen Kinder in besonderen Situationen oder zu Randzeiten etwa zum Fruumlhdienst mit in die Einrichtung zu bringen

Daruumlber hinausgehende Angebote unternehmensnaher Kinderbetreuung auszligerhalb der klassischen Oumlffnungszeiten von Tageseinrichtung und Schule die auf die spezifischen Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Arbeits-zeiterfordernisse der Mitarbeiterinnen zugeschnitten sind (vgl DIHKBMFSFJ 2015 53 ff) finden sich jedoch bei Traumlgern von Kindertagesbe-treuung nur sehr selten obwohl gerade hier ein groszliger Bedarf zu sehen ist Wer lange Oumlffnungszeiten abdecken und im Schichtdienst arbeiten muss kann seine Kinder mit dem traditionellen Angebot nicht vollstaumlndig be-treuen lassen und benoumltigt hier zusaumltzliche Unterstuumltzung Im Rahmen des Projektes KONTI wurde jedoch nur bei einem (privaten) Traumlger eine Back-up-Betreuung vorgefunden Ein kommunaler Traumlger bietet in jedem Stadtteil eine Randzeitenbetreuung an die auch seinen eigenen Mitarbeiterinnen zur Verfuumlgung steht In beiden Faumlllen empfinden es die Befragten als groszlige Hilfe dass sie bei Bedarf darauf zugreifen koumlnnen Zielfuumlhrend ist es darum traumlgerspezifische Betreuungsangebote fuumlr die Kinder der eigenen Mitarbeiterinnen ndash dabei insbesondere auch fuumlr Schulkinder bis zu etwa zwoumllf oder vierzehn Jahren ndash zu entwickeln damit die als Erzieherinnen beschaumlftigten Muumltter keine Sonderbehandlung bei der Bewaumlltigung ihres Berufsalltags be-noumltigen (vgl IAQ 2011) mit Betreuungsmoumlglichkeiten zu Randzeiten am Wochenende und fuumlr die (Schul-)Ferienzeiten

Das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist (zurzeit noch) bdquoin der Praxis von geringer Relevanzldquo (KuumlmmerlingBaumlcker 2012 328) Das Bewusstsein fuumlr die Problematik ist zwar teilweise vorhanden aber es gibt bislang nur wenige spezifische Maszlignahmen die sich explizit auf die Unterstuumltzung bei diesem Vereinbarkeitsbedarf beziehen Dazu gehoumlren z B Be ratungs- und Informationsservices von Betrieben Reduzierung von Ar-beitszeiten und vor allem informelle Regelungen die Ruumlcksicht auf die Nichtvorhersehbarkeit von Pflegesituationen nehmen (vgl Kuumlmmerling Baumlcker 2012 327) Auch das bestaumltigte sich im Projekt KONTI Beispielswei-se werden von einzelnen der befragten Traumlger die neben der Kindertagesbe-treuung noch weitere soziale Dienstleistungen anbieten diese Potenziale auch fuumlr eigene Mitarbeiterinnen genutzt indem etwa traumlgereigene Pflege-dienstleistungen vermittelt werden

Ein weiterer der befragten privaten Traumlger hat sich darauf eingestellt dass Work-Life-Balance mit individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen und Problemlagen verbunden ist und die Angebote an familienunterstuumltzen-den Dienstleistungen dementsprechend vielfaumlltig sein muumlssen Er stellt des-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

halb fuumlr seine Beschaumlftigten nicht nur sein komplettes Spektrum an flexiblen Angeboten der Kindertagesbetreuung bereit sondern hat daruumlber hinaus eine bdquoMitarbeiter-Agenturldquo gegruumlndet die Beratungs- und Unterstuumltzungsan-gebote fuumlr die Beschaumlftigten buumlndelt und individuelle Loumlsungen vermittelt

Die Mitarbeiter-Agentur als Ansprechpartner der Beschaumlftigten (KirsteinWaimann 2015)

Die Kinderhaus Rasselbande gGmbH hat sich zum Ziel gesetzt ihren Mitarbeiterinnen ganzheitlich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Seite zu stehen Entstanden ist daraus die KIRA-Mitar-beiter-Agentur die zu allen Fragestellungen auf Wunsch anonym be-raumlt ganz konkret und individuell Loumlsungsstrategien entwickelt und bei der Umsetzung unterstuumltzt Alle Mitarbeiterinnen koumlnnen sich telefonisch oder per E-Mail an die KIRA-Ansprechpartnerinnen wen-den und ihre Anliegen vorbringen Auch die Vereinbarung von per-soumlnlichen Terminen zu denen auch betroffene Angehoumlrige mitge-bracht werden koumlnnen ist jederzeit moumlglich Die Fragestellungen die die Mitarbeiter-Agentur erreichen sind vielfaumlltig Im Folgenden ein paar Beispiele ndash Die Groszligmutter von Mitarbeiterin Kathrin S21 ist seit einigen

Jahren verwitwet und lebte bisher allein in ihrer Wohnung Der Gesundheitszustand der 87-jaumlhrigen Dame hat in den letzten Mo-naten stark nachgelassen so dass sie nicht mehr allein bleiben kann Kathrin S und ihre Familie moumlchten ihre Groszligmutter aber nicht in einem Pflegeheim unterbringen Die Mitarbeiter-Agen-tur unterstuumltzt Kathrin S bei der Beantragung einer Pflegestufe und recherchiert Unterstuumltzungsangebote am Wohnort der Groszlig-mutter Schlieszliglich gelingt es der Mitarbeiter-Agentur fuumlr die Groszligmutter eine Pflegekraft zu organisieren die in den Haushalt mit einzieht

ndash Mitarbeiter Ralf D und seine Frau haben vor ein paar Monaten Zwillinge bekommen und ihre aktuelle Wohnung platzt aus allen Naumlhten Sie wuumlrden gern eine groumlszligere Wohnung in einem an-deren Stadtteil mieten kommen aber nicht dazu sich darum zu

21 Alle Namen sind geaumlndert

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

kuumlmmern Die Mitarbeiter-Agentur trifft sich mit Familie D und nimmt die Wuumlnsche auf recherchiert Wohnungsangebote und legt sie der Familie vor Nachdem Ralf D und seine Frau die Fa-voriten ausgewaumlhlt haben vereinbart die Mitarbeiter-Agentur Be-sichtigungstermine fuumlr die Familie Die Betreuung der Zwillinge uumlbernimmt in der Zeit die Kinderhaus Rasselbande gGmbH

ndash Die Tochter von Mitarbeiterin Sonja D hat zunehmend Proble-me im Franzoumlsisch-Unterricht und benoumltigt Nachhilfe Da Sonja D mit klassischen Nachhilfe-Anbietern keine guten Erfahrungen gemacht hat wuumlnscht sie sich fuumlr ihre Tochter eine Einzelbetreu-ung zu Hause Die Mitarbeiter-Agentur macht Aushaumlnge an Uni-versitaumlten im naumlheren Umfeld sortiert Bewerbungen vor und fuumlhrt erste Gespraumlche mit den Bewerberinnen Schlieszliglich stellt sie Sonja D drei potenzielle Nachhilfelehrerinnen vor Frau D stellt eine junge Frau auf Minijob-Basis bei sich an und die Noten ihrer Tochter verbessern sich deutlich

ndash Der Vater von Mitarbeiter Joumlrn K ist ploumltzlich verstorben Seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht und zieht sich von ihrem Sohn zuruumlck Er weiszlig nicht wie es ihm gelingen kann dass sie wieder am Leben teilnimmt Die Mitarbeiter-Agentur findet fuumlr die Mutter von Joumlrn K eine Trauergruppe in der sie einen Kreis von gleichaltrigen Frauen findet die ihr eine neue Perspek-tive geben

Ergaumlnzt wird das Beratungsangebot durch bdquoKIRA-Vor Ortldquo-Termine die dreimal im Jahr in den Einrichtungen der Kinderhaus Rasselban-de gGmbH stattfinden Zu diesen Terminen bringen die Ansprech-partnerinnen ein spezielles Thema mit z B Vorsorgevollmacht und Patientenverfuumlgung das neue ElterngeldPlus oder Ferienbetreuungs-angebote vor Ort

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen

Wenn das Personalmanagement fuumlr Kindertageseinrichtungen nachhaltig sein soll muss es verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert sein Daher muss von den in den Beschaumlftigten-befragungen zutage getretenen Befunden zu deren Motivationsstrukturen Wuumlnschen und Schwierigkeiten ausgegangen werden So ist z B bei den Mitarbeiterinnen ein hohes Maszlig an intrinsischer Motivation und an inhalt-licher Identifikation mit ihrem Beruf und ihrer Taumltigkeit vorzufinden Die Beanspruchungen durch die berufliche Taumltigkeit werden vor allem dann als zu hoch empfunden wenn Rahmenbedingungen dazu fuumlhren dass die Ar-beit nicht in der selbst gewuumlnschten Qualitaumlt erledigt werden kann Schwan-kungen im Personalbedarf einerseits und im Personalbestand andererseits stellen dabei ein zentrales Problem dar so dass dem Personaleinsatz und ins-besondere dem Zeitmanagement eine besondere Bedeutung zukommt

Ressourcen zum Umgang mit Belastungen ergeben sich fuumlr die Mitarbei-terinnen vor allem aus der Arbeit im Team und der Moumlglichkeit ihre inhalt-lichen Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln zu koumlnnen Der hohe Stellenwert den die Beschaumlftigten sowohl einem guten Teamklima als auch den Inhalten ihrer Arbeit beimessen bedeutet auch dass sie es als besonders belastend erleben wenn es Konflikte im Team gibt oder die eigenen Anspruuml-che an die inhaltliche Arbeit nicht hinreichend erfuumlllt werden koumlnnen

Eine nachhaltige Personalwirtschaft umfasst vor diesem Hintergrund un-terschiedliche Handlungsfelder die miteinander verzahnt und unter dem Gesichtspunkt der Lebensphasenorientierung betrachtet werden muumlssen Be-zogen auf die in diesem Band diskutierten Handlungsfelder zeigt sich dass die Lebensphasenorientierung als bdquoroter Fadenldquo in allen Elementen der Per-sonalwirtschaft zu beruumlcksichtigen ist

In der Personalplanung geht es um eine systematische Analyse der Alters-struktur um quantitative und qualitative Anforderungen an die Sicherung der Nachfolge beim Ausscheiden von Beschaumlftigten ableiten zu koumlnnen Die Personalentwicklung zielt darauf ab fuumlr Mitarbeiterinnen in unterschiedli-chen Lebensphasen geeignete Angebote bereitzuhalten Die Gestaltung von Karrierepfaden ist dabei in doppeltem Sinne von Bedeutung ndash hier geht es so-wohl um Aufstiegsmoumlglichkeiten die fuumlr juumlngere Beschaumlftigte einen Anreiz bilden im Arbeitsfeld zu bleiben und sich dort inhaltlich weiterentwickeln zu koumlnnen als auch um Loumlsungen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte damit sie sowohl ihr Erfahrungswissen einbringen als auch gesundheitliche Belastungen redu-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

zieren koumlnnen Eine leistungsorientierte Verguumltung kann bei einer entspre-chend geeigneten Ausgestaltung ein begleitendes Instrument fuumlr die Imple-mentierung von Karrierepfaden darstellen

Bei der Personalfuumlhrung und der Teamentwicklung ist zu beruumlcksichti-gen dass Teams heterogen strukturiert sind und die Altersmischung die im Hinblick auf eine kontinuierliche Sicherung des Personalbestandes wuumln-schenswert ist auch Herausforderungen mit sich bringt Um die Zusammen-arbeit zwischen juumlngeren und aumllteren Mitarbeiterinnen produktiv zu ge-stalten und allen die Moumlglichkeit zu geben ihre spezifischen Kompetenzen fuumlr das Team nutzbar zu machen muumlssen Konflikte erkannt und geloumlst sowie eine Kultur der wechselseitigen Wertschaumltzung aufgebaut werden Der Team-entwicklung kommt somit eine hohe Bedeutung zu Gesundheitsfoumlrderung darf sich nicht auf die Schaffung von Bedingungen fuumlr bdquoaltersgerechtesldquo Ar-beiten beschraumlnken sondern muss lebensphasenbegleitend und praumlventiv angelegt sein und von Anfang an die Resilienz foumlrdern Die Verknuumlpfung von Teamentwicklung und praumlventiv angelegter Gesundheitsfoumlrderung stellt daher einen Schluumlsselfaktor fuumlr eine zukunftsorientierte Personalwirtschaft dar

Ein Arbeitszeitmanagement kann in der Weise gestaltet werden dass es einen Beitrag dazu leistet die in unterschiedlichen Lebensphasen wech-selnden zeitlichen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten im Sinne einer Work-Life-Balance mit den betrieblichen Anforderungen fuumlr eine qualitativ hochwer-tige Kindertagesbetreuung weitgehend in Einklang zu bringen Wenn das Ar-beitszeitmanagement nachhaltig sein soll muss es darauf ausgerichtet sein dass fuumlr die Erledigung der erforderlichen Aufgaben immer eine angemes-sene Personalausstattung bereitsteht Dazu gehoumlren zum einen Arbeitszeit-modelle die individuelle Teilzeitloumlsungen ermoumlglichen und gleichzeitig den Bedarf in den Einrichtungen an Kontinuitaumlt Aufgabenverteilung und Zeit fuumlr Abstimmung im Team einbeziehen Zum anderen muss die Dienstplan-gestaltung so geregelt werden dass sie die notwendige Flexibilitaumlt im Perso-naleinsatz verlaumlssliche Planbarkeit fuumlr die Beschaumlftigten und Partizipation verbindet Betriebliche Unterstuumltzungsangebote fuumlr unterschiedliche fami-liale Lebenslagen der Mitarbeiterinnen koumlnnen einen ergaumlnzenden Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik leisten und damit die Personalbindung zusaumltzlich foumlrdern

Bei der Einfuumlhrung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten fuumlr Kindertageseinrichtungen ist die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten Der Traumlger ist hier fuumlr die Setzung der Rahmenbedingungen zustaumlndig die Umsetzung im Alltag erfolgt bdquovor Ortldquo

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

in den einzelnen Einrichtungen Dabei kommt der Einrichtungsleitung und Fuumlhrung der Einrichtung insgesamt eine hohe Bedeutung zu Grundsaumltzlich wichtig ist dabei passende traumlgerinterne Loumlsungen zu entwickeln die dazu beitragen koumlnnen konstruktiv mit (moumlglichen) Spannungsfeldern zwischen den Steuerungsleistungen des Traumlgers und der Umsetzungsautonomie in den einzelnen Einrichtungen umzugehen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass die Rahmenbedingungen die fuumlr den Betrieb einer Einrichtung noumltig sind kritisch hinterfragt und op-timiert werden sollten Dieser Prozess sollte im Zusammenspiel von Traumlger Leitung und Mitarbeiterinnen erfolgen um bei der Entwicklung von nach-haltigen Loumlsungen die Interessen aller Beteiligten zu beruumlcksichtigen Ein Vorgehen in diesem Sinne hat die Konkretisierung und Sicherung der Qua-litaumlt von Bildung Erziehung und Betreuung in der Kindertageseinrichtung zum Ziel und unterstuumltzt in gleicher Weise auch die Personal- und Team-entwicklung Damit werden sowohl eine zukunftsorientierte Entwicklung der Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen als auch die Umsetzung kuumlnftiger Qualitaumltsanforderungen gefoumlrdert

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Smudel M 2015 Monats-Arbeitszeitmodell in der Kita Vortrag auf der Fachtagung bdquoKontinuierli-che Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbetreuung Konzepte fuumlr nachhaltige Personalstrategien in Kindertageseinrichtungenldquo am 16062015 an der Universitaumlt Duisburg-Essen Online unter wwwiaquni-duedeaktuellveransta201520150616_Smudel-Monats-Arbeitszeitmodellpdf (Download am 18042016)

Speth C 2010 Akademisierung der Erziehrin-nenausbildung Wiesbaden

Spieszlig KBuumlchel FWagner GG 2003 Childrenrsquos school placement in Germany does Kindergarten attendance matter Berlin

Statistisches Bundesamt 2014 Der Personal-schluumlssel in Kindertageeinrichtungen 2014 Methodische Grundlagen und aktuelle Ergebnisse Wiesbaden

143

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stoumlbe-Blossey S 2015a Familienfoumlrderung und Tagesbetreuung von Kindern In Jordan EMaykus SStuckstaumltte E C (Hg) Kinder- und Jugendhilfe Einfuumlhrung in Geschichte und Handlungsfelder Organisationsformen und ge - sellschaftliche Problemlagen 4 uumlberarb Aufl WeinheimBasel 101ndash144

Stoumlbe-Blossey S 2015b Familienzentren in Nordrhein-Westfalen Aktuelle Entwicklungen Internet-Dokument Duisburg Inst Arbeit und Qualifikation IAQ-Report Nr 201501 Online unter wwwiaquni-duedeiaq-report2015report2015-01pdf (Download am 18042016)

Stoumlbe-Blossey S 2010 Zum Funktionswandel von Kindertageseinrichtungen Das Beispiel bdquoFamilienzentrumldquo In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsentwicklung Wiesbaden 95ndash119

Stoumlbe-Blossey STorluumlmke A 2010 Neue Anforderungen in der fruumlhkindlichen Bildung In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsent-wicklung Wiesbaden 121ndash153

Stremel PUlber D 2014 Fachwissenschaftli-cher Hintergrund In Deutsches JugendinstitutWeiterbildungsinitiative Fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte (Hg) Leitung von Kindertageseinrich-tungen Grundlagen fuumlr die Kompetenzorientierte Weiterbildung WIFF Wegweiser Weiterbildung Band 10 Muumlnchen 13ndash95

Strunz E 2015 Kindertagesbetreuung vor Ort Der Betreuungsatlas 2014 Forschungsverbund DJITU Dortmund (Hg) Dortmund

Ulich E 1991 Arbeitspsychologie 6 uumlberarbeitete und erweiterte Auflage 2005 Stuttgart

Viernickel SNentwig-Gesemann INicolai KSchwarz SZenker L 2013 Schluumlssel zu guter Bildung und Betreuung Bildungsaufgaben Zeitkontingente und strukturelle Rahmenbedin-gungen in Kindertageseinrichtungen Berlin

Viernickel SVoss A 2013 Macht die Kita Erzieherinnen und Erzieher krank STEGE ndash Struk-turqualitaumlt und Erzieherinnengesundheit in Kindertageseinrichtungen Dresden

Weiser P 2013 Aumllterwerden in der Kita Uumlber die Belastungen der Erzieherinnen im Beruf In bbz ndash unsere Berliner Bildungszeitschrift 062013 Berlin Online unter wwwgew-berlinde7_902php (Abruf am 18042016)

Zapf I 2012 Flexibilitaumlt am Arbeitsmarkt durch Uumlberstunden und Arbeitszeitkonten Messkonzep-te Datenquellen und Ergebnisse im Kontext der IAB-Arbeitszeitrechnung Nuumlrnberg

Zu erwarten sind wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und erfahrenem Per-

sonal in Kindertageseinrichtungen was die Traumlger vor groszlige Herausforderungen

stellt Im Fokus des Projekts steht daher die Frage wie geeignete personalwirt-

schaftliche Konzepte gestaltet werden koumlnnen um den Herausforderungen an-

gemessen zu begegnen Als Ergebnis der Analysen werden Handlungsfelder fuumlr

eine nachhaltige Personalwirtschaft vorgestellt die sich fuumlr die Akteure in der

Praxis als besonders dringlich erweisen

WWWBOECKLERDE

ISBN 978-3-86593-244-0

  • Abbildung 1
    • Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
      • Abbildung 2
        • Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
          • Abbildung 3
            • Anforderungen an die Kita-Leitung
              • Abbildung 4
                • Fach- und personale Kompetenzen
                  • Abbildung 5
                    • Karrieremodelle
                      • Abbildung 6
                        • Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell
                          • 1 Einfuumlhrung
                          • 2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends
                            • 21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung
                            • 22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung
                            • 23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf
                            • 24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe
                            • 25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung
                            • 26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze
                            • 27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen
                            • 28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen
                              • 3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen
                                • 31 Die Perspektive der Kita-Traumlger
                                • 32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen
                                • 33 Die Perspektive der Kita-Leitungen
                                  • 4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft
                                    • 41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands
                                    • 42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung
                                    • 43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen
                                    • 44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen
                                      • Literatur
Page 2: Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

Dieser Band erscheint als 336 Band der Reihe Study der Hans-Boumlckler- Stiftung Die Reihe Study fuumlhrt mit fortlaufender Zaumlhlung die Buchreihe bdquoedition Hans-Boumlckler-Stiftungldquo in elektronischer Form weiter

Nr 336 middot September 2016

NACHHALTIGE PERSONALshyWIRTSCHAFT FUumlR KINDERshyTAGESEINRICHTUNGENHerausforderungen und Strategien

Elke Katharina Klaudy Karola Koumlhling Brigitte Micheel und Sybille Stoumlbe-Blossey

STUDY

copy 2016 by Hans-Boumlckler-StiftungHans-Boumlckler-Straszlige 39 40476 Duumlsseldorfwwwboecklerde

ISBN 978-3-86593-244-0

Satz DOPPELPUNKT Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt

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INHALT

1 Einfuumlhrung 7

2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends 1221 Aufgaben und Rahmenbedingungen der

Kindertagesbetreuung 1322 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der

Kindertagesbetreuung 1423 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash

Anstieg und wachsender Bedarf 1524 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash

Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe 1725 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung 1926 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze 2127 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische

Anforderungen an Kindertageseinrichtungen 2328 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende

Anforderungen bei knappen Ressourcen 25

3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen 2831 Die Perspektive der Kita-Traumlger 2932 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen 4533 Die Perspektive der Kita-Leitungen 59

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft 7341 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands 7442 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung 9143 Work-Life-Balance und Management von

Zeitressourcen 11444 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft

in Kindertageseinrichtungen 135

Literatur 138

6

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 57

Abbildung 2 Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 58

Abbildung 3 Anforderungen an die Kita-Leitung 61

Abbildung 4 Fach- und personale Kompetenzen 66

Abbildung 5 Karrieremodelle 81

Abbildung 6 Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell 120

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1 EINFUumlHRUNG

Die Anforderungen an das Personal von Kindertageseinrichtungen ndash und da-mit auch an die Personalwirtschaft der Traumlger ndash sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen Einerseits wurde und wird ein erheblicher gesellschaftli-cher Bedarf nach einer qualitativen wie auch quantitativen Weiterentwick-lung des Arbeitsfeldes wahrgenommen andererseits wird inzwischen viel-fach Kritik an den bestehenden Arbeitsbedingungen artikuliert Daruumlber hin-aus laumlsst der demografische Wandel der in vielen Wirtschaftsbranchen be-reits heute mit einem steigendem Fachkraumlftemangel verbunden ist auch fuumlr diesen Dienstleistungsbereich wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und er-fahrenem Personal erwarten Er stellt damit die Traumlger von Kindertagesein-richtungen vor zusaumltzliche Herausforderungen

Die Veraumlnderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern personalwirt - s chaftliche Strategien die staumlrker als bisher auf Nachhaltigkeit und damit auf Personalbindung ausgerichtet sind Zentraler Anknuumlpfungspunkt fuumlr das zukuumlnftige Personalmanagement ist darum dass es sich verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert und Personal(entwicklungs)maszlignahmen beinhaltet die deren Lebenslauf be-ruumlcksichtigen Auf diese Weise koumlnnen kontinuierliche Erwerbsbiografien der Mitarbeiterinnen ermoumlglicht und gefoumlrdert und eine kontinuierliche Be-schaumlftigung bei dem Traumlger gesichert werden

Das Projekt bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbe - treu ungldquo (KONTI) hat sich dieser Problematik gestellt Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens das von der Abteilung bdquoBildung und Erziehung im Strukturwandelldquo (BEST) des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitaumlt Duisburg-Essen zwischen 2013 und 2015 mit Foumlrderung der Hans-Boumlckler-Stiftung durchgefuumlhrt wurde stand die Frage wie geeignete personalwirtschaftliche Konzepte fuumlr Kindertageseinrichtungen gestaltet wer-den koumlnnen um den demografischen Herausforderungen angemessen begeg-nen zu koumlnnen

Ausgangspunkt des Projektes war dabei die Diskussion um eine demogra-fiegerechte Personalwirtschaft die in Deutschland seit einigen Jahren bran-chenuumlbergreifend intensiv gefuumlhrt wird das Arbeitsfeld der Kindertages-einrichtungen bislang jedoch weitgehend ausgeblendet hat Im Mittelpunkt solcher Personalstrategien standen zunaumlchst vor allem spezielle Maszlignahmen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte inzwischen besteht in der Fachwelt grundsaumltzlich Konsens daruumlber dass diese Fokussierung nicht zielfuumlhrend ist sondern dass

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

geeignete Konzepte fuumlr alle Mitarbeiterinnen und damit grundsaumltzlich prauml-ventiv ausgerichtet sein muumlssen So machte ein Befund von 2008 deutlich dass die Voraussetzungen fuumlr die Beschaumlftigungsfaumlhigkeit im Alter im Laufe der Berufsbiografie geschaffen werden in der Studie konnte ein Zusam-menhang zwischen der in einer Berufsgruppe subjektiv wahrgenommenen Qua litaumlt der Arbeit und den Arbeitsunfaumlhigkeits- und Fruumlhinvaliditaumltsraten sta tistisch nachgewiesen werden (vgl Priester 2008) Damit ist ein staumlrker ganzheitliches und umfassendes Verstaumlndnis von einer lebenslangen Beschaumlf-tigungsfaumlhigkeit in den Fokus der Uumlberlegungen geruumlckt das die Erwerbs-biografien aller Mitarbeiterinnen in der Belegschaft eines Betriebes beruumlck-sichtigt Es geht damit im Rahmen einer demografiesensiblen Personal politik nicht mehr nur um altersgerechtes Arbeiten am Ende sondern um alterns ge-rechtes Arbeiten waumlhrend des gesamten Erwerbslebens So wichtig spezielle altersspezifische Maszlignahmen sind so wenig reichen sie aus um kontinuier-liche Erwerbstaumltigkeit und damit Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt in der Personal-situation von Betrieben zu foumlrdern

In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Lebenslaufperspektive da-rum sowohl als Analyseansatz als auch als Leitbild fuumlr die Politik des Wohl-fahrtsstaates verwendet (vgl Anxo et al 2010) Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung etwa wurde sie zugrunde gelegt um herauszuarbeiten wie unterschiedlich Lebenslaumlufe durch verschiedene Institutionen geformt wer-den welche kritischen Lebensereignisse und Uumlbergaumlnge dabei relevant sind welche Unterschiede es zwischen den Geschlechtern gibt und wo demzu-folge eine Gleichstellungspolitik ansetzen muss (vgl BMFSFJ 2011 insb 39 ff) Die Lebenslaufperspektive kann schlieszliglich ebenso als Orientierungs-rahmen fuumlr die Politik von Organisationen gelten z B hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeitszeiten in unterschiedlichen Lebensphasen (vgl beispiels-weise ScheierHildebrandt 2010)

Ein personalwirtschaftliches Konzept das diese Erkenntnisse zugrunde legt sollte darum nicht nur eine generelle Orientierung am Lebenslauf bein-halten sondern vor allem auch die unterschiedlichen Schwellen und Uumlber-gaumlnge (beispielsweise Berufseinstieg nach der Ausbildung Familiengruumln-dung Pflege Angehoumlriger) im Lebensverlauf der Mitarbeiterinnen eines Be-triebes in den Blick nehmen lassen sich doch gerade diese Schwellen haumlufig als kritische Lebensphasen charakterisieren Sie erfordern darum jeweils spe-zifische UnterstuumltzungsangeboteVor dem Hintergrund arbeitspsychologischer Erkenntnisse ist daruumlber hin-aus zu beruumlcksichtigen dass der Unterstuumltzungsbedarf von Beschaumlftigten houmlchst unterschiedlich sein kann In der neueren arbeitspsychologischen For-

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1 Einfuumlhrung

schung wird nicht nur nach allgemeinen betrieblichen Rahmenbedingungen gefragt die die Arbeitsmotivation foumlrdern oder behindern koumlnnen sondern diese Rahmenbedingungen werden stets im Kontext individueller Merkmale betrachtet Bedingungen fuumlr die Arbeitszufriedenheit ergeben sich demnach aus Merkmalen der Person und aus Merkmalen der Arbeit (vgl Nerdinger et al 2008 432) d h jeder Mensch ist durch spezifische Motive (also Werte-dispositionen und Haltungen) gepraumlgt Motivation entsteht somit als bdquoPro-dukt aus individuellen Merkmalen von Menschen ihren Motiven und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation in der Anreize auf die Motive einwirken und sie aktivierenldquo (Nerdinger et al 2008 427 vgl auch Heckhau-senHeckhausen 2005)

Des Weiteren hat sich in der Arbeitspsychologie schon seit langem die Unterscheidung zwischen bdquoBelastungenldquo (als objektive Faktoren die auf den Menschen einwirken) und bdquoBeanspruchungenldquo (als individuell durchaus un-terschiedliche Auswirkungen dieser Faktoren auf den Menschen)1 etabliert Bestimmte Belastungen fuumlhren also nicht automatisch bei jeder Mitarbeite-rin oder jedem Mitarbeiter zu den gleichen Beanspruchungen Vielmehr wir-ken hier unterschiedliche Einflussfaktoren zusammen Dazu gehoumlren auf der einen Seite individuelle Faktoren etwa persoumlnliche Werthaltungen oder die familiaumlre Situation aus der sich sowohl unterstuumltzende Ressourcen als auch zusaumltzliche Belastungen ergeben koumlnnen Auf der anderen Seite beeinflusst auch die (spezifische) Gestaltung jeder Organisation die Wirkungsweise von Belastungen und damit das Beanspruchungsempfinden Jede Institution kann darum auch Ressourcen zum Umgang mit Belastungen bereitstellen ndash etwa durch Qualifizierungsangebote oder die Foumlrderung der Zusammenar-beit im Team

Es gibt inzwischen eine Reihe von Initiativen die an genau diesen Er-kenntnissen ansetzen Neben verschiedenen laumlnderspezifischen Ansaumltzen ist hier bundesweit vor allem die INQA2 zu nennen eine seit 2002 bestehen- de Gemeinschaftsinitiative von Bund Laumlndern Sozialversicherungstraumlgern Gewerkschaften Unternehmen und Stiftungen INQA bietet Tools zur Be-standsaufnahme und Handlungshilfen sowie Beratungs- und Auditierungs-programme um die Qualitaumlt der Arbeit fuumlr Unternehmen und Beschaumlftigte zu verbessern

1 vgl dazu grundlegend RohmertRutenfranz 1975 zusammenfassend beispielsweise Ulich 19912005 insbesondere Kapitel 72 INQA = Initiative fuumlr eine neue Qualitaumlt der Arbeit wwwinqade (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEs werden kuumlnftig nur Unternehmen innovativ wettbewerbsfaumlhig und erfolgreich sein denen es gelingt qualifizierte Fachkraumlfte zu ge-winnen sowie ihre Beschaumlftigten zu motivieren an sich zu binden und ihre Leistungsfaumlhigkeit zu erhaltenldquo3

Das Bundesministerium fuumlr Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundes-ministerium fuumlr Bildung und Forschung haben in den letzten Jahren ver-schiedene Programme zu diesem Themenfeld aufgelegt So hat das BMBF beispielsweise den Foumlrderschwerpunkt bdquoInnovationsfaumlhigkeit im demogra-fischen Wandelldquo4 initiiert mit dem vor allem die anwendungsorientierte Forschung gefoumlrdert wurde und wird und aus denen Publikationen (vgl bei-spielsweise BMBF 2010) und Internet-Plattformen5 hervorgegangen sind Mit der Forschungsagenda der Bundesregierung fuumlr den demografischen Wandel bdquoDas Alter hat Zukunftldquo6 hat die Bundesregierung im November 2011 ein ressortuumlbergreifendes Forschungskonzept beschlossen Die Vielfalt der Ini-tiativen kann als Indikator fuumlr den Handlungsdruck und die Bedeutung des Themas gewertet werden ndash aber auch dafuumlr dass es nach wie vor an Hand-lungswissen und noch mehr an seiner Umsetzung mangelt

Das Arbeitsfeld der sozialen Dienstleistungen und dabei insbesondere auch das der Kindertagesbetreuung findet in den bisherigen Publikationen Programmen und Initiativen zur Personalwirtschaft im demografischen Wandel kaum Beachtung Dieser geringe Stellenwert steht jedoch in einem deutlichen Missverhaumlltnis sowohl zur gesellschaftlichen Bedeutung der sozia-len Dienstleistungen als auch zum aktuellen Problemdruck in diesem Sektor

An dieser Ausgangssituation setzte das Projekt KONTI an Fuumlr die Studie wurden zunaumlchst die Rahmenbedingungen fuumlr das Personal in der Kinderta-gesbetreuung analysiert und sowohl nach bereits vorhandenen personalwirt-schaftlichen Konzepten der Traumlger von Kindertageseinrichtungen als auch nach Problemen Motiven und Beduumlrfnissen aus der Sicht der Beschaumlftigten gefragt Eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit so die erste Grundannahme im Projekt liegt sowohl im Interesse der Traumlger (die qualifiziertes Personal benoumltigen) als auch der Beschaumlftigten (aufgrund ihrer persoumlnlichen Motivati-

3 wwwinqadeDEMitmachen-Die-InitiativeUeber-unsDie-Initiative-kompaktdie-initiative-kom-pakthtml (Abruf am 18042016)4 wwwbmbfdefoerderungen15043php (Abruf am 18042016)5 wwwdemowerkzeugede (Abruf am 18042016) 6 wwwdas-alter-hat-zukunftde (Abruf am 18042016)

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1 Einfuumlhrung

on und ihrer sozialen Absicherung) Personalwirtschaftliche Konzepte zur Foumlrderung kontinuierlicher Erwerbstaumltigkeit so die zweite Grundannahme muumlssen daher die Aufgaben Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso beruumlcksichtigen wie die Motivationsstrukturen Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten

Der Ansatz einer solchen lebensphasenorientierten Personalwirtschaft muss dabei bdquoden unterschiedlichen Altersgruppen im Betrieb mit ihren je le-bensphasenspezifischen Anforderungen gerecht werdenldquo (Schilling 2008 90) und erfordert darum ein entsprechendes bdquobetriebliches Gesamtkonzeptldquo (ebd) das im Idealfall von einem Wissen uumlber den jeweils individuellen Be-darf aller seiner Beschaumlftigten d h uumlber deren persoumlnlichen Merkmale Wer-te Einstellungen und Motive ausgeht Erst auf dieser Basis kann es zielge-richtete Ressourcen zum Umgang mit vorgefundenen Belastungsfaktoren bereitstellen Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes muss darum immer die jeweils spezifische Organisation und Personalsituation eines Betriebes und die Struktur und Zusammensetzung seiner Belegschaft sein Darum kann es grundsaumltzlich kein auf alle Betriebe uumlbertragbares personalwirtschaftliches Konzept geben Vielmehr ist es nur moumlglich eine Auswahl geeigneter Maszlig-nahmen zusammenzustellen aus denen die fuumlr jeden Betrieb erforderlichen Instrumente immer wieder neu kombiniert werden koumlnnen

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden zunaumlchst die Strukturen und Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes Kindertagesbetreuung darge-stellt (Kapitel 2) und anschlieszligend die Ergebnisse der drei empirischen Erhe-bungen im Projekt KONTI zusammengefasst Dabei werden die Sichtweise von Personalverantwortlichen der beteiligten Traumlger die Einstellungen von beschaumlftigten Erzieherinnen in unterschiedlichen Lebensphasen sowie von Berufsaussteigerinnen und die Perspektive von Leitungskraumlften vorgestellt (Kapitel 3) Als Ergebnis der Analyse wurden einige zentrale Handlungs-felder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die sich fuumlr die Akteure in der Praxis als besonders dringlich herausgestellt haben Dazu wur-den im weiteren Projektverlauf Beispiele guter Praxis aufgearbeitet und Moumlg-lichkeiten zu deren Weiterentwicklung mit Expertinnen diskutiert Die Er-gebnisse der empirischen Untersuchung sowie die Diskussionsergebnisse zu diesen ausgewaumlhlten und ganz unterschiedlichen Instrumenten mit denen die Personalwirtschaft von Kindertageseinrichtungen auf die demografische Entwicklung der naumlchsten Jahre reagieren und damit zur Personalbindung in ihren Kinderbetreuungsbetrieben beitragen kann bilden den Schwerpunkt dieser Publikation (Kapitel 4)

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2 DAS ARBEITSFELD ndash STRUKTUREN UND ENTWICKLUNGSTRENDS

Ein funktionsfaumlhiges System der Kindertagesbetreuung ist von hoher gesell-schaftlicher und oumlkonomischer Bedeutung Auf der einen Seite ist es eine wichtige Voraussetzung fuumlr eine altersangemessene Bildung Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schulalter auf der anderen Seite ist es eine bedeutende Bedingung fuumlr die Erwerbstaumltigkeit von Eltern Dementspre-chend haben sich sowohl die Zahl der betreuten Kinder als auch deren indi-viduelle Betreuungszeiten in den letzten Jahren erhoumlht Diese Entwicklung war gleichzeitig mit einem Anstieg des eingesetzten Personals in diesem Ar-beitsfeld verbunden Ein erheblicher Schub fuumlr diesen quantitativen Ausbau ergab sich vor allem aus dem im Jahre 2008 beschlossenen Kinderfoumlrderungs-gesetz mit dem fuumlr Kinder im Alter von zwoumllf Monaten bis unter drei Jahren ein subjektiver Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung eingefuumlhrt wurde (Art 1 Nr 7 und 8 KifoumlG sect 24 SGB VIII) der zum 01082013 in Kraft trat

Auf der qualitativen Ebene sind Kindertageseinrichtungen mit gesell-schaftlichen Entwicklungen konfrontiert die mit einem Anstieg sozialer Dis-paritaumlten und mit Veraumlnderungen der familiaumlren Strukturen einhergehen Zu nennen sind beispielsweise die steigende Zahl an Ein-Eltern- und soge-nannten Patchwork-Familien die angesichts wachsender Mobilitaumlt abneh-menden Unterstuumltzungsstrukturen der traditionellen Groszligfamilie oder auch die immer oumlfter festzustellende Uumlberforderung vieler Familien mit den Er-ziehungsaufgaben Ein besonders gravierendes Problem von Familien mit Kindern ist die wachsende Bedeutung von Armut (vgl ButterweggeKlundtZeng 2008) Ihr Anstieg ist bei Kindern und Jugendlichen deutlicher aus-gepraumlgt als bei Erwachsenen die regionalen Unterschiede sind erheblich (vgl Chasseacute 2014 411 f) Zusammenfassend muss festgestellt werden dass der Anteil an Kindern die aufgrund ihrer Entwicklungsbedingungen als bdquobil-dungsbenachteiligtldquo gelten muumlssen seit Jahren gewachsen ist Diese und an-dere Entwicklungen fuumlhren dazu dass der Familienfoumlrderung und damit gerade auch der Bildung Erziehung und Betreuung im Rahmen der Kinder-tagesbetreuung eine verstaumlrkt kompensatorische Funktion zukommt (vgl beispielsweise BuumlchnerSpieszlig 2007 SpieszligBuumlchelWagner 2003) Nach einer zusammenfassenden Analyse von Studien in verschiedenen Laumlndern bdquobele-gen vor allem die methodisch aufwaumlndigen Laumlngsschnittstudien der letzten Jahre kurz- und mittelfristig positive Effekte des Besuchs einer vorschulischen

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Einrichtung sofern diese eine hohe Betreuungsqualitaumlt aufweistldquo (AndersRoszligbach 2014 344) Vor allem als Folge der Debatten um die PISA-Studie ist in den letzten Jahren wieder staumlrker in den Mittelpunkt der oumlffentlichen Dis-kussion getreten was fachlich schon seit langem gefordert wird naumlmlich vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Erkenntnisse die fruumlhkind-liche Bildung aufzuwerten und der fruumlhen Foumlrderung von Kindern eine weit houmlhere Bedeutung zuzumessen als dies lange Zeit der Fall war Kindertages-einrichtungen und ihr Auftrag sind damit verstaumlrkt in das Zentrum des oumlf-fentlichen Interesses getreten

21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fuumlr die fruumlhkindliche Bildung Foumlrde-rung und Betreuung werden in Deutschland durch das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG bzw 8 Buch des Sozialgesetzbuchs SGB VIII) gesetzt Konkretisiert wird dieser Rahmen durch die Ausfuumlhrungsgesetze der ein-zelnen Bundeslaumlnder Inhaltlich beschraumlnkt sich das SGB VIII auf einige program matische Formulierungen zur Funktion von Kindertagesbetreuung (sect 22 Grundsaumltze der Foumlrderung)

bdquo(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen in denen sich Kinder fuumlr einen Teil des Tages oder ganztaumlgig aufhalten und in Gruppen gefoumlrdert werden [hellip] (2) Tageseinrichtungen fuumlr Kinder und Kin-dertagespflege sollen 1 die Entwicklung des Kindes zu einer eigen-verantwortlichen und gemeinschaftsfaumlhigen Persoumlnlichkeit foumlrdern 2 die Erziehung und Bildung in der Familie unterstuumltzen und er-gaumlnzen 3 den Eltern dabei helfen Erwerbstaumltigkeit und Kinder-erziehung besser miteinander vereinbaren zu koumlnnen (3) Der Foumlr-derungsauftrag umfasst Erziehung Bildung und Betreuung des Kin-des und bezieht sich auf die soziale emotionale koumlrperliche und geistige Entwicklung des Kindes Er schlieszligt die Vermittlung orien-tierender Werte und Regeln ein Die Foumlrderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand an den sprachlichen und sonstigen Faumlhig-keiten an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Beduumlrf-nissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Her-kunft beruumlcksichtigenldquo

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

In sect 26 ist festgeschrieben dass das bdquoNaumlhere uumlber Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungenldquo durch Landesrecht bestimmt wird Die Ausfuumlhrungsgesetze der Laumlnder7 regeln insbesondere die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards im Hin-blick auf Personaleinsatz und Gruppengroumlszligen sowie moumlgliche Betreuungs-formen und -zeiten Daruumlber hinaus konkretisieren sie in unterschiedlicher Weise den Bildungsauftrag und Fragen der Qualitaumltsentwicklung Die Rah-menbedingungen fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich also je nach Bundesland erheblich insbesondere im Hinblick auf Finan-zierungsstrukturen und Personalbemessung aber auch bezuumlglich der inhalt-lichen Konkretisierung des Bildungsauftrags

22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung

Auf der Grundlage der Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes liegt die Ver-antwortung fuumlr die Sicherstellung der Kindertagesbetreuung im Wesentli-chen bei den oumlrtlichen Jugendaumlmtern also bei den Staumldten und Kreisen wo-bei die Leistungserbringung nicht allein durch die Kommune selbst sondern nach dem Subsidiaritaumltsprinzip (vgl sect 4 SGB VIII) haumlufig durch Traumlger der freien Jugendhilfe erfolgt Freie Traumlger sind vor allem die Kirchen und die groszligen Wohlfahrtsverbaumlnde daruumlber hinaus Elterninitiativen und ndash je nach Bundesland unterschiedlich ndash vereinzelt auch privatwirtschaftliche Anbieter Der Anteil der Beschaumlftigten die bei freien Traumlgern taumltig sind ist dabei von 58 Prozent im Jahr 1998 auf 68 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 20) Dieser Anstieg ist vor allem durch die Entwicklung in Ostdeutschland bedingt wo sich die Struktur nach und nach an die der westlichen Bundeslaumlnder angeglichen hat In den neuen Bundeslaumlndern ist der Anteil der Beschaumlftigten bei oumlffentlichen Traumlgern von 61 Prozent im Jahr 1998 auf 37 Prozent im Jahr 2014 gesunken (vgl ebd)

Das Traumlgerspektrum ist sehr heterogen Viele groszligstaumldtische Jugendaumlmter stellen eine Vielzahl von eigenen Einrichtungen bereit wobei diese in einigen Kommunen in eigenbetriebsaumlhnlichen Strukturen zu einem Gesamt betrieb zusammengefasst sind Eigene Jugendaumlmter gibt es nur in kreisfreien Staumldten und groumlszligeren kreisangehoumlrigen Kommunen so dass viele kleine Kommunen

7 vgl wwwbildungsserverdezeigenhtmlseite=1899 (Abruf am 18042016)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

uumlber Kindertageseinrichtungen aber nicht uumlber ein Jugendamt als fachlich steuernde Instanz verfuumlgen Manchmal haben kleine Kommunen nur eini - ge wenige eigene Einrichtungen wobei es Regionen gibt in denen (fast) die gesamte Infrastruktur durch freie Traumlger angeboten wird Im kirchlichen Bereich unterhalten zum einen die groszligen Verbaumlnde (Caritas und Diakonie) eigene Einrichtungen zum anderen gibt es nach wie vor eigene Kindergaumlrten von Kirchengemeinden die den Gemeindepfarrerinnen und den ehrenamt-lichen Leitungsstrukturen der Gemeindegremien unterstehen In einigen Re-gionen wurden in den letzten Jahren Zweckverbaumlnde gebildet in denen die Einrichtungen der oumlrtlichen Kirchengemeinden zusammengefasst wurden und nun zentral verwaltet werden Die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz sind als Wohlfahrtsverbaumlnde regional oder auf der Ebene von Bundeslaumlndern organisiert so dass die Kindertageseinrichtungen wie bei Diakonie und Caritas einen Teil ihres Angebotsspektrums neben anderen sozialen Dienstleistungen bilden Der Deutsche Paritaumltische Wohlfahrtsver-band ist nicht selbst Traumlger von Einrichtungen sondern ist ein Dachverband von zumeist kleinen Traumlgern (beispielsweise Elterninitiativen) der seinen Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen und Beratungsangebote zur Verfuuml-gung stellt Privat-gewerbliche Anbieter sowie betriebliche Kindertagesein-richtungen als eigene Angebote privater oder oumlffentlicher Wirtschaftsunter-nehmen spielen mit 22 Prozent der Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte barometer 2014 21) nach wie vor nur eine marginale Rolle Leicht angestiegen ist in den letzten Jahren der Anteil sonstiger juristischer Per-sonen und Vereinigungen zu denen beispielsweise private Initiativen (mit vielfach innovativen Angebotsformen) gehoumlren die zwar eine gemeinnuumltzige Rechtsform (beispielsweise gGmbH) besitzen aber keinem Verband ange-schlos sen sind (vgl Stoumlbe-Blossey 2015a 113 ff) Das Spektrum der Arbeit-geber im Bereich der Kindertagesbetreuung ist somit sehr differenziert und reicht von groszligen Verwaltungen und ndash teilweise spezialisierten ndash Verbaumlnden bis hin zu ehrenamtlich geleiteten Einzeleinrichtungen

23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf

Waumlhrend noch vor wenigen Jahren angesichts der demografischen Entwick-lung ein Ruumlckgang des Personalbedarfs in der Kindertagesbetreuung be-fuumlrchtet wurde (und damit die Arbeitslosigkeit von Fachkraumlften) ist inzwi-schen ein quantitativer Ausbau zu beobachten (vgl SellKersting 2010) Der

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Zuwachs der Beschaumlftigtenzahlen war in den letzten Jahren erheblich Zwi-schen 2006 und 2014 kamen bundesweit rund 195000 Beschaumlftigte im Arbeits-feld der Kindertageseinrichtungen hinzu wobei der Anstieg in Westdeutsch-land besonders stark war (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 17) Damit war in diesem Arbeitsfeld im Jahr 2014 ein (vorlaumlufiger) Houmlchststand von 609900 Beschaumlftigten zu verzeichnen (vgl ebd) Umgerechnet in Voll-zeitaumlquivalente bedeutet dies eine Zunahme von gut 281600 Arbeitsplaumltzen im Jahr 2006 auf etwa 424800 im Jahr 2014 (vgl ebd 19) Die Zahl der Ar-beitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation hat seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen vom Houmlchststand 1997 mit rund 63000 re-gistrierten Arbeitslosen ist sie bis 2013 auf etwa 16000 zuruumlckgegangen (vgl ebd 48) An der geschlechtsspezifischen Aufteilung hat sich in den letzten Jahren hingegen nichts geaumlndert der Anteil der Maumlnner in diesem Arbeits-feld bleibt mit 48 Prozent extrem gering (vgl ebd 26)

Die Differenz zwischen Beschaumlftigtenzahlen und Vollzeitaumlquivalenten weist bereits auf die hohe Bedeutung der Teilzeitarbeit in Kindertageseinrich-tungen hin Der Anteil der Vollzeitbeschaumlftigten in diesem Arbeitsfeld ist von 52 Prozent der Beschaumlftigten im Jahr 1998 auf etwa 40 Prozent im Jahr 2014 kontinuierlich gesunken Waumlhrend die Anzahl der Vollzeitstellen in diesem Zeitraum um 22 Prozent anstieg hat sich die Menge der Teilzeit-stellen nahezu verdoppelt Dieser Anstieg betraf alle Formen der Teilzeit-arbeit also sowohl Teilzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit unter 21 Stun-den als auch Stellen mit einem Umfang von 21 bis unter 32 Stunden und vollzeitnahe Stellen mit zwischen 32 und 385 Stunden Wenn auch dieser Trend bundesweit zu beobachten ist so stellt sich die Entwicklung im Wes-ten und im Osten dennoch unterschiedlich dar In Ostdeutschland waren in den 1990er Jahren im Zuge des Stellenabbaus viele Vollzeitstellen in voll-zeitnahe Stellen umgewandelt worden sodass dort der Anteil der Vollzeit-stellen bereits 1998 unter der 25-Prozent-Marke gelegen hatte Seit diesem Zeitpunkt blieb er ndash nach einem Einbruch in 2006 ndash konstant (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 29) Im Westen ist der Anteil an Vollzeit-stellen zwischen 1998 und 2014 von 59 Prozent auf 44 Prozent zuruumlckgegan-gen (vgl ebd 30) In der Vergangenheit wurde vielfach die Auffassung ver-treten dass eine Teilzeittaumltigkeit ndash insbesondere fuumlr die Gruppenleitungen ndash nicht moumlglich waumlre weil sie die Kontinuitaumlt der Betreuungspersonen fuumlr die Kinder gefaumlhrden wuumlrde Ein gewisses Umdenken hat hier zum einen der Anstieg der Anzahl von Ganztagsplaumltzen mit laumlngeren Betreuungszeiten mit sich gebracht die zur Abdeckung des gesamten Zeitvolumens eine Kombi-nation von Vollzeit- und Teilzeitstellen erforderte Zum anderen wuchs mit

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

dem steigenden Fachkraumlftebedarf die Bereitschaft der Traumlger auf Arbeitszeit-wuumlnsche von Mitarbeiterinnen einzugehen die aus familiaumlren Gruumlnden ihre Arbeitszeit reduzieren wollten

Die Unterschiede zwischen den westlichen und oumlstlichen Bundeslaumln - dern zeigen sich auch bei der Frage ob es sich bei der Teilzeitbeschaumlftigung um eine erwuumlnschte oder unfreiwillige Teilzeit handelt Eine Analyse von Eva Strunz (2015) auf der Basis des Mikrozensus 2011 bestaumltigt dass fuumlr west-deutsche Erzieherinnen die weniger als 32 Stunden arbeiten vor allem fa-miliaumlre Gruumlnde ausschlaggebend sind 36 Prozent geben als Motiv die Be-treuung von Kindern Pflegebeduumlrftigen oder Menschen mit Behinderungen und weitere 33 Prozent sonstige persoumlnliche oder familiale Gruumlnde an 37 Prozent der ostdeutschen Erzieherinnen in Teilzeitbeschaumlftigung er-klaumlrten hingegen dass sie keine Vollzeitstelle finden konnten Betreuungs- oder sonstige persoumlnliche oder familiale Verpflichtungen waren hier nur fuumlr 26 Prozent der Befragten von Bedeutung (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte-barometer 2014 30)

24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe

Die dominierende Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen sind Erzieherinnen Sie werden an Fachschulen bzw Fachakademien nach landesrechtlich unterschiedlichen faktisch aber relativ aumlhnlichen Regelungen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) ausge-bildet Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss Bei der Ausbildung zur Erzieherinzum Erzieher lassen sich grundsaumltzlich zwei Modelle unter-scheiden ndash das additive Modell als eine zweijaumlhrige uumlberwiegend fachtheoretische

Ausbildung mit anschlieszligendem einjaumlhrigem Berufspraktikum sowie ndash das integrative Modell als eine dreijaumlhrige Ausbildung an der Fachschule

inklusive Praxisphasen

Daruumlber hinaus existiert in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen eine bdquoPraxisintegrierte Ausbildungldquo (PIA) in der fachtheoretische Inhalte Praktika und Anerkennungsjahr miteinander staumlrker verzahnt wurden Mit dem Traumlger der Kindertageseinrichtung wird dazu ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen der auch eine Verguumltung vorsieht (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 67 ff)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Im Deutschen Qualifikationsrahmen fuumlr Lebenslanges Lernen (DQR)8 wird die Erzieherinnen-Ausbildung an einer Fachschule auf demselben Niveau (Stufe 6) wie ein Bachelor-Studium eingestuft In den neuen Bundeslaumlndern verfuumlgten im Jahr 2014 ca 87 Prozent der Beschaumlftigten uumlber einen derar-tigen Berufsbildungsabschluss im Westen waren es 66 Prozent Im Westen besaszligen 16 Prozent einen Abschluss als Kinderpflegerin oder aumlhnliche un-terhalb des Niveaus der Erzieherinnen angesiedelte Qualifikationen Diese spielen im Osten praktisch keine Rolle Etwa 10 Prozent der Beschaumlftigten hatten im Jahr 2014 eine andere Ausbildung befanden sich noch in der Ausbildung oder waren ohne Abschluss (vgl ebd 31) Entgegen anderslau-tenden Befuumlrchtungen hat sich der Ausbau der Kindertagesbetreuung somit bislang nicht auf Kosten der Fachlichkeit des Personals vollzogen

Der Anteil der Beschaumlftigten mit Hochschulabschluss lag bundesweit ndash mit leicht steigender Tendenz ndash bei ca 5 Prozent Darunter befanden sich gut 3000 Absolventinnen von speziell auf die fruumlhe Bildung bezogenen kindheitspaumldagogischen Studiengaumlngen Die Anzahl der Kindheitspaumldagoginnen hat sich somit seit 2012 dem ersten Jahrgang in dem sie in der Sta-tistik separat ausgewiesen sind verdreifacht (vgl ebd 34) In den letzten Jahren sind zahlreiche und sehr unterschiedlich konzipierte Studiengaumlnge entstanden die ndash als Erstausbildung oder Weiterbildung ndash eine akademische Qualifikation fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vermitteln9

Im Jahr 2003 wurde erstmals in Deutschland ndash damals noch umstritten ndash ein fruumlhpaumldagogischer Studiengang an der Alice-Salomon-Hochschule in Ber-lin eingerichtet Angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeit fuumlr die fruumlh-kindliche Bildung und der Existenz einer akademischen Ausbildung in den meisten europaumlischen Laumlndern wurde die Akademisierung fruumlhpaumldagogi-scher Fachkraumlfte in Kindertageseinrichtungen in der Folgezeit zu einem zen-tralen Thema in der bundesdeutschen Diskussion um die Weiterentwicklung von fruumlhkindlicher Bildung Erziehung und Betreuung Daruumlber hinaus be-schleunigte der parallel einsetzende Bologna-Prozess zur Internationalisie-rung und Modularisierung von Studiengaumlngen den Ausbau von Studien-gaumlngen zur Fruumlhen Kindheit enorm Fuumlr die (Fach)Hochschulen ergaben sich aus diesem Prozess sowohl die Moumlglichkeiten als auch wettbewerbliche

8 Der DQR wurde zum Zweck der Vergleichbarkeit der historisch gewachsenen Sektoren des deut-schen Bildungssystems konzipiert Er besteht aus einer umfangreichen sektorenuumlbergreifenden Matrix die der Einordnung von Qualifikationen dient9 Zur Entwicklung der Studiengaumlnge vgl KlaudySchuumltzStoumlbe-Blossey 2014

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Anreize neue Studiengaumlnge mit unterschiedlicher Spezialisierung zu entwi-ckeln (vgl zusammenfassend Speth 2010 169 ff) Nach der Einrichtung des ersten Studiengangs in Berlin im Jahr 2003 entstanden bis zum Jahr 2010 etwa 60 kindheitspaumldagogische Studiengaumlnge bis zum Jahr 2015 hat sich die Anzahl auf 118 (an 82 Standorten) nahezu verdoppelt (vgl Altermann et al 2015 10) Ein Teil dieser Studiengaumlnge ist grundstaumlndig angelegt andere bauen als konsekutive Studiengaumlnge auf einer abgeschlossenen Erzieherin-nen-Ausbildung auf Zwar zeigt sich dass die Absolventinnen keineswegs immer in einer Kindertageseinrichtung arbeiten wollen (vgl ebd 33 ff) je-doch kommt seit einiger Zeit wie die zitierten Zahlen zeigen nach und nach eine wachsende Zahl an Kindheitspaumldagoginnen auf den Arbeitsmarkt In einem Feld das traditionell durch eine fachschulische Ausbildung gepraumlgt ist stellt die Pluralisierung der Qualifizierungswege eine Innovation dar die von Konflikten Unsicherheiten und Ambivalenzen begleitet wird

25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung

Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen in kommunaler Traumlgerschaft wer-den nach dem Tarifvertrag fuumlr den oumlffentlichen Dienst (TVoumlD) der Kom mu-nen fuumlr Sozial- und Erziehungsdienste bezahlt Freie Traumlger haben groumlszligte n-teils eigene Tarifvertraumlge die sich allerdings oft am TVoumlD orientieren (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 59) Nach Berechnungen auf der Grundlage der Entgeltstatistik der Bundesagentur fuumlr Arbeit verdienten die Beschaumlftigten in Kindertageseinrichtungen im Jahr 2014 auf einer Vollzeit-stelle mit durchschnittlich 2630 Euro pro Monat etwa 300 Euro weniger als der Durchschnitt aller maumlnnlichen Arbeitnehmer ndash allerdings 300 Euro mehr als der Durchschnitt aller weiblichen Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 59)

Das Bruttogehalt einer in die Entgeltgruppe S2 eingruppierten Beschaumlf-tigten die die Taumltigkeit einer Kinderpflegerin ausuumlbt lag nach der bis zum 30062015 geltenden Fassung des TVoumlD10 im Jahr 2015 in der Eingangsstu - fe bei 1960 Euro monatlich eine Leiterin einer sehr groszligen Einrichtung (mit mindestens 180 Plaumltzen) konnte in der Endstufe der Gruppe S17 4749 Euro erhalten Staatlich anerkannte Kinderpflegerinnen (S3) starteten mit 2043 Euro monatlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (S6)

10 vgl zu den folgenden Angaben httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsue (Abruf am 18042016)

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mit 2367 Euro in den Endstufen kamen sie auf 2679 bzw 3289 Euro Er-zieherinnen mit besonders schwierigen fachlichen Taumltigkeiten konnten in der Gruppe S8 mit 2478 Euro monatlich beginnen und in der Endstufe bis zu 3732 Euro erhalten Wenn eine Erzieherin fachlich schwierige Taumltigkei-ten von mindestens drei Beschaumlftigten der Gruppe S8 koordiniert waren in der Gruppe S9 je nach Stufe zwischen 2579 und 3750 Euro erreichbar Als besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten werden vor allem die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen sowie einrichtungsuumlbergreifende und koordi-nierende Aufgaben definiert

Als Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 wurden fuumlr Kin derpflegerinnen die monatlichen Entgelte erhoumlht so erhaumllt eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin in der Eingangsstufe der Gruppe S3 seitdem ein um 61 Euro erhoumlhtes Monatsgehalt Die Taumltigkeitsmerkmale von Erzieherinnen wurden aus der Gruppe S6 in die neu geschaffene Gruppe S8a uumlber-fuumlhrt was in der Eingangsstufe eine Steigerung des Gehalts um 93 Euro mo-natlich bedeutet In den Endstufen fallen die Anstiege mit 112 bzw 138 Euro monatlich etwas houmlher aus Fuumlr die Taumltigkeitsmerkmale der in S8 eingrup-pierten Erzieherinnen wurde eine neue Gruppe S8b geschaffen deren Ent-gelt nun identisch mit der Gruppe S9 ist Die Anstiege sind geringer als fuumlr Erzieherinnen im Allgemeinen und machen sich schwerpunktmaumlszligig in den houmlheren Dienstaltersstufen bemerkbar

Bei einem Aufstieg zur Leitung einer Einrichtung begann das Gehalt bis 2015 in der Gruppe S7 mit 2406 Euro und steigerte sich je nach Anzahl der Plaumltze in der Einrichtung Ab 40 Plaumltzen kam die Stufe 10 mit einem Ein-gangsgehalt von 2590 Euro zur Anwendung bei 70 Plaumltzen die Stufe 13 mit 2880 Euro bei 100 Plaumltzen S 15 mit 2913 Euro bei 130 Plaumltzen S 16 mit 3025 Euro und bei 180 Plaumltzen schlieszliglich S 17 mit 3103 Euro Das End-gehalt lag jeweils um gut 50 Prozent uumlber dem Anfangsgehalt der jeweili gen Stufe Stellvertretende Leitungen wurden ab einer Einrichtungsgroumlszlige von 70 Plaumltzen jeweils in die Entgeltgruppe von Leitungen der naumlchstkleineren Einrichtungsgroumlszlige eingruppiert Mit dem Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen wurden die beschriebenen Stufenzuordnungen veraumlndert Die Leitung einer kleinen Einrichtung wird nun statt nach Stufe 7 nach Stufe 9 bezahlt was in der Eingangsstufe einen Anstieg um 74 Euro monatlich be-deutet Die Leitungen und die Stellvertretungen der groumlszligeren Einrichtungen steigen jeweils in die Stufe die vorher der naumlchsthoumlheren Groumlszligenklasse vorbehalten war so dass beispielsweise die Leitung einer Einrichtung mit 40 bis 69 Plaumltzen nun in Stufe 13 in der Eingangsstufe ein um 290 Euro houmlheres Gehalt erhaumllt Besonders groszlig ist die Differenz fuumlr Leitungen einer sehr gro-

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szligen Einrichtung die nun in S18 eingruppiert sind und in der Eingangsstufe 342 Euro mehr erhalten als vorher und in der Endstufe 5197 Euro monatlich bekommen Fuumlr die Leitungen der anderen Groumlszligenklassen fallen die Erhouml-hungen geringer aus

Ein Aufstieg ist somit in begrenztem Maszlige uumlber besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten moumlglich im Wesentlichen ist jedoch die Uumlbernahme von Leitungsfunktionen die Voraussetzung fuumlr eine finanzielle Weiterent-wicklung Dies gilt im Uumlbrigen auch fuumlr Kindheitspaumldagoginnen mit Ba-chelor-Abschluss die in der Regel auf Erzieherinnen-stellen eingesetzt wer-den An dieser Situation hat sich durch das Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen nichts geaumlndert

Neben dem Gehalt gehoumlrt zum Thema der Arbeitsbedingungen noch die Frage der Befristung Im Jahr 2014 waren 16 Prozent der Erzieherinnen und 18 Prozent der Kinderpflegerinnen befristet beschaumlftigt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 56) Im Vergleich zum Jahr 2011 bedeutet dies eine Steigerung um 3 bzw 4 Prozentpunkte Damit liegen die Anteile befris-teter Beschaumlftigungsverhaumlltnisse uumlber dem Durchschnitt sowohl der Frauen (11 Prozent) als auch der Maumlnner (8 Prozent vgl ebd 57)

26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze

Nach Prognosen aus dem Jahr 2014 werden bis zum Jahr 2025 etwa 200000 Fachkraumlfte das Arbeitsfeld verlassen Dies haumlngt zunaumlchst mit der Altersstruk-tur zusammen die sich zwischen 1998 und 2014 deutlich veraumlndert hat 1998 lag der Anteil der Fachkraumlfte im Alter von uumlber 45 Jahren bei rund 22 Pro-zent 2014 betrug er 41 Prozent (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 26) Daher wird zum einen die Anzahl derjenigen die wegen Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen in den naumlchsten Jahren erheblich steigen Zum anderen basieren die Prognosen darauf dass auf der Grund - la ge der Erfahrungen vergangener Jahre viele Beschaumlftigte das Arbeitsfeld vor-zeitig verlassen werden ndash mit einer Erwerbsminderungsrente oder aus ande-ren Gruumlnden

Im Jahr 2011 erreichten nur 18 Prozent der Beschaumlftigten die im Ar-beitsfeld Kindertageseinrichtung in Rente gingen die Regelaltersgrenze von 65 Jahren Fast 40 Prozent der uumlberwiegend weiblichen Beschaumlftigten be-zogen bereits zum (damals) fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt mit 60 Jahren ihre Rente Damit verlassen Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen ihr Arbeits-feld deutlich fruumlher als Frauen in anderen Berufen Im Jahr 2011 hatten ins-

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gesamt 42 Prozent der Frauen bei ihrem Renteneintritt die Regelaltersgrenze erreicht Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an allen Rentenzugaumlngen ist bei Beschaumlftigen in Kindertageseinrichtungen um 25 Prozent houmlher als bei den erwerbstaumltigen Frauen insgesamt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebaro-meter 2014 52)

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist somit bei rentennahen Jahr-gaumlngen in besonderem Maszlige vom vorzeitigen Berufsausstieg seiner Beschaumlf-tigten betroffen Aber auch im Hinblick auf juumlngere Beschaumlftigte wird immer wieder darauf hingewiesen dass sie oft schon nach wenigen Jahren den Be -ruf wieder verlassen ndash genaue Zahlen daruumlber liegen allerdings nicht vor Gruumlnde dafuumlr koumlnnen in gesundheitlichen Belastungen durch den Beruf lie-gen So kommt das Projekt bdquoSTEGE ndash Strukturqualitaumlt und Erzieher_innen-gesundheit in Kindertageseinrichtungenldquo in dem 2744 Kita-Beschaumlftigte in Nordrhein-Westfalen befragt wurden zu dem Ergebnis dass Erzieherinnen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen mit gleicher Bildung in der deutschen Bevoumllkerung im Durchschnitt als deutlich schlech-ter empfinden und haumlufiger durch gesundheitliche Belastungen dauerhaft im Alltag eingeschraumlnkt sind (ViernickelVoss 2013 8) Daruumlber hinaus sind einer GEW-Studie (Fuchs-Rechlin 2007) zufolge ca zwei Drittel der befrag-ten Erzieherinnen mit der gesellschaftlichen Anerkennung des Berufes un-zufrieden knapp 54 Prozent mit der Bezahlung und gut 60 Prozent mit den beruflichen Aufstiegsmoumlglichkeiten (vgl Fuchs-Rechlin 2007 34)

Legt man die eingangs beschriebene Lebenslaufperspektive zugrunde so lassen sich anhand der Beruumlcksichtigung von kritischen Lebensereignissen und Uumlbergaumlngen drei zentrale Schwellen identifizieren an denen gehaumluft Be-rufsausstiege stattfinden ndash Ausbildung und Berufsintegration Vielfach verlassen gerade qualifizierte

Mitarbeiterinnen bereits unmittelbar oder kurz nach der Ausbildung ihr Taumltigkeitsfeld um sich weiterzuqualifizieren Diese Weiterqualifizierun-gen fuumlhren bislang in der Regel in andere Berufe und nicht in eine houmlher-wertige Taumltigkeit in der Kindertagesbetreuung

ndash Familiengruumlndung Eine zweite Schwelle fuumlr Beschaumlftigte in der Kinderta-gesbetreuung steht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Familienfreundliche Arbeitszeit- und Dienstplanmodelle stellten ebenso wie an den Bedarfen der Beschaumlftigten orientierte Teil-zeitmodelle lange Zeit eine Ausnahme dar (vgl Klaudy 2010) Viele Be-schaumlftigte kehren deshalb nach einer Berufsunterbrechung nicht in ih - ren Beruf zuruumlck sondern uumlbernehmen beispielsweise Spielgruppen und an dere Angebote auf Honorarbasis oder in geringfuumlgiger Beschaumlftigung

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die mit einer Dequalifizierung verbunden sind und zu Einbuszligen bei der Alterssicherung dieser Beschaumlftigten fuumlhren

ndash Alter Die dritte Schwelle schlieszliglich betrifft den vorzeitigen Berufsaus-stieg im Alter und somit das Themenfeld der nachhaltigen und alternsge-rechten Arbeitsgestaltung Die quantitative Bedeutung dieses Problems waumlchst angesichts des gestiegenen Anteils an aumllteren Beschaumlftigten Zu-saumltzlich verschaumlrft wird sie durch eine andere Form von Reproduktions-verpflichtungen naumlmlich durch die Konfrontation vieler aumllterer Mitar-beiterinnen mit der Pflegebeduumlrftigkeit von Angehoumlrigen vor allem der eigenen Eltern

27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen

Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veraumlnderungen gehen eine steigende Vielfalt etwa an Lebensstilen und Kulturen und damit auch ein Wandel der Kindheit einher ndash mit neuen Anforderungen auch an die Fami-lien Gerade Kindertageseinrichtungen muumlssen hierauf in vielfaumlltiger Weise reagieren Neben einer bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote muumlssen sie auch Organisation und Management der Kinderbetreuungsbetriebe an-passen Anpassungserfordernisse ergeben sich z B mit Blick auf

ndash die Groumlszlige der Einrichtungen und das Alter der Kinder Ausgehend vom Alter der Kinder werden diese von 4 Monaten bis hinein ins schulpflichtige Alter in Kindertageseinrichtungen betreut Die Groumlszlige der Einrichtungen reicht von einer Gruppe mit beispielsweise 15 Kindern bis zu Einrichtun-gen mit mehr als sieben Gruppen und uumlber 160 Kindern Dabei werden Kinder in altershomogenen und altersheterogenen Gruppen mit einem unterschiedlichen Stundenvolumen betreut wobei die zeitlichen Moumlg-lichkeiten in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt sind Mit dem Ausbau der U3-Betreuung werden viele Einrichtungen erweitert und es kommen zunehmend juumlngere Kinder hinzu

ndash die innereOumlffnungderKindertageseinrichtungen Waumlhrend der bdquoklassische Kindergartenldquo die Arbeit in Gruppen vorsah wird seit Ende der 1970er Jahre der bdquooffene Kindergartenldquo (vgl RegelKuumlhne 2001) zunehmend be-liebter Seither werden vielfaumlltige Formen der bdquoinneren Oumlffnungldquo prakti-ziert z B werden offene teiloffene und gruppenuumlbergreifende Angebote und Projekte und ebenso ein offenes Arbeiten in Bildungs- und Funktions-bereichen angeboten Dieser Entwicklung werden einerseits groszlige Chan-

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cen zugeschrieben da der Ansatz dem selbstbestimmten und selbstorga-nisierten Lernen von Kindern entgegenkommt und auch den paumldagogi-schen Fachkraumlften Moumlglichkeiten fuumlr einen kompetenzorientierten Ar-beitseinsatz bietet Andererseits wird den Oumlffnungskonzepten kritisch entgegengehalten dass sie sich wegen des fehlenden Gruppenzusammen-halts negativ auf die kindliche Entwicklung insbesondere sehr junger Kinder auswirken Haumlufig bestehen Bedenken und auch Aumlngste im Zu-sammenhang mit erhoumlhten Anforderungen an die organisatorische und inhaltliche Abstimmung sowie die Zusammenarbeit im Team insgesamt Daruumlber hinaus fuumlhrt die bdquoOumlffnungldquo zu neuen Zustaumlndigkeiten und Ver-antwortlichkeiten im Team Festzuhalten bleibt dass die offene Arbeit nicht nur mehr Abstimmung und Zusammenarbeit erfordert sondern auch transparentere Strukturen die bewirken dass die Arbeit der einzel-nen Erzieherinnen oumlffentlicher wird (vgl Doumlrfler 1994 108 ff)

ndash die Zusammensetzung der Teams hin zur Multiprofessionalitaumlt (vgl Froumlhlich-Gildhoff et al 2014) Erkenntnisse der Hirnforschung belegen dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen fuumlr das Lernen und den persoumlnlichen Bildungserfolg eines Menschen gestellt werden Als Folge wird in Kitas den Bildungsaufgaben mehr Aufmerksamkeit geschenkt Erzieherinnen werden zu Expertinnen fuumlr fruumlhkindliche Bildung die die individuellen Entwicklungspotenziale der Kinder erkennen und best-moumlglich foumlrdern sollen Weitere Anforderungen wie z B die Zunahme von bdquoFamilienzentrenldquo (Stoumlbe-Blossey 2010) der hohe Anteil von Famili-en mit Migrationshintergrund und die Entwicklung hin zu inklusiv ar-beitenden Einrichtungen fuumlhren dazu dass auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Fachkraumlfte im Umbruch sind Multiprofessionali-taumlt wird als Schlagwort fuumlr die Zusammenarbeit unterschiedlichster Fach-richtungen verwendet und meint ein Verstaumlndnis der fachuumlbergreifenden Zusammen arbeit verschiedener Professionen bei der unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen die Bearbeitung und Loumlsung komplexer Arbeitsanforderungen Probleme oder Faumllle ermoumlglichen (vgl Rannen-berg-Schwerin 2012 20) In der Praxis der Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen uumlbli-cher wird So arbeiten mittlerweile z B neben den Erzieherinnen und anderen sozial paumldagogischen Fachkraumlften auch Heilpaumldagoginnen Psy-chologinnen und andere Expertinnen in einer Kindertageseinrich-tung Quereinsteigerinnen mit anderem Berufshintergrund sowie die zu-nehmende Vernetzung und Kooperation mit externen Fachleuten und Diensten bereichern zudem die Fachlichkeit in der Kita

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ndash das Management der Einrichtungen das ein zunehmendes Maszlig an Professi-onalitaumlt erfordert um den unterschiedlichen Anforderungen und Vor-aussetzungen mit einer guten Qualitaumlt in der Angebotsgestaltung gerecht werden zu koumlnnen ∙ Kindertageseinrichtungen werden sowohl geleitet von Erzieherinnen

mit und ohne entsprechende zusaumltzliche Qualifikation als auch von Fachkraumlften mit (Fach)Hochschulabschluss Ergebnisse der Expertise bdquoSchluumlssel zu guter Bildung Erziehung und Betreuungldquo zeigen dass inzwischen ca 19 Prozent der Leitungen uumlber einen akademischen Abschluss verfuumlgen (vgl Viernickel et al 2013 42)

∙ Leitungskraumlfte erfuumlllen ihre Leitungsaufgaben mit oder ohne (Teil)Freistellung von der paumldagogischen Arbeit und werden nur z T durch Stellvertreterinnen ebenfalls mit oder ohne (Teil)Freistellung unter-stuumltzt oder in Abwesenheit vertreten

∙ die Organisation von Fuumlhrung und Leitung der Kinderbetreuungs-betriebe erfolgt daneben z B in groumlszligeren Einrichtungen durch zu-saumltzliche bdquoTeamleitungenldquo Bei einigen Traumlgern wird inzwischen mit bdquoVerbund-ldquo oder bdquoGebietsleitungenldquo gearbeitet die fuumlr zwei oder mehr Kindertageseinrichtungen zustaumlndig sind Hier gibt es innerhalb jeder Einrichtung lediglich Ansprechpartnerinnen oder stellvertretende Lei-tungen die nur z T uumlber eine eigene (Teil)Freistellung verfuumlgen

Diese exemplarische Zusammenstellung zum Anpassungsbedarf der Orga-nisation von Kindertageseinrichtungen verdeutlicht die Komplexitaumlt des notwendigen Anpassungsaufwands wenn eine tragfaumlhige und qualitativ an-spruchsvolle Antwort auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen gefunden werden soll Die dargestellte Vielfalt erhoumlht als Folge auch die Anforderungen an das Team und die Leitung und nicht zuletzt auch an die Unterstuumltzung durch den Traumlger

28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen

Die gesellschaftlichen Anforderungen denen die Kindertagesbetreuung ge-genuumlbersteht und die steigende Aufmerksamkeit fuumlr den Stellenwert fruumlh-kindlicher Bildung haben zu einer quantitativen wie qualitativen Erweite-rung des Aufgabenspektrums der Beschaumlftigten gefuumlhrt So haben vor dem Hin tergrund des steigenden Bedarfs an fruumlher Foumlrderung alle Bundeslaumlnder

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Bildungsleitlinien fuumlr Kindertageseinrichtungen verabschiedet Konzepte zur Vorbereitung und Begleitung des Uumlbergangs vom Kindergarten in die Grund-schule formuliert und Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Fruumlherkennung und Entwicklungsbegleitung eingefuumlhrt (vgl Stoumlbe-Blossey Torluumlmke 2010) Festzustellen ist weiterhin eine ndash von den einzelnen Bun-deslaumlndern in unterschiedlicher Weise politisch geforderte und gefoumlrderte ndash Funktionserweiterung von Kindertageseinrichtungen als Zentren fuumlr Kinder und Familien und als niedrigschwellige Instanz zur Buumlndelung von Bera-tungs- und Familienbildungsangeboten im Sozialraum (Stoumlbe-Blossey 2010) Gleichzeitig laumlsst sich eine Verdichtung von Taumltigkeiten feststellen In Kin-dertageseinrichtungen fuumlhrten die Entwicklungen z B bei den Fachkraumlften zu einem weitgehenden Wegfall von Vor- und Nachbereitungszeiten fuumlr die paumldagogische Arbeit mit den Kindern (vgl AGJ 2011 10)

Neue Anforderungen hervorgerufen beispielsweise durch das neue Bil-dungsverstaumlndnis in der Fruumlhpaumldagogik Bildungsleitlinien oder ein neues Bild von der Zusammenarbeit mit Eltern haben Einfluss auf die gesellschaft-lichen Erwartungen an die Erzieherinnen und auf ihr eigenes Selbstver-staumlndnis Vor diesem Hintergrund sind Erzieherinnen von Rollenunsicher-heit und -konflikten betroffen die sich in ihren Werten und ihrer Haltung gegenuumlber Kindern Eltern und Mitarbeiterinnen aumluszligern Neue Anforde-rungen kollidieren mit alten Rollen und Haltungen (vgl MienertVorholz 2007) Wichtig ist dieser Aspekt vor allem vor dem Hintergrund arbeitspsy-chologischer Erkenntnisse denn aus dem Rollenverstaumlndnis und der Hal-tung koumlnnen sich entweder persoumlnliche Ressourcen fuumlr einen konstruktiven Umgang mit Belastungen oder aber eine Verstaumlrkung der wahrgenommenen Beanspruchung ergeben In der Forschung wird darauf verwiesen dass Er-zieherinnen aufgrund ihrer eigenen beruflichen Leitbilder und ihrer fach-lichen Orientierungen auch selbst einen entsprechend hohen Anspruch an ihre Arbeit stellen ndash ihr praktisches Handeln jedoch bleibt bdquodeutlich ndash auch wegen des selbstgesetzten hohen ideellen Maszligstabes notgedrungen ndash hinter diesen Anspruumlchen zuruumlckldquo (Dippelhofer-Stiem 2006 363)

In einigen Studien werden die steigenden Anforderungen an die Arbeit in Kindertageseinrichtungen thematisiert (vgl z B Fuchs-Rechlin 2007) Da-ruumlber hinaus wurde das subjektive Belastungsempfinden also die persoumlnliche Beanspruchung der Fachkraumlfte untersucht Dabei hat sich herausgestellt dass beispielsweise Personal- und Zeitmangel sowie ein hoher Geraumluschpegel als besonders belastend empfunden werden (vgl BGWDAK 2001 FuchsTrischler 2008 Fuchs-Rechlin 2007 VossViernickel 2013 zusammenfassend Hirsch 2011 109 f)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtun-gen werden in zunehmendem Maszlige als Problem erkannt Darum foumlrderte die Hans-Boumlckler-Stiftung bereits vor einigen Jahren eine Untersuchung zum Thema bdquoBelastungsmanagement bei Erzieherinnenldquo um genauere Erkennt-nisse uumlber die Belastungsfaktoren zu erhalten und Instrumente zur Gefaumlhr-dungsbeurteilung zu entwickeln (vgl Rudow 2007) Die groszlige Bedeutung die Erzieherinnen dem Thema selbst beimessen wurde 2009 durch die gro-szlige Beteiligung an Streiks fuumlr mehr Gesundheitsschutz im Rahmen eines ge-sonderten Gesundheits-Tarifvertrages deutlich11

Personalverantwortliche der Traumlger muumlssen vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen und wissenschaftlichen Ergebnisse reagieren indem sie ihre personalwirtschaftlichen Konzepte im Arbeitsfeld der Kin-dertagesbetreuung angemessen weiterentwickeln Bislang gibt es dazu in der fachwissenschaftlichen Diskussion jedoch nur wenige Ansaumltze Zu nennen ist hier beispielsweise die Arbeit von Andreas Hirsch (2011) der als Ergebnis einer Online-Befragung (110 Fachkraumlfte) einige Uumlberlegungen zur Verbesse-rung von Weiterbildungsmoumlglichkeiten (unter Einschluss von Fragen kom-munikativer Kompetenz) und zu den Moumlglichkeiten einer staumlrkeren Spezia-lisierung von Fachkraumlften sowohl bei der Weiterentwicklung eigener Kom-petenzen als auch bei der Arbeitsverteilung im Team ableitet Daruumlber hinaus weist er darauf hin dass ein systematischer Einsatz etwa von gesundheits-diagnostischen Verfahren oder von Instrumenten zur Analyse von Arbeits-motivation und -zufriedenheit erforderlich ist (vgl Hirsch 2011 161 ff) Fuumlr die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung derartiger Ansaumltze besteht bislang noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf Die im Folgenden darge-stellten Forschungsergebnisse aus dem Projekt KONTI greifen darum einige dieser Fragestellungen auf

11 httpdereuterscomarticledeutschland-erzieher-warnstreiks-idDEBEE5450GS20090506 (Abruf am 18042016)

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3 HERAUSFORDERUNGEN AUS DER PERSPEKTIVE VON TRAumlGERN MITARBEITERINNEN UND LEITUNGEN

Personalwirtschaftliche Konzepte die zu einer nachhaltigen Foumlrderung kon-tinuierlicher Erwerbstaumltigkeit beitragen sollen koumlnnen nicht allgemein - guumlltig gestaltet werden sondern muumlssen passgenau die jeweils spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes beruumlcksichtigen sind doch die personal wirtschaftlichen Gegebenheiten je nach Branche und Unternehmen sehr verschieden Die Unterschiede ergeben sich dabei sowohl aus den zu bewaumll tigenden Aufgaben und deren Rahmenbedingungen als auch aus dem pro fessionellen Hintergrund und den Motivationsstrukturen der Beschaumlf-tigten Letztlich muumlssen in einem solchen Konzept die Interessen mehrerer Per sonenkreise ndash Personalverantwortliche Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiterinnen ndash wahrgenommen werden

Vor diesem Hintergrund wurden im Projekt bdquoKONTIldquo zwischen 2013 und 2015 qualitative Befragungen zur Arbeitssituation von Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen durchgefuumlhrt die zum Themenkomplex sowohl die Sichtweisen von Traumlgern und damit Arbeitgebern als auch die Sichtwei-sen von Beschaumlftigten und damit Arbeitnehmerinnen einfangen sollten Die Sicht von Kita-Leitungen die einerseits selbst Mitarbeiterinnen und andererseits gleichzeitig Personalverantwortliche in ihrer Einrichtung sind wurde wegen dieser bdquoSandwich-Positionldquo explizit zusaumltzlich erhoben Die folgende Darstellung fasst die Ergebnisse der Befragungen von Traumlgern (Ka-pitel 31) Mitarbeiterinnen (Kapitel 32) und Kita-Leitungen (Kapitel 33) zusammen und greift dabei Themen auf die sich im Laufe des Projektes als wichtige Handlungsfelder herauskristallisiert haben Sie bieten damit erste ausgewaumlhlte Anknuumlpfungspunkte fuumlr nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte die eine dauerhafte Beschaumlftigung von Erzieherinnen bei Trauml gern von Kindertageseinrichtungen unterstuumltzen koumlnnen Ergaumlnzend zu den pro-jektspezifischen Erkenntnissen wird auf einige Befunde einer im Rahmen der AQUA-Studie (Schreyer et al 2014) etwa zeitgleich vom Staatsinstitut fuumlr Fruumlhpaumldagogik (Muumlnchen) durchgefuumlhrten quantitativen Befragung hin ge-wiesen die in vieler Hinsicht zu aumlhnlichen Ergebnissen gekommen ist

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

31 Die Perspektive der Kita-Traumlger

Im Zeitraum von August bis Dezember 2013 wurden insgesamt 22 leitfaden-gestuumltzte Face-to-Face-Interviews mit Personalverantwortlichen von Traumlgern von Kindertageseinrichtungen gefuumlhrt davon fuumlnf in Baden-Wuumlrttemberg zwoumllf in Nordrhein-Westfalen und fuumlnf in Thuumlringen Die Gespraumlche dien-ten zum einen dazu Daten zur Personalsituation und zum Personalmanage-ment zu erheben Im zweiten Teil ging es darum Informationen zur traumlger-spezifischen Gestaltung der Arbeitsbedingungen fuumlr Erzieherinnen zu er-mitteln Unter den befragten Anbietern befanden sich acht in kommunaler zwoumllf in frei-gemeinnuumltziger einer in privat-gemeinnuumltziger und einer in privat-gewerblicher Traumlgerschaft Vier Traumlger beschaumlftigten zum Zeitpunkt des Interviews weniger als 100 paumldagogische Mitarbeiterinnen in Kinder-tageseinrichtungen und drei mehr als 1000 Bei zehn der befragten Traumlger waren zwischen 100 und 500 bei den uumlbrigen drei Traumlgern zwischen 500 und 1000 paumldagogische Fachkraumlfte angestellt

Die folgende Darstellung der Befragungsergebnisse fasst Informatio nen zur Entwicklung der Personalsituation (Abschnitt 311) zur Personalstruktur (Abschnitt 312) und zu Personalengpaumlssen und Personalbedarfsschwankun-gen (Abschnitt 313) zusammen Ergebnisse zur konkreten Arbeitssituation in den Kindertageseinrichtungen werden unter den Aspekten Arbeitsbedin-gungen (Abschnitt 314) und Teilzeitarbeit (Abschnitt 315) sowie Organi-sation und Management (Abschnitt 316) bzw Personal- und Teamfuumlhrung (Abschnitt 317) vorgestellt

311 Die Entwicklung der Personalsituation

Die Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen wird zum Zeitpunkt des Interviews aus Sicht der befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlrin-gen und Nordrhein-Westfalen mehrheitlich als gut zumindest nicht als an-gespannt bewertet Nach Aussage der meisten Befragten waren die regulaumlren Stellen dort durchweg besetzt Der beste Zeitpunkt fuumlr Neueinstellungen so einige befragte Personalverantwortliche sei zu Beginn des Kindergarten-jahres da dann genuumlgend Schulabsolventinnen vorhanden sind

Jedoch hat es in den Jahren zuvor in Thuumlringen auch schon andere Erfah-rungen gegeben Waumlhrend die Personaldecke dort bis 200506 relativ stabil war haben Gesetzesnovellierungen danach zu einem massiven Personalbe-darf gefuumlhrt 2010 gab es durch den erweiterten Rechtsanspruch und eine

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Verbesserung des Personalschluumlssels eine erneute Ausweitung des Personal-bedarfs von ca 2000 Stellen im Land bdquoDa war der Erzieherinnen-Markt schnell leergefegtldquo berichten mehrere Gespraumlchspartner Zum Zeitpunkt des Interviews habe sich die Situation jedoch wieder entspannt

Zufriedenstellend wird die Situation in NRW auch von den drei Ge-spraumlchspartnern kommunaler Traumlger eingeschaumltzt Sie geben an dass bislang immer alle ausgeschriebenen langfristigen Stellen rechtzeitig mit geeigne - ten Fachkraumlften besetzt werden konnten und es dabei keinerlei Stellenbe-setzungsprobleme gegeben habe weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht Gut ausgebildete Fachkraumlfte seien vorhanden bdquoTaumlglich gehen neue (Initiativ-)Bewerbungen einldquo Auch fuumlr den durch den U3-Ausbau verursach-ten zusaumltzlichen Personalbedarf konnte geeignetes Personal rechtzeitig ver-pflichtet werden

Einige andere Personalverantwortliche aus NRW bewerten die Situation etwas problematischer und berichten dass man sich fruumlh genug bemuumlhen und schon im Anerkennungsjahr beginnen muss zu rekrutieren Die Aus-wahl sei nicht mehr so groszlig wie fruumlher so dass der hohe Bedarf an Fach-kraumlften nicht mehr jederzeit gedeckt werden koumlnne es bestehe eher ein Uumlberhang an Ergaumlnzungskraumlften (Kinderpflegerinnen) Wieder andere erle-ben die Stellenbesetzungssituation als bdquomerklich angespannterldquo sagen aber bdquoWir kommen gerade noch hinldquo Einzelne andere sehen hingegen Schwie-rigkeiten weil es zu wenige Bewerbungen gebe bdquoFruumlher haben sich die Leu-te bei uns beworben heute bewerben wir uns bei den Leutenldquo

Daneben weisen einige Traumlgervertreterinnen vor allem in NRW und Thuumlringen daraufhin dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist Im laumlndlichen Raum aber auch in einigen Ruhrgebietsstaumldten gebe es eher Schwierigkeiten ausreichend Personal einzustellen In Staumldten in denen Aus-bildungsstaumltten angesiedelt sind sei es oft leichter geeignete Fachkraumlfte zu finden Auch die Qualitaumlt der Ausbildungsinstitutionen und damit auch die Ausbildungsqualitaumlt der Bewerberinnen seien regional sehr verschieden Zudem finden sich die heutigen Anforderungen immer noch nicht vollstaumln-dig in den Ausbildungsinhalten wieder Darum muumlsse haumlufig nachqualifi-ziert werden selbst bei Jahrespraktikantinnen bdquoWas sie mitbringen reicht auf keinen Fall fuumlr den paumldagogischen Alltagldquo Probleme bei der Stellenbe-setzung werden somit oft eher in qualitativer Hinsicht gesehen

In Baden-Wuumlrttemberg scheint der Arbeitsmarkt fuumlr Erzieherinnen zum Zeitpunkt des Interviews bereits deutlich enger geworden zu sein Hier wer-den von den Gespraumlchspartnerinnen erste Anzeichen eines Fachkraumlfte-mangels angesprochen Drei der fuumlnf Befragten geben an dass zu Beginn des

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Kindergartenjahres bdquonicht mehr alle Stellen besetztldquo worden seien Insgesamt muumlsse bei den Traumlgern inzwischen ein hoher Stellenbesetzungsaufwand fuumlr Akquise und Bewerbungsgespraumlche betrieben werden Ein Gespraumlchspartner berichtet dass Stellenausschreibungen zweimal erfolgen mussten Zudem muumlsse schnell reagiert werden weil andere Traumlger als Konkurrenten wahrge-nommen werden Auch der Einarbeitungs- und Nachqualifizierungsaufwand fuumlr das neue Personal sei gestiegen Zwar koumlnne die formale Qualitaumlt noch eingehalten werden passgenauer Einsatz sei jedoch nur uumlber Nachschulun-gen moumlglich z B fuumlr den U3-Bereich Um die Stellen uumlberhaupt noch beset-zen zu koumlnnen werden die Anforderungen bei der Einstellung manchmal ge-senkt Auch komme es heutzutage vor dass Mitarbeiterinnen wieder ab-springen weil ihnen das Traumlger- bzw Einrichtungskonzept nicht zusagt

Zusammenfassend laumlsst sich schlussfolgern dass sich bei den Traumlgerbe-fragungen im Projekt KONTI trotz einer bislang insgesamt durchaus (noch) zufriedenstellenden Personal- und Stellenbesetzungssituation Probleme in qualitativer wie in regionaler Hinsicht zeigen Sie lassen sich als Anzeichen eines enger werdenden Fachkraumlftemarktes und eines sich verschaumlrfenden Wettbewerbs zwischen den Anbietern interpretieren der sich bis zur Veroumlf-fentlichung der Studie fortgesetzt und verstaumlrkt haben duumlrfte Vergleichbare Tendenzen werden von den Autorinnen der quantitativ angelegten AQUA-Studie wahrgenommen auch die kuumlnftigen Entwicklungen werden aumlhnlich eingeschaumltzt (vgl Schreyer et al 2014 178 ff)

312 Personalstruktur

In der Struktur der Belegschaften lassen sich bei den befragten Traumlgern z T deutliche Unterschiede ausmachen Allerdings liegen nicht allen Personal-verantwortlichen zu den persoumlnlichen Merkmalen ihrer Mitarbeiterinnen wie Geschlecht Qualifikation und Alter vollstaumlndige bzw ausreichend diffe-renzierte Daten vor Eindeutig ist dass die Frauenquote in den Einrichtun-gen der befragten Traumlger erwartungsgemaumlszlig sehr hoch ist Sie liegt bei allen die hierzu Angaben gemacht haben bei mindestens 80 Prozent (18 Befragte) bei dreizehn von diesen sogar uumlber 90 Prozent und bei elf von diesen wieder-um uumlber 95 Prozent Dabei weisen alle Thuumlringer Traumlger einen Frauenanteil von uumlber 90 Prozent auf

Hinsichtlich der Qualifikationen wird von den Befragten grundsaumltzlich erlaumlutert dass auf den dafuumlr ausgewiesenen Fachkraftstellen gemaumlszlig den ge-setzlichen Vorgaben Mitarbeiterinnen mit dem Berufsabschluss der Erziehe-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

rindes Erziehers eingesetzt werden Manchmal sind Erzieherinnen-Stel - len auch mit Sozialpaumldagoginnen manchmal mit Kinderpflegerinnen ndash als Ergaumlnzungskraumlfte in NRW ndash besetzt In Baden-Wuumlrttemberg ndash wo der gesetzliche Rahmen dies erlaubt ndash sind einige wenige andere Professionen vertreten

Zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen hat fast die Haumllfte der befragten Traumlger keine konkreten Angaben gemacht Bei denjenigen denen entspre-chende Daten vorliegen ergibt sich ein durchaus heterogenes Bild Einige weisen eine ausgeglichene Altersstruktur auf (4 Traumlger) daneben gibt es im Kreis der Befragten durchaus Traumlger mit einer ausgesprochen jungen Beleg-schaft (3 Traumlger) mehrheitlich ist jedoch ein uumlberproportional hoher Anteil aumllterer Beschaumlftigter uumlber 50 Jahren festzustellen (6 Traumlger) Insbesondere im Osten geben alle Befragten eine hohe Uumlberalterung ihrer Belegschaften mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren oder sogar daruumlber an Die Situation wird von vielen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und als Ergebnis des Stellenabbaus nach der Wende gewertet Vor allem viele Leitungen stehen kurz vor dem Ruhestand Seit zwei Jahren sei ein Generationenwechsel im Gange der zu einem sinkenden Durchschnittsalter fuumlhre Folge ist dass in-zwischen sehr viele aumlltere Mitarbeiterinnen sehr vielen juumlngeren gegenuumlber-stehen bdquoIn der Mitte gibt es ein Lochldquo Einige Personalverantwortliche ndash und nicht nur in Thuumlringen ndash bewerten das hohe Durchschnittsalter ihrer Beleg-schaften als bdquodie erste Herausforderung in der Personalsituationldquo und sehen an dieser Stelle Handlungsbedarf Konkrete Ansaumltze wie beispielsweise eine Altersstrukturanalyse oder eigene Nachwuchskonzepte fuumlr ihre Fuumlhrungs-kraumlfte um der bevorstehenden massiven Verrentung von Kita-Leitungen ent-gegenzutreten finden sich bislang jedoch nur selten

Im Kontext der Entwicklung der Altersstruktur wird oft das Thema Ge-sundheit aufgeworfen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlrderung sind nach Meinung der befragten Personalverantwortlichen Aufgabenfelder die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Zukunft wei - ter an Bedeutung gewinnen werden Zwar geben nur drei der Befragten an uumlber ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement zu verfuumlgen oder eines einzufuumlhren aber gleichzeitig berichten nur zwei Befragte dass sie keine entsprechenden Maszlignahmen zum Gesundheitsschutz bzw zur Ge-sundheitsfoumlrderung umsetzen bdquoSolche Aktivitaumlten sind schon gewuumlnscht Das steht in Zusammenhang mit den personellen Ressourcenldquo erlaumlutert dazu ein Interviewpartner Die Auseinandersetzung mit dem Thema gene -rell erfolgt aber unterschiedlich intensiv Die Spannweite der Bewertungen liegt zwischen bdquoein riesenhaftes Themaldquo bdquonoch zu wenigldquo bdquozu wenig syste-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

matischldquo bdquozu wenig konzeptionellldquo bis hin zu bdquowollen wir jetzt angehenldquo Das Thema Gesundheit steht dabei in engem Zusammenhang mit den Fehl-zeiten die bei einer Reihe von Traumlgern Grund zur Sorge sind und als Problem wahrgenommen werden ndash vor allem die haumlufigen laumlngeren Abwesenheiten durch Schwangerschaften bei juumlngeren und Dauererkrankungen insbeson-dere bei aumllteren langjaumlhrigen Mitarbeiterinnen

313 Personalengpaumlsse und Personalbedarfsschwankungen

Ein zentrales Problem fuumlr den betrieblichen Alltag in Kindertageseinrichtun-gen ist der Umgang mit Personalbedarfsschwankungen Der Personalbedarf in den Einrichtungen veraumlndert sich im Laufe des Kindergartenjahres weil Abgaumlnge aus den Kitas vor allem im Sommer zur Einschulung zu verzeich-nen Zugaumlnge aber laufend moumlglich sind z B weil der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift oder Eltern zu unterschiedlichen Zeiten eine Erwerbstaumltigkeit aufnehmen Auch die unterschiedlichen Personalschluumlssel je nach Alter des Kindes fuumlhren im Verlauf des Kindergartenjahres zu Schwankungen im Personalbedarf der Einrichtungen ndash einerseits kommen juumlngere Kinder hinzu andererseits ist fuumlr aumlltere Kinder ein niedrigerer Per-sonalschluumlssel umzusetzen Zusaumltzlich ist es aufgrund der jaumlhrlichen Jugend-hilfeplanung und der Schwankungen in der Elternnachfrage im Hinblick auf die Betreuungsbedarfe notwendig den Personalbedarf fuumlr das folgende Kindergartenjahr entsprechend anzupassen Diese Vorgaben fuumlhren bei den Anbietern von Kinderbetreuung dazu dass sie Spielraumlume in der Personalde-cke also Personalreserven benoumltigen um angemessen reagieren zu koumlnnen

Durch Fluktuation ergeben sich weitere unterjaumlhrige Veraumlnderungen in der Personalsituation der Einrichtungen Dabei stellt externe Fluktuation bei den befragten Traumlgern zum Zeitpunkt der Interviews kein groszliges Problem dar Sie wird von den Personalverantwortlichen mehrheitlich als gering manchmal als mittel und nur vereinzelt als hoch eingeschaumltzt Insbesondere im Osten scheint sie wenig ausgepraumlgt zu sein bdquoWer kommt der bleibtldquo Als Beispiele fuumlr Fluktuation werden der Wegzug der Familie oder der Ruumlckzug aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ndash oft gesundheitsbedingt vor Errei-chen der Altersgrenze ndash genannt Bei einigen Traumlgern bemuumlht man sich dar-um die Arbeitssituation altgedienter Leiterinnen alternsgerecht zu gestalten und entlastet sie z B von einigen Aufgaben oder schafft Assistenzen oder Stellvertretungen Uumlber moumlgliche weitere Gruumlnde fuumlr einen Berufsausstieg ist den Befragten wenig bekannt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bei der internen Fluktuation durch Fehlzeiten sieht das Urteil anders aus Nur bei einem Traumlger wird die krankheitsbedingte Ausfallquote als gering bewertet 17 Befragte bezeichnen sie als mittel zwei sogar als hoch Einige Personalverantwortliche stellen in der letzten Zeit eine steigende Tendenz fest Dabei gibt es saisonale Unterschiede Aufgrund der Ansteckungsgefahr ist insbesondere der Winter haumlufig gepraumlgt von Krankheitswellen die durch-aus die gesamte Gruppe oder gar Einrichtung erfassen koumlnnen Auffaumlllig ist fuumlr eine Reihe von Befragten auch dass insbesondere die Juumlngeren unter den Fachkraumlften noch wenig immunisiert sind und bdquovon jeder Infektion in der Kita mitgerissen werdenldquo Daneben berichten einige Personalverantwortli-che dass die Fehlzeiten in den Einrichtungen houmlchst unterschiedlich aus-gepraumlgt seien und stellen einen Zusammenhang zur sonstigen Belastungs-situation in der Einrichtung her Wenn eine Kita von vielen laumlngerfristigen Personalausfaumlllen betroffen sei wirke sich das auch auf das Betriebsklima aus was wiederum mehr Fehlzeiten bei den uumlbrigen Mitarbeiterinnen provozie-re und dann durchaus auch zu externer Fluktuation fuumlhren koumlnne

Laumlngerfristige Fehlzeiten stellen somit ein schwerwiegendes Problem dar Ursaumlchlich dafuumlr sind bei Traumlgern mit einem hohen Altersdurchschnitt vor allem Langzeiterkrankungen Bei den Traumlgern mit vielen juumlngeren Mit-arbeiterinnen also auch dort wo sich ein Generationenwechsel vollzieht sind dies in erster Linie Schwangerschaften die bei den Erzieherinnen mit einem Beschaumlftigungsverbot in den Einrichtungen einhergehen In Verbin-dung mit Mutterschutz Elternzeit und den anstehenden Kinderkrankheiten der eigenen Kinder kaumlme es nach Einschaumltzung der Personalverantwort-lichen bei diesen Fachkraumlften aufgrund ihrer familiaumlren Situation erst in ei-nem Alter von ca 35 Jahren wieder zu einem stabileren Einsatz Die Dauer der familienbedingten Auszeiten (Elternzeit und ggf anschlieszligende Beurlau-bung) ist unterschiedlich lang In Thuumlringen berichten die meisten befragten Personalverantwortlichen dass die Mitarbeiterinnen immer noch schnell wieder zuruumlckkehren Die Traumlger aus den beiden westlichen Bundeslaumlndern stellen uumlbereinstimmend fest dass auch hier die Erziehungszeiten inzwi-schen kuumlrzer werden und oft bei ca einem bis zwei Jahren liegen Es gibt aber auch immer noch sehr lange Beurlaubungen von zehn bis zwoumllf Jahren die aus der Sicht der betroffenen Personalverantwortlichen eine Reihe von Problemen aufwerfen

Als besonders problematisch wird die Situation immer dann einge-schaumltzt wenn bei Schwangerschaften und den damit verbundenen Beschaumlfti-gungsverboten fuumlr Mutterschutz und Elternzeit und bei Langzeiterkrankun-gen waumlhrend des laufenden Kindergartenjahres Vertretungskraumlfte benoumltigt

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

werden was bei vielen Aumllteren und vielen Juumlngeren in einigen Belegschaften relativ haumlufig vorkommt Dann gelinge es nicht immer sofort Ersatz zu fin-den Der kurzfristige Markt sei ziemlich leer bdquoDas ist ein Dauerproblem bei dem angespannten Marktldquo Arbeitsuchende Erzieherinnen koumlnnen dann auswaumlhlen wo sie hinwollen Einige Anzeichen sprechen dafuumlr dass insbe-sondere wenn erst im Winter Fachkraumlfte benoumltigt werden die Qualitaumlt nicht stimmt bdquoDann ist es besser wenn die Stellen frei bleibenldquo Der Auslesepro-zess in der Sommerferienzeit und zu Beginn des Kitajahres fuumlhre dazu dass die uumlbrig Gebliebenen dann nicht mehr den Anforderungen entsprechen bdquoAlle guten Erzieherinnen haben dann meist bereits eine (neue) Stelleldquo Ei-nige Traumlgervertreterinnen berichten daruumlber dass es insbesondere schwieri-ger geworden ist Leitungsstellen mit geeigneten Fachkraumlften zu besetzen bdquoErgaumlnzungskraumlfte sind schon eher zu finden aber houmlher qualifiziertes Perso-nal steht dann nur sehr wenig bereitldquo Laumlngerfristige Personalausfaumllle fuumlhren in vieler Hinsicht auch zu zusaumltzlichen Belastungen bei den Kolleginnen Nach Einschaumltzung von Personalverantwortlichen muumlssen insbesondere die Vollzeitkraumlfte die Situation durch eigene Mehrarbeit auffangen und werden dadurch staumlrker belastet als Teilzeitkraumlfte

Insgesamt betrachtet ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung in be-sonderem Maszlige durch unterjaumlhrige Schwankungen sowohl im Personal-bedarf als auch im Personalbestand gekennzeichnet Individuell unterschied-liche Zeitpunkte des Eintritts in den Kindergarten einerseits und einheitliche Einschulungstermine andererseits bringen im Verlauf des Kindergartenjah-res Veraumlnderungen bei der Anzahl der zu betreuenden Kinder mit sich Der hohe Frauenanteil in den Einrichtungen ist verbunden mit Schwangerschaft Mutterschutz und Elternzeit der hohe Anteil an aumllteren Beschaumlftigten mit Langzeiterkrankungen Die unterjaumlhrige Stellenneubesetzung insbesondere fuumlr Vertretungskraumlfte gehoumlrt damit zum Alltagsgeschaumlft der Personalverant-wortlichen Diese Aufgabe des Personalmanagements wird jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation mehrheitlich als besondere Herausforderung be-trachtet

314 Arbeitsbedingungen

Die Verguumltung der Mitarbeiterinnen erfolgt bei den kommunalen Traumlgern nach dem Tarifvertrag des oumlffentlichen Dienstes (TVoumlD 8 Traumlger) bei den frei- bzw privat-gemeinnuumltzigen Traumlgern in Anlehnung an den TVoumlD (13 Trauml-ger) dabei meistens entweder nach einem entsprechenden kirchlichen oder

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verbandseigenen Tarif Der in der Befragung vertretene privat-gewerbliche Traumlger verfuumlgt uumlber ein eigenes Verguumltungssystem Die Verguumltung orientiert sich somit weitgehend an den Rahmenbedingungen die in Kapitel 25 darge-stellt werden

Ein genereller Anstieg des Stellenwerts befristeter Arbeitsvertraumlge konn te in der Befragung nicht festgestellt werden Von den befragten Personal-verantwortlichen wird im paumldagogischen Bereich grundsaumltzlich eine Festan-stellung ihrer Mitarbeiterinnen bevorzugt Ein Groszligteil der Beschaumlftigten besitzt darum einen unbefristeten Vertrag Dennoch gehoumlren auch Befristun-gen zur gaumlngigen Praxis Dabei bewegen sich die Befristungsgruumlnde zwischen bdquoGrundsatz bei Neueinstellungenldquo und bdquoSachgrundldquo uumlberwiegend fuumlr An-erkennungspraktikantinnen und Vertretungen wegen Schwangerschaft Elternzeit bzw Langzeiterkrankungen

Allerdings gibt es hier regionale Unterschiede Waumlhrend die Befristung neuer Arbeitsvertraumlge in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen von allen befragten Traumlgern eingesetzt wird ist sie in Thuumlringen ein wenig ver-breitetes Instrument Im Westen werden Neueinstellungen von sieben der befragten NRW-Traumlger und drei Traumlgern in Baden-Wuumlrttemberg zunaumlchst fuumlr ein oder zwei Jahre befristet vorgenommen damit man als Arbeitgeber flexibel bleibe oder nicht uumlber Bedarf eingestellt werde weil beispielsweise Fluktuation nicht vorausgesehen werden koumlnne In erster Linie fuumlhre die jaumlhrliche Jugendhilfeplanung zu einem solchen Flexibilitaumltsbedarf Befristete Neueinstellungen seien damit vor allem eine Absicherung fuumlr die unbefristet Beschaumlftigten Mit der Begruumlndung der nach Meinung vieler Traumlgervertreterinnen heute vorgefundenen unzureichenden Qualitaumlt neueingestellter Mit-arbeiterinnen geraumlt die bisherige Ablehnung des Befristungsinstruments bei den in Thuumlringen befragten Traumlgern inzwischen ins Wanken

Als haumlufiger Sachgrund fuumlr eine Befristung von einem Jahr werden in allen beteiligten Bundeslaumlndern Schwangerschafts- und Elternzeitvertretun-gen genannt um den in Elternzeit gegangenen Mitarbeiterinnen die Ruumlck-kehr zu ermoumlglichen Auch Projektarbeit im Bedarfsfall gehoumlrt bei eini - gen Traumlgern dazu Das Beschaumlftigungsverhaumlltnis laumluft dann nach Ablauf des Vertrages aus Einige Personalverantwortliche weisen darauf hin dass Sachgrundbefristungen in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt werden (muumlssen) Fuumlr die Einrichtungen stellen sie nach Meinung vieler Interview-partner ein Problem dar bdquoda sie in der angespannten Arbeitsmarktsituation dazu fuumlhren dass immer wieder gute Mitarbeiterinnen den Traumlger wech-seln wenn sie (von Konkurrenten) unbefristete Vertraumlge angeboten bekom-menldquo

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Bei der Mehrheit der Befragten gilt der Grundsatz bdquoguteldquo Mitarbeiterin-nen moumlglichst schnell in eine unbefristete Anstellung zu uumlbernehmen Das betrifft z T auch Vertretungskraumlfte Nach Ablauf der Elternzeitvertretung werde versucht die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zu uumlber-nehmen bdquoentweder in der jeweiligen Einrichtung oder einer anderen so - fern sie gut ist und passtldquo und bdquoweil immer irgendwo eine Mitarbeiterin gesucht wirdldquo Bei einem Traumlger gibt es selbst fuumlr die Vertretungskraumlfte keine Sachgrundbefristungen sondern einen fuumlr ein Jahr befristeten Vertrag mit der Perspektive der anschlieszligenden Entfristung

Fuumlr die Uumlbernahme werden unterschiedliche Verfahren genutzt Am haumlu figsten wird nach einer festgelegten Zeitspanne von einem Jahr oder zwei oder sogar fuumlnf Jahren in ein unbefristetes Anstellungsverhaumlltnis uumlbernom-men Gesagt wird aber auch dass die Entfristung erfolgt wenn derdie Beschaumlftigte bdquonicht unterdurchschnittlichldquo beurteilt wird bdquosobald klar ist dass die Stelle erhalten bleibtldquo oder bdquosobald Stellen frei werdenldquo In einem Fall wird diese dann bdquoan die Mitarbeiterin gegeben die am laumlngsten darauf wartetldquo Bei einem anderen wird unter Beteiligung der Personalvertretung ein gemeinsam festgelegtes Auswahlverfahren eingesetzt mit schriftlichen Be-werbungen Leistungsbeurteilungen auf der Basis von Personalgespraumlchen Auswahlgespraumlchen anhand eines Anforderungsprofils und von weiteren Kriterien wie Alter Familienstand oder betrieblicher Zugehoumlrigkeit

Insgesamt wird ein groszliges Interesse der Personalverantwortlichen an ei-ner Dauerbeschaumlftigung ihrer Mitarbeiterinnen deutlich um fuumlr eine perso-nelle Stabilitaumlt in den Teams der Kindertageseinrichtungen zu sorgen Die aufgrund der haumlufig zu verzeichnenden Personalausfaumllle notwendige Einstel-lung von Vertretungskraumlften wird bei vielen mit der Perspektive vorgenom-men auch diese Mitarbeiterinnen in die Stammbelegschaft zu uumlberfuumlhren

315 Der Einsatz von Teilzeitarbeit

Der hohe Anteil an weiblichen Fachkraumlften bringt im Ergebnis einen hohen Bedarf an Teilzeitarbeit mit sich denn diese ist haumlufig das Beschaumlftigungs-modell fuumlr Mitarbeiterinnen in der Familienphase Daneben ist es heute bei vielen der befragten Traumlger auch dann fuumlr Mitarbeiterinnen moumlglich Stun-den zu reduzieren wenn sie sich den beruflichen Anforderungen nicht mehr voll gewachsen fuumlhlen Bei den Teilzeitquoten zeigen sich starke regionale Unterschiede Waumlhrend sie bei den befragten Traumlgern in Nordrhein-Westfa-len und Baden-Wuumlrttemberg lediglich zwischen etwa einem Viertel und zwei

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Dritteln der Beschaumlftigten liegen (NRW zwischen 24 Prozent und 57 Pro-zent Baden-Wuumlrttemberg zwischen 31 Prozent und 71 Prozent) weisen die Traumlger in Thuumlringen eine Quote zwischen 40 Prozent und uumlber 95 Prozent auf Hier liegt der Anteil bei drei der fuumlnf befragten Personalverantwortli-chen sogar uumlber 85 Prozent

Moumlglicherweise lassen sich diese Disparitaumlten mit den unterschiedlichen Beweggruumlnden fuumlr das Angebot an Teilzeitarbeit in Ost und West erklaumlren (vgl im Folgenden Micheel 2015) Von den Personalverantwortlichen im Westen wird sie ganz uumlberwiegend mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit be-gruumlndet (bdquoweil es die gesetzlichen Regelungen vorgeben und wir nicht anders koumlnnenldquo) Nicht zuletzt darum wird bei den meisten der Befragten versucht den Wuumlnschen der berufstaumltigen Muumltter zu entsprechen bdquoDeshalb muss hier nach Loumlsungen geschaut werdenldquo Zur Umsetzung gibt es jedoch haumlufig keine weiteren konkreten Vereinbarungen das Angebot an die Wiederein-steigerinnen zur Stundenreduktion ist vielfach lediglich mit der Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) verbunden

Daneben wird die Entwicklung zu mehr Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita auch von den geaumlnderten Finanzierungsstrukturen beguumlnstigt Durch die 2008 erfolgte Umstellung der Kita-Finanzierung auf eine Kindpauschale in Nordrhein-Westfalen setzt sich der Personalbedarf aus der Summe der auf der Grundlage der geltenden Personalvereinbarung erforderlichen Stellenan-teile zusammen die sich nicht immer auf eine Vollzeitstelle aufaddieren las-sen Als Folge der veraumlnderten Rahmenbedingungen hat sich bei den befrag-ten Traumlgern ein Eigeninteresse an Teilzeitbeschaumlftigung entwickelt Wurde sie dort in der Kita fruumlher mit paumldagogischen Gruumlnden rundweg abgelehnt werden heute bei Neubesetzungen sogar Teilzeitstellen ausgeschrieben

In Thuumlringen dagegen wird den Mitarbeiterinnen schon seit der Wende uumlberwiegend gar keine Vollzeitstelle angeboten Teilzeit-Beschaumlftigung ist ndash wie in allen oumlstlichen Bundeslaumlndern ndash das Standard-Angebot der Traumlger und die (nahezu) einzige Beschaumlftigungsmoumlglichkeit fuumlr Erzieherinnen in der Kita Hauptmotiv fuumlr das Angebot an Teilzeitbeschaumlftigung im Osten war da-mals das Argument der Beschaumlftigungssicherheit und der sozialvertraumlglichen Gestaltung des Abbaus von Kapazitaumlten Allerdings gibt es dort ganz uumlber-wiegend auch keine klassischen Halbtagsstellen sondern uumlber Sockelarbeits-vertraumlge vollzeitnahe Beschaumlftigung mit einem Umfang von 30 (Fuumlnf-Tage-Woche agrave 6 Stunden) oder 32 (Vier-Tage-Woche agrave 8 Stunden) Wochenstunden

Die Personalverantwortlichen der Traumlger legen mit den jeweiligen Mit-arbeiterinnen haumlufig nur den individuellen Wochenstundenumfang und

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die Arbeitswoche also die grobe Lage der persoumlnlichen Arbeitszeiten fest Die konkrete Umsetzung dieser Vorabsprachen in der Dienstplangestaltung erfolgt vor Ort durch die Kita-Leitungen Dabei wird es in den in die Be-fragung einbezogenen westlichen Bundeslaumlndern aus der Sicht von vielen Personalverantwortlichen als problematisch fuumlr den Kinderbetreuungsbe-trieb bewertet dass sich insbesondere teilzeitbeschaumlftigte Muumltter uumlberwie-gend die klassische Halbtagsstelle am Vormittag wuumlnschen Aufgrund der durch die verlaumlngerten Oumlffnungszeiten notwendig gewordenen Schichtplauml -ne mit rotierenden Diensten sind zwar uumlberwiegend eine Zwei- Drei- oder Vier-Tage-Woche und damit auch freie Tage moumlglich Grundsaumltzlich feste Arbeitszeiten werden dagegen haumlufig zum Problem So wird von den Per-sonalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlffnungszeiten von Schule und Kita bestimmte Dienste nicht wahrgenommen werden koumlnnen Der Fruumlhdienst wird hier genauso genannt wie Spaumltdienste Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferien zeiten der eigenen Kinder Lange Anfahrtswege verhindern daruumlber hinaus oft einen Acht-Stunden-Arbeitstag von Teilzeit-Beschaumlftigten die nur an einem Teil der Wochentage arbeiten

Der Dienstplangestaltung kommt damit fuumlr die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima einerseits eine zentrale Bedeutung zu Interessenkolli-sionen im Team treten hier besonders deutlich zutage Es werde zunehmend schwieriger und eher zur bdquoQuadratur des Kreisesldquo all diesen Interessen ge-recht zu werden Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlhren nicht zuletzt darum zu viele Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung zu Problemen Teamfuumlhrung erweist sich aus diesem Grund insbesondere an dieser Stelle oft als schwierig Die daraus resultierenden Probleme der Leitungen mit der Dienstplangestaltung werden von den Personalverantwortlichen durchaus wahrgenommen allerdings meistens eher auf der Basis informeller Ruumlck-meldungen Nur einer der befragten Traumlger uumlberwacht das Verfahren in den Einrichtungen indem er Einsicht und Genehmigung des festgelegten Dienst-plans einfordert Nur in wenigen Faumlllen gibt es fuumlr die Dienstplangestaltung eine professionelle Begleitung und Unterstuumltzung

Neben der Arbeitszeitregelung werden fuumlr die Umsetzung der Teilzeitar-beit in den Einrichtungen mit den Mitarbeiterinnen meistens keine weiteren Vereinbarungen getroffen etwa eine Reduzierung des Aufgabenspektrums Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Daraus entstehen in den Einrichtungen haumlufig weitere Probleme Teilzeitarbeit erfordere einerseits mehr Kommunikation geringere Verfuumlgungszeiten erschweren aber gleichzeitig die noumltigen Abspra-

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chen und den erforderlichen Austausch weil diese viel Zeit binden Selbst Terminabsprachen fuumlr Elterngespraumlche werden schwieriger Wird gewuumlnscht dass Teilzeitkraumlfte dennoch regelmaumlszligig an allen Teamsitzungen oder El-ternabenden teilnehmen fuumlhrt dies zu vielen Uumlberstunden Demgegenuumlber schraumlnkt ein Verzicht auf die (regelmaumlszligige) Teilnahme Partizipationsmoumlg-lichkeiten ein so dass bei Teilzeitkraumlften oft das Gefuumlhl entsteht dass sie nur mitlaufen und nicht als vollwertiges Team-Mitglied anerkannt werden

Wenn es in einer Einrichtung viele Teilzeit-Kolleginnen gibt sehen viele Vollzeitkraumlfte eine zusaumltzliche Belastung Sie geben an dass sie nicht nur unliebsame Schichten und (Zusatz)Aufgaben uumlbernehmen muumlssen son-dern auch regelmaumlszligig ndash z T laumlngerfristig ndash Personalausfaumllle kompensieren bis eine Vertretungsloumlsung gefunden ist So entsteht haumlufig das Gefuumlhl dass sie alles auffangen muumlssen waumlhrend ihre Kolleginnen dazu nicht flexibel genug seien Dass die Grenzen der Belastbarkeit hier oftmals bereits uumlber-schritten sind und Vollzeitkraumlfte haumlufiger uumlber gesundheitliche Beschwerden (wie z B Schlafstoumlrungen) berichten als ihre Teilzeit-Kolleginnen stellte ein Traumlger in einer Beschaumlftigtenbefragung mit Besorgnis fest

Obwohl sich berufstaumltige Muumltter auch bei vollzeitnaher Teilzeit feste Arbeitszeiten wuumlnschen wird die bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo von den befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlringen kaum thematisiert bdquoDie Muumltter wollen gar keinen Sonderstatusldquo Mit dem Arbeitgeber wird dort zunaumlchst grundsaumltzlich geklaumlrt welche Variante des vollzeitnahen So-ckelarbeitszeitmodells dieder Beschaumlftigte wuumlnscht Zusaumltzlich stehen bei einigen der Traumlger flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten zur Verfuuml-gung Beim Personaleinsatz im Kinderbetreuungsbetrieb wird von den Mit-arbeiterinnen einerseits deutlich eine gewisse Flexibilitaumlt erwartet ihnen aber gleichzeitig Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange bei der Dienst-plangestaltung zugesichert bdquoAufgrund der verschiedenen Arbeitszeitmodelle ist man da sehr flexibelldquo Jede Einrichtung sorgt selbst fuumlr einen bedarfs-gerechten Einsatz Dies ist aus der Sicht der Traumlger sehr wichtig bdquoWenn Ar-beitszeiten nicht in die persoumlnliche bzw familiaumlre Situation passen gibt es Unzufriedenheitldquo

Veraumlnderungen in der Personalstruktur der letzten Jahre werden von den Personalverantwortlichen nur wenig wahrgenommen Waumlhrend in Thuumlringen von einigen Gespraumlchspartnern festgestellt wird dass sich die So ckel arbeitszeiten auf 35 bis zu 38 () Stunden erhoumlht haben berichten die Per sonalverantwortlichen aus NRW und Baden-Wuumlrttemberg dass es im Ver gleich heute mehr Festanstellungen fruumlhzeitigere Entfristungen und mehr Teilzeitbeschaumlftigte aufgrund von Elternzeiten (mit geringerem Stun-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

denumfang als fruumlher) gibt Einige begruumlnden diese Entwicklung mit der er-forderlichen Personalbindung um als Traumlger attraktiv zu bleiben Aber auch der Ausbau bzw der Rechtsanspruch fuumlhre zu mehr neuen Stellen und damit auch zu mehr Teilzeitbedarf durch juumlngere Mitarbeiterinnen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass Teilzeitarbeit in der Kita aus verschiedenen Motiven heraus eingesetzt und unterschiedlich gestaltet wer-den kann Das Instrument entfaltet dann jeweils spezifische Wirkungen auf die Kita Insbesondere als klassische Halbtagsstelle fuumlhrt es zu einer Reihe von Problemen und zwar nicht nur fuumlr die betrieblichen Ablaumlufe und die Dienstplangestaltung sondern auch fuumlr die Fuumlhrung und die Zusammenar-beit im Team Die mit Teilzeitarbeit verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile werden von Traumlgern nicht uumlberall gleich wahrgenommen und ge-nutzt Neben der Unterstuumltzung einer Work-Life-Balance fuumlr die Beschaumlf-tigten laumlsst sich das Instrument zur Schaffung von Flexibilitaumltsreserven bei Schwankungen im Personalbedarf einsetzen Eine besondere Herausforde-rung besteht vor allem darin die individuellen Zeit-Interessen der einzelnen Beschaumlftigten und die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen mit-einander in Einklang zu bringen

316 Organisation und Management in der Kita

Die Gesamtverantwortung fuumlr Organisation und Management der Kinder-tageseinrichtungen ist bei allen befragten Traumlgern an die Kita-Leitungen de-legiert die grundsaumltzlich fuumlr einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sorgen haben Daneben ist die Kita-Leitung in der Praxis die zentrale Vertre-tung des Arbeitgebers in der Einrichtung und uumlbernimmt an dieser Stelle eine wichtige Schnittstellenfunktion Sie organisiert den Personaleinsatz und praumlgt damit den Alltag im Team und in der Einrichtung insgesamt Dienst-plangestaltung Arbeitsorganisation im Sinne einer Aufgabengestaltung und Arbeitsverteilung sind hier aus personalwirtschaftlicher Sicht wichtige Hand-lungsfelder Auch fuumlr den Ausgleich von Personalausfaumlllen muss sie sorgen Die Personalfuumlhrung ist damit ndash auch im Sinne der Teamleitung ndash ihre zent-rale und umfassendste Aufgabe

Der fachliche Arbeitseinsatz der paumldagogischen Mitarbeiterinnen er -folgt bei den befragten Traumlgern gemaumlszlig den gesetzlichen Vorgaben und dem Konzept des Traumlgers Das wesentliche Taumltigkeitsfeld der Erzieherinnen ist entsprechend ihrer Qualifikation die paumldagogische Gruppenarbeit Haumlufig liegt dazu eine Stellenbeschreibung fuumlr Erzieherinnen zu ihren Funktionen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

in der Kita und zu ihren Gruppenaufgaben fuumlr (stellvertretende) Leitungs-kraumlfte auch zu deren Fuumlhrungsaufgaben zugrunde

In der praktischen Arbeit der Einrichtungen werden generell keine (gro-szligen) Unterschiede im Einsatz der Mitarbeiterinnen gemacht Allgemeine Leitvorstellung ist hier bdquoAlle machen das Gleicheldquo Insbesondere in Baden-Wuumlrttemberg wird darauf hingewiesen dass alle paumldagogischen Fachkraumlfte als gleichberechtigte Mitarbeiterinnen in den Teams mit gleichen Aufgaben fuumlr alle zusammenarbeiten Der Arbeitsanfall auszligerhalb der bdquopaumldagogischen Arbeit am Kindldquo wird grundsaumltzlich auf den Teambesprechungen verteilt Dabei gibt es aus den Gespraumlchen mit den Personalverantwortlichen nur we-nige Informationen daruumlber ob und wie die Aufgaben zugeschnitten bzw gestaltet und auf welche Weise sie unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden

Die Entscheidungen uumlber den fachlichen und zeitlichen Personalein - satz also uumlber die Arbeitsorganisation und Dienstplangestaltung werden von Kita-Leitungen uumlberwiegend in Kooperation oder zumindest in Abspra-che mit ihrem Team getroffen Bei der Gestaltung dieser Aufgaben gibt es nur vereinzelt konzeptionelle Unterstuumltzung durch die Fachberatung In (sehr) groszligen Einrichtungen existieren bei einigen groszligen Traumlgern Arbeits-gruppen zu Ablaumlufen in der Einrichtung und zur Aufgabenverteilung Im Groszligen und Ganzen erfolgt damit die Organisation des Personaleinsatzes dezentral in den Einrichtungen Wichtige wenn nicht die wichtigsten Auf-gaben im Rahmen der Personalfuumlhrung sind damit von den Personalverant-wortlichen der Traumlger an ihre Fuumlhrungskraumlfte vor Ort delegiert Nur beim raumlumlichen Einsatz seines Personals also im Hinblick auf die Verteilung der Mitarbeiterinnen auf die Einrichtungen behaumllt sich der Traumlger die Entschei-dung uumlber den konkreten Einsatzort vor faumlllt diese dann aber fast immer in Koopera tion mit der zustaumlndigen Leitung

Viele Traumlger lassen ihren Leiterinnen bei der Personal- und Betriebs-fuumlhrung somit weitgehend freie Hand Alles ist moumlglich solange die betrieb-lichen Belange dem nicht entgegenstehen Die praktische Umsetzung liege bdquoin der gestalterischen Freiheit jeder Einrichtungldquo Einiges sei verpflichtend vorgegeben daneben seien die Einrichtungen und Mitarbeiterinnen frei und selbststaumlndig in der Entscheidung bdquoWie das im Einzelnen aussieht da halte ich mich rausldquo ist eine weit verbreitete Meinung unter den Befragten Die Erfahrung zeige dass auf diese Weise alles am besten funktioniere

Im Detail wissen darum die befragten Traumlgervertreterinnen auch oft we-nig uumlber die konkreten Vorgehensweisen in ihren Betrieben Trotzdem verfuuml-gen sie im Allgemeinen uumlber den Austausch mit ihren Leitungskraumlften uumlber

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

einen umfassenden und differenzierten Gesamteindruck zur personellen Si-tuation in den einzelnen Einrichtungen So werden Belastungen in den Ein-richtungen durch Personalbedarfsschwankungen und Personalausfaumllle oder Konflikte in den Teams wahrgenommen

Insgesamt betrachtet tragen die Leitungen in den Einrichtungen die Verantwortung fuumlr ein groszliges und vielfaumlltiges Aufgabengebiet nicht nur im paumldagogischen Sinne Dazu sind sie von den Traumlgern mit einer groszligen Handlungsautonomie ausgestattet Im praktischen Arbeitsalltag sind sie so-mit die wichtigsten Akteure die uumlber die konkreten Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen vor Ort entscheiden und sie gestalten (koumlnnen)

317 Personal- und Teamfuumlhrung

Sehr deutlich wird in den Gespraumlchen dass von den Personalverantwortli-chen Mitarbeiterorientierung als Leitbild fuumlr die Personalfuumlhrung gewuumlnscht wird Mehrheitlich wird ein partizipativer Fuumlhrungsstil befuumlrwortet Wichtig ist vielen Gespraumlchspartnerinnen dass dabei die individuellen Interessen am Arbeitsplatz wahr- und ernst genommen sowie nach Moumlglichkeit auch die persoumlnlichen Wuumlnsche und Belange der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden z B bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Vielfach haben die Beschaumlftigten ein Mitspracherecht etwa bei der Aufgabenverteilung oder der Festlegung der eigenen Dienstzeiten Oft erfolgen diese Absprachen in und mit dem gesamten Team Haumlufig wird aber auch darauf hingewiesen dass man bdquonicht jeden Wunsch erfuumlllenldquo koumlnne Die Interessenvielfalt im Kreis der Mitarbeiterinnen waumlchst nicht zuletzt durch die Veraumlnderungen in den Personalstrukturen der Traumlger Work-Life-Balance oder Generationen-wechsel werden hier genannt Aus den Interviews gibt es nur wenige In-formationen daruumlber wie der dazu notwendige Interessenausgleich immer wieder hergestellt wird meistenteils scheint er innerhalb der Einrichtungen zu funktionieren wo dies aber nicht der Fall ist entstehen aus den Interes-senkollisionen nicht selten massive Konflikte

Viele der befragten Personalverantwortlichen weisen auf die hohe Bedeu-tung einer guten Teamzusammenarbeit und des Teamgeists fuumlr die Arbeits-zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen in den Einrich-tungen hin Zentrale Leitungsaufgabe ist es darum fuumlr die erforderliche gute Arbeitsatmosphaumlre und ein gutes Betriebsklima zu sorgen Dennoch wird von den Befragten der Aufgabe der Teamentwicklung eine unterschiedlich groszlige Bedeutung beigemessen In einigen wenigen Faumlllen wird zum Thema aus-

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schlieszliglich auf die Zustaumlndigkeit der jeweiligen Leitung hingewiesen Bei vie-len anderen Traumlgern stehen dafuumlr zusaumltzliche Ressourcen zur Verfuumlgung mit denen etwa eine Unterstuumltzung durch die Fachberatung ermoumlglicht wird oder Angebote zum Konfliktmanagement zur Supervision oder zum Coaching gemacht werden Nur in Einzelfaumlllen wird jedoch noch mehr getan z B jaumlhr-lich ein extern moderierter Teamentwicklungstag zur Foumlrderung der Zusam-menarbeit durchgefuumlhrt an dem die Einrichtung geschlossen ist

Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator fuumlr die Beurteilung der Qualitaumlt der Arbeitsbedingungen Genaues Wissen daruumlber ist unter den Personalverantwortlichen allerdings relativ wenig ausgepraumlgt Die Einschaumlt-zungen reichen von der Aussage dass es keine Informationen uumlber die Zu-friedenheit gibt uumlber verschiedene Mutmaszligungen zu Zusammenhaumlngen mit verschiedenen Rahmenbedingungen wie etwa der Personalausstattung dem Fuumlhrungsverhalten der Leitung der entgegengebrachten Wertschaumltzung fuumlr die Arbeitsleistungen der Bezahlung den Aufstiegsmoumlglichkeiten sowie der Arbeitsbelastungen bis hin zu der Meinung dass momentan gemessen an-hand der geringen Fluktuation eine hohe Zufriedenheit herrschen muumlsse

Das Wissen um die Mitarbeiterzufriedenheit scheint wenn uumlberhaupt eher in dezentralisierter Form bei den Kita-Leitungen vorhanden zu sein denn sie sind es in der Regel die regelmaumlszligig Personalgespraumlche mit ihren Mitarbeiterinnen durchfuumlhren Meistens auf der Grundlage vorgegebener Verfahrensweisen seitens des Traumlgers fragen sie dabei verschiedene The-menbereiche ab die persoumlnliche Situation genauso wie Arbeitsbelastungen Wertschaumltzung Motivation Aufgreifen von Ideen und Veraumlnderungswuumln-schen bzw Weiterentwicklung Entwicklungspotenziale Fortbildungsop-tionen oder die Qualitaumlt der Arbeit Manchmal faumlllt auch die Entscheidung uumlber den Arbeitseinsatz im Personalgespraumlch Dabei wird deutlich dass die einzelnen Mitarbeiterinnen ihr Befinden und ihre Wuumlnsche im Mittelpunkt der durchgefuumlhrten Personalgespraumlche stehen Im Wesentlichen dienen die Gespraumlche also zur Abklaumlrung der Mitarbeiterzufriedenheit Sie gehoumlren damit zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten mit denen Informationen uumlber die Mitarbeiterinteressen uumlber Belastungen und ge sund-heit liche Leistungsfaumlhigkeit bzw uumlber individuelle Anspruumlche an eine Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammenge-tragen werden Umfang und Qualitaumlt der Gespraumlche liegen jedoch nahezu ausschlieszliglich bei den Einrichtungen vor Ort bdquoWir wissen dass es laumluft mehr nichtldquo Dokumentiert werden die Ergebnisse durch die Leitungen haumlu-figer an die Traumlger (in anonymisierter Form) weitergegeben jedoch nur sel-ten systematisch ausgewertet werden sie kaum

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Neben der Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit dienen die bei fast allen Traumlgern etablierten Personalgespraumlche mehrheitlich auch der persoumln-lichen und fachlichen Weiterentwicklung der Beschaumlftigten Haumlufig wird der individuelle Fortbildungsbedarf erfragt persoumlnliche Wuumlnsche koumlnnen dabei geaumluszligert werden Gemeinsam wird nach Umsetzungswegen gesucht oder es wird vereinbart die individuellen Interessen z B in Beratungen des Traumlgers zum Fortbildungsbedarf oder zur Aufnahme in das Fortbildungsprogramm weiterzuleiten Mitarbeitergespraumlche haben somit meistens gleichzeitig den Charakter von Personalentwicklungsgespraumlchen Personalentwicklungskon-zepte gibt es allerdings bei der Haumllfte der befragten Traumlger nicht Sie sind zum Zeitpunkt des Interviews also keine Selbstverstaumlndlichkeit

Die Personalverantwortlichen nehmen die Mitarbeiterzufriedenheit zwar als wichtigen Indikator fuumlr die Personalbindung wahr Uumlber die Erwartungs-haltung gegenuumlber ihren Leitungskraumlften hinaus die durch einen partizipati-ven Fuumlhrungsstil fuumlr eine foumlrderliche Arbeitsatmosphaumlre in der Kita sorgen sollen uumlbernehmen sie dabei bislang allerdings mehrheitlich eine konkrete Unterstuumltzungsfunktion nur wenn Konfliktsituationen offenkundig werden Sie vertrauen darauf und haben uumlberwiegend die Erfahrung gemacht dass sich ein Teamgeist und die persoumlnliche Identifikation der Erzieherinnen mit bdquoihrerldquo Einrichtung durch die taumlgliche Zusammenarbeit einstellen Eine sys-tematische und regelmaumlszligige Uumlberwachung der Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen gibt es auf Traumlgerebene nur sehr selten

32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen

Im Zeitraum von Maumlrz bis Juli 2014 wurden 75 leitfadengestuumltzte Telefon-interviews mit Erzieherinnen durchgefuumlhrt Dabei wurden vier Gruppen unterschieden naumlmlich Berufseinsteigerinnen (19 Befragte mit max zwei Jahren Berufserfahrung) Beschaumlftigte in der Familienphase (20 Befragte) langjaumlhrig und somit aumlltere Beschaumlftigte (18 Befragte ab 50 Jahren) und Be-rufsaussteigerinnen (18 Befragte) Ziel der Interviews war es vor allem In-formationen uumlber die Motive der Berufswahl und das Selbstverstaumlndnis im Beruf (Abschnitt 321) die berufliche Situation und die Bewertung des Ar-beitsalltags (Abschnitte 322 bis 324) sowie die beruflichen Perspektiven zu gewinnen (Abschnitte 325 und 326) um auf dieser Basis Handlungsfelder fuumlr personalwirtschaftliche Konzepte abzuleiten Die nachfolgende Darstel-lung beruumlcksichtigt die Gespraumlchsergebnisse aller Teilgruppen und bezieht dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ein

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321 Das Selbstverstaumlndnis im Beruf

Zentrales Motiv fuumlr die Wahl des Erzieherinnen-Berufs ist der Wunsch mit Kindern zu arbeiten Weitere Motive sind die familiaumlre Praumlgung z B durch den Beruf der Mutter oder durch fruumlhe eigene Erfahrungen mit dem Be-aufsichtigen von Nachbarskindern oder juumlngeren Geschwistern und als Baby-sitter Auch Praktika Freiwilligendienste und die Berufsberatung spielen in einigen Faumlllen eine Rolle Haumlufig sagen die Erzieherinnen dass sie sich bdquoschon immerldquo fuumlr diesen Beruf interessiert bdquonie etwas anderes gewolltldquo oder den Beruf als bdquoTraumberufldquo gewaumlhlt haben

Hinsichtlich der Bewertung der eigenen Ausbildung gibt es heterogene Antworten die von positiven Einschaumltzungen bis zur Benennung von Defizi-ten reichen Viele langjaumlhrig Beschaumlftigte weisen darauf hin dass das Wissen aus der Ausbildung nicht mehr ausreicht den (neuen) Anforderungen ge-recht zu werden Eine Erzieherin betont bdquoDie Gesellschaft veraumlndert sich und mit ihr auch die Kinder deshalb muss man flexibel sein und kann nicht jahrzehntelang mit alten Methoden arbeiten Es ist wichtig immer wieder Neues zu lernenldquo

Es gibt jedoch auch die Einschaumltzung dass die Ausbildung zur Erziehe-rinzum Erzieher eine sehr gute Grundlage fuumlr die Arbeit in anderen Berufen darstellt So fuumlhrt eine Berufsaussteigerin an dass sie in ihrer aktuellen Taumltig-keit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr stark von ihrer Ausbildung pro-fitiert z B im Koordinieren und Vermitteln bdquowenn ich da die Ausbildung nicht haumltte saumlhe es anders aus d h ich profitiere unglaublich von diesem Ausbildungsberuf und das sollte man ja vielleicht mal zur Staumlrke machen so dass das nicht nur in der Einbahnstraszlige Erzieher muumlndetldquo

Der uumlberwiegende Teil der langjaumlhrig Beschaumlftigten schaumltzt den Einfluss ihrer Berufs- und Lebenserfahrung als sehr wichtig und positiv fuumlr den Beruf ein da er zu einer persoumlnlichen Staumlrkung zu mehr Gelassenheit im Alltag und einem stabileren Selbstbild fuumlhrt bdquoMan hat einen groszligen Erfahrungs-schatz und da wirft einen nichts so schnell aus der Bahn Viele Anforderun-gen werden auch kritischer gesehen und es besteht das Selbstbewusstsein Kritik auch zu aumluszligernldquo

Hinsichtlich der Eigenschaften die eine Erzieherin besitzen sollte wer-den hauptsaumlchlich persoumlnliche Merkmale und Einstellungen angesprochen insbesondere Sozialkompetenzen wie kommunikative Faumlhigkeiten Team-faumlhigkeit Respekt und Toleranz Geduld Aufgeschlossenheit fuumlr neue Ide en Belastbarkeit oder Zuverlaumlssigkeit Sehr haumlufig wird das Stichwort bdquoEmpa-thieldquo genannt Es gehe um bdquoZuneigung Zuwendung und Vertrauenldquo es sei

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

wichtig ein bdquoGefuumlhl fuumlr Kinderldquo zu haben man muumlsse bdquoliebevollldquo bdquooffen und herzlichldquo sein und bdquoKinder annehmen so wie sie sindldquo Konkrete Aufga-ben und paumldagogische Zielsetzungen werden selten benannt ebenso wenig wie fachliche Qualifikationen uumlber die eine Erzieherinein Erzieher verfuumlgen sollte

Insgesamt laumlsst sich also bei den Befragten eine hohe inhaltliche Identi-fikation mit dem Erzieherinnen-Beruf feststellen fuumlr dessen Ausuumlbung so-zialen Kompetenzen und persoumlnlichen Erfahrungen eine hohe Bedeutung beigemessen wird

322 Belastungen im Arbeitsalltag

Als zentrale Bedingungen die sowohl Qualitaumlt als auch Zufriedenheit mit der Arbeit beeinflussen werden von groszligen Teilen aller Befragten der Perso-nalschluumlssel und die Groumlszlige der Gruppen genannt Bei der Personalausstat-tung wird meist zwischen generellem Personalmangel z B durch Unter-besetzung und anderweitigen Personalausfaumlllen unterschieden die durch Krankheit Schwangerschaften Urlaub oder Fortbildungen entstehen Die dadurch erzeugten Probleme werden als starker Belastungsfaktor und als be-sonders negativ eingeschaumltzt Es gebe bdquoZeitdruck immer Stress im Nackenldquo so dass es bdquonur noch darum geht den Alltag aufrechtzuerhaltenldquo was in der Folge zum bdquoVerwalten der Kinder Verwalten des Tagesablaufsldquo fuumlhre Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte fasst die Auswirkungen so zusammen bdquoZu viele gleichzeitige Anforderungen und man hat das Gefuumlhl der Situation nicht mehr gerecht werden zu koumlnnenldquo

Als besonders belastend werden haumlufig vorkommende Beeintraumlchtigun-gen durch kurzfristige Personalausfaumllle angesehen Dies fuumlhrt zu Stress und Unzufriedenheit insbesondere wenn eigene Planungen davon betroffen werden Eine aktuelle Untersuchung zu Stressbelastungen und Burnout-Ri-siko bei Erzieherinnen in Kindertagesstaumltten zeigt als Auswirkungen dieser Belastungen dass ein hoher Anteil der befragten Erzieherinnen ein erhoumlhtes Stressniveau aufweist und fast ein Fuumlnftel als Hochrisiko-Gruppe fuumlr Burnout angesehen werden kann

bdquoAls zentrale Stressquelle konnte die mangelhafte Personalausstat-tung in vielen Einrichtungen identifiziert werden einhergehend mit zu groszligen Gruppen einem unzureichenden Betreuungsschluumlssel Zeitdruck und sbquoMulti-Taskinglsquoldquo (JungbauerEhlen 2015 418)

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Auch die STEGE-Studie die auf einer Repraumlsentativbefragung von Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen basiert bestaumltigt die hohe Bedeutung von Personalmangel (ViernickelVoss 2013 156) sowie von Zeitdruck als Belas-tungsfaktoren (ebd 64 ff) Die von Traumlgern wahrgenommenen Probleme im Hinblick auf den Krankenstand (vgl Abschnitt 313) finden hier Erklaumlrun-gen

Zu groszlige Gruppen werden insbesondere von juumlngeren Mitarbeiterinnen als Problem beschrieben sie fuumlhlen sich uumlberfordert und koumlnnen dann haumlufig den eigenen Anspruumlchen nicht gerecht werden Bei (zu) vollen Gruppen wird beispielsweise sehr viel Zeit und Energie fuumlr Alltagssituatio-nen benoumltigt z B beim Anziehen der Kinder oder Zaumlhneputzen nach den Mahlzeiten Dann kann der Eindruck entstehen bdquokeine Zeit (mehr) fuumlr die Kinder zu habenldquo was zur Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit fuumlhrt bdquodann wird man keinem Kind gerecht und das ist dann auch unerfuumlllend fuumlr einen selbstldquo Diese Aussagen sind vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten dass Erzieherinnen es nach den Ergebnissen der AQUA-Studie fuumlr die wichtigste Bedingung ihrer Arbeit halten bdquogenuumlgend Zeit fuumlr gute pauml-dagogische Arbeit zu habenldquo (vgl Schreyer et al 2014 49)

Auf die Frage nach einer Veraumlnderung von Arbeitsbelastungen im Zeit-verlauf geben je nach Befragtengruppe (ohne Berufseinsteigerinnen) zwei Drittel bis drei Viertel an dass diese im Zeitverlauf zugenommen haumltten bdquoEs muss immer mehr immer mehr immer schneller immer besser seinldquo Als Faktoren fuumlr den Belastungsanstieg werden zum einen konzeptionelle Aufga-ben wie die zeitintensive Bildungsbeobachtung und -dokumentation sowie die jaumlhrlichen Entwicklungsgespraumlche genannt zum zweiten Aspekte der Ar-beitsorganisation etwa zunehmende Schichtdienste ein unzureichender Er-zieher-Kind-Schluumlssel oder das bdquoStundenauffangenldquo bei Personalausfall sowie allgemein eine Zunahme an administrativen Aufgaben die Zeit in Anspruch nehmen die bei der Arbeit mit den Kindern fehlt Auch die Betreuung im-mer juumlngerer Kinder (U3) die viel mehr und veraumlnderte Anforderungen mit sich bringt wird genannt Von einigen wird vermutet dass sich neben einem realen Anstieg der Belastungen auch das Belastungsempfinden geaumlndert hat bdquoEs wurde mir dann einfach zu viel der Tag wurde dann auch immer laumln-ger hellip Daran habe ich gemerkt Ich brauch mal eine Auszeitldquo Auch die AQUA-Studie bestaumltigt dass die wachsenden Aufgaben dazu fuumlhren dass sich immer mehr Fachkraumlfte stark belastet fuumlhlen ndash bdquobis hin zum Risiko eines beruflichen Burnoutsldquo (Schreyer et al 2014 78)

Auch die aus Sicht der Befragten gestiegenen Anforderungen durch El-tern tragen zur Belastung bei Einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass

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die Anspruumlche von Seiten der Eltern und der Wunsch dass bdquodie Erzieherin alles regeltldquo uumlber die Jahre immer mehr zugenommen haben bdquosie fordern fordern fordernldquo Fruumlher waumlren die Kinder ermahnt worden lieb zu sein und sich nicht zu zanken aber heute heiszlige es bdquoSei der King und lass dir nichts gefallenldquo Eine andere Befragte fasst zusammen bdquoDie Eltern sehen nur noch ihr eigenes Kind und nicht mehr dass es auch noch andere Kinder in der Gruppe gibtldquo Als eine Ursache wird von einer Befragten angemerkt dass bdquoviele Eltern mit der Erziehung voumlllig uumlberfordert sind man muss sie an die Hand nehmen ihnen immer mehr Hilfestellung gebenldquo Langjaumlhrig Be-schaumlftigte haben Strategien zum Umgang mit Anforderungen durch Eltern entwickelt aber von den juumlngeren Beschaumlftigten werden die Anspruumlche der Eltern oft als starke Belastung wahrgenommen z T deshalb da sie sich durch (bislang) fehlende eigene Kinder in einer schwierigen Position gegen-uumlber Eltern sehen bdquoDas hat ein bisschen gedauert bis man sich so ausdruuml-cken konnte und sich ein bisschen Respekt verschaffen konnteldquo Beschaumlftigte in der Familienphase geben an dass sie durch eigene Kinder eine deutlich verbesserte Position gegenuumlber den Eltern bekommen haben Jedoch merkt eine Befragte aus dieser Gruppe auch an bdquoEltern koumlnnen die Arbeit sehr gut behindernldquo

Bei vielen Beschaumlftigten nehmen physische Beeintraumlchtigungen einen groszligen Raum ein Selbst bei den Berufseinsteigerinnen gibt uumlber die Haumllfte der Befragten berufsbedingte Gesundheitsprobleme an vor allem haumlufige In-fekte aber auch schon Ruumlckenprobleme Bei den anderen Befragtengruppen werden ebenso verschiedenste Belastungen angefuumlhrt die sich auf das physi-sche und psychische Wohlbefinden auswirken wie z B wenig ergonomische Moumlblierung Heben und Tragen von Kindern ein hoher Laumlrmpegel aber auch Konflikte oder Mobbing Die personelle Unterbesetzung spielt eine er-hebliche Rolle bdquoEs geht sehr an die Substanz wenn man alleine istldquo Und auch die Anforderung dass man die bdquoSicherheit gewaumlhrleistenldquo muss jedoch der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann wenn man allein in der Gruppe ist wirkt sich negativ auf die eigene Befindlichkeit aus

Als Auswirkungen werden unterschiedlichste teilweise multiple Erkran-kungen koumlrperlicher Art angefuumlhrt die von einigen Befragten auch auf eine Verquickung physischer und psychischer Problemlagen zuruumlckgefuumlhrt wer-den Partiell stehen jedoch auch psychische Auswirkungen von Belastungen im Vordergrund die von Befindlichkeitsstoumlrungen wie Schlafproblemen oder Erschoumlpfungszustaumlnden bis hin zu schweren Erkrankungen wie Depres-sionen und Burnout reichen bdquoIch bin dann auf der Arbeit umgekipptldquo Bei den Berufsaussteigerinnen fuumlhren fast die Haumllfte der Befragten psychische

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Probleme oder Erkrankungen an die teilweise zunaumlchst nicht beachtet bzw verdraumlngt wurden (bdquoDas war ein schleichender Prozessldquo) letztlich aber zum Ausstieg aus dem Beruf beigetragen haben oder sogar der zentrale Grund wa-ren Die Daten der AQUA-Studie bestaumltigen zudem dass Arbeitsstress zur Folge haben kann dass Fachkraumlfte uumlber einen Stellenwechsel nachdenken und eine geringere Bindung an Beruf und Traumlger aufweisen (vgl Schreyer et al 2014 79)

Den meisten Befragten scheint die Problematik bewusst zu sein und sie sind daran interessiert etwas fuumlr ihre Gesundheit zu tun Viele geben an mehr oder weniger regelmaumlszligig Sport zu treiben (Fitness-Studio Walken Gymnastik Radfahren Yoga etc) um ihre Probleme zu reduzieren bzw fit zu bleiben Daruumlber hinaus wird groszliger Wert auf Entspannung und Freizeit-beschaumlftigung bdquozum Abschaltenldquo gelegt Gezielte Angebote von Seiten ihrer Arbeitgeber zur Gesundheitsfoumlrderung und zum Umgang mit Stress gibt es jedoch nur fuumlr wenige Befragte das Engagement fuumlr die Gesundheit findet im Wesentlichen im Privatbereich statt

Insgesamt werden von den Befragten also vielfaumlltige und ansteigende Be-lastungen und Belastungssituationen wahrgenommen die sich neben ge-sellschaftlichen Veraumlnderungen und konzeptionellen Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung aus einer allgemein als unzureichend wahrgenomme-nen Personalausstattung ergeben Die Situation wird zusaumltzlich durch die Anforderung erschwert kurzfristige Schwankungen in der Personalsituation bewaumlltigen zu muumlssen Angesichts der wahrgenommenen Gesundheitsstouml-rungen erhaumllt eine praumlventive Gesundheitsfoumlrderung fuumlr die Beschaumlftigten eine wachsende Bedeutung die vor allem einen individuellen Umgang mit persoumlnlichen Belastungssituationen und damit eine verbesserte Selbstfuumlrsor-ge vermittelt

323 Die Arbeitszeit

Beim Blick auf die Arbeitszeiten zeigt sich dass die uumlberwiegende Zahl der Befragten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden ist Von den Teilzeitbeschaumlftig-ten wird als Vorteil eine gewisse Zeitflexibilitaumlt angefuumlhrt die auch die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie unterstuumltzt Bei den vollzeitbeschaumlftigten Berufsanfaumlngerinnen und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten geben allerdings einige Befragte an dass sie lieber weniger arbeiten wuumlrden (bdquoIch bin an der Grenze meiner Kraumlfteldquo) sich dies aber aus finanziellen Gruumlnden nicht leisten koumlnnen Und einige aumlltere Befragte wuumlrden den Beruf auch gern vor dem of-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

fiziellen Renteneintrittsalter aufgeben koumlnnen das aber ebenfalls aus finanzi-ellen Gruumlnden nicht umsetzen (bdquoWenn ich die Moumlglichkeit haumltte etwas an-deres zu machen dann wuumlrde ich es tunldquo) Bei den vollzeitbeschaumlftigten Er-zieherinnen gibt es teilweise Unzufriedenheit mit der Arbeitsorganisation wenn sie unliebsame Arbeiten oder Arbeitszeiten uumlbernehmen oder unvor-hergesehene bzw laumlngerfristige Personalausfaumllle auffangen muumlssen weil die Teilzeitbeschaumlftigten dies nicht leisten koumlnnen oder wollen

Bei der Lage der Arbeitszeiten laumlsst sich mehrheitlich eine groszlige Zufrie-denheit feststellen denn die Absprachen zur Arbeitszeitgestaltung in den Einrichtungen funktionieren uumlberwiegend gut Beschaumlftigte die ein Arbeits-zeitkonto nutzen koumlnnen sind besonders zufrieden Allerdings ist dieses we-nig verbreitet Werden die Erwartungen hinsichtlich der Lage der Arbeitszei-ten durch die Gestaltung des Dienstplans jedoch nicht erfuumlllt und wird damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestoumlrt wird das als sehr belas-tend empfunden Eine Berufsaussteigerin gibt an dass sie den Beruf aus Gruumlnden fehlender Teilzeitmodelle aufgegeben hat und weitere vier Befragte in dieser Gruppe sagen dass die Vereinbarkeit selten klappte Schwierigkei-ten bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gehoumlren somit zu den Faktoren die zu einem Berufsausstieg beitragen

324 Das Team als zentrale Ressource

Mit Blick auf das Wohlfuumlhlen am Arbeitsplatz laumlsst sich festhalten dass sich ein groszliger Teil der Befragten bdquoimmerldquo oder bdquomeistensldquo wohlfuumlhlt ein Be-fund den auch die AQUA-Studie bestaumltigt (vgl Schreyer et al 2014 125 ff) Auch die STEGE-Studie kommt zu dem Ergebnis dass die Zusammenarbeit in den Teams im Allgemeinen sehr gut laumluft (vgl ViernickelVoss 2913 74) In den Befragungen im KONTI-Projekt gibt sogar bei den Berufsaussteigerinnen mehr als die Haumllfte an sich meistens am Arbeitsplatz wohlgefuumlhlt zu haben Als positive Faktoren werden von ihnen wie auch von den anderen Befragten neben dem bdquoSpaszlig am Berufldquo sehr haumlufig ein gutes Betriebsklima sowie die gute Zusammenarbeit im Team und mit der Leitung genannt Es laumlsst sich vermuten dass diese Faktoren miteinander korrelieren wobei sich jedoch kein klarer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang festlegen laumlsst

In der AQUA-Studie wurde festgestellt dass fast alle teilnehmenden Fachkraumlfte ein gutes Teamklima als absolut wichtig oder zumindest sehr wichtig einschaumltzen (vgl ebd 97) Auch dieses ist ein Befund der in der KONTI-Befragung bestaumltigt wird Aussagen wie bdquoDas Team ist halt super-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

wichtig und ausschlaggebend fuumlr die Arbeitldquo oder bdquoEine gute Leiterin ein gu-tes Team das ist wichtigldquo sind typische Antworten Ein gutes Betriebsklima wird als Quelle persoumlnlicher Bestaumltigung und Anerkennung gesehen und bdquohat einen positiven Einfluss auf die Psycheldquo Teilweise wird der Arbeitsplatz als zweites Zuhause bezeichnet bdquoNach 38 Jahren bin ich hier zu Hause mei-ne Gruppe ist mein Wohnzimmer der Schlafraum ist mein Schlafzimmer nur die Moumlbel sind etwas kleinldquo Als Defizit wird jedoch von einer Berufsaus-steigerin angefuumlhrt dass Problemloumlsungen haumlufig nur dann funktionieren wenn Menschen sich gut verstehen das sei aber zu wichtig um es dem Zufall zu uumlberlassen es muumlssten strukturelle Loumlsungen fuumlr eine gute Kooperation gefunden werden

Da dem Team hohe Bedeutung zugesprochen wird werden Probleme unter den Kolleginnen in besonderem Maszlige als negativ und belastend ein-geschaumltzt Zu Konflikten tragen fehlende oder schlechte Absprachen bzw allgemein Unstimmigkeiten oder Streit bei (bdquoWenn die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen nicht funktioniert die Kolleginnen nicht sbquoHand in Hand arbeitenlsquo und Absprachen missachten belastet das sehrldquo) aber es werden auch Mobbingsituationen benannt Fuumlr eine Berufsaussteigerin stellt Mob-bing durch die Kolleginnen das in einen Burnout muumlndete den zentralen Ausstiegsgrund dar Herausforderungen fuumlr die Teamsituation ergeben sich auch durch Veraumlnderungen wie z B die Einfuumlhrung der offenen Arbeit Umstrukturierungen durch den U3-Ausbau eine neue Kollegin oder den Ausfall eines oder gar mehrerer Teammitglieder durch Krankheit oder Ur-laub Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte betont wenn bereits morgens Spannungen entstehen fuumlhle sie sich nicht mehr wohl da sie dann bdquozwischen den Stuumlhlen sitztldquo Aber es gibt auch die Einschaumltzung dass Auseinandersetzungen zur Klaumlrung von Positionen sein mussten und bdquodanach warrsquos wieder in Ord-nungldquo

Auch Generationenkonflikte werden angesprochen Langjaumlhrig Beschaumlf-tigte berichten dass eine Uumlberforderung juumlngerer Kolleginnen ndash eine Erfah-rung die von dieser Befragtengruppe durchaus ebenso thematisiert wird ndash zu Unruhe in den Ablaumlufen und zu Spannungen fuumlhren kann bdquoIn aumllteren Jah-ren hat man eher den Uumlberblick und die Umsicht uumlber das Geschehen was den juumlngeren Kolleginnen haumlufig noch fehltldquo Jedoch fuumlhlen sich aumlltere Be-schaumlftigte von den Juumlngeren auf Grund ihres Alters teilweise nicht anerkannt und beklagen Stoumlrungen in der Kita die durch eine aus ihrer Sicht schlechte Ausbildungsqualitaumlt verursacht seien Auch von Seiten der juumlngeren Befrag-ten werden Konflikte mit aumllteren Kolleginnen und daraus resultierende Pro-bleme im Team angefuumlhrt So berichten Einsteigerinnen dass sie sich von

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

aumllteren Kolleginnen bdquoausgebremstldquo oder bdquonicht ernst genommenldquo fuumlhlen oder dass sie eine Offenheit fuumlr Veraumlnderung und neue Ideen vermissen

Aber es wird z T auch betont dass die Mischung von juumlngeren und aumll-teren Mitarbeiterinnen durchaus sinnvoll sein kann da es zu einer Ver-knuumlpfung unterschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen kommt die die Qualitaumlt der Arbeit steigert und dass aumlltere Kolleginnen in der Berufsein-stiegsphase als Ratgeberinnen fungieren koumlnnen Einige juumlngere Befragte berichten von Unterstuumltzung durch aumlltere Kolleginnen die ihnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen wichtig ist Und einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass es ihnen gut tut bestimmte Taumltigkeiten (z B Bewegungserzie-hung) an die juumlngeren Kolleginnen abgeben zu koumlnnen Auch seien diese durch ihre Ausbildung besser auf neue Taumltigkeiten beispielsweise das Erstel-len von Bildungsdokumentationen vorbereitet Haumlufiger allerdings werden Konflikte erwaumlhnt

Unter dem Aspekt einer Personalbindung stellt somit ndash insgesamt be-trachtet ndash eine gute Zusammenarbeit im Team fuumlr die Beschaumlftigten eine wichtige Ressource dar Aufgrund der wachsenden Heterogenitaumlt in den Teams wird die Aufgabe der Leitung fuumlr eine gute Arbeitsatmosphaumlre zu sor-gen jedoch zunehmend komplexer Die Vielfalt bietet zunaumlchst fuumlr den Arbeitsalltag und insbesondere auch fuumlr die Arbeit mit den Kindern viele Vorteile die auch wahrgenommen werden Daneben wird es aber schwieri-ger und erfordert nicht nur ein Empathievermoumlgen der Leitung sondern auch spezifische Kompetenzen um stets fuumlr einen gerechten Interessenaus-gleich in der Einrichtung sorgen zu koumlnnen

325 Aufgaben und Aufstiegsmoumlglichkeiten

Mit Blick auf das Erleben des eigenen Arbeitsalltags wird es von allen Be-fragtengruppen als positiv empfunden wenn individuelle Interessen sowie eigene Faumlhigkeiten eingebracht werden koumlnnen Es werden sehr unterschied-liche Situationen bzw Bereiche genannt in denen je nach eigener Inte-ressenlage und Faumlhigkeiten Aufgaben gut erledigt werden koumlnnen Einige gehen gern mit den Kindern nach drauszligen andere finden die Betreuung ih-res Funktionsbereichs in der offenen Arbeit interessant eine weitere nennt die Kinderkonferenz eine bdquopositive Herausforderungldquo der sie sich gern stellt eine sportliche Mitarbeiterin freut sich Spaszlig an Bewegung vermitteln zu koumlnnen und eine Berufseinsteigerin bringt gern ihre Medienkompetenz ins Team ein

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Die Vielfalt der Beispiele zeigt einerseits dass es individuell sehr unter-schiedlich ist welche Aktivitaumlten die Befragten als besonders befriedigend ansehen Zum anderen wird deutlich dass es den Einzelnen sehr wichtig ist sich mit ihren spezifischen Kompetenzen an der bdquorichtigen Stelleldquo einbrin-gen zu koumlnnen Als Aufgabenfelder mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeigen sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit Eltern oder der Umgang mit bdquoschwierigen Kindernldquo was von einigen als groszlige Belastung empfun - den wird waumlhrend es bei anderen zur Befriedigung beitraumlgt diese Aufgaben gut bewaumlltigt zu haben Hier wird einerseits deutlich dass bestimmte Auf-gaben individuell unterschiedlich bewertet werden andererseits zeigt sich dass die Erfahrung Herausforderungen zu meistern zur Zufriedenheit bei-traumlgt Insgesamt betrachtet traumlgt damit die Moumlglichkeit die eigenen Kom-petenzen einbringen zu koumlnnen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Be-fragten bei

Bei der Zufriedenheit mit der Entlohnung gibt es graduelle Unterschie-de insgesamt aber mit der Tendenz zur Unzufriedenheit die bei langjaumlhrig Beschaumlftigten am groumlszligten ausfaumlllt Hier sind viele der Meinung dass das Ge-halt nicht der hohen Verantwortung Beanspruchung und dem Bildungsauf-trag entspricht Von einigen wird der Gehaltsunterschied im Vergleich zu Lehrkraumlften kritisiert Bei den anderen Befragtengruppen fuumlhlt sich jeweils die Haumllfte nicht angemessen entlohnt einige sind sich unsicher ob sie die Be-zahlung als angemessen empfinden

Hinsichtlich potenzieller Aufstiegsmoumlglichkeiten im Erzieherinnen-Be-ruf gibt es differenzierte Antworten Zwei Drittel der Berufseinsteigerinnen und Befragten in der Familienphase sehen Aufstiegsmoumlglichkeiten dagegen nur ein Viertel der langjaumlhrig Beschaumlftigten bei denen jeweils knapp die Haumllfte angibt entweder keine Moumlglichkeiten oder kein Interesse (mehr) zu haben Bei den anderen Befragtengruppen sind nur einzelne Personen nicht an einem Aufstieg interessiert Bei den Aussteigerinnen wird von der Haumllfte der Befragten angefuumlhrt dass mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten ndash neben der Entlohnung ndash mit dazu beigetragen haben den Beruf aufzugeben Dieser Befund wird in der AQUA-Studie gestuumltzt wenn festgestellt wird dass Be-zahlung und Entwicklungsmoumlglichkeiten mit zu den Bereichen gehoumlren mit denen Fachkraumlfte eher unzufrieden sind (vgl Schreyer et al 2014 132)

Als Aufstiegsmoumlglichkeiten werden Gruppen- bzw Teamleitung (stell-vertretende) Leitungsfunktionen sowie die Kombination von Leitungsauf-gaben mit einer Referententaumltigkeit oder der Uumlbernahme spezieller Fachauf-gaben genannt Es faumlllt auf dass auch Personen die kein Interesse an einem Aufstieg haben den Wunsch nach Spezialisierungen oder einem fachuumlber-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

greifenden Einsatz aumluszligern Hinsichtlich der Taumltigkeitsoptionen fuumlr aumlltere Er-zieherinnen gibt es die Aufforderung an die Traumlger dass sie sich bdquowenn man es ernst meint mit der Mitarbeiterpflege und der Verantwortungldquo Gedanken daruumlber machen muumlssen welche Optionen sie den Mitarbeiterinnen anbie-ten koumlnnen

Bei der Frage nach Fortbildungsmoumlglichkeiten ergibt sich ein differen-ziertes Bild das zwischen den Befragtengruppen variiert Als Hindernisse fuumlr die Verwirklichung von Fortbildungswuumlnschen werden mehrfach zu hohe Kosten genannt aber auch die Tatsache dass Arbeitgeber nur interne Fortbildungen zulassen oder Fortbildungen (zu) schnell ausgebucht sind Teilweise wird auch angefuumlhrt dass eine angespannte Personalsituation die Teilnahme an Fortbildungen unmoumlglich macht Von Seiten der Berufsaus-steigerinnen werden bessere Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmoumlglich-keiten als Voraussetzung fuumlr Entwicklungsperspektiven angesprochen Zu-saumltzlich wird angemahnt dass dann auch Konsequenzen gezogen werden muumlssen (bdquoIst ja schoumln dass Sie die Fortbildung besucht haben aber wir ma-chen weiter wie gewohntldquo) Ein weiterer Wunsch bezieht sich darauf dass bdquoder Beruf aus dem Sackgassenberuf herauskommt dass es noch andere Pers-pektiven gibtldquo auch jenseits der Leitungsposition denn das sei nicht fuumlr jede geeignet und wuumlnschenswert

Die Beschaumlftigten aumluszligern ein hohes Interesse an beruflichen Entwick-lungsmoumlglichkeiten ndash nicht nur an einem hierarchischen Aufstieg sondern vor allem auch an fachlichen Perspektiven Unzufriedenheit mit der aktuel-len Entlohnung spielt in diesem Kontext vielfach eine Rolle jedoch wird der Wunsch nach Aufstiegsmoumlglichkeiten nicht auf finanzielle Verbesserungen reduziert

326 Der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Beruf zeigt sich bei den Gruppen (ohne Aussteigerinnen) dass der groumlszligte Teil der Befragten bdquovoumllligldquo oder bdquoweitgehend zufriedenldquo ist Bei den Aussteigerinnen stellt sich das erwartungsgemaumlszlig anders dar denn hier gibt nur knapp die Haumllfte der Be-fragten an dass sie voumlllig bzw weitgehend zufrieden waren Dabei bezieht sich Unzufriedenheit meistens auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit (Dienstplan Arbeitsvertrag Aufstiegsmoumlglichkeiten etc)

Trotz der grundsaumltzlich hohen Identifikation mit dem Beruf sind nur we-nige der juumlngeren Befragten und derjenigen in der Familienphase der Mei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

nung dass sie ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben werden Als Fak-toren die zu einem vorzeitigen Ausstieg bzw Taumltigkeitswechsel beitragen koumlnnten wird vor allem Skepsis bezuumlglich der koumlrperlichen Fitness bei stei-gendem Alter angesprochen Bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten sieht die Ein-schaumltzung anders aus (vielleicht weil diejenigen die fruumlher aus dem Beruf aussteigen wollten nicht mehr bis in diese Phase gekommen sind vielleicht auch weil nicht alle eine moumlglicherweise fruumlher geaumluszligerte Ausstiegsoption realisiert haben) Mit Ausnahme einer Befragten geben alle langjaumlhrig Be-schaumlftigten an ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben zu wollen bzw zu muumlssen wenn die koumlrperliche Verfassung es zulaumlsst Vier Befragte begruumlnden dies damit dass sie auf das Gehalt angewiesen seien eine verweist darauf dass mehr Angebote fuumlr Teilzeit eine laumlngere Arbeitsdauer ermoumlglichen wuumlr-den Als Argumente fuumlr den langjaumlhrigen Verbleib im Beruf werden von den meisten vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern genannt und von ei-nigen das gute Betriebsklima und die Vertrautheit mit der Einrichtung

Eine aktuelle Untersuchung zu Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastun gen und ihren Folgen fuumlr Erzieherinnen zeigt dass der Wunsch nach vorzeiti-gem Ruhestand bei dieser Gruppe houmlher ist als bei anderen Berufen (Abbil-dung 1) Bei uumlber der Haumllfte der befragten Erzieherinnen wird als Haupt-grund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand angefuumlhrt dass die Ar-beit sehr anstrengend ist (Abbildung 2) Es faumlllt im Vergleich mit anderen Berufen auf dass dieser Grund dort eher nachrangig ist und von weniger als einem Viertel der Befragten angefuumlhrt wird

Die Frage ob sie sich einen Wechsel des Taumltigkeitsfeldes vorstellen koumlnn-ten bejahen 18 von 20 der Befragten in der Familienphase bei den Berufsein-steigerinnen sind es ca zwei Drittel und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten ca ein Drittel Dabei werden sowohl Taumltigkeiten innerhalb als auch auszliger-halb von Kitas genannt Zu Letzterem gehoumlren paumldagogische Taumltigkeiten mit aumllteren Kindern und Jugendlichen in Hort Heim oder Schulen aber auch Kombinationsloumlsungen in denen die Arbeit in einer Kita-Gruppe mit Taumltig-keiten im Jugendamt in Fachberatung Familienhilfe oder Fruumlhfoumlrderung verbunden wird Einige Befragte koumlnnen sich auch Taumltigkeiten auszligerhalb pauml-dagogischer Arbeitsfelder vorstellen

Bei den Berufsaussteigerinnen faumlllt auf dass weniger als die Haumllfte der Befragten weiterhin paumldagogische Taumltigkeiten wie z B in der Behinderten- oder Altenarbeit als Spielgruppenleitung oder Lehrerin in der Erzieher innen-Ausbildung ausuumlben Als nicht-paumldagogische Taumltigkeiten nach dem Berufsausstieg werden sehr unterschiedliche Felder angefuumlhrt wissenschaft-liche Mitarbeiterin an einer Universitaumlt Verwaltungsfachangestellte Bank-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

kauffrau Tischler Verkaumluferin oder Politesse Insgesamt hat mehr als die Haumllfte der Befragten die beim Berufsausstieg gewuumlnschte berufliche und per-soumlnliche Weiterentwicklung durch ein Studium bzw durch eine Ausbildung unterstuumltzt waumlhrend die anderen Befragten eher geringfuumlgige Weiterquali-fizierungen wahrgenommen haben In der Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur fuumlr Arbeit (BA) heiszligt es dass es im Jahresdurchschnitt 13000 Arbeitslose gibt die (wieder) in der Kinderbetreuung und -erziehung arbeiten moumlchten (vgl BA 2014 16) es jedoch bdquoim Schnitt der letzten zwoumllf Monate 8600 arbeitslose Personen [gab] die zwar uumlber eine entsprechende

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten

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Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter Quelle nach HallLeppelmeier 2015 25

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Ausbildung als Erzieherin (4200) oder Kinderpflegerin (3500) verfuumlgtenldquo (ebd) aber eine andere berufliche Taumltigkeit anstrebten

Fuumlr den Berufsausstieg ist in allen Faumlllen nicht ein einzelner Grund sondern ein ganzes Buumlndel von Faktoren ursaumlchlich Ein Motivbuumlndel ist das Ziel der persoumlnlichen undoder beruflichen Weiterentwicklung das von mehr als der Haumllfte der Befragten genannt wird Zusaumltzlich fuumlhren fast alle mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten und schlechte Entlohnung als weitere

Abbildung 2

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter von 100 abweichende Summe der Prozentwerte ist rundungsbedingt Quelle nach HallLeppelmeier 2015 26

aus sonstigen Gruumlnden um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus gesundheitlichen Gruumlnden weil die Arbeit sehr anstrengend ist

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

weil die Arbeit sehr anstrengend ist

aus gesundheitlichen Gruumlnden

um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus sonstigen Gruumlnden

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Erzieherinnen andere Berufe

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Gruumlnde an Gleichzeitig werden aber auch von fast der Haumllfte der Befragten gesundheitliche Gruumlnde Stress oder Uumlberforderung angesprochen Bei eini-gen sind Erkrankungen sogar der zentrale Ausstiegsgrund In der Arbeits-marktberichterstattung heiszligt es dass die Gruumlnde fuumlr die Suche nach einer alternativen Taumltigkeit vielschichtig sind dass jedoch gesundheitliche Aspek -te oder veraumlnderte Interessen oft dazu gehoumlren (vgl ebd 16)

Einige Aussteigerinnen weisen dezidiert darauf hin dass sie keinen Ruumlck halt bei ihrem Traumlger bzw kein Entgegenkommen gegenuumlber ihren Wuumlnschen erlebt haben was zumindest teilweise mit zu ihrer Entscheidung beigetragen hat Und mehr als zwei Drittel geben an dass sie den Ausstieg aus dem Beruf nicht bedauert haben

Insgesamt steht bei den befragten Berufsaussteigerinnen der grundsaumltz-lich hohen Identifikation mit dem Beruf zum einen ein hohes Interesse an Veraumlnderungen des Taumltigkeitsfeldes gegenuumlber zum anderen eine weit ver-breitete Skepsis daruumlber ob sich der Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben laumlsst Wenn tatsaumlchlich ein Berufsausstieg erfolgt liegen dieser Entscheidung in der Regel mehrere Motive zugrunde

33 Die Perspektive der Kita-Leitungen

Die Aufgabenbereiche der Leitung einer Kindertagesstaumltte sind umfangreich und mit unterschiedlichsten Anforderungen verbunden Dies ist auf ihre Position an der Schnittstelle zwischen Traumlger Mitarbeiterinnen Kindern Eltern und dem Sozialraum zuruumlckzufuumlhren womit teilweise mehrfache Rollenwechsel im Laufe eines Arbeitstages verbunden sein koumlnnen Weil die verschiedenen Personen(gruppen) heterogene Wuumlnsche und Bedarfe ha-ben existieren Gegensaumltze und Spannungsfelder denen sich Leitungen stel-len muumlssen

Vor dem Hintergrund dieser Schnittstellenposition von Kita-Leitungen ist deren Perspektive von wesentlicher Bedeutung fuumlr die Personalfuumlhrung in und fuumlr Kindertageseinrichtungen Im Zeitraum von Januar bis Maumlrz 2015 wurden deshalb 15 Interviews mit Leitungskraumlften kommunaler frei-gemein-nuumltziger und privater Traumlger in den beteiligten Bundeslaumlndern gefuumlhrt Das Ziel der Interviewreihe bestand darin die Funktion der Leitung an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiterinnen und Traumlger naumlher zu beleuchten (vgl dazu auch Koumlhling 2015) Zum Zeitpunkt der Befragung war gut die Haumllfte der Interviewpartnerinnen uumlber 50 und drei Leitungen waren etwa 30 Jahre alt das Alter der anderen Personen befand sich zwischen diesen bei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

den Altersgruppen Fuumlr ihre Leitungstaumltigkeit waren neun Befragte vollstaumln-dig die anderen teilweise freigestellt eine Befragte verfuumlgte uumlber keine Frei-stellung

Um die Interviewaussagen der befragten Leiterinnen besser einordnen zu koumlnnen werden zunaumlchst die Aufgabenbereiche einer Kita-Leitung an-hand eines Schaubildes im Uumlberblick vorgestellt (Abbildung 3) Das Schau-bild verdeutlicht die Aufgabenbereiche einer Leitung mit dem Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrag auf der einen und der Betriebsfuumlhrung auf der anderen Seite sowie den damit jeweils verbundenen Handlungsan-forderungen

Im Folgenden werden Aussagen und Einschaumltzungen aufgezeigt die der Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Team zu-gerechnet werden koumlnnen (Abschnitt 331) Daran anschlieszligend steht die Betriebsfuumlhrung als Teilbereich der vielfaumlltigen Aufgaben im Mittelpunkt (Abschnitt 332) waumlhrend Aufgaben die der direkten paumldagogischen Arbeit zuzurechnen sind nur begleitend thematisiert werden da sie nicht im Fo - kus des KONTI-Projektes standen Im Weiteren werden dann Kompetenz - an for de rungen an Leitungen (Abschnitt 333) sowie die Themenbereiche Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungsmoumlglichkeiten als Voraussetzungen bzw Bedingungen fuumlr gute Arbeit in den Blick genommen (Abschnitt 334) Abschlieszligend wird der Aufgabenbereich der Zusammenar-beit mit dem Traumlger als wichtige Rahmenbedingung fuumlr effektives Arbeiten vorgestellt (Abschnitt 335)

331 Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit

Die befragten Leitungen berichten von einer groszligen Vielfalt in ihren Teams ndash z B durch unterschiedliche Altersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Kompetenzen Ausbildungen und Nationalitaumlten ndash die durchgaumlngig positiv betrachtet wird Aus dieser Heterogenitaumlt ergeben sich nach Meinung der Interviewpartnerinnen besonders fuumlr die Arbeit mit Kindern Vorteile weil diese bdquofuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen be-noumltigenldquo Im Allgemeinen haben die befragten Leitungen auch Einwirkungs-moumlglichkeiten auf die Zusammensetzung des Teams da sie in der Regel an der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen beteiligt sind Grundsaumltzlich ist zwar der Traumlger zustaumlndig der z T auch die Vorauswahl trifft im Prinzip erfolgt jedoch bei den meisten Traumlgern eine enge Zusammenarbeit mit den Leitun-gen So koumlnnen die Leitungen Wuumlnsche aumluszligern sind bei Vorstellungsgesprauml-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen anwesend oder duumlrfen sich nach der Vorauswahl durch den Traumlger dieden neuen Mitarbeiterin aussuchen (zur Zusammenarbeit mit dem Traumlger vgl auch Abschnitt 335)

Mehrheitlich sehen sich die Leitungen in der Rolle eines Motors fuumlr das Funktionieren und die Weiterentwicklung der paumldagogischen Arbeit in der Einrichtung und fuumlr eine gute Zusammenarbeit im und mit dem Team Dazu gehoumlre auch dass die Leistungen der Mitarbeiterinnen durch Aner-kennung unterstuumltzt werden bdquoEine Leitung muss auch wertschaumltzen und loben koumlnnen und erkennen wo gute Arbeit geleistet wirdldquo Zudem wirken sich nach Wahrnehmung der Leitungen ein positives Arbeitsklima und ein guter Teamzusammenhalt positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitar-beiterinnen aus Als zentrale Leitungsaufgabe wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch gesehen Einige Leitungen betonen auch dass transparente Strukturen und Zustaumlndigkeiten das Wohlfuumlhlen im Team und die Fairness untereinander befoumlrdern Als bedeutsam wird zudem die Vor-bildfunktion der Leitungen angesehen die die Motivation der Mitarbeiterinnen durch eigenen fachlichen Input Initiativen neue Ideen aber auch durch die Bereitstellung von Raum zum Experimentieren unterstuumltzen kann Von einzelnen nicht vollstaumlndig freigestellten Leitungen wird die Mitarbeit in den Gruppen als wichtiger Praxisbezug bewertet um die Belange der Mit-arbeiterinnen verstehen zu koumlnnen Einzelne Befragte erwaumlhnen zudem dass der Einsatz neuer Methoden oder Instrumente fuumlr einige Mitarbeiterin-nen nachvollziehbarer wird bzw sie sich erst dann darauf einlassen wenn die Leitung eigene Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit vorweisen kann bdquoAlles was nicht bewiesen wird ist erst einmal Theorie auf die sie sich nicht ein-lassen Beweise erhoumlhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung garantieren diese jedoch nichtldquo

Mit Konflikten zwischen den Beschaumlftigten wird in einigen Einrichtun-gen offensiv umgegangen indem eine Konfliktloumlsungskultur gelebt wird die den Rahmen fuumlr die Umsetzung geeigneter Loumlsungen vorgibt und Mediati-onsverfahren einschlieszligt Ein Teil der Befragten erwartet von den Mitarbei-terinnen zunaumlchst einen offensiven verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem Problem und eine zeitnahe Problemloumlsung Einige wenige sehen hingegen Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinanderset-zung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) Als Misserfolg fuumlr die Leitungstaumltigkeit wird z B angesehen wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden die ge-meinsam getroffen wurden (bdquoDas sind Misserfolge da gelingt es mir nichtldquo)

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Vereinzelt wird auch von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team berichtet die nach Einschaumltzung der Befragten vor allem dadurch aus-geloumlst werden dass die Leitungen versuchen Veraumlnderungen einzuleiten Mitarbeiterinnen jedoch Sorge vor zusaumltzlichen Belastungen haben bdquoEs fehlt das Gefuumlhl wir machenrsquos gemeinsam Ich habe immer das Gefuumlhl ich muumlsste einen Waggon anschieben Dann laumluft er wieder ein bisschen und dann steht er wieder und dann muss ich ihn wieder anschieben Und da habe ich keine Lust mehr zu ich lass ihn stehenldquo Eine Unterstuumltzung durch den Traumlger erfolgt in solchen Faumlllen oft nicht Insgesamt sehen sich die Leitun -gen als verantwortlich fuumlr das Funktionieren der Einrichtung und die Team-Zusammenarbeit Dieses Ziel koumlnnen sie verwirklichen wenn das Team mit-wirkt und auftretende Konflikte in angemessener Form bearbeitet werden

Im Hinblick auf die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen ndash was z T ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungen gehoumlrt ndash werden verschie-dene individuelle und traumlgerspezifische Entwicklungskonzepte erwaumlhnt In einigen Einrichtungen wird dazu dem Motto gefolgt Mitarbeiterinnen zu foumlrdern und zu fordern Dazu werden z B jaumlhrliche Zielvereinbarungs- oder Mitarbeitergespraumlche oder zu Jahresbeginn individuelle bdquoStartgespraumlcheldquo ein-gesetzt Eine Einrichtung fuumlhrt fuumlr alle neuen Mitarbeiterinnen einen drei-taumlgigen Einarbeitungs-Workshop zur traumlgerspezifischen fachlichen konzep-tionellen und betrieblichen Einweisung durch

Alle Leitungen berichten in den Interviews von ausreichenden Fort-bildungsmoumlglichkeiten wobei es teils traumlgerinterne Schulungsangebote gibt wie beispielsweise regelmaumlszligig stattfindende Qualitaumltszirkel oder -werkstaumlt-ten aber es wird teilweise auch auf externe Angebote zuruumlckgegriffen wie beispielsweise bei Teamqualifikationen mit externen Referentinnen Eine Leitung verweist darauf dass zunehmend Fortbildungsangebote in groumlszligeren Staumldten auf Interesse stoszligen da sich diese von den uumlblichen Themen abhe-ben und neue Anforderungen an Kitas staumlrker beruumlcksichtigen wuumlrden Die Traumlger beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an den Fortbildungskos-ten vereinzelt werden die Kosten ganz uumlbernommen teilweise muumlssen Fort-bildungen jedoch auch durch die Mitarbeiterinnen allein finanziert werden

332 Organisation betrieblicher Ablaumlufe

Die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe beinhaltet verschiedene Aufga-benbereiche mit unterschiedlichen Methoden und Instrumenten In den In-terviews werden insbesondere die Bereiche Dienstplangestaltung sowie Per-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sonaleinsatz thematisiert In seiner Gesamtheit wird das Aufgabenfeld der Betriebsfuumlhrung von den Leitungen haumlufig nicht als ein wichtiges Steue-rungsinstrument erachtet obwohl sie partiell durchaus professionelle Ma-nagementinstrumente wie Zielvereinbarungen oder Checklisten einsetzen Insbesondere Leitungskraumlfte ohne (umfangreiche) Freistellung vom Grup-pendienst und ohne Unterstuumltzung durch eine Stellvertretung sehen die Betriebsfuumlhrung teilweise als eine laumlstige und unliebsame Zusatzaufgabe die viel Zeit und Energie neben der paumldagogischen Taumltigkeit in der Gruppe er-fordert Nach Angabe einiger Befragter erfolgt die Erledigung dieser Auf-gaben vereinzelt auszligerhalb der Dienstzeit da eine ungestoumlrte konzentrierte Arbeit waumlhrend der Kita-Oumlffnungszeiten z T nicht gewaumlhrleistet werden kann In den meisten Einrichtungen gibt es jedoch Vertretungen fuumlr die Leitungs kraumlfte zum einen stellvertretende Leitungen teilweise mit und teil-weise ohne anteilige Freistellung fuumlr ihre betrieblichen Aufgaben zum an-deren Abwesenheitsvertretungen die nicht uumlber Freistellungen verfuumlgen In der Regel berichten die Leitungskraumlfte dort wo die Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Leitung gut verlaumluft uumlber eine wichtige und unterstuumltzende Entlastung

Insgesamt ist die Fuumllle der Arbeitsanforderungen aus Sicht der Leiterin-nen stark angestiegen was nach ihrer Einschaumltzung zu einer teilweise erheb-lichen Beeintraumlchtigung der Qualitaumlt ihrer Taumltigkeit fuumlhrt Ein Groszligteil der Befragten gibt an dass der Aufwand fuumlr die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe extrem gestiegen sei und sich negativ auf Teamfuumlhrung Anleitung Beratung sowie die paumldagogisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der An-gebote auswirke Wenn zu wenig Zeit zur guten Vorbereitung inhaltlicher Aspekte und Fuumlhrungsaufgaben besteht entsteht Unzufriedenheit Schwie-rigkeiten und Probleme dieser Art werden insbesondere von Leitungen ge-schildert die keine oder nur eine geringe Freistellung haben

Die Erstellung von Dienstplaumlnen ist meistens Aufgabe der Leitung oder Stellvertretung Die Traumlger behalten sich nur in Einzelfaumlllen die Genehmi-gung vor nehmen durch das Setzen der Rahmenbedingungen aber eine wichtige Rolle ein So halten einige Traumlger Springer vor oder bieten bezahlte Stundenaufstockungen fuumlr Teilzeitkraumlfte an um Personalausfaumllle auszuglei-chen In knapp der Haumllfte der Einrichtungen gibt es zudem unterschiedliche Formen von Notfallplaumlnen die den Umgang mit Personalengpaumlssen definie-ren In allen Einrichtungen muss bei der Erstellung der Dienstplaumlne ein mehr oder weniger hoher Anteil an Teilzeitbeschaumlftigten beruumlcksichtigt werden was von einigen als Herausforderung im Hinblick auf Kommunikation und Information von anderen aber auch als Vorteil fuumlr den Gesamtbetrieb gese-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

hen wird Zu Vorteilen werden beispielsweise mehr Flexibilitaumlt bei Perso-nalengpaumlssen durch Aufstockungsmoumlglichkeiten oder eine houmlhere Vielfalt im Angebot durch mehr Personen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ge-zaumlhlt

Die Personaleinsatzplanung ist unterschiedlich geregelt wobei die Orga-nisationsform der Gruppenoumlffnung groszlige Bedeutung fuumlr die Verteilung der Aufgaben aufweist Bei offener und teiloffener Arbeit erfolgt uumlberwiegend eine interessen- und kompetenzorientierte Personaleinsatzplanung Zum Teil werden dabei feste Zeitraumlume (z B ein bis zwei Jahre) fuumlr die Zustaumlndig-keit von Aufgaben oder Bildungsraumlumen durch die Leitung vorgegeben oder es werden im Rahmen von Aufgaben- oder Projektorientierung kurzfristige Wechsel durch verbindliche Absprachen ermoumlglicht in anderen Faumlllen wird die Aufgabenverteilung an besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen orientiert und dauerhaft angelegt Zusaumltzlich zu den paumldagogischen Schwer-punkten werden in einzelnen Einrichtungen auch Aufgaben der Betriebsfuumlh-rung (z B Dienstplangestaltung und Finanzbuchhaltung) an entsprechend interessierte und kompetente Mitarbeiterinnen delegiert Fuumlr die Bearbei-tung wird uumlberwiegend ein Zeitkontingent zur Verfuumlgung gestellt und im Dienstplan beruumlcksichtigt Dazu eine Leitung bdquoIm Groszligteil bin ich erst ein-mal fuumlrs Management zustaumlndig Ich bin nicht dafuumlr zustaumlndig alle Auf-gaben im Kindergarten alleine zu loumlsen in meiner Personldquo

333 Kompetenzanforderungen an Leitungen

Das Leiten einer Kindertageseinrichtung ist eng mit der Persoumlnlichkeit der Leitungskraft und ihrem Auftreten verbunden Ihr Verstaumlndnis von Aufga-benspektrum Fuumlhrungsstil und Haltung wirken sich auf die Arbeitsat-mosphaumlre in der Kita aus auf den Umgang der Teammitglieder untereinan-der das Verhaumlltnis zu Kindern Eltern und in den Sozialraum sowie auf die Art der Bildungskultur (vgl Rannenberg-Schwerin 2012 2) In der Vier-Saumlu-len-Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) werden im Zu-sammenhang mit der Frage nach notwendigen Faumlhigkeiten einer Leitung bdquoFachkompetenzldquo und bdquopersonale Kompetenzldquo genannt (Abbildung 4 vgl AK DQR 2011 7)

Bei den Leitungsinterviews werden auf die Frage uumlber welche Kompe-tenzen eine Leitung verfuumlgen muss uumlberwiegend personale Kompetenzen ndash und dabei insbesondere Sozialkompetenzen ndash benannt Haumlufig angesprochen werden Empathie (bdquoSie braucht eine hohe Empathie fuumlr Kinder Eltern und

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Mitarbeiterinnenldquo) und die Faumlhigkeit zu motivieren (bdquoEine gute Leitung mo-tiviert wenn es Motivation braucht hat Freude am Tun und bringt eigene Motivation mit die dann auch anstecktldquo) aber auch die Bereitstellung einer guten Kommunikationsbasis oder Fuumlhrungsfaumlhigkeiten wie Fairness und Ge-rechtigkeit (bdquoIch versuche auch schon sehr fair zu sein dass jeder das Gefuumlhl hat dass er genauso behandelt wird wie der andereldquo) Aussagen zur Selbst-kompetenz werden unabhaumlngig von Traumlger demografischen Faktoren und der Ausbildung der Befragten in eher geringem Umfang thematisiert Be-nannt werden reflexive Faumlhigkeiten wie das Verstaumlndnis von Zusammenhaumln-gen um beispielsweise Sach- und Beziehungsverhaumlltnisse trennen zu koumln-nen Konfliktfaumlhigkeit sowie ein guter Umgang mit Enttaumluschungen (bdquoMan muss auch schon mal was aushalten koumlnnen dass man nicht zu sehr in die Emotionalitaumlt geht wobei das sehr schwierig ist manchmalldquo)

Fachkompetenzen werden von den Befragten dagegen nur in sehr einge-schraumlnktem Maszlige bzw eher unspezifisch benannt (bdquoDie gesamte Organisa-tion und das Management der Einrichtung ist der Dreh- und Angelpunkt d h darauf zu achten dass das Tagesgeschaumlft immer laumluft Mail checken dass die Eltern angesprochen werden und der Elternbeirat laumluftldquo) Einige Leitun-gen verweisen darauf dass vielfaumlltige Faumlhigkeiten benoumltigt werden um eine Kita zu leiten wie betriebswirtschaftliche Kompetenzen oder Methodenviel-falt damit sie bdquoz B zu einem aktuellen Thema einen Qualitaumltszirkel bilden und das konzeptionelle Arbeiten vorantreiben kannldquo Fachwissen wird zur Staumlrkung der Vorgesetztenfunktion als bedeutsam erachtet denn es sei wich-

Abbildung 4

Fach- und personale Kompetenzen

Quelle nach DJIWiFF 2014 119

Fachkompetenz

Wissen Fertigkeiten

Tiefe und instrumentale Breite und systemische Fertigkeiten Beurteilungs - faumlhigkeit

Sozial- Selbstkompetenz kompetenz

Team- Eigenstaumlndigkeit Fuumlhrungsfaumlhig- Verantwortung keit Mitge- Reflexivitaumlt staltung und Lernkompetenz Kommunikation

Personale Kompetenz

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

tig dass bdquoeine Leiterin aus der Praxis kommt damit sie weiszlig wovon sie redet um auch ernst genommen zu werdenldquo Nur wenige benennen konkrete Auf-gaben bdquoMeine Aufgabe sehe ich darin dass ich ein guter Chef bin nicht der beste Fachmann fuumlr die Paumldagogik sondern der Vorgesetzte der fuumlr die Rah-menbedingungen einsteht und der die Arbeitsbedingungen schafft der das Haus gut nach auszligen repraumlsentiert und eine gute Personalauswahl trifftldquo

Als Kernkompetenzen fuumlr Leitungskraumlfte werden somit uumlberwiegend per-sonale Kompetenzen genannt Die Benennung von Fachkompetenzen zur Betriebsfuumlhrung erfolgt hingegen gar nicht oder nur sehr allgemein Das Lei-tungsverstaumlndnis kann auch mit der Verortung der Leitungen in der Kinder-tageseinrichtung variieren denn einige sind von der Arbeit in den Gruppen freigestellt andere nicht bzw nur z T freigestellt Leitungen die gleichzeitig in der Gruppenarbeit taumltig sind befinden sich in einer Doppelrolle Waumlhrend sich die Funktionen im Rahmen der Gruppenarbeit nicht von denen der Mitarbeiterinnen unterscheiden ist auf der anderen Seite zusaumltzlich die Ver-antwortung fuumlr die Betriebsfuumlhrung und das Funktionieren der Einrichtung insgesamt vorhanden Innerhalb eines Tages werden teilweise mehrfache Wechsel zwischen unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten not-wendig Deshalb verwundert es nicht wenn sich einige teilfreigestellte Lei-tungen und vor allem diejenigen die die Leitungsposition nicht als gezielte Entscheidung gesucht haben (vgl Abschnitt 334) als bdquonormalesldquo Team-Mit-glied ohne hierarchische Position definieren im Sinne von bdquoWir sind ein Ganzesldquo oder bdquoIch bin Kollegin und fertigldquo Nur vereinzelt wird ein um-fassenderes professionelleres Leitungsverstaumlndnis beschrieben bdquoLeiterin zu sein bedeutet fuumlr mich nicht sbquonurlsquo ein Teammitglied zu seinldquo sie stehe bdquovor neben oder hinter dem Teamldquo Insgesamt werden also groszlige individuelle Unterschiede im Leitungsverstaumlndnis deutlich die sich z T auf verschieden-artige Einbindung in den Gruppendienst und mehrfachen Rollentausch so-wie auf unterschiedliche Verortung der eigenen Position in Bezug auf das Team zuruumlckfuumlhren lassen

334 Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungs-moumlglichkeiten

Die Uumlbernahme der Leitungsfunktion kann im Prinzip zwei Wegen zugeord-net werden der bewussten eigenen Entscheidung und dem von auszligen an die Befragten herangetragenen Wunsch teilweise sind auch mehrere Gruumlnde ausschlaggebend Nur ein gutes Drittel der Befragten hat bewusst und gezielt

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die Position der Leitung und den damit verbundenen Fuumlhrungsanspruch an-gestrebt Bei dieser Gruppe spielt vor allem der Wunsch nach neuen Heraus-forderungen und einem groumlszligeren Handlungs- und Gestaltungsspielraum eine Rolle (bdquoIch brauche andere Anspruumlche ich moumlchte mich selber weiter-entwickeln ich brauche andere Aufgabenldquo) aber auch Gruumlnde wie das Ge-fuumlhl der Unterforderung im Gruppendienst oder das Ziel mit Erwachsenen arbeiten zu wollen Bei den anderen Befragten ist es keine gezielte Entschei-dung sondern der Wunsch nach Uumlbernahme der Leitungsposition wurde an die Befragten herangetragen z B durch die eigene Familie oder auch durch Kolleginnen die moumlgliche Veraumlnderungen durch eine neue Leitung scheu-ten (bdquoAllen war wichtig dass nicht jemand Neues von auszligen kommt und die Stelle besetzt da befuumlrchtet wurde dass dadurch die offene Arbeit und der Charakter des Hauses zerstoumlrt werden koumlnnteldquo) Bei den meisten Befragten erfolgte der Uumlbergang in die Leitungsposition im Rahmen eines Aufstiegs von der paumldagogischen Fachkraft oder Gruppenleitung Dabei handelt es sich oft nicht um eine bewusste Entscheidung fuumlr die Fuumlhrungsrolle Erzieherin-nen scheinen haumlufig eher zufaumlllig in die Leitungsfunktion zu geraten

Die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit stellt sich insgesamt als hoch dar Alle befragten Leitungen fuumlhlen sich am Arbeitsplatz zumindest meistens wohl Entscheidend dafuumlr ist das Gefuumlhl den eigenen fachlichen Anspruumlchen gerecht werden zu koumlnnen was unter Rahmenbedingungen wie ausreichender Ressourcen sowie guter Kommunikation mit dem Traumlger den Mitarbeiterinnen und Eltern am ehesten gelingt Eine Leitung druumlckt das folgendermaszligen aus bdquoIch bin am zufriedensten wenn die Kolleginnen und die Eltern zufrieden sind weil das meine Arbeit widerspiegelt Das sind mei-ne persoumlnlichen Erfolgeldquo Auch die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitgestal-tung faumlllt hoch aus was damit begruumlndet wird dass man einen groszligen Ein-fluss und Freiraum auf die Lage der Arbeitszeit habe Bei uumlber zwei Dritteln entspricht der Dienstplan immer oder meistens den eigenen Beduumlrfnissen nur wenige machen hier Einschraumlnkungen indem sie z B sagen bdquoEs passt halt nicht immerldquo Die AQUA-Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis dass es eine insgesamt hohe Arbeitszufriedenheit bei den Leitungen gibt (vgl Schreyer et al 2014 126)

Alle befragten Leitungskraumlfte fuumlhlen sich den inhaltlichen Anforderun-gen die mit der Leitungsrolle verknuumlpft sind immer oder zumindest meis-tens gewachsen Allerdings wirken sich ebenso wie bei den befragten Be-schaumlftigten unvorhergesehene Stoumlrungen oder zu viele Anforderungen auf einmal bei zusaumltzlicher Zeitknappheit negativ auf die Zufriedenheit und das Belastungsempfinden aus Als Auswirkungen von Belastungen werden z B

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Erschoumlpfungserscheinungen genannt oder die weitere Berufsausuumlbung wird hinterfragt wie beispielsweise bei einer Leitung (43 Jahre) bdquoIch denke schon mal daruumlber nach wie lange ich das noch schaffeldquo In der AQUA-Studie zeigt sich dass der Anteil der Personen die sich beruflich belastet fuumlhlen bei Leitungen mit 867 Prozent deutlich houmlher ist als bei Nicht-Leitungen mit 671 Prozent (vgl ebd 69) Dieses Belastungsempfinden schlaumlgt sich in der Gruppe der Personen die sich in einer Gratifikationskrise12 befinden in bdquoho-her Kuumlndigungsabsichtldquo (Schreyer et al 2014 77) nieder Zum Teil wird ge-genuumlber solchen Belastungen aber auch eine grundsaumltzlich andere persoumlnli-che Haltung entwickelt wie etwa bei einer Leitungskraft die die Einstellung vertritt dass Stoumlrfaktoren mit zur Arbeit gehoumlren und darum mit einem An-teil von ca 20 Prozent in die eigene Arbeitszeit eingeplant werden bdquoda es oft nicht so kommt wie ich es willldquo

Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Leitungskraumlfte werden vom uumlberwiegenden Teil der Befragten nicht gesehen Nur zwei Gespraumlchspartnerinnen berich-ten uumlber entsprechende traumlgerspezifische Sonderformen fuumlr die berufliche Weiterentwicklung Einige andere Befragte koumlnnen sich aber durchaus beruf-liche Veraumlnderungen vorstellen z B durch einen Wechsel des Taumltigkeitsfel-des Genannt werden hier uumlbergeordnete Taumltigkeiten beim Traumlger beispiels-weise als Bezirksleitung oder einrichtungsuumlbergreifende Taumltigkeiten im Rah-men von Kooperationen und Vernetzungen oder Stadtteilentwicklungen Weitere halten es fuumlr moumlglich neben der Leitungsfunktion zusaumltzliche Auf-gabenbereiche zu uumlbernehmen Ein knappes Drittel der befragten Leitungen gibt an aus familiaumlren oder altersbedingten Gruumlnden kein Interesse (mehr) an einem Aufstieg zu haben

335 Zusammenarbeit mit dem Traumlger

Die Zusammenarbeit mit den Traumlgern gestaltet sich bei den befragten Lei-tungskraumlften unterschiedlich Nur knapp die Haumllfte der Leitungskraumlfte ist sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung und der groumlszligere Teil fuumlhlt sich entwe-der bdquonicht besonders gutldquo bis zu bdquonicht ausreichendldquo unterstuumltzt Als wichtig fuumlr die Zusammenarbeit werden die Kommunikations- und Informations-prozesse angesehen Leitungskraumlfte die sich gut unterstuumltzt fuumlhlen berichten

12 Eine Gratifikationskrise kann als ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung definiert werden (ebd)

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von gutem Kontakt mit unterschiedlichen Moumlglichkeiten zur gegenseitigen Information wie z B festen Sprechzeiten Dagegen wird in Einzelfaumlllen be-richtet dass zustaumlndige Ansprechpartnerinnen uumlber laumlngere Zeit nicht er-reichbar sind die Kontaktaufnahme sich umstaumlndlich und zeitaufwendig gestaltet und auch die Erreichbarkeit in Notsituationen nicht verlaumlsslich ge-regelt ist Von einer teilweise muumlhsamen Zusammenarbeit wird berichtet wenn die Ansprechpartner die sich um die Belange in der Kindertagesein-richtung kuumlmmern nicht (ausreichend) qualifiziert sind bdquoDer Traumlger setzt sich nur aus Ehrenamtlichen zusammen Auf den jaumlhrlichen Kirchenvor-standswahlen werden Verantwortliche gewaumlhlt die nach Einarbeitung bei der kommenden Wahl den Vorstand theoretisch und praktisch wieder ver-lassenldquo

Rahmenbedingungen dieser Art werden von den Leitungen als belastend und kraftraubend empfunden Gleiches gilt wenn Absprachen oder verein-barte Termine nicht eingehalten werden (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern dastehen umfallenldquo) Die AQUA-Studie kommt zu dem Ergebnis dass Lei-tungen die wenig Unterstuumltzung vom Traumlger erhalten und bei denen keine klaren Absprachen mit dem Traumlger vorhanden sind eher in eine Gratifika-tionskrise geraten und dass eine staumlrkere Burnout-Gefaumlhrdung besteht als bei Leitungen die viel Unterstuumltzung erhalten und bei denen klare Absprachen mit dem Traumlger bestehen (vgl Schreyer et al 2014 72 f)

Als weiteres Defizit stellt sich aus Sicht mancher Leitungen die mangeln-de Bereitschaft einiger Traumlgervertreterinnen dar zuzuhoumlren sowie Verstaumlnd-nis und Wertschaumltzung zu zeigen Probleme dieser Art werden vermehrt bei kommunalen Traumlgern genannt wo z B ein (haumlufig erfolgter) Personalwech-sel zu Unzuverlaumlssigkeit Motivationsabfall und fehlender Transparenz fuumlhrt Verwaltungswege und -entscheidungen werden als teilweise nicht nachvoll-ziehbar eingeschaumltzt und belasten die Leitungen bei ihrer Taumltigkeit In der AQUA-Studie findet sich ein aumlhnliches Ergebnis Leitungen die bei kommu-nalen und kirchlichen Traumlgern angestellt sind fuumlhlen sich in geringerem Maszlige durch den Traumlger unterstuumltzt als Leitungen von Kitas anderer freier Traumlger (vgl ebd 42)

Um Reibungsverluste zu vermeiden sollten aus Sicht vieler Leitungen die Aufgaben und Befugnisse fuumlr die Leitung durch den Traumlger klar definiert und fixiert werden Im Rahmen dieser Handlungsfreiraumlume wuumlnschen sie sich insbesondere Flexibilitaumlt Moumlglichkeiten fuumlr eigene Entscheidungen und freie Zeiteinteilung Fuumlr einen Groszligteil der befragten Leitungen stellt dies eine wichtige Arbeitsgrundlage dar und mehr als die Haumllfte fuumlhlt sich dies-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

bezuumlglich von ihren Traumlgern ausreichend ausgestattet Einige Leitungen se-hen sich dagegen in ihrem eigenen Handeln eingeschraumlnkt oder gar daran gehindert eigene Entscheidungen zu treffen Verantwortlich werden Traumlger-vorgaben gemacht die als umstaumlndlich empfunden werden und deren Ein-haltung kontrolliert wird was als Behinderung der Leitungstaumltigkeit an ge se-hen wird (bdquoEr pfeift mich immer wieder zuruumlckldquo) Zwei Leitungen berichten jedoch auch von einem (fast) uneingeschraumlnkten Handlungsfreiraum der zwar als sehr foumlrderlich fuumlr die Umsetzung der Ziele von Leitungen und Mit-arbeiterinnen angesehen wird jedoch auch als sehr belastend da sich die Leitungen in der Verantwortung alleingelassen fuumlhlen Aspekte der Traumlger-qualitaumlt (Fthenakis et al 2003) scheinen hier in einem hohen Maszlige an die Leitungen delegiert zu werden Insgesamt stellt sich die Zusammenarbeit mit den Traumlgern aus unterschiedlichen Gruumlnden haumlufig als problematisch dar eine Bedingung die sich auf Wohlbefinden und Gesundheit der Leitungen auswirken kann

Neben dem Austausch mit den Traumlgervertreterinnen sind auch Moumlglich-keiten zum kollegialen Austausch und zur Beratung mit anderen Leitungen von Bedeutung Regelmaumlszligig stattfindende Leitungsrunden und -konferenzen finden mit Ausnahme eines Traumlgers der nur eine Einrichtung betreibt bei al-len statt Hinsichtlich der Bereitstellung von Fachinformation und Konzep-ten fuumlhlt sich der Groszligteil der Befragten gut versorgt Mehrfach wird eine Vernetzung inhaltlicher Art uumlber das Intranet mit Literatur bzw einer Bib-liothek zur internen einrichtungsuumlbergreifenden Information genannt Im Rahmen des Qualitaumltsmanagements werden vielfaumlltige Materialien zur Struk-turierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt wie z B Einarbeitungskonzepte fuumlr neue Mitarbeiterinnen Gespraumlchsleitfaumlden fuumlr Mitarbeitergespraumlche etc Solche Angebote finden sich vor allem bei Traumlgern mit mehreren Einrichtun-gen bei den in die Befragung einbezogenen privaten Traumlgern und dort wo es einen qualifizierten Ansprechpartnerin fuumlr paumldagogische und fachliche Be-lange einer Kindertageseinrichtung gibt Diese Angebote werden in der Re-gel ndash besonders von neuen Leitungen ohne hinreichende Praxiserfahrungen und unabhaumlngig von ihrer Qualifikation ndash als sehr hilfreich empfunden Ein-schraumlnkend wird jedoch auch angemerkt dass ein Zuviel an Informationen auch belastend sein kann

Nur ein kleinerer Teil der befragten Leitungen fuumlhlt sich im Hinblick auf die Ausstattung gut unterstuumltzt insbesondere bezogen auf das Raumangebot und die Raumausstattung auf Elektronik und Moderationsmaterial Bei der Mehrheit der Leitungen gibt es zumindest teilweise Kritik z B an baulichen Problemen und fehlender Ausstattung der Kita Des Weiteren werden Ver-

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fahrensfragen bemaumlngelt denn einige Leiterinnen beklagen dass alles was Ressourcen betrifft schwierig sei und von aufwendigen Verhandlungen be-gleitet werde Gewuumlnscht wird deshalb bdquomehr Personal und mehr Hand-lungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Unterstuumltzungldquo Hinsichtlich der notwendigen Ausstattung der Kitas und der jeweiligen Verfahren zur Be-reitstellung und dem Einsatz von Ressourcen sehen viele Kita-Leitungen ei-nen Nachholbedarf

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4 HANDLUNGSFELDER EINER NACHHALTIGEN PERSONALWIRTSCHAFT

Im Projekt KONTI wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten Hand-lungsfelder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die geeignet sind eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit im Arbeitsfeld Kindertagesein-richtungen zu foumlrdern Erstens wurden branchenuumlbergreifend diskutierte und erprobte Strategien auf ihre Uumlbertragbarkeit hin ausgewertet und unter dem Blickwinkel diskutiert ob und inwieweit sie fuumlr den Betrieb von Kinder-tageseinrichtungen nutzbar sind und wie sie den spezifischen Bedarfen ent-sprechend angepasst werden koumlnnen Zweitens wurden die aktuellen Anfor-derungen analysiert die sich aus dem Aufgabenfeld Kindertagesbetreuung ergeben und von den Traumlgern im Sinne der Sicherung und Weiterentwick-lung ihres Angebotes zur Bildung Erziehung und Betreuung von Kindern beruumlcksichtigt werden muumlssen Drittens wurde die Perspektive der Beschaumlf-tigten in den Mittelpunkt gestellt und gefragt was aus ihrer Sicht eine bdquogute Arbeitldquo ausmacht

Dabei wurde zunaumlchst von der These ausgegangen dass eine dauerhafte Beschaumlftigung der Mitarbeiterinnen bei Traumlgern von Kindertageseinrich-tungen durch eine gute Personalbindung erzielt werden kann Diese basiert grundsaumltzlich auf einer groszligen Arbeitszufriedenheit die sich zum einen aus einer hohen (intrinsischen) Motivation der Beschaumlftigten fuumlr das Arbeitsfeld und zum zweiten durch Arbeitsbedingungen ergibt die sich motivations-foumlrdernd auswirken Die (Weiter)Entwicklung guter Arbeitsbedingungen ndash und zwar sowohl in persoumlnlicher fachlicher zeitlicher und raumlumlicher Hin-sicht ndash steht darum im Fokus einer nachhaltigen und demografiesensiblen Personalarbeit So kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz Kin-dertageseinrichtung und dem Traumlger als Arbeitgeber gefoumlrdert werden

Vorgestellt werden im Folgenden konzeptionelle Uumlberlegungen und Pra-xiserfahrungen die im Sinne solcher nachhaltigen Personalkonzepte durch Traumlger und Personalverantwortliche nutzbar gemacht werden koumlnnen Die dazu ausgewaumlhlten Ansatzpunkte sind ndash Personalbestandsentwicklung (Kapitel 41) ndash Personal- und Teamfuumlhrung (Kapitel 42) ndash Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen (Kapitel 43)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Aufgabe des Personalmanagements ist es den Personalbestand einer Organi-sation zu erhalten und den betrieblichen Bedarfen entsprechend quantitativ wie qualitativ weiterzuentwickeln Eine solche mittel- und langfristige Ent-wicklung zielt dabei grundsaumltzlich darauf ab sowohl das fuumlr die Aufgaben-wahrnehmung erforderliche Personal kontinuierlich und dauerhaft bereitzu-stellen als auch den Beschaumlftigten selbst Entwicklungsmoumlglichkeiten zu bie-ten weil diese wiederum motivationsfoumlrdernd und damit personalbindend wirken (koumlnnen) also ein wichtiges Instrument der Personalbestandspflege sind In diesem Kapitel wird zunaumlchst allgemein auf Fragen der Personal-planung (Abschnitt 411) und der Personalentwicklung (Abschnitt 412) eingegangen Dann erfolgt eine Auseinandersetzung mit Moumlglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Karrierepfaden (Abschnitt 413) und einer leis-tungsorientierten Verguumltung (Abschnitt 414)

411 Strategische Personalplanung und Altersstrukturanalyse

Ziel einer zusaumltzlich auf Nachhaltigkeit angelegten Personalentwicklung ist es eine moumlglichst ausgewogene Altersstruktur zu schaffen um Karrierestaus die sich aus einer Dominanz bestimmter Altersgruppen ergeben ebenso zu vermeiden wie den Verlust von Wissen der entsteht wenn viele aumlltere Be-schaumlftigte gleichzeitig in den Ruhestand gehen (vgl BrandenburgDomschke 2007 115 ff) Insofern wird eine mittel- und langfristige Personalplanung nicht nur zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung des Personal-bestands sondern erhaumllt ndash gerade auch in Kombination mit einer an den In-teressen der Mitarbeiterinnen orientierten Personalfoumlrderung ndash zugleich eine bdquostrategische Komponenteldquo (ebd 122)

Als notwendige Grundlage fuumlr eine demografiesensible Personalwirtschaft wird allgemein eine Altersstrukturanalyse betrachtet die anhand von Perso-naldaten zu Merkmalen wie Alter Geschlecht Qualifikation oder Einsatzort erstellt wird Sie verschafft zunaumlchst einen differenzierten Uumlberblick uumlber den aktuellen Personalbestand Daruumlber hinaus kann mithilfe mittel- und lang-fristiger Prognosen ndash etwa in Fuumlnf- bis Zehn-Jahres-Schritten ndash festgestellt werden wann und in welchem Umfang ein zukuumlnftiger Personalbedarf ent-stehen wird Zu einer solchen Analyse gehoumlrt auch eine Beobachtung der Personalfluktuation Werden derartige Daten erfasst und ausgewertet erge-ben sich dadurch nicht nur quantitative Hinweise auf eventuell entstehende

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Luumlcken sondern auch Hinweise darauf in welchen Phasen der Berufsbiogra-fie in besonderem Maszlige Abgaumlnge zu verzeichnen sind (vgl beispielsweise Deller et al 2008 28 ff)

Differenzierte Auswertungen einer solchen Altersstrukturanalyse schaffen somit die Basis fuumlr eine strategische Personalbedarfsplanung z B mit Blick auf die eigene Nachwuchssicherung da bdquoeine fruumlhzeitige Planung der Kapa-zitaumlten es wahrscheinlicher macht den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz zu habenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 40 f) Eine strategische Per-sonalplanung bietet daruumlber hinaus nicht nur Potenzial fuumlr eine passgenaue Personalfoumlrderung sondern auch fuumlr die Personalakquise der in Zeiten eines prognostizierten Fachkraumlftemangels eine besondere Bedeutung zukommt Auf der Basis der Analyseergebnisse lassen sich Stellenausschreibungen ent-wickeln die sowohl die entsprechenden Anforderungsprofile als auch At-traktivitaumltsmerkmale fuumlr die Arbeit im Unternehmen beinhalten bdquoFuumlr die Gewinnung von guten Mitarbeitern ist es [hellip] von Bedeutung eine attrakti -ve Unternehmenskultur mit gelebten Unternehmenswerten nach auszligen zu kommunizieren sowie Arbeitsplatzsicherheit und verantwortungsvolle Be-schaumlftigungsmoumlglichkeiten zu bietenldquo (ebd 41) In einem strategisch aus-gerichteten Entwicklungskonzept fuumlr den Personalbestand werden somit Personalakquise und auch Personalmarketing als Einheit betrachtet Als ge-eignete Maszlignahmen sind hier Imagepflege Zusammenarbeit mit einschlauml-gigen Bildungseinrichtungen Angebot von Praktikumsplaumltzen und Praumlsenz bei Ausbildungs- und Jobmessen zu nennen

In der Traumlgerbefragung des Projekts KONTI hat sich herausgestellt dass die fuumlr eine Altersstrukturanalyse notwendigen Personaldaten (Alter Qualifi-kation aktueller Einsatzort) haumlufig vorliegen eine systematische Aufberei-tung und Auswertung jedoch ganz uumlberwiegend ndash selbst bei groszligen Trauml-gern ndash nicht erfolgt Die meisten Befragten verstehen im Gespraumlch unter einer Personalbedarfsplanung die gesetzlich vorgeschriebene Personalpla-nung anhand des ermittelten Betreuungsbedarfs fuumlr das folgende Kinder-gartenjahr die jaumlhrlich oder alle zwei Jahre in einem Fall sogar monatlich durchgefuumlhrt wird Eine mittel- oder gar langfristige Personalplanung daruuml-ber hinaus besteht in den meisten Faumlllen nicht in Thuumlringen wird sie sogar dreimal in NRW viermal explizit verneint bdquoEinen ausgesprochenen Pla-nungsansatz gibt es nichtldquo

Haumlufig wird daruumlber berichtet dass Planung ein schwieriges Thema und praktisch unmoumlglich sei Es gebe zwar einige planbare Groumlszligen wie z B ei-nen Mehrbedarf an Personal aufgrund des U3-Ausbaus der Einrichtung neu-er Gruppen und Kitas oder auch von Veraumlnderungen der Gruppenstruktur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bzw einen Minderbedarf aufgrund von Einrichtungs- oder Gruppenschlie-szligungen Auf Verrentungen und dabei insbesondere auf die Neubesetzung von Leitungspositionen koumlnne man sich durch Planung einstellen Aber nur ein Interviewpartner berichtet dass bei seinem Traumlger dazu ndash als wichtige Ba-sis fuumlr die zweijaumlhrigen Leitungsfortbildungen ndash bdquosehr strukturierte Datenldquo vorliegen Wegen der vielen nicht planbaren Groumlszligen wie etwa Schwanger-schaften Wohnortwechsel Beurlaubungen Elternzeitlerinnen oder Lang-zeiterkrankungen entstehen nach Ansicht der meisten Befragten groszlige Prob-leme fuumlr eine realistische Planung Der Gespraumlchspartner eines groszligen kom-munalen Traumlgers aus NRW berichtet von uumlber vierzig Personalvorgaumlngen woumlchentlich mehr als in der gesamten restlichen Kommunalverwaltung

Nur bei zwei kommunalen Traumlgern wird von einer mittel- oder langfristi-gen Planung des Personalbedarfs gesprochen davon bei einem gezielt auch fuumlr den zukuumlnftigen Umgang mit der demografischen Entwicklung Dem an-deren Personalverantwortlichen fehlt gerade dieser Aspekt in den Planungs-daten Bei weiteren Traumlgern hat man bdquodie mittel- bis langfristige Personalbe-darfsplanung im Blickldquo existiert ein aumlmteruumlbergreifender Arbeitskreis bdquokom-munaler Personalbedarfldquo oder wird eine Software bdquoStellenplanerldquo des Land-schaftsverbandes genutzt die angibt bdquowo Stellen frei sind und welche Stellen zu besetzen sindldquo Lediglich ein Personalverantwortlicher aus Thuumlringen be-richtet uumlber die Ergebnisse einer Altersstrukturanalyse In Form einer Dip-lomarbeit wurde beim Traumlger die Betreuungsbedarfsentwicklung mit den an-stehenden Verrentungen fuumlr die naumlchsten Jahre verglichen Daruumlber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch eine langfristige Betreuungsbedarfsabschaumlt-zung mit den Gemeinden um Tendenzen und regionale Unterschiede zu er-mitteln

In den meisten Faumlllen beschraumlnkt sich jedoch eine Personalplanung auf das jeweils kommende Kindergartenjahr Zwar werden daneben z B mit Blick auf anstehende Renteneintritte verschiedene Instrumente zur Entwick-lung des Personalbestands etwa zur Nachwuchssicherung eingesetzt So be-treiben einige groumlszligere Traumlger eine gezielte Nachfolgeplanung fuumlr Leitungs-positionen und bieten entsprechende Qualifizierungsprogramme fuumlr Mit-arbeiterinnen aus den eigenen Reihen an Bei einem anderen Traumlger wer - den Leitungsstellen fuumlr einen Uumlbergangszeitraum doppelt besetzt damit die nachfolgende Leitung sich einarbeiten und von den Erfahrungen der aus-scheidenden Leitung profitieren bzw diese in der Schlussphase ihres Berufs-lebens gleichzeitig entlastet werden kann Eine mittel- und langfristige und strategisch ausgerichtete Personal(bedarfs)planung auf der Basis einer Alters-strukturanalyse ist bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen nach den

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Befragungsergebnissen im Projekt bislang kein gaumlngiges Instrument obwohl sie eine solidere Grundlage fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft bilden koumlnnte als der Einsatz einzelner Maszlignahmen Hier zeigt sich darum ein gro-szliges Potenzial um sich als Traumlger fuumlr die Zukunft gut aufzustellen

412 Nachhaltige Personalfoumlrderung und Personalentwicklung

Aufgabe der Personalfoumlrderung ist es Potenziale von Individuen zu erken-nen und ihre Nutzung zu foumlrdern sowohl im Sinne der individuellen Ent-wicklungsmoumlglichkeiten als auch zur Deckung des Personalbedarfs im Hin-blick auf die betrieblichen Anforderungen Auch sie wird damit zu einem wichtigen Instrument einer strategischen Personalplanung Wesentliche Grundlage einer solchen auf Nachhaltigkeit und Personalbindung ausgerich-teten Personalfoumlrderung ist es die erforderlichen Kompetenzen zunaumlchst zu definieren (vgl BrandenburgDomschke 2007 149 ff) Nur dann koumlnnen bei Potenzialanalysen Personalbeurteilungen und Fortbildungsangeboten ndash bei den Instrumenten also die im Kontext der Personalfoumlrderung eingesetzt wer-den ndash diejenigen Aspekte beruumlcksichtigt werden die fuumlr die Organisation als Ganzes wichtig sind Entscheidend ist weiterhin dass weder Analysen und Beurteilungen noch Qualifizierungen lediglich aus Selbstzweck erstellt wer-den Vielmehr sollten die Maszlignahmen und Instrumente als Grundlage fuumlr eine persoumlnliche Karriereplanung aller Mitarbeiterinnen dienen die allen Individuen passende Aufstiegsmoumlglichkeiten eroumlffnet

Im Idealfall basiert darum die Personalfoumlrderung auf einem auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Gesamtkonzept zur Personalentwicklung und folgt dabei einem Leitbild mit dem die Ziele des Traumlgers und seiner Kindertages-einrichtungen sowohl gegenuumlber der Oumlffentlichkeit als auch gegenuumlber den Mitarbeiterinnen kommuniziert werden Aus einem solchen Leitbild lassen sich zum einen Anforderungen des Traumlgers an seine Beschaumlftigten ableiten zum anderen wird geklaumlrt welche Erwartungen die Mitarbeiterinnen an ih-ren Arbeitgeber stellen koumlnnen Auf dieser Grundlage koumlnnen Fortbildungs-moumlglichkeiten und Angebote der persoumlnlichen Weiterentwicklung aufge-baut werden Ein derartiges Gesamtkonzept uumlbernimmt nicht nur eine wich-tige Funktion fuumlr die Personalfoumlrderung sondern bildet daruumlber hinaus die Basis fuumlr ein erfolgreiches Personalmarketing Als exemplarisch fuumlr einen solchen Ansatz wird das im Kasten dargestellte Beispiel von bdquoKonzept-eldquo vor-gestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Leitbilder als Grundlage fuumlr die Personalfoumlrderung ndash das Beispiel von bdquoKonzept-eldquo (KammerlanderRehn 2015)

Das bdquoKonzept-eldquo-Netzwerk ist ein privater Traumlger von gut dreiszligig Kindertagesstaumltten und zwei freien Grundschulen Das Leitbild des Unternehmens wird mit dem Markennamen bdquoElement-ildquo uumlberschrie-ben der sich zusammensetzt aus bdquoElementar(-Paumldagogik)ldquo und dem Ele men taren der Paumldagogik des Unternehmens naumlmlich dem Leit-satz bdquoMenschen bilden sich individuell auf der Grundlage ihrer In-teressen und in Interaktion mit Anderenldquo (die drei Irsquos) Aus einem Leitbild das das Beduumlrfnis von Menschen nach Anerkennung in der Gemeinschaft einerseits und nach Selbstbestimmung andererseits in den Mittelpunkt stellt werden fuumlnf Leitziele abgeleitet ndash Gesundheit als physisches und psychisches Wohlbefinden ndash Autonomie als Einheit von Aufgaben Kompetenz und Verant-

wortung (bdquoAKV-Prinzipldquo) ndash Verbundenheit mit dem Unternehmen als Ganzes im Sinne ge-

genseitiger Hilfe und der Einhaltung von vereinbarten Struktu-ren

ndash Resilienz mit einer offenen und ehrlichen Kommunikations- und Feedback-Kultur

ndash Freude am Vorwaumlrtskommen und an Leistung sowie an intelli-gentem Arbeiten mit flexiblen Problemloumlsungen

Dabei wird davon ausgegangen dass eine gute Qualitaumlt der Arbeit nur mit intrinsisch motivierten und affektiv gebundenen Mitarbeiterinnen realisierbar ist Die Organisationsstrukturen des Unterneh-mens zielen deshalb darauf ab Raum fuumlr leistungsbereite und enga-gierte Teams zu bieten in denen persoumlnliche Verantwortungsuumlber-nahme und Selbstverpflichtung verknuumlpft werden mit dem Gewinn von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit jedes Einzelnen

Das Unternehmen arbeitet mit individuellen Zielvereinbarun-gen wobei gemaumlszlig dem AKV-Prinzip Wert darauf gelegt wird dass jeder Mitarbeiterin vereinbarte Aufgaben uumlbernimmt dafuumlr uumlber die noumltigen persoumlnlichen und fachlichen Kompetenzen die erforder-lichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie uumlber personel-le und materielle Ressourcen verfuumlgt und die Verantwortung fuumlr die

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

413 Kompetenzorientierter Personaleinsatz und Karrierepfade

Personalfoumlrderung ist letztlich vor allem dann wirkungsvoll wenn es Ein-satzorte gibt in denen die hinzugewonnenen Kompetenzen genutzt und die eigenen Faumlhigkeiten entfaltet werden koumlnnen Im Idealfall wird der Perso-naleinsatz so gestaltet dass er die Entwicklungsmoumlglichkeiten des Individu-ums gleichzeitig fordert und foumlrdert Personalfoumlrderung und Personaleinsatz stehen damit in einem wechselseitigen Verhaumlltnis zueinander Mit Blick auf eine demografiesensible Personaleinsatzplanung wird in diesem Zusammen-hang in der Literatur auf die Bedeutung einer bdquoalternsgerechte[n] Laufbahn-gestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 139) hingewiesen die einerseits bestehende Kompetenzen nutzt und weiterentwickelt und andererseits Fehl-beanspruchungen verhindert Das Konzept geht dabei von verschiedenen

Umsetzung uumlbernimmt ndash oder im Falle von Problemen rechtzeitig Unterstuumltzung einfordert

Fuumlr die Erzieherinnen bedeutet dies dass sie ndash im Rahmen eines Konzepts der offenen Gruppenarbeit ndash als gleichberechtigtes Team zusammenarbeiten und bdquoBezugskinderldquo haben bei denen sie fuumlr Auf-gaben wie Eingewoumlhnung Beobachtung Dokumentation oder El-terngespraumlche zustaumlndig sind Daruumlber hinaus sind die Erzieherin-nen nach dem AKV-Prinzip fuumlr weitergehende Aufgaben verantwort-lich so z B fuumlr die Zuteilung der Neuaufnahmen zu Bezugserzieherinnen die Erstellung von Dienstplaumlnen oder als Expertinnen fuumlr einzelne Bildungsbereiche

Fuumlr die Mitarbeiterinnen gibt es ein umfassendes Coaching- und Fortbildungsprogramm das mit dreitaumlgigen Einarbeitungswork-shops und der Begleitung durch einen Patenin in den ersten drei Monaten beginnt Darauf baut eine verbindliche Fortbildungsreihe auf die sieben eintaumlgige Bausteine zu den Leitzielen der Kinderhaumlu-ser und den Bildungsplaumlnen des jeweiligen Bundeslandes enthaumllt An-geboten werden des Weiteren Seminare die eine Spezialisierung fuumlr bestimmte Themen und die Uumlbernahme einer Multiplikatorfunktion ermoumlglichen Teamentwicklungstage in Form von viertaumlgigen Work-shops mit externen Referentinnen und Hospitationen in anderen Kinderhaumlusern des Traumlgers zur Foumlrderung des Austauschs

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Arbeitsplatztypen aus (Einstiegs- Umstiegs- Aufstiegs- Verweil- sowie Aus-stiegsarbeitsplaumltze) denen die vorhandenen Arbeitsplaumltze zugeordnet wer-den Je nach persoumlnlichen Bedarfen und aktuellen Lebenssituationen die auf Basis von bdquoMitarbeiterbeurteilungen Mitarbeitergespraumlchen Entwicklungs-plaumlnen und betriebsaumlrztlichen Empfehlungenldquo (ebd) erhoben werden soll entschieden werden welcher Arbeitsplatz fuumlr die einzelnen Mitarbeiterin-nen geeignet ist

Von besonderer Bedeutung fuumlr aumlltere Beschaumlftigte mit gesundheitlichen Einschraumlnkungen ist es Einsatzmoumlglichkeiten zu schaffen an denen sie so-wohl ihre persoumlnlichen Belastungen reduzieren als auch ihre Kompetenzen zur Geltung bringen koumlnnen In diesem Kontext wird uumlber bdquogesundheitsori-entierte Berufswegekorridoreldquo als Instrument betrieblicher Gesundheitspoli-tik diskutiert (Juumlrgenhake 2015) Hier geht es im Sinne der Praumlvention dar-um Erkrankungen und Leistungsminderungen dadurch vorzubeugen dass den Beschaumlftigten rechtzeitig die Moumlglichkeit geboten wird die eigene Taumltig-keit innerhalb des Unternehmens zu veraumlndern oder den Arbeitsplatz zu wechseln so dass Belastungen reduziert werden Je nach Struktur der Arbeits-plaumltze kann ein solcher bdquoBerufswegekorridorldquo innerhalb einer Organisations-einheit oder uumlbergreifend geplant werden (vgl ebd 151 f) Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit solcher Modelle ergeben sich in der Praxis zum einen aus der Frage der Planbarkeit die in der Regel nicht in dem Maszlige gegeben ist wie es fuumlr eine flaumlchendeckende Implementierung notwendig waumlre (vgl ebd 153) Zum anderen setzt das Modell voraus dass Arbeitsplaumltze mit sehr unter-schiedlichen Anforderungen existieren

bdquoWenn die Belastungen und deren Houmlhe an den Arbeitsplaumltzen nicht hinreichend unterschiedlich sind ergibt eine berufliche Ver-aumlnderung unter Gesundheitsaspekten wenig Sinn Schwierig wird es auch wenn nur wenige deutlich anders bzw gering belastende Ar-beitsplaumltze zur Verfuumlgung stehen aber viele an denen hohe Belas-tungen herrschenldquo (ebd 154)

Ein solcher an einer lebenslagenorientierten Laufbahnplanung ausgerichte-ter Personaleinsatz ist jedoch nicht nur unter der Perspektive der Gesundheit von Bedeutung sondern vor allem auch im Hinblick auf eine kompetenzori-entierte Personalfoumlrderung Relevant fuumlr alle Altersgruppen sind Moumlglichkei-ten des Job-Enrichments und des Job-Enlargements also der inhaltlichen Aufgabenerweiterung Neben einer solchen Aufwertung der von den einzel-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

nen Mitarbeiterinnen aktuell besetzten Arbeitsplaumltze stellt sich zusaumltzlich die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten wobei einerseits Leitungspositionen anderseits Positionen mit erweiterter fachlicher Verantwortung von Interesse sind

bdquoFuumlr jeden Mitarbeiter sollte ein individueller Entwicklungsplan er-stellt werden Notwendige Bestandteile eines solchen Plans sind vor-handene Faumlhigkeiten Entwicklungspotenziale Weiterbildungsbe-darf und moumlgliche Karrierewege Karriere ist dabei nicht gleichbe-deutend mit Aufstieg sondern meint vor allem Fachkarrierenldquo (BrandenburgDomschke 2007 140)

Abbildung 5 zeigt somit zwei unterschiedliche Karrieremodelle

Betrachtet man die Aussagen der Kita-Beschaumlftigten in den Interviews (vgl Kapitel 32) so zeigt sich ein erhebliches Interesse der Mitarbeiterinnen so-wohl an einer fachlichen Weiterentwicklung im Arbeitsfeld als auch daran bestimmte persoumlnliche Staumlrken und Faumlhigkeiten einbringen zu koumlnnen Vie-le Beschaumlftigte formulieren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und diese Arbeit mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung zu kombinieren Besonders zufrieden sind sie dann wenn sie den Eindruck haben ihre Kompetenzen gut nutzen zu koumlnnen Das Fehlen von beruflichen Entwicklungsperspekti-ven fuumlr Erzieherinnen ist darum auch ein gewichtiger Grund fuumlr deren Aus-

Abbildung 5

Karrieremodelle

Quelle nachLuumlthjeKurylas-Mengs 2015

Karrieremodell

Fuumlhrungskarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Fuumlhrungskompetenz

Fachkarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Expertenwissen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

stieg aus dem Beruf Die Befuumlrchtung man koumlnne bdquomit 60 nicht mehr auf dem Bauteppich sitzenldquo (so die Aussage von Befragten) fuumlhrt dazu dass viele Mitarbeiterinnen vermuten ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausuumlben zu koumlnnen Die Installation von Fachkarrieren koumlnnte im Sinne einer nach-haltigen Personalfoumlrderung darum sowohl unter dem Gesichtspunkt gesund-heitsorientierter Berufswegekorridore als auch als Instrument einer Lauf-bahngestaltung von Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen von ho-her Bedeutung sein

Besonders offenkundig wird die Notwendigkeit der Entwicklung solcher Fachkarrieren fuumlr Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung die als Absolventinnen von den in den letzten Jahren entstandenen kindheitspaumlda-gogischen Studiengaumlngen in wachsendem Maszlige auf den Arbeitsmarkt kom-men (vgl Kapitel 24) Befragungen zeigen dass nur ein Teil der Kindheits-paumldagoginnen Leitungsfunktionen anstrebt vor allem wird von Traumlgern und auch von den Absolventinnen selbst die Notwendigkeit gesehen zu -erst Berufserfahrung zu sammeln statt unmittelbar in eine Leitungsfunktion ein zusteigen (vgl Klaudy et al 2014 12 f) Die Arbeit in der Kita als Mitar-beiterin in der Gruppe betrachten viele von ihnen bislang nur als Durch-gangsstation Wenn sie nach ihren beruflichen Perspektiven gefragt werden nennen sie neben der mittelfristig angedachten Uumlbernahme einer Leitungs-funktion einerseits Positionen auszligerhalb der Kita ndash in der Fachberatung in der Wissenschaft in der Aus- und Fortbildung ndash andererseits geben viele von ihnen an dass sie gern weiterhin unmittelbar mit Kindern in der Kita arbei-ten wuumlrden aber diese Taumltigkeit mit anderen Funktionen kombinieren moumlchten Auch hier werden planerisch-gestaltende Funktionen die Arbeit im Management sowie Beratungs- und Lehrtaumltigkeiten genannt (vgl Alter-mann et al 2015 33 ff) Des Weiteren zeigt sich in der Praxis dass Kindheits-paumldagoginnen etwa vor dem Hintergrund von vertieften entwicklungs-psychologischen Kenntnissen in den Teams teilweise Multiplikatorfunktio-nen wahrnehmen (vgl ebd) Finanziell honoriert wird dies allerdings nicht Die Unzufriedenheit damit trotz einer akademischen Ausbildung keine ent-sprechende Verguumltung zu erhalten traumlgt dazu bei dass viele Kindheitspaumlda-goginnen die Kita nur als Ort fuumlr erste Berufserfahrungen aber nicht fuumlr weiterfuumlhrende Perspektiven ansehen (vgl ebd)

Legt man jedoch die Auswertung der Traumlgerbefragungen zugrunde so zeigt sich dass sich Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Beschaumlftigte in Kindertages-einrichtungen ndash ob nun fuumlr Erzieherinnen oder fuumlr Kindheitspaumldagoginnen ndash im Wesentlichen auf die Uumlbernahme von Leitungspositionen beschraumln-ken Selbst diese Aufstiegsmoumlglichkeit wird fuumlr Erzieherinnen zukuumlnftig

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schwieriger weil der Rechtsrahmen zunehmend z B bereits jetzt in Thuumlrin-gen einen Hochschulabschluss fuumlr diese Funktionen voraussetzt Auch bei einem der befragten Traumlger in NRW werden schon heute in dieser Position nur Akademikerinnen eingesetzt Einige Male wird auch die Stellvertre-tungsposition die Gruppenleitung fuumlr groszlige Einrichtungen die Teamleitung als Aufstiegsmoumlglichkeit von anderen der Wechsel in groumlszligere Einrichtungen genannt ndash von der zweigruppigen bis zur achtgruppigen Einrichtung An-sonsten ist die Reaktion der Personalverantwortlichen auf die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Erzieherinnen selbst bei groszligen Traumlgern eher bedauernd und resignativ bdquoDa muss ich aber ehrlich sagen ich habe nicht viele Stellen Also koumlnnen sie sich nur fuumlr sich selber entwickelnldquo Bei kleinen Traumlgern ist diese Situation besonders perspektivlos fuumlr die Beschaumlftig-ten sind diese Stellen doch immer uumlber Jahre vergeben

Teilzeitkraumlften wird die Uumlbernahme von Leitungsaufgaben ganz uumlber-wiegend verwehrt haumlufig mit der Begruumlndung dass allein die Anwesenheits-erfordernisse eine andere Vorgehensweise ausschlieszligen Eine Teilung der Po-sition wuumlrde zudem zu einem hohen Abstimmungsbedarf und somit einem erhoumlhten Zeitaufwand fuumlhren der nicht geleistet werden koumlnne Ein Auf-stieg ist damit fuumlr Erzieherinnen fast uumlberall nur in Vollzeit moumlglich Im Westen ndash insbesondere in Nordrhein-Westfalen ndash bezieht sich diese Haltung der Personalverantwortlichen manchmal sogar auf die Stellvertreterposition und die Gruppenleitung Selbst in Thuumlringen reicht nur bei zwei der fuumlnf befragten Traumlger fuumlr die Kita-Leitung die vollzeitnahe Sockelarbeitszeit aus Die befragten Traumlgervertreterinnen sehen auszligerdem kaum Moumlglichkeiten dass ihre Mitarbeiterinnen ihre persoumlnlichen Kompetenzen fuumlr eine Fach-karriere also einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktionen nutzen koumlnnen der dann auch finanziell honoriert wuumlrde

bdquoFachkarrierenldquo ndash gerade auch im Sinne eines gruppen- oder auch einrich-tungsuumlbergreifenden Einsatzes spezifischer fachlicher Kompetenzen ndash gibt es somit in der Kindertagesbetreuung faktisch kaum eine berufliche Weiterent-wicklung ist meistens mit einem Wechsel des Arbeitsfeldes verbunden Die Struktur des Arbeitsfeldes setzt der Entwicklung von Berufsfeldkorridoren und Fachkarrieren offenbar Grenzen Die im Hinblick auf die Etablierung von Berufsfeldkorridoren genannte Voraussetzung dass unterschiedliche Ar-beitsplaumltze mit unterschiedlichen Belastungsstrukturen vorhanden sein muumls-sen ist somit in der Kindertageseinrichtung auf den ersten Blick nicht zu er-kennen

Die Organisation der Arbeit in einer Kindertageseinrichtung folgt in der Regel einem Egalitaumltsprinzip nach dem alle Mitarbeiterinnen ndash mit Ausnah-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

me der Leitung ndash bei der Arbeit mit den Kindern dieselben Aufgaben erledi-gen (vgl Abschnitt 316) Wenn Einrichtungen mit festen Gruppenstruktu-ren arbeiten werden Unterschiede ndash wenn uumlberhaupt ndash houmlchstens bezogen auf die Altersstruktur definiert Es gibt altersgemischte Gruppen Gruppen fuumlr unter Dreijaumlhrige und Kindergartengruppen (vgl Kapitel 26) In dieser Struktur kann z B auch nur insofern auf Belastungen reagiert werden als Mitarbeiterinnen mit Ruumlckenproblemen eher im Kindergarten- als im U3-Bereich eingesetzt werden damit sie seltener Kinder heben und tragen muumls-sen

Bei einer offenen Gruppenarbeit sind die Spielraumlume groumlszliger Hier koumln-nen Schwerpunktaufgaben festgelegt werden die sich beispielsweise auf die Betreuung eines bestimmten Bildungsbereichs beziehen Auf diese Weise koumlnnen sowohl Belastungen reduziert als auch Moumlglichkeiten des kompetenz- orientierten Personaleinsatzes geschaffen werden In der Traumlgerbefragung wird deutlich dass die Arbeit mit einem offenen Konzept mit Funk tions-raumlumen wie sie bei den Traumlgern vor allem in Thuumlringen und Baden-Wuumlrt-temberg praktiziert wird den kompetenzorientierten Personaleinsatz ndash etwa durch Uumlbernahme eines Bildungsbereiches ndash foumlrdert Viele Traumlger vertreterinnen weisen darauf hin dass man die besonderen Kompetenzen der einzel-nen Mitarbeiterinnen kennt und ndash wenn moumlglich ndash beruumlcksichtigt Teilwei-se wird explizit darauf hingewiesen dass ein ressourcenorientiertes Konzept verfolgt wird nach dem jeder Beschaumlftigte fuumlr die Aufgaben eingesetzt wird fuumlr die sieer sich interessiert In den meisten Faumlllen verlaumlsst man sich jedoch darauf dass sich dies im Alltagsbetrieb der einzelnen Einrichtung regelt Die-se Verantwortungsteilung erschwert die Schaffung von Funktionsstellen und eine motivationsfoumlrdernde Laufbahngestaltung fuumlr die Mitarbeiterinnen in der Kindertageseinrichtung Manchmal wird darauf verwiesen dass diese Kompetenzen in der Personalakte festgehalten seien eine Auswertung gibt es jedoch in den meisten Faumlllen nicht Systematische Ansaumltze finden sich somit selten Ein Traumlgervertreter berichtet dass er dabei sei Zusatzausbildungen (Motopaumldie Heilpaumldagogik systemische Ausbildungen) systematisch zu er-fassen um zu uumlberlegen wie man diese Mitarbeiterinnen gezielter einset -zen kann und ein weiterer erlaumlutert dass man die besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen erhebt und in einer Datenbank festhaumllt so dass darauf zuruumlckgegriffen werden kann Letztlich ist aber festzuhalten dass der kompe-tenzorientierte Einsatz im Wesentlichen in der einzelnen Einrichtung prak-tiziert wird ndash oder eben nicht

Nur bei einigen Traumlgern gibt es vereinzelt Sonderfunktionen bzw Pro-jekte die die Einrichtung von houmlherwertigen Funktionsstellen ermoumlglichen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

wobei einige Personalverantwortliche mit den wahrgenommenen Karriere-interessen ihrer Mitarbeiterinnen durchaus kreativ umgehen Genannt wird neben noch eher verbreiteten Taumltigkeiten als Beauftragte (Kinderschutz Sicherheit Inklusion Fortbildung oder Qualitaumlt) etwa auch diejenige als in-terne Auditorin zur Qualitaumltssicherung die uumlber eine entsprechende Zusatz-ausbildung verfuumlgt Vereinzelt gibt es noch bdquoein paar Funktionen die man versucht selbst zu erfindenldquo so ein Traumlgervertreter wie z B Fortbildungs-referentinnen oder -koordinatorinnen oder Sprecherinnen in der Pfarrei Angesprochen werden in diesem Zusammenhang auch Foumlrderprogramme wie das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo uumlber das einige Mitarbeiterinnen gruppen- bzw einrichtungsuumlbergreifend arbei-ten Am Beispiel dieses Programmes das im Kasten naumlher dargestellt wird lassen sich Potenziale fuumlr Fachkarrieren durch die Nutzung von Multipli-katortaumltigkeiten verdeutlichen

Das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo13

Bundesweit etwa 4000 Kitas erhielten von 2011 bis 2015 im Rahmen dieses Programms eine finanzielle Foumlrderung bdquoim Umfang einer hal-ben Fachkraftstelle mit herausgehobener und schwieriger verantwor-tungsvoller Taumltigkeit (vergleichbar TVoumlD S8)ldquo Verbuumlnde konnten eine volle Stelle bekommen inklusive der dazugehoumlrigen Sach- und Gemeinkosten (z B Lehr- und Lernmittel Fortbildungen Honorare Coaching) Das Programm zielte vor allem auf die Foumlrderung der all-tagsintegrierten Sprachbildung die folgendermaszligen definiert wurde

bdquoUnter alltagsintegrierter sprachlicher Bildung wird eine umfas-sende systematische Unterstuumltzung und Begleitung der natuumlrlichen Sprachentwicklung aller Kinder in allen Altersstufen verstanden die uumlber die gesamte Verweildauer der Kinder in der Kindertageseinrich-tung das Handeln der paumldagogischen Fachkraumlfte waumlhrend der alltaumlg-lichen paumldagogischen Arbeit bestimmtldquo14

Das Konzept der alltagsintegrierten Sprachbildung beinhaltet somit Anforderungen an alle paumldagogischen Fachkraumlfte einer Einrichtung

13 httpsprach-kitasfruehe-chancendeprogrammueber-das-programmrueckschau-schwer-punkt-kitas (Abruf am 18042016)14 wwwfruehe-chancendeinformationen-fuerschwerpunkt-kitas-sprache-integrati-onschwerpunkt-kitasalltagsintegrierte-sprachliche-bildung (Abruf am 18112015)

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die Aufgabe der zusaumltzlichen Fachkraft besteht nicht darin die Sprach-foumlrderung durchzufuumlhren sondern eine Multiplikatorfunktion im Team wahrzunehmen Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf die Beratung Begleitung und fachliche Unterstuumltzung der Kita-Teams fuumlr die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit und die Zusammenar-beit mit den Familien der Kinder sowie auf eine exemplarische sprach-paumldagogische Arbeit mit Kindern insbesondere unter drei Jahren

Das Beispiel des Bundesprogramms zeigt zweierlei Einerseits sind die Moumlg-lichkeiten zur Schaffung von Funktionsstellen im Arbeitsfeld bdquoKindertages-einrichtungldquo insofern begrenzt als es darum geht dass viele Aufgaben im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsbegleitung von allen Erzieherinnen wahrgenommen werden muumlssen und nicht an Spezialkraumlfte delegiert werden koumlnnen Andererseits besteht offenkundig ein Bedarf an erweiterten Qualifi-kationen die im Sinne einer Multiplikatortaumltigkeit in die Einrichtungen ein-gebracht werden Wenn Mitarbeiterinnen in diesem Sinne Spezialwissen einbringen eroumlffnen sich Chancen sowohl fuumlr die Gestaltung von Fachkarri-eren als auch fuumlr die Weiterentwicklung der Arbeit in der Einrichtung insge-samt

Aumlhnliche Konstellationen koumlnnen sich bei anderen Themenfeldern erge-ben So kann es sinnvoll sein dass eine Fachkraft eine fundierte Fortbildung fuumlr die Arbeit mit unter dreijaumlhrigen Kindern absolviert und die anderen Beschaumlftigten in der Einrichtung entsprechend anleitet und beraumlt Auch bei einer Kinderschutzfachkraft wird es zum einen darum gehen dass sie sich einerseits vor dem Hintergrund ihrer speziellen Qualifikation um akute Pro-blemfaumllle kuumlmmert Andererseits wird sie ndash im Sinne der Praumlvention ndash ein-richtungsintern einen Austausch zu Fragen der Kindeswohlgefaumlhrdung or-ganisieren und alle Mitarbeiterinnen insoweit qualifizieren dass diese in der Lage sind Probleme bei den von ihnen betreuten Kindern zu erkennen Fuumlr alle derartigen Multiplikatorfunktionen sind auch einrichtungsuumlbergreifen-de Einsatzmoumlglichkeiten vorstellbar

Bei einem Konzept offener Arbeit kann es in einigen einzelnen Bildungs-bereichen ausreichen wenn eine Fachkraft uumlber eine bestimmte Qualifika-tion verfuumlgt und dann den entsprechenden Bildungsbereich betreut und fuumlr die Angebote verantwortlich ist Dies koumlnnte beispielsweise fuumlr naturwissen-schaftliche Bildung kuumlnstlerische und musische Angebote oder die Bewe-gungserziehung umgesetzt werden Derartige Aufgabenschwerpunkte sind

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

im Uumlbrigen nicht nur im Kontext eines kompetenzorientierten sondern auch eines lebensphasenorientierten Personaleinsatzes von Interesse Sie er-moumlglichen naumlmlich z B auch den Einsatz von Mitarbeiterinnen die (etwa bei einem stufenweisen Wiedereinstieg nach einer bdquoBabypauseldquo) eine Teil-zeitloumlsung mit geringer Stundenzahl wuumlnschen ohne dass die Kontinuitaumlt der Betreuung von Kindern leidet (vgl Abschnitt 431)

Andere Schwerpunktaufgaben sind fuumlr eine Reihe organisatorischer An-forderungen vorstellbar So gibt es unter den Familienzentren in Nordrhein-Westfalen die als Kindertageseinrichtungen erweiterte Angebote zur Bera-tung und Unterstuumltzung von Familien in ihrem Sozialraum vorhalten einige Beispiele dafuumlr dass die fuumlr die Funktionsfaumlhigkeit des Familienzentrums notwendigen Aufgaben auf mehrere Mitarbeiterinnen verteilt werden In ei-ner Befragung von 31 Leitungen von Familienzentren die im Fruumlhjahr 2014 durchgefuumlhrt wurde (Stoumlbe-Blossey 2015b) berichtete ein gutes Drittel der Befragten von einer Aufgaben-Aufteilung innerhalb des Teams (auch wenn die Koordinierung meistens bei der Leitung verbleibt) So sind etwa einige Mitarbeiterinnen fuumlr die Betreuung und Organisation von Elterncafeacutes oder von Ausfluumlgen fuumlr Eltern und Kinder zustaumlndig In einigen ndash wenigen ndash Faumll-len geht die Aufteilung uumlber die Uumlbertragung einzelner Aufgaben hinaus und wird zum Organisationsprinzip das die gesamte Einrichtung umfasst bdquoWir haben uns aufgeteilt jede Kollegin hat Schwerpunktbereiche Die eine Kolle-gin hat die Kindertagespflege Die andere Kollegin hat den Schwerpunkt Be-ratungsstellen [hellip] die verweist dann bei Bedarf und hilft Termine vor Ort zu machen Die eine Kollegin ist im Lesebereich zustaumlndig die Kooperation mit der Buumlcherstube rund ums Buch Alles was mit Sprache zu tun hat Die ande-re Kollegin hat den Bewegungsbereich Dass jeder im Team seinen Schwer-punkt hat um das alles mehr zu vernetzenldquo (Stoumlbe-Blossey 2015b 10)

In einer anderen Einrichtung die nach dem Konzept der offenen Arbeit arbeitet wird die Aufteilung der Zustaumlndigkeiten fuumlr Familienzentrumsauf-gaben mit dem paumldagogischen Konzept verknuumlpft bdquoDass wir Zustaumlndigkeits-bereiche haben [hellip] Zum Beispiel fuumlr den Bewegungsbereich haben wir eine Kollegin die arbeitet fuumlnfzehn Stunden die haben wir sozusagen freigestellt Um auch Feste zu organisieren wir machen auch sehr viele sportliche Feste und das nimmt sie ganz in ihre Hand und spricht nur mit uns Dinge ab Eine hat den Babysitterclub Kolleginnen die zustaumlndig sind fuumlr die Tagespflege Wir haben eine Kollegin die besucht einmal im Monat mit Kindern ein Seni-orenheimldquo (ebd)

Die Beispiele zeigen dass es bei naumlherer Betrachtung durchaus Moumlglich-keiten gibt einen kompetenzorientierten Personaleinsatz auch fuumlr Mitarbei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

terinnen in Kindertageseinrichtungen systematisch zu gestalten und damit gleichzeitig die Arbeit der Einrichtung qualitativ weiterzuentwickeln Damit eroumlffnen sich nicht nur Chancen fuumlr die Realisierung von Fachkarrieren son-dern auch ndash zumindest partiell ndash von gesundheitsorientierten Berufswegekor-ridoren Wenn beispielsweise die erfahrene Fachkraft die Ruumlckenprobleme hat zur Multiplikatorin fuumlr Sprachbildung wird kann sie zumindest teilwei-se von koumlrperlich anstrengenden Taumltigkeiten entlastet werden Eine Differen-zierung von Aufgaben bietet somit gleichermaszligen Potenziale fuumlr die Perso-nalfoumlrderung und fuumlr die Qualitaumltsentwicklung

Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit derartiger Konzepte ergeben sich zum ei-nen aus der Personaldecke einer Einrichtung Hier muss jederzeit genug Per-sonal fuumlr die allgemeine Alltagsarbeit mit den Kindern zur Verfuumlgung stehen was in der Praxis sowohl die Moumlglichkeiten fuumlr die Weiterqualifizierung von Beschaumlftigten als auch fuumlr die Wahrnehmung von Spezialaufgaben einschraumln-ken kann Zum anderen ist die Frage der Zusammenarbeit im Team zu beach-ten Einerseits aumluszligern in Befragungen viele Mitarbeiterinnen den Wunsch ihre besonderen Kompetenzen einsetzen und sich auf diese Weise beruflich weiterentwickeln zu koumlnnen Andererseits spielt fuumlr die Arbeits zufriedenheit auch das Wohlbefinden im Team eine wichtige Rolle Eine Differenzierung von Aufgaben insbesondere wenn sie mit finanziellen Konsequenzen ver-bunden ist kann die Beziehungen innerhalb eines Teams veraumlndern und Konkurrenzsituationen hervorrufen Dieses (potenzielle) Problemfeld ist zu beachten wenn Aufgabendifferenzierungen eingefuumlhrt werden Insofern steht dieses Handlungsfeld in engem Zusammenhang mit Fragen der Team-fuumlhrung und -entwicklung (vgl dazu Kapitel 42)

414 Leistungsorientierte Bezahlung

Nun sind der kompetenzorientierte Einsatz und die daraus zu entwickelnde Laufbahngestaltung die eine Seite des Themas Die andere Seite betrifft die Nutzung der fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen fuumlr eine wirk-liche Fachkarriere also fuumlr einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktion der dann im Sinne einer leistungsorientierten Bezahlung auch finanziell hono-riert wird

Zunaumlchst bleibt grundsaumltzlich zu uumlberlegen inwieweit ein kompeten z-orientierter Personaleinsatz mit finanziellen Konsequenzen fuumlr die Beschaumlf-tigten verknuumlpft sein kann und soll Zweifellos kann man von einer bdquoFach-karriereldquo nur dann sprechen wenn die persoumlnliche Weiterentwicklung auch

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

eine finanzielle Weiterentwicklung mit sich bringt Bei der Planung von gesundheitsorientierten Berufswegekorridoren muss dies hingegen nicht zwangs laumlufig gegeben sein Wenn es um einen kompetenzorientierten Ein-satz geht kann allein die Moumlglichkeit motivationsfoumlrdernd sein sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren zu koumlnnen die man besonders gut be-herrscht fuumlr die man Anerkennung im Team erhaumllt und die man somit gern erledigt Je staumlrker bestimmte Aufgaben jedoch spezielle Qualifikationen er-fordern die manchmal in umfassenden Weiterbildungen erworben wurden desto staumlrker ausgepraumlgt wird auch das Beduumlrfnis der Mitarbeiterinnen nach einer finanziellen Anerkennung ihrer Leistung sein

Dafuumlr gibt es in der Praxis zwei Moumlglichkeiten Zum einen koumlnnen soweit die jeweiligen tariflichen Rahmenbedingungen dies ermoumlglichen Funktionsstellen mit einer entsprechend houmlheren Eingruppierung definiert werden Zum anderen kann das ndash ebenfalls in Tarifvertraumlgen in unterschied-licher Form enthaltene ndash Instrument der Leistungszulagen genutzt werden

Obwohl haumlufig die Moumlglichkeit besteht einen Teil der Gehaltssumme leistungsorientiert zu vergeben (z B 2 Prozent) wird bei den befragten Trauml-gern davon nur selten Gebrauch gemacht Knapp die Haumllfte der befragten Traumlger setzt keine leistungsorientierten Elemente bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen ein Bei sechs der Befragten werden die zur Verfuumlgung ste-henden Mittel nach dem bdquoGieszligkannenprinzipldquo gleichmaumlszligig auf alle Mitar-beiterinnen verteilt also de facto nicht leistungsorientiert genutzt Einige dieser Interviewpartner bedauern die Regelungen wenn diese z B fuumlr alle kommunalen Beschaumlftigten gelten sehen selbst aber keine Moumlglichkeit an diesen Rahmenbedingungen fuumlr das Aufgabenfeld Kindertageseinrichtung etwas zu aumlndern Bei einem Traumlger werden 80 Prozent der fuumlr eine Leistungs-orientierung vorhandenen Mittel in Form einer Sockelpraumlmie gleichverteilt und immerhin die restlichen 20 Prozent als Zusatzpraumlmie fuumlr bdquoallerbeste Mit-arbeiterinnenldquo vergeben In drei Faumlllen gibt es Zulagen z B fuumlr heilpaumldago-gische Taumltigkeiten fuumlr die Arbeitserschwernis in Brennpunkt-Kitas oder fuumlr die Dauer der Beteiligung an einem Projekt Ein Personalverantwortlicher gibt an die zur Verfuumlgung stehenden Mittel nicht fuumlr die Gehaumllter sondern zur Finanzierung von betrieblichen Programmen zu nutzen wie z B fuumlr eine uumlbergangsweise Pflege von Angehoumlrigen oder hauswirtschaftliche Un-terstuumltzung von Mitarbeiterinnen durch traumlgereigene Dienste um damit be-sondere Belastungssituationen eigener Beschaumlftigter gezielt abzufedern

Sechs Personalverantwortliche berichten dass zur Vergabe leistungsori-entierter Mittel eine Personalbeurteilung ndash meistens im Rahmen der regelmauml-szligigen Mitarbeitergespraumlche ndash erfolgt und dazu ein Punktesystem bzw ein

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Kompetenzbeurteilungsbogen genutzt wird Auf dieser Basis werden dann Zulagen z B fuumlr eine Anleitertaumltigkeit gezahlt Die Verfahren sind unter-schiedlich umfangreich gestaltet (zwischen drei und sechzehn Leistungskri-terien) Bei einem Traumlger befindet sich ein solches Verfahren in der Erpro-bungsphase bei einem weiteren wurde die urspruumlnglich geplante Nutzung einer Erzieherinnen-Einschaumltz-Skala aufgegeben Drei Befragte bewerten diese Instrumente sehr kritisch bdquoDas System ist kompliziert und ineffektivldquo bdquoDer Aufwand war gigantischldquo bdquoSelbstverstaumlndlichkeiten anstelle besonderer Leistungen werden nun fuumlr einen Teil der Mitarbeiterinnen zusaumltzlich ho-noriertldquo Lediglich einer der Personalverantwortlichen aumluszligert sich positiver Fuumlr die Vergabe der Praumlmien gebe es zwar nur geringe Spielraumlume denn der Traumlger duumlrfe dadurch nicht mehr Personalkosten verursachen aber bdquoje nach-dem wie jemand agiert kann mehr entlohnt werdenldquo

Die in den Tarifvertraumlgen des Oumlffentlichen Dienstes und der groszligen Trauml-gerverbaumlnde enthaltenen Moumlglichkeiten werden also auf unterschiedliche Weise genutzt Auf ein etwas groumlszligeres Interesse stoszligen Funktionszulagen die nicht auf einer individuellen Leistungsbewertung sondern auf der Uumlbernah-me von besonderen Aufgaben beruhen Im Allgemeinen sehen die befragten Traumlger dafuumlr ebenso wenig Moumlglichkeiten wie fuumlr eine Houmlhergruppierung was nicht erstaunlich ist wenn man sich exemplarisch die Tarifstrukturen im Oumlffentlichen Dienst (vgl Kapitel 25) anschaut Hier hat fast ausschlieszliglich der Aufstieg in Funktionen der Leitung und der stellvertretenden Leitung finanzielle Auswirkungen Die bdquoschwierigen Taumltigkeitenldquo die bisher einen Aufstieg von der Gruppe S6 in die Gruppe S8 und seit Juli 2015 von S8a nach S8b ermoumlglichen sind laut Protokollnotiz eng definiert Sie beziehen sich vor allem auf den Einsatz in Gruppen von Kindern mit unterschiedlichen Formen von Behinderung und besonderem Foumlrderbedarf daruumlber hinaus auf die allein verantwortliche Betreuung von Gruppen beispielsweise in Randzei-ten15 Zustaumlndigkeiten fuumlr bestimmte Schwerpunktaufgaben oder der Einsatz in speziellen Bildungsbereichen sind in der Protokollerklaumlrung nicht erfasst Die Ergebnisse der Tarifauseinandersetzungen 2015 haben an dieser Situati-on nichts geaumlndert sondern im Gegenteil die Differenzen zwischen Erzieherinnen im Allgemeinen und solchen mit bdquoschwieriger Taumltigkeitldquo reduziert Fuumlr Traumlger die unter solchen tariflichen Rahmenbedingungen arbeiten ist die Entwicklung von Fachkarrieren ein schwieriges Unterfangen Hinzu kom-

15 httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsueentgeltordnung-protokollerklaerunghtml (Abruf am 18042016)

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men die finanziellen Rahmenbedingungen der Kita-Gesetze der Bundeslaumln-der Die Refinanzierung der Gehaltskosten uumlber die Zuschuumlsse von Laumlndern und Kommunen sieht in der Regel keinen Spielraum fuumlr Funktionsstellen vor

Insgesamt scheint diese Form der leistungsorientierten Bezahlung bei den im Projekt KONTI befragten Traumlgern keine groszlige Rolle im Sinne einer Motivationsfoumlrderung von Beschaumlftigten zu spielen Im Kontext der Personal-beurteilung wird ihr aus der Sicht von Traumlgern und Beschaumlftigten offenkun-dig nur ein sehr begrenzter Stellenwert zugeschrieben Im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Personaleinsatz koumlnnte nach den hier vorgestellten Uumlberlegungen fuumlr eine Fachkarriere jenseits von Leitungsfunktionen eine Louml-sung darin bestehen dass die Vergabe von tariflich vorgesehenen leistungs-orientierten Entgeltbestandteilen nicht an bestimmte Beurteilungen son-dern an die Uumlbernahme bestimmter Aufgaben geknuumlpft wird In dieser Form koumlnnte sie einen ergaumlnzenden Stellenwert innerhalb eines Personalentwick-lungskonzepts erhalten

42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung

Allgemein wird unter Fuumlhrung die psychologische und soziale Faumlhigkeit ei-ner Person im Umgang mit Menschen verstanden Fuumlhrung kann dabei als Prozess definiert werden bei dem eine Person bestimmte Standards und Er-wartungen formuliert die das Verhalten von Menschen beeinflussen (vgl StremelUlber 2014 62) Fuumlhrung bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Arbeitsbereichen die eine Zusammenarbeit mit Personen erfordert Betrof-fen sind hiervon Personalplanung und -einsatz Personalfuumlhrung und -pflege und ebenso Personalentwicklung und -controlling einzelner Mitarbeiterin-nen sowie des Teams als Ganzes Daruumlber hinaus beinhaltet sie aber auch wei-tere Taumltigkeitsfelder wie z B die paumldagogische Leitung Qualitaumltssicherung Administration und Oumlffentlichkeitsarbeit Von wachsender Bedeutung ist da-bei auch das Gesundheitsmanagement

Die Fuumlhrungsverantwortung im Hinblick auf Kindertageseinrichtungen liegt somit zunaumlchst bei ihrem Traumlger Viele Elemente der Fuumlhrung werden jedoch von den Leitungskraumlften der einzelnen Einrichtungen wahrgenom-men (vgl Kapitel 33) die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist somit Fuumlhrungskraft Ihre Rolle ist daruumlber hinaus im alltaumlglichen Betrieb von be-sonderer Bedeutung Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Traumlgerstruktur um eine Position auf der mittleren Fuumlhrungsebene angesichts der dezentra-len Organisation ist die Kita-Leitung jedoch in der Praxis die zentrale Vertre-

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tung des Arbeitgebers in der einzelnen Einrichtung organisiert den Perso-naleinsatz vor Ort und praumlgt den Alltag im Team Der Traumlger gibt dafuumlr die Rahmenbedingungen vor und hat Fuumlhrungsaufgaben gegenuumlber den Kita-Leitungen wahrzunehmen

In diesem Kapitel werden zunaumlchst einige grundlegende Uumlberlegungen zum Verhaumlltnis zwischen dem Traumlger einerseits und der Einrichtungsleitung als Fuumlhrungskraft auf der mittleren Ebene andererseits angestellt (Ab-schnitt 421) Darauf aufbauend geht es im Anschluss um Fragen der Team-entwicklung (Abschnitt 422) und ein traumlgergestuumltztes Monitoring der Ein-richtungen (Abschnitt 423) Abschlieszligend werden Fragen des Gesundheits-managements als Fuumlhrungsaufgabe thematisiert (Abschnitt 424)

421 Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Einrichtungsleitungen

Eine mitarbeiterorientierte Personalfuumlhrung zielt auf eine moumlglichst hohe Mitarbeiterzufriedenheit und basiert zunaumlchst auf Fuumlhrungsgrundsaumltzen die das Handeln von Fuumlhrungskraumlften entsprechend leiten sollen Wertschaumltzung ist dabei im doppelten Sinne ein wichtiges Element eines ressourcenorien-tierten Fuumlhrungsstils Ziel ist es dabei den Mitarbeiterinnen eine Anerken-nung fuumlr ihre Leistungen zukommen zu lassen die fuumlr die Arbeit motiviert und die persoumlnlichen Staumlrken foumlrdert Dabei geht es sowohl um fachliche An-erkennung als auch um persoumlnliche Wertschaumltzung Daneben ist es im Sinne der Personalbindung fuumlr jedes Unternehmen ndash also auch fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash von Bedeutung die individuellen Werte seiner eigenen Mit-arbeiterinnen zu kennen um potenzielle Konflikte zwischen den Werten des Unternehmens also des paumldagogischen Konzepts der Einrichtung und denen des Traumlgers zu erkennen und Loumlsungen zu suchen

bdquoDie emotionale Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern entsteht dann wenn die gelebten Unternehmenswerte weitgehend identisch sind mit den priorisierten Werten der Mitar-beiter Dieser Effekt wird noch verstaumlrkt wenn die Mitarbeiter einen gewissen Freiraum bei ihrer Arbeit haben und dadurch ihre Werte auch verwirklichen koumlnnenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 85)

Von den Personalverantwortlichen der befragten Traumlger wird die Aufgabe der Personal- und Teamfuumlhrung weitgehend in die Haumlnde der Einrichtungs-

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leitungen gelegt Die Beschaumlftigtenbefragungen zeigen dass dies in den meis-ten Einrichtungen gut funktioniert Wo dies allerdings nicht der Fall ist ent-steht ein hohes Belastungsempfinden so dass die Qualitaumlt der Teamfuumlhrung aus Traumlgerperspektive nicht dem Zufall uumlberlassen werden sollte Insofern er-scheint eine gezielte Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Leitungen als notwendig d h der Traumlger als letztlich Verantwortlicher sollte einerseits Steuerungsmoumlglichkeiten wahrnehmen und andererseits die Fuumlhrungskraumlfte in der Kita ndash auch im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements ndash ge-zielt unterstuumltzen und entlasten

Nach einem Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtun-gen (Fhtenakis et al 2003) gehoumlrt das Personalmanagement zu den originauml-ren Aufgaben des Traumlgers Nach der bdquoTQ-Dimension 4 Personalmanage-mentldquo zaumlhlt dazu neben Personalplanung Personalentwicklung -controlling und -verwaltung auch die Personalfuumlhrung Als Voraussetzung fuumlr ein gelin-gendes Personalmanagement wird dort ein Personalkonzept angesehen das verbindliche Formen der Kompetenzverteilung zwischen dem Traumlger der Leitung und dem Mitarbeiterteam definiert und die Zusammenarbeit zwi-schen Beteiligten regelt (vgl Oberhuemer et al 2003 33) Der Traumlger ist dar-um gefordert seine Fuumlhrungskraumlfte bei der Ausuumlbung der Personalverant-wortung in den Kitas vor Ort zu unterstuumltzen Die Beispiele im Kasten koumln-nen diese Aufgabe naumlher veranschaulichen

Unterstuumltzungsbedarfe der Fuumlhrungskraft (Lange 2015)

ndash einschlaumlgiges Wissen und anwendungsfaumlhige Kenntnisse in den Bereichen Teamentwicklung Kommunikation Moderation und Konfliktloumlsung

ndash ausreichende Zeitressourcen fuumlr die Teamentwicklung Betroffen sind davon insbesondere bdquonicht freigestellteldquo Leitungen Ihnen fehlt es besonders dann an Zeit fuumlr die Teamentwicklung wenn sie etwa wegen eines hohen Krankenstandes als bdquoVertretungs-kraftldquo in den Gruppen fungieren

ndash Schutz und Unterstuumltzung durch den Traumlger in krisenhaften Situ-ationen

ndash professioneller Reflexionsrahmen zur Entlastung Absicherung Staumlrkung von Rollen-Klarheit und Vorbildfunktion etwa durch Einzel- oder Gruppensupervision kollegiale Beratung oder Inter-vision bzw austauschbasierte Fortbildungen

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In der Leitungsbefragung im Projekt KONTI zeigt sich jedoch (vgl im Fol-genden Koumlhling 2015) nur knapp die Haumllfte der Befragten sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung durch den Traumlger die anderen Befragten haben unter-schiedliche Einschaumltzungen von bdquomit Einschraumlnkungen gut unterstuumltztldquo bis hin zu bdquonicht ausreichend unterstuumltztldquo Lediglich hinsichtlich der Bereitstel-lung von Fachinformationen undoder Konzepten fuumlhlen sich die meisten Befragten gut ausgestattet Eine besondere Unterstuumltzungsfunktion uumlber-nimmt hier das Qualitaumltsmanagement das vor allem von Traumlgern mit meh-reren Einrichtungen und von privat-gewerblichen Traumlgern genutzt wird und uumlber das viele Materialien zur Strukturierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt werden Als wichtige Bedingungen fuumlr eine gute Zusammenarbeit werden von den befragten Fuumlhrungskraumlften in den Einrichtungen vor allem genannt ndash eine klareDefinitionvonAufgabenundBefugnissen innerhalb derer Leitun-

gen flexibel handeln koumlnnen dies wird von ca drei Vierteln der befragten Leitungen als wichtig fuumlr ihre Arbeit erachtet

ndash eine guteAnsprechbarkeitdesTraumlgers die regelmaumlszligige Termine als auch in-dividuelle Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme mit der Moumlglichkeit zur Kommunikation und Information genauso umfasst wie die Moumlglichkeit zum Austausch bei Treffen mit anderen Leitungen

ndash die BereitschaftzumZuhoumlren inklusive Verstaumlndnis und Wertschaumltzung fuumlr die geleistete Arbeit

ndash kurze Verwaltungs- bzw Entscheidungswege mit Einhalten von Terminen und Absprachen (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern da stehen um-fallenldquo) bzw allgemein Ruumlckhalt durch den Traumlger (bdquoWenn der Traumlger nicht hinter mir steht bei einer Entscheidung oder einer Aussage die ich treffe dann geh ich hier unterldquo)

ndash UnterstuumltzungdurchfinanzielleRessourcenAusstattungService bdquoMehr Per-sonal und mehr Handlungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Un-terstuumltzungldquo

Aus den bei den Befragungen im Projekt KONTI genannten Problemen und Defiziten lassen sich Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen ablei-ten Sie reichen von klarer definierten Traumlgerprofilen und -zustaumlndigkeiten auf der einen und Leitungsprofile und Arbeitsplatzbeschreibungen auf der anderen Seite uumlber eher bdquoweicheldquo ndash aber sehr zentrale ndash Faktoren einer besse-ren Anerkennung und Wertschaumltzung der Arbeit von Leitungen allgemein

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und insbesondere auch durch den jeweiligen Traumlger bis hin zu professionelle-ren Vorstaumlnden die uumlber die Belange von Kindertageseinrichtungen infor-miert sind Geeignete Loumlsungsansaumltze des Traumlgers bieten sich hier vor allem in Form von Fortbildungen an die im Sinne einer gezielten und kontinuier-lichen Personalentwicklung fuumlr Leitungen zur Unterstuumltzung der Taumltigkeit insgesamt und insbesondere eines qualifizierten Fuumlhrungsverhaltens beitra-gen koumlnnen

Einige Traumlger bieten ihren Leitungskraumlften entsprechende Schulungs-maszlignahmen an bei einigen ist dies sogar mit einer Teilnahmeverpflichtung verbunden So gibt es bei einem kommunalen Traumlger beispielsweise eine Fortbildungsreihe zum systemischen Fuumlhren die ihren Ursprung in der Er-kenntnis hat dass sich (stellvertretende) Leitungskraumlfte durch das Fuumlhren und Leiten ihrer Mitarbeiterinnen sehr belastet fuumlhlen Bei einem anderen kommunalen Traumlger gibt es einmal im Vierteljahr einen Leitungslehrgang mit sechs Modulen deren Umsetzungserfahrungen im Abstand von sechs Wochen durch eine zweitaumlgige Supervision zur Bearbeitung und Reflexion ergaumlnzt werden

Des Weiteren koumlnnen insbesondere ndash aber nicht nur ndash bei Leitungen die die Bedeutung von Sozialkompetenzen in den Mittelpunkt stellen Stellen- und Aufgabenbeschreibungen zu den Inhalten einer Leitungstaumltigkeit zur Schaumlrfung des Selbstbildes beitragen Bei vielen Traumlgern existieren allgemei-ne Stellenbeschreibungen fuumlr die Erzieherinnen bzw Leitungsstellen Im Sinne einer Aufgabenbeschreibung werden sie aber kaum genutzt obwohl sie den Blick fuumlr die Vielfalt der Aufgaben und Kompetenzbereiche weiten und damit zur Professionalisierung der Arbeit beitragen koumlnnen Auf diesem Weg kann eine Klaumlrung des Leitungsprofils fuumlr alle Beteiligten unterstuumltzt werden damit solchen Aussagen die Grundlage entzogen wird bdquoMir wird manchmal unterstellt Was machst Du denn den ganzen Tag Da krieg ich dann echt ein schlechtes Gewissen Ich kann nichts vorzeigen manchmal ich bin immer in Aktionldquo

Das Anforderungsprofil fuumlr Leitungen von Kindertageseinrichtungen eines der im Projekt KONTI befragten kommunalen Traumlger in NRW bein-haltet beispielsweise folgende Kompetenzbereiche Personalfuumlhrungs kom - pe tenz persoumlnliche Kompetenz (Integritaumlt und Grundhaltung) soziale Kompetenz (Kommunikations- und Interaktionskompetenz) Veraumlnderungs-kompetenz strategische Kompetenz Fach- Dienstleistungs- und Marketing-kompetenz Andere Traumlger gehen nicht von Kompetenzen aus sondern defi-nieren konkrete Aufgaben wie die folgende Stellenbeschreibung fuumlr die Lei-tung einer Kita in kirchlicher Traumlgerschaft zeigt Nach dieser Beschreibung

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umfasst die Leitungstaumltigkeit nachfolgende Aufgabenbereiche die jeweils durch eine Reihe von Unterpunkten spezifiziert werden16

1 Fuumlhrungsverantwortung und Personalentwicklung2 administrative Taumltigkeiten3 Konzeptions- und Qualitaumltsentwicklung4 Zusammenarbeit mit den Eltern5 Zusammenarbeit mit dem Traumlger6 Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde7 Oumlffentlichkeitsarbeit8 Gebaumlude Inventar und Arbeitssicherheit9 hauswirtschaftliche Aufgaben

Werden Anforderungen an die Leitungsfunktion in dieser Weise deutlich ge-macht kann das Selbstmanagement unterstuumltzt werden Es kann z B deut-lich werden wo Fortbildungsbedarf besteht um den Anforderungen gerecht werden zu koumlnnen wo eventuell das eigene Fuumlhrungsverhalten (weiter)ent-wickelt werden muss um unterschiedlichen Erwartungen begegnen zu koumln-nen oder welche physischen und psychischen Beanspruchungen bestehen und welche Gesundheits-Maszlignahmen ggf ergriffen werden sollten um die eigene Leistungsfaumlhigkeit zu erhalten

Zur Klaumlrung des eigenen Selbstbilds bei der Wahrnehmung der Leitungs-funktion koumlnnen daruumlber hinaus eine Analyse der eigenen Ressourcen (Moti-vation Ziele Belastungsempfinden etc) und der vorhandenen Rahmenbe-dingungen (Traumlger Kinder Personal Finanzen Raumlumlichkeiten Leitbilder etc) sowie der damit verbundenen Aufgaben beitragen Zu Ersterem der Vergewisserung eigener Ressourcen und Moumlglichkeiten koumlnnen Leitungs-schulungen dienen die sinnvollerweise bereits vor der Uumlbernahme einer ent-sprechenden Taumltigkeit erfolgen sollten Fuumlr den Traumlger haben derartige Schu-lungen daneben den Vorteil dass damit eine gezielte Auswahl von Leitungs-kraumlften sowie eine laumlngerfristige Personalplanung unterstuumltzt werden koumln-nen

Der Leitungslehrgang eines der im Projekt KONTI befragten kommuna-len Traumlger der als Zielgruppen neben Leitungskraumlften und ihren Stellvertre-tungen auch Personen einbezieht die an der Leitungsfunktion interessiert sind umfasst beispielsweise neun Module mit ein- bis zweitaumlgigen Work-

16 httpkitas-kgvdefileadminredakteure1_Familie_und_KinderpdfStellenbeschreibung_Leitung_KGV-Kitapdf (Abruf am 18042016)

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shops im Abstand von sechs Wochen Die Module enthalten folgende In-halte1 erfolgreiches Fuumlhren2 Gespraumlche konstruktiv gestalten und das Foumlrder- und Beratungsgespraumlch

als Chance nutzen3 souveraumlne Steuerung von Besprechungen und Moderationen4 Zeitmanagement und Verwaltungsorganisation5 Dienstplangestaltung6 die Beurteilung als Fuumlhrungsinstrument und ihre rechtliche Wirkung7 Erziehungspartnerschaft mit Eltern8 Grundzuumlge des Personalrechts9 Ziele Strategien und Strukturen des Jugendamtes

Leitungsschulungen unterstuumltzen durch die Aneignung von Wissen und Methoden zu Mitarbeiterfuumlhrung Personalentwicklungs- oder Qualitaumlts-sicherungsinstrumenten aber nicht allein die Kompetenzentwicklung der Fuumlhrungskraumlfte selbst sondern bieten auf diesem Wege auch Moumlglichkeiten Personalentwicklungsmaszlignahmen fuumlr das Mitarbeiterinnen-Team zu uumlber-pruumlfen und ggf zu verbessern

422 Teamfoumlrderung und Teamentwicklung

Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen erfolgt in Teams Von einem Team wird gesprochen wenn alle Mitglieder einer Grup-pe auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind und jedes Teammitglied entsprechend seiner Faumlhigkeiten bzw seiner zugeschriebenen Rolle einen Teilbeitrag zum Ganzen leistet (vgl Birker 2000 154) Die Teamarbeit wird besonders in Arbeitsfeldern sozialer Dienstleistungen favorisiert da die Be-schaumlftigten dem jeweiligen Arbeitsauftrag z B vor dem Hintergrund einer gestiegenen Komplexitaumlt von Prozessen wachsender Anforderungen an Fle-xibilitaumlt sowie der notwendig gewordenen Koordination von zunehmend spezialisiertem Wissen im Team besser gerecht werden koumlnnen als dies in traditionell hierarchischen Organisationsstrukturen moumlglich ist Gerade auch bei einem erhoumlhten Effektivitaumlts- und Effizienzdruck hervorgerufen durch Sparmaszlignahmen bei gleichzeitigem Anstieg an Qualitaumltsanforderungen wird der Gemeinschaft von Mitarbeiterinnen ein groszliges koordinierendes Potenzial zugeschrieben da durch die enge Zusammenarbeit eine emotional bindende und den Einzelnen anspornende Wirkung entsteht (vgl BalzSpieszlig

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2009 14) Studien zur Evaluation der Qualitaumlt fruumlhpaumldagogischer Angebote belegen daruumlber hinaus dass die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen mit der Kooperation im Team Auswirkungen auch auf die Qualitaumlt der paumldagogi-schen Angebote die Interaktionsqualitaumlt mit den Kindern und auf die Grup-penatmosphaumlre hat (vgl Honig et al 2004)

Die Aufgabe der Leitung von Kindertageseinrichtungen liegt somit nicht nur in der Fuumlhrung der einzelnen Mitarbeiterinnen sondern vor allem in der Fuumlhrung ihres gesamten Teams Dabei hat sie zunaumlchst sicherzustellen dass der paumldagogische Auftrag fachgerecht umgesetzt wird Damit die dazu erforderlichen Aufgaben von ihren Mitarbeiterinnen gut und verlaumlsslich er-ledigt werden hat sie gleichzeitig dafuumlr Sorge zu tragen dass eine foumlrderliche Arbeitssituation und Arbeitsatmosphaumlre entstehen kann Dies bestaumltigte sich gerade auch bei der Beschaumlftigtenbefragung im Projekt KONTI (vgl Ab-schnitt 324) Arbeitsmotivation und -zufriedenheit in der Kindertagesein-richtung steht und faumlllt mit einer guten Zusammenarbeit im Team und ei-nem guten Verhaumlltnis der Mitarbeiterinnen zur Leitung Auf dieser Basis ist der Arbeitsalltag ndash bei allen auftretenden Schwierigkeiten ndash von allen gut zu bewaumlltigen Das Zusammengehoumlrigkeitsgefuumlhl staumlrkt daruumlber hinaus die Identifikation mit der Einrichtung den eigenen Arbeitsaufgaben und nicht zuletzt mit den Kindern und deren Familien Die Teamfuumlhrung nimmt dar-um ndash auch aus der Sicht der Leitungskraumlfte selbst ndash im Alltag den groumlszligten Raum im Arbeitsfeld der Kita-Leitung ein

In diesem Sinne ist es auch Aufgabe von Leitung alle Mitarbeiterinnen zu beteiligen die individuellen Beduumlrfnisse der Einzelnen zu beruumlcksichtigen und dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen Hier stets einen gerechten Interessenausgleich herbeizufuumlhren wird zu einer sensiblen Aufgabe die viel Empathie und Fingerspitzengefuumlhl erfor-dert Teamfuumlhrung benoumltigt regelmaumlszligig komplexe Abstimmungsprozesse und transparente Entscheidungen mit denen die Teammitglieder in ihrem Arbeits- und Familienleben gut zurechtkommen und mit denen Konflikte im Vorfeld vermieden werden koumlnnen

Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass die Teams in Kindertageseinrichtun-gen durch eine wachsende Heterogenitaumlt gekennzeichnet sind Im Projekt berichteten Leitungen von einer Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Al-tersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Faumlhigkeiten Berufen Kompeten-zen bis hin zu unterschiedlichen Ausbildungen und Einstiegsvoraussetzun-gen in den Beruf (z B Erstberuf und Quereinstieg) sowie unterschiedlichen Nationalitaumlten und Familiensituationen Eine groszlige Vielfalt im Team wird von den befragten Leitungskraumlften uumlberwiegend als besonderer Vorteil fuumlr

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die Arbeit mit Kindern angesehen die fuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen benoumltigen

Die Vielfalt im Team kann andererseits z B durch eine breite Altersmi-schung eine multiprofessionelle Zusammensetzung oder partielle Akademi-sierung Konflikte aufwerfen die sich etwa in Hierarchiedenken Konkurrenz und unklarer Arbeitsteilung aumluszligern Der professionelle Umgang mit den da-raus resultierenden Konflikten sowie der Entwicklung und Foumlrderung des Personals und des Teams setzt nicht nur ein Wissen uumlber die jeweils spezifi-schen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten voraus sondern fordert von der Perso-nal- und Teamfuumlhrung auch besondere Kompetenzen um unter Beruumlcksich-tigung der verschiedenen Beduumlrfnisse und Ansichten der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen auf dem Wege der Aushandlung Win-Win-Situationen zu gestalten Je heterogener ein Team zusammengesetzt ist desto wichtiger wer-den darum Kommunikationskultur Konzeptionsentwicklung Personalorga-nisation und Qualitaumltssicherung

Im Hinblick auf eine demografiesensible Personalwirtschaft wird unter dem Aspekt der Vielfalt im Team vor allem die Bildung von altersgemischten Teams diskutiert (vgl BrandenburgDomschke 2007 185) damit juumlngere Be-schaumlftigte von den Erfahrungen der Aumllteren und Aumlltere von dem neuen Wis-sen und den neuen Ideen Juumlngerer profitieren koumlnnen (vgl Deller et al 2008 81 f) Im Zusammenhang mit der Teamentwicklung entstehen hier aber auch Herausforderungen im Umgang mit aumllteren Mitarbeiterinnen Vorur-teile sind oft weit verbreitet (vgl ebd 80)

Waumlhrend die Leistungsfaumlhigkeit mit zunehmendem Alter in manchen Bereichen (z B koumlrperliche Leistungsfaumlhigkeit Geschwindigkeit der Infor-mationsaufnahme und Risikobereitschaft) eher abnimmt zeigen sich auch Bereiche in denen sie gleich bleibt (z B Leistungs- und Zielorientierung Entscheidungsfaumlhigkeit und psychisches Durchhaltevermoumlgen) oder sogar zunimmt Beispiele sind Expertenwissen Urteilsfaumlhigkeit und Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein (vgl Bruggemann 2000)

Auf der anderen Seite zeigt sich im Alltag der Arbeit auch dass die Aus-uumlbung des Erzieherinnen-Berufs groszlige Freiraumlume und vielfaumlltige Entwick-lungsmoumlglichkeiten bietet die uumlber die Jahre und in der Summe positive Auswirkungen haben koumlnnen Gerade der Zuwachs an persoumlnlichen und be-ruflichen Erfahrungen sowie an Sicherheit kann einen Gewinn fuumlr das ge-samte Team darstellen

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bdquoWenn die Verschiedenheiten ndash persoumlnlich und fachlich ndash auf der Basis relevanter Gemeinsamkeiten stattfinden kann wird ein alters-gemischtes Team als Bereicherung fuumlr alle Beteiligten erlebt Das Verstaumlndnis fuumlr die Lebenssituation und Arbeitsweise des jeweils an-deren kann helfen individuelle Staumlrken zielfoumlrdernd einzusetzenldquo (Weiser 2013)

Dabei korrespondiert die Einschaumltzung der Leistungsfaumlhigkeit und Belastbar-keit von aumllteren Mitarbeiterinnen auch mit der jeweiligen Unternehmens-kultur (vgl BrandenburgDomschke 2007 112) Deshalb muumlssen bdquoUnterneh-mensleitung Fuumlhrungskraumlfte und Arbeitnehmervertretung [hellip] im Rahmen einer wertschaumltzenden Unternehmenskultur deutlich machen dass auch aumllte-re Mitarbeiter im Unternehmen unverzichtbar und fuumlr das Unternehmen wertvoll sindldquo (ebd) Diese Forderungen betreffen unterschiedliche Ebenen

ndash bdquoBewusstseinsschaffungSensibilisierung bei Management (Fuumlhrungskraumlf-ten) und Arbeitnehmervertretung

ndash Staumlrkung des Selbstbewusstseins aumllterer Mitarbeiter ndash Korrektur von Erwartungshaltungen bei aumllteren Mitarbeiternldquo (Branden-

burgDomschke 2007 112)

Als Leitungs- und Traumlgeraufgabe ergibt sich daraus die Anforderung fuumlr eine Atmosphaumlre und Haltung im Team zu sorgen in der die entsprechenden In-teressen Staumlrken sowie Schwaumlchen von jungen und aumllteren Mitarbeiterinnen offen angesprochen werden koumlnnen und daruumlber hinaus die Zeit- und Arbeitsorganisation so zu gestalten dass sie diese Unterschiedlichkeit be-ruumlcksichtigt Diese Leitvorstellung gilt letztlich auch fuumlr den Umgang mit an-deren Formen von Heterogenitaumlt insbesondere im Umgang mit unterschied-lichen Qualifikationen undoder Familiensituationen

Teams uumlbernehmen nicht nur gemeinschaftlich die Verantwortung fuumlr alle Aufgaben der Kindertageseinrichtung sondern sie regeln dazu auch ge-meinsam die Aufgaben(ver)teilung Im Idealfall werden Entscheidungen die die Einrichtung und das Arbeitsfeld betreffen von allen Teammitglie-dern partizipativ in einem demokratischen Verfahren getroffen Dabei wer-den Wissen und Erfahrung untereinander ausgetauscht Die Basis fuumlr diese Arbeit ergibt sich aus Vertrauen Offenheit und einem der gemeinsamen Sache verpflichteten Engagement Als zentrale Aufgabe der Leitung wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis in Form vielfaumlltiger Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch angesehen die gleich-zeitig das Wohlfuumlhlen im Team und in der Kindertageseinrichtung foumlrdern

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und somit zur Personalbindung beitragen soll Beispiele dafuumlr die in der KONTI-Befragung angesprochen wurden sind ndash morgendliche Rituale zur Begruumlszligung damit sich die Mitarbeiterinnen

zumindest einmal am Tag persoumlnlich gesehen und gesprochen haben ndash unterschiedliche gemeinsame Pausenregelungen zur persoumlnlichen Aus-

sprache ndash gemeinsame dienstliche und private Aktionen z B Studientage oder

bdquoKochaktionenldquo ndash die Schaffung von Raumlumen die besonders den Anforderungen von Er-

wachsenen mit z B entsprechend gemuumltlichen Sitzecken die zum Ver-weilen und zum Austausch auffordern

Der Aufbau einer wertschaumltzenden und belastbaren Teamkultur stellt einen entscheidenden Aspekt von Teamentwicklung dar Teams werden hier vor eine groszlige Herausforderung gestellt da eine kritische Auseinandersetzung und die Akzeptanz von Fehlern und Konflikten noumltig werden Im Umgang mit Konflikten wird in einigen der befragten Einrichtungen eine eigene Kon-fliktloumlsungskultur entwickelt und gelebt die bis zur Umsetzung geeigneter Problemloumlsungen einen organisatorischen Rahmen vorgibt und Mediations-verfahren einschlieszligt Gut ein Drittel der befragten Einrichtungsleitungen erwartet dazu von den Mitarbeiterinnen zunaumlchst einen offensiven aber gleichermaszligen verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem ent-standenen Problem In anderen Faumlllen sehen Leitungen zwar Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinandersetzung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) In zwei Faumlllen wird von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team be-richtet die vor allem dadurch ausgeloumlst sind dass die Leitung versucht Ver-aumlnderungen umzusetzen (bdquoSie haben Angst sie fuumlhlen sich belastet durch diese Veraumlnderungenldquo) Eine der beiden betroffenen Leiterinnen plant des-halb einen Arbeitsplatzwechsel

Gerade Teamentwicklung kann dazu beitragen dass Energien aus der vorhandenen Heterogenitaumlt der Mitarbeiterinnen mobilisiert werden in-dem das Team lernt konstruktiv und offen mit Konflikten umzugehen und vorhandene Potenziale auszuschoumlpfen Dabei ist es fuumlr den Prozess der Team-entwicklung notwendig von Beginn an vorhandenen Aumlngsten durch den Aufbau von Sicherheit entgegenzuwirken und die (unterschiedlichen) Hal-tungen im Team zu thematisieren und zu uumlberpruumlfen Fuumlr die Moderation dieser Prozesse ist die Leitung zustaumlndig die im besonderen Maszlige vom Pro-zess betroffen ist Sie stellt nicht nur einen entscheidenden Wegbereiter dar

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sondern uumlbernimmt auch Vorbildfunktion z B fuumlr die Haltung zu Partizipa-tion den Umgang mit Kritik eigenen Fehlern sowie Abgrenzungserforder-nissen Dazu benoumltigt sie insbesondere ein ausgeglichenes Verhaumlltnis von Naumlhe und Distanz zum Team um professionell auf Prozesse und Team-Mit-glieder einwirken zu koumlnnen Ein zielgerichtetes und selbstreflektiertes Fuumlh-rungs- und Handlungsverstaumlndnis ist Voraussetzung dafuumlr dass die Leis-tungsfaumlhigkeit des Teams und gleichzeitig das Team- und Arbeitsklima durch Teamentwicklung und -fuumlhrung verbessert werden koumlnnen Die Moderation der Prozesse erfordert Kenntnisse uumlber Methoden und Arbeitstechniken so-wie uumlber deren moumlgliche Wirkungen

In den Leitungsinterviews werden verschiedene Maszlignahmen zur Personal-entwicklung genannt die teilweise auf individuellen teilweise auf traumlger-spezifischen Entwicklungskonzepten beruhen So gibt es in einer Einrich-tung zu Jahresbeginn sogenannte bdquoStartgespraumlcheldquo zwischen Leitung und Mitarbeiterinnen in denen Bedarfe und Probleme thematisiert werden koumlnnen oder es gibt Zielvereinbarungs- bzw Mitarbeitergespraumlche Allge-mein wird von ausreichenden Fortbildungsmoumlglichkeiten fuumlr das Team be-richtet Sie reichen von traumlgerinternen Schulungsangeboten zwischen einem und drei Tagen oder regelmaumlszligig stattfindenden Qualitaumltszirkeln zum intensi-

Hauptweichen fuumlr die Teamentwicklung (Lange 2015)

Eine gemeinsam entwickelte Team-Matrix gibt den Team-Mitglie-dern Orientierung uumlber Ziele Aufgaben Rollen und Positionen so-wie Verfahrens- und Verhaltensregeln Sie stellt die Grundlage fuumlr die Identifikation mit der Kindertageseinrichtung dar und gilt als eine der Hauptvoraussetzungen fuumlr die Bildung einer bdquolernenden Organisationldquo wenn die Mitarbeiterinnen bereit sind voneinander zu lernen und sich zu veraumlndern

Der Einsatz zielfuumlhrender Arbeitstechniken stellt neben ausrei-chenden Zeitressourcen und einschlaumlgigem Methodenwissen einen wesentlichen Eckpfeiler dar ndash um an Haltungen und fachlichen Kompetenzen im Team zu ar-

beiten und ndash um eine wertschaumltzende und belastbare Teamkultur aufzubauen

in der die Anspruumlche an Psychohygiene und psychischer Entlas-tung der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ven fachlichen Austausch uumlber Teamqualifikationen z T mit externen Refe-rentinnen bis hin zu einem dreitaumlgigen Einarbeitungsworkshop fuumlr neue Mitarbeiterinnen welcher der traumlgerspezifischen konzeptionellen und be-trieblichen Einweisung dient Wie bereits dargestellt (vgl Abschnitt 421) gehoumlrt die Unterstuumltzung der Teamentwicklung durch den Traumlger mit zu sei-nem Aufgabenprofil (vgl Oberhuemer 2003 61) Leitungskraumlfte bestaumltigen dies teilweise in den im Projekt KONTI durchgefuumlhrten Interviews Neben der Bereitstellung von Zeitressourcen berichten einige von ndash unterschiedlichen Formen von traumlgerinternen und -spezifischen Leitungs-

qualifikationen im Umfang mehrerer Tage oder in Form von Schulungs-reihen mit verschiedenen Modulen bzw Bausteinen

ndash Angeboten zur berufsbegleitenden Qualifikation fuumlr die Leitungstaumltig-keit in Form von Studium oder Weiterbildungen

ndash Teamentwicklungstagen und -workshops mit externer oder traumlgerinter-nen Moderation zur intensiven Auseinandersetzung mit Strukturen Rol-len- und Aufgabenverteilungen

ndash Patenschaften durch andere Leitungskraumlfte zur kollegialen Unterstuumlt-zung und Reflexion der Prozesse

ndash regelmaumlszligig bzw bei Bedarf stattfindender Supervision undoder Coaching fuumlr Leitungskraumlfte oder auch fuumlr ganze Teams

ndash Unterstuumltzung der Teams durch externe Moderation bei Konflikten

423 Monitoring der Mitarbeiterzufriedenheit

Ein funktionsfaumlhiges Beschwerdemanagement Mitarbeitergespraumlche und Mit arbeiterbefragungen gehoumlren zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten einer mitarbeiterorientierten Personalfuumlhrung Regelmaumlszligige Personalgespraumlche gibt es nach den Befragungen im Projekt KONTI bei den meisten Kita-Traumlgern Dabei ist mehrheitlich die Einrichtungsleitung fuumlr die Durchfuumlhrung zustaumlndig Gespraumlche mit der Leitung selbst erfolgen in der Regel durch Traumlgervertreterinnen wie z B die Fachberatungen oder die Personalverantwortlichen Zum Teil werden einheitliche Leitfaumlden zugrun-de gelegt Eine systematische Dokumentation der Ergebnisse konkrete Ziel-vereinbarungen auf der Grundlage der Gespraumlche oder eine uumlbergreifende Auswertung auf der Ebene des Traumlgers finden sich jedoch nur selten Neben solchen individuellen Mitarbeitergespraumlchen bietet sich die Nutzung von Beschaumlftigtenbefragungen an denn

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEine wesentliche Voraussetzung gelungener Organisations- und Personalentwicklung (in Kindertageseinrichtungen) ist es zielge-richtet und passgenau zu handeln ndash also eine konkrete Zielsetzung zu formulieren vor dem Hintergrund eines moumlglichst genauen und aktuellen Bildes der Erfordernisse und Bedarfe einer Organisation und des Personals Der erste Schritt im Prozess ist demnach eine Untersuchung des Ist-Zustandes z B des Gesundheitsstatus der Beschaumlftigten der Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden Eltern und Kindernldquo (Franz 2015a)

Vor diesem Hintergrund erweisen sich Kombinationen von Beschaumlftigten- und Elternbefragungen als sinnvolle Instrumente Beachtet werden muss da-bei dass Befragungen nicht allein aus Selbstzweck erfolgen Vielmehr muss mit den Ergebnissen gearbeitet werden Dazu gehoumlrt zum einen dass sie in den Teams kommuniziert werden wobei identifizierte Probleme diskutiert und zum Ausgangspunkt fuumlr die Erarbeitung von Loumlsungsvorschlaumlgen ge-nommen werden Zum anderen muss sich die Fuumlhrungsebene mit den Er-gebnissen auseinandersetzen und Schlussfolgerungen im Sinne der Planung von geeigneten Maszlignahmen daraus ziehen Werden Befragungen regelmaumlszligig wiederholt koumlnnen Veraumlnderungen im Zeitverlauf gemessen und damit auch der Erfolg der eingesetzten Maszlignahmen evaluiert werden (vgl Franz 2015a) Letztlich sind die Befragungen nur so gut wie ihre Einbindung in ei-nen Planungs- Entwicklungs- und Umsetzungsprozess An einer solchen sys-tematischen ndash vollstaumlndigen wie einrichtungsuumlbergreifenden ndash Analyse und zielorientierten Interpretation der Ergebnisse fehlt es haumlufig in der Praxis auch wenn Mitarbeiterbefragungen inzwischen von einer Reihe von Traumlgern eingesetzt werden Das Verfahren eines solchen Monitorings als eine Kom-bination von Fragen an Beschaumlftigte einerseits und an Eltern andererseits wird nachfolgend am Beispiel eines kommunalen Traumlgers vorgestellt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Monitoring in Kindertageseinrichtungen bei GeKita (BornJonassohn 2015)

GeKita (wwwgekitade) ist der Traumlger der staumldtischen Kindertages-einrichtungen in Gelsenkirchen Gemeinsam mit KCR (Konkret Consult Ruhr wwwkcr-netde) wurden 2013 und 2015 Beschaumlftig-ten- und Elternbefragungen in allen 65 Kitas durchgefuumlhrt Der Fra-gebogen wurde in einem eigens dafuumlr gebildeten Steuerungskreis (Abteilungsleitungen Kita-Leitungen Fachberatungen Mitarbeiterinnen Personalrat) entwickelt Die Befragungskonzeption wurde in einer Leitungskonferenz vorgestellt um die Kita-Leitungen als Multi-plikatorinnen zu gewinnen die dazu beitragen sollten Mitarbeiterinnen und Eltern fuumlr die Teilnahme an der Befragung zu motivieren Die Gesamtergebnisse der Befragungen wurden in Leitungskonferen-zen vorgestellt und im Steuerungskreis diskutiert Zusaumltzlich erhielt jede Leitung die Ergebnisse fuumlr ihre Einrichtung um sie in ihrem Team vorzustellen In kritischen Faumlllen gab es Gespraumlche mit der Fachberatung und Zielvereinbarungen uumlber Verbesserungsmoumlglich-keiten

Die Beschaumlftigtenbefragungen enthielten Fragen zur Mitarbeiter-zufriedenheit und zu Themen wie beispielsweise Fuumlhrung Informa-tion Mitarbeiterorientierung Organisation Team Fortbildung Ar-beitssituation und Work Life Balance In der Elternbefragung wurde die Kundenzufriedenheit abgefragt verbunden mit Bewertungsfra-gen zur Qualitaumlt der paumldagogischen Arbeit der Oumlffnungszeiten und der Atmosphaumlre in der Kita Auf diese Weise konnten sowohl (anony-misierte) Rankings der Einrichtungen im Hinblick auf die Mitarbei-ter- und die Elternzufriedenheit erstellt als auch Einrichtungen mit kritischen Ergebnissen identifiziert werden Des Weiteren konnte der Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Zufriedenheit in und mit allen Kindertageseinrichtungen des Traumlgers ermittelt werden Bei den Beschaumlftigten zeigte sich beispielsweise dass es das Team ist das den groumlszligten Einfluss auf die Zufriedenheit hat Daruumlber hinaus wurden die Ergebnisse der Jahre 2013 und 2015 miteinander verglichen Da-bei stellte sich heraus dass es insgesamt sowohl bei den Ergebnissen der Beschaumlftigten- als auch bei denen der Elternbefragung Verbesse-rungen erzielt worden sind und dass in denjenigen Einrichtungen in denen die Werte in der Erstbefragung problematisch gewesen waren

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424 Gesundheitsmanagement

Wenn bereits juumlngere Beschaumlftigte haumlufig uumlber gesundheitliche Probleme be-richten und viele die Befuumlrchtung haben die Arbeit nicht bis zum Rentenal-ter schaffen zu koumlnnen besteht hier offenkundiger Handlungsbedarf Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlr-derung sind darum aus der Sicht der Personalverantwortlichen der Kita-Trauml-ger inzwischen zu wichtigen Handlungsfeldern geworden denen man in der naumlchsten Zeit noch mehr Aufmerksamkeit widmen moumlchte und im Kontext der Personalfuumlhrung eine wachsende Bedeutung zumisst Bislang allerdings ist ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement fuumlr Kindertages-einrichtungen noch nicht sehr weit verbreitet In der STEGE-Studie werden die diesbezuumlglichen Ergebnisse im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen folgen-dermaszligen zusammengefasst

auf der Grundlage der Gespraumlche und Zielvereinbarungen Veraumlnde-rungen zum Positiven erzielt werden konnten

Von Interesse war auch der Vergleich zwischen den Beschaumlftigten- und den Elternbefragungen Insgesamt wurde ein Zusammenhang zwischen Beschaumlftigten- und Elternzufriedenheit festgestellt So be-fanden sich 2015 unter den zwoumllf Einrichtungen mit der houmlchsten Mitarbeiterzufriedenheit auch sechs mit der houmlchsten Elternzufrie-denheit umkehrt gehoumlrten von den zwoumllf Einrichtungen mit der ge-ringsten Mitarbeiterzufriedenheit auch fuumlnf zur Schlussgruppe in der Elternzufriedenheit Es gab jedoch auch Abweichungen in beide Richtungen wobei eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei geringer Elternzufriedenheit haumlufiger vorkam als umgekehrt Wenn die Mit-arbeiterzufriedenheit deutlich houmlher ist als die Elternzufriedenheit so kann dies darauf hindeuten dass die Beschaumlftigten Wege gefunden haben sich selbst zu entlasten aber die Beduumlrfnisse der Familien nicht hinreichend wahrnehmen der umgekehrte Fall koumlnnte ein In-diz dafuumlr sein dass das Team sich zu sehr unter Druck setzt Hohe Differenzen zwischen Mitarbeiter- und Elternzufriedenheit waren so-mit Anlass fuumlr Diskussionen in und mit den Teams

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

bdquoKonkrete Interventionen zum BGM werden sehr selten in den Ein-richtungen angeboten Workshops zu Zeitmanagement werden in 198 Prozent der Einrichtungen mit oumlffentlicher und 134 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft angeboten Ruumlckenschule oder Ruumlckentraining in 189 Prozent der oumlffentlichen und 43 Pro-zent der freien Einrichtungen und WorkshopsKurse zu Entspan-nungstechniken wie bspw Yoga Autogenes Training oder Progres-sive Muskelentspannung in 169 Prozent der Einrichtungen in oumlf-fentlicher und 50 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft Betriebsaumlrztliche Untersuchungen fuumlr ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten 327 Prozent der freien und 356 Prozent der oumlf-fentlichen Einrichtungen an Impfungen finden in 399 Prozent der freien und 520 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen statt Die Methode der Gesundheitszirkel wenden 288 Prozent der freien und 325 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen anldquo (ViernickelVoss 2013 77)

Im Sommer 2015 wurde auf Bundesebene das sogenannte Praumlventionsgesetz (Gesetz zur Staumlrkung der Gesundheitsfoumlrderung und der Praumlvention vom 15072015)17 beschlossen das zur Verwirklichung einer bdquoerweiterten Praumlven-tionskulturldquo (Richter 2015 7) beitragen und neben anderen Praumlventionsmaszlig-nahmen nicht zuletzt die Gesundheitsfoumlrderung im Betrieb verbessern soll Zur Gesundheitsfoumlrderung gehoumlrt neben der Arbeitsergonomie und dem Arbeitsschutz auch die Praumlvention um gesundheitlichen Belastungen und Gefaumlhrdungen am Arbeitsplatz nicht nur entgegenzuwirken sondern auch vorzubeugen Letztere beinhaltet eine Vielfalt von Maszlignahmen Vorsorge-untersuchungen Beratungsangebote Betriebssport und die Foumlrderung in-dividueller Aktivitaumlten der Mitarbeiterinnen (vgl BrandenburgDomschke 2007 190 ff) Entscheidend ist dass die Gesundheitsfoumlrderung nicht erst bei aumllteren Beschaumlftigten einsetzt sondern zum betrieblichen Alltag gehoumlrt

bdquoJe gesundheitsgerechter die Arbeit gestaltet ist desto leichter kann ein Mitarbeiter seine Taumltigkeit ausuumlben Lern- und gesundheitsfoumlr-derliche Arbeitsgestaltung ist alternsgerechte Arbeitsgestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 178)

17 wwwbmgbunddeministeriummeldungen2015praeventionsgesetzhtml (Abruf am 18042016)

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Dabei geht es sowohl um bdquoVerhaltenspraumlventionldquo also um die Staumlrkung ei-nes gesundheitsfoumlrdernden Verhaltens der Individuen als auch um eine bdquoVerhaumlltnispraumlventionldquo also um eine gesundheitsfoumlrdernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen (vgl FalkensteinGajewski 2015)

Bei vielen Traumlgern wird gerade hier eine Weiterentwicklung angestrebt Dabei geht es sowohl um Verhaumlltnis- als auch um Verhaltenspraumlvention Im Hinblick auf die Verhaumlltnispraumlvention sind verschiedene Themenfelder rele-vant von denen einige an anderer Stelle angesprochen werden ndash dies gilt bei-spielsweise fuumlr die Ermoumlglichung von gesundheitsorientierten Berufswege-korridoren (vgl Abschnitt 413) und fuumlr den Umgang mit Zeitressourcen (vgl Abschnitt 432) Dieser Hinweis zeigt dass ein betriebliches Gesund-heitsmanagement letztlich eine Querschnittsaufgabe darstellt bei der unter-schiedliche Handlungsfelder unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit beruumlcksichtigt werden muumlssen In der STEGE-Studie wird dies-bezuumlglich zwischen vier Ebenen unterschieden Handlungsbedarf und Hand-lungsoptionen bestehen im Hinblick auf die Rahmenbedingungen (Politik und Gesellschaft) bei dem jeweiligen Traumlger der Kita-Leitung und der Fach-kraft selbst (ViernickelVoss 2013 180)

Ein zentraler Aspekt in diesem Kontext ist eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung die in der Praxis uumlber Investitionen in ergonomisches Mobiliar (Erzieher-StuumlhleWickeltische mit Aufstiegen) und in den Laumlrm-schutz angegangen wird Einige Befragte berichten in der KONTI-Traumlger-befragung dass sie gerade hier nach Loumlsungsmoumlglichkeiten suchen Beide Bereiche finden durch Neubauten und Sanierungen vor allem beim (U3-)Ausbau Beruumlcksichtigung bdquowenn ruumlckenschonende Maszlignahmen in den Ein-richtungen baulich initiiert werdenldquo Der Aus- und Umbau der letzten Jahre hat darum gerade hier einiges moumlglich gemacht und der Zustand dieser Ein-richtungen hat sich durch diese Investitionen deutlich verbessert gerade auch fuumlr die Mitarbeiterinnen Trotzdem wird mehrfach darauf hingewie-sen dass solche Maszlignahmen einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und die Finanzierung oft schwierig sei Gleichzeitig wird festgestellt dass diese Maszlignahmen wirken jedoch im Altbestand der Gebaumlude haumlufig nicht umgesetzt werden koumlnnen

Ein weiteres wichtiges Thema ist Bewegung zur Praumlvention bzw Linde-rung von Ruumlckenbeschwerden Hier bietet eine Reihe von Traumlgern ndash groszlige wie kleine ndash unterschiedlichste Angebote im Sport- und Therapiebereich wie z B Mitgliedschaften oder Trainingszeiten im FitnessstudioSportver-ein gymnastische UumlbungenRuumlckenschule PhysiotherapieMassage Lauf-treff oder Fahrradtour

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Genannt werden daruumlber hinaus Themen wie Desinfektion Hygiene und Infektionsschutz (insbesondere fuumlr juumlngere Mitarbeiterinnen) und die Aus-gestaltung der Wiedereingliederung nach laumlngeren Erkrankungen (insbeson-dere bei aumllteren Mitarbeiterinnen) Zum Themenspektrum gehoumlren dane-ben (psychische) Belastungen und Belastungssituationen durch die Arbeit oder die Arbeitszeiten in den Einrichtungen Wiedereingliederungsmaszlig-nahmen und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (individuell und im Team) mit dem Ziel einer angepassten Arbeitsplatzgestaltung der Um-setzung von Entlastungsmaszlignahmen oder der Befreiung von bestimmten Aufgaben werden von einigen Befragten als Instrumente angesehen die sich zunehmend etablieren

Einige Traumlger wuumlnschen sich von ihren Mitarbeiterinnen mehr Selbst-fuumlrsorge und Eigeninitiative ndash bdquoeinen anderen Blick auf sich selbstldquo Nicht nur bdquoeine Kultur der gegenseitigen Offenheitldquo solle zum Thema vorhanden sein sondern die Mitarbeiterinnen sollten auch bdquomehr auf die eigene Ge-sundheit achtenldquo Sie bieten darum Fachtagungen und Fortbildungen zum Thema an auf denen z B auch Uumlbungen gezeigt werden bei einem Traumlger demnaumlchst auch web-basiert und als E-Learning Auch fuumlr Leitungen werden vereinzelt praumlventive Angebote zum (systemischen) Fuumlhren zum Zeit- und Stressmanagement und zur Supervision gemacht unter dem Blickwinkel dass gerade das Fuumlhren von Teams und Einrichtungen eine besonders an-spruchsvolle Taumltigkeit ist die zu besonderen Belastungen fuumlhren kann Re-gelmaumlszligige Betriebsarztbesuche werden ebenfalls haumlufiger als Angebote ge-nannt aber von einigen Mitarbeiterinnen als nutzlos bewertet

Ein weiterer groszliger Traumlger hat eine Mitarbeiterbefragung zu gesund-heitlichen Fragen durchgefuumlhrt mit dem Ergebnis dass er nun seine Beschaumlf-tigten im individuellen Umgang mit festgestellten Belastungen unterstuumlt - zen will und sie zu einer gesundheitsfoumlrderlichen Haltung anregen moumlchte Ziel ist es dabei zu einem bewussten Umgang mit Arbeitsbelastungen und -anforderungen und damit auch zur Mitarbeiterzufriedenheit beizutragen

Die institutionelle Verankerung des Themas Gesundheit erfolgt bei den Traumlgern in eigens dafuumlr eingerichteten Arbeitsgruppen Gesundheitszirkeln oder Work-Life-Gruppen in der Personalabteilung einer Fachstelle einer AG Personal oder der Betriebs- bzw Personalversammlung Zwei der befrag-ten Traumlger verfuumlgen uumlber ein betriebliches Gesundheitsmanagement bei ei-nem weiteren besuchen zwei Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildun-gen Ein Traumlger weist darauf hin dass er in Zukunft Personal in Form einer Fachkraft fuumlr Gesundheitsschutz einbringen wird Haumlufig erfolgt die Aus-einandersetzung mit dem Thema projektfoumlrmig haumlufiger dabei auch in Ko-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

operation mit Dritten wie Gesundheitsamt Krankenkassen Gewerkschaften oder Universitaumlten

Betrachtet man die Ergebnisse der Beschaumlftigteninterviews (vgl Ab-schnitt 321) bei denen bei den befragten Erzieherinnen einerseits eine sehr hohe persoumlnliche Motivation und Identifikation mit ihrer Arbeit fest-gestellt wurde die allerdings andererseits mit einem wenig professionellen Selbstbild ihres Berufs verbunden sind so wird deutlich dass insbesonde- re stressreduzierende Maszlignahmen von zentraler Bedeutung sind Neben den wachsenden Anforderungen im Arbeitsfeld und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung ergibt sich offensichtlich zusaumltzlich ein Uumlberforderungs-potenzial das in der eigenen Haltung der Beschaumlftigten gegenuumlber ihrem eigenen z T persoumlnlich unzureichend definierten Leistungsvorstellungen als Erzieherin begruumlndet ist Bezogen auf die Verhaltenspraumlvention geht es darum vor allem um den individuellen Umgang der einzelnen Beschaumlftigten mit Stresssituationen Beide Aspekte haumlngen eng miteinander zusammen

bdquoArbeit ist gesundheitsfoumlrderlich wenn sie die Arbeitenden befaumlhigt und ermaumlchtigt in ihrer Bewaumlltigung der Anforderungen der Ar-beitswelt eine Balance zwischen den eigenen Moumlglichkeiten und Zielvorstellungen und ihren Arbeitsbedingungen herzustellenldquo (Richter 2015 8 vgl auch Beck 2011 15 ff)

Ein Beispiel fuumlr die Weiterentwicklung von Verhaltenspraumlvention das diese Herausforderungen aufgreift stellt der Ansatz eines haltungs- und gesund-heitsorientierten Qualitaumltsmanagements (HGQM)18 dar (vgl Esch 2015ab) Das HGQM legt seinen Fokus auf die kontinuierliche Reflexion der eigenen inneren Haltung der Beteiligten d h der Mitarbeiterinnen ebenso wie der Fuumlhrungskraumlfte und geht davon aus dass die Uumlbereinstimmung des taumlgli-chen Handelns mit der inneren Haltung und den persoumlnlichen Werten von hoher Bedeutung dafuumlr ist inwieweit Beanspruchungen ndash negativ ndash als Be-lastungen empfunden werden (vgl Kapitel 1) und wie sie sich somit auf die fuumlr die psychosoziale Gesundheit auswirken Der psychosozialen Gesundheit der Mitarbeiterinnen wiederum wird ein wesentlicher Einfluss auf die Pro-zessqualitaumlt zugeschrieben Fuumlr ein gelingendes Qualitaumltsmanagement ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig dass sich die Mitwirkenden immer wieder ihrer eigenen inneren Haltung insbesondere zu fach- und gesell-

18 httpwwwhg-qmde (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schaftspolitisch zentralen Themen der Kita-Arbeit bewusst werden Das HGQM konzipiert daher ein mehrstufiges Verfahren das in einem auf etwa drei Jahre angelegten Zyklus verschiedene Elemente kombiniert Mitarbei-ter- und Elternbefragungen bilden die Basis zur Informationsgewinnung ein spezielles Coaching uumlber alle Hierarchieebenen hinweg zielt auf die Reflexi-on von Arbeitssituationen und der inneren Haltung Qualitaumltszirkel der Ein-richtungsleitungen dienen dem Austausch und dem gemeinsamen Lernen in Teamtagen wird in den einzelnen Einrichtungen mit den Befragungser-gebnissen gearbeitet bei jaumlhrlichen Strategietagen erfolgt die Weiterentwick-lung des Verfahrens auf der Fuumlhrungsebene des Traumlgers Ein Beispiel fuumlr die Umsetzung dieses Ansatzes fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung ist das Projekt bdquoGesund arbeitenldquo (GesA) des Kita-Zweckverbands Essen

Das Projekt Gesund arbeiten (bdquoGesA bdquo) im KiTa Zweckverband Essen19

Der KiTa Zweckverband im Bistum Essen fuumlhrte 201314 das Projekt GesA (Gesund Arbeiten) im Rahmen der Initiative bdquoGleichstellung von Frauen in der Wirtschaftldquo des Bundesministeriums fuumlr Arbeit und Soziales durch Das Projekt basierte auf dem Ansatz des gesund-heits- und haltungsorientierten Qualitaumltsmanagements Ziel war die Realisierung einer individuellen Gesundheitsfoumlrderung angeleitet durch die Fragestellung bdquoWie kann es vor dem Hintergrund stei-gender Anforderungen und Belastungen gelingen gute Arbeit zu machen und gesund zu bleibenldquo Es ging also darum durch eine bdquoHaltungspraumlventionldquo die Resilienz der paumldagogischen Fachkraumlfte zu staumlrken und damit Belastungen bdquoabzupuffernldquo Das Projekt enthielt vier Elemente (Newsletter 12013 und 22013)20

1 SchriftlicheBefragung allerMitarbeiterinnen Bei der schriftlichen Befragung ging es um die Erhebung der Ausgangssituation in Form einer Arbeits-Belastungs-Ressourcen-Analyse Mit einem an-onymen Fragebogen wurden die Beschaumlftigten um Auskunft bei-spielsweise uumlber Gesundheit und Erholung Arbeitszeitregelun-

19 httpwwwkita-zweckverband-gesade (Abruf am 18042016)20 httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684352pdf und httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684198pdf (Abruf am 18042016)

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gen sowie Kommunikation und soziale Unterstuumltzung gebeten Bei 2835 Frageboumlgen wurde eine Ruumlcklaufquote von 49 Prozent realisiert Aus der Befragung wurden gleichzeitig Anregungen fuumlr konkrete Maszlignahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entnommen

2 Entwicklung und Durchfuumlhrung eines Fortbildungsprogramms Ein auf den Befragungsergebnissen und dem Haltungsansatz basierendes Fortbildungsprogramm (bdquoGesA-Gesundheitszirkelldquo) wurde entwi-ckelt und umgesetzt Dabei ging es beispielsweise um Themen wie Stressmanagement sowie Krisen- und Konfliktmanagement Im ersten Modul stand die Schaumlrfung des professionellen Selbstbilds im Mittelpunkt bdquoDabei ging es u a um das Entdecken der eigenen Wertehierarchie und den Umgang mit Veraumlnderungen Durch die systematische Reflexion der eigenen Haltung und der damit ver-bundenen ndash vielleicht bisher nicht wahrgenommenen ndash Ressour-cen konnten die Teilnehmerinnen zielgerichtet an der positiven Entwicklung ihres Selbstbilds arbeitenldquo (Newsletter 22013 1) Um moumlglichst vielen Beschaumlftigten die Gelegenheit zur Teilnah-me an den Fortbildungen zu geben und um das Projekt uumlber die Laufzeit hinaus weiterfuumlhren zu koumlnnen wurden einige Mitar-beiterinnen und Leitungskraumlfte als Multiplikatorinnen fuumlr die Durchfuumlhrung von Gesundheitszirkeln qualifiziert

3 E-Learning-Plattform als Ergaumlnzung zum Fortbildungsprogramm Mit-hilfe einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte des Fortbil-dungsprogramms nachhaltig fuumlr alle Beschaumlftigten nutzbar ge-macht Auch diejenigen die nicht am Fortbildungsprogramm teilgenommen haben koumlnnen auf diese Weise das darin vermittel-te Wissen erwerben

4 Evaluation des Projekts In der zweiten Haumllfte des Jahres wurde eine Nachbefragung durchgefuumlhrt die einen Vergleich mit den Ergeb-nissen der Erstbefragung ermoumlglichte Dabei wurde die Entwick-lung des Belastungsempfindens von Beschaumlftigten die am Fortbil-dungsprogramm teilgenommen hatten mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmenden verglichen Diese Evaluation zeigte deutliche Effekte So war beispielsweise bei den Teilnehmerinnen der Anteil derjenigen die angaben dass es ihnen oft schwerfaumlllt nach der Arbeit abzuschalten deutlich gesunken (Franz 2015b)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Fasst man die verschiedenen Aspekte eines Gesundheitsmanagements fuumlr die Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen zusammen so lassen sich drei zentrale Ebenen fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung identifizie-ren ndash Bei der materiellen Ausstattung der Einrichtungen sind vor allem Fragen

des Laumlrmschutzes und ein ergonomisches Mobiliar von Bedeutung ndash Aufgrund der koumlrperlichen Belastungen besteht ein Bedarf an Praumlventi-

onsangeboten Dazu gehoumlren sowohl Maszlignahmen die in den betriebli-chen Ablauf integriert werden (wie beispielsweise Besuche von Physio-therapeutinnen in der Einrichtung) als auch die Foumlrderung privater Ei-geninitiative der Beschaumlftigten (wie die Unterstuumltzung der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio)

ndash Fuumlr die Reduzierung von Stress bewaumlhren sich Fortbildungsangebote die auf die Staumlrkung von Resilienz setzen Die Arbeit an der eigenen Haltung bietet hier erhebliche Potenziale

Gesundheitsfoumlrderung in diesem Sinne darf allerdings nicht als Ersatz fuumlr eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verstanden werden ndash etwa nach dem Motto bdquoWenn die Beschaumlftigten lernen mit Belastungen besser umzu-gehen muumlssen die Belastungen nicht mehr reduziert werdenldquo Michael Nie-haus (2015) spricht in diesem Kontext von bdquoorganisationaler Beschaumlftigungs-faumlhigkeitldquo die er folgendermaszligen definiert

bdquoOrganisationale Beschaumlftigungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit einer Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten dass die Wertschoumlp-fungsprozesse mit den verfuumlgbaren Potenzialen der Beschaumlftigten realisiert werden und damit die Existenz der Organisation gesichert wirdldquo (Niehaus 2015 51)

Gesundheitsfoumlrderung im Sinne einer solchen gleichermaszligen organisationa-len wie individuellen Beschaumlftigungsfaumlhigkeit stellt eine Fuumlhrungsaufgabe dar und muss somit als ein integraler Bestandteil einer insgesamt auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Personalwirtschaft verstanden werden

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Eine nachhaltige Personalpolitik die auf Personalbindung und damit auf eine dauerhafte Beschaumlftigung von Mitarbeiterinnen setzt muss sich letzt-lich auch an den persoumlnlichen Potenzialen der Beschaumlftigten in deren Lebens-verlauf ausrichten Uumlbergeordnetes Ziel einer solchen personalpolitischen Strategie ist die Foumlrderung einer Work-Life-Balance fuumlr Beschaumlftigte die ne-ben ihrem Beruf familiaumlre Verpflichtungen zu bewaumlltigen haben In diesem Feld typischerweise eingesetzte Instrumente betreffen zum einen Arbeits-zeitkonzepte und zwar sowohl zur Gestaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten (Abschnitt 431) als auch zum Zeitmanagement im Rahmen der Personaleinsatzplanung und Dienstplangestaltung (Abschnitt 432) Zum anderen geht es um die Unterstuumltzung der Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Familienaufgaben (Abschnitt 433)

431 Teilzeitarbeit und Teilzeitkonzepte

Work-Life-Balance bedeutet bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen heute zunaumlchst und nahezu selbstverstaumlndlich das Angebot zur Stundenre-duktion Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita ist darum ndash wie in vielen anderen Branchen auch ndash ein weit verbreitetes personalwirtschaftliches Instrument (vgl im Folgenden Micheel 2015) Nicht nur beim Ausmaszlig der Teilzeitar-beit sondern gerade auch bei der Haltung der Personalverantwortlichen und Leitungskraumlfte gegenuumlber diesem Instrument zeigten sich im Projekt aller-dings starke regionale Unterschiede die sich mit den verschiedenen Beweg-gruumlndungen fuumlr seinen Einsatz und den damit verbundenen spezifischen Gestaltungsmerkmalen erklaumlren lassen

In den westlichen Bundeslaumlndern wird in der Traumlgerbefragung auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (2011) hingewiesen die zu befolgen sind und deren Ziel es ist die bdquoTeilzeitarbeit zu foumlrdern die Voraus-setzungen fuumlr die Zulaumlssigkeit befristeter Arbeitsvertraumlge festzulegen und die Diskriminierung teilzeitbeschaumlftigten und befristet beschaumlftigten Arbeit-nehmern zu verhindernldquo (vgl BMAS 2011) Nicht zuletzt aufgrund die - ses Rechtsanspruchs hat Teilzeitbeschaumlftigung bei den befragten Traumlgern im Westen vor allem die Funktion erhalten die Work-Life-Balance von Mitar-beiterinnen mit Familienpflichten zu erleichtern

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dabei meistens im persoumlnlichen Ge-spraumlch zwischen dem Traumlger (z T in Kooperation mit der Einrichtungslei-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

tung) und der jeweiligen Mitarbeiterindem jeweiligen Mitarbeiter bei dem der individuelle Wochenstundenumfang und die Arbeitswoche vereinbart werden Die vielfach einzige Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) entspricht dabei dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen mit eigenen Kindern nach einer Halbtags-stelle Bestandteil des Gespraumlchsergebnisses ist daneben haumlufig die Zusage des Arbeitgebers zur Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange der Mit-arbeiterindes Mitarbeiters insbesondere bei der Festlegung der konkreten Arbeitszeiten im Dienstplan Teilzeit-Beschaumlftigung ist damit bei der Mehr-heit der befragten Traumlger in den westlichen Bundeslaumlndern das Ergebnis ei-nes individuellen Aushandlungsprozesses und ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und Personalbindung geworden

Grundsaumltzlich sind die im KONTI-Projekt befragten in Teilzeit arbei-tenden Erzieherinnen in den meisten Faumlllen mit ihrer Arbeits(zeit)situation zufrieden wird die Stundenreduktion doch immer auch als persoumlnliche Ent-lastung im Berufsalltag empfunden Verlaumlssliche Arbeitszeiten und ein ge-wisses Maszlig an Flexibilitaumlt ndash Rahmenbedingungen die ihnen in der Ein-richtung meistenteils gewaumlhrt werden ndash tragen sehr zur Zufriedenheit bei Unzufriedenheit oder sogar Konflikte entstehen allerdings wenn die Verein-barkeit von Beruf und Familie mit der Leitung nicht geklaumlrt werden kann

Dennoch herrscht im Westen oft der Eindruck vor dass Teilzeitbeschaumlf-tigung fuumlr Kinderbetreuungsbetrieb und Arbeitgeber als Belastung wahr-genommen wird Die angewachsene Zahl an klassischen Halbtagsstellen in der Kita mit festen Arbeitszeiten moumlglichst nur am Vormittag ist hier aus der Sicht von Leitungen und Personalverantwortlichen mit einer Reihe von Problemen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb behaftet und wird darum uumlber-wiegend kritisch gesehen Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlh-ren nach Meinung vieler Personalverantwortlicher zu viele Teilzeitkraumlfte (auf Vormittagsstellen) in einer Einrichtung zu Problemen Aufgrund der eige-nen Familiensituation der Mitarbeiterinnen koumlnnen diese beispielsweise nicht alle Dienste im Schichtbetrieb uumlbernehmen die Dienstplangestaltung wird komplizierter Wenn es viele Teilzeit-Kolleginnen in einem Team gibt wird dies haumlufig von den Vollzeitkraumlften als zusaumltzliche Belastung wahrge-nommen Bei den Teilzeitlerinnen selbst fuumlhrt die Stundenreduktion ndash trotz hoher Motivation ndash oft zu Umgewoumlhnungsschwierigkeiten Das Gefuumlhl dass man nicht mehr alles schafft wird als Druck Stress und Uumlberforderung empfunden Nur selten ist fuumlr die befragten Teilzeitkraumlfte eine Verringerung des Arbeitspensums oder eine Reduzierung des Aufgabenspektrums verein-bart worden Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur

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seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Mit der kuumlrzeren Praumlsenzzeit in der Kita fehlt Zeit fuumlr die noumltigen Absprachen und den erforderlichen Austausch aber auch fuumlr die umfassende Begleitung der Entwicklungsprozesse der Kin-der und fuumlr Elterngespraumlche Oft fuumlhlen sie sich deshalb nicht mehr als voll-wertiges Teammitglied nicht zuletzt auch wegen der eingeschraumlnkten Parti-zipationsmoumlglichkeiten Um die Funktionsfaumlhigkeit der Teams fuumlr alle Betei-ligten zu sichern ist es darum wichtig Kommunikationsstrukturen fuumlr die Teams durch entsprechende zeitliche Ressourcen zu schaffen und Regelun-gen zu finden die sowohl den Belangen der einzelnen Mitarbeiterinnen als auch des Gesamtteams gerecht werden Daruumlber hinaus bedarf es Regelun-gen des Traumlgers die Moumlglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit definie-ren und hier konkrete Vorgaben zur Orientierung geben

Bei den am Projekt beteiligten Traumlgern in Thuumlringen wird Teilzeitarbeit in der Kindertageseinrichtung nach den Befragungsergebnissen zu urteilen anders bewertet Hier ist sie weitgehend etabliert und wird akzeptiert wurde das Instrument der Arbeitszeitreduktion doch in den 1990er Jahren zunaumlchst eingesetzt um Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden Seither stellt Teilzeitarbeit in diesem Bundesland quasi das Standard-Angebot der Traumlger an ihre Fachkraumlfte in der Kita dar Allerdings handelt es sich dort ganz uumlber-wiegend nicht um die klassische Halbtagsstelle sondern um vollzeitnahe Be-schaumlftigung auf der Basis von Sockelarbeitsvertraumlgen mit 30 oder 32 Wochen-stunden

Aus der Sicht der befragten Personalverantwortlichen dort sind diese Re-gelungen mit vielen Vorteilen fuumlr den Betreuungsbetrieb verbunden Einer-seits verbessert sich die Personalsituation in der Einrichtung weil die Arbeit auf mehr Mitarbeiterinnen verteilt wird auch kurzfristige Personalausfaumllle koumlnnen durch die bessere Besetzung gut aufgefangen werden Daneben er-gibt sich durch den Einsatz des Instruments die Moumlglichkeit auf die unter-jaumlhrigen Schwankungen im Betreuungs- und damit Personalbedarf einer Kindertageseinrichtung zu reagieren Im Sinne einer Flexibilitaumltsreserve koumln-nen sowohl die saisonalen Schwankungen im Betreuungsbedarf (kontinuier-licher Anstieg der betreuten Kinder im Verlauf des Kindergartenjahres bis zum naumlchsten Einschulungstermin) bzw in der Personaldecke (Erkrankun-gen Schwangerschaften Elternzeiten Fortbildungen) ausgeglichen werden Auf der Basis eines zusaumltzlich zum Teilzeitvertrag vereinbarten flexiblen Stundendeputats oder mithilfe einer bdquoAnordnung von Mehrarbeitldquo wird dazu je nach Arbeitsanfall und Personalsituation in der Kita die Wochen-arbeitszeit von Mitarbeiterinnen hoch- und spaumlter wieder zuruumlckgefahren Die Sockelarbeitszeitmodelle fuumlhren somit zu mehr personeller Stabilitaumlt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und Kontinuitaumlt in den Teams und letztlich auch zu mehr Beschaumlftigungs- und Planungssicherheit fuumlr den Traumlger Fuumlr die Beschaumlftigten bieten sie einer-seits den Vorteil dass die als belastend empfundene Personalknappheit bei kurzzeitigem Betreuungsmehrbedarf oder durch unvorhergesehene Perso-nalausfaumllle reduziert wird ohne dass fuumlr diese begrenzten Zeitraumlume neue Mitarbeiterinnen befristet eingestellt und eingearbeitet werden muumlssten Andererseits sind diese Konzepte mit Schwankungen im Einkommen und der persoumlnlich verfuumlgbaren Zeit verbunden

Teilzeitarbeit ist im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch in der Weise zu organisieren dass sie nicht zu einer Diskriminierung der Teil-zeitarbeitenden im Hinblick auf Einsatz- und Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlhrt Mit Blick auf die vor der Familienphase bereits ausgefuumlllten Positionen faumlllt im Rahmen der Ergebnisse der Beschaumlftigtenbefragung insbesondere bei den Erzieherinnen aus Nordrhein-Westfalen auf dass ihre Ruumlckkehr in den Beruf mehrheitlich mit einem Abstieg verbunden war Uumlberwiegend sind sie nun lediglich als Ergaumlnzungs- bzw Zweitkraft beschaumlftigt obwohl sie zuvor min-destens die Gruppenleitungs- manche sogar (stellvertretende) Leitungsfunk-tionen innehatten Dieser Ruumlckschritt erfolgte z T auf eigenen Wunsch weil sie sich aufgrund ihrer familiaumlren Situation den damit verbundenen zeitli-chen Flexibilitaumltserfordernissen nicht gewachsen sahen Grundsaumltzlich ist bei den Teilzeitkraumlften die eigene Kinder zu versorgen haben aber durchaus eine Karriereorientierung (Aufstieg oder Spezialisierung) festzustellen Auf-grund der damit verbundenen Vollzeitarbeit und notwendigen Weiterbil-dung wird jedoch auch diese Perspektive von mehreren zunaumlchst im Interes-se der eigenen Familie zuruumlckgestellt Teilzeitarbeit in der Kita wirkt damit zusaumltzlich zu einem bereits erfolgten Ruumlckschritt beim Wiedereinstieg auch mittel- bis langfristig als Karrierebremse ndash auf nun niedrigerer Position

Vor dem Hintergrund der Projektergebnisse kann Teilzeitarbeit in der Kita gelingen wenn zunaumlchst eine systematische Auseinandersetzung mit ih-ren Wirkungen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb und damit eine umfassen-de Reflexion uumlber den bisherigen Einsatz des Instruments erfolgt bei der die eigenen Praxiserfahrungen zusammengetragen und bewertet werden Auf dieser Basis koumlnnen grundsaumltzliche Entscheidungen zur Gestaltung getroffen werden Dies kann als Aufgabe gezielten Personalmanagements aber auch als Dienstvereinbarung in Kooperation mit Personalraumlten und Mitarbeiter-vertretungen erfolgen (vgl DGB-Bundesvorstand 2014 Buumlntgen 2013) Be-standteile eines solchen Teilzeitkonzepts sind neben Gestaltungsoptionen zunaumlchst auch Ziele und Motive fuumlr seinen Einsatz Letztlich gilt es dem Rechtsanspruch auf Teilzeit gerecht zu werden und dabei die mit dem Instru-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

ment verbundenen Chancen zu nutzen sowie moumlgliche Nachteile zu vermei-den

Grundsaumltzliche Aufgabe eines solchen Personalkonzepts ist es fuumlr einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und gleichzeitig die unterschiedlichen Inter-essen aller Beteiligten in eine Balance zu bringen Dazu gilt es zunaumlchst den erforderlichen Handlungsrahmen aus Sicht des Traumlgers zu definieren und im Interesse der betrieblichen Belange zu begrenzen Dabei ist zu beruumlcksichti-gen dass sich letztlich stets das Beduumlrfnis nach Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt fuumlr Betriebe und Mitarbeiterinnen einerseits und die im betrieblichen und priva-ten Alltag notwendige Flexibilitaumlt andererseits gegenuumlberstehen Weitere zen-trale Elemente eines solchen Konzepts koumlnnen beispielsweise folgende sein ndash Wochenarbeitszeitmodelledefinieren Fuumlr die Verteilung der Arbeitszeit auf

die Wochentage koumlnnen unterschiedliche Modelle angeboten werden die den unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiterinnen entsprechen wie z B Zweieinhalb- Vier-Tage- oder Fuumlnf-Tage-Woche (halbtags) etc Auch kleine Teilzeiten finden sich in der Praxis etwa als Minijobs fuumlr El-ternzeitlerinnen (6ndash8 Stunden) fuumlr gezielte Aufgaben (Springer Vertre-tung individuelle Foumlrderung oder Aumlhnliches)

ndash RegelungenfuumlreinebdquogerechteldquoVerteilungvonTeilzeitstellenuumlberdieEinrich-tungen Verschiedene Formen von Teilzeitarbeit (z B klassische Vormit-tagsstellen) sollten nach nachvollziehbaren Kriterien auf die Einrichtun-gen verteilt sein damit sie mit dem Kinderbetreuungsbetrieb vertraumlglich sind ndash eine Maszlignahme uumlbrigens die bereits haumlufig Anwendung findet z B indem nur begrenzte Anzahlen von klassischen Vormittagsstellen pro Kita oder nur eine Stellenteilung pro Gruppe vorgesehen werden

ndash Flexibilitaumltserwartungen des Traumlgers transparent machen und im Gegenzug Verlaumlsslichkeit und Planbarkeit zusichern Auch Teilzeitkraumlfte identifizieren sich mit dem was sie tun und tun moumlchten um als vollwertiger Mitar-beiterin wahrgenommen zu werden Sie uumlbernehmen gerne bestimmte Aufgaben ndash etwa saisonale Mehrarbeit oder auszligerplanmaumlszligige Arbeiten ndash wenn sie eigenverantwortlich planbar sind und ins persoumlnliche Zeitraster eingepasst werden koumlnnen

ndash Arbeitsplatzbeschreibungen fuumlr die verschiedenen Teilzeitmodelle entwickeln Weniger Bezugskinder und weniger Dokumentationspflichten sind die bislang einzigen uumlblichen Maszlignahmen zur Entlastung von Teilzeitkraumlf-ten Sinnvoller erscheint es anhand einer Arbeitsanfall-Analyse das ge-samte Arbeitspensum in der Kita zu definieren und daraus Arbeitsplatz-beschreibungen unter Beruumlcksichtigung der Teilzeitstellen abzuleiten (vgl Abschnitt 432)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash Partizipation und Austausch durch geeignete Maszlignahmen ermoumlglichen Zeit-liche Ressourcen fuumlr die notwendige Abstimmung im Team koumlnnen z B durch ein Uumlbergabe-Management oder durch mehr Verfuumlgungszeit fuumlr Teilzeitkraumlfte geschaffen werden (vgl LSJV 2005)

ndash BeruflicheFortbildungvonTeilzeitkraumlftenfoumlrdernErwerbstaumltige Muumltter stel-len ihre eigenen beruflichen Interessen oft zugunsten ihrer eigenen Kin-der zuruumlck was mittel- und langfristig mit negativen Folgen fuumlr die eige-ne Motivation die Qualitaumlt und die Identifikation mit der Arbeit (und damit fuumlr den gesamten Betrieb) verbunden sein kann Im Sinne der In-tention von Teilzeitarbeit als Instrument der Personalbindung wirkt die-se Haltung darum eher kontraproduktiv Die Foumlrderung der beruflichen Fortentwicklung fuumlr Teilzeitkraumlfte kann in Form von Fachkarrieren etwa im Sinne einer Spezialisierung oder durch die Entwicklung von Zusatz-kompetenzen erfolgen (vgl Abschnitt 413)

ndash Modelle fuumlr Leitung in Teilzeit entwickeln Weibliche Fuumlhrungskraumlfte ndash in der Wirtschaft insgesamt immer noch wenig verbreitet ndash sind ein beson-deres Kennzeichen von Kitas Zu selten noch wird die Uumlbernahme der Leitungsposition jedoch in Teilzeit gedacht Geeignete Leitungsmodel-le ndash fuumlr groszlige Einrichtungen auch fuumlr die Stellvertreter-Position ndash lassen sich entwickeln z B als Jobsharing-Modelle als vollzeitnahe Varianten oder als Phasen-Modelle (Vollzeitphase uumlber mehrere Monate im Wech-sel mit Teilzeitphasen vgl BMFSFJ 2008 27 ff)Diese grundsaumltzlichen Uumlberlegungen lassen sich am Praxisbeispiel des

Teilzeitkonzeptes des Jugendamtes Duumlsseldorf veranschaulichen

Teilzeitkonzept als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo (Jugendamt Duumlsseldorf 2011a)

Bestandteil eines Konzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo der Stadt Duumlsseldorf ist ein Teilzeitkonzept im Rahmen verschiede-ner Maszlignahmen zur bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo Die bdquoEmpfehlungen zur Teilzeit im Jugendamtldquo verfolgen das Ziel einen ordnenden Rahmen zu schaffen Hiermit soll eine Balance zwischen den betrieblichen Interessen einerseits und andererseits den Wuumln-schen der voll- und teilzeitbeschaumlftigten Mitarbeiterinnen hergestellt werden Die angestrebte Uumlberschaubarkeit wird mithilfe von vier Zeitfenstern (vgl Abbildung 6) und einer Anzahl von organisatori-schen Angaben und Regelungen hergestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mithilfe der Zeitfenster wird einerseits zwischen horizontaler und vertikaler Teilzeit unterschieden Nach Absprachen und unter Be-ruumlcksichtigung betrieblicher Erfordernisse ist eine taumlglich stattfinden-de Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der unterschiedlich vertrag-lich vereinbarten Wochenarbeitszeit in Form von Teilzeit bdquoklassischldquo und bdquopurldquo ebenso moumlglich wie die Umsetzung an einzelnen Wochen-tagen in Form der bdquokurzen Wocheldquo und bdquoTeilzeit plusldquo

Die Moumlglichkeit zur weitgehend individuellen Handhabung und Umsetzung der Zeitfenster fuumlhrt dazu dass ca 80 verschiedene Teil-zeitvarianten umgesetzt werden Zudem erweist sich die bdquokurze Teil-zeitldquo bei der die Wochenarbeitszeit auch unter 10 Stunden liegen kann als sinnvoll da hiermit bestimmte Aufgabenbereiche z B spe-zielle Angebote in der Kita durch Erzieherinnen in der Elternzeit ab-gedeckt werden die ihnen die Moumlglichkeit zur Erwerbsarbeit bieten und sich zudem foumlrderlich auf den Wiedereinstieg auswirken

Abbildung 6

Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell

Quelle Jugendamt Duumlsseldorf 2011a

Kurze Woche19ndash21 Std

3 Tage

24ndash30 Std

3ndash5 Tage

Kurze Teilzeit (fuumlr Mitarbeiterinnen) Spezialaufgaben auch unter 10 Std Wochenarbeitszeit

19ndash21 Std

5 Tage

12ndash15 Std

2ndash3 TageTeilzeit plus

Teilzeit klassisch

Teilzeit pur

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Eine weitere Orientierung und ebenso Verbindlichkeit zum Um-gang mit Teilzeit wird durch unterschiedliche Regelungen erzielt Zu den grundsaumltzlichen Regelungen gehoumlren z B Stellenbeschreibun-gen die Einbindung in die Kommunikationsstruktur der Einrich-tung Service- und Oumlffnungszeiten Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausschlieszligliche Taumltigkeit am Vormittag und die Notwendigkeit zum Vorhandensein der Bereitschaft zu wechselnden Dienstzeiten

Regelungen zu Teilzeit in Leitungsfunktion verweisen auf die grundsaumltzliche Teilbarkeit aller Fuumlhrungspositionen

Abteilungsspezifische Regelungen nehmen zudem Bezug auf die Anforderungen der unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsge-biete Fuumlr die Abteilung Kindertageseinrichtungen beziehen sich die-se z B auf ndash Moumlglichkeit zur Realisierung des Teilzeitwunsches in einer ande-

ren Kita ndash keine Reduzierung des Stundenbudgets der Einrichtung durch

Teilzeit ndash zeitnahe Besetzung von Reststunden die bei der Realisierung

eines Teilzeitwunschs nicht mehr abgedeckt sind ndash maximale Erhoumlhung der Anzahl der Mitarbeiterinnen einer

Gruppe durch eine Person ndash Vorgabe zur Zahl der Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung die

nicht houmlher sein soll als die der Vollzeitkraumlfte ndash Grenzen von Teilzeit z B Ausschluss der Gruppenleitung einer

Familiengruppe mit vielen unter Dreijaumlhrigen ndash Bereitstellung von 05 Stunden woumlchentlich pro geteilter Vollzeit-

stelle zur Durchfuumlhrung von Besprechungen ndash Anleitung von Praktikantinnen nur durch Vollzeitkraumlfte

Nach einer zweijaumlhrigen Pilotphase mit Zustimmung des Personal-rates wurde die Umsetzung des Teilzeitprojektes 2011 entschieden Zur Sensibilisierung der Leitungskraumlfte erfolgte uumlber mehrere Jahre eine Leitungsschulung zur Dienstplangestaltung Eine Clearingstel - le wurde zur Unterstuumltzung und Loumlsung strittiger Faumllle eingerichtet die eingeschaltet werden kann wenn sich keine einvernehmlichen Loumlsungen finden lassen (vgl Jugendamt Duumlsseldorf 2011b)

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432 Zeitmanagement und Dienstplangestaltung

Beim Management und im Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen wird es zunehmend wichtiger Zeitspielraumlume zu finden und die Personal-einsatzplanung so zu gestalten dass Kontinuitaumlt und Verlaumlsslichkeit fuumlr die Bildungsprozesse der Kinder und gleichzeitig ein moumlglichst groszliges Maszlig an Flexibilitaumlt fuumlr die Ablaumlufe in der Einrichtung gewaumlhrleistet werden Im Fol-genden geht es um die Anforderungen an einen Dienstplan der sich bei der Personaleinsatzplanung an den Aufgaben der Kindertageseinrichtung orien-tiert und gleichzeitig Flexibilitaumlt fuumlr die Fachkraumlfte zulaumlsst (vgl im Folgenden Klaudy 2015)

Flexible Arbeitszeitkonzepte wie sie bereits seit laumlngerem in vielen an-deren Branchen erfolgreich praktiziert werden verfolgen grundsaumltzlich das Ziel die individuelle Arbeitszeit von der Betriebszeit abzukoppeln um somit zu einer besseren Auslastung der Zeit- bzw Betriebskapazitaumlten zu gelangen (vgl Olfert 2010 197 ff) Bei Beschaumlftigten tragen sie dazu bei unterschiedli-che Vereinbarkeitsbedarfe die sich im Lebensverlauf ergeben koumlnnen reali-sieren zu koumlnnen und somit uumlber mehr Zeitsouveraumlnitaumlt verfuumlgen zu koumlnnen (vgl Hoffmann 2015 25 f) Den Arbeitgeber kann eine Flexibilisierung da-bei unterstuumltzen neben der Orientierung an vorhersehbaren laumlngerfristigen Bedarfen auch unvorhersehbare Schwankungen und kurzfristige Bedarfs-aumlnderungen auffangen zu koumlnnen Das Instrument bdquoArbeitszeitkontoldquo kann eine solche Flexibilisierung von Arbeitszeiten unterstuumltzen (vgl Kirschten 2014 216 f) Die Zeitbewirtschaftung flexibler Gestaltungsformen von Ar-beitszeit z B Teilzeit gleitende Arbeitszeit Vertrauensarbeitszeit und Lang-zeitmodelle (z B Jahresarbeitszeit) erfolgt dabei uumlber die Erfassung von Ab-weichungen in Form von Mehrarbeitsstunden (transitorische Uumlberstunden) die durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden (vgl Zapf 2012 10) Derar-tige Arbeitszeitmodelle eroumlffnen erweiterte Moumlglichkeiten fuumlr die flexible und bedarfsorientierte Gestaltung von Dienst- und Schichtplaumlnen Entschei-dend dabei ist dass bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen ein Gleich-gewicht gefunden wird zwischen den Flexibilitaumltsbedarfen die sich aus den Aufgaben im jeweiligen Arbeitsfeld ergeben und den Beduumlrfnissen der Be-schaumlftigen nach Verlaumlsslichkeit und Work-Life-Balance Dann kann eine soge-nannte Win-Win-Situation also ein fuumlr alle Beteiligten zufriedenstellender Ausgleich der Interessen beim Umgang mit Zeitressourcen entstehen

Im Alltag vieler Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass es immer wie-der zu personellen Engpaumlssen kommt und ein Wechsel zwischen Zeiten statt-findet zu denen im Vergleich zur Anwesenheit der Kinder relativ viele Fach-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

kraumlfte anwesend sind und solchen Zeiten in denen es zu wenige sind Wie die Interviews gezeigt haben (vgl Abschnitt 322) stellen diese immer wie-der auftretenden Belastungsspitzen einen wesentlichen Stressfaktor dar Um eine gute Bildungsqualitaumlt fuumlr die Kinder und eine gute Work-Life-Balance fuumlr die Fachkraumlfte zu gewaumlhrleisten liegt die besondere Anforderung fuumlr die Personaleinsatzplanung darin hier eine moumlglichst gute Passung von Aufga-ben und Personal mit der Anzahl der anwesenden Kinder herzustellen und somit zu einer optimalen Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Zeitressour-cen beizutragen

Angesichts dieser Problemwahrnehmung wird bei vielen der befragten Traumlger versucht die Teams durch geeignete Maszlignahmen zu unterstuumltzen Haumlu figer eingesetzte Instrumente zum Umgang mit Personal(bedarfs)-schwan kungen sind z B Springerpools die bei Kurzzeit-Erkrankungen oder bis zur Einstellung einer Vertretung genutzt werden Da viele Traumlger in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht haben dass es unterjaumlhrig schwierig ist qualifiziertes Personal zu gewinnen legen einige Personalverantwortli -che einen Bewerberpool an auf den sie kurzfristig zugreifen koumlnnen um Personalausfaumllle moumlglichst sofort auffangen zu koumlnnen Bei einigen anderen Traumlgern werden zu Beginn des Kindergartenjahres Mitarbeiterinnen bdquoauf Vorratldquo eingestellt um Ausfaumllle und Schwankungen im Bedarf im Laufe des Jahres intern ausgleichen zu koumlnnen

Wenngleich flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten in der Kita bis-lang keine uumlblichen Instrumente sind zeigte sich jedoch in den Leitungs-interviews aber auch in einigen Gespraumlchen mit Personalverantwortlichen dass sich in der betrieblichen Praxis bereits viele unterschiedliche Ansaumltze ndash z T in einer Erprobungsphase ndash finden allerdings auch mit unterschiedli-chem Erfolg Im Rahmen der Beschaumlftigtenbefragung berichteten einige Erzieherinnen in der Familienphase dass sie flexible Arbeitszeiten und eine flexible Arbeitsorganisation nutzen und als gute Unterstuumltzung empfinden (vgl auch BMFSFJ 2010 6 ff) Eine Mitarbeiterin beschrieb sehr positiv ein Monats- und Schichtarbeitszeitmodell mit Zielvorgaben mit vier bis fuumlnf Mitarbeiterinnen in der Gruppe die alle mit ihren Zeiten flexibel umge -hen koumlnnen So sei es moumlglich die zeitlichen Anforderungen der Kita mit den Anforderungen der eigenen Familie in eine Balance zu bringen Auch ein Jahresarbeitszeitmodell sorge fuumlr eine bdquofast reibungslose Vereinbarkeitldquo

In Kindertageseinrichtungen erfolgt die Personaleinsatzplanung mithilfe des Dienstplanes Dieser hat zunaumlchst die Funktion die Taumltigkeit der Fach-kraumlfte so zu koordinieren dass fuumlr alle erforderlichen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt die notwendige Mindestanzahl an paumldagogischen Fachkraumlften zum

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Einsatz kommt dass also weder eine Unter- noch eine Uumlberbesetzung erfolgt Daruumlber hinaus soll er durch seine schriftliche Fixierung eine vorausschauen-de Wirkung herstellen die wichtig fuumlr die weiteren Planungstaumltigkeiten von Leitung und paumldagogischen Fachkraumlften ist Die Ausgangsbasis des Dienst-planes stellt die Fachkraft-Kind-Relation dar die entsprechend des Alters und der Anwesenheit der Kinder in den Landesausfuumlhrungsgesetzen der Bundes-laumlnder unterschiedlich ausfaumlllt (vgl Viernickel et al 2013 21 ff)

Wenn alle Fachkraumlfte anwesend sind ergeben sich bei Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschluumlssels keine erhoumlhten Anforderungen Proble-me stellen sich dann ein wenn bei der Erfassung der Fachkraft-Kind-Relation die anteiligen Fehl- oder Ausfallzeiten der Fachkraumlfte fuumlr Urlaub Krankheit Fortbildungstage etc nicht ausreichend Beruumlcksichtigung finden Dies kann anhand einer Netto-Arbeitszeitberechnung verdeutlicht werden Unter der Netto-Arbeitszeit wird die tatsaumlchlich real anfallende Arbeitszeit verstanden d h aus den Brutto-Arbeitszeiten werden die bdquoAusfallzeitenldquo der Mitarbei-terinnen fuumlr die Arbeitszeit mit dem Kind herausgerechnet Hierbei wird von einer Jahresarbeitszeit von 50 Arbeitswochen ausgegangen da fuumlr die ge-setzlichen Feiertage im Durchschnitt zwei Wochen von den 52 Wochen ab-zurechnen sind Von diesen 50 Wochen sind im Durchschnitt etwa 10 Wo-chen abzuziehen in denen die Beschaumlftigten nicht zur Verfuumlgung stehen ndash etwa sechs Wochen fuumlr Urlaub zwei Wochen fuumlr Krankheit eine Woche fuumlr Fortbildung eine Woche fuumlr Mehrstundenausgleich Statt 50 Arbeitswochen betraumlgt die reale jaumlhrliche Arbeitszeit also nur 40 Arbeitswochen ndash 20 Prozent der Jahresarbeitszeit sind somit bei der Planung von vornherein abzuziehen Diese Zahl multipliziert sich mit der Anzahl der Fachkraumlfte und fuumlhrt dazu dass rein rechnerisch bei fuumlnf Fachkraumlften (mit insgesamt 50 Wochen Ar-beitsausfall) davon auszugehen ist dass immer eine Fachkraft fehlt

Wie jede planbare und anspruchsvolle Arbeit erfordert auch die qualitaumlts-orientierte Bildungsarbeit eine angemessene Zeit fuumlr eine sorgfaumlltige Vor- und Nachbereitung Waumlhrend die Fachkraft-Kind-Relation die Betreuungssitua-tion fuumlr die unmittelbare paumldagogische Arbeit mit den Kindern beschreibt beruumlcksichtigt der Personalschluumlssel daruumlber hinaus auch die mittelbare also paumldagogische Arbeitszeit ohne direkten Kontakt mit den Kindern (vgl Viernickel et al 2013 32 ff) Mittelbare Arbeitszeiten dienen der Vor- und Nachbereitung von Taumltigkeiten einer paumldagogischen Fachkraft die zur um-fassenden Erfuumlllung des Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrages von Kindertageseinrichtungen notwendig sind Dazu gehoumlren Zeiten fuumlr ndash die Beobachtung und Dokumentation der Entwicklungsverlaumlufe und der

Sprachentwicklung von Kindern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash die Festlegung und Erarbeitung des individuellen Foumlrderbedarfs einzel-ner Kinder

ndash die Taumltigkeiten im Sinne der Qualitaumltsentwicklung und -sicherung z B Qualitaumltsmanagement und Konzeptionsarbeit

ndash die Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten Elternbeirat Trauml-ger Schulen und Einrichtungen der Familienbildung etc

ndash die Anleitung von Praktikantinnen Zusammenarbeit mit den Fach-schulen

ndash den Austausch mit Fachdiensten wie z B Logopaumldinnen Ergothera-peutinnen und Heilpaumldagoginnen

ndash die Dienstbesprechungen ndash die Fachliteratur und Medienvorbereitung und nicht zuletzt ndash Reflexion Besprechung und Auswertung gezielter kollegialer (Team-)Be-

ratungen Supervision sowie den fachlichen kollegialen Austausch

Der Anteil der mittelbaren Arbeitszeit von der Gesamtarbeitszeit einer Fach-kraft ist in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt und wird z B in pro-zentualen Anteilen oder Stunden vorgegeben (vgl Statistisches Bundesamt 2014) Wenn 10 Prozent der Arbeitszeit einer Fachkraft wie beispielsweise fuumlr Nordrhein-Westfalen geregelt fuumlr die mittelbare Arbeitszeit eingeplant werden ergibt sich zusammen mit einer Ausfallzeit von 20 Prozent eine reale Arbeitszeit mit den Kindern im Umfang von nur 70 Prozent Ein Dienst-plan der die Ausfallzeiten und mittelbaren Arbeitszeiten nicht beruumlck-sichtigt uumlberschaumltzt somit die Zeitpotenziale der Fachkraumlfte Immer wieder-kehrende Personalengpaumlsse die Zeiten der Uumlber- und Unterbelastung bei den Fachkraumlften hervorrufen sind das unausweichliche Resultat

Neben der real zur Verfuumlgung stehenden Arbeitszeit ist fuumlr einen optima-len Personaleinsatzplan die genaue Kenntnis uumlber den tatsaumlchlich erforderli-chen Betreuungsbedarf (Laumlnge der Oumlffnungszeiten und anwesende Kinder) notwendig Die Bewertung setzt eine Analyse des Ist-Zustandes voraus um hier eine Abstimmung der Anwesenheit der Kinder mit dem Personaleinsatz vorzunehmen Durch eine Nutzerfrequenzanalyse werden die Bring- und Ab-holzeiten der Kinder mit dem Ziel dokumentiert verlaumlssliche Angaben daruuml-ber zu erhalten an welchen Tagen und zu welchen Zeiten wie viele Kinder anwesend sind Die Nutzerfrequenzanalyse verfolgt das Ziel ndash die Oumlffnungszeitbedarfe besser einschaumltzen zu koumlnnen ndash Zeit- bzw Qualitaumltsreserven zu ermitteln und ndash Verbesserungshinweise zu Oumlffnungszeiten und Arbeitsorganisation zu er-

halten

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Nach der Auswertung liegen als Ergebnis genaue Angaben zum Verhaumlltnis von Gruppenstaumlrke und Personaleinsatz vor Die zeitlichen Verlaumlufe und Gruppenzusammensetzungen werden exakt abgebildet so dass sie fuumlr eine Uumlberpruumlfung oder Optimierung zur Gestaltung der an den konkreten Bedarf angelehnten Oumlffnungszeiten sowie fuumlr eine bedarfsgerechte Personaleinsatz-planung genutzt werden koumlnnen Da sich die familiaumlren Bedarfe hinsichtlich der Betreuungszeiten aumlndern koumlnnen empfiehlt es sich das Verfahren in re-gelmaumlszligigen Abstaumlnden zu wiederholen

Neben der Anwesenheit der Kinder bilden die Aufgaben den Rahmen fuumlr die Gestaltung des Dienstplans In vielen Kindertageseinrichtungen erfolgt die Arbeitsorganisation anhand der zur Verfuumlgung stehenden Personenzahl Die Orientierung an den Aufgaben zielt demgegenuumlber auf einen bedarfsori-entierten Personaleinsatz ab wobei die zu erfuumlllenden Aufgaben und deren zeitlicher Erfuumlllungsbedarf ermittelt und ins Verhaumlltnis zueinander gebracht werden muumlssen Dazu werden alle regelmaumlszligigen und einmal zu verrichten-den Taumltigkeiten neben den Betreuungszeiten (mit festgeschriebenem Perso-nal-Kind-Schluumlssel) in Form einer Bestandsaufnahme gesammelt und einer kritischen Pruumlfung unterzogen Die Aufgaben werden hinsichtlich ihrer Not-wendigkeit und ihres Zeitaufwandes bewertet Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnen unter anderem folgende Fragen geklaumlrt und im Team neu und ver-bindlich geregelt werden ndash Zu welcher Zeit muumlssen welche Taumltigkeit verrichtet werden die z B der

Vorbereitung von Tagesroutinen wie Oumlffnung und Schlieszligung der Grup-pen oder Einrichtung Vorbereitung von Mahlzeiten etc dienen

ndash Wie wichtig sind die unterschiedlichen Aufgaben Welche Prioritaumlt ha-ben sie

ndash Wer verrichtet welche Taumltigkeiten wo wann und in welcher Zeit

Durch eine kritische Betrachtung dieser Art koumlnnen bdquoliebgewonnene Ge-wohnheitenldquo identifiziert und auf ihre Sinnhaftigkeit hin hinterfragt wer -den So koumlnnen bdquoZeitfresserldquo ebenso gefunden werden wie Taumltigkeiten und Situationen die zu bestimmten Zeiten den Einsatz von mehr Personal erfor-dern Demgegenuumlber stehen aber auch solche Taumltigkeiten und Situationen die zwar Zeit beanspruchen dafuumlr aber das gute Arbeitsklima staumlrken und den Teamzusammenhalt foumlrdern und fuumlr die deshalb zeitliche Ressourcen be reitgestellt werden sollten Die Ergebnisse einer solchen Analyse koumlnnen auch dazu dienen dass bestimmten Diensten auch bestimmte Aufgaben zu-geschrieben werden Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnte so geklaumlrt wer -den welche Taumltigkeiten in der Zeit von Oumlffnung der Kita bis zum Eintreffen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

des naumlchsten Dienstes zu verrichten sind und wie sich die Aufgaben auftei -len

Besonders in bdquooffenldquo und bdquoteiloffenldquo arbeitenden Kindertageseinrichtun-gen erfolgt eine gemeinsame Orientierung der Mitarbeiterinnen auf alle Kinder Fachkraumlfte in Einrichtungen die nach dem bdquoGruppenprinzipldquo arbei-ten haben nicht selten nur ihre Gruppe mit ihren Kindern im Blick Eine Flexibilisierung der Dienstplaumlne erfordert jedoch den Blick uumlber die Gruppe hinaus und die kritische Uumlberpruumlfung des teilweise noch vorherrschenden Prinzips in Kindertageseinrichtungen bdquoIch und du und unsere Kinderldquo Mehr Flexibilitaumlt wird moumlglich wenn sich mehrere Fachkraumlfte fuumlr mehrere Kinder verantwortlich fuumlhlen Daruumlber hinaus haben z B feste Zustaumlndigkeiten von vier Fachkraumlften fuumlr zwei Gruppen zur Folge dass Kinder auch das Personal aus der anderen Gruppe kennen wodurch eine Vertretung erleichtert wird Die Orientierung an den Aufgaben und Verlagerung von Zustaumlndigkeiten uumlber die Gruppengrenzen hinaus sind weitere wesentliche Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten

Moumlglichkeiten der Umsetzung bieten sich z B in der Form an dass die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten uumlber einen laumlngeren Zeitraum von den tatsaumlchlich geleisteten Arbeitszeiten entkoppelt werden Dazu wird ein Arbeitszeitkorridor als Rahmen festgelegt der vorgibt in welchem Zeit-raum die abzuleistende Arbeitszeit erfuumlllt sein muss z B monatlich oder jaumlhrlich Die individuelle Arbeitszeit wird dann in Form von individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Die Fuumlhrung eines solchen Zeitkontos erfolgt durch die Fachkraumlfte selbst das Controlling durch die Leitung Der Einsatz dieses Instruments und die zusaumltzlich erforderlichen Regelungen werden grundsaumltzlich in Abstimmung mit dem Traumlger und der Personalvertretung vereinbart Ein Beispiel fuumlr eine solche dezentralisierte Dienstplangestaltung findet sich im Kasten

Das Monats-Arbeitszeitmodell im Reggio-Kinderhaus Gotha (Smudel 2015)

Das Reggio-Kinderhaus in Gotha ist eine kommunale Kita mit 200 Plaumltzen fuumlr ein- bis sechsjaumlhrige Kinder Jeweils zwei Gruppen mit insgesamt 36 Kindern bilden einen bdquoMini-Kindergartenldquo fuumlr den ein Klein-Team von Erzieherinnen zustaumlndig ist Dieses Klein-Team stimmt seine Dienstzeiten zunaumlchst intern und bei Bedarf auch grup-penuumlbergreifend ab die Kita-Leitung greift nur bei Unterstuumltzungs-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bedarf ein Da das Klein-Team den besten Uumlberblick uumlber die Anwe-senheitszeiten bdquoseinerldquo Kinder hat kann unkompliziert auf Schwan-kungen in der Auslastung reagiert werden

Die geleistete Arbeitszeit wird in individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Ein Uumlber- bzw Unterschreiten der vereinbarten regelmaumlszligigen woumlchentlichen Arbeitszeit ist moumlglich wobei maximal 24 Stunden als Plus- oder Minusstunden in den Folgemonat uumlbernommen wer-den duumlrfen Bei houmlheren Stundenkontingenten (max 40 Stunden) ist die Zustimmung der Kita-Leitung erforderlich Bei einem entspre-chend hohen Arbeitszeitguthaben besteht die Moumlglichkeit einer stun-denweisen oder ganztaumlgigen Freistellung (fuumlr maximal drei freie Tage im Monat auch in Verbindung mit Urlaub) Im Vorgriff auf kuumlnftige Plusstunden koumlnnen ebenfalls maximal drei freie Tage genommen werden

Bei den Erzieherinnen setzt dieses Modell Flexibilitaumlt und Eigen-verantwortlichkeit und die Bereitschaft sowohl zur Mehrarbeit als auch zum Uumlberstundenabbau voraus Die Kita-Leitung wird durch die Dezentralisierung entlastet die Mitarbeiterinnen koumlnnen in Ab-stimmung mit dem Team private Belange beruumlcksichtigen

Ausgangspunkt fuumlr die Gesamtplanung sollte die reale Arbeitszeit fuumlr jeden Mitarbeiterin sein Nach erfolgter Aufgabenorientierung kann dann mit Be-ruumlcksichtigung der jeweiligen kinderfreien Arbeitszeiten zur Vor- und Nach-bereitung ein Basisdienstplan erstellt werden Die reale Umsetzung geschieht dezentral durch die Mitarbeiterinnen Abweichungen von der tatsaumlchlichen Arbeitszeit undoder Aufgabenerledigung durch dienstliche oder private Be-darfsaumlnderungen werden in den individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Bei Bedarf kann im Abgleich mit privaten Zeiten eine woumlchentliche Mehrarbeit (Plus-Stunden) erfolgen oder bei weniger Arbeitsanfall koumlnnen bdquoReservezei-tenldquo (Minus-Stunden) entstehen von Zeiten also die zunaumlchst privat genutzt werden und erst spaumlter z B bei Personalengpaumlssen eingebracht werden Die individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit bleibt davon unberuumlhrt und wird in dem vereinbarten Zeitkorridor erreicht In der Praxis von Kindertagesein-richtungen werden flexible Arbeitszeiten in unterschiedlichen Modellen ein-gesetzt ndash Kleine Loumlsungen durch bdquoDepotstundenldquo oder bdquoStundenkontingentmo-

delleldquo die meist im Umfang bis zu monatlichen 10 Plus- und 10 Minus-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stunden umgesetzt werden dienen der Personalsicherung bei unvorher-sehbarem Bedarf Elternabenden Aktionen etc um Mehrarbeitsstunden entgegenzuwirken

ndash Moumlglichkeiten der monatlichen Uumlbertragung von 25 Plus- und 25 Mi -nus-Stunden erfassen einen groumlszligeren Flexibilisierungsumfang fuumlr Mitar-beiterinnen und bilden eine houmlhere Zeitreserve bei Personalengpaumlssen ab

ndash Jahresarbeitszeitmodelle haben den Vorteil dass sie saisonale und jah-reszeitliche Personal(bedarfs)schwankungen die sich z B durch Ferien-zeiten Bruumlckentage sowie Eingewoumlhnung zu Beginn eines Kita-Jahres ergeben in der Personaleinsatzplanung beruumlcksichtigen koumlnnen

Bei der Umsetzung muss das Ausmaszlig der Entkopplung der woumlchentlichen Arbeitszeit vom vertraglich vereinbarten Volumen gepruumlft werden Je houmlher die Zeitanteile sind mit denen das vertraglich vereinbarte Volumen in einem Zeitraum unter- oder uumlberschritten werden kann desto kritischer muss ge-pruumlft werden wo die Flexibilitaumltsgrenzen im Hinblick auf die Work-Life- Balance der Beschaumlftigten liegen Je groumlszliger die Zeitraumlume geplant werden umso wichtiger wird das Zusammenspiel zwischen Traumlger und Personalver-tretung in Form der Erstellung einer Dienstvereinbarung zur rechtlichen Ab-sicherung der Arbeitszeitkonten Letzteres ist vor allem dann relevant wenn man sich fuumlr Loumlsungen entscheidet die uumlber mehrere Jahre reichen Ange-sichts dessen dass Schwankungen im Personalbedarf der Kitas vor allem im Verlauf eines Kita-Jahres auftreten duumlrften mehrjaumlhrige Loumlsungen jedoch in der Praxis von geringer Relevanz sein

Bei aller Flexibilisierung und Optimierung des Personaleinsatzes muss beruumlcksichtigt werden dass sich nicht immer alle Personalengpaumlsse durch flexible Dienstplaumlne beseitigen lassen Grundsaumltzlich sind bei personellen Ausfaumlllen zum einen die gesetzlich vorgegebenen Mindestbesetzungen zu beachten die sich am Wohl des Kindes orientieren zum anderen ist zu be-ruumlcksichtigen dass das vorhandene Personal nicht unzumutbar belastet wer-den darf Traumlger und Fuumlhrungskraumlfte tragen hier Verantwortung und sollten Notfallplaumlne bzw Leitfaumlden zum Umgang mit Personalengpaumlssen entwi-ckeln und bereitstellen die Angaben zur Vorbeugung und zur Bewaumlltigung des Personalnotstandes regeln Sie haben den Vorteil dass der Umgang mit unvorhergesehenen Personalausfaumlllen auch in Abwesenheit der Leitung und fuumlr alle verbindlich geregelt ist Alle notwendigen Maszlignahmen koumlnnen zu je-der Zeit schnell eingeleitet werden

Verbunden damit sollten die Organisation und der Einsatzzeitpunkt von

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Vertretungskraumlften durch den Traumlger geregelt sein Gaumlngige Beispiele aus der Praxis zur Vorbeugung von Personalengpaumlssen sind ndash Aufstockung von Teilzeitvertraumlgen ndash Einrichtung eines Springer-Vertretungspools zur Aushilfe der z B aus

ehemaligen Beschaumlftigten oder Beschaumlftigten aus Nachbareinrichtungen besteht

ndash Kontaktpflege zu (spaumlteren) Berufsruumlckkehrerinnen waumlhrend der Fami-lienzeit

Daruumlber hinaus sind Regelungen sinnvoll die genau festlegen ab welchem Personalbestand in der Einrichtung z B Angebotsveraumlnderungen und Grup-penzusammenlegungen zu erfolgen haben

Die Einfuumlhrung von flexiblen Dienstplaumlnen verfolgt zum einen uumlber eine Bedarfsorientierung und Optimierung von Ablaumlufen das Ziel einer Effizienz- und Effektivitaumltssteigerung im Umgang mit den zur Verfuumlgung stehenden Zeitressourcen Gleichzeitig leisten sie einen groszligen Beitrag fuumlr das Ziel der Mitarbeiterorientierung koumlnnen sie doch grundsaumltzlich auch zu einer besse-ren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den beschaumlftigten Erzieherinnen beitragen Die Erarbeitung und erfolgreiche Umsetzung eines sol -chen Modells koumlnnen jedoch nur dann gelingen wenn ein Konsens zwischen Traumlger und im Team hergestellt wird und die notwendigen Veraumlnderungen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten erfolgen So traumlgt die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen in entscheidendem Maszlige zur Qualitaumlt der Dienstleistung bei und ihre Beteiligung erhoumlht die Bereit-schaft fuumlr Veraumlnderungsprozesse

433 Familienunterstuumltzende Maszlignahmen

Fuumlr die Mitarbeiterinnen die eigene Kinder versorgen oder eigene Angehouml-rige pflegen erweist es sich oft als sinnvoll und notwendig geeignete Maszlig-nahmen bereitzustellen und die Beschaumlftigten bei ihrem Bemuumlhen um eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und FamiliePflege zu unterstuumltzen So koumlnnen sie ndash im betrieblichen wie im eigenen beruflichen Interesse ndash ihren persoumlnlichen Handlungsspielraum erweitern (vgl DIHKBMFSFJ 2015 31 ff)

Zusaumltzlich zum Angebot an flexiblen Arbeitszeiten uumlbernehmen Unter-nehmen immer haumlufiger Beratungs- und Vermittlungsfunktionen ndash vielfach in Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Dienstleistern ndash oder halten ei-gene auf die spezifischen Beduumlrfnisse der eigenen Mitarbeiterinnen und des

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Unternehmens angepasste Betreuungsangebote vor Der Handlungsspielraum flexibler Arbeitszeitmodelle laumlsst sich von berufstaumltigen Muumlttern naumlmlich erst dann ausschoumlpfen wenn gleichzeitig bedarfsgerechte und flexible Kinder-betreuungsmoumlglichkeiten zur Verfuumlgung stehen (vgl Esch et al 2005 79 ff) ndash so wie es einige privat-gewerbliche Anbieter seit vielen Jahren sowohl fuumlr ihre Kundinnen als auch fuumlr ihre Beschaumlftigten erfolgreich praktizieren Im Bereich einer solchen unternehmensnahen Kinder tagesbetreuung fuumlr Be-schaumlftigte mit eigenen Kindern sind vor allem Ange bote der Notfallbetreu-ung betriebliche Kindertageseinrichtungen und die Nutzung von Belegplaumlt-zen in Kindertageseinrichtungen zu nennen (vgl dazu z B Kirschten 2014 222 ff)

Der Bedarf an solchen zusaumltzlichen Maszlignahmen auch bei Traumlgern von Kindertageseinrichtungen wurde im Projekt KONTI offenkundig Haumlufig wird von Beschaumlftigten Leitungen und Personalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlff-nungszeiten von Schule und Kita z B Fruumlh- oder Spaumltdienste nicht wahrge-nommen werden koumlnnen Auch Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferienzeiten der eigenen Kinder sind ein typisches Problem Von den befragten Erzieherinnen wird darauf hingewiesen dass es fuumlr sie be-sonders wichtig sei dass die eigene Kinderbetreuung gut funktioniere nur dann sei der Kopf frei fuumlr die Arbeit Entsprechende Probleme werden als Belastung wahrgenommen Auch wird daruumlber berichtet dass die Erzieherinnen bei Erkrankung des eigenen Kindes oder bei regelmaumlszligigen Arzttermi-nen auf das Verstaumlndnis der Leitung angewiesen seien Besonders dankbar sind diese Mitarbeiterinnen wenn Kinderbetreuungsmoumlglichkeiten beim ei-genen Traumlger verfuumlgbar sind oder das Kind in besonderen Situationen auch schon mal in die eigene Einrichtung mitgenommen werden kann

Grundsaumltzlich unterscheiden sich damit die Anforderungen an die Ge-staltung derartiger Angebote fuumlr die beschaumlftigten Erzieherinnen nicht von denjenigen Anforderungen in anderen Branchen Traumlger von Kindertagesein-richtungen verfuumlgen jedoch aufgrund ihres eigenen Betreuungsangebotes im Vergleich uumlber einige zusaumltzliche Moumlglichkeiten um ihre Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer familiaumlren Pflichten zu unterstuumltzen

Bei einigen der befragten Traumlger wird dieses zusaumltzliche Potenzial entspre-chend genutzt So stellen viele Traumlger ihren Mitarbeiterinnen Betreuungs-plaumltze fuumlr deren Kinder zur Verfuumlgung Um Rollenkonflikte zu verhindern geschieht dies vorzugsweise nicht in der Einrichtung in der die betroffenen Beschaumlftigten selbst arbeiten sondern in anderen Einrichtungen des Traumlgers Bei einigen anderen Traumlgern wird es den Mitarbeiterinnen ndash oft auf infor-

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mellem Weg ndash ermoumlglicht ihre eigenen Kinder in besonderen Situationen oder zu Randzeiten etwa zum Fruumlhdienst mit in die Einrichtung zu bringen

Daruumlber hinausgehende Angebote unternehmensnaher Kinderbetreuung auszligerhalb der klassischen Oumlffnungszeiten von Tageseinrichtung und Schule die auf die spezifischen Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Arbeits-zeiterfordernisse der Mitarbeiterinnen zugeschnitten sind (vgl DIHKBMFSFJ 2015 53 ff) finden sich jedoch bei Traumlgern von Kindertagesbe-treuung nur sehr selten obwohl gerade hier ein groszliger Bedarf zu sehen ist Wer lange Oumlffnungszeiten abdecken und im Schichtdienst arbeiten muss kann seine Kinder mit dem traditionellen Angebot nicht vollstaumlndig be-treuen lassen und benoumltigt hier zusaumltzliche Unterstuumltzung Im Rahmen des Projektes KONTI wurde jedoch nur bei einem (privaten) Traumlger eine Back-up-Betreuung vorgefunden Ein kommunaler Traumlger bietet in jedem Stadtteil eine Randzeitenbetreuung an die auch seinen eigenen Mitarbeiterinnen zur Verfuumlgung steht In beiden Faumlllen empfinden es die Befragten als groszlige Hilfe dass sie bei Bedarf darauf zugreifen koumlnnen Zielfuumlhrend ist es darum traumlgerspezifische Betreuungsangebote fuumlr die Kinder der eigenen Mitarbeiterinnen ndash dabei insbesondere auch fuumlr Schulkinder bis zu etwa zwoumllf oder vierzehn Jahren ndash zu entwickeln damit die als Erzieherinnen beschaumlftigten Muumltter keine Sonderbehandlung bei der Bewaumlltigung ihres Berufsalltags be-noumltigen (vgl IAQ 2011) mit Betreuungsmoumlglichkeiten zu Randzeiten am Wochenende und fuumlr die (Schul-)Ferienzeiten

Das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist (zurzeit noch) bdquoin der Praxis von geringer Relevanzldquo (KuumlmmerlingBaumlcker 2012 328) Das Bewusstsein fuumlr die Problematik ist zwar teilweise vorhanden aber es gibt bislang nur wenige spezifische Maszlignahmen die sich explizit auf die Unterstuumltzung bei diesem Vereinbarkeitsbedarf beziehen Dazu gehoumlren z B Be ratungs- und Informationsservices von Betrieben Reduzierung von Ar-beitszeiten und vor allem informelle Regelungen die Ruumlcksicht auf die Nichtvorhersehbarkeit von Pflegesituationen nehmen (vgl Kuumlmmerling Baumlcker 2012 327) Auch das bestaumltigte sich im Projekt KONTI Beispielswei-se werden von einzelnen der befragten Traumlger die neben der Kindertagesbe-treuung noch weitere soziale Dienstleistungen anbieten diese Potenziale auch fuumlr eigene Mitarbeiterinnen genutzt indem etwa traumlgereigene Pflege-dienstleistungen vermittelt werden

Ein weiterer der befragten privaten Traumlger hat sich darauf eingestellt dass Work-Life-Balance mit individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen und Problemlagen verbunden ist und die Angebote an familienunterstuumltzen-den Dienstleistungen dementsprechend vielfaumlltig sein muumlssen Er stellt des-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

halb fuumlr seine Beschaumlftigten nicht nur sein komplettes Spektrum an flexiblen Angeboten der Kindertagesbetreuung bereit sondern hat daruumlber hinaus eine bdquoMitarbeiter-Agenturldquo gegruumlndet die Beratungs- und Unterstuumltzungsan-gebote fuumlr die Beschaumlftigten buumlndelt und individuelle Loumlsungen vermittelt

Die Mitarbeiter-Agentur als Ansprechpartner der Beschaumlftigten (KirsteinWaimann 2015)

Die Kinderhaus Rasselbande gGmbH hat sich zum Ziel gesetzt ihren Mitarbeiterinnen ganzheitlich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Seite zu stehen Entstanden ist daraus die KIRA-Mitar-beiter-Agentur die zu allen Fragestellungen auf Wunsch anonym be-raumlt ganz konkret und individuell Loumlsungsstrategien entwickelt und bei der Umsetzung unterstuumltzt Alle Mitarbeiterinnen koumlnnen sich telefonisch oder per E-Mail an die KIRA-Ansprechpartnerinnen wen-den und ihre Anliegen vorbringen Auch die Vereinbarung von per-soumlnlichen Terminen zu denen auch betroffene Angehoumlrige mitge-bracht werden koumlnnen ist jederzeit moumlglich Die Fragestellungen die die Mitarbeiter-Agentur erreichen sind vielfaumlltig Im Folgenden ein paar Beispiele ndash Die Groszligmutter von Mitarbeiterin Kathrin S21 ist seit einigen

Jahren verwitwet und lebte bisher allein in ihrer Wohnung Der Gesundheitszustand der 87-jaumlhrigen Dame hat in den letzten Mo-naten stark nachgelassen so dass sie nicht mehr allein bleiben kann Kathrin S und ihre Familie moumlchten ihre Groszligmutter aber nicht in einem Pflegeheim unterbringen Die Mitarbeiter-Agen-tur unterstuumltzt Kathrin S bei der Beantragung einer Pflegestufe und recherchiert Unterstuumltzungsangebote am Wohnort der Groszlig-mutter Schlieszliglich gelingt es der Mitarbeiter-Agentur fuumlr die Groszligmutter eine Pflegekraft zu organisieren die in den Haushalt mit einzieht

ndash Mitarbeiter Ralf D und seine Frau haben vor ein paar Monaten Zwillinge bekommen und ihre aktuelle Wohnung platzt aus allen Naumlhten Sie wuumlrden gern eine groumlszligere Wohnung in einem an-deren Stadtteil mieten kommen aber nicht dazu sich darum zu

21 Alle Namen sind geaumlndert

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kuumlmmern Die Mitarbeiter-Agentur trifft sich mit Familie D und nimmt die Wuumlnsche auf recherchiert Wohnungsangebote und legt sie der Familie vor Nachdem Ralf D und seine Frau die Fa-voriten ausgewaumlhlt haben vereinbart die Mitarbeiter-Agentur Be-sichtigungstermine fuumlr die Familie Die Betreuung der Zwillinge uumlbernimmt in der Zeit die Kinderhaus Rasselbande gGmbH

ndash Die Tochter von Mitarbeiterin Sonja D hat zunehmend Proble-me im Franzoumlsisch-Unterricht und benoumltigt Nachhilfe Da Sonja D mit klassischen Nachhilfe-Anbietern keine guten Erfahrungen gemacht hat wuumlnscht sie sich fuumlr ihre Tochter eine Einzelbetreu-ung zu Hause Die Mitarbeiter-Agentur macht Aushaumlnge an Uni-versitaumlten im naumlheren Umfeld sortiert Bewerbungen vor und fuumlhrt erste Gespraumlche mit den Bewerberinnen Schlieszliglich stellt sie Sonja D drei potenzielle Nachhilfelehrerinnen vor Frau D stellt eine junge Frau auf Minijob-Basis bei sich an und die Noten ihrer Tochter verbessern sich deutlich

ndash Der Vater von Mitarbeiter Joumlrn K ist ploumltzlich verstorben Seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht und zieht sich von ihrem Sohn zuruumlck Er weiszlig nicht wie es ihm gelingen kann dass sie wieder am Leben teilnimmt Die Mitarbeiter-Agentur findet fuumlr die Mutter von Joumlrn K eine Trauergruppe in der sie einen Kreis von gleichaltrigen Frauen findet die ihr eine neue Perspek-tive geben

Ergaumlnzt wird das Beratungsangebot durch bdquoKIRA-Vor Ortldquo-Termine die dreimal im Jahr in den Einrichtungen der Kinderhaus Rasselban-de gGmbH stattfinden Zu diesen Terminen bringen die Ansprech-partnerinnen ein spezielles Thema mit z B Vorsorgevollmacht und Patientenverfuumlgung das neue ElterngeldPlus oder Ferienbetreuungs-angebote vor Ort

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen

Wenn das Personalmanagement fuumlr Kindertageseinrichtungen nachhaltig sein soll muss es verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert sein Daher muss von den in den Beschaumlftigten-befragungen zutage getretenen Befunden zu deren Motivationsstrukturen Wuumlnschen und Schwierigkeiten ausgegangen werden So ist z B bei den Mitarbeiterinnen ein hohes Maszlig an intrinsischer Motivation und an inhalt-licher Identifikation mit ihrem Beruf und ihrer Taumltigkeit vorzufinden Die Beanspruchungen durch die berufliche Taumltigkeit werden vor allem dann als zu hoch empfunden wenn Rahmenbedingungen dazu fuumlhren dass die Ar-beit nicht in der selbst gewuumlnschten Qualitaumlt erledigt werden kann Schwan-kungen im Personalbedarf einerseits und im Personalbestand andererseits stellen dabei ein zentrales Problem dar so dass dem Personaleinsatz und ins-besondere dem Zeitmanagement eine besondere Bedeutung zukommt

Ressourcen zum Umgang mit Belastungen ergeben sich fuumlr die Mitarbei-terinnen vor allem aus der Arbeit im Team und der Moumlglichkeit ihre inhalt-lichen Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln zu koumlnnen Der hohe Stellenwert den die Beschaumlftigten sowohl einem guten Teamklima als auch den Inhalten ihrer Arbeit beimessen bedeutet auch dass sie es als besonders belastend erleben wenn es Konflikte im Team gibt oder die eigenen Anspruuml-che an die inhaltliche Arbeit nicht hinreichend erfuumlllt werden koumlnnen

Eine nachhaltige Personalwirtschaft umfasst vor diesem Hintergrund un-terschiedliche Handlungsfelder die miteinander verzahnt und unter dem Gesichtspunkt der Lebensphasenorientierung betrachtet werden muumlssen Be-zogen auf die in diesem Band diskutierten Handlungsfelder zeigt sich dass die Lebensphasenorientierung als bdquoroter Fadenldquo in allen Elementen der Per-sonalwirtschaft zu beruumlcksichtigen ist

In der Personalplanung geht es um eine systematische Analyse der Alters-struktur um quantitative und qualitative Anforderungen an die Sicherung der Nachfolge beim Ausscheiden von Beschaumlftigten ableiten zu koumlnnen Die Personalentwicklung zielt darauf ab fuumlr Mitarbeiterinnen in unterschiedli-chen Lebensphasen geeignete Angebote bereitzuhalten Die Gestaltung von Karrierepfaden ist dabei in doppeltem Sinne von Bedeutung ndash hier geht es so-wohl um Aufstiegsmoumlglichkeiten die fuumlr juumlngere Beschaumlftigte einen Anreiz bilden im Arbeitsfeld zu bleiben und sich dort inhaltlich weiterentwickeln zu koumlnnen als auch um Loumlsungen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte damit sie sowohl ihr Erfahrungswissen einbringen als auch gesundheitliche Belastungen redu-

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zieren koumlnnen Eine leistungsorientierte Verguumltung kann bei einer entspre-chend geeigneten Ausgestaltung ein begleitendes Instrument fuumlr die Imple-mentierung von Karrierepfaden darstellen

Bei der Personalfuumlhrung und der Teamentwicklung ist zu beruumlcksichti-gen dass Teams heterogen strukturiert sind und die Altersmischung die im Hinblick auf eine kontinuierliche Sicherung des Personalbestandes wuumln-schenswert ist auch Herausforderungen mit sich bringt Um die Zusammen-arbeit zwischen juumlngeren und aumllteren Mitarbeiterinnen produktiv zu ge-stalten und allen die Moumlglichkeit zu geben ihre spezifischen Kompetenzen fuumlr das Team nutzbar zu machen muumlssen Konflikte erkannt und geloumlst sowie eine Kultur der wechselseitigen Wertschaumltzung aufgebaut werden Der Team-entwicklung kommt somit eine hohe Bedeutung zu Gesundheitsfoumlrderung darf sich nicht auf die Schaffung von Bedingungen fuumlr bdquoaltersgerechtesldquo Ar-beiten beschraumlnken sondern muss lebensphasenbegleitend und praumlventiv angelegt sein und von Anfang an die Resilienz foumlrdern Die Verknuumlpfung von Teamentwicklung und praumlventiv angelegter Gesundheitsfoumlrderung stellt daher einen Schluumlsselfaktor fuumlr eine zukunftsorientierte Personalwirtschaft dar

Ein Arbeitszeitmanagement kann in der Weise gestaltet werden dass es einen Beitrag dazu leistet die in unterschiedlichen Lebensphasen wech-selnden zeitlichen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten im Sinne einer Work-Life-Balance mit den betrieblichen Anforderungen fuumlr eine qualitativ hochwer-tige Kindertagesbetreuung weitgehend in Einklang zu bringen Wenn das Ar-beitszeitmanagement nachhaltig sein soll muss es darauf ausgerichtet sein dass fuumlr die Erledigung der erforderlichen Aufgaben immer eine angemes-sene Personalausstattung bereitsteht Dazu gehoumlren zum einen Arbeitszeit-modelle die individuelle Teilzeitloumlsungen ermoumlglichen und gleichzeitig den Bedarf in den Einrichtungen an Kontinuitaumlt Aufgabenverteilung und Zeit fuumlr Abstimmung im Team einbeziehen Zum anderen muss die Dienstplan-gestaltung so geregelt werden dass sie die notwendige Flexibilitaumlt im Perso-naleinsatz verlaumlssliche Planbarkeit fuumlr die Beschaumlftigten und Partizipation verbindet Betriebliche Unterstuumltzungsangebote fuumlr unterschiedliche fami-liale Lebenslagen der Mitarbeiterinnen koumlnnen einen ergaumlnzenden Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik leisten und damit die Personalbindung zusaumltzlich foumlrdern

Bei der Einfuumlhrung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten fuumlr Kindertageseinrichtungen ist die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten Der Traumlger ist hier fuumlr die Setzung der Rahmenbedingungen zustaumlndig die Umsetzung im Alltag erfolgt bdquovor Ortldquo

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

in den einzelnen Einrichtungen Dabei kommt der Einrichtungsleitung und Fuumlhrung der Einrichtung insgesamt eine hohe Bedeutung zu Grundsaumltzlich wichtig ist dabei passende traumlgerinterne Loumlsungen zu entwickeln die dazu beitragen koumlnnen konstruktiv mit (moumlglichen) Spannungsfeldern zwischen den Steuerungsleistungen des Traumlgers und der Umsetzungsautonomie in den einzelnen Einrichtungen umzugehen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass die Rahmenbedingungen die fuumlr den Betrieb einer Einrichtung noumltig sind kritisch hinterfragt und op-timiert werden sollten Dieser Prozess sollte im Zusammenspiel von Traumlger Leitung und Mitarbeiterinnen erfolgen um bei der Entwicklung von nach-haltigen Loumlsungen die Interessen aller Beteiligten zu beruumlcksichtigen Ein Vorgehen in diesem Sinne hat die Konkretisierung und Sicherung der Qua-litaumlt von Bildung Erziehung und Betreuung in der Kindertageseinrichtung zum Ziel und unterstuumltzt in gleicher Weise auch die Personal- und Team-entwicklung Damit werden sowohl eine zukunftsorientierte Entwicklung der Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen als auch die Umsetzung kuumlnftiger Qualitaumltsanforderungen gefoumlrdert

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141

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

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Klaudy E K 2015 Aufgabenorientierung und flexible Dienstplangestaltung in Kindertagesein-richtungen In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhal - tige Personalwirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtun-gen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtun-gen-66601125 (Abruf am 31052016)

Klaudy E K 2010 Organisationsentwicklung in Kindertageseinrichtungen Das Instrument der Dienstplangestaltung In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsentwicklung Wiesbaden 181ndash194

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Koumlhling K 2015 Die Rolle der Kita-Leitung In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirt-schaft fuumlr Kindertageseinrichtungen ndash Instrumen-te fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita- aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtungen-66601125 (Abruf am 31052016)

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Zu erwarten sind wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und erfahrenem Per-

sonal in Kindertageseinrichtungen was die Traumlger vor groszlige Herausforderungen

stellt Im Fokus des Projekts steht daher die Frage wie geeignete personalwirt-

schaftliche Konzepte gestaltet werden koumlnnen um den Herausforderungen an-

gemessen zu begegnen Als Ergebnis der Analysen werden Handlungsfelder fuumlr

eine nachhaltige Personalwirtschaft vorgestellt die sich fuumlr die Akteure in der

Praxis als besonders dringlich erweisen

WWWBOECKLERDE

ISBN 978-3-86593-244-0

  • Abbildung 1
    • Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
      • Abbildung 2
        • Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
          • Abbildung 3
            • Anforderungen an die Kita-Leitung
              • Abbildung 4
                • Fach- und personale Kompetenzen
                  • Abbildung 5
                    • Karrieremodelle
                      • Abbildung 6
                        • Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell
                          • 1 Einfuumlhrung
                          • 2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends
                            • 21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung
                            • 22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung
                            • 23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf
                            • 24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe
                            • 25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung
                            • 26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze
                            • 27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen
                            • 28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen
                              • 3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen
                                • 31 Die Perspektive der Kita-Traumlger
                                • 32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen
                                • 33 Die Perspektive der Kita-Leitungen
                                  • 4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft
                                    • 41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands
                                    • 42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung
                                    • 43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen
                                    • 44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen
                                      • Literatur
Page 3: Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

Nr 336 middot September 2016

NACHHALTIGE PERSONALshyWIRTSCHAFT FUumlR KINDERshyTAGESEINRICHTUNGENHerausforderungen und Strategien

Elke Katharina Klaudy Karola Koumlhling Brigitte Micheel und Sybille Stoumlbe-Blossey

STUDY

copy 2016 by Hans-Boumlckler-StiftungHans-Boumlckler-Straszlige 39 40476 Duumlsseldorfwwwboecklerde

ISBN 978-3-86593-244-0

Satz DOPPELPUNKT Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt

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INHALT

1 Einfuumlhrung 7

2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends 1221 Aufgaben und Rahmenbedingungen der

Kindertagesbetreuung 1322 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der

Kindertagesbetreuung 1423 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash

Anstieg und wachsender Bedarf 1524 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash

Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe 1725 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung 1926 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze 2127 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische

Anforderungen an Kindertageseinrichtungen 2328 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende

Anforderungen bei knappen Ressourcen 25

3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen 2831 Die Perspektive der Kita-Traumlger 2932 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen 4533 Die Perspektive der Kita-Leitungen 59

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft 7341 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands 7442 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung 9143 Work-Life-Balance und Management von

Zeitressourcen 11444 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft

in Kindertageseinrichtungen 135

Literatur 138

6

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 57

Abbildung 2 Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 58

Abbildung 3 Anforderungen an die Kita-Leitung 61

Abbildung 4 Fach- und personale Kompetenzen 66

Abbildung 5 Karrieremodelle 81

Abbildung 6 Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell 120

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1 EINFUumlHRUNG

Die Anforderungen an das Personal von Kindertageseinrichtungen ndash und da-mit auch an die Personalwirtschaft der Traumlger ndash sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen Einerseits wurde und wird ein erheblicher gesellschaftli-cher Bedarf nach einer qualitativen wie auch quantitativen Weiterentwick-lung des Arbeitsfeldes wahrgenommen andererseits wird inzwischen viel-fach Kritik an den bestehenden Arbeitsbedingungen artikuliert Daruumlber hin-aus laumlsst der demografische Wandel der in vielen Wirtschaftsbranchen be-reits heute mit einem steigendem Fachkraumlftemangel verbunden ist auch fuumlr diesen Dienstleistungsbereich wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und er-fahrenem Personal erwarten Er stellt damit die Traumlger von Kindertagesein-richtungen vor zusaumltzliche Herausforderungen

Die Veraumlnderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern personalwirt - s chaftliche Strategien die staumlrker als bisher auf Nachhaltigkeit und damit auf Personalbindung ausgerichtet sind Zentraler Anknuumlpfungspunkt fuumlr das zukuumlnftige Personalmanagement ist darum dass es sich verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert und Personal(entwicklungs)maszlignahmen beinhaltet die deren Lebenslauf be-ruumlcksichtigen Auf diese Weise koumlnnen kontinuierliche Erwerbsbiografien der Mitarbeiterinnen ermoumlglicht und gefoumlrdert und eine kontinuierliche Be-schaumlftigung bei dem Traumlger gesichert werden

Das Projekt bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbe - treu ungldquo (KONTI) hat sich dieser Problematik gestellt Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens das von der Abteilung bdquoBildung und Erziehung im Strukturwandelldquo (BEST) des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitaumlt Duisburg-Essen zwischen 2013 und 2015 mit Foumlrderung der Hans-Boumlckler-Stiftung durchgefuumlhrt wurde stand die Frage wie geeignete personalwirtschaftliche Konzepte fuumlr Kindertageseinrichtungen gestaltet wer-den koumlnnen um den demografischen Herausforderungen angemessen begeg-nen zu koumlnnen

Ausgangspunkt des Projektes war dabei die Diskussion um eine demogra-fiegerechte Personalwirtschaft die in Deutschland seit einigen Jahren bran-chenuumlbergreifend intensiv gefuumlhrt wird das Arbeitsfeld der Kindertages-einrichtungen bislang jedoch weitgehend ausgeblendet hat Im Mittelpunkt solcher Personalstrategien standen zunaumlchst vor allem spezielle Maszlignahmen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte inzwischen besteht in der Fachwelt grundsaumltzlich Konsens daruumlber dass diese Fokussierung nicht zielfuumlhrend ist sondern dass

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

geeignete Konzepte fuumlr alle Mitarbeiterinnen und damit grundsaumltzlich prauml-ventiv ausgerichtet sein muumlssen So machte ein Befund von 2008 deutlich dass die Voraussetzungen fuumlr die Beschaumlftigungsfaumlhigkeit im Alter im Laufe der Berufsbiografie geschaffen werden in der Studie konnte ein Zusam-menhang zwischen der in einer Berufsgruppe subjektiv wahrgenommenen Qua litaumlt der Arbeit und den Arbeitsunfaumlhigkeits- und Fruumlhinvaliditaumltsraten sta tistisch nachgewiesen werden (vgl Priester 2008) Damit ist ein staumlrker ganzheitliches und umfassendes Verstaumlndnis von einer lebenslangen Beschaumlf-tigungsfaumlhigkeit in den Fokus der Uumlberlegungen geruumlckt das die Erwerbs-biografien aller Mitarbeiterinnen in der Belegschaft eines Betriebes beruumlck-sichtigt Es geht damit im Rahmen einer demografiesensiblen Personal politik nicht mehr nur um altersgerechtes Arbeiten am Ende sondern um alterns ge-rechtes Arbeiten waumlhrend des gesamten Erwerbslebens So wichtig spezielle altersspezifische Maszlignahmen sind so wenig reichen sie aus um kontinuier-liche Erwerbstaumltigkeit und damit Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt in der Personal-situation von Betrieben zu foumlrdern

In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Lebenslaufperspektive da-rum sowohl als Analyseansatz als auch als Leitbild fuumlr die Politik des Wohl-fahrtsstaates verwendet (vgl Anxo et al 2010) Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung etwa wurde sie zugrunde gelegt um herauszuarbeiten wie unterschiedlich Lebenslaumlufe durch verschiedene Institutionen geformt wer-den welche kritischen Lebensereignisse und Uumlbergaumlnge dabei relevant sind welche Unterschiede es zwischen den Geschlechtern gibt und wo demzu-folge eine Gleichstellungspolitik ansetzen muss (vgl BMFSFJ 2011 insb 39 ff) Die Lebenslaufperspektive kann schlieszliglich ebenso als Orientierungs-rahmen fuumlr die Politik von Organisationen gelten z B hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeitszeiten in unterschiedlichen Lebensphasen (vgl beispiels-weise ScheierHildebrandt 2010)

Ein personalwirtschaftliches Konzept das diese Erkenntnisse zugrunde legt sollte darum nicht nur eine generelle Orientierung am Lebenslauf bein-halten sondern vor allem auch die unterschiedlichen Schwellen und Uumlber-gaumlnge (beispielsweise Berufseinstieg nach der Ausbildung Familiengruumln-dung Pflege Angehoumlriger) im Lebensverlauf der Mitarbeiterinnen eines Be-triebes in den Blick nehmen lassen sich doch gerade diese Schwellen haumlufig als kritische Lebensphasen charakterisieren Sie erfordern darum jeweils spe-zifische UnterstuumltzungsangeboteVor dem Hintergrund arbeitspsychologischer Erkenntnisse ist daruumlber hin-aus zu beruumlcksichtigen dass der Unterstuumltzungsbedarf von Beschaumlftigten houmlchst unterschiedlich sein kann In der neueren arbeitspsychologischen For-

9

1 Einfuumlhrung

schung wird nicht nur nach allgemeinen betrieblichen Rahmenbedingungen gefragt die die Arbeitsmotivation foumlrdern oder behindern koumlnnen sondern diese Rahmenbedingungen werden stets im Kontext individueller Merkmale betrachtet Bedingungen fuumlr die Arbeitszufriedenheit ergeben sich demnach aus Merkmalen der Person und aus Merkmalen der Arbeit (vgl Nerdinger et al 2008 432) d h jeder Mensch ist durch spezifische Motive (also Werte-dispositionen und Haltungen) gepraumlgt Motivation entsteht somit als bdquoPro-dukt aus individuellen Merkmalen von Menschen ihren Motiven und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation in der Anreize auf die Motive einwirken und sie aktivierenldquo (Nerdinger et al 2008 427 vgl auch Heckhau-senHeckhausen 2005)

Des Weiteren hat sich in der Arbeitspsychologie schon seit langem die Unterscheidung zwischen bdquoBelastungenldquo (als objektive Faktoren die auf den Menschen einwirken) und bdquoBeanspruchungenldquo (als individuell durchaus un-terschiedliche Auswirkungen dieser Faktoren auf den Menschen)1 etabliert Bestimmte Belastungen fuumlhren also nicht automatisch bei jeder Mitarbeite-rin oder jedem Mitarbeiter zu den gleichen Beanspruchungen Vielmehr wir-ken hier unterschiedliche Einflussfaktoren zusammen Dazu gehoumlren auf der einen Seite individuelle Faktoren etwa persoumlnliche Werthaltungen oder die familiaumlre Situation aus der sich sowohl unterstuumltzende Ressourcen als auch zusaumltzliche Belastungen ergeben koumlnnen Auf der anderen Seite beeinflusst auch die (spezifische) Gestaltung jeder Organisation die Wirkungsweise von Belastungen und damit das Beanspruchungsempfinden Jede Institution kann darum auch Ressourcen zum Umgang mit Belastungen bereitstellen ndash etwa durch Qualifizierungsangebote oder die Foumlrderung der Zusammenar-beit im Team

Es gibt inzwischen eine Reihe von Initiativen die an genau diesen Er-kenntnissen ansetzen Neben verschiedenen laumlnderspezifischen Ansaumltzen ist hier bundesweit vor allem die INQA2 zu nennen eine seit 2002 bestehen- de Gemeinschaftsinitiative von Bund Laumlndern Sozialversicherungstraumlgern Gewerkschaften Unternehmen und Stiftungen INQA bietet Tools zur Be-standsaufnahme und Handlungshilfen sowie Beratungs- und Auditierungs-programme um die Qualitaumlt der Arbeit fuumlr Unternehmen und Beschaumlftigte zu verbessern

1 vgl dazu grundlegend RohmertRutenfranz 1975 zusammenfassend beispielsweise Ulich 19912005 insbesondere Kapitel 72 INQA = Initiative fuumlr eine neue Qualitaumlt der Arbeit wwwinqade (Abruf am 18042016)

10

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEs werden kuumlnftig nur Unternehmen innovativ wettbewerbsfaumlhig und erfolgreich sein denen es gelingt qualifizierte Fachkraumlfte zu ge-winnen sowie ihre Beschaumlftigten zu motivieren an sich zu binden und ihre Leistungsfaumlhigkeit zu erhaltenldquo3

Das Bundesministerium fuumlr Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundes-ministerium fuumlr Bildung und Forschung haben in den letzten Jahren ver-schiedene Programme zu diesem Themenfeld aufgelegt So hat das BMBF beispielsweise den Foumlrderschwerpunkt bdquoInnovationsfaumlhigkeit im demogra-fischen Wandelldquo4 initiiert mit dem vor allem die anwendungsorientierte Forschung gefoumlrdert wurde und wird und aus denen Publikationen (vgl bei-spielsweise BMBF 2010) und Internet-Plattformen5 hervorgegangen sind Mit der Forschungsagenda der Bundesregierung fuumlr den demografischen Wandel bdquoDas Alter hat Zukunftldquo6 hat die Bundesregierung im November 2011 ein ressortuumlbergreifendes Forschungskonzept beschlossen Die Vielfalt der Ini-tiativen kann als Indikator fuumlr den Handlungsdruck und die Bedeutung des Themas gewertet werden ndash aber auch dafuumlr dass es nach wie vor an Hand-lungswissen und noch mehr an seiner Umsetzung mangelt

Das Arbeitsfeld der sozialen Dienstleistungen und dabei insbesondere auch das der Kindertagesbetreuung findet in den bisherigen Publikationen Programmen und Initiativen zur Personalwirtschaft im demografischen Wandel kaum Beachtung Dieser geringe Stellenwert steht jedoch in einem deutlichen Missverhaumlltnis sowohl zur gesellschaftlichen Bedeutung der sozia-len Dienstleistungen als auch zum aktuellen Problemdruck in diesem Sektor

An dieser Ausgangssituation setzte das Projekt KONTI an Fuumlr die Studie wurden zunaumlchst die Rahmenbedingungen fuumlr das Personal in der Kinderta-gesbetreuung analysiert und sowohl nach bereits vorhandenen personalwirt-schaftlichen Konzepten der Traumlger von Kindertageseinrichtungen als auch nach Problemen Motiven und Beduumlrfnissen aus der Sicht der Beschaumlftigten gefragt Eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit so die erste Grundannahme im Projekt liegt sowohl im Interesse der Traumlger (die qualifiziertes Personal benoumltigen) als auch der Beschaumlftigten (aufgrund ihrer persoumlnlichen Motivati-

3 wwwinqadeDEMitmachen-Die-InitiativeUeber-unsDie-Initiative-kompaktdie-initiative-kom-pakthtml (Abruf am 18042016)4 wwwbmbfdefoerderungen15043php (Abruf am 18042016)5 wwwdemowerkzeugede (Abruf am 18042016) 6 wwwdas-alter-hat-zukunftde (Abruf am 18042016)

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1 Einfuumlhrung

on und ihrer sozialen Absicherung) Personalwirtschaftliche Konzepte zur Foumlrderung kontinuierlicher Erwerbstaumltigkeit so die zweite Grundannahme muumlssen daher die Aufgaben Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso beruumlcksichtigen wie die Motivationsstrukturen Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten

Der Ansatz einer solchen lebensphasenorientierten Personalwirtschaft muss dabei bdquoden unterschiedlichen Altersgruppen im Betrieb mit ihren je le-bensphasenspezifischen Anforderungen gerecht werdenldquo (Schilling 2008 90) und erfordert darum ein entsprechendes bdquobetriebliches Gesamtkonzeptldquo (ebd) das im Idealfall von einem Wissen uumlber den jeweils individuellen Be-darf aller seiner Beschaumlftigten d h uumlber deren persoumlnlichen Merkmale Wer-te Einstellungen und Motive ausgeht Erst auf dieser Basis kann es zielge-richtete Ressourcen zum Umgang mit vorgefundenen Belastungsfaktoren bereitstellen Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes muss darum immer die jeweils spezifische Organisation und Personalsituation eines Betriebes und die Struktur und Zusammensetzung seiner Belegschaft sein Darum kann es grundsaumltzlich kein auf alle Betriebe uumlbertragbares personalwirtschaftliches Konzept geben Vielmehr ist es nur moumlglich eine Auswahl geeigneter Maszlig-nahmen zusammenzustellen aus denen die fuumlr jeden Betrieb erforderlichen Instrumente immer wieder neu kombiniert werden koumlnnen

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden zunaumlchst die Strukturen und Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes Kindertagesbetreuung darge-stellt (Kapitel 2) und anschlieszligend die Ergebnisse der drei empirischen Erhe-bungen im Projekt KONTI zusammengefasst Dabei werden die Sichtweise von Personalverantwortlichen der beteiligten Traumlger die Einstellungen von beschaumlftigten Erzieherinnen in unterschiedlichen Lebensphasen sowie von Berufsaussteigerinnen und die Perspektive von Leitungskraumlften vorgestellt (Kapitel 3) Als Ergebnis der Analyse wurden einige zentrale Handlungs-felder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die sich fuumlr die Akteure in der Praxis als besonders dringlich herausgestellt haben Dazu wur-den im weiteren Projektverlauf Beispiele guter Praxis aufgearbeitet und Moumlg-lichkeiten zu deren Weiterentwicklung mit Expertinnen diskutiert Die Er-gebnisse der empirischen Untersuchung sowie die Diskussionsergebnisse zu diesen ausgewaumlhlten und ganz unterschiedlichen Instrumenten mit denen die Personalwirtschaft von Kindertageseinrichtungen auf die demografische Entwicklung der naumlchsten Jahre reagieren und damit zur Personalbindung in ihren Kinderbetreuungsbetrieben beitragen kann bilden den Schwerpunkt dieser Publikation (Kapitel 4)

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2 DAS ARBEITSFELD ndash STRUKTUREN UND ENTWICKLUNGSTRENDS

Ein funktionsfaumlhiges System der Kindertagesbetreuung ist von hoher gesell-schaftlicher und oumlkonomischer Bedeutung Auf der einen Seite ist es eine wichtige Voraussetzung fuumlr eine altersangemessene Bildung Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schulalter auf der anderen Seite ist es eine bedeutende Bedingung fuumlr die Erwerbstaumltigkeit von Eltern Dementspre-chend haben sich sowohl die Zahl der betreuten Kinder als auch deren indi-viduelle Betreuungszeiten in den letzten Jahren erhoumlht Diese Entwicklung war gleichzeitig mit einem Anstieg des eingesetzten Personals in diesem Ar-beitsfeld verbunden Ein erheblicher Schub fuumlr diesen quantitativen Ausbau ergab sich vor allem aus dem im Jahre 2008 beschlossenen Kinderfoumlrderungs-gesetz mit dem fuumlr Kinder im Alter von zwoumllf Monaten bis unter drei Jahren ein subjektiver Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung eingefuumlhrt wurde (Art 1 Nr 7 und 8 KifoumlG sect 24 SGB VIII) der zum 01082013 in Kraft trat

Auf der qualitativen Ebene sind Kindertageseinrichtungen mit gesell-schaftlichen Entwicklungen konfrontiert die mit einem Anstieg sozialer Dis-paritaumlten und mit Veraumlnderungen der familiaumlren Strukturen einhergehen Zu nennen sind beispielsweise die steigende Zahl an Ein-Eltern- und soge-nannten Patchwork-Familien die angesichts wachsender Mobilitaumlt abneh-menden Unterstuumltzungsstrukturen der traditionellen Groszligfamilie oder auch die immer oumlfter festzustellende Uumlberforderung vieler Familien mit den Er-ziehungsaufgaben Ein besonders gravierendes Problem von Familien mit Kindern ist die wachsende Bedeutung von Armut (vgl ButterweggeKlundtZeng 2008) Ihr Anstieg ist bei Kindern und Jugendlichen deutlicher aus-gepraumlgt als bei Erwachsenen die regionalen Unterschiede sind erheblich (vgl Chasseacute 2014 411 f) Zusammenfassend muss festgestellt werden dass der Anteil an Kindern die aufgrund ihrer Entwicklungsbedingungen als bdquobil-dungsbenachteiligtldquo gelten muumlssen seit Jahren gewachsen ist Diese und an-dere Entwicklungen fuumlhren dazu dass der Familienfoumlrderung und damit gerade auch der Bildung Erziehung und Betreuung im Rahmen der Kinder-tagesbetreuung eine verstaumlrkt kompensatorische Funktion zukommt (vgl beispielsweise BuumlchnerSpieszlig 2007 SpieszligBuumlchelWagner 2003) Nach einer zusammenfassenden Analyse von Studien in verschiedenen Laumlndern bdquobele-gen vor allem die methodisch aufwaumlndigen Laumlngsschnittstudien der letzten Jahre kurz- und mittelfristig positive Effekte des Besuchs einer vorschulischen

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Einrichtung sofern diese eine hohe Betreuungsqualitaumlt aufweistldquo (AndersRoszligbach 2014 344) Vor allem als Folge der Debatten um die PISA-Studie ist in den letzten Jahren wieder staumlrker in den Mittelpunkt der oumlffentlichen Dis-kussion getreten was fachlich schon seit langem gefordert wird naumlmlich vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Erkenntnisse die fruumlhkind-liche Bildung aufzuwerten und der fruumlhen Foumlrderung von Kindern eine weit houmlhere Bedeutung zuzumessen als dies lange Zeit der Fall war Kindertages-einrichtungen und ihr Auftrag sind damit verstaumlrkt in das Zentrum des oumlf-fentlichen Interesses getreten

21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fuumlr die fruumlhkindliche Bildung Foumlrde-rung und Betreuung werden in Deutschland durch das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG bzw 8 Buch des Sozialgesetzbuchs SGB VIII) gesetzt Konkretisiert wird dieser Rahmen durch die Ausfuumlhrungsgesetze der ein-zelnen Bundeslaumlnder Inhaltlich beschraumlnkt sich das SGB VIII auf einige program matische Formulierungen zur Funktion von Kindertagesbetreuung (sect 22 Grundsaumltze der Foumlrderung)

bdquo(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen in denen sich Kinder fuumlr einen Teil des Tages oder ganztaumlgig aufhalten und in Gruppen gefoumlrdert werden [hellip] (2) Tageseinrichtungen fuumlr Kinder und Kin-dertagespflege sollen 1 die Entwicklung des Kindes zu einer eigen-verantwortlichen und gemeinschaftsfaumlhigen Persoumlnlichkeit foumlrdern 2 die Erziehung und Bildung in der Familie unterstuumltzen und er-gaumlnzen 3 den Eltern dabei helfen Erwerbstaumltigkeit und Kinder-erziehung besser miteinander vereinbaren zu koumlnnen (3) Der Foumlr-derungsauftrag umfasst Erziehung Bildung und Betreuung des Kin-des und bezieht sich auf die soziale emotionale koumlrperliche und geistige Entwicklung des Kindes Er schlieszligt die Vermittlung orien-tierender Werte und Regeln ein Die Foumlrderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand an den sprachlichen und sonstigen Faumlhig-keiten an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Beduumlrf-nissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Her-kunft beruumlcksichtigenldquo

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

In sect 26 ist festgeschrieben dass das bdquoNaumlhere uumlber Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungenldquo durch Landesrecht bestimmt wird Die Ausfuumlhrungsgesetze der Laumlnder7 regeln insbesondere die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards im Hin-blick auf Personaleinsatz und Gruppengroumlszligen sowie moumlgliche Betreuungs-formen und -zeiten Daruumlber hinaus konkretisieren sie in unterschiedlicher Weise den Bildungsauftrag und Fragen der Qualitaumltsentwicklung Die Rah-menbedingungen fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich also je nach Bundesland erheblich insbesondere im Hinblick auf Finan-zierungsstrukturen und Personalbemessung aber auch bezuumlglich der inhalt-lichen Konkretisierung des Bildungsauftrags

22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung

Auf der Grundlage der Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes liegt die Ver-antwortung fuumlr die Sicherstellung der Kindertagesbetreuung im Wesentli-chen bei den oumlrtlichen Jugendaumlmtern also bei den Staumldten und Kreisen wo-bei die Leistungserbringung nicht allein durch die Kommune selbst sondern nach dem Subsidiaritaumltsprinzip (vgl sect 4 SGB VIII) haumlufig durch Traumlger der freien Jugendhilfe erfolgt Freie Traumlger sind vor allem die Kirchen und die groszligen Wohlfahrtsverbaumlnde daruumlber hinaus Elterninitiativen und ndash je nach Bundesland unterschiedlich ndash vereinzelt auch privatwirtschaftliche Anbieter Der Anteil der Beschaumlftigten die bei freien Traumlgern taumltig sind ist dabei von 58 Prozent im Jahr 1998 auf 68 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 20) Dieser Anstieg ist vor allem durch die Entwicklung in Ostdeutschland bedingt wo sich die Struktur nach und nach an die der westlichen Bundeslaumlnder angeglichen hat In den neuen Bundeslaumlndern ist der Anteil der Beschaumlftigten bei oumlffentlichen Traumlgern von 61 Prozent im Jahr 1998 auf 37 Prozent im Jahr 2014 gesunken (vgl ebd)

Das Traumlgerspektrum ist sehr heterogen Viele groszligstaumldtische Jugendaumlmter stellen eine Vielzahl von eigenen Einrichtungen bereit wobei diese in einigen Kommunen in eigenbetriebsaumlhnlichen Strukturen zu einem Gesamt betrieb zusammengefasst sind Eigene Jugendaumlmter gibt es nur in kreisfreien Staumldten und groumlszligeren kreisangehoumlrigen Kommunen so dass viele kleine Kommunen

7 vgl wwwbildungsserverdezeigenhtmlseite=1899 (Abruf am 18042016)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

uumlber Kindertageseinrichtungen aber nicht uumlber ein Jugendamt als fachlich steuernde Instanz verfuumlgen Manchmal haben kleine Kommunen nur eini - ge wenige eigene Einrichtungen wobei es Regionen gibt in denen (fast) die gesamte Infrastruktur durch freie Traumlger angeboten wird Im kirchlichen Bereich unterhalten zum einen die groszligen Verbaumlnde (Caritas und Diakonie) eigene Einrichtungen zum anderen gibt es nach wie vor eigene Kindergaumlrten von Kirchengemeinden die den Gemeindepfarrerinnen und den ehrenamt-lichen Leitungsstrukturen der Gemeindegremien unterstehen In einigen Re-gionen wurden in den letzten Jahren Zweckverbaumlnde gebildet in denen die Einrichtungen der oumlrtlichen Kirchengemeinden zusammengefasst wurden und nun zentral verwaltet werden Die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz sind als Wohlfahrtsverbaumlnde regional oder auf der Ebene von Bundeslaumlndern organisiert so dass die Kindertageseinrichtungen wie bei Diakonie und Caritas einen Teil ihres Angebotsspektrums neben anderen sozialen Dienstleistungen bilden Der Deutsche Paritaumltische Wohlfahrtsver-band ist nicht selbst Traumlger von Einrichtungen sondern ist ein Dachverband von zumeist kleinen Traumlgern (beispielsweise Elterninitiativen) der seinen Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen und Beratungsangebote zur Verfuuml-gung stellt Privat-gewerbliche Anbieter sowie betriebliche Kindertagesein-richtungen als eigene Angebote privater oder oumlffentlicher Wirtschaftsunter-nehmen spielen mit 22 Prozent der Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte barometer 2014 21) nach wie vor nur eine marginale Rolle Leicht angestiegen ist in den letzten Jahren der Anteil sonstiger juristischer Per-sonen und Vereinigungen zu denen beispielsweise private Initiativen (mit vielfach innovativen Angebotsformen) gehoumlren die zwar eine gemeinnuumltzige Rechtsform (beispielsweise gGmbH) besitzen aber keinem Verband ange-schlos sen sind (vgl Stoumlbe-Blossey 2015a 113 ff) Das Spektrum der Arbeit-geber im Bereich der Kindertagesbetreuung ist somit sehr differenziert und reicht von groszligen Verwaltungen und ndash teilweise spezialisierten ndash Verbaumlnden bis hin zu ehrenamtlich geleiteten Einzeleinrichtungen

23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf

Waumlhrend noch vor wenigen Jahren angesichts der demografischen Entwick-lung ein Ruumlckgang des Personalbedarfs in der Kindertagesbetreuung be-fuumlrchtet wurde (und damit die Arbeitslosigkeit von Fachkraumlften) ist inzwi-schen ein quantitativer Ausbau zu beobachten (vgl SellKersting 2010) Der

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Zuwachs der Beschaumlftigtenzahlen war in den letzten Jahren erheblich Zwi-schen 2006 und 2014 kamen bundesweit rund 195000 Beschaumlftigte im Arbeits-feld der Kindertageseinrichtungen hinzu wobei der Anstieg in Westdeutsch-land besonders stark war (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 17) Damit war in diesem Arbeitsfeld im Jahr 2014 ein (vorlaumlufiger) Houmlchststand von 609900 Beschaumlftigten zu verzeichnen (vgl ebd) Umgerechnet in Voll-zeitaumlquivalente bedeutet dies eine Zunahme von gut 281600 Arbeitsplaumltzen im Jahr 2006 auf etwa 424800 im Jahr 2014 (vgl ebd 19) Die Zahl der Ar-beitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation hat seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen vom Houmlchststand 1997 mit rund 63000 re-gistrierten Arbeitslosen ist sie bis 2013 auf etwa 16000 zuruumlckgegangen (vgl ebd 48) An der geschlechtsspezifischen Aufteilung hat sich in den letzten Jahren hingegen nichts geaumlndert der Anteil der Maumlnner in diesem Arbeits-feld bleibt mit 48 Prozent extrem gering (vgl ebd 26)

Die Differenz zwischen Beschaumlftigtenzahlen und Vollzeitaumlquivalenten weist bereits auf die hohe Bedeutung der Teilzeitarbeit in Kindertageseinrich-tungen hin Der Anteil der Vollzeitbeschaumlftigten in diesem Arbeitsfeld ist von 52 Prozent der Beschaumlftigten im Jahr 1998 auf etwa 40 Prozent im Jahr 2014 kontinuierlich gesunken Waumlhrend die Anzahl der Vollzeitstellen in diesem Zeitraum um 22 Prozent anstieg hat sich die Menge der Teilzeit-stellen nahezu verdoppelt Dieser Anstieg betraf alle Formen der Teilzeit-arbeit also sowohl Teilzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit unter 21 Stun-den als auch Stellen mit einem Umfang von 21 bis unter 32 Stunden und vollzeitnahe Stellen mit zwischen 32 und 385 Stunden Wenn auch dieser Trend bundesweit zu beobachten ist so stellt sich die Entwicklung im Wes-ten und im Osten dennoch unterschiedlich dar In Ostdeutschland waren in den 1990er Jahren im Zuge des Stellenabbaus viele Vollzeitstellen in voll-zeitnahe Stellen umgewandelt worden sodass dort der Anteil der Vollzeit-stellen bereits 1998 unter der 25-Prozent-Marke gelegen hatte Seit diesem Zeitpunkt blieb er ndash nach einem Einbruch in 2006 ndash konstant (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 29) Im Westen ist der Anteil an Vollzeit-stellen zwischen 1998 und 2014 von 59 Prozent auf 44 Prozent zuruumlckgegan-gen (vgl ebd 30) In der Vergangenheit wurde vielfach die Auffassung ver-treten dass eine Teilzeittaumltigkeit ndash insbesondere fuumlr die Gruppenleitungen ndash nicht moumlglich waumlre weil sie die Kontinuitaumlt der Betreuungspersonen fuumlr die Kinder gefaumlhrden wuumlrde Ein gewisses Umdenken hat hier zum einen der Anstieg der Anzahl von Ganztagsplaumltzen mit laumlngeren Betreuungszeiten mit sich gebracht die zur Abdeckung des gesamten Zeitvolumens eine Kombi-nation von Vollzeit- und Teilzeitstellen erforderte Zum anderen wuchs mit

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

dem steigenden Fachkraumlftebedarf die Bereitschaft der Traumlger auf Arbeitszeit-wuumlnsche von Mitarbeiterinnen einzugehen die aus familiaumlren Gruumlnden ihre Arbeitszeit reduzieren wollten

Die Unterschiede zwischen den westlichen und oumlstlichen Bundeslaumln - dern zeigen sich auch bei der Frage ob es sich bei der Teilzeitbeschaumlftigung um eine erwuumlnschte oder unfreiwillige Teilzeit handelt Eine Analyse von Eva Strunz (2015) auf der Basis des Mikrozensus 2011 bestaumltigt dass fuumlr west-deutsche Erzieherinnen die weniger als 32 Stunden arbeiten vor allem fa-miliaumlre Gruumlnde ausschlaggebend sind 36 Prozent geben als Motiv die Be-treuung von Kindern Pflegebeduumlrftigen oder Menschen mit Behinderungen und weitere 33 Prozent sonstige persoumlnliche oder familiale Gruumlnde an 37 Prozent der ostdeutschen Erzieherinnen in Teilzeitbeschaumlftigung er-klaumlrten hingegen dass sie keine Vollzeitstelle finden konnten Betreuungs- oder sonstige persoumlnliche oder familiale Verpflichtungen waren hier nur fuumlr 26 Prozent der Befragten von Bedeutung (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte-barometer 2014 30)

24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe

Die dominierende Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen sind Erzieherinnen Sie werden an Fachschulen bzw Fachakademien nach landesrechtlich unterschiedlichen faktisch aber relativ aumlhnlichen Regelungen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) ausge-bildet Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss Bei der Ausbildung zur Erzieherinzum Erzieher lassen sich grundsaumltzlich zwei Modelle unter-scheiden ndash das additive Modell als eine zweijaumlhrige uumlberwiegend fachtheoretische

Ausbildung mit anschlieszligendem einjaumlhrigem Berufspraktikum sowie ndash das integrative Modell als eine dreijaumlhrige Ausbildung an der Fachschule

inklusive Praxisphasen

Daruumlber hinaus existiert in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen eine bdquoPraxisintegrierte Ausbildungldquo (PIA) in der fachtheoretische Inhalte Praktika und Anerkennungsjahr miteinander staumlrker verzahnt wurden Mit dem Traumlger der Kindertageseinrichtung wird dazu ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen der auch eine Verguumltung vorsieht (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 67 ff)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Im Deutschen Qualifikationsrahmen fuumlr Lebenslanges Lernen (DQR)8 wird die Erzieherinnen-Ausbildung an einer Fachschule auf demselben Niveau (Stufe 6) wie ein Bachelor-Studium eingestuft In den neuen Bundeslaumlndern verfuumlgten im Jahr 2014 ca 87 Prozent der Beschaumlftigten uumlber einen derar-tigen Berufsbildungsabschluss im Westen waren es 66 Prozent Im Westen besaszligen 16 Prozent einen Abschluss als Kinderpflegerin oder aumlhnliche un-terhalb des Niveaus der Erzieherinnen angesiedelte Qualifikationen Diese spielen im Osten praktisch keine Rolle Etwa 10 Prozent der Beschaumlftigten hatten im Jahr 2014 eine andere Ausbildung befanden sich noch in der Ausbildung oder waren ohne Abschluss (vgl ebd 31) Entgegen anderslau-tenden Befuumlrchtungen hat sich der Ausbau der Kindertagesbetreuung somit bislang nicht auf Kosten der Fachlichkeit des Personals vollzogen

Der Anteil der Beschaumlftigten mit Hochschulabschluss lag bundesweit ndash mit leicht steigender Tendenz ndash bei ca 5 Prozent Darunter befanden sich gut 3000 Absolventinnen von speziell auf die fruumlhe Bildung bezogenen kindheitspaumldagogischen Studiengaumlngen Die Anzahl der Kindheitspaumldagoginnen hat sich somit seit 2012 dem ersten Jahrgang in dem sie in der Sta-tistik separat ausgewiesen sind verdreifacht (vgl ebd 34) In den letzten Jahren sind zahlreiche und sehr unterschiedlich konzipierte Studiengaumlnge entstanden die ndash als Erstausbildung oder Weiterbildung ndash eine akademische Qualifikation fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vermitteln9

Im Jahr 2003 wurde erstmals in Deutschland ndash damals noch umstritten ndash ein fruumlhpaumldagogischer Studiengang an der Alice-Salomon-Hochschule in Ber-lin eingerichtet Angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeit fuumlr die fruumlh-kindliche Bildung und der Existenz einer akademischen Ausbildung in den meisten europaumlischen Laumlndern wurde die Akademisierung fruumlhpaumldagogi-scher Fachkraumlfte in Kindertageseinrichtungen in der Folgezeit zu einem zen-tralen Thema in der bundesdeutschen Diskussion um die Weiterentwicklung von fruumlhkindlicher Bildung Erziehung und Betreuung Daruumlber hinaus be-schleunigte der parallel einsetzende Bologna-Prozess zur Internationalisie-rung und Modularisierung von Studiengaumlngen den Ausbau von Studien-gaumlngen zur Fruumlhen Kindheit enorm Fuumlr die (Fach)Hochschulen ergaben sich aus diesem Prozess sowohl die Moumlglichkeiten als auch wettbewerbliche

8 Der DQR wurde zum Zweck der Vergleichbarkeit der historisch gewachsenen Sektoren des deut-schen Bildungssystems konzipiert Er besteht aus einer umfangreichen sektorenuumlbergreifenden Matrix die der Einordnung von Qualifikationen dient9 Zur Entwicklung der Studiengaumlnge vgl KlaudySchuumltzStoumlbe-Blossey 2014

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Anreize neue Studiengaumlnge mit unterschiedlicher Spezialisierung zu entwi-ckeln (vgl zusammenfassend Speth 2010 169 ff) Nach der Einrichtung des ersten Studiengangs in Berlin im Jahr 2003 entstanden bis zum Jahr 2010 etwa 60 kindheitspaumldagogische Studiengaumlnge bis zum Jahr 2015 hat sich die Anzahl auf 118 (an 82 Standorten) nahezu verdoppelt (vgl Altermann et al 2015 10) Ein Teil dieser Studiengaumlnge ist grundstaumlndig angelegt andere bauen als konsekutive Studiengaumlnge auf einer abgeschlossenen Erzieherin-nen-Ausbildung auf Zwar zeigt sich dass die Absolventinnen keineswegs immer in einer Kindertageseinrichtung arbeiten wollen (vgl ebd 33 ff) je-doch kommt seit einiger Zeit wie die zitierten Zahlen zeigen nach und nach eine wachsende Zahl an Kindheitspaumldagoginnen auf den Arbeitsmarkt In einem Feld das traditionell durch eine fachschulische Ausbildung gepraumlgt ist stellt die Pluralisierung der Qualifizierungswege eine Innovation dar die von Konflikten Unsicherheiten und Ambivalenzen begleitet wird

25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung

Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen in kommunaler Traumlgerschaft wer-den nach dem Tarifvertrag fuumlr den oumlffentlichen Dienst (TVoumlD) der Kom mu-nen fuumlr Sozial- und Erziehungsdienste bezahlt Freie Traumlger haben groumlszligte n-teils eigene Tarifvertraumlge die sich allerdings oft am TVoumlD orientieren (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 59) Nach Berechnungen auf der Grundlage der Entgeltstatistik der Bundesagentur fuumlr Arbeit verdienten die Beschaumlftigten in Kindertageseinrichtungen im Jahr 2014 auf einer Vollzeit-stelle mit durchschnittlich 2630 Euro pro Monat etwa 300 Euro weniger als der Durchschnitt aller maumlnnlichen Arbeitnehmer ndash allerdings 300 Euro mehr als der Durchschnitt aller weiblichen Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 59)

Das Bruttogehalt einer in die Entgeltgruppe S2 eingruppierten Beschaumlf-tigten die die Taumltigkeit einer Kinderpflegerin ausuumlbt lag nach der bis zum 30062015 geltenden Fassung des TVoumlD10 im Jahr 2015 in der Eingangsstu - fe bei 1960 Euro monatlich eine Leiterin einer sehr groszligen Einrichtung (mit mindestens 180 Plaumltzen) konnte in der Endstufe der Gruppe S17 4749 Euro erhalten Staatlich anerkannte Kinderpflegerinnen (S3) starteten mit 2043 Euro monatlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (S6)

10 vgl zu den folgenden Angaben httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsue (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mit 2367 Euro in den Endstufen kamen sie auf 2679 bzw 3289 Euro Er-zieherinnen mit besonders schwierigen fachlichen Taumltigkeiten konnten in der Gruppe S8 mit 2478 Euro monatlich beginnen und in der Endstufe bis zu 3732 Euro erhalten Wenn eine Erzieherin fachlich schwierige Taumltigkei-ten von mindestens drei Beschaumlftigten der Gruppe S8 koordiniert waren in der Gruppe S9 je nach Stufe zwischen 2579 und 3750 Euro erreichbar Als besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten werden vor allem die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen sowie einrichtungsuumlbergreifende und koordi-nierende Aufgaben definiert

Als Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 wurden fuumlr Kin derpflegerinnen die monatlichen Entgelte erhoumlht so erhaumllt eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin in der Eingangsstufe der Gruppe S3 seitdem ein um 61 Euro erhoumlhtes Monatsgehalt Die Taumltigkeitsmerkmale von Erzieherinnen wurden aus der Gruppe S6 in die neu geschaffene Gruppe S8a uumlber-fuumlhrt was in der Eingangsstufe eine Steigerung des Gehalts um 93 Euro mo-natlich bedeutet In den Endstufen fallen die Anstiege mit 112 bzw 138 Euro monatlich etwas houmlher aus Fuumlr die Taumltigkeitsmerkmale der in S8 eingrup-pierten Erzieherinnen wurde eine neue Gruppe S8b geschaffen deren Ent-gelt nun identisch mit der Gruppe S9 ist Die Anstiege sind geringer als fuumlr Erzieherinnen im Allgemeinen und machen sich schwerpunktmaumlszligig in den houmlheren Dienstaltersstufen bemerkbar

Bei einem Aufstieg zur Leitung einer Einrichtung begann das Gehalt bis 2015 in der Gruppe S7 mit 2406 Euro und steigerte sich je nach Anzahl der Plaumltze in der Einrichtung Ab 40 Plaumltzen kam die Stufe 10 mit einem Ein-gangsgehalt von 2590 Euro zur Anwendung bei 70 Plaumltzen die Stufe 13 mit 2880 Euro bei 100 Plaumltzen S 15 mit 2913 Euro bei 130 Plaumltzen S 16 mit 3025 Euro und bei 180 Plaumltzen schlieszliglich S 17 mit 3103 Euro Das End-gehalt lag jeweils um gut 50 Prozent uumlber dem Anfangsgehalt der jeweili gen Stufe Stellvertretende Leitungen wurden ab einer Einrichtungsgroumlszlige von 70 Plaumltzen jeweils in die Entgeltgruppe von Leitungen der naumlchstkleineren Einrichtungsgroumlszlige eingruppiert Mit dem Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen wurden die beschriebenen Stufenzuordnungen veraumlndert Die Leitung einer kleinen Einrichtung wird nun statt nach Stufe 7 nach Stufe 9 bezahlt was in der Eingangsstufe einen Anstieg um 74 Euro monatlich be-deutet Die Leitungen und die Stellvertretungen der groumlszligeren Einrichtungen steigen jeweils in die Stufe die vorher der naumlchsthoumlheren Groumlszligenklasse vorbehalten war so dass beispielsweise die Leitung einer Einrichtung mit 40 bis 69 Plaumltzen nun in Stufe 13 in der Eingangsstufe ein um 290 Euro houmlheres Gehalt erhaumllt Besonders groszlig ist die Differenz fuumlr Leitungen einer sehr gro-

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

szligen Einrichtung die nun in S18 eingruppiert sind und in der Eingangsstufe 342 Euro mehr erhalten als vorher und in der Endstufe 5197 Euro monatlich bekommen Fuumlr die Leitungen der anderen Groumlszligenklassen fallen die Erhouml-hungen geringer aus

Ein Aufstieg ist somit in begrenztem Maszlige uumlber besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten moumlglich im Wesentlichen ist jedoch die Uumlbernahme von Leitungsfunktionen die Voraussetzung fuumlr eine finanzielle Weiterent-wicklung Dies gilt im Uumlbrigen auch fuumlr Kindheitspaumldagoginnen mit Ba-chelor-Abschluss die in der Regel auf Erzieherinnen-stellen eingesetzt wer-den An dieser Situation hat sich durch das Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen nichts geaumlndert

Neben dem Gehalt gehoumlrt zum Thema der Arbeitsbedingungen noch die Frage der Befristung Im Jahr 2014 waren 16 Prozent der Erzieherinnen und 18 Prozent der Kinderpflegerinnen befristet beschaumlftigt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 56) Im Vergleich zum Jahr 2011 bedeutet dies eine Steigerung um 3 bzw 4 Prozentpunkte Damit liegen die Anteile befris-teter Beschaumlftigungsverhaumlltnisse uumlber dem Durchschnitt sowohl der Frauen (11 Prozent) als auch der Maumlnner (8 Prozent vgl ebd 57)

26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze

Nach Prognosen aus dem Jahr 2014 werden bis zum Jahr 2025 etwa 200000 Fachkraumlfte das Arbeitsfeld verlassen Dies haumlngt zunaumlchst mit der Altersstruk-tur zusammen die sich zwischen 1998 und 2014 deutlich veraumlndert hat 1998 lag der Anteil der Fachkraumlfte im Alter von uumlber 45 Jahren bei rund 22 Pro-zent 2014 betrug er 41 Prozent (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 26) Daher wird zum einen die Anzahl derjenigen die wegen Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen in den naumlchsten Jahren erheblich steigen Zum anderen basieren die Prognosen darauf dass auf der Grund - la ge der Erfahrungen vergangener Jahre viele Beschaumlftigte das Arbeitsfeld vor-zeitig verlassen werden ndash mit einer Erwerbsminderungsrente oder aus ande-ren Gruumlnden

Im Jahr 2011 erreichten nur 18 Prozent der Beschaumlftigten die im Ar-beitsfeld Kindertageseinrichtung in Rente gingen die Regelaltersgrenze von 65 Jahren Fast 40 Prozent der uumlberwiegend weiblichen Beschaumlftigten be-zogen bereits zum (damals) fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt mit 60 Jahren ihre Rente Damit verlassen Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen ihr Arbeits-feld deutlich fruumlher als Frauen in anderen Berufen Im Jahr 2011 hatten ins-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

gesamt 42 Prozent der Frauen bei ihrem Renteneintritt die Regelaltersgrenze erreicht Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an allen Rentenzugaumlngen ist bei Beschaumlftigen in Kindertageseinrichtungen um 25 Prozent houmlher als bei den erwerbstaumltigen Frauen insgesamt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebaro-meter 2014 52)

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist somit bei rentennahen Jahr-gaumlngen in besonderem Maszlige vom vorzeitigen Berufsausstieg seiner Beschaumlf-tigten betroffen Aber auch im Hinblick auf juumlngere Beschaumlftigte wird immer wieder darauf hingewiesen dass sie oft schon nach wenigen Jahren den Be -ruf wieder verlassen ndash genaue Zahlen daruumlber liegen allerdings nicht vor Gruumlnde dafuumlr koumlnnen in gesundheitlichen Belastungen durch den Beruf lie-gen So kommt das Projekt bdquoSTEGE ndash Strukturqualitaumlt und Erzieher_innen-gesundheit in Kindertageseinrichtungenldquo in dem 2744 Kita-Beschaumlftigte in Nordrhein-Westfalen befragt wurden zu dem Ergebnis dass Erzieherinnen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen mit gleicher Bildung in der deutschen Bevoumllkerung im Durchschnitt als deutlich schlech-ter empfinden und haumlufiger durch gesundheitliche Belastungen dauerhaft im Alltag eingeschraumlnkt sind (ViernickelVoss 2013 8) Daruumlber hinaus sind einer GEW-Studie (Fuchs-Rechlin 2007) zufolge ca zwei Drittel der befrag-ten Erzieherinnen mit der gesellschaftlichen Anerkennung des Berufes un-zufrieden knapp 54 Prozent mit der Bezahlung und gut 60 Prozent mit den beruflichen Aufstiegsmoumlglichkeiten (vgl Fuchs-Rechlin 2007 34)

Legt man die eingangs beschriebene Lebenslaufperspektive zugrunde so lassen sich anhand der Beruumlcksichtigung von kritischen Lebensereignissen und Uumlbergaumlngen drei zentrale Schwellen identifizieren an denen gehaumluft Be-rufsausstiege stattfinden ndash Ausbildung und Berufsintegration Vielfach verlassen gerade qualifizierte

Mitarbeiterinnen bereits unmittelbar oder kurz nach der Ausbildung ihr Taumltigkeitsfeld um sich weiterzuqualifizieren Diese Weiterqualifizierun-gen fuumlhren bislang in der Regel in andere Berufe und nicht in eine houmlher-wertige Taumltigkeit in der Kindertagesbetreuung

ndash Familiengruumlndung Eine zweite Schwelle fuumlr Beschaumlftigte in der Kinderta-gesbetreuung steht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Familienfreundliche Arbeitszeit- und Dienstplanmodelle stellten ebenso wie an den Bedarfen der Beschaumlftigten orientierte Teil-zeitmodelle lange Zeit eine Ausnahme dar (vgl Klaudy 2010) Viele Be-schaumlftigte kehren deshalb nach einer Berufsunterbrechung nicht in ih - ren Beruf zuruumlck sondern uumlbernehmen beispielsweise Spielgruppen und an dere Angebote auf Honorarbasis oder in geringfuumlgiger Beschaumlftigung

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

die mit einer Dequalifizierung verbunden sind und zu Einbuszligen bei der Alterssicherung dieser Beschaumlftigten fuumlhren

ndash Alter Die dritte Schwelle schlieszliglich betrifft den vorzeitigen Berufsaus-stieg im Alter und somit das Themenfeld der nachhaltigen und alternsge-rechten Arbeitsgestaltung Die quantitative Bedeutung dieses Problems waumlchst angesichts des gestiegenen Anteils an aumllteren Beschaumlftigten Zu-saumltzlich verschaumlrft wird sie durch eine andere Form von Reproduktions-verpflichtungen naumlmlich durch die Konfrontation vieler aumllterer Mitar-beiterinnen mit der Pflegebeduumlrftigkeit von Angehoumlrigen vor allem der eigenen Eltern

27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen

Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veraumlnderungen gehen eine steigende Vielfalt etwa an Lebensstilen und Kulturen und damit auch ein Wandel der Kindheit einher ndash mit neuen Anforderungen auch an die Fami-lien Gerade Kindertageseinrichtungen muumlssen hierauf in vielfaumlltiger Weise reagieren Neben einer bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote muumlssen sie auch Organisation und Management der Kinderbetreuungsbetriebe an-passen Anpassungserfordernisse ergeben sich z B mit Blick auf

ndash die Groumlszlige der Einrichtungen und das Alter der Kinder Ausgehend vom Alter der Kinder werden diese von 4 Monaten bis hinein ins schulpflichtige Alter in Kindertageseinrichtungen betreut Die Groumlszlige der Einrichtungen reicht von einer Gruppe mit beispielsweise 15 Kindern bis zu Einrichtun-gen mit mehr als sieben Gruppen und uumlber 160 Kindern Dabei werden Kinder in altershomogenen und altersheterogenen Gruppen mit einem unterschiedlichen Stundenvolumen betreut wobei die zeitlichen Moumlg-lichkeiten in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt sind Mit dem Ausbau der U3-Betreuung werden viele Einrichtungen erweitert und es kommen zunehmend juumlngere Kinder hinzu

ndash die innereOumlffnungderKindertageseinrichtungen Waumlhrend der bdquoklassische Kindergartenldquo die Arbeit in Gruppen vorsah wird seit Ende der 1970er Jahre der bdquooffene Kindergartenldquo (vgl RegelKuumlhne 2001) zunehmend be-liebter Seither werden vielfaumlltige Formen der bdquoinneren Oumlffnungldquo prakti-ziert z B werden offene teiloffene und gruppenuumlbergreifende Angebote und Projekte und ebenso ein offenes Arbeiten in Bildungs- und Funktions-bereichen angeboten Dieser Entwicklung werden einerseits groszlige Chan-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

cen zugeschrieben da der Ansatz dem selbstbestimmten und selbstorga-nisierten Lernen von Kindern entgegenkommt und auch den paumldagogi-schen Fachkraumlften Moumlglichkeiten fuumlr einen kompetenzorientierten Ar-beitseinsatz bietet Andererseits wird den Oumlffnungskonzepten kritisch entgegengehalten dass sie sich wegen des fehlenden Gruppenzusammen-halts negativ auf die kindliche Entwicklung insbesondere sehr junger Kinder auswirken Haumlufig bestehen Bedenken und auch Aumlngste im Zu-sammenhang mit erhoumlhten Anforderungen an die organisatorische und inhaltliche Abstimmung sowie die Zusammenarbeit im Team insgesamt Daruumlber hinaus fuumlhrt die bdquoOumlffnungldquo zu neuen Zustaumlndigkeiten und Ver-antwortlichkeiten im Team Festzuhalten bleibt dass die offene Arbeit nicht nur mehr Abstimmung und Zusammenarbeit erfordert sondern auch transparentere Strukturen die bewirken dass die Arbeit der einzel-nen Erzieherinnen oumlffentlicher wird (vgl Doumlrfler 1994 108 ff)

ndash die Zusammensetzung der Teams hin zur Multiprofessionalitaumlt (vgl Froumlhlich-Gildhoff et al 2014) Erkenntnisse der Hirnforschung belegen dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen fuumlr das Lernen und den persoumlnlichen Bildungserfolg eines Menschen gestellt werden Als Folge wird in Kitas den Bildungsaufgaben mehr Aufmerksamkeit geschenkt Erzieherinnen werden zu Expertinnen fuumlr fruumlhkindliche Bildung die die individuellen Entwicklungspotenziale der Kinder erkennen und best-moumlglich foumlrdern sollen Weitere Anforderungen wie z B die Zunahme von bdquoFamilienzentrenldquo (Stoumlbe-Blossey 2010) der hohe Anteil von Famili-en mit Migrationshintergrund und die Entwicklung hin zu inklusiv ar-beitenden Einrichtungen fuumlhren dazu dass auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Fachkraumlfte im Umbruch sind Multiprofessionali-taumlt wird als Schlagwort fuumlr die Zusammenarbeit unterschiedlichster Fach-richtungen verwendet und meint ein Verstaumlndnis der fachuumlbergreifenden Zusammen arbeit verschiedener Professionen bei der unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen die Bearbeitung und Loumlsung komplexer Arbeitsanforderungen Probleme oder Faumllle ermoumlglichen (vgl Rannen-berg-Schwerin 2012 20) In der Praxis der Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen uumlbli-cher wird So arbeiten mittlerweile z B neben den Erzieherinnen und anderen sozial paumldagogischen Fachkraumlften auch Heilpaumldagoginnen Psy-chologinnen und andere Expertinnen in einer Kindertageseinrich-tung Quereinsteigerinnen mit anderem Berufshintergrund sowie die zu-nehmende Vernetzung und Kooperation mit externen Fachleuten und Diensten bereichern zudem die Fachlichkeit in der Kita

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

ndash das Management der Einrichtungen das ein zunehmendes Maszlig an Professi-onalitaumlt erfordert um den unterschiedlichen Anforderungen und Vor-aussetzungen mit einer guten Qualitaumlt in der Angebotsgestaltung gerecht werden zu koumlnnen ∙ Kindertageseinrichtungen werden sowohl geleitet von Erzieherinnen

mit und ohne entsprechende zusaumltzliche Qualifikation als auch von Fachkraumlften mit (Fach)Hochschulabschluss Ergebnisse der Expertise bdquoSchluumlssel zu guter Bildung Erziehung und Betreuungldquo zeigen dass inzwischen ca 19 Prozent der Leitungen uumlber einen akademischen Abschluss verfuumlgen (vgl Viernickel et al 2013 42)

∙ Leitungskraumlfte erfuumlllen ihre Leitungsaufgaben mit oder ohne (Teil)Freistellung von der paumldagogischen Arbeit und werden nur z T durch Stellvertreterinnen ebenfalls mit oder ohne (Teil)Freistellung unter-stuumltzt oder in Abwesenheit vertreten

∙ die Organisation von Fuumlhrung und Leitung der Kinderbetreuungs-betriebe erfolgt daneben z B in groumlszligeren Einrichtungen durch zu-saumltzliche bdquoTeamleitungenldquo Bei einigen Traumlgern wird inzwischen mit bdquoVerbund-ldquo oder bdquoGebietsleitungenldquo gearbeitet die fuumlr zwei oder mehr Kindertageseinrichtungen zustaumlndig sind Hier gibt es innerhalb jeder Einrichtung lediglich Ansprechpartnerinnen oder stellvertretende Lei-tungen die nur z T uumlber eine eigene (Teil)Freistellung verfuumlgen

Diese exemplarische Zusammenstellung zum Anpassungsbedarf der Orga-nisation von Kindertageseinrichtungen verdeutlicht die Komplexitaumlt des notwendigen Anpassungsaufwands wenn eine tragfaumlhige und qualitativ an-spruchsvolle Antwort auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen gefunden werden soll Die dargestellte Vielfalt erhoumlht als Folge auch die Anforderungen an das Team und die Leitung und nicht zuletzt auch an die Unterstuumltzung durch den Traumlger

28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen

Die gesellschaftlichen Anforderungen denen die Kindertagesbetreuung ge-genuumlbersteht und die steigende Aufmerksamkeit fuumlr den Stellenwert fruumlh-kindlicher Bildung haben zu einer quantitativen wie qualitativen Erweite-rung des Aufgabenspektrums der Beschaumlftigten gefuumlhrt So haben vor dem Hin tergrund des steigenden Bedarfs an fruumlher Foumlrderung alle Bundeslaumlnder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bildungsleitlinien fuumlr Kindertageseinrichtungen verabschiedet Konzepte zur Vorbereitung und Begleitung des Uumlbergangs vom Kindergarten in die Grund-schule formuliert und Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Fruumlherkennung und Entwicklungsbegleitung eingefuumlhrt (vgl Stoumlbe-Blossey Torluumlmke 2010) Festzustellen ist weiterhin eine ndash von den einzelnen Bun-deslaumlndern in unterschiedlicher Weise politisch geforderte und gefoumlrderte ndash Funktionserweiterung von Kindertageseinrichtungen als Zentren fuumlr Kinder und Familien und als niedrigschwellige Instanz zur Buumlndelung von Bera-tungs- und Familienbildungsangeboten im Sozialraum (Stoumlbe-Blossey 2010) Gleichzeitig laumlsst sich eine Verdichtung von Taumltigkeiten feststellen In Kin-dertageseinrichtungen fuumlhrten die Entwicklungen z B bei den Fachkraumlften zu einem weitgehenden Wegfall von Vor- und Nachbereitungszeiten fuumlr die paumldagogische Arbeit mit den Kindern (vgl AGJ 2011 10)

Neue Anforderungen hervorgerufen beispielsweise durch das neue Bil-dungsverstaumlndnis in der Fruumlhpaumldagogik Bildungsleitlinien oder ein neues Bild von der Zusammenarbeit mit Eltern haben Einfluss auf die gesellschaft-lichen Erwartungen an die Erzieherinnen und auf ihr eigenes Selbstver-staumlndnis Vor diesem Hintergrund sind Erzieherinnen von Rollenunsicher-heit und -konflikten betroffen die sich in ihren Werten und ihrer Haltung gegenuumlber Kindern Eltern und Mitarbeiterinnen aumluszligern Neue Anforde-rungen kollidieren mit alten Rollen und Haltungen (vgl MienertVorholz 2007) Wichtig ist dieser Aspekt vor allem vor dem Hintergrund arbeitspsy-chologischer Erkenntnisse denn aus dem Rollenverstaumlndnis und der Hal-tung koumlnnen sich entweder persoumlnliche Ressourcen fuumlr einen konstruktiven Umgang mit Belastungen oder aber eine Verstaumlrkung der wahrgenommenen Beanspruchung ergeben In der Forschung wird darauf verwiesen dass Er-zieherinnen aufgrund ihrer eigenen beruflichen Leitbilder und ihrer fach-lichen Orientierungen auch selbst einen entsprechend hohen Anspruch an ihre Arbeit stellen ndash ihr praktisches Handeln jedoch bleibt bdquodeutlich ndash auch wegen des selbstgesetzten hohen ideellen Maszligstabes notgedrungen ndash hinter diesen Anspruumlchen zuruumlckldquo (Dippelhofer-Stiem 2006 363)

In einigen Studien werden die steigenden Anforderungen an die Arbeit in Kindertageseinrichtungen thematisiert (vgl z B Fuchs-Rechlin 2007) Da-ruumlber hinaus wurde das subjektive Belastungsempfinden also die persoumlnliche Beanspruchung der Fachkraumlfte untersucht Dabei hat sich herausgestellt dass beispielsweise Personal- und Zeitmangel sowie ein hoher Geraumluschpegel als besonders belastend empfunden werden (vgl BGWDAK 2001 FuchsTrischler 2008 Fuchs-Rechlin 2007 VossViernickel 2013 zusammenfassend Hirsch 2011 109 f)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtun-gen werden in zunehmendem Maszlige als Problem erkannt Darum foumlrderte die Hans-Boumlckler-Stiftung bereits vor einigen Jahren eine Untersuchung zum Thema bdquoBelastungsmanagement bei Erzieherinnenldquo um genauere Erkennt-nisse uumlber die Belastungsfaktoren zu erhalten und Instrumente zur Gefaumlhr-dungsbeurteilung zu entwickeln (vgl Rudow 2007) Die groszlige Bedeutung die Erzieherinnen dem Thema selbst beimessen wurde 2009 durch die gro-szlige Beteiligung an Streiks fuumlr mehr Gesundheitsschutz im Rahmen eines ge-sonderten Gesundheits-Tarifvertrages deutlich11

Personalverantwortliche der Traumlger muumlssen vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen und wissenschaftlichen Ergebnisse reagieren indem sie ihre personalwirtschaftlichen Konzepte im Arbeitsfeld der Kin-dertagesbetreuung angemessen weiterentwickeln Bislang gibt es dazu in der fachwissenschaftlichen Diskussion jedoch nur wenige Ansaumltze Zu nennen ist hier beispielsweise die Arbeit von Andreas Hirsch (2011) der als Ergebnis einer Online-Befragung (110 Fachkraumlfte) einige Uumlberlegungen zur Verbesse-rung von Weiterbildungsmoumlglichkeiten (unter Einschluss von Fragen kom-munikativer Kompetenz) und zu den Moumlglichkeiten einer staumlrkeren Spezia-lisierung von Fachkraumlften sowohl bei der Weiterentwicklung eigener Kom-petenzen als auch bei der Arbeitsverteilung im Team ableitet Daruumlber hinaus weist er darauf hin dass ein systematischer Einsatz etwa von gesundheits-diagnostischen Verfahren oder von Instrumenten zur Analyse von Arbeits-motivation und -zufriedenheit erforderlich ist (vgl Hirsch 2011 161 ff) Fuumlr die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung derartiger Ansaumltze besteht bislang noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf Die im Folgenden darge-stellten Forschungsergebnisse aus dem Projekt KONTI greifen darum einige dieser Fragestellungen auf

11 httpdereuterscomarticledeutschland-erzieher-warnstreiks-idDEBEE5450GS20090506 (Abruf am 18042016)

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3 HERAUSFORDERUNGEN AUS DER PERSPEKTIVE VON TRAumlGERN MITARBEITERINNEN UND LEITUNGEN

Personalwirtschaftliche Konzepte die zu einer nachhaltigen Foumlrderung kon-tinuierlicher Erwerbstaumltigkeit beitragen sollen koumlnnen nicht allgemein - guumlltig gestaltet werden sondern muumlssen passgenau die jeweils spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes beruumlcksichtigen sind doch die personal wirtschaftlichen Gegebenheiten je nach Branche und Unternehmen sehr verschieden Die Unterschiede ergeben sich dabei sowohl aus den zu bewaumll tigenden Aufgaben und deren Rahmenbedingungen als auch aus dem pro fessionellen Hintergrund und den Motivationsstrukturen der Beschaumlf-tigten Letztlich muumlssen in einem solchen Konzept die Interessen mehrerer Per sonenkreise ndash Personalverantwortliche Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiterinnen ndash wahrgenommen werden

Vor diesem Hintergrund wurden im Projekt bdquoKONTIldquo zwischen 2013 und 2015 qualitative Befragungen zur Arbeitssituation von Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen durchgefuumlhrt die zum Themenkomplex sowohl die Sichtweisen von Traumlgern und damit Arbeitgebern als auch die Sichtwei-sen von Beschaumlftigten und damit Arbeitnehmerinnen einfangen sollten Die Sicht von Kita-Leitungen die einerseits selbst Mitarbeiterinnen und andererseits gleichzeitig Personalverantwortliche in ihrer Einrichtung sind wurde wegen dieser bdquoSandwich-Positionldquo explizit zusaumltzlich erhoben Die folgende Darstellung fasst die Ergebnisse der Befragungen von Traumlgern (Ka-pitel 31) Mitarbeiterinnen (Kapitel 32) und Kita-Leitungen (Kapitel 33) zusammen und greift dabei Themen auf die sich im Laufe des Projektes als wichtige Handlungsfelder herauskristallisiert haben Sie bieten damit erste ausgewaumlhlte Anknuumlpfungspunkte fuumlr nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte die eine dauerhafte Beschaumlftigung von Erzieherinnen bei Trauml gern von Kindertageseinrichtungen unterstuumltzen koumlnnen Ergaumlnzend zu den pro-jektspezifischen Erkenntnissen wird auf einige Befunde einer im Rahmen der AQUA-Studie (Schreyer et al 2014) etwa zeitgleich vom Staatsinstitut fuumlr Fruumlhpaumldagogik (Muumlnchen) durchgefuumlhrten quantitativen Befragung hin ge-wiesen die in vieler Hinsicht zu aumlhnlichen Ergebnissen gekommen ist

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

31 Die Perspektive der Kita-Traumlger

Im Zeitraum von August bis Dezember 2013 wurden insgesamt 22 leitfaden-gestuumltzte Face-to-Face-Interviews mit Personalverantwortlichen von Traumlgern von Kindertageseinrichtungen gefuumlhrt davon fuumlnf in Baden-Wuumlrttemberg zwoumllf in Nordrhein-Westfalen und fuumlnf in Thuumlringen Die Gespraumlche dien-ten zum einen dazu Daten zur Personalsituation und zum Personalmanage-ment zu erheben Im zweiten Teil ging es darum Informationen zur traumlger-spezifischen Gestaltung der Arbeitsbedingungen fuumlr Erzieherinnen zu er-mitteln Unter den befragten Anbietern befanden sich acht in kommunaler zwoumllf in frei-gemeinnuumltziger einer in privat-gemeinnuumltziger und einer in privat-gewerblicher Traumlgerschaft Vier Traumlger beschaumlftigten zum Zeitpunkt des Interviews weniger als 100 paumldagogische Mitarbeiterinnen in Kinder-tageseinrichtungen und drei mehr als 1000 Bei zehn der befragten Traumlger waren zwischen 100 und 500 bei den uumlbrigen drei Traumlgern zwischen 500 und 1000 paumldagogische Fachkraumlfte angestellt

Die folgende Darstellung der Befragungsergebnisse fasst Informatio nen zur Entwicklung der Personalsituation (Abschnitt 311) zur Personalstruktur (Abschnitt 312) und zu Personalengpaumlssen und Personalbedarfsschwankun-gen (Abschnitt 313) zusammen Ergebnisse zur konkreten Arbeitssituation in den Kindertageseinrichtungen werden unter den Aspekten Arbeitsbedin-gungen (Abschnitt 314) und Teilzeitarbeit (Abschnitt 315) sowie Organi-sation und Management (Abschnitt 316) bzw Personal- und Teamfuumlhrung (Abschnitt 317) vorgestellt

311 Die Entwicklung der Personalsituation

Die Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen wird zum Zeitpunkt des Interviews aus Sicht der befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlrin-gen und Nordrhein-Westfalen mehrheitlich als gut zumindest nicht als an-gespannt bewertet Nach Aussage der meisten Befragten waren die regulaumlren Stellen dort durchweg besetzt Der beste Zeitpunkt fuumlr Neueinstellungen so einige befragte Personalverantwortliche sei zu Beginn des Kindergarten-jahres da dann genuumlgend Schulabsolventinnen vorhanden sind

Jedoch hat es in den Jahren zuvor in Thuumlringen auch schon andere Erfah-rungen gegeben Waumlhrend die Personaldecke dort bis 200506 relativ stabil war haben Gesetzesnovellierungen danach zu einem massiven Personalbe-darf gefuumlhrt 2010 gab es durch den erweiterten Rechtsanspruch und eine

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Verbesserung des Personalschluumlssels eine erneute Ausweitung des Personal-bedarfs von ca 2000 Stellen im Land bdquoDa war der Erzieherinnen-Markt schnell leergefegtldquo berichten mehrere Gespraumlchspartner Zum Zeitpunkt des Interviews habe sich die Situation jedoch wieder entspannt

Zufriedenstellend wird die Situation in NRW auch von den drei Ge-spraumlchspartnern kommunaler Traumlger eingeschaumltzt Sie geben an dass bislang immer alle ausgeschriebenen langfristigen Stellen rechtzeitig mit geeigne - ten Fachkraumlften besetzt werden konnten und es dabei keinerlei Stellenbe-setzungsprobleme gegeben habe weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht Gut ausgebildete Fachkraumlfte seien vorhanden bdquoTaumlglich gehen neue (Initiativ-)Bewerbungen einldquo Auch fuumlr den durch den U3-Ausbau verursach-ten zusaumltzlichen Personalbedarf konnte geeignetes Personal rechtzeitig ver-pflichtet werden

Einige andere Personalverantwortliche aus NRW bewerten die Situation etwas problematischer und berichten dass man sich fruumlh genug bemuumlhen und schon im Anerkennungsjahr beginnen muss zu rekrutieren Die Aus-wahl sei nicht mehr so groszlig wie fruumlher so dass der hohe Bedarf an Fach-kraumlften nicht mehr jederzeit gedeckt werden koumlnne es bestehe eher ein Uumlberhang an Ergaumlnzungskraumlften (Kinderpflegerinnen) Wieder andere erle-ben die Stellenbesetzungssituation als bdquomerklich angespannterldquo sagen aber bdquoWir kommen gerade noch hinldquo Einzelne andere sehen hingegen Schwie-rigkeiten weil es zu wenige Bewerbungen gebe bdquoFruumlher haben sich die Leu-te bei uns beworben heute bewerben wir uns bei den Leutenldquo

Daneben weisen einige Traumlgervertreterinnen vor allem in NRW und Thuumlringen daraufhin dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist Im laumlndlichen Raum aber auch in einigen Ruhrgebietsstaumldten gebe es eher Schwierigkeiten ausreichend Personal einzustellen In Staumldten in denen Aus-bildungsstaumltten angesiedelt sind sei es oft leichter geeignete Fachkraumlfte zu finden Auch die Qualitaumlt der Ausbildungsinstitutionen und damit auch die Ausbildungsqualitaumlt der Bewerberinnen seien regional sehr verschieden Zudem finden sich die heutigen Anforderungen immer noch nicht vollstaumln-dig in den Ausbildungsinhalten wieder Darum muumlsse haumlufig nachqualifi-ziert werden selbst bei Jahrespraktikantinnen bdquoWas sie mitbringen reicht auf keinen Fall fuumlr den paumldagogischen Alltagldquo Probleme bei der Stellenbe-setzung werden somit oft eher in qualitativer Hinsicht gesehen

In Baden-Wuumlrttemberg scheint der Arbeitsmarkt fuumlr Erzieherinnen zum Zeitpunkt des Interviews bereits deutlich enger geworden zu sein Hier wer-den von den Gespraumlchspartnerinnen erste Anzeichen eines Fachkraumlfte-mangels angesprochen Drei der fuumlnf Befragten geben an dass zu Beginn des

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Kindergartenjahres bdquonicht mehr alle Stellen besetztldquo worden seien Insgesamt muumlsse bei den Traumlgern inzwischen ein hoher Stellenbesetzungsaufwand fuumlr Akquise und Bewerbungsgespraumlche betrieben werden Ein Gespraumlchspartner berichtet dass Stellenausschreibungen zweimal erfolgen mussten Zudem muumlsse schnell reagiert werden weil andere Traumlger als Konkurrenten wahrge-nommen werden Auch der Einarbeitungs- und Nachqualifizierungsaufwand fuumlr das neue Personal sei gestiegen Zwar koumlnne die formale Qualitaumlt noch eingehalten werden passgenauer Einsatz sei jedoch nur uumlber Nachschulun-gen moumlglich z B fuumlr den U3-Bereich Um die Stellen uumlberhaupt noch beset-zen zu koumlnnen werden die Anforderungen bei der Einstellung manchmal ge-senkt Auch komme es heutzutage vor dass Mitarbeiterinnen wieder ab-springen weil ihnen das Traumlger- bzw Einrichtungskonzept nicht zusagt

Zusammenfassend laumlsst sich schlussfolgern dass sich bei den Traumlgerbe-fragungen im Projekt KONTI trotz einer bislang insgesamt durchaus (noch) zufriedenstellenden Personal- und Stellenbesetzungssituation Probleme in qualitativer wie in regionaler Hinsicht zeigen Sie lassen sich als Anzeichen eines enger werdenden Fachkraumlftemarktes und eines sich verschaumlrfenden Wettbewerbs zwischen den Anbietern interpretieren der sich bis zur Veroumlf-fentlichung der Studie fortgesetzt und verstaumlrkt haben duumlrfte Vergleichbare Tendenzen werden von den Autorinnen der quantitativ angelegten AQUA-Studie wahrgenommen auch die kuumlnftigen Entwicklungen werden aumlhnlich eingeschaumltzt (vgl Schreyer et al 2014 178 ff)

312 Personalstruktur

In der Struktur der Belegschaften lassen sich bei den befragten Traumlgern z T deutliche Unterschiede ausmachen Allerdings liegen nicht allen Personal-verantwortlichen zu den persoumlnlichen Merkmalen ihrer Mitarbeiterinnen wie Geschlecht Qualifikation und Alter vollstaumlndige bzw ausreichend diffe-renzierte Daten vor Eindeutig ist dass die Frauenquote in den Einrichtun-gen der befragten Traumlger erwartungsgemaumlszlig sehr hoch ist Sie liegt bei allen die hierzu Angaben gemacht haben bei mindestens 80 Prozent (18 Befragte) bei dreizehn von diesen sogar uumlber 90 Prozent und bei elf von diesen wieder-um uumlber 95 Prozent Dabei weisen alle Thuumlringer Traumlger einen Frauenanteil von uumlber 90 Prozent auf

Hinsichtlich der Qualifikationen wird von den Befragten grundsaumltzlich erlaumlutert dass auf den dafuumlr ausgewiesenen Fachkraftstellen gemaumlszlig den ge-setzlichen Vorgaben Mitarbeiterinnen mit dem Berufsabschluss der Erziehe-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

rindes Erziehers eingesetzt werden Manchmal sind Erzieherinnen-Stel - len auch mit Sozialpaumldagoginnen manchmal mit Kinderpflegerinnen ndash als Ergaumlnzungskraumlfte in NRW ndash besetzt In Baden-Wuumlrttemberg ndash wo der gesetzliche Rahmen dies erlaubt ndash sind einige wenige andere Professionen vertreten

Zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen hat fast die Haumllfte der befragten Traumlger keine konkreten Angaben gemacht Bei denjenigen denen entspre-chende Daten vorliegen ergibt sich ein durchaus heterogenes Bild Einige weisen eine ausgeglichene Altersstruktur auf (4 Traumlger) daneben gibt es im Kreis der Befragten durchaus Traumlger mit einer ausgesprochen jungen Beleg-schaft (3 Traumlger) mehrheitlich ist jedoch ein uumlberproportional hoher Anteil aumllterer Beschaumlftigter uumlber 50 Jahren festzustellen (6 Traumlger) Insbesondere im Osten geben alle Befragten eine hohe Uumlberalterung ihrer Belegschaften mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren oder sogar daruumlber an Die Situation wird von vielen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und als Ergebnis des Stellenabbaus nach der Wende gewertet Vor allem viele Leitungen stehen kurz vor dem Ruhestand Seit zwei Jahren sei ein Generationenwechsel im Gange der zu einem sinkenden Durchschnittsalter fuumlhre Folge ist dass in-zwischen sehr viele aumlltere Mitarbeiterinnen sehr vielen juumlngeren gegenuumlber-stehen bdquoIn der Mitte gibt es ein Lochldquo Einige Personalverantwortliche ndash und nicht nur in Thuumlringen ndash bewerten das hohe Durchschnittsalter ihrer Beleg-schaften als bdquodie erste Herausforderung in der Personalsituationldquo und sehen an dieser Stelle Handlungsbedarf Konkrete Ansaumltze wie beispielsweise eine Altersstrukturanalyse oder eigene Nachwuchskonzepte fuumlr ihre Fuumlhrungs-kraumlfte um der bevorstehenden massiven Verrentung von Kita-Leitungen ent-gegenzutreten finden sich bislang jedoch nur selten

Im Kontext der Entwicklung der Altersstruktur wird oft das Thema Ge-sundheit aufgeworfen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlrderung sind nach Meinung der befragten Personalverantwortlichen Aufgabenfelder die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Zukunft wei - ter an Bedeutung gewinnen werden Zwar geben nur drei der Befragten an uumlber ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement zu verfuumlgen oder eines einzufuumlhren aber gleichzeitig berichten nur zwei Befragte dass sie keine entsprechenden Maszlignahmen zum Gesundheitsschutz bzw zur Ge-sundheitsfoumlrderung umsetzen bdquoSolche Aktivitaumlten sind schon gewuumlnscht Das steht in Zusammenhang mit den personellen Ressourcenldquo erlaumlutert dazu ein Interviewpartner Die Auseinandersetzung mit dem Thema gene -rell erfolgt aber unterschiedlich intensiv Die Spannweite der Bewertungen liegt zwischen bdquoein riesenhaftes Themaldquo bdquonoch zu wenigldquo bdquozu wenig syste-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

matischldquo bdquozu wenig konzeptionellldquo bis hin zu bdquowollen wir jetzt angehenldquo Das Thema Gesundheit steht dabei in engem Zusammenhang mit den Fehl-zeiten die bei einer Reihe von Traumlgern Grund zur Sorge sind und als Problem wahrgenommen werden ndash vor allem die haumlufigen laumlngeren Abwesenheiten durch Schwangerschaften bei juumlngeren und Dauererkrankungen insbeson-dere bei aumllteren langjaumlhrigen Mitarbeiterinnen

313 Personalengpaumlsse und Personalbedarfsschwankungen

Ein zentrales Problem fuumlr den betrieblichen Alltag in Kindertageseinrichtun-gen ist der Umgang mit Personalbedarfsschwankungen Der Personalbedarf in den Einrichtungen veraumlndert sich im Laufe des Kindergartenjahres weil Abgaumlnge aus den Kitas vor allem im Sommer zur Einschulung zu verzeich-nen Zugaumlnge aber laufend moumlglich sind z B weil der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift oder Eltern zu unterschiedlichen Zeiten eine Erwerbstaumltigkeit aufnehmen Auch die unterschiedlichen Personalschluumlssel je nach Alter des Kindes fuumlhren im Verlauf des Kindergartenjahres zu Schwankungen im Personalbedarf der Einrichtungen ndash einerseits kommen juumlngere Kinder hinzu andererseits ist fuumlr aumlltere Kinder ein niedrigerer Per-sonalschluumlssel umzusetzen Zusaumltzlich ist es aufgrund der jaumlhrlichen Jugend-hilfeplanung und der Schwankungen in der Elternnachfrage im Hinblick auf die Betreuungsbedarfe notwendig den Personalbedarf fuumlr das folgende Kindergartenjahr entsprechend anzupassen Diese Vorgaben fuumlhren bei den Anbietern von Kinderbetreuung dazu dass sie Spielraumlume in der Personalde-cke also Personalreserven benoumltigen um angemessen reagieren zu koumlnnen

Durch Fluktuation ergeben sich weitere unterjaumlhrige Veraumlnderungen in der Personalsituation der Einrichtungen Dabei stellt externe Fluktuation bei den befragten Traumlgern zum Zeitpunkt der Interviews kein groszliges Problem dar Sie wird von den Personalverantwortlichen mehrheitlich als gering manchmal als mittel und nur vereinzelt als hoch eingeschaumltzt Insbesondere im Osten scheint sie wenig ausgepraumlgt zu sein bdquoWer kommt der bleibtldquo Als Beispiele fuumlr Fluktuation werden der Wegzug der Familie oder der Ruumlckzug aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ndash oft gesundheitsbedingt vor Errei-chen der Altersgrenze ndash genannt Bei einigen Traumlgern bemuumlht man sich dar-um die Arbeitssituation altgedienter Leiterinnen alternsgerecht zu gestalten und entlastet sie z B von einigen Aufgaben oder schafft Assistenzen oder Stellvertretungen Uumlber moumlgliche weitere Gruumlnde fuumlr einen Berufsausstieg ist den Befragten wenig bekannt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bei der internen Fluktuation durch Fehlzeiten sieht das Urteil anders aus Nur bei einem Traumlger wird die krankheitsbedingte Ausfallquote als gering bewertet 17 Befragte bezeichnen sie als mittel zwei sogar als hoch Einige Personalverantwortliche stellen in der letzten Zeit eine steigende Tendenz fest Dabei gibt es saisonale Unterschiede Aufgrund der Ansteckungsgefahr ist insbesondere der Winter haumlufig gepraumlgt von Krankheitswellen die durch-aus die gesamte Gruppe oder gar Einrichtung erfassen koumlnnen Auffaumlllig ist fuumlr eine Reihe von Befragten auch dass insbesondere die Juumlngeren unter den Fachkraumlften noch wenig immunisiert sind und bdquovon jeder Infektion in der Kita mitgerissen werdenldquo Daneben berichten einige Personalverantwortli-che dass die Fehlzeiten in den Einrichtungen houmlchst unterschiedlich aus-gepraumlgt seien und stellen einen Zusammenhang zur sonstigen Belastungs-situation in der Einrichtung her Wenn eine Kita von vielen laumlngerfristigen Personalausfaumlllen betroffen sei wirke sich das auch auf das Betriebsklima aus was wiederum mehr Fehlzeiten bei den uumlbrigen Mitarbeiterinnen provozie-re und dann durchaus auch zu externer Fluktuation fuumlhren koumlnne

Laumlngerfristige Fehlzeiten stellen somit ein schwerwiegendes Problem dar Ursaumlchlich dafuumlr sind bei Traumlgern mit einem hohen Altersdurchschnitt vor allem Langzeiterkrankungen Bei den Traumlgern mit vielen juumlngeren Mit-arbeiterinnen also auch dort wo sich ein Generationenwechsel vollzieht sind dies in erster Linie Schwangerschaften die bei den Erzieherinnen mit einem Beschaumlftigungsverbot in den Einrichtungen einhergehen In Verbin-dung mit Mutterschutz Elternzeit und den anstehenden Kinderkrankheiten der eigenen Kinder kaumlme es nach Einschaumltzung der Personalverantwort-lichen bei diesen Fachkraumlften aufgrund ihrer familiaumlren Situation erst in ei-nem Alter von ca 35 Jahren wieder zu einem stabileren Einsatz Die Dauer der familienbedingten Auszeiten (Elternzeit und ggf anschlieszligende Beurlau-bung) ist unterschiedlich lang In Thuumlringen berichten die meisten befragten Personalverantwortlichen dass die Mitarbeiterinnen immer noch schnell wieder zuruumlckkehren Die Traumlger aus den beiden westlichen Bundeslaumlndern stellen uumlbereinstimmend fest dass auch hier die Erziehungszeiten inzwi-schen kuumlrzer werden und oft bei ca einem bis zwei Jahren liegen Es gibt aber auch immer noch sehr lange Beurlaubungen von zehn bis zwoumllf Jahren die aus der Sicht der betroffenen Personalverantwortlichen eine Reihe von Problemen aufwerfen

Als besonders problematisch wird die Situation immer dann einge-schaumltzt wenn bei Schwangerschaften und den damit verbundenen Beschaumlfti-gungsverboten fuumlr Mutterschutz und Elternzeit und bei Langzeiterkrankun-gen waumlhrend des laufenden Kindergartenjahres Vertretungskraumlfte benoumltigt

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

werden was bei vielen Aumllteren und vielen Juumlngeren in einigen Belegschaften relativ haumlufig vorkommt Dann gelinge es nicht immer sofort Ersatz zu fin-den Der kurzfristige Markt sei ziemlich leer bdquoDas ist ein Dauerproblem bei dem angespannten Marktldquo Arbeitsuchende Erzieherinnen koumlnnen dann auswaumlhlen wo sie hinwollen Einige Anzeichen sprechen dafuumlr dass insbe-sondere wenn erst im Winter Fachkraumlfte benoumltigt werden die Qualitaumlt nicht stimmt bdquoDann ist es besser wenn die Stellen frei bleibenldquo Der Auslesepro-zess in der Sommerferienzeit und zu Beginn des Kitajahres fuumlhre dazu dass die uumlbrig Gebliebenen dann nicht mehr den Anforderungen entsprechen bdquoAlle guten Erzieherinnen haben dann meist bereits eine (neue) Stelleldquo Ei-nige Traumlgervertreterinnen berichten daruumlber dass es insbesondere schwieri-ger geworden ist Leitungsstellen mit geeigneten Fachkraumlften zu besetzen bdquoErgaumlnzungskraumlfte sind schon eher zu finden aber houmlher qualifiziertes Perso-nal steht dann nur sehr wenig bereitldquo Laumlngerfristige Personalausfaumllle fuumlhren in vieler Hinsicht auch zu zusaumltzlichen Belastungen bei den Kolleginnen Nach Einschaumltzung von Personalverantwortlichen muumlssen insbesondere die Vollzeitkraumlfte die Situation durch eigene Mehrarbeit auffangen und werden dadurch staumlrker belastet als Teilzeitkraumlfte

Insgesamt betrachtet ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung in be-sonderem Maszlige durch unterjaumlhrige Schwankungen sowohl im Personal-bedarf als auch im Personalbestand gekennzeichnet Individuell unterschied-liche Zeitpunkte des Eintritts in den Kindergarten einerseits und einheitliche Einschulungstermine andererseits bringen im Verlauf des Kindergartenjah-res Veraumlnderungen bei der Anzahl der zu betreuenden Kinder mit sich Der hohe Frauenanteil in den Einrichtungen ist verbunden mit Schwangerschaft Mutterschutz und Elternzeit der hohe Anteil an aumllteren Beschaumlftigten mit Langzeiterkrankungen Die unterjaumlhrige Stellenneubesetzung insbesondere fuumlr Vertretungskraumlfte gehoumlrt damit zum Alltagsgeschaumlft der Personalverant-wortlichen Diese Aufgabe des Personalmanagements wird jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation mehrheitlich als besondere Herausforderung be-trachtet

314 Arbeitsbedingungen

Die Verguumltung der Mitarbeiterinnen erfolgt bei den kommunalen Traumlgern nach dem Tarifvertrag des oumlffentlichen Dienstes (TVoumlD 8 Traumlger) bei den frei- bzw privat-gemeinnuumltzigen Traumlgern in Anlehnung an den TVoumlD (13 Trauml-ger) dabei meistens entweder nach einem entsprechenden kirchlichen oder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

verbandseigenen Tarif Der in der Befragung vertretene privat-gewerbliche Traumlger verfuumlgt uumlber ein eigenes Verguumltungssystem Die Verguumltung orientiert sich somit weitgehend an den Rahmenbedingungen die in Kapitel 25 darge-stellt werden

Ein genereller Anstieg des Stellenwerts befristeter Arbeitsvertraumlge konn te in der Befragung nicht festgestellt werden Von den befragten Personal-verantwortlichen wird im paumldagogischen Bereich grundsaumltzlich eine Festan-stellung ihrer Mitarbeiterinnen bevorzugt Ein Groszligteil der Beschaumlftigten besitzt darum einen unbefristeten Vertrag Dennoch gehoumlren auch Befristun-gen zur gaumlngigen Praxis Dabei bewegen sich die Befristungsgruumlnde zwischen bdquoGrundsatz bei Neueinstellungenldquo und bdquoSachgrundldquo uumlberwiegend fuumlr An-erkennungspraktikantinnen und Vertretungen wegen Schwangerschaft Elternzeit bzw Langzeiterkrankungen

Allerdings gibt es hier regionale Unterschiede Waumlhrend die Befristung neuer Arbeitsvertraumlge in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen von allen befragten Traumlgern eingesetzt wird ist sie in Thuumlringen ein wenig ver-breitetes Instrument Im Westen werden Neueinstellungen von sieben der befragten NRW-Traumlger und drei Traumlgern in Baden-Wuumlrttemberg zunaumlchst fuumlr ein oder zwei Jahre befristet vorgenommen damit man als Arbeitgeber flexibel bleibe oder nicht uumlber Bedarf eingestellt werde weil beispielsweise Fluktuation nicht vorausgesehen werden koumlnne In erster Linie fuumlhre die jaumlhrliche Jugendhilfeplanung zu einem solchen Flexibilitaumltsbedarf Befristete Neueinstellungen seien damit vor allem eine Absicherung fuumlr die unbefristet Beschaumlftigten Mit der Begruumlndung der nach Meinung vieler Traumlgervertreterinnen heute vorgefundenen unzureichenden Qualitaumlt neueingestellter Mit-arbeiterinnen geraumlt die bisherige Ablehnung des Befristungsinstruments bei den in Thuumlringen befragten Traumlgern inzwischen ins Wanken

Als haumlufiger Sachgrund fuumlr eine Befristung von einem Jahr werden in allen beteiligten Bundeslaumlndern Schwangerschafts- und Elternzeitvertretun-gen genannt um den in Elternzeit gegangenen Mitarbeiterinnen die Ruumlck-kehr zu ermoumlglichen Auch Projektarbeit im Bedarfsfall gehoumlrt bei eini - gen Traumlgern dazu Das Beschaumlftigungsverhaumlltnis laumluft dann nach Ablauf des Vertrages aus Einige Personalverantwortliche weisen darauf hin dass Sachgrundbefristungen in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt werden (muumlssen) Fuumlr die Einrichtungen stellen sie nach Meinung vieler Interview-partner ein Problem dar bdquoda sie in der angespannten Arbeitsmarktsituation dazu fuumlhren dass immer wieder gute Mitarbeiterinnen den Traumlger wech-seln wenn sie (von Konkurrenten) unbefristete Vertraumlge angeboten bekom-menldquo

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Bei der Mehrheit der Befragten gilt der Grundsatz bdquoguteldquo Mitarbeiterin-nen moumlglichst schnell in eine unbefristete Anstellung zu uumlbernehmen Das betrifft z T auch Vertretungskraumlfte Nach Ablauf der Elternzeitvertretung werde versucht die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zu uumlber-nehmen bdquoentweder in der jeweiligen Einrichtung oder einer anderen so - fern sie gut ist und passtldquo und bdquoweil immer irgendwo eine Mitarbeiterin gesucht wirdldquo Bei einem Traumlger gibt es selbst fuumlr die Vertretungskraumlfte keine Sachgrundbefristungen sondern einen fuumlr ein Jahr befristeten Vertrag mit der Perspektive der anschlieszligenden Entfristung

Fuumlr die Uumlbernahme werden unterschiedliche Verfahren genutzt Am haumlu figsten wird nach einer festgelegten Zeitspanne von einem Jahr oder zwei oder sogar fuumlnf Jahren in ein unbefristetes Anstellungsverhaumlltnis uumlbernom-men Gesagt wird aber auch dass die Entfristung erfolgt wenn derdie Beschaumlftigte bdquonicht unterdurchschnittlichldquo beurteilt wird bdquosobald klar ist dass die Stelle erhalten bleibtldquo oder bdquosobald Stellen frei werdenldquo In einem Fall wird diese dann bdquoan die Mitarbeiterin gegeben die am laumlngsten darauf wartetldquo Bei einem anderen wird unter Beteiligung der Personalvertretung ein gemeinsam festgelegtes Auswahlverfahren eingesetzt mit schriftlichen Be-werbungen Leistungsbeurteilungen auf der Basis von Personalgespraumlchen Auswahlgespraumlchen anhand eines Anforderungsprofils und von weiteren Kriterien wie Alter Familienstand oder betrieblicher Zugehoumlrigkeit

Insgesamt wird ein groszliges Interesse der Personalverantwortlichen an ei-ner Dauerbeschaumlftigung ihrer Mitarbeiterinnen deutlich um fuumlr eine perso-nelle Stabilitaumlt in den Teams der Kindertageseinrichtungen zu sorgen Die aufgrund der haumlufig zu verzeichnenden Personalausfaumllle notwendige Einstel-lung von Vertretungskraumlften wird bei vielen mit der Perspektive vorgenom-men auch diese Mitarbeiterinnen in die Stammbelegschaft zu uumlberfuumlhren

315 Der Einsatz von Teilzeitarbeit

Der hohe Anteil an weiblichen Fachkraumlften bringt im Ergebnis einen hohen Bedarf an Teilzeitarbeit mit sich denn diese ist haumlufig das Beschaumlftigungs-modell fuumlr Mitarbeiterinnen in der Familienphase Daneben ist es heute bei vielen der befragten Traumlger auch dann fuumlr Mitarbeiterinnen moumlglich Stun-den zu reduzieren wenn sie sich den beruflichen Anforderungen nicht mehr voll gewachsen fuumlhlen Bei den Teilzeitquoten zeigen sich starke regionale Unterschiede Waumlhrend sie bei den befragten Traumlgern in Nordrhein-Westfa-len und Baden-Wuumlrttemberg lediglich zwischen etwa einem Viertel und zwei

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Dritteln der Beschaumlftigten liegen (NRW zwischen 24 Prozent und 57 Pro-zent Baden-Wuumlrttemberg zwischen 31 Prozent und 71 Prozent) weisen die Traumlger in Thuumlringen eine Quote zwischen 40 Prozent und uumlber 95 Prozent auf Hier liegt der Anteil bei drei der fuumlnf befragten Personalverantwortli-chen sogar uumlber 85 Prozent

Moumlglicherweise lassen sich diese Disparitaumlten mit den unterschiedlichen Beweggruumlnden fuumlr das Angebot an Teilzeitarbeit in Ost und West erklaumlren (vgl im Folgenden Micheel 2015) Von den Personalverantwortlichen im Westen wird sie ganz uumlberwiegend mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit be-gruumlndet (bdquoweil es die gesetzlichen Regelungen vorgeben und wir nicht anders koumlnnenldquo) Nicht zuletzt darum wird bei den meisten der Befragten versucht den Wuumlnschen der berufstaumltigen Muumltter zu entsprechen bdquoDeshalb muss hier nach Loumlsungen geschaut werdenldquo Zur Umsetzung gibt es jedoch haumlufig keine weiteren konkreten Vereinbarungen das Angebot an die Wiederein-steigerinnen zur Stundenreduktion ist vielfach lediglich mit der Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) verbunden

Daneben wird die Entwicklung zu mehr Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita auch von den geaumlnderten Finanzierungsstrukturen beguumlnstigt Durch die 2008 erfolgte Umstellung der Kita-Finanzierung auf eine Kindpauschale in Nordrhein-Westfalen setzt sich der Personalbedarf aus der Summe der auf der Grundlage der geltenden Personalvereinbarung erforderlichen Stellenan-teile zusammen die sich nicht immer auf eine Vollzeitstelle aufaddieren las-sen Als Folge der veraumlnderten Rahmenbedingungen hat sich bei den befrag-ten Traumlgern ein Eigeninteresse an Teilzeitbeschaumlftigung entwickelt Wurde sie dort in der Kita fruumlher mit paumldagogischen Gruumlnden rundweg abgelehnt werden heute bei Neubesetzungen sogar Teilzeitstellen ausgeschrieben

In Thuumlringen dagegen wird den Mitarbeiterinnen schon seit der Wende uumlberwiegend gar keine Vollzeitstelle angeboten Teilzeit-Beschaumlftigung ist ndash wie in allen oumlstlichen Bundeslaumlndern ndash das Standard-Angebot der Traumlger und die (nahezu) einzige Beschaumlftigungsmoumlglichkeit fuumlr Erzieherinnen in der Kita Hauptmotiv fuumlr das Angebot an Teilzeitbeschaumlftigung im Osten war da-mals das Argument der Beschaumlftigungssicherheit und der sozialvertraumlglichen Gestaltung des Abbaus von Kapazitaumlten Allerdings gibt es dort ganz uumlber-wiegend auch keine klassischen Halbtagsstellen sondern uumlber Sockelarbeits-vertraumlge vollzeitnahe Beschaumlftigung mit einem Umfang von 30 (Fuumlnf-Tage-Woche agrave 6 Stunden) oder 32 (Vier-Tage-Woche agrave 8 Stunden) Wochenstunden

Die Personalverantwortlichen der Traumlger legen mit den jeweiligen Mit-arbeiterinnen haumlufig nur den individuellen Wochenstundenumfang und

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Arbeitswoche also die grobe Lage der persoumlnlichen Arbeitszeiten fest Die konkrete Umsetzung dieser Vorabsprachen in der Dienstplangestaltung erfolgt vor Ort durch die Kita-Leitungen Dabei wird es in den in die Be-fragung einbezogenen westlichen Bundeslaumlndern aus der Sicht von vielen Personalverantwortlichen als problematisch fuumlr den Kinderbetreuungsbe-trieb bewertet dass sich insbesondere teilzeitbeschaumlftigte Muumltter uumlberwie-gend die klassische Halbtagsstelle am Vormittag wuumlnschen Aufgrund der durch die verlaumlngerten Oumlffnungszeiten notwendig gewordenen Schichtplauml -ne mit rotierenden Diensten sind zwar uumlberwiegend eine Zwei- Drei- oder Vier-Tage-Woche und damit auch freie Tage moumlglich Grundsaumltzlich feste Arbeitszeiten werden dagegen haumlufig zum Problem So wird von den Per-sonalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlffnungszeiten von Schule und Kita bestimmte Dienste nicht wahrgenommen werden koumlnnen Der Fruumlhdienst wird hier genauso genannt wie Spaumltdienste Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferien zeiten der eigenen Kinder Lange Anfahrtswege verhindern daruumlber hinaus oft einen Acht-Stunden-Arbeitstag von Teilzeit-Beschaumlftigten die nur an einem Teil der Wochentage arbeiten

Der Dienstplangestaltung kommt damit fuumlr die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima einerseits eine zentrale Bedeutung zu Interessenkolli-sionen im Team treten hier besonders deutlich zutage Es werde zunehmend schwieriger und eher zur bdquoQuadratur des Kreisesldquo all diesen Interessen ge-recht zu werden Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlhren nicht zuletzt darum zu viele Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung zu Problemen Teamfuumlhrung erweist sich aus diesem Grund insbesondere an dieser Stelle oft als schwierig Die daraus resultierenden Probleme der Leitungen mit der Dienstplangestaltung werden von den Personalverantwortlichen durchaus wahrgenommen allerdings meistens eher auf der Basis informeller Ruumlck-meldungen Nur einer der befragten Traumlger uumlberwacht das Verfahren in den Einrichtungen indem er Einsicht und Genehmigung des festgelegten Dienst-plans einfordert Nur in wenigen Faumlllen gibt es fuumlr die Dienstplangestaltung eine professionelle Begleitung und Unterstuumltzung

Neben der Arbeitszeitregelung werden fuumlr die Umsetzung der Teilzeitar-beit in den Einrichtungen mit den Mitarbeiterinnen meistens keine weiteren Vereinbarungen getroffen etwa eine Reduzierung des Aufgabenspektrums Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Daraus entstehen in den Einrichtungen haumlufig weitere Probleme Teilzeitarbeit erfordere einerseits mehr Kommunikation geringere Verfuumlgungszeiten erschweren aber gleichzeitig die noumltigen Abspra-

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chen und den erforderlichen Austausch weil diese viel Zeit binden Selbst Terminabsprachen fuumlr Elterngespraumlche werden schwieriger Wird gewuumlnscht dass Teilzeitkraumlfte dennoch regelmaumlszligig an allen Teamsitzungen oder El-ternabenden teilnehmen fuumlhrt dies zu vielen Uumlberstunden Demgegenuumlber schraumlnkt ein Verzicht auf die (regelmaumlszligige) Teilnahme Partizipationsmoumlg-lichkeiten ein so dass bei Teilzeitkraumlften oft das Gefuumlhl entsteht dass sie nur mitlaufen und nicht als vollwertiges Team-Mitglied anerkannt werden

Wenn es in einer Einrichtung viele Teilzeit-Kolleginnen gibt sehen viele Vollzeitkraumlfte eine zusaumltzliche Belastung Sie geben an dass sie nicht nur unliebsame Schichten und (Zusatz)Aufgaben uumlbernehmen muumlssen son-dern auch regelmaumlszligig ndash z T laumlngerfristig ndash Personalausfaumllle kompensieren bis eine Vertretungsloumlsung gefunden ist So entsteht haumlufig das Gefuumlhl dass sie alles auffangen muumlssen waumlhrend ihre Kolleginnen dazu nicht flexibel genug seien Dass die Grenzen der Belastbarkeit hier oftmals bereits uumlber-schritten sind und Vollzeitkraumlfte haumlufiger uumlber gesundheitliche Beschwerden (wie z B Schlafstoumlrungen) berichten als ihre Teilzeit-Kolleginnen stellte ein Traumlger in einer Beschaumlftigtenbefragung mit Besorgnis fest

Obwohl sich berufstaumltige Muumltter auch bei vollzeitnaher Teilzeit feste Arbeitszeiten wuumlnschen wird die bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo von den befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlringen kaum thematisiert bdquoDie Muumltter wollen gar keinen Sonderstatusldquo Mit dem Arbeitgeber wird dort zunaumlchst grundsaumltzlich geklaumlrt welche Variante des vollzeitnahen So-ckelarbeitszeitmodells dieder Beschaumlftigte wuumlnscht Zusaumltzlich stehen bei einigen der Traumlger flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten zur Verfuuml-gung Beim Personaleinsatz im Kinderbetreuungsbetrieb wird von den Mit-arbeiterinnen einerseits deutlich eine gewisse Flexibilitaumlt erwartet ihnen aber gleichzeitig Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange bei der Dienst-plangestaltung zugesichert bdquoAufgrund der verschiedenen Arbeitszeitmodelle ist man da sehr flexibelldquo Jede Einrichtung sorgt selbst fuumlr einen bedarfs-gerechten Einsatz Dies ist aus der Sicht der Traumlger sehr wichtig bdquoWenn Ar-beitszeiten nicht in die persoumlnliche bzw familiaumlre Situation passen gibt es Unzufriedenheitldquo

Veraumlnderungen in der Personalstruktur der letzten Jahre werden von den Personalverantwortlichen nur wenig wahrgenommen Waumlhrend in Thuumlringen von einigen Gespraumlchspartnern festgestellt wird dass sich die So ckel arbeitszeiten auf 35 bis zu 38 () Stunden erhoumlht haben berichten die Per sonalverantwortlichen aus NRW und Baden-Wuumlrttemberg dass es im Ver gleich heute mehr Festanstellungen fruumlhzeitigere Entfristungen und mehr Teilzeitbeschaumlftigte aufgrund von Elternzeiten (mit geringerem Stun-

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denumfang als fruumlher) gibt Einige begruumlnden diese Entwicklung mit der er-forderlichen Personalbindung um als Traumlger attraktiv zu bleiben Aber auch der Ausbau bzw der Rechtsanspruch fuumlhre zu mehr neuen Stellen und damit auch zu mehr Teilzeitbedarf durch juumlngere Mitarbeiterinnen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass Teilzeitarbeit in der Kita aus verschiedenen Motiven heraus eingesetzt und unterschiedlich gestaltet wer-den kann Das Instrument entfaltet dann jeweils spezifische Wirkungen auf die Kita Insbesondere als klassische Halbtagsstelle fuumlhrt es zu einer Reihe von Problemen und zwar nicht nur fuumlr die betrieblichen Ablaumlufe und die Dienstplangestaltung sondern auch fuumlr die Fuumlhrung und die Zusammenar-beit im Team Die mit Teilzeitarbeit verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile werden von Traumlgern nicht uumlberall gleich wahrgenommen und ge-nutzt Neben der Unterstuumltzung einer Work-Life-Balance fuumlr die Beschaumlf-tigten laumlsst sich das Instrument zur Schaffung von Flexibilitaumltsreserven bei Schwankungen im Personalbedarf einsetzen Eine besondere Herausforde-rung besteht vor allem darin die individuellen Zeit-Interessen der einzelnen Beschaumlftigten und die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen mit-einander in Einklang zu bringen

316 Organisation und Management in der Kita

Die Gesamtverantwortung fuumlr Organisation und Management der Kinder-tageseinrichtungen ist bei allen befragten Traumlgern an die Kita-Leitungen de-legiert die grundsaumltzlich fuumlr einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sorgen haben Daneben ist die Kita-Leitung in der Praxis die zentrale Vertre-tung des Arbeitgebers in der Einrichtung und uumlbernimmt an dieser Stelle eine wichtige Schnittstellenfunktion Sie organisiert den Personaleinsatz und praumlgt damit den Alltag im Team und in der Einrichtung insgesamt Dienst-plangestaltung Arbeitsorganisation im Sinne einer Aufgabengestaltung und Arbeitsverteilung sind hier aus personalwirtschaftlicher Sicht wichtige Hand-lungsfelder Auch fuumlr den Ausgleich von Personalausfaumlllen muss sie sorgen Die Personalfuumlhrung ist damit ndash auch im Sinne der Teamleitung ndash ihre zent-rale und umfassendste Aufgabe

Der fachliche Arbeitseinsatz der paumldagogischen Mitarbeiterinnen er -folgt bei den befragten Traumlgern gemaumlszlig den gesetzlichen Vorgaben und dem Konzept des Traumlgers Das wesentliche Taumltigkeitsfeld der Erzieherinnen ist entsprechend ihrer Qualifikation die paumldagogische Gruppenarbeit Haumlufig liegt dazu eine Stellenbeschreibung fuumlr Erzieherinnen zu ihren Funktionen

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in der Kita und zu ihren Gruppenaufgaben fuumlr (stellvertretende) Leitungs-kraumlfte auch zu deren Fuumlhrungsaufgaben zugrunde

In der praktischen Arbeit der Einrichtungen werden generell keine (gro-szligen) Unterschiede im Einsatz der Mitarbeiterinnen gemacht Allgemeine Leitvorstellung ist hier bdquoAlle machen das Gleicheldquo Insbesondere in Baden-Wuumlrttemberg wird darauf hingewiesen dass alle paumldagogischen Fachkraumlfte als gleichberechtigte Mitarbeiterinnen in den Teams mit gleichen Aufgaben fuumlr alle zusammenarbeiten Der Arbeitsanfall auszligerhalb der bdquopaumldagogischen Arbeit am Kindldquo wird grundsaumltzlich auf den Teambesprechungen verteilt Dabei gibt es aus den Gespraumlchen mit den Personalverantwortlichen nur we-nige Informationen daruumlber ob und wie die Aufgaben zugeschnitten bzw gestaltet und auf welche Weise sie unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden

Die Entscheidungen uumlber den fachlichen und zeitlichen Personalein - satz also uumlber die Arbeitsorganisation und Dienstplangestaltung werden von Kita-Leitungen uumlberwiegend in Kooperation oder zumindest in Abspra-che mit ihrem Team getroffen Bei der Gestaltung dieser Aufgaben gibt es nur vereinzelt konzeptionelle Unterstuumltzung durch die Fachberatung In (sehr) groszligen Einrichtungen existieren bei einigen groszligen Traumlgern Arbeits-gruppen zu Ablaumlufen in der Einrichtung und zur Aufgabenverteilung Im Groszligen und Ganzen erfolgt damit die Organisation des Personaleinsatzes dezentral in den Einrichtungen Wichtige wenn nicht die wichtigsten Auf-gaben im Rahmen der Personalfuumlhrung sind damit von den Personalverant-wortlichen der Traumlger an ihre Fuumlhrungskraumlfte vor Ort delegiert Nur beim raumlumlichen Einsatz seines Personals also im Hinblick auf die Verteilung der Mitarbeiterinnen auf die Einrichtungen behaumllt sich der Traumlger die Entschei-dung uumlber den konkreten Einsatzort vor faumlllt diese dann aber fast immer in Koopera tion mit der zustaumlndigen Leitung

Viele Traumlger lassen ihren Leiterinnen bei der Personal- und Betriebs-fuumlhrung somit weitgehend freie Hand Alles ist moumlglich solange die betrieb-lichen Belange dem nicht entgegenstehen Die praktische Umsetzung liege bdquoin der gestalterischen Freiheit jeder Einrichtungldquo Einiges sei verpflichtend vorgegeben daneben seien die Einrichtungen und Mitarbeiterinnen frei und selbststaumlndig in der Entscheidung bdquoWie das im Einzelnen aussieht da halte ich mich rausldquo ist eine weit verbreitete Meinung unter den Befragten Die Erfahrung zeige dass auf diese Weise alles am besten funktioniere

Im Detail wissen darum die befragten Traumlgervertreterinnen auch oft we-nig uumlber die konkreten Vorgehensweisen in ihren Betrieben Trotzdem verfuuml-gen sie im Allgemeinen uumlber den Austausch mit ihren Leitungskraumlften uumlber

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einen umfassenden und differenzierten Gesamteindruck zur personellen Si-tuation in den einzelnen Einrichtungen So werden Belastungen in den Ein-richtungen durch Personalbedarfsschwankungen und Personalausfaumllle oder Konflikte in den Teams wahrgenommen

Insgesamt betrachtet tragen die Leitungen in den Einrichtungen die Verantwortung fuumlr ein groszliges und vielfaumlltiges Aufgabengebiet nicht nur im paumldagogischen Sinne Dazu sind sie von den Traumlgern mit einer groszligen Handlungsautonomie ausgestattet Im praktischen Arbeitsalltag sind sie so-mit die wichtigsten Akteure die uumlber die konkreten Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen vor Ort entscheiden und sie gestalten (koumlnnen)

317 Personal- und Teamfuumlhrung

Sehr deutlich wird in den Gespraumlchen dass von den Personalverantwortli-chen Mitarbeiterorientierung als Leitbild fuumlr die Personalfuumlhrung gewuumlnscht wird Mehrheitlich wird ein partizipativer Fuumlhrungsstil befuumlrwortet Wichtig ist vielen Gespraumlchspartnerinnen dass dabei die individuellen Interessen am Arbeitsplatz wahr- und ernst genommen sowie nach Moumlglichkeit auch die persoumlnlichen Wuumlnsche und Belange der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden z B bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Vielfach haben die Beschaumlftigten ein Mitspracherecht etwa bei der Aufgabenverteilung oder der Festlegung der eigenen Dienstzeiten Oft erfolgen diese Absprachen in und mit dem gesamten Team Haumlufig wird aber auch darauf hingewiesen dass man bdquonicht jeden Wunsch erfuumlllenldquo koumlnne Die Interessenvielfalt im Kreis der Mitarbeiterinnen waumlchst nicht zuletzt durch die Veraumlnderungen in den Personalstrukturen der Traumlger Work-Life-Balance oder Generationen-wechsel werden hier genannt Aus den Interviews gibt es nur wenige In-formationen daruumlber wie der dazu notwendige Interessenausgleich immer wieder hergestellt wird meistenteils scheint er innerhalb der Einrichtungen zu funktionieren wo dies aber nicht der Fall ist entstehen aus den Interes-senkollisionen nicht selten massive Konflikte

Viele der befragten Personalverantwortlichen weisen auf die hohe Bedeu-tung einer guten Teamzusammenarbeit und des Teamgeists fuumlr die Arbeits-zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen in den Einrich-tungen hin Zentrale Leitungsaufgabe ist es darum fuumlr die erforderliche gute Arbeitsatmosphaumlre und ein gutes Betriebsklima zu sorgen Dennoch wird von den Befragten der Aufgabe der Teamentwicklung eine unterschiedlich groszlige Bedeutung beigemessen In einigen wenigen Faumlllen wird zum Thema aus-

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schlieszliglich auf die Zustaumlndigkeit der jeweiligen Leitung hingewiesen Bei vie-len anderen Traumlgern stehen dafuumlr zusaumltzliche Ressourcen zur Verfuumlgung mit denen etwa eine Unterstuumltzung durch die Fachberatung ermoumlglicht wird oder Angebote zum Konfliktmanagement zur Supervision oder zum Coaching gemacht werden Nur in Einzelfaumlllen wird jedoch noch mehr getan z B jaumlhr-lich ein extern moderierter Teamentwicklungstag zur Foumlrderung der Zusam-menarbeit durchgefuumlhrt an dem die Einrichtung geschlossen ist

Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator fuumlr die Beurteilung der Qualitaumlt der Arbeitsbedingungen Genaues Wissen daruumlber ist unter den Personalverantwortlichen allerdings relativ wenig ausgepraumlgt Die Einschaumlt-zungen reichen von der Aussage dass es keine Informationen uumlber die Zu-friedenheit gibt uumlber verschiedene Mutmaszligungen zu Zusammenhaumlngen mit verschiedenen Rahmenbedingungen wie etwa der Personalausstattung dem Fuumlhrungsverhalten der Leitung der entgegengebrachten Wertschaumltzung fuumlr die Arbeitsleistungen der Bezahlung den Aufstiegsmoumlglichkeiten sowie der Arbeitsbelastungen bis hin zu der Meinung dass momentan gemessen an-hand der geringen Fluktuation eine hohe Zufriedenheit herrschen muumlsse

Das Wissen um die Mitarbeiterzufriedenheit scheint wenn uumlberhaupt eher in dezentralisierter Form bei den Kita-Leitungen vorhanden zu sein denn sie sind es in der Regel die regelmaumlszligig Personalgespraumlche mit ihren Mitarbeiterinnen durchfuumlhren Meistens auf der Grundlage vorgegebener Verfahrensweisen seitens des Traumlgers fragen sie dabei verschiedene The-menbereiche ab die persoumlnliche Situation genauso wie Arbeitsbelastungen Wertschaumltzung Motivation Aufgreifen von Ideen und Veraumlnderungswuumln-schen bzw Weiterentwicklung Entwicklungspotenziale Fortbildungsop-tionen oder die Qualitaumlt der Arbeit Manchmal faumlllt auch die Entscheidung uumlber den Arbeitseinsatz im Personalgespraumlch Dabei wird deutlich dass die einzelnen Mitarbeiterinnen ihr Befinden und ihre Wuumlnsche im Mittelpunkt der durchgefuumlhrten Personalgespraumlche stehen Im Wesentlichen dienen die Gespraumlche also zur Abklaumlrung der Mitarbeiterzufriedenheit Sie gehoumlren damit zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten mit denen Informationen uumlber die Mitarbeiterinteressen uumlber Belastungen und ge sund-heit liche Leistungsfaumlhigkeit bzw uumlber individuelle Anspruumlche an eine Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammenge-tragen werden Umfang und Qualitaumlt der Gespraumlche liegen jedoch nahezu ausschlieszliglich bei den Einrichtungen vor Ort bdquoWir wissen dass es laumluft mehr nichtldquo Dokumentiert werden die Ergebnisse durch die Leitungen haumlu-figer an die Traumlger (in anonymisierter Form) weitergegeben jedoch nur sel-ten systematisch ausgewertet werden sie kaum

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Neben der Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit dienen die bei fast allen Traumlgern etablierten Personalgespraumlche mehrheitlich auch der persoumln-lichen und fachlichen Weiterentwicklung der Beschaumlftigten Haumlufig wird der individuelle Fortbildungsbedarf erfragt persoumlnliche Wuumlnsche koumlnnen dabei geaumluszligert werden Gemeinsam wird nach Umsetzungswegen gesucht oder es wird vereinbart die individuellen Interessen z B in Beratungen des Traumlgers zum Fortbildungsbedarf oder zur Aufnahme in das Fortbildungsprogramm weiterzuleiten Mitarbeitergespraumlche haben somit meistens gleichzeitig den Charakter von Personalentwicklungsgespraumlchen Personalentwicklungskon-zepte gibt es allerdings bei der Haumllfte der befragten Traumlger nicht Sie sind zum Zeitpunkt des Interviews also keine Selbstverstaumlndlichkeit

Die Personalverantwortlichen nehmen die Mitarbeiterzufriedenheit zwar als wichtigen Indikator fuumlr die Personalbindung wahr Uumlber die Erwartungs-haltung gegenuumlber ihren Leitungskraumlften hinaus die durch einen partizipati-ven Fuumlhrungsstil fuumlr eine foumlrderliche Arbeitsatmosphaumlre in der Kita sorgen sollen uumlbernehmen sie dabei bislang allerdings mehrheitlich eine konkrete Unterstuumltzungsfunktion nur wenn Konfliktsituationen offenkundig werden Sie vertrauen darauf und haben uumlberwiegend die Erfahrung gemacht dass sich ein Teamgeist und die persoumlnliche Identifikation der Erzieherinnen mit bdquoihrerldquo Einrichtung durch die taumlgliche Zusammenarbeit einstellen Eine sys-tematische und regelmaumlszligige Uumlberwachung der Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen gibt es auf Traumlgerebene nur sehr selten

32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen

Im Zeitraum von Maumlrz bis Juli 2014 wurden 75 leitfadengestuumltzte Telefon-interviews mit Erzieherinnen durchgefuumlhrt Dabei wurden vier Gruppen unterschieden naumlmlich Berufseinsteigerinnen (19 Befragte mit max zwei Jahren Berufserfahrung) Beschaumlftigte in der Familienphase (20 Befragte) langjaumlhrig und somit aumlltere Beschaumlftigte (18 Befragte ab 50 Jahren) und Be-rufsaussteigerinnen (18 Befragte) Ziel der Interviews war es vor allem In-formationen uumlber die Motive der Berufswahl und das Selbstverstaumlndnis im Beruf (Abschnitt 321) die berufliche Situation und die Bewertung des Ar-beitsalltags (Abschnitte 322 bis 324) sowie die beruflichen Perspektiven zu gewinnen (Abschnitte 325 und 326) um auf dieser Basis Handlungsfelder fuumlr personalwirtschaftliche Konzepte abzuleiten Die nachfolgende Darstel-lung beruumlcksichtigt die Gespraumlchsergebnisse aller Teilgruppen und bezieht dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ein

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321 Das Selbstverstaumlndnis im Beruf

Zentrales Motiv fuumlr die Wahl des Erzieherinnen-Berufs ist der Wunsch mit Kindern zu arbeiten Weitere Motive sind die familiaumlre Praumlgung z B durch den Beruf der Mutter oder durch fruumlhe eigene Erfahrungen mit dem Be-aufsichtigen von Nachbarskindern oder juumlngeren Geschwistern und als Baby-sitter Auch Praktika Freiwilligendienste und die Berufsberatung spielen in einigen Faumlllen eine Rolle Haumlufig sagen die Erzieherinnen dass sie sich bdquoschon immerldquo fuumlr diesen Beruf interessiert bdquonie etwas anderes gewolltldquo oder den Beruf als bdquoTraumberufldquo gewaumlhlt haben

Hinsichtlich der Bewertung der eigenen Ausbildung gibt es heterogene Antworten die von positiven Einschaumltzungen bis zur Benennung von Defizi-ten reichen Viele langjaumlhrig Beschaumlftigte weisen darauf hin dass das Wissen aus der Ausbildung nicht mehr ausreicht den (neuen) Anforderungen ge-recht zu werden Eine Erzieherin betont bdquoDie Gesellschaft veraumlndert sich und mit ihr auch die Kinder deshalb muss man flexibel sein und kann nicht jahrzehntelang mit alten Methoden arbeiten Es ist wichtig immer wieder Neues zu lernenldquo

Es gibt jedoch auch die Einschaumltzung dass die Ausbildung zur Erziehe-rinzum Erzieher eine sehr gute Grundlage fuumlr die Arbeit in anderen Berufen darstellt So fuumlhrt eine Berufsaussteigerin an dass sie in ihrer aktuellen Taumltig-keit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr stark von ihrer Ausbildung pro-fitiert z B im Koordinieren und Vermitteln bdquowenn ich da die Ausbildung nicht haumltte saumlhe es anders aus d h ich profitiere unglaublich von diesem Ausbildungsberuf und das sollte man ja vielleicht mal zur Staumlrke machen so dass das nicht nur in der Einbahnstraszlige Erzieher muumlndetldquo

Der uumlberwiegende Teil der langjaumlhrig Beschaumlftigten schaumltzt den Einfluss ihrer Berufs- und Lebenserfahrung als sehr wichtig und positiv fuumlr den Beruf ein da er zu einer persoumlnlichen Staumlrkung zu mehr Gelassenheit im Alltag und einem stabileren Selbstbild fuumlhrt bdquoMan hat einen groszligen Erfahrungs-schatz und da wirft einen nichts so schnell aus der Bahn Viele Anforderun-gen werden auch kritischer gesehen und es besteht das Selbstbewusstsein Kritik auch zu aumluszligernldquo

Hinsichtlich der Eigenschaften die eine Erzieherin besitzen sollte wer-den hauptsaumlchlich persoumlnliche Merkmale und Einstellungen angesprochen insbesondere Sozialkompetenzen wie kommunikative Faumlhigkeiten Team-faumlhigkeit Respekt und Toleranz Geduld Aufgeschlossenheit fuumlr neue Ide en Belastbarkeit oder Zuverlaumlssigkeit Sehr haumlufig wird das Stichwort bdquoEmpa-thieldquo genannt Es gehe um bdquoZuneigung Zuwendung und Vertrauenldquo es sei

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

wichtig ein bdquoGefuumlhl fuumlr Kinderldquo zu haben man muumlsse bdquoliebevollldquo bdquooffen und herzlichldquo sein und bdquoKinder annehmen so wie sie sindldquo Konkrete Aufga-ben und paumldagogische Zielsetzungen werden selten benannt ebenso wenig wie fachliche Qualifikationen uumlber die eine Erzieherinein Erzieher verfuumlgen sollte

Insgesamt laumlsst sich also bei den Befragten eine hohe inhaltliche Identi-fikation mit dem Erzieherinnen-Beruf feststellen fuumlr dessen Ausuumlbung so-zialen Kompetenzen und persoumlnlichen Erfahrungen eine hohe Bedeutung beigemessen wird

322 Belastungen im Arbeitsalltag

Als zentrale Bedingungen die sowohl Qualitaumlt als auch Zufriedenheit mit der Arbeit beeinflussen werden von groszligen Teilen aller Befragten der Perso-nalschluumlssel und die Groumlszlige der Gruppen genannt Bei der Personalausstat-tung wird meist zwischen generellem Personalmangel z B durch Unter-besetzung und anderweitigen Personalausfaumlllen unterschieden die durch Krankheit Schwangerschaften Urlaub oder Fortbildungen entstehen Die dadurch erzeugten Probleme werden als starker Belastungsfaktor und als be-sonders negativ eingeschaumltzt Es gebe bdquoZeitdruck immer Stress im Nackenldquo so dass es bdquonur noch darum geht den Alltag aufrechtzuerhaltenldquo was in der Folge zum bdquoVerwalten der Kinder Verwalten des Tagesablaufsldquo fuumlhre Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte fasst die Auswirkungen so zusammen bdquoZu viele gleichzeitige Anforderungen und man hat das Gefuumlhl der Situation nicht mehr gerecht werden zu koumlnnenldquo

Als besonders belastend werden haumlufig vorkommende Beeintraumlchtigun-gen durch kurzfristige Personalausfaumllle angesehen Dies fuumlhrt zu Stress und Unzufriedenheit insbesondere wenn eigene Planungen davon betroffen werden Eine aktuelle Untersuchung zu Stressbelastungen und Burnout-Ri-siko bei Erzieherinnen in Kindertagesstaumltten zeigt als Auswirkungen dieser Belastungen dass ein hoher Anteil der befragten Erzieherinnen ein erhoumlhtes Stressniveau aufweist und fast ein Fuumlnftel als Hochrisiko-Gruppe fuumlr Burnout angesehen werden kann

bdquoAls zentrale Stressquelle konnte die mangelhafte Personalausstat-tung in vielen Einrichtungen identifiziert werden einhergehend mit zu groszligen Gruppen einem unzureichenden Betreuungsschluumlssel Zeitdruck und sbquoMulti-Taskinglsquoldquo (JungbauerEhlen 2015 418)

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Auch die STEGE-Studie die auf einer Repraumlsentativbefragung von Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen basiert bestaumltigt die hohe Bedeutung von Personalmangel (ViernickelVoss 2013 156) sowie von Zeitdruck als Belas-tungsfaktoren (ebd 64 ff) Die von Traumlgern wahrgenommenen Probleme im Hinblick auf den Krankenstand (vgl Abschnitt 313) finden hier Erklaumlrun-gen

Zu groszlige Gruppen werden insbesondere von juumlngeren Mitarbeiterinnen als Problem beschrieben sie fuumlhlen sich uumlberfordert und koumlnnen dann haumlufig den eigenen Anspruumlchen nicht gerecht werden Bei (zu) vollen Gruppen wird beispielsweise sehr viel Zeit und Energie fuumlr Alltagssituatio-nen benoumltigt z B beim Anziehen der Kinder oder Zaumlhneputzen nach den Mahlzeiten Dann kann der Eindruck entstehen bdquokeine Zeit (mehr) fuumlr die Kinder zu habenldquo was zur Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit fuumlhrt bdquodann wird man keinem Kind gerecht und das ist dann auch unerfuumlllend fuumlr einen selbstldquo Diese Aussagen sind vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten dass Erzieherinnen es nach den Ergebnissen der AQUA-Studie fuumlr die wichtigste Bedingung ihrer Arbeit halten bdquogenuumlgend Zeit fuumlr gute pauml-dagogische Arbeit zu habenldquo (vgl Schreyer et al 2014 49)

Auf die Frage nach einer Veraumlnderung von Arbeitsbelastungen im Zeit-verlauf geben je nach Befragtengruppe (ohne Berufseinsteigerinnen) zwei Drittel bis drei Viertel an dass diese im Zeitverlauf zugenommen haumltten bdquoEs muss immer mehr immer mehr immer schneller immer besser seinldquo Als Faktoren fuumlr den Belastungsanstieg werden zum einen konzeptionelle Aufga-ben wie die zeitintensive Bildungsbeobachtung und -dokumentation sowie die jaumlhrlichen Entwicklungsgespraumlche genannt zum zweiten Aspekte der Ar-beitsorganisation etwa zunehmende Schichtdienste ein unzureichender Er-zieher-Kind-Schluumlssel oder das bdquoStundenauffangenldquo bei Personalausfall sowie allgemein eine Zunahme an administrativen Aufgaben die Zeit in Anspruch nehmen die bei der Arbeit mit den Kindern fehlt Auch die Betreuung im-mer juumlngerer Kinder (U3) die viel mehr und veraumlnderte Anforderungen mit sich bringt wird genannt Von einigen wird vermutet dass sich neben einem realen Anstieg der Belastungen auch das Belastungsempfinden geaumlndert hat bdquoEs wurde mir dann einfach zu viel der Tag wurde dann auch immer laumln-ger hellip Daran habe ich gemerkt Ich brauch mal eine Auszeitldquo Auch die AQUA-Studie bestaumltigt dass die wachsenden Aufgaben dazu fuumlhren dass sich immer mehr Fachkraumlfte stark belastet fuumlhlen ndash bdquobis hin zum Risiko eines beruflichen Burnoutsldquo (Schreyer et al 2014 78)

Auch die aus Sicht der Befragten gestiegenen Anforderungen durch El-tern tragen zur Belastung bei Einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Anspruumlche von Seiten der Eltern und der Wunsch dass bdquodie Erzieherin alles regeltldquo uumlber die Jahre immer mehr zugenommen haben bdquosie fordern fordern fordernldquo Fruumlher waumlren die Kinder ermahnt worden lieb zu sein und sich nicht zu zanken aber heute heiszlige es bdquoSei der King und lass dir nichts gefallenldquo Eine andere Befragte fasst zusammen bdquoDie Eltern sehen nur noch ihr eigenes Kind und nicht mehr dass es auch noch andere Kinder in der Gruppe gibtldquo Als eine Ursache wird von einer Befragten angemerkt dass bdquoviele Eltern mit der Erziehung voumlllig uumlberfordert sind man muss sie an die Hand nehmen ihnen immer mehr Hilfestellung gebenldquo Langjaumlhrig Be-schaumlftigte haben Strategien zum Umgang mit Anforderungen durch Eltern entwickelt aber von den juumlngeren Beschaumlftigten werden die Anspruumlche der Eltern oft als starke Belastung wahrgenommen z T deshalb da sie sich durch (bislang) fehlende eigene Kinder in einer schwierigen Position gegen-uumlber Eltern sehen bdquoDas hat ein bisschen gedauert bis man sich so ausdruuml-cken konnte und sich ein bisschen Respekt verschaffen konnteldquo Beschaumlftigte in der Familienphase geben an dass sie durch eigene Kinder eine deutlich verbesserte Position gegenuumlber den Eltern bekommen haben Jedoch merkt eine Befragte aus dieser Gruppe auch an bdquoEltern koumlnnen die Arbeit sehr gut behindernldquo

Bei vielen Beschaumlftigten nehmen physische Beeintraumlchtigungen einen groszligen Raum ein Selbst bei den Berufseinsteigerinnen gibt uumlber die Haumllfte der Befragten berufsbedingte Gesundheitsprobleme an vor allem haumlufige In-fekte aber auch schon Ruumlckenprobleme Bei den anderen Befragtengruppen werden ebenso verschiedenste Belastungen angefuumlhrt die sich auf das physi-sche und psychische Wohlbefinden auswirken wie z B wenig ergonomische Moumlblierung Heben und Tragen von Kindern ein hoher Laumlrmpegel aber auch Konflikte oder Mobbing Die personelle Unterbesetzung spielt eine er-hebliche Rolle bdquoEs geht sehr an die Substanz wenn man alleine istldquo Und auch die Anforderung dass man die bdquoSicherheit gewaumlhrleistenldquo muss jedoch der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann wenn man allein in der Gruppe ist wirkt sich negativ auf die eigene Befindlichkeit aus

Als Auswirkungen werden unterschiedlichste teilweise multiple Erkran-kungen koumlrperlicher Art angefuumlhrt die von einigen Befragten auch auf eine Verquickung physischer und psychischer Problemlagen zuruumlckgefuumlhrt wer-den Partiell stehen jedoch auch psychische Auswirkungen von Belastungen im Vordergrund die von Befindlichkeitsstoumlrungen wie Schlafproblemen oder Erschoumlpfungszustaumlnden bis hin zu schweren Erkrankungen wie Depres-sionen und Burnout reichen bdquoIch bin dann auf der Arbeit umgekipptldquo Bei den Berufsaussteigerinnen fuumlhren fast die Haumllfte der Befragten psychische

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Probleme oder Erkrankungen an die teilweise zunaumlchst nicht beachtet bzw verdraumlngt wurden (bdquoDas war ein schleichender Prozessldquo) letztlich aber zum Ausstieg aus dem Beruf beigetragen haben oder sogar der zentrale Grund wa-ren Die Daten der AQUA-Studie bestaumltigen zudem dass Arbeitsstress zur Folge haben kann dass Fachkraumlfte uumlber einen Stellenwechsel nachdenken und eine geringere Bindung an Beruf und Traumlger aufweisen (vgl Schreyer et al 2014 79)

Den meisten Befragten scheint die Problematik bewusst zu sein und sie sind daran interessiert etwas fuumlr ihre Gesundheit zu tun Viele geben an mehr oder weniger regelmaumlszligig Sport zu treiben (Fitness-Studio Walken Gymnastik Radfahren Yoga etc) um ihre Probleme zu reduzieren bzw fit zu bleiben Daruumlber hinaus wird groszliger Wert auf Entspannung und Freizeit-beschaumlftigung bdquozum Abschaltenldquo gelegt Gezielte Angebote von Seiten ihrer Arbeitgeber zur Gesundheitsfoumlrderung und zum Umgang mit Stress gibt es jedoch nur fuumlr wenige Befragte das Engagement fuumlr die Gesundheit findet im Wesentlichen im Privatbereich statt

Insgesamt werden von den Befragten also vielfaumlltige und ansteigende Be-lastungen und Belastungssituationen wahrgenommen die sich neben ge-sellschaftlichen Veraumlnderungen und konzeptionellen Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung aus einer allgemein als unzureichend wahrgenomme-nen Personalausstattung ergeben Die Situation wird zusaumltzlich durch die Anforderung erschwert kurzfristige Schwankungen in der Personalsituation bewaumlltigen zu muumlssen Angesichts der wahrgenommenen Gesundheitsstouml-rungen erhaumllt eine praumlventive Gesundheitsfoumlrderung fuumlr die Beschaumlftigten eine wachsende Bedeutung die vor allem einen individuellen Umgang mit persoumlnlichen Belastungssituationen und damit eine verbesserte Selbstfuumlrsor-ge vermittelt

323 Die Arbeitszeit

Beim Blick auf die Arbeitszeiten zeigt sich dass die uumlberwiegende Zahl der Befragten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden ist Von den Teilzeitbeschaumlftig-ten wird als Vorteil eine gewisse Zeitflexibilitaumlt angefuumlhrt die auch die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie unterstuumltzt Bei den vollzeitbeschaumlftigten Berufsanfaumlngerinnen und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten geben allerdings einige Befragte an dass sie lieber weniger arbeiten wuumlrden (bdquoIch bin an der Grenze meiner Kraumlfteldquo) sich dies aber aus finanziellen Gruumlnden nicht leisten koumlnnen Und einige aumlltere Befragte wuumlrden den Beruf auch gern vor dem of-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

fiziellen Renteneintrittsalter aufgeben koumlnnen das aber ebenfalls aus finanzi-ellen Gruumlnden nicht umsetzen (bdquoWenn ich die Moumlglichkeit haumltte etwas an-deres zu machen dann wuumlrde ich es tunldquo) Bei den vollzeitbeschaumlftigten Er-zieherinnen gibt es teilweise Unzufriedenheit mit der Arbeitsorganisation wenn sie unliebsame Arbeiten oder Arbeitszeiten uumlbernehmen oder unvor-hergesehene bzw laumlngerfristige Personalausfaumllle auffangen muumlssen weil die Teilzeitbeschaumlftigten dies nicht leisten koumlnnen oder wollen

Bei der Lage der Arbeitszeiten laumlsst sich mehrheitlich eine groszlige Zufrie-denheit feststellen denn die Absprachen zur Arbeitszeitgestaltung in den Einrichtungen funktionieren uumlberwiegend gut Beschaumlftigte die ein Arbeits-zeitkonto nutzen koumlnnen sind besonders zufrieden Allerdings ist dieses we-nig verbreitet Werden die Erwartungen hinsichtlich der Lage der Arbeitszei-ten durch die Gestaltung des Dienstplans jedoch nicht erfuumlllt und wird damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestoumlrt wird das als sehr belas-tend empfunden Eine Berufsaussteigerin gibt an dass sie den Beruf aus Gruumlnden fehlender Teilzeitmodelle aufgegeben hat und weitere vier Befragte in dieser Gruppe sagen dass die Vereinbarkeit selten klappte Schwierigkei-ten bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gehoumlren somit zu den Faktoren die zu einem Berufsausstieg beitragen

324 Das Team als zentrale Ressource

Mit Blick auf das Wohlfuumlhlen am Arbeitsplatz laumlsst sich festhalten dass sich ein groszliger Teil der Befragten bdquoimmerldquo oder bdquomeistensldquo wohlfuumlhlt ein Be-fund den auch die AQUA-Studie bestaumltigt (vgl Schreyer et al 2014 125 ff) Auch die STEGE-Studie kommt zu dem Ergebnis dass die Zusammenarbeit in den Teams im Allgemeinen sehr gut laumluft (vgl ViernickelVoss 2913 74) In den Befragungen im KONTI-Projekt gibt sogar bei den Berufsaussteigerinnen mehr als die Haumllfte an sich meistens am Arbeitsplatz wohlgefuumlhlt zu haben Als positive Faktoren werden von ihnen wie auch von den anderen Befragten neben dem bdquoSpaszlig am Berufldquo sehr haumlufig ein gutes Betriebsklima sowie die gute Zusammenarbeit im Team und mit der Leitung genannt Es laumlsst sich vermuten dass diese Faktoren miteinander korrelieren wobei sich jedoch kein klarer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang festlegen laumlsst

In der AQUA-Studie wurde festgestellt dass fast alle teilnehmenden Fachkraumlfte ein gutes Teamklima als absolut wichtig oder zumindest sehr wichtig einschaumltzen (vgl ebd 97) Auch dieses ist ein Befund der in der KONTI-Befragung bestaumltigt wird Aussagen wie bdquoDas Team ist halt super-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

wichtig und ausschlaggebend fuumlr die Arbeitldquo oder bdquoEine gute Leiterin ein gu-tes Team das ist wichtigldquo sind typische Antworten Ein gutes Betriebsklima wird als Quelle persoumlnlicher Bestaumltigung und Anerkennung gesehen und bdquohat einen positiven Einfluss auf die Psycheldquo Teilweise wird der Arbeitsplatz als zweites Zuhause bezeichnet bdquoNach 38 Jahren bin ich hier zu Hause mei-ne Gruppe ist mein Wohnzimmer der Schlafraum ist mein Schlafzimmer nur die Moumlbel sind etwas kleinldquo Als Defizit wird jedoch von einer Berufsaus-steigerin angefuumlhrt dass Problemloumlsungen haumlufig nur dann funktionieren wenn Menschen sich gut verstehen das sei aber zu wichtig um es dem Zufall zu uumlberlassen es muumlssten strukturelle Loumlsungen fuumlr eine gute Kooperation gefunden werden

Da dem Team hohe Bedeutung zugesprochen wird werden Probleme unter den Kolleginnen in besonderem Maszlige als negativ und belastend ein-geschaumltzt Zu Konflikten tragen fehlende oder schlechte Absprachen bzw allgemein Unstimmigkeiten oder Streit bei (bdquoWenn die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen nicht funktioniert die Kolleginnen nicht sbquoHand in Hand arbeitenlsquo und Absprachen missachten belastet das sehrldquo) aber es werden auch Mobbingsituationen benannt Fuumlr eine Berufsaussteigerin stellt Mob-bing durch die Kolleginnen das in einen Burnout muumlndete den zentralen Ausstiegsgrund dar Herausforderungen fuumlr die Teamsituation ergeben sich auch durch Veraumlnderungen wie z B die Einfuumlhrung der offenen Arbeit Umstrukturierungen durch den U3-Ausbau eine neue Kollegin oder den Ausfall eines oder gar mehrerer Teammitglieder durch Krankheit oder Ur-laub Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte betont wenn bereits morgens Spannungen entstehen fuumlhle sie sich nicht mehr wohl da sie dann bdquozwischen den Stuumlhlen sitztldquo Aber es gibt auch die Einschaumltzung dass Auseinandersetzungen zur Klaumlrung von Positionen sein mussten und bdquodanach warrsquos wieder in Ord-nungldquo

Auch Generationenkonflikte werden angesprochen Langjaumlhrig Beschaumlf-tigte berichten dass eine Uumlberforderung juumlngerer Kolleginnen ndash eine Erfah-rung die von dieser Befragtengruppe durchaus ebenso thematisiert wird ndash zu Unruhe in den Ablaumlufen und zu Spannungen fuumlhren kann bdquoIn aumllteren Jah-ren hat man eher den Uumlberblick und die Umsicht uumlber das Geschehen was den juumlngeren Kolleginnen haumlufig noch fehltldquo Jedoch fuumlhlen sich aumlltere Be-schaumlftigte von den Juumlngeren auf Grund ihres Alters teilweise nicht anerkannt und beklagen Stoumlrungen in der Kita die durch eine aus ihrer Sicht schlechte Ausbildungsqualitaumlt verursacht seien Auch von Seiten der juumlngeren Befrag-ten werden Konflikte mit aumllteren Kolleginnen und daraus resultierende Pro-bleme im Team angefuumlhrt So berichten Einsteigerinnen dass sie sich von

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

aumllteren Kolleginnen bdquoausgebremstldquo oder bdquonicht ernst genommenldquo fuumlhlen oder dass sie eine Offenheit fuumlr Veraumlnderung und neue Ideen vermissen

Aber es wird z T auch betont dass die Mischung von juumlngeren und aumll-teren Mitarbeiterinnen durchaus sinnvoll sein kann da es zu einer Ver-knuumlpfung unterschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen kommt die die Qualitaumlt der Arbeit steigert und dass aumlltere Kolleginnen in der Berufsein-stiegsphase als Ratgeberinnen fungieren koumlnnen Einige juumlngere Befragte berichten von Unterstuumltzung durch aumlltere Kolleginnen die ihnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen wichtig ist Und einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass es ihnen gut tut bestimmte Taumltigkeiten (z B Bewegungserzie-hung) an die juumlngeren Kolleginnen abgeben zu koumlnnen Auch seien diese durch ihre Ausbildung besser auf neue Taumltigkeiten beispielsweise das Erstel-len von Bildungsdokumentationen vorbereitet Haumlufiger allerdings werden Konflikte erwaumlhnt

Unter dem Aspekt einer Personalbindung stellt somit ndash insgesamt be-trachtet ndash eine gute Zusammenarbeit im Team fuumlr die Beschaumlftigten eine wichtige Ressource dar Aufgrund der wachsenden Heterogenitaumlt in den Teams wird die Aufgabe der Leitung fuumlr eine gute Arbeitsatmosphaumlre zu sor-gen jedoch zunehmend komplexer Die Vielfalt bietet zunaumlchst fuumlr den Arbeitsalltag und insbesondere auch fuumlr die Arbeit mit den Kindern viele Vorteile die auch wahrgenommen werden Daneben wird es aber schwieri-ger und erfordert nicht nur ein Empathievermoumlgen der Leitung sondern auch spezifische Kompetenzen um stets fuumlr einen gerechten Interessenaus-gleich in der Einrichtung sorgen zu koumlnnen

325 Aufgaben und Aufstiegsmoumlglichkeiten

Mit Blick auf das Erleben des eigenen Arbeitsalltags wird es von allen Be-fragtengruppen als positiv empfunden wenn individuelle Interessen sowie eigene Faumlhigkeiten eingebracht werden koumlnnen Es werden sehr unterschied-liche Situationen bzw Bereiche genannt in denen je nach eigener Inte-ressenlage und Faumlhigkeiten Aufgaben gut erledigt werden koumlnnen Einige gehen gern mit den Kindern nach drauszligen andere finden die Betreuung ih-res Funktionsbereichs in der offenen Arbeit interessant eine weitere nennt die Kinderkonferenz eine bdquopositive Herausforderungldquo der sie sich gern stellt eine sportliche Mitarbeiterin freut sich Spaszlig an Bewegung vermitteln zu koumlnnen und eine Berufseinsteigerin bringt gern ihre Medienkompetenz ins Team ein

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Die Vielfalt der Beispiele zeigt einerseits dass es individuell sehr unter-schiedlich ist welche Aktivitaumlten die Befragten als besonders befriedigend ansehen Zum anderen wird deutlich dass es den Einzelnen sehr wichtig ist sich mit ihren spezifischen Kompetenzen an der bdquorichtigen Stelleldquo einbrin-gen zu koumlnnen Als Aufgabenfelder mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeigen sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit Eltern oder der Umgang mit bdquoschwierigen Kindernldquo was von einigen als groszlige Belastung empfun - den wird waumlhrend es bei anderen zur Befriedigung beitraumlgt diese Aufgaben gut bewaumlltigt zu haben Hier wird einerseits deutlich dass bestimmte Auf-gaben individuell unterschiedlich bewertet werden andererseits zeigt sich dass die Erfahrung Herausforderungen zu meistern zur Zufriedenheit bei-traumlgt Insgesamt betrachtet traumlgt damit die Moumlglichkeit die eigenen Kom-petenzen einbringen zu koumlnnen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Be-fragten bei

Bei der Zufriedenheit mit der Entlohnung gibt es graduelle Unterschie-de insgesamt aber mit der Tendenz zur Unzufriedenheit die bei langjaumlhrig Beschaumlftigten am groumlszligten ausfaumlllt Hier sind viele der Meinung dass das Ge-halt nicht der hohen Verantwortung Beanspruchung und dem Bildungsauf-trag entspricht Von einigen wird der Gehaltsunterschied im Vergleich zu Lehrkraumlften kritisiert Bei den anderen Befragtengruppen fuumlhlt sich jeweils die Haumllfte nicht angemessen entlohnt einige sind sich unsicher ob sie die Be-zahlung als angemessen empfinden

Hinsichtlich potenzieller Aufstiegsmoumlglichkeiten im Erzieherinnen-Be-ruf gibt es differenzierte Antworten Zwei Drittel der Berufseinsteigerinnen und Befragten in der Familienphase sehen Aufstiegsmoumlglichkeiten dagegen nur ein Viertel der langjaumlhrig Beschaumlftigten bei denen jeweils knapp die Haumllfte angibt entweder keine Moumlglichkeiten oder kein Interesse (mehr) zu haben Bei den anderen Befragtengruppen sind nur einzelne Personen nicht an einem Aufstieg interessiert Bei den Aussteigerinnen wird von der Haumllfte der Befragten angefuumlhrt dass mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten ndash neben der Entlohnung ndash mit dazu beigetragen haben den Beruf aufzugeben Dieser Befund wird in der AQUA-Studie gestuumltzt wenn festgestellt wird dass Be-zahlung und Entwicklungsmoumlglichkeiten mit zu den Bereichen gehoumlren mit denen Fachkraumlfte eher unzufrieden sind (vgl Schreyer et al 2014 132)

Als Aufstiegsmoumlglichkeiten werden Gruppen- bzw Teamleitung (stell-vertretende) Leitungsfunktionen sowie die Kombination von Leitungsauf-gaben mit einer Referententaumltigkeit oder der Uumlbernahme spezieller Fachauf-gaben genannt Es faumlllt auf dass auch Personen die kein Interesse an einem Aufstieg haben den Wunsch nach Spezialisierungen oder einem fachuumlber-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

greifenden Einsatz aumluszligern Hinsichtlich der Taumltigkeitsoptionen fuumlr aumlltere Er-zieherinnen gibt es die Aufforderung an die Traumlger dass sie sich bdquowenn man es ernst meint mit der Mitarbeiterpflege und der Verantwortungldquo Gedanken daruumlber machen muumlssen welche Optionen sie den Mitarbeiterinnen anbie-ten koumlnnen

Bei der Frage nach Fortbildungsmoumlglichkeiten ergibt sich ein differen-ziertes Bild das zwischen den Befragtengruppen variiert Als Hindernisse fuumlr die Verwirklichung von Fortbildungswuumlnschen werden mehrfach zu hohe Kosten genannt aber auch die Tatsache dass Arbeitgeber nur interne Fortbildungen zulassen oder Fortbildungen (zu) schnell ausgebucht sind Teilweise wird auch angefuumlhrt dass eine angespannte Personalsituation die Teilnahme an Fortbildungen unmoumlglich macht Von Seiten der Berufsaus-steigerinnen werden bessere Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmoumlglich-keiten als Voraussetzung fuumlr Entwicklungsperspektiven angesprochen Zu-saumltzlich wird angemahnt dass dann auch Konsequenzen gezogen werden muumlssen (bdquoIst ja schoumln dass Sie die Fortbildung besucht haben aber wir ma-chen weiter wie gewohntldquo) Ein weiterer Wunsch bezieht sich darauf dass bdquoder Beruf aus dem Sackgassenberuf herauskommt dass es noch andere Pers-pektiven gibtldquo auch jenseits der Leitungsposition denn das sei nicht fuumlr jede geeignet und wuumlnschenswert

Die Beschaumlftigten aumluszligern ein hohes Interesse an beruflichen Entwick-lungsmoumlglichkeiten ndash nicht nur an einem hierarchischen Aufstieg sondern vor allem auch an fachlichen Perspektiven Unzufriedenheit mit der aktuel-len Entlohnung spielt in diesem Kontext vielfach eine Rolle jedoch wird der Wunsch nach Aufstiegsmoumlglichkeiten nicht auf finanzielle Verbesserungen reduziert

326 Der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Beruf zeigt sich bei den Gruppen (ohne Aussteigerinnen) dass der groumlszligte Teil der Befragten bdquovoumllligldquo oder bdquoweitgehend zufriedenldquo ist Bei den Aussteigerinnen stellt sich das erwartungsgemaumlszlig anders dar denn hier gibt nur knapp die Haumllfte der Be-fragten an dass sie voumlllig bzw weitgehend zufrieden waren Dabei bezieht sich Unzufriedenheit meistens auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit (Dienstplan Arbeitsvertrag Aufstiegsmoumlglichkeiten etc)

Trotz der grundsaumltzlich hohen Identifikation mit dem Beruf sind nur we-nige der juumlngeren Befragten und derjenigen in der Familienphase der Mei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

nung dass sie ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben werden Als Fak-toren die zu einem vorzeitigen Ausstieg bzw Taumltigkeitswechsel beitragen koumlnnten wird vor allem Skepsis bezuumlglich der koumlrperlichen Fitness bei stei-gendem Alter angesprochen Bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten sieht die Ein-schaumltzung anders aus (vielleicht weil diejenigen die fruumlher aus dem Beruf aussteigen wollten nicht mehr bis in diese Phase gekommen sind vielleicht auch weil nicht alle eine moumlglicherweise fruumlher geaumluszligerte Ausstiegsoption realisiert haben) Mit Ausnahme einer Befragten geben alle langjaumlhrig Be-schaumlftigten an ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben zu wollen bzw zu muumlssen wenn die koumlrperliche Verfassung es zulaumlsst Vier Befragte begruumlnden dies damit dass sie auf das Gehalt angewiesen seien eine verweist darauf dass mehr Angebote fuumlr Teilzeit eine laumlngere Arbeitsdauer ermoumlglichen wuumlr-den Als Argumente fuumlr den langjaumlhrigen Verbleib im Beruf werden von den meisten vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern genannt und von ei-nigen das gute Betriebsklima und die Vertrautheit mit der Einrichtung

Eine aktuelle Untersuchung zu Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastun gen und ihren Folgen fuumlr Erzieherinnen zeigt dass der Wunsch nach vorzeiti-gem Ruhestand bei dieser Gruppe houmlher ist als bei anderen Berufen (Abbil-dung 1) Bei uumlber der Haumllfte der befragten Erzieherinnen wird als Haupt-grund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand angefuumlhrt dass die Ar-beit sehr anstrengend ist (Abbildung 2) Es faumlllt im Vergleich mit anderen Berufen auf dass dieser Grund dort eher nachrangig ist und von weniger als einem Viertel der Befragten angefuumlhrt wird

Die Frage ob sie sich einen Wechsel des Taumltigkeitsfeldes vorstellen koumlnn-ten bejahen 18 von 20 der Befragten in der Familienphase bei den Berufsein-steigerinnen sind es ca zwei Drittel und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten ca ein Drittel Dabei werden sowohl Taumltigkeiten innerhalb als auch auszliger-halb von Kitas genannt Zu Letzterem gehoumlren paumldagogische Taumltigkeiten mit aumllteren Kindern und Jugendlichen in Hort Heim oder Schulen aber auch Kombinationsloumlsungen in denen die Arbeit in einer Kita-Gruppe mit Taumltig-keiten im Jugendamt in Fachberatung Familienhilfe oder Fruumlhfoumlrderung verbunden wird Einige Befragte koumlnnen sich auch Taumltigkeiten auszligerhalb pauml-dagogischer Arbeitsfelder vorstellen

Bei den Berufsaussteigerinnen faumlllt auf dass weniger als die Haumllfte der Befragten weiterhin paumldagogische Taumltigkeiten wie z B in der Behinderten- oder Altenarbeit als Spielgruppenleitung oder Lehrerin in der Erzieher innen-Ausbildung ausuumlben Als nicht-paumldagogische Taumltigkeiten nach dem Berufsausstieg werden sehr unterschiedliche Felder angefuumlhrt wissenschaft-liche Mitarbeiterin an einer Universitaumlt Verwaltungsfachangestellte Bank-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

kauffrau Tischler Verkaumluferin oder Politesse Insgesamt hat mehr als die Haumllfte der Befragten die beim Berufsausstieg gewuumlnschte berufliche und per-soumlnliche Weiterentwicklung durch ein Studium bzw durch eine Ausbildung unterstuumltzt waumlhrend die anderen Befragten eher geringfuumlgige Weiterquali-fizierungen wahrgenommen haben In der Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur fuumlr Arbeit (BA) heiszligt es dass es im Jahresdurchschnitt 13000 Arbeitslose gibt die (wieder) in der Kinderbetreuung und -erziehung arbeiten moumlchten (vgl BA 2014 16) es jedoch bdquoim Schnitt der letzten zwoumllf Monate 8600 arbeitslose Personen [gab] die zwar uumlber eine entsprechende

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten

Erzieherinnen 77 22 1andere Berufe 65 28 7

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Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter Quelle nach HallLeppelmeier 2015 25

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

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Ausbildung als Erzieherin (4200) oder Kinderpflegerin (3500) verfuumlgtenldquo (ebd) aber eine andere berufliche Taumltigkeit anstrebten

Fuumlr den Berufsausstieg ist in allen Faumlllen nicht ein einzelner Grund sondern ein ganzes Buumlndel von Faktoren ursaumlchlich Ein Motivbuumlndel ist das Ziel der persoumlnlichen undoder beruflichen Weiterentwicklung das von mehr als der Haumllfte der Befragten genannt wird Zusaumltzlich fuumlhren fast alle mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten und schlechte Entlohnung als weitere

Abbildung 2

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter von 100 abweichende Summe der Prozentwerte ist rundungsbedingt Quelle nach HallLeppelmeier 2015 26

aus sonstigen Gruumlnden um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus gesundheitlichen Gruumlnden weil die Arbeit sehr anstrengend ist

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

weil die Arbeit sehr anstrengend ist

aus gesundheitlichen Gruumlnden

um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus sonstigen Gruumlnden

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Gruumlnde an Gleichzeitig werden aber auch von fast der Haumllfte der Befragten gesundheitliche Gruumlnde Stress oder Uumlberforderung angesprochen Bei eini-gen sind Erkrankungen sogar der zentrale Ausstiegsgrund In der Arbeits-marktberichterstattung heiszligt es dass die Gruumlnde fuumlr die Suche nach einer alternativen Taumltigkeit vielschichtig sind dass jedoch gesundheitliche Aspek -te oder veraumlnderte Interessen oft dazu gehoumlren (vgl ebd 16)

Einige Aussteigerinnen weisen dezidiert darauf hin dass sie keinen Ruumlck halt bei ihrem Traumlger bzw kein Entgegenkommen gegenuumlber ihren Wuumlnschen erlebt haben was zumindest teilweise mit zu ihrer Entscheidung beigetragen hat Und mehr als zwei Drittel geben an dass sie den Ausstieg aus dem Beruf nicht bedauert haben

Insgesamt steht bei den befragten Berufsaussteigerinnen der grundsaumltz-lich hohen Identifikation mit dem Beruf zum einen ein hohes Interesse an Veraumlnderungen des Taumltigkeitsfeldes gegenuumlber zum anderen eine weit ver-breitete Skepsis daruumlber ob sich der Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben laumlsst Wenn tatsaumlchlich ein Berufsausstieg erfolgt liegen dieser Entscheidung in der Regel mehrere Motive zugrunde

33 Die Perspektive der Kita-Leitungen

Die Aufgabenbereiche der Leitung einer Kindertagesstaumltte sind umfangreich und mit unterschiedlichsten Anforderungen verbunden Dies ist auf ihre Position an der Schnittstelle zwischen Traumlger Mitarbeiterinnen Kindern Eltern und dem Sozialraum zuruumlckzufuumlhren womit teilweise mehrfache Rollenwechsel im Laufe eines Arbeitstages verbunden sein koumlnnen Weil die verschiedenen Personen(gruppen) heterogene Wuumlnsche und Bedarfe ha-ben existieren Gegensaumltze und Spannungsfelder denen sich Leitungen stel-len muumlssen

Vor dem Hintergrund dieser Schnittstellenposition von Kita-Leitungen ist deren Perspektive von wesentlicher Bedeutung fuumlr die Personalfuumlhrung in und fuumlr Kindertageseinrichtungen Im Zeitraum von Januar bis Maumlrz 2015 wurden deshalb 15 Interviews mit Leitungskraumlften kommunaler frei-gemein-nuumltziger und privater Traumlger in den beteiligten Bundeslaumlndern gefuumlhrt Das Ziel der Interviewreihe bestand darin die Funktion der Leitung an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiterinnen und Traumlger naumlher zu beleuchten (vgl dazu auch Koumlhling 2015) Zum Zeitpunkt der Befragung war gut die Haumllfte der Interviewpartnerinnen uumlber 50 und drei Leitungen waren etwa 30 Jahre alt das Alter der anderen Personen befand sich zwischen diesen bei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

den Altersgruppen Fuumlr ihre Leitungstaumltigkeit waren neun Befragte vollstaumln-dig die anderen teilweise freigestellt eine Befragte verfuumlgte uumlber keine Frei-stellung

Um die Interviewaussagen der befragten Leiterinnen besser einordnen zu koumlnnen werden zunaumlchst die Aufgabenbereiche einer Kita-Leitung an-hand eines Schaubildes im Uumlberblick vorgestellt (Abbildung 3) Das Schau-bild verdeutlicht die Aufgabenbereiche einer Leitung mit dem Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrag auf der einen und der Betriebsfuumlhrung auf der anderen Seite sowie den damit jeweils verbundenen Handlungsan-forderungen

Im Folgenden werden Aussagen und Einschaumltzungen aufgezeigt die der Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Team zu-gerechnet werden koumlnnen (Abschnitt 331) Daran anschlieszligend steht die Betriebsfuumlhrung als Teilbereich der vielfaumlltigen Aufgaben im Mittelpunkt (Abschnitt 332) waumlhrend Aufgaben die der direkten paumldagogischen Arbeit zuzurechnen sind nur begleitend thematisiert werden da sie nicht im Fo - kus des KONTI-Projektes standen Im Weiteren werden dann Kompetenz - an for de rungen an Leitungen (Abschnitt 333) sowie die Themenbereiche Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungsmoumlglichkeiten als Voraussetzungen bzw Bedingungen fuumlr gute Arbeit in den Blick genommen (Abschnitt 334) Abschlieszligend wird der Aufgabenbereich der Zusammenar-beit mit dem Traumlger als wichtige Rahmenbedingung fuumlr effektives Arbeiten vorgestellt (Abschnitt 335)

331 Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit

Die befragten Leitungen berichten von einer groszligen Vielfalt in ihren Teams ndash z B durch unterschiedliche Altersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Kompetenzen Ausbildungen und Nationalitaumlten ndash die durchgaumlngig positiv betrachtet wird Aus dieser Heterogenitaumlt ergeben sich nach Meinung der Interviewpartnerinnen besonders fuumlr die Arbeit mit Kindern Vorteile weil diese bdquofuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen be-noumltigenldquo Im Allgemeinen haben die befragten Leitungen auch Einwirkungs-moumlglichkeiten auf die Zusammensetzung des Teams da sie in der Regel an der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen beteiligt sind Grundsaumltzlich ist zwar der Traumlger zustaumlndig der z T auch die Vorauswahl trifft im Prinzip erfolgt jedoch bei den meisten Traumlgern eine enge Zusammenarbeit mit den Leitun-gen So koumlnnen die Leitungen Wuumlnsche aumluszligern sind bei Vorstellungsgesprauml-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen anwesend oder duumlrfen sich nach der Vorauswahl durch den Traumlger dieden neuen Mitarbeiterin aussuchen (zur Zusammenarbeit mit dem Traumlger vgl auch Abschnitt 335)

Mehrheitlich sehen sich die Leitungen in der Rolle eines Motors fuumlr das Funktionieren und die Weiterentwicklung der paumldagogischen Arbeit in der Einrichtung und fuumlr eine gute Zusammenarbeit im und mit dem Team Dazu gehoumlre auch dass die Leistungen der Mitarbeiterinnen durch Aner-kennung unterstuumltzt werden bdquoEine Leitung muss auch wertschaumltzen und loben koumlnnen und erkennen wo gute Arbeit geleistet wirdldquo Zudem wirken sich nach Wahrnehmung der Leitungen ein positives Arbeitsklima und ein guter Teamzusammenhalt positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitar-beiterinnen aus Als zentrale Leitungsaufgabe wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch gesehen Einige Leitungen betonen auch dass transparente Strukturen und Zustaumlndigkeiten das Wohlfuumlhlen im Team und die Fairness untereinander befoumlrdern Als bedeutsam wird zudem die Vor-bildfunktion der Leitungen angesehen die die Motivation der Mitarbeiterinnen durch eigenen fachlichen Input Initiativen neue Ideen aber auch durch die Bereitstellung von Raum zum Experimentieren unterstuumltzen kann Von einzelnen nicht vollstaumlndig freigestellten Leitungen wird die Mitarbeit in den Gruppen als wichtiger Praxisbezug bewertet um die Belange der Mit-arbeiterinnen verstehen zu koumlnnen Einzelne Befragte erwaumlhnen zudem dass der Einsatz neuer Methoden oder Instrumente fuumlr einige Mitarbeiterin-nen nachvollziehbarer wird bzw sie sich erst dann darauf einlassen wenn die Leitung eigene Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit vorweisen kann bdquoAlles was nicht bewiesen wird ist erst einmal Theorie auf die sie sich nicht ein-lassen Beweise erhoumlhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung garantieren diese jedoch nichtldquo

Mit Konflikten zwischen den Beschaumlftigten wird in einigen Einrichtun-gen offensiv umgegangen indem eine Konfliktloumlsungskultur gelebt wird die den Rahmen fuumlr die Umsetzung geeigneter Loumlsungen vorgibt und Mediati-onsverfahren einschlieszligt Ein Teil der Befragten erwartet von den Mitarbei-terinnen zunaumlchst einen offensiven verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem Problem und eine zeitnahe Problemloumlsung Einige wenige sehen hingegen Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinanderset-zung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) Als Misserfolg fuumlr die Leitungstaumltigkeit wird z B angesehen wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden die ge-meinsam getroffen wurden (bdquoDas sind Misserfolge da gelingt es mir nichtldquo)

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Vereinzelt wird auch von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team berichtet die nach Einschaumltzung der Befragten vor allem dadurch aus-geloumlst werden dass die Leitungen versuchen Veraumlnderungen einzuleiten Mitarbeiterinnen jedoch Sorge vor zusaumltzlichen Belastungen haben bdquoEs fehlt das Gefuumlhl wir machenrsquos gemeinsam Ich habe immer das Gefuumlhl ich muumlsste einen Waggon anschieben Dann laumluft er wieder ein bisschen und dann steht er wieder und dann muss ich ihn wieder anschieben Und da habe ich keine Lust mehr zu ich lass ihn stehenldquo Eine Unterstuumltzung durch den Traumlger erfolgt in solchen Faumlllen oft nicht Insgesamt sehen sich die Leitun -gen als verantwortlich fuumlr das Funktionieren der Einrichtung und die Team-Zusammenarbeit Dieses Ziel koumlnnen sie verwirklichen wenn das Team mit-wirkt und auftretende Konflikte in angemessener Form bearbeitet werden

Im Hinblick auf die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen ndash was z T ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungen gehoumlrt ndash werden verschie-dene individuelle und traumlgerspezifische Entwicklungskonzepte erwaumlhnt In einigen Einrichtungen wird dazu dem Motto gefolgt Mitarbeiterinnen zu foumlrdern und zu fordern Dazu werden z B jaumlhrliche Zielvereinbarungs- oder Mitarbeitergespraumlche oder zu Jahresbeginn individuelle bdquoStartgespraumlcheldquo ein-gesetzt Eine Einrichtung fuumlhrt fuumlr alle neuen Mitarbeiterinnen einen drei-taumlgigen Einarbeitungs-Workshop zur traumlgerspezifischen fachlichen konzep-tionellen und betrieblichen Einweisung durch

Alle Leitungen berichten in den Interviews von ausreichenden Fort-bildungsmoumlglichkeiten wobei es teils traumlgerinterne Schulungsangebote gibt wie beispielsweise regelmaumlszligig stattfindende Qualitaumltszirkel oder -werkstaumlt-ten aber es wird teilweise auch auf externe Angebote zuruumlckgegriffen wie beispielsweise bei Teamqualifikationen mit externen Referentinnen Eine Leitung verweist darauf dass zunehmend Fortbildungsangebote in groumlszligeren Staumldten auf Interesse stoszligen da sich diese von den uumlblichen Themen abhe-ben und neue Anforderungen an Kitas staumlrker beruumlcksichtigen wuumlrden Die Traumlger beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an den Fortbildungskos-ten vereinzelt werden die Kosten ganz uumlbernommen teilweise muumlssen Fort-bildungen jedoch auch durch die Mitarbeiterinnen allein finanziert werden

332 Organisation betrieblicher Ablaumlufe

Die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe beinhaltet verschiedene Aufga-benbereiche mit unterschiedlichen Methoden und Instrumenten In den In-terviews werden insbesondere die Bereiche Dienstplangestaltung sowie Per-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sonaleinsatz thematisiert In seiner Gesamtheit wird das Aufgabenfeld der Betriebsfuumlhrung von den Leitungen haumlufig nicht als ein wichtiges Steue-rungsinstrument erachtet obwohl sie partiell durchaus professionelle Ma-nagementinstrumente wie Zielvereinbarungen oder Checklisten einsetzen Insbesondere Leitungskraumlfte ohne (umfangreiche) Freistellung vom Grup-pendienst und ohne Unterstuumltzung durch eine Stellvertretung sehen die Betriebsfuumlhrung teilweise als eine laumlstige und unliebsame Zusatzaufgabe die viel Zeit und Energie neben der paumldagogischen Taumltigkeit in der Gruppe er-fordert Nach Angabe einiger Befragter erfolgt die Erledigung dieser Auf-gaben vereinzelt auszligerhalb der Dienstzeit da eine ungestoumlrte konzentrierte Arbeit waumlhrend der Kita-Oumlffnungszeiten z T nicht gewaumlhrleistet werden kann In den meisten Einrichtungen gibt es jedoch Vertretungen fuumlr die Leitungs kraumlfte zum einen stellvertretende Leitungen teilweise mit und teil-weise ohne anteilige Freistellung fuumlr ihre betrieblichen Aufgaben zum an-deren Abwesenheitsvertretungen die nicht uumlber Freistellungen verfuumlgen In der Regel berichten die Leitungskraumlfte dort wo die Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Leitung gut verlaumluft uumlber eine wichtige und unterstuumltzende Entlastung

Insgesamt ist die Fuumllle der Arbeitsanforderungen aus Sicht der Leiterin-nen stark angestiegen was nach ihrer Einschaumltzung zu einer teilweise erheb-lichen Beeintraumlchtigung der Qualitaumlt ihrer Taumltigkeit fuumlhrt Ein Groszligteil der Befragten gibt an dass der Aufwand fuumlr die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe extrem gestiegen sei und sich negativ auf Teamfuumlhrung Anleitung Beratung sowie die paumldagogisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der An-gebote auswirke Wenn zu wenig Zeit zur guten Vorbereitung inhaltlicher Aspekte und Fuumlhrungsaufgaben besteht entsteht Unzufriedenheit Schwie-rigkeiten und Probleme dieser Art werden insbesondere von Leitungen ge-schildert die keine oder nur eine geringe Freistellung haben

Die Erstellung von Dienstplaumlnen ist meistens Aufgabe der Leitung oder Stellvertretung Die Traumlger behalten sich nur in Einzelfaumlllen die Genehmi-gung vor nehmen durch das Setzen der Rahmenbedingungen aber eine wichtige Rolle ein So halten einige Traumlger Springer vor oder bieten bezahlte Stundenaufstockungen fuumlr Teilzeitkraumlfte an um Personalausfaumllle auszuglei-chen In knapp der Haumllfte der Einrichtungen gibt es zudem unterschiedliche Formen von Notfallplaumlnen die den Umgang mit Personalengpaumlssen definie-ren In allen Einrichtungen muss bei der Erstellung der Dienstplaumlne ein mehr oder weniger hoher Anteil an Teilzeitbeschaumlftigten beruumlcksichtigt werden was von einigen als Herausforderung im Hinblick auf Kommunikation und Information von anderen aber auch als Vorteil fuumlr den Gesamtbetrieb gese-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

hen wird Zu Vorteilen werden beispielsweise mehr Flexibilitaumlt bei Perso-nalengpaumlssen durch Aufstockungsmoumlglichkeiten oder eine houmlhere Vielfalt im Angebot durch mehr Personen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ge-zaumlhlt

Die Personaleinsatzplanung ist unterschiedlich geregelt wobei die Orga-nisationsform der Gruppenoumlffnung groszlige Bedeutung fuumlr die Verteilung der Aufgaben aufweist Bei offener und teiloffener Arbeit erfolgt uumlberwiegend eine interessen- und kompetenzorientierte Personaleinsatzplanung Zum Teil werden dabei feste Zeitraumlume (z B ein bis zwei Jahre) fuumlr die Zustaumlndig-keit von Aufgaben oder Bildungsraumlumen durch die Leitung vorgegeben oder es werden im Rahmen von Aufgaben- oder Projektorientierung kurzfristige Wechsel durch verbindliche Absprachen ermoumlglicht in anderen Faumlllen wird die Aufgabenverteilung an besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen orientiert und dauerhaft angelegt Zusaumltzlich zu den paumldagogischen Schwer-punkten werden in einzelnen Einrichtungen auch Aufgaben der Betriebsfuumlh-rung (z B Dienstplangestaltung und Finanzbuchhaltung) an entsprechend interessierte und kompetente Mitarbeiterinnen delegiert Fuumlr die Bearbei-tung wird uumlberwiegend ein Zeitkontingent zur Verfuumlgung gestellt und im Dienstplan beruumlcksichtigt Dazu eine Leitung bdquoIm Groszligteil bin ich erst ein-mal fuumlrs Management zustaumlndig Ich bin nicht dafuumlr zustaumlndig alle Auf-gaben im Kindergarten alleine zu loumlsen in meiner Personldquo

333 Kompetenzanforderungen an Leitungen

Das Leiten einer Kindertageseinrichtung ist eng mit der Persoumlnlichkeit der Leitungskraft und ihrem Auftreten verbunden Ihr Verstaumlndnis von Aufga-benspektrum Fuumlhrungsstil und Haltung wirken sich auf die Arbeitsat-mosphaumlre in der Kita aus auf den Umgang der Teammitglieder untereinan-der das Verhaumlltnis zu Kindern Eltern und in den Sozialraum sowie auf die Art der Bildungskultur (vgl Rannenberg-Schwerin 2012 2) In der Vier-Saumlu-len-Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) werden im Zu-sammenhang mit der Frage nach notwendigen Faumlhigkeiten einer Leitung bdquoFachkompetenzldquo und bdquopersonale Kompetenzldquo genannt (Abbildung 4 vgl AK DQR 2011 7)

Bei den Leitungsinterviews werden auf die Frage uumlber welche Kompe-tenzen eine Leitung verfuumlgen muss uumlberwiegend personale Kompetenzen ndash und dabei insbesondere Sozialkompetenzen ndash benannt Haumlufig angesprochen werden Empathie (bdquoSie braucht eine hohe Empathie fuumlr Kinder Eltern und

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mitarbeiterinnenldquo) und die Faumlhigkeit zu motivieren (bdquoEine gute Leitung mo-tiviert wenn es Motivation braucht hat Freude am Tun und bringt eigene Motivation mit die dann auch anstecktldquo) aber auch die Bereitstellung einer guten Kommunikationsbasis oder Fuumlhrungsfaumlhigkeiten wie Fairness und Ge-rechtigkeit (bdquoIch versuche auch schon sehr fair zu sein dass jeder das Gefuumlhl hat dass er genauso behandelt wird wie der andereldquo) Aussagen zur Selbst-kompetenz werden unabhaumlngig von Traumlger demografischen Faktoren und der Ausbildung der Befragten in eher geringem Umfang thematisiert Be-nannt werden reflexive Faumlhigkeiten wie das Verstaumlndnis von Zusammenhaumln-gen um beispielsweise Sach- und Beziehungsverhaumlltnisse trennen zu koumln-nen Konfliktfaumlhigkeit sowie ein guter Umgang mit Enttaumluschungen (bdquoMan muss auch schon mal was aushalten koumlnnen dass man nicht zu sehr in die Emotionalitaumlt geht wobei das sehr schwierig ist manchmalldquo)

Fachkompetenzen werden von den Befragten dagegen nur in sehr einge-schraumlnktem Maszlige bzw eher unspezifisch benannt (bdquoDie gesamte Organisa-tion und das Management der Einrichtung ist der Dreh- und Angelpunkt d h darauf zu achten dass das Tagesgeschaumlft immer laumluft Mail checken dass die Eltern angesprochen werden und der Elternbeirat laumluftldquo) Einige Leitun-gen verweisen darauf dass vielfaumlltige Faumlhigkeiten benoumltigt werden um eine Kita zu leiten wie betriebswirtschaftliche Kompetenzen oder Methodenviel-falt damit sie bdquoz B zu einem aktuellen Thema einen Qualitaumltszirkel bilden und das konzeptionelle Arbeiten vorantreiben kannldquo Fachwissen wird zur Staumlrkung der Vorgesetztenfunktion als bedeutsam erachtet denn es sei wich-

Abbildung 4

Fach- und personale Kompetenzen

Quelle nach DJIWiFF 2014 119

Fachkompetenz

Wissen Fertigkeiten

Tiefe und instrumentale Breite und systemische Fertigkeiten Beurteilungs - faumlhigkeit

Sozial- Selbstkompetenz kompetenz

Team- Eigenstaumlndigkeit Fuumlhrungsfaumlhig- Verantwortung keit Mitge- Reflexivitaumlt staltung und Lernkompetenz Kommunikation

Personale Kompetenz

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

tig dass bdquoeine Leiterin aus der Praxis kommt damit sie weiszlig wovon sie redet um auch ernst genommen zu werdenldquo Nur wenige benennen konkrete Auf-gaben bdquoMeine Aufgabe sehe ich darin dass ich ein guter Chef bin nicht der beste Fachmann fuumlr die Paumldagogik sondern der Vorgesetzte der fuumlr die Rah-menbedingungen einsteht und der die Arbeitsbedingungen schafft der das Haus gut nach auszligen repraumlsentiert und eine gute Personalauswahl trifftldquo

Als Kernkompetenzen fuumlr Leitungskraumlfte werden somit uumlberwiegend per-sonale Kompetenzen genannt Die Benennung von Fachkompetenzen zur Betriebsfuumlhrung erfolgt hingegen gar nicht oder nur sehr allgemein Das Lei-tungsverstaumlndnis kann auch mit der Verortung der Leitungen in der Kinder-tageseinrichtung variieren denn einige sind von der Arbeit in den Gruppen freigestellt andere nicht bzw nur z T freigestellt Leitungen die gleichzeitig in der Gruppenarbeit taumltig sind befinden sich in einer Doppelrolle Waumlhrend sich die Funktionen im Rahmen der Gruppenarbeit nicht von denen der Mitarbeiterinnen unterscheiden ist auf der anderen Seite zusaumltzlich die Ver-antwortung fuumlr die Betriebsfuumlhrung und das Funktionieren der Einrichtung insgesamt vorhanden Innerhalb eines Tages werden teilweise mehrfache Wechsel zwischen unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten not-wendig Deshalb verwundert es nicht wenn sich einige teilfreigestellte Lei-tungen und vor allem diejenigen die die Leitungsposition nicht als gezielte Entscheidung gesucht haben (vgl Abschnitt 334) als bdquonormalesldquo Team-Mit-glied ohne hierarchische Position definieren im Sinne von bdquoWir sind ein Ganzesldquo oder bdquoIch bin Kollegin und fertigldquo Nur vereinzelt wird ein um-fassenderes professionelleres Leitungsverstaumlndnis beschrieben bdquoLeiterin zu sein bedeutet fuumlr mich nicht sbquonurlsquo ein Teammitglied zu seinldquo sie stehe bdquovor neben oder hinter dem Teamldquo Insgesamt werden also groszlige individuelle Unterschiede im Leitungsverstaumlndnis deutlich die sich z T auf verschieden-artige Einbindung in den Gruppendienst und mehrfachen Rollentausch so-wie auf unterschiedliche Verortung der eigenen Position in Bezug auf das Team zuruumlckfuumlhren lassen

334 Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungs-moumlglichkeiten

Die Uumlbernahme der Leitungsfunktion kann im Prinzip zwei Wegen zugeord-net werden der bewussten eigenen Entscheidung und dem von auszligen an die Befragten herangetragenen Wunsch teilweise sind auch mehrere Gruumlnde ausschlaggebend Nur ein gutes Drittel der Befragten hat bewusst und gezielt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

die Position der Leitung und den damit verbundenen Fuumlhrungsanspruch an-gestrebt Bei dieser Gruppe spielt vor allem der Wunsch nach neuen Heraus-forderungen und einem groumlszligeren Handlungs- und Gestaltungsspielraum eine Rolle (bdquoIch brauche andere Anspruumlche ich moumlchte mich selber weiter-entwickeln ich brauche andere Aufgabenldquo) aber auch Gruumlnde wie das Ge-fuumlhl der Unterforderung im Gruppendienst oder das Ziel mit Erwachsenen arbeiten zu wollen Bei den anderen Befragten ist es keine gezielte Entschei-dung sondern der Wunsch nach Uumlbernahme der Leitungsposition wurde an die Befragten herangetragen z B durch die eigene Familie oder auch durch Kolleginnen die moumlgliche Veraumlnderungen durch eine neue Leitung scheu-ten (bdquoAllen war wichtig dass nicht jemand Neues von auszligen kommt und die Stelle besetzt da befuumlrchtet wurde dass dadurch die offene Arbeit und der Charakter des Hauses zerstoumlrt werden koumlnnteldquo) Bei den meisten Befragten erfolgte der Uumlbergang in die Leitungsposition im Rahmen eines Aufstiegs von der paumldagogischen Fachkraft oder Gruppenleitung Dabei handelt es sich oft nicht um eine bewusste Entscheidung fuumlr die Fuumlhrungsrolle Erzieherin-nen scheinen haumlufig eher zufaumlllig in die Leitungsfunktion zu geraten

Die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit stellt sich insgesamt als hoch dar Alle befragten Leitungen fuumlhlen sich am Arbeitsplatz zumindest meistens wohl Entscheidend dafuumlr ist das Gefuumlhl den eigenen fachlichen Anspruumlchen gerecht werden zu koumlnnen was unter Rahmenbedingungen wie ausreichender Ressourcen sowie guter Kommunikation mit dem Traumlger den Mitarbeiterinnen und Eltern am ehesten gelingt Eine Leitung druumlckt das folgendermaszligen aus bdquoIch bin am zufriedensten wenn die Kolleginnen und die Eltern zufrieden sind weil das meine Arbeit widerspiegelt Das sind mei-ne persoumlnlichen Erfolgeldquo Auch die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitgestal-tung faumlllt hoch aus was damit begruumlndet wird dass man einen groszligen Ein-fluss und Freiraum auf die Lage der Arbeitszeit habe Bei uumlber zwei Dritteln entspricht der Dienstplan immer oder meistens den eigenen Beduumlrfnissen nur wenige machen hier Einschraumlnkungen indem sie z B sagen bdquoEs passt halt nicht immerldquo Die AQUA-Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis dass es eine insgesamt hohe Arbeitszufriedenheit bei den Leitungen gibt (vgl Schreyer et al 2014 126)

Alle befragten Leitungskraumlfte fuumlhlen sich den inhaltlichen Anforderun-gen die mit der Leitungsrolle verknuumlpft sind immer oder zumindest meis-tens gewachsen Allerdings wirken sich ebenso wie bei den befragten Be-schaumlftigten unvorhergesehene Stoumlrungen oder zu viele Anforderungen auf einmal bei zusaumltzlicher Zeitknappheit negativ auf die Zufriedenheit und das Belastungsempfinden aus Als Auswirkungen von Belastungen werden z B

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Erschoumlpfungserscheinungen genannt oder die weitere Berufsausuumlbung wird hinterfragt wie beispielsweise bei einer Leitung (43 Jahre) bdquoIch denke schon mal daruumlber nach wie lange ich das noch schaffeldquo In der AQUA-Studie zeigt sich dass der Anteil der Personen die sich beruflich belastet fuumlhlen bei Leitungen mit 867 Prozent deutlich houmlher ist als bei Nicht-Leitungen mit 671 Prozent (vgl ebd 69) Dieses Belastungsempfinden schlaumlgt sich in der Gruppe der Personen die sich in einer Gratifikationskrise12 befinden in bdquoho-her Kuumlndigungsabsichtldquo (Schreyer et al 2014 77) nieder Zum Teil wird ge-genuumlber solchen Belastungen aber auch eine grundsaumltzlich andere persoumlnli-che Haltung entwickelt wie etwa bei einer Leitungskraft die die Einstellung vertritt dass Stoumlrfaktoren mit zur Arbeit gehoumlren und darum mit einem An-teil von ca 20 Prozent in die eigene Arbeitszeit eingeplant werden bdquoda es oft nicht so kommt wie ich es willldquo

Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Leitungskraumlfte werden vom uumlberwiegenden Teil der Befragten nicht gesehen Nur zwei Gespraumlchspartnerinnen berich-ten uumlber entsprechende traumlgerspezifische Sonderformen fuumlr die berufliche Weiterentwicklung Einige andere Befragte koumlnnen sich aber durchaus beruf-liche Veraumlnderungen vorstellen z B durch einen Wechsel des Taumltigkeitsfel-des Genannt werden hier uumlbergeordnete Taumltigkeiten beim Traumlger beispiels-weise als Bezirksleitung oder einrichtungsuumlbergreifende Taumltigkeiten im Rah-men von Kooperationen und Vernetzungen oder Stadtteilentwicklungen Weitere halten es fuumlr moumlglich neben der Leitungsfunktion zusaumltzliche Auf-gabenbereiche zu uumlbernehmen Ein knappes Drittel der befragten Leitungen gibt an aus familiaumlren oder altersbedingten Gruumlnden kein Interesse (mehr) an einem Aufstieg zu haben

335 Zusammenarbeit mit dem Traumlger

Die Zusammenarbeit mit den Traumlgern gestaltet sich bei den befragten Lei-tungskraumlften unterschiedlich Nur knapp die Haumllfte der Leitungskraumlfte ist sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung und der groumlszligere Teil fuumlhlt sich entwe-der bdquonicht besonders gutldquo bis zu bdquonicht ausreichendldquo unterstuumltzt Als wichtig fuumlr die Zusammenarbeit werden die Kommunikations- und Informations-prozesse angesehen Leitungskraumlfte die sich gut unterstuumltzt fuumlhlen berichten

12 Eine Gratifikationskrise kann als ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung definiert werden (ebd)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

von gutem Kontakt mit unterschiedlichen Moumlglichkeiten zur gegenseitigen Information wie z B festen Sprechzeiten Dagegen wird in Einzelfaumlllen be-richtet dass zustaumlndige Ansprechpartnerinnen uumlber laumlngere Zeit nicht er-reichbar sind die Kontaktaufnahme sich umstaumlndlich und zeitaufwendig gestaltet und auch die Erreichbarkeit in Notsituationen nicht verlaumlsslich ge-regelt ist Von einer teilweise muumlhsamen Zusammenarbeit wird berichtet wenn die Ansprechpartner die sich um die Belange in der Kindertagesein-richtung kuumlmmern nicht (ausreichend) qualifiziert sind bdquoDer Traumlger setzt sich nur aus Ehrenamtlichen zusammen Auf den jaumlhrlichen Kirchenvor-standswahlen werden Verantwortliche gewaumlhlt die nach Einarbeitung bei der kommenden Wahl den Vorstand theoretisch und praktisch wieder ver-lassenldquo

Rahmenbedingungen dieser Art werden von den Leitungen als belastend und kraftraubend empfunden Gleiches gilt wenn Absprachen oder verein-barte Termine nicht eingehalten werden (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern dastehen umfallenldquo) Die AQUA-Studie kommt zu dem Ergebnis dass Lei-tungen die wenig Unterstuumltzung vom Traumlger erhalten und bei denen keine klaren Absprachen mit dem Traumlger vorhanden sind eher in eine Gratifika-tionskrise geraten und dass eine staumlrkere Burnout-Gefaumlhrdung besteht als bei Leitungen die viel Unterstuumltzung erhalten und bei denen klare Absprachen mit dem Traumlger bestehen (vgl Schreyer et al 2014 72 f)

Als weiteres Defizit stellt sich aus Sicht mancher Leitungen die mangeln-de Bereitschaft einiger Traumlgervertreterinnen dar zuzuhoumlren sowie Verstaumlnd-nis und Wertschaumltzung zu zeigen Probleme dieser Art werden vermehrt bei kommunalen Traumlgern genannt wo z B ein (haumlufig erfolgter) Personalwech-sel zu Unzuverlaumlssigkeit Motivationsabfall und fehlender Transparenz fuumlhrt Verwaltungswege und -entscheidungen werden als teilweise nicht nachvoll-ziehbar eingeschaumltzt und belasten die Leitungen bei ihrer Taumltigkeit In der AQUA-Studie findet sich ein aumlhnliches Ergebnis Leitungen die bei kommu-nalen und kirchlichen Traumlgern angestellt sind fuumlhlen sich in geringerem Maszlige durch den Traumlger unterstuumltzt als Leitungen von Kitas anderer freier Traumlger (vgl ebd 42)

Um Reibungsverluste zu vermeiden sollten aus Sicht vieler Leitungen die Aufgaben und Befugnisse fuumlr die Leitung durch den Traumlger klar definiert und fixiert werden Im Rahmen dieser Handlungsfreiraumlume wuumlnschen sie sich insbesondere Flexibilitaumlt Moumlglichkeiten fuumlr eigene Entscheidungen und freie Zeiteinteilung Fuumlr einen Groszligteil der befragten Leitungen stellt dies eine wichtige Arbeitsgrundlage dar und mehr als die Haumllfte fuumlhlt sich dies-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

bezuumlglich von ihren Traumlgern ausreichend ausgestattet Einige Leitungen se-hen sich dagegen in ihrem eigenen Handeln eingeschraumlnkt oder gar daran gehindert eigene Entscheidungen zu treffen Verantwortlich werden Traumlger-vorgaben gemacht die als umstaumlndlich empfunden werden und deren Ein-haltung kontrolliert wird was als Behinderung der Leitungstaumltigkeit an ge se-hen wird (bdquoEr pfeift mich immer wieder zuruumlckldquo) Zwei Leitungen berichten jedoch auch von einem (fast) uneingeschraumlnkten Handlungsfreiraum der zwar als sehr foumlrderlich fuumlr die Umsetzung der Ziele von Leitungen und Mit-arbeiterinnen angesehen wird jedoch auch als sehr belastend da sich die Leitungen in der Verantwortung alleingelassen fuumlhlen Aspekte der Traumlger-qualitaumlt (Fthenakis et al 2003) scheinen hier in einem hohen Maszlige an die Leitungen delegiert zu werden Insgesamt stellt sich die Zusammenarbeit mit den Traumlgern aus unterschiedlichen Gruumlnden haumlufig als problematisch dar eine Bedingung die sich auf Wohlbefinden und Gesundheit der Leitungen auswirken kann

Neben dem Austausch mit den Traumlgervertreterinnen sind auch Moumlglich-keiten zum kollegialen Austausch und zur Beratung mit anderen Leitungen von Bedeutung Regelmaumlszligig stattfindende Leitungsrunden und -konferenzen finden mit Ausnahme eines Traumlgers der nur eine Einrichtung betreibt bei al-len statt Hinsichtlich der Bereitstellung von Fachinformation und Konzep-ten fuumlhlt sich der Groszligteil der Befragten gut versorgt Mehrfach wird eine Vernetzung inhaltlicher Art uumlber das Intranet mit Literatur bzw einer Bib-liothek zur internen einrichtungsuumlbergreifenden Information genannt Im Rahmen des Qualitaumltsmanagements werden vielfaumlltige Materialien zur Struk-turierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt wie z B Einarbeitungskonzepte fuumlr neue Mitarbeiterinnen Gespraumlchsleitfaumlden fuumlr Mitarbeitergespraumlche etc Solche Angebote finden sich vor allem bei Traumlgern mit mehreren Einrichtun-gen bei den in die Befragung einbezogenen privaten Traumlgern und dort wo es einen qualifizierten Ansprechpartnerin fuumlr paumldagogische und fachliche Be-lange einer Kindertageseinrichtung gibt Diese Angebote werden in der Re-gel ndash besonders von neuen Leitungen ohne hinreichende Praxiserfahrungen und unabhaumlngig von ihrer Qualifikation ndash als sehr hilfreich empfunden Ein-schraumlnkend wird jedoch auch angemerkt dass ein Zuviel an Informationen auch belastend sein kann

Nur ein kleinerer Teil der befragten Leitungen fuumlhlt sich im Hinblick auf die Ausstattung gut unterstuumltzt insbesondere bezogen auf das Raumangebot und die Raumausstattung auf Elektronik und Moderationsmaterial Bei der Mehrheit der Leitungen gibt es zumindest teilweise Kritik z B an baulichen Problemen und fehlender Ausstattung der Kita Des Weiteren werden Ver-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

fahrensfragen bemaumlngelt denn einige Leiterinnen beklagen dass alles was Ressourcen betrifft schwierig sei und von aufwendigen Verhandlungen be-gleitet werde Gewuumlnscht wird deshalb bdquomehr Personal und mehr Hand-lungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Unterstuumltzungldquo Hinsichtlich der notwendigen Ausstattung der Kitas und der jeweiligen Verfahren zur Be-reitstellung und dem Einsatz von Ressourcen sehen viele Kita-Leitungen ei-nen Nachholbedarf

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4 HANDLUNGSFELDER EINER NACHHALTIGEN PERSONALWIRTSCHAFT

Im Projekt KONTI wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten Hand-lungsfelder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die geeignet sind eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit im Arbeitsfeld Kindertagesein-richtungen zu foumlrdern Erstens wurden branchenuumlbergreifend diskutierte und erprobte Strategien auf ihre Uumlbertragbarkeit hin ausgewertet und unter dem Blickwinkel diskutiert ob und inwieweit sie fuumlr den Betrieb von Kinder-tageseinrichtungen nutzbar sind und wie sie den spezifischen Bedarfen ent-sprechend angepasst werden koumlnnen Zweitens wurden die aktuellen Anfor-derungen analysiert die sich aus dem Aufgabenfeld Kindertagesbetreuung ergeben und von den Traumlgern im Sinne der Sicherung und Weiterentwick-lung ihres Angebotes zur Bildung Erziehung und Betreuung von Kindern beruumlcksichtigt werden muumlssen Drittens wurde die Perspektive der Beschaumlf-tigten in den Mittelpunkt gestellt und gefragt was aus ihrer Sicht eine bdquogute Arbeitldquo ausmacht

Dabei wurde zunaumlchst von der These ausgegangen dass eine dauerhafte Beschaumlftigung der Mitarbeiterinnen bei Traumlgern von Kindertageseinrich-tungen durch eine gute Personalbindung erzielt werden kann Diese basiert grundsaumltzlich auf einer groszligen Arbeitszufriedenheit die sich zum einen aus einer hohen (intrinsischen) Motivation der Beschaumlftigten fuumlr das Arbeitsfeld und zum zweiten durch Arbeitsbedingungen ergibt die sich motivations-foumlrdernd auswirken Die (Weiter)Entwicklung guter Arbeitsbedingungen ndash und zwar sowohl in persoumlnlicher fachlicher zeitlicher und raumlumlicher Hin-sicht ndash steht darum im Fokus einer nachhaltigen und demografiesensiblen Personalarbeit So kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz Kin-dertageseinrichtung und dem Traumlger als Arbeitgeber gefoumlrdert werden

Vorgestellt werden im Folgenden konzeptionelle Uumlberlegungen und Pra-xiserfahrungen die im Sinne solcher nachhaltigen Personalkonzepte durch Traumlger und Personalverantwortliche nutzbar gemacht werden koumlnnen Die dazu ausgewaumlhlten Ansatzpunkte sind ndash Personalbestandsentwicklung (Kapitel 41) ndash Personal- und Teamfuumlhrung (Kapitel 42) ndash Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen (Kapitel 43)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Aufgabe des Personalmanagements ist es den Personalbestand einer Organi-sation zu erhalten und den betrieblichen Bedarfen entsprechend quantitativ wie qualitativ weiterzuentwickeln Eine solche mittel- und langfristige Ent-wicklung zielt dabei grundsaumltzlich darauf ab sowohl das fuumlr die Aufgaben-wahrnehmung erforderliche Personal kontinuierlich und dauerhaft bereitzu-stellen als auch den Beschaumlftigten selbst Entwicklungsmoumlglichkeiten zu bie-ten weil diese wiederum motivationsfoumlrdernd und damit personalbindend wirken (koumlnnen) also ein wichtiges Instrument der Personalbestandspflege sind In diesem Kapitel wird zunaumlchst allgemein auf Fragen der Personal-planung (Abschnitt 411) und der Personalentwicklung (Abschnitt 412) eingegangen Dann erfolgt eine Auseinandersetzung mit Moumlglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Karrierepfaden (Abschnitt 413) und einer leis-tungsorientierten Verguumltung (Abschnitt 414)

411 Strategische Personalplanung und Altersstrukturanalyse

Ziel einer zusaumltzlich auf Nachhaltigkeit angelegten Personalentwicklung ist es eine moumlglichst ausgewogene Altersstruktur zu schaffen um Karrierestaus die sich aus einer Dominanz bestimmter Altersgruppen ergeben ebenso zu vermeiden wie den Verlust von Wissen der entsteht wenn viele aumlltere Be-schaumlftigte gleichzeitig in den Ruhestand gehen (vgl BrandenburgDomschke 2007 115 ff) Insofern wird eine mittel- und langfristige Personalplanung nicht nur zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung des Personal-bestands sondern erhaumllt ndash gerade auch in Kombination mit einer an den In-teressen der Mitarbeiterinnen orientierten Personalfoumlrderung ndash zugleich eine bdquostrategische Komponenteldquo (ebd 122)

Als notwendige Grundlage fuumlr eine demografiesensible Personalwirtschaft wird allgemein eine Altersstrukturanalyse betrachtet die anhand von Perso-naldaten zu Merkmalen wie Alter Geschlecht Qualifikation oder Einsatzort erstellt wird Sie verschafft zunaumlchst einen differenzierten Uumlberblick uumlber den aktuellen Personalbestand Daruumlber hinaus kann mithilfe mittel- und lang-fristiger Prognosen ndash etwa in Fuumlnf- bis Zehn-Jahres-Schritten ndash festgestellt werden wann und in welchem Umfang ein zukuumlnftiger Personalbedarf ent-stehen wird Zu einer solchen Analyse gehoumlrt auch eine Beobachtung der Personalfluktuation Werden derartige Daten erfasst und ausgewertet erge-ben sich dadurch nicht nur quantitative Hinweise auf eventuell entstehende

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Luumlcken sondern auch Hinweise darauf in welchen Phasen der Berufsbiogra-fie in besonderem Maszlige Abgaumlnge zu verzeichnen sind (vgl beispielsweise Deller et al 2008 28 ff)

Differenzierte Auswertungen einer solchen Altersstrukturanalyse schaffen somit die Basis fuumlr eine strategische Personalbedarfsplanung z B mit Blick auf die eigene Nachwuchssicherung da bdquoeine fruumlhzeitige Planung der Kapa-zitaumlten es wahrscheinlicher macht den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz zu habenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 40 f) Eine strategische Per-sonalplanung bietet daruumlber hinaus nicht nur Potenzial fuumlr eine passgenaue Personalfoumlrderung sondern auch fuumlr die Personalakquise der in Zeiten eines prognostizierten Fachkraumlftemangels eine besondere Bedeutung zukommt Auf der Basis der Analyseergebnisse lassen sich Stellenausschreibungen ent-wickeln die sowohl die entsprechenden Anforderungsprofile als auch At-traktivitaumltsmerkmale fuumlr die Arbeit im Unternehmen beinhalten bdquoFuumlr die Gewinnung von guten Mitarbeitern ist es [hellip] von Bedeutung eine attrakti -ve Unternehmenskultur mit gelebten Unternehmenswerten nach auszligen zu kommunizieren sowie Arbeitsplatzsicherheit und verantwortungsvolle Be-schaumlftigungsmoumlglichkeiten zu bietenldquo (ebd 41) In einem strategisch aus-gerichteten Entwicklungskonzept fuumlr den Personalbestand werden somit Personalakquise und auch Personalmarketing als Einheit betrachtet Als ge-eignete Maszlignahmen sind hier Imagepflege Zusammenarbeit mit einschlauml-gigen Bildungseinrichtungen Angebot von Praktikumsplaumltzen und Praumlsenz bei Ausbildungs- und Jobmessen zu nennen

In der Traumlgerbefragung des Projekts KONTI hat sich herausgestellt dass die fuumlr eine Altersstrukturanalyse notwendigen Personaldaten (Alter Qualifi-kation aktueller Einsatzort) haumlufig vorliegen eine systematische Aufberei-tung und Auswertung jedoch ganz uumlberwiegend ndash selbst bei groszligen Trauml-gern ndash nicht erfolgt Die meisten Befragten verstehen im Gespraumlch unter einer Personalbedarfsplanung die gesetzlich vorgeschriebene Personalpla-nung anhand des ermittelten Betreuungsbedarfs fuumlr das folgende Kinder-gartenjahr die jaumlhrlich oder alle zwei Jahre in einem Fall sogar monatlich durchgefuumlhrt wird Eine mittel- oder gar langfristige Personalplanung daruuml-ber hinaus besteht in den meisten Faumlllen nicht in Thuumlringen wird sie sogar dreimal in NRW viermal explizit verneint bdquoEinen ausgesprochenen Pla-nungsansatz gibt es nichtldquo

Haumlufig wird daruumlber berichtet dass Planung ein schwieriges Thema und praktisch unmoumlglich sei Es gebe zwar einige planbare Groumlszligen wie z B ei-nen Mehrbedarf an Personal aufgrund des U3-Ausbaus der Einrichtung neu-er Gruppen und Kitas oder auch von Veraumlnderungen der Gruppenstruktur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bzw einen Minderbedarf aufgrund von Einrichtungs- oder Gruppenschlie-szligungen Auf Verrentungen und dabei insbesondere auf die Neubesetzung von Leitungspositionen koumlnne man sich durch Planung einstellen Aber nur ein Interviewpartner berichtet dass bei seinem Traumlger dazu ndash als wichtige Ba-sis fuumlr die zweijaumlhrigen Leitungsfortbildungen ndash bdquosehr strukturierte Datenldquo vorliegen Wegen der vielen nicht planbaren Groumlszligen wie etwa Schwanger-schaften Wohnortwechsel Beurlaubungen Elternzeitlerinnen oder Lang-zeiterkrankungen entstehen nach Ansicht der meisten Befragten groszlige Prob-leme fuumlr eine realistische Planung Der Gespraumlchspartner eines groszligen kom-munalen Traumlgers aus NRW berichtet von uumlber vierzig Personalvorgaumlngen woumlchentlich mehr als in der gesamten restlichen Kommunalverwaltung

Nur bei zwei kommunalen Traumlgern wird von einer mittel- oder langfristi-gen Planung des Personalbedarfs gesprochen davon bei einem gezielt auch fuumlr den zukuumlnftigen Umgang mit der demografischen Entwicklung Dem an-deren Personalverantwortlichen fehlt gerade dieser Aspekt in den Planungs-daten Bei weiteren Traumlgern hat man bdquodie mittel- bis langfristige Personalbe-darfsplanung im Blickldquo existiert ein aumlmteruumlbergreifender Arbeitskreis bdquokom-munaler Personalbedarfldquo oder wird eine Software bdquoStellenplanerldquo des Land-schaftsverbandes genutzt die angibt bdquowo Stellen frei sind und welche Stellen zu besetzen sindldquo Lediglich ein Personalverantwortlicher aus Thuumlringen be-richtet uumlber die Ergebnisse einer Altersstrukturanalyse In Form einer Dip-lomarbeit wurde beim Traumlger die Betreuungsbedarfsentwicklung mit den an-stehenden Verrentungen fuumlr die naumlchsten Jahre verglichen Daruumlber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch eine langfristige Betreuungsbedarfsabschaumlt-zung mit den Gemeinden um Tendenzen und regionale Unterschiede zu er-mitteln

In den meisten Faumlllen beschraumlnkt sich jedoch eine Personalplanung auf das jeweils kommende Kindergartenjahr Zwar werden daneben z B mit Blick auf anstehende Renteneintritte verschiedene Instrumente zur Entwick-lung des Personalbestands etwa zur Nachwuchssicherung eingesetzt So be-treiben einige groumlszligere Traumlger eine gezielte Nachfolgeplanung fuumlr Leitungs-positionen und bieten entsprechende Qualifizierungsprogramme fuumlr Mit-arbeiterinnen aus den eigenen Reihen an Bei einem anderen Traumlger wer - den Leitungsstellen fuumlr einen Uumlbergangszeitraum doppelt besetzt damit die nachfolgende Leitung sich einarbeiten und von den Erfahrungen der aus-scheidenden Leitung profitieren bzw diese in der Schlussphase ihres Berufs-lebens gleichzeitig entlastet werden kann Eine mittel- und langfristige und strategisch ausgerichtete Personal(bedarfs)planung auf der Basis einer Alters-strukturanalyse ist bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen nach den

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Befragungsergebnissen im Projekt bislang kein gaumlngiges Instrument obwohl sie eine solidere Grundlage fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft bilden koumlnnte als der Einsatz einzelner Maszlignahmen Hier zeigt sich darum ein gro-szliges Potenzial um sich als Traumlger fuumlr die Zukunft gut aufzustellen

412 Nachhaltige Personalfoumlrderung und Personalentwicklung

Aufgabe der Personalfoumlrderung ist es Potenziale von Individuen zu erken-nen und ihre Nutzung zu foumlrdern sowohl im Sinne der individuellen Ent-wicklungsmoumlglichkeiten als auch zur Deckung des Personalbedarfs im Hin-blick auf die betrieblichen Anforderungen Auch sie wird damit zu einem wichtigen Instrument einer strategischen Personalplanung Wesentliche Grundlage einer solchen auf Nachhaltigkeit und Personalbindung ausgerich-teten Personalfoumlrderung ist es die erforderlichen Kompetenzen zunaumlchst zu definieren (vgl BrandenburgDomschke 2007 149 ff) Nur dann koumlnnen bei Potenzialanalysen Personalbeurteilungen und Fortbildungsangeboten ndash bei den Instrumenten also die im Kontext der Personalfoumlrderung eingesetzt wer-den ndash diejenigen Aspekte beruumlcksichtigt werden die fuumlr die Organisation als Ganzes wichtig sind Entscheidend ist weiterhin dass weder Analysen und Beurteilungen noch Qualifizierungen lediglich aus Selbstzweck erstellt wer-den Vielmehr sollten die Maszlignahmen und Instrumente als Grundlage fuumlr eine persoumlnliche Karriereplanung aller Mitarbeiterinnen dienen die allen Individuen passende Aufstiegsmoumlglichkeiten eroumlffnet

Im Idealfall basiert darum die Personalfoumlrderung auf einem auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Gesamtkonzept zur Personalentwicklung und folgt dabei einem Leitbild mit dem die Ziele des Traumlgers und seiner Kindertages-einrichtungen sowohl gegenuumlber der Oumlffentlichkeit als auch gegenuumlber den Mitarbeiterinnen kommuniziert werden Aus einem solchen Leitbild lassen sich zum einen Anforderungen des Traumlgers an seine Beschaumlftigten ableiten zum anderen wird geklaumlrt welche Erwartungen die Mitarbeiterinnen an ih-ren Arbeitgeber stellen koumlnnen Auf dieser Grundlage koumlnnen Fortbildungs-moumlglichkeiten und Angebote der persoumlnlichen Weiterentwicklung aufge-baut werden Ein derartiges Gesamtkonzept uumlbernimmt nicht nur eine wich-tige Funktion fuumlr die Personalfoumlrderung sondern bildet daruumlber hinaus die Basis fuumlr ein erfolgreiches Personalmarketing Als exemplarisch fuumlr einen solchen Ansatz wird das im Kasten dargestellte Beispiel von bdquoKonzept-eldquo vor-gestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Leitbilder als Grundlage fuumlr die Personalfoumlrderung ndash das Beispiel von bdquoKonzept-eldquo (KammerlanderRehn 2015)

Das bdquoKonzept-eldquo-Netzwerk ist ein privater Traumlger von gut dreiszligig Kindertagesstaumltten und zwei freien Grundschulen Das Leitbild des Unternehmens wird mit dem Markennamen bdquoElement-ildquo uumlberschrie-ben der sich zusammensetzt aus bdquoElementar(-Paumldagogik)ldquo und dem Ele men taren der Paumldagogik des Unternehmens naumlmlich dem Leit-satz bdquoMenschen bilden sich individuell auf der Grundlage ihrer In-teressen und in Interaktion mit Anderenldquo (die drei Irsquos) Aus einem Leitbild das das Beduumlrfnis von Menschen nach Anerkennung in der Gemeinschaft einerseits und nach Selbstbestimmung andererseits in den Mittelpunkt stellt werden fuumlnf Leitziele abgeleitet ndash Gesundheit als physisches und psychisches Wohlbefinden ndash Autonomie als Einheit von Aufgaben Kompetenz und Verant-

wortung (bdquoAKV-Prinzipldquo) ndash Verbundenheit mit dem Unternehmen als Ganzes im Sinne ge-

genseitiger Hilfe und der Einhaltung von vereinbarten Struktu-ren

ndash Resilienz mit einer offenen und ehrlichen Kommunikations- und Feedback-Kultur

ndash Freude am Vorwaumlrtskommen und an Leistung sowie an intelli-gentem Arbeiten mit flexiblen Problemloumlsungen

Dabei wird davon ausgegangen dass eine gute Qualitaumlt der Arbeit nur mit intrinsisch motivierten und affektiv gebundenen Mitarbeiterinnen realisierbar ist Die Organisationsstrukturen des Unterneh-mens zielen deshalb darauf ab Raum fuumlr leistungsbereite und enga-gierte Teams zu bieten in denen persoumlnliche Verantwortungsuumlber-nahme und Selbstverpflichtung verknuumlpft werden mit dem Gewinn von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit jedes Einzelnen

Das Unternehmen arbeitet mit individuellen Zielvereinbarun-gen wobei gemaumlszlig dem AKV-Prinzip Wert darauf gelegt wird dass jeder Mitarbeiterin vereinbarte Aufgaben uumlbernimmt dafuumlr uumlber die noumltigen persoumlnlichen und fachlichen Kompetenzen die erforder-lichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie uumlber personel-le und materielle Ressourcen verfuumlgt und die Verantwortung fuumlr die

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

413 Kompetenzorientierter Personaleinsatz und Karrierepfade

Personalfoumlrderung ist letztlich vor allem dann wirkungsvoll wenn es Ein-satzorte gibt in denen die hinzugewonnenen Kompetenzen genutzt und die eigenen Faumlhigkeiten entfaltet werden koumlnnen Im Idealfall wird der Perso-naleinsatz so gestaltet dass er die Entwicklungsmoumlglichkeiten des Individu-ums gleichzeitig fordert und foumlrdert Personalfoumlrderung und Personaleinsatz stehen damit in einem wechselseitigen Verhaumlltnis zueinander Mit Blick auf eine demografiesensible Personaleinsatzplanung wird in diesem Zusammen-hang in der Literatur auf die Bedeutung einer bdquoalternsgerechte[n] Laufbahn-gestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 139) hingewiesen die einerseits bestehende Kompetenzen nutzt und weiterentwickelt und andererseits Fehl-beanspruchungen verhindert Das Konzept geht dabei von verschiedenen

Umsetzung uumlbernimmt ndash oder im Falle von Problemen rechtzeitig Unterstuumltzung einfordert

Fuumlr die Erzieherinnen bedeutet dies dass sie ndash im Rahmen eines Konzepts der offenen Gruppenarbeit ndash als gleichberechtigtes Team zusammenarbeiten und bdquoBezugskinderldquo haben bei denen sie fuumlr Auf-gaben wie Eingewoumlhnung Beobachtung Dokumentation oder El-terngespraumlche zustaumlndig sind Daruumlber hinaus sind die Erzieherin-nen nach dem AKV-Prinzip fuumlr weitergehende Aufgaben verantwort-lich so z B fuumlr die Zuteilung der Neuaufnahmen zu Bezugserzieherinnen die Erstellung von Dienstplaumlnen oder als Expertinnen fuumlr einzelne Bildungsbereiche

Fuumlr die Mitarbeiterinnen gibt es ein umfassendes Coaching- und Fortbildungsprogramm das mit dreitaumlgigen Einarbeitungswork-shops und der Begleitung durch einen Patenin in den ersten drei Monaten beginnt Darauf baut eine verbindliche Fortbildungsreihe auf die sieben eintaumlgige Bausteine zu den Leitzielen der Kinderhaumlu-ser und den Bildungsplaumlnen des jeweiligen Bundeslandes enthaumllt An-geboten werden des Weiteren Seminare die eine Spezialisierung fuumlr bestimmte Themen und die Uumlbernahme einer Multiplikatorfunktion ermoumlglichen Teamentwicklungstage in Form von viertaumlgigen Work-shops mit externen Referentinnen und Hospitationen in anderen Kinderhaumlusern des Traumlgers zur Foumlrderung des Austauschs

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Arbeitsplatztypen aus (Einstiegs- Umstiegs- Aufstiegs- Verweil- sowie Aus-stiegsarbeitsplaumltze) denen die vorhandenen Arbeitsplaumltze zugeordnet wer-den Je nach persoumlnlichen Bedarfen und aktuellen Lebenssituationen die auf Basis von bdquoMitarbeiterbeurteilungen Mitarbeitergespraumlchen Entwicklungs-plaumlnen und betriebsaumlrztlichen Empfehlungenldquo (ebd) erhoben werden soll entschieden werden welcher Arbeitsplatz fuumlr die einzelnen Mitarbeiterin-nen geeignet ist

Von besonderer Bedeutung fuumlr aumlltere Beschaumlftigte mit gesundheitlichen Einschraumlnkungen ist es Einsatzmoumlglichkeiten zu schaffen an denen sie so-wohl ihre persoumlnlichen Belastungen reduzieren als auch ihre Kompetenzen zur Geltung bringen koumlnnen In diesem Kontext wird uumlber bdquogesundheitsori-entierte Berufswegekorridoreldquo als Instrument betrieblicher Gesundheitspoli-tik diskutiert (Juumlrgenhake 2015) Hier geht es im Sinne der Praumlvention dar-um Erkrankungen und Leistungsminderungen dadurch vorzubeugen dass den Beschaumlftigten rechtzeitig die Moumlglichkeit geboten wird die eigene Taumltig-keit innerhalb des Unternehmens zu veraumlndern oder den Arbeitsplatz zu wechseln so dass Belastungen reduziert werden Je nach Struktur der Arbeits-plaumltze kann ein solcher bdquoBerufswegekorridorldquo innerhalb einer Organisations-einheit oder uumlbergreifend geplant werden (vgl ebd 151 f) Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit solcher Modelle ergeben sich in der Praxis zum einen aus der Frage der Planbarkeit die in der Regel nicht in dem Maszlige gegeben ist wie es fuumlr eine flaumlchendeckende Implementierung notwendig waumlre (vgl ebd 153) Zum anderen setzt das Modell voraus dass Arbeitsplaumltze mit sehr unter-schiedlichen Anforderungen existieren

bdquoWenn die Belastungen und deren Houmlhe an den Arbeitsplaumltzen nicht hinreichend unterschiedlich sind ergibt eine berufliche Ver-aumlnderung unter Gesundheitsaspekten wenig Sinn Schwierig wird es auch wenn nur wenige deutlich anders bzw gering belastende Ar-beitsplaumltze zur Verfuumlgung stehen aber viele an denen hohe Belas-tungen herrschenldquo (ebd 154)

Ein solcher an einer lebenslagenorientierten Laufbahnplanung ausgerichte-ter Personaleinsatz ist jedoch nicht nur unter der Perspektive der Gesundheit von Bedeutung sondern vor allem auch im Hinblick auf eine kompetenzori-entierte Personalfoumlrderung Relevant fuumlr alle Altersgruppen sind Moumlglichkei-ten des Job-Enrichments und des Job-Enlargements also der inhaltlichen Aufgabenerweiterung Neben einer solchen Aufwertung der von den einzel-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

nen Mitarbeiterinnen aktuell besetzten Arbeitsplaumltze stellt sich zusaumltzlich die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten wobei einerseits Leitungspositionen anderseits Positionen mit erweiterter fachlicher Verantwortung von Interesse sind

bdquoFuumlr jeden Mitarbeiter sollte ein individueller Entwicklungsplan er-stellt werden Notwendige Bestandteile eines solchen Plans sind vor-handene Faumlhigkeiten Entwicklungspotenziale Weiterbildungsbe-darf und moumlgliche Karrierewege Karriere ist dabei nicht gleichbe-deutend mit Aufstieg sondern meint vor allem Fachkarrierenldquo (BrandenburgDomschke 2007 140)

Abbildung 5 zeigt somit zwei unterschiedliche Karrieremodelle

Betrachtet man die Aussagen der Kita-Beschaumlftigten in den Interviews (vgl Kapitel 32) so zeigt sich ein erhebliches Interesse der Mitarbeiterinnen so-wohl an einer fachlichen Weiterentwicklung im Arbeitsfeld als auch daran bestimmte persoumlnliche Staumlrken und Faumlhigkeiten einbringen zu koumlnnen Vie-le Beschaumlftigte formulieren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und diese Arbeit mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung zu kombinieren Besonders zufrieden sind sie dann wenn sie den Eindruck haben ihre Kompetenzen gut nutzen zu koumlnnen Das Fehlen von beruflichen Entwicklungsperspekti-ven fuumlr Erzieherinnen ist darum auch ein gewichtiger Grund fuumlr deren Aus-

Abbildung 5

Karrieremodelle

Quelle nachLuumlthjeKurylas-Mengs 2015

Karrieremodell

Fuumlhrungskarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Fuumlhrungskompetenz

Fachkarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Expertenwissen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

stieg aus dem Beruf Die Befuumlrchtung man koumlnne bdquomit 60 nicht mehr auf dem Bauteppich sitzenldquo (so die Aussage von Befragten) fuumlhrt dazu dass viele Mitarbeiterinnen vermuten ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausuumlben zu koumlnnen Die Installation von Fachkarrieren koumlnnte im Sinne einer nach-haltigen Personalfoumlrderung darum sowohl unter dem Gesichtspunkt gesund-heitsorientierter Berufswegekorridore als auch als Instrument einer Lauf-bahngestaltung von Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen von ho-her Bedeutung sein

Besonders offenkundig wird die Notwendigkeit der Entwicklung solcher Fachkarrieren fuumlr Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung die als Absolventinnen von den in den letzten Jahren entstandenen kindheitspaumlda-gogischen Studiengaumlngen in wachsendem Maszlige auf den Arbeitsmarkt kom-men (vgl Kapitel 24) Befragungen zeigen dass nur ein Teil der Kindheits-paumldagoginnen Leitungsfunktionen anstrebt vor allem wird von Traumlgern und auch von den Absolventinnen selbst die Notwendigkeit gesehen zu -erst Berufserfahrung zu sammeln statt unmittelbar in eine Leitungsfunktion ein zusteigen (vgl Klaudy et al 2014 12 f) Die Arbeit in der Kita als Mitar-beiterin in der Gruppe betrachten viele von ihnen bislang nur als Durch-gangsstation Wenn sie nach ihren beruflichen Perspektiven gefragt werden nennen sie neben der mittelfristig angedachten Uumlbernahme einer Leitungs-funktion einerseits Positionen auszligerhalb der Kita ndash in der Fachberatung in der Wissenschaft in der Aus- und Fortbildung ndash andererseits geben viele von ihnen an dass sie gern weiterhin unmittelbar mit Kindern in der Kita arbei-ten wuumlrden aber diese Taumltigkeit mit anderen Funktionen kombinieren moumlchten Auch hier werden planerisch-gestaltende Funktionen die Arbeit im Management sowie Beratungs- und Lehrtaumltigkeiten genannt (vgl Alter-mann et al 2015 33 ff) Des Weiteren zeigt sich in der Praxis dass Kindheits-paumldagoginnen etwa vor dem Hintergrund von vertieften entwicklungs-psychologischen Kenntnissen in den Teams teilweise Multiplikatorfunktio-nen wahrnehmen (vgl ebd) Finanziell honoriert wird dies allerdings nicht Die Unzufriedenheit damit trotz einer akademischen Ausbildung keine ent-sprechende Verguumltung zu erhalten traumlgt dazu bei dass viele Kindheitspaumlda-goginnen die Kita nur als Ort fuumlr erste Berufserfahrungen aber nicht fuumlr weiterfuumlhrende Perspektiven ansehen (vgl ebd)

Legt man jedoch die Auswertung der Traumlgerbefragungen zugrunde so zeigt sich dass sich Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Beschaumlftigte in Kindertages-einrichtungen ndash ob nun fuumlr Erzieherinnen oder fuumlr Kindheitspaumldagoginnen ndash im Wesentlichen auf die Uumlbernahme von Leitungspositionen beschraumln-ken Selbst diese Aufstiegsmoumlglichkeit wird fuumlr Erzieherinnen zukuumlnftig

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schwieriger weil der Rechtsrahmen zunehmend z B bereits jetzt in Thuumlrin-gen einen Hochschulabschluss fuumlr diese Funktionen voraussetzt Auch bei einem der befragten Traumlger in NRW werden schon heute in dieser Position nur Akademikerinnen eingesetzt Einige Male wird auch die Stellvertre-tungsposition die Gruppenleitung fuumlr groszlige Einrichtungen die Teamleitung als Aufstiegsmoumlglichkeit von anderen der Wechsel in groumlszligere Einrichtungen genannt ndash von der zweigruppigen bis zur achtgruppigen Einrichtung An-sonsten ist die Reaktion der Personalverantwortlichen auf die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Erzieherinnen selbst bei groszligen Traumlgern eher bedauernd und resignativ bdquoDa muss ich aber ehrlich sagen ich habe nicht viele Stellen Also koumlnnen sie sich nur fuumlr sich selber entwickelnldquo Bei kleinen Traumlgern ist diese Situation besonders perspektivlos fuumlr die Beschaumlftig-ten sind diese Stellen doch immer uumlber Jahre vergeben

Teilzeitkraumlften wird die Uumlbernahme von Leitungsaufgaben ganz uumlber-wiegend verwehrt haumlufig mit der Begruumlndung dass allein die Anwesenheits-erfordernisse eine andere Vorgehensweise ausschlieszligen Eine Teilung der Po-sition wuumlrde zudem zu einem hohen Abstimmungsbedarf und somit einem erhoumlhten Zeitaufwand fuumlhren der nicht geleistet werden koumlnne Ein Auf-stieg ist damit fuumlr Erzieherinnen fast uumlberall nur in Vollzeit moumlglich Im Westen ndash insbesondere in Nordrhein-Westfalen ndash bezieht sich diese Haltung der Personalverantwortlichen manchmal sogar auf die Stellvertreterposition und die Gruppenleitung Selbst in Thuumlringen reicht nur bei zwei der fuumlnf befragten Traumlger fuumlr die Kita-Leitung die vollzeitnahe Sockelarbeitszeit aus Die befragten Traumlgervertreterinnen sehen auszligerdem kaum Moumlglichkeiten dass ihre Mitarbeiterinnen ihre persoumlnlichen Kompetenzen fuumlr eine Fach-karriere also einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktionen nutzen koumlnnen der dann auch finanziell honoriert wuumlrde

bdquoFachkarrierenldquo ndash gerade auch im Sinne eines gruppen- oder auch einrich-tungsuumlbergreifenden Einsatzes spezifischer fachlicher Kompetenzen ndash gibt es somit in der Kindertagesbetreuung faktisch kaum eine berufliche Weiterent-wicklung ist meistens mit einem Wechsel des Arbeitsfeldes verbunden Die Struktur des Arbeitsfeldes setzt der Entwicklung von Berufsfeldkorridoren und Fachkarrieren offenbar Grenzen Die im Hinblick auf die Etablierung von Berufsfeldkorridoren genannte Voraussetzung dass unterschiedliche Ar-beitsplaumltze mit unterschiedlichen Belastungsstrukturen vorhanden sein muumls-sen ist somit in der Kindertageseinrichtung auf den ersten Blick nicht zu er-kennen

Die Organisation der Arbeit in einer Kindertageseinrichtung folgt in der Regel einem Egalitaumltsprinzip nach dem alle Mitarbeiterinnen ndash mit Ausnah-

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me der Leitung ndash bei der Arbeit mit den Kindern dieselben Aufgaben erledi-gen (vgl Abschnitt 316) Wenn Einrichtungen mit festen Gruppenstruktu-ren arbeiten werden Unterschiede ndash wenn uumlberhaupt ndash houmlchstens bezogen auf die Altersstruktur definiert Es gibt altersgemischte Gruppen Gruppen fuumlr unter Dreijaumlhrige und Kindergartengruppen (vgl Kapitel 26) In dieser Struktur kann z B auch nur insofern auf Belastungen reagiert werden als Mitarbeiterinnen mit Ruumlckenproblemen eher im Kindergarten- als im U3-Bereich eingesetzt werden damit sie seltener Kinder heben und tragen muumls-sen

Bei einer offenen Gruppenarbeit sind die Spielraumlume groumlszliger Hier koumln-nen Schwerpunktaufgaben festgelegt werden die sich beispielsweise auf die Betreuung eines bestimmten Bildungsbereichs beziehen Auf diese Weise koumlnnen sowohl Belastungen reduziert als auch Moumlglichkeiten des kompetenz- orientierten Personaleinsatzes geschaffen werden In der Traumlgerbefragung wird deutlich dass die Arbeit mit einem offenen Konzept mit Funk tions-raumlumen wie sie bei den Traumlgern vor allem in Thuumlringen und Baden-Wuumlrt-temberg praktiziert wird den kompetenzorientierten Personaleinsatz ndash etwa durch Uumlbernahme eines Bildungsbereiches ndash foumlrdert Viele Traumlger vertreterinnen weisen darauf hin dass man die besonderen Kompetenzen der einzel-nen Mitarbeiterinnen kennt und ndash wenn moumlglich ndash beruumlcksichtigt Teilwei-se wird explizit darauf hingewiesen dass ein ressourcenorientiertes Konzept verfolgt wird nach dem jeder Beschaumlftigte fuumlr die Aufgaben eingesetzt wird fuumlr die sieer sich interessiert In den meisten Faumlllen verlaumlsst man sich jedoch darauf dass sich dies im Alltagsbetrieb der einzelnen Einrichtung regelt Die-se Verantwortungsteilung erschwert die Schaffung von Funktionsstellen und eine motivationsfoumlrdernde Laufbahngestaltung fuumlr die Mitarbeiterinnen in der Kindertageseinrichtung Manchmal wird darauf verwiesen dass diese Kompetenzen in der Personalakte festgehalten seien eine Auswertung gibt es jedoch in den meisten Faumlllen nicht Systematische Ansaumltze finden sich somit selten Ein Traumlgervertreter berichtet dass er dabei sei Zusatzausbildungen (Motopaumldie Heilpaumldagogik systemische Ausbildungen) systematisch zu er-fassen um zu uumlberlegen wie man diese Mitarbeiterinnen gezielter einset -zen kann und ein weiterer erlaumlutert dass man die besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen erhebt und in einer Datenbank festhaumllt so dass darauf zuruumlckgegriffen werden kann Letztlich ist aber festzuhalten dass der kompe-tenzorientierte Einsatz im Wesentlichen in der einzelnen Einrichtung prak-tiziert wird ndash oder eben nicht

Nur bei einigen Traumlgern gibt es vereinzelt Sonderfunktionen bzw Pro-jekte die die Einrichtung von houmlherwertigen Funktionsstellen ermoumlglichen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

wobei einige Personalverantwortliche mit den wahrgenommenen Karriere-interessen ihrer Mitarbeiterinnen durchaus kreativ umgehen Genannt wird neben noch eher verbreiteten Taumltigkeiten als Beauftragte (Kinderschutz Sicherheit Inklusion Fortbildung oder Qualitaumlt) etwa auch diejenige als in-terne Auditorin zur Qualitaumltssicherung die uumlber eine entsprechende Zusatz-ausbildung verfuumlgt Vereinzelt gibt es noch bdquoein paar Funktionen die man versucht selbst zu erfindenldquo so ein Traumlgervertreter wie z B Fortbildungs-referentinnen oder -koordinatorinnen oder Sprecherinnen in der Pfarrei Angesprochen werden in diesem Zusammenhang auch Foumlrderprogramme wie das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo uumlber das einige Mitarbeiterinnen gruppen- bzw einrichtungsuumlbergreifend arbei-ten Am Beispiel dieses Programmes das im Kasten naumlher dargestellt wird lassen sich Potenziale fuumlr Fachkarrieren durch die Nutzung von Multipli-katortaumltigkeiten verdeutlichen

Das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo13

Bundesweit etwa 4000 Kitas erhielten von 2011 bis 2015 im Rahmen dieses Programms eine finanzielle Foumlrderung bdquoim Umfang einer hal-ben Fachkraftstelle mit herausgehobener und schwieriger verantwor-tungsvoller Taumltigkeit (vergleichbar TVoumlD S8)ldquo Verbuumlnde konnten eine volle Stelle bekommen inklusive der dazugehoumlrigen Sach- und Gemeinkosten (z B Lehr- und Lernmittel Fortbildungen Honorare Coaching) Das Programm zielte vor allem auf die Foumlrderung der all-tagsintegrierten Sprachbildung die folgendermaszligen definiert wurde

bdquoUnter alltagsintegrierter sprachlicher Bildung wird eine umfas-sende systematische Unterstuumltzung und Begleitung der natuumlrlichen Sprachentwicklung aller Kinder in allen Altersstufen verstanden die uumlber die gesamte Verweildauer der Kinder in der Kindertageseinrich-tung das Handeln der paumldagogischen Fachkraumlfte waumlhrend der alltaumlg-lichen paumldagogischen Arbeit bestimmtldquo14

Das Konzept der alltagsintegrierten Sprachbildung beinhaltet somit Anforderungen an alle paumldagogischen Fachkraumlfte einer Einrichtung

13 httpsprach-kitasfruehe-chancendeprogrammueber-das-programmrueckschau-schwer-punkt-kitas (Abruf am 18042016)14 wwwfruehe-chancendeinformationen-fuerschwerpunkt-kitas-sprache-integrati-onschwerpunkt-kitasalltagsintegrierte-sprachliche-bildung (Abruf am 18112015)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

die Aufgabe der zusaumltzlichen Fachkraft besteht nicht darin die Sprach-foumlrderung durchzufuumlhren sondern eine Multiplikatorfunktion im Team wahrzunehmen Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf die Beratung Begleitung und fachliche Unterstuumltzung der Kita-Teams fuumlr die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit und die Zusammenar-beit mit den Familien der Kinder sowie auf eine exemplarische sprach-paumldagogische Arbeit mit Kindern insbesondere unter drei Jahren

Das Beispiel des Bundesprogramms zeigt zweierlei Einerseits sind die Moumlg-lichkeiten zur Schaffung von Funktionsstellen im Arbeitsfeld bdquoKindertages-einrichtungldquo insofern begrenzt als es darum geht dass viele Aufgaben im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsbegleitung von allen Erzieherinnen wahrgenommen werden muumlssen und nicht an Spezialkraumlfte delegiert werden koumlnnen Andererseits besteht offenkundig ein Bedarf an erweiterten Qualifi-kationen die im Sinne einer Multiplikatortaumltigkeit in die Einrichtungen ein-gebracht werden Wenn Mitarbeiterinnen in diesem Sinne Spezialwissen einbringen eroumlffnen sich Chancen sowohl fuumlr die Gestaltung von Fachkarri-eren als auch fuumlr die Weiterentwicklung der Arbeit in der Einrichtung insge-samt

Aumlhnliche Konstellationen koumlnnen sich bei anderen Themenfeldern erge-ben So kann es sinnvoll sein dass eine Fachkraft eine fundierte Fortbildung fuumlr die Arbeit mit unter dreijaumlhrigen Kindern absolviert und die anderen Beschaumlftigten in der Einrichtung entsprechend anleitet und beraumlt Auch bei einer Kinderschutzfachkraft wird es zum einen darum gehen dass sie sich einerseits vor dem Hintergrund ihrer speziellen Qualifikation um akute Pro-blemfaumllle kuumlmmert Andererseits wird sie ndash im Sinne der Praumlvention ndash ein-richtungsintern einen Austausch zu Fragen der Kindeswohlgefaumlhrdung or-ganisieren und alle Mitarbeiterinnen insoweit qualifizieren dass diese in der Lage sind Probleme bei den von ihnen betreuten Kindern zu erkennen Fuumlr alle derartigen Multiplikatorfunktionen sind auch einrichtungsuumlbergreifen-de Einsatzmoumlglichkeiten vorstellbar

Bei einem Konzept offener Arbeit kann es in einigen einzelnen Bildungs-bereichen ausreichen wenn eine Fachkraft uumlber eine bestimmte Qualifika-tion verfuumlgt und dann den entsprechenden Bildungsbereich betreut und fuumlr die Angebote verantwortlich ist Dies koumlnnte beispielsweise fuumlr naturwissen-schaftliche Bildung kuumlnstlerische und musische Angebote oder die Bewe-gungserziehung umgesetzt werden Derartige Aufgabenschwerpunkte sind

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

im Uumlbrigen nicht nur im Kontext eines kompetenzorientierten sondern auch eines lebensphasenorientierten Personaleinsatzes von Interesse Sie er-moumlglichen naumlmlich z B auch den Einsatz von Mitarbeiterinnen die (etwa bei einem stufenweisen Wiedereinstieg nach einer bdquoBabypauseldquo) eine Teil-zeitloumlsung mit geringer Stundenzahl wuumlnschen ohne dass die Kontinuitaumlt der Betreuung von Kindern leidet (vgl Abschnitt 431)

Andere Schwerpunktaufgaben sind fuumlr eine Reihe organisatorischer An-forderungen vorstellbar So gibt es unter den Familienzentren in Nordrhein-Westfalen die als Kindertageseinrichtungen erweiterte Angebote zur Bera-tung und Unterstuumltzung von Familien in ihrem Sozialraum vorhalten einige Beispiele dafuumlr dass die fuumlr die Funktionsfaumlhigkeit des Familienzentrums notwendigen Aufgaben auf mehrere Mitarbeiterinnen verteilt werden In ei-ner Befragung von 31 Leitungen von Familienzentren die im Fruumlhjahr 2014 durchgefuumlhrt wurde (Stoumlbe-Blossey 2015b) berichtete ein gutes Drittel der Befragten von einer Aufgaben-Aufteilung innerhalb des Teams (auch wenn die Koordinierung meistens bei der Leitung verbleibt) So sind etwa einige Mitarbeiterinnen fuumlr die Betreuung und Organisation von Elterncafeacutes oder von Ausfluumlgen fuumlr Eltern und Kinder zustaumlndig In einigen ndash wenigen ndash Faumll-len geht die Aufteilung uumlber die Uumlbertragung einzelner Aufgaben hinaus und wird zum Organisationsprinzip das die gesamte Einrichtung umfasst bdquoWir haben uns aufgeteilt jede Kollegin hat Schwerpunktbereiche Die eine Kolle-gin hat die Kindertagespflege Die andere Kollegin hat den Schwerpunkt Be-ratungsstellen [hellip] die verweist dann bei Bedarf und hilft Termine vor Ort zu machen Die eine Kollegin ist im Lesebereich zustaumlndig die Kooperation mit der Buumlcherstube rund ums Buch Alles was mit Sprache zu tun hat Die ande-re Kollegin hat den Bewegungsbereich Dass jeder im Team seinen Schwer-punkt hat um das alles mehr zu vernetzenldquo (Stoumlbe-Blossey 2015b 10)

In einer anderen Einrichtung die nach dem Konzept der offenen Arbeit arbeitet wird die Aufteilung der Zustaumlndigkeiten fuumlr Familienzentrumsauf-gaben mit dem paumldagogischen Konzept verknuumlpft bdquoDass wir Zustaumlndigkeits-bereiche haben [hellip] Zum Beispiel fuumlr den Bewegungsbereich haben wir eine Kollegin die arbeitet fuumlnfzehn Stunden die haben wir sozusagen freigestellt Um auch Feste zu organisieren wir machen auch sehr viele sportliche Feste und das nimmt sie ganz in ihre Hand und spricht nur mit uns Dinge ab Eine hat den Babysitterclub Kolleginnen die zustaumlndig sind fuumlr die Tagespflege Wir haben eine Kollegin die besucht einmal im Monat mit Kindern ein Seni-orenheimldquo (ebd)

Die Beispiele zeigen dass es bei naumlherer Betrachtung durchaus Moumlglich-keiten gibt einen kompetenzorientierten Personaleinsatz auch fuumlr Mitarbei-

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terinnen in Kindertageseinrichtungen systematisch zu gestalten und damit gleichzeitig die Arbeit der Einrichtung qualitativ weiterzuentwickeln Damit eroumlffnen sich nicht nur Chancen fuumlr die Realisierung von Fachkarrieren son-dern auch ndash zumindest partiell ndash von gesundheitsorientierten Berufswegekor-ridoren Wenn beispielsweise die erfahrene Fachkraft die Ruumlckenprobleme hat zur Multiplikatorin fuumlr Sprachbildung wird kann sie zumindest teilwei-se von koumlrperlich anstrengenden Taumltigkeiten entlastet werden Eine Differen-zierung von Aufgaben bietet somit gleichermaszligen Potenziale fuumlr die Perso-nalfoumlrderung und fuumlr die Qualitaumltsentwicklung

Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit derartiger Konzepte ergeben sich zum ei-nen aus der Personaldecke einer Einrichtung Hier muss jederzeit genug Per-sonal fuumlr die allgemeine Alltagsarbeit mit den Kindern zur Verfuumlgung stehen was in der Praxis sowohl die Moumlglichkeiten fuumlr die Weiterqualifizierung von Beschaumlftigten als auch fuumlr die Wahrnehmung von Spezialaufgaben einschraumln-ken kann Zum anderen ist die Frage der Zusammenarbeit im Team zu beach-ten Einerseits aumluszligern in Befragungen viele Mitarbeiterinnen den Wunsch ihre besonderen Kompetenzen einsetzen und sich auf diese Weise beruflich weiterentwickeln zu koumlnnen Andererseits spielt fuumlr die Arbeits zufriedenheit auch das Wohlbefinden im Team eine wichtige Rolle Eine Differenzierung von Aufgaben insbesondere wenn sie mit finanziellen Konsequenzen ver-bunden ist kann die Beziehungen innerhalb eines Teams veraumlndern und Konkurrenzsituationen hervorrufen Dieses (potenzielle) Problemfeld ist zu beachten wenn Aufgabendifferenzierungen eingefuumlhrt werden Insofern steht dieses Handlungsfeld in engem Zusammenhang mit Fragen der Team-fuumlhrung und -entwicklung (vgl dazu Kapitel 42)

414 Leistungsorientierte Bezahlung

Nun sind der kompetenzorientierte Einsatz und die daraus zu entwickelnde Laufbahngestaltung die eine Seite des Themas Die andere Seite betrifft die Nutzung der fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen fuumlr eine wirk-liche Fachkarriere also fuumlr einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktion der dann im Sinne einer leistungsorientierten Bezahlung auch finanziell hono-riert wird

Zunaumlchst bleibt grundsaumltzlich zu uumlberlegen inwieweit ein kompeten z-orientierter Personaleinsatz mit finanziellen Konsequenzen fuumlr die Beschaumlf-tigten verknuumlpft sein kann und soll Zweifellos kann man von einer bdquoFach-karriereldquo nur dann sprechen wenn die persoumlnliche Weiterentwicklung auch

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eine finanzielle Weiterentwicklung mit sich bringt Bei der Planung von gesundheitsorientierten Berufswegekorridoren muss dies hingegen nicht zwangs laumlufig gegeben sein Wenn es um einen kompetenzorientierten Ein-satz geht kann allein die Moumlglichkeit motivationsfoumlrdernd sein sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren zu koumlnnen die man besonders gut be-herrscht fuumlr die man Anerkennung im Team erhaumllt und die man somit gern erledigt Je staumlrker bestimmte Aufgaben jedoch spezielle Qualifikationen er-fordern die manchmal in umfassenden Weiterbildungen erworben wurden desto staumlrker ausgepraumlgt wird auch das Beduumlrfnis der Mitarbeiterinnen nach einer finanziellen Anerkennung ihrer Leistung sein

Dafuumlr gibt es in der Praxis zwei Moumlglichkeiten Zum einen koumlnnen soweit die jeweiligen tariflichen Rahmenbedingungen dies ermoumlglichen Funktionsstellen mit einer entsprechend houmlheren Eingruppierung definiert werden Zum anderen kann das ndash ebenfalls in Tarifvertraumlgen in unterschied-licher Form enthaltene ndash Instrument der Leistungszulagen genutzt werden

Obwohl haumlufig die Moumlglichkeit besteht einen Teil der Gehaltssumme leistungsorientiert zu vergeben (z B 2 Prozent) wird bei den befragten Trauml-gern davon nur selten Gebrauch gemacht Knapp die Haumllfte der befragten Traumlger setzt keine leistungsorientierten Elemente bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen ein Bei sechs der Befragten werden die zur Verfuumlgung ste-henden Mittel nach dem bdquoGieszligkannenprinzipldquo gleichmaumlszligig auf alle Mitar-beiterinnen verteilt also de facto nicht leistungsorientiert genutzt Einige dieser Interviewpartner bedauern die Regelungen wenn diese z B fuumlr alle kommunalen Beschaumlftigten gelten sehen selbst aber keine Moumlglichkeit an diesen Rahmenbedingungen fuumlr das Aufgabenfeld Kindertageseinrichtung etwas zu aumlndern Bei einem Traumlger werden 80 Prozent der fuumlr eine Leistungs-orientierung vorhandenen Mittel in Form einer Sockelpraumlmie gleichverteilt und immerhin die restlichen 20 Prozent als Zusatzpraumlmie fuumlr bdquoallerbeste Mit-arbeiterinnenldquo vergeben In drei Faumlllen gibt es Zulagen z B fuumlr heilpaumldago-gische Taumltigkeiten fuumlr die Arbeitserschwernis in Brennpunkt-Kitas oder fuumlr die Dauer der Beteiligung an einem Projekt Ein Personalverantwortlicher gibt an die zur Verfuumlgung stehenden Mittel nicht fuumlr die Gehaumllter sondern zur Finanzierung von betrieblichen Programmen zu nutzen wie z B fuumlr eine uumlbergangsweise Pflege von Angehoumlrigen oder hauswirtschaftliche Un-terstuumltzung von Mitarbeiterinnen durch traumlgereigene Dienste um damit be-sondere Belastungssituationen eigener Beschaumlftigter gezielt abzufedern

Sechs Personalverantwortliche berichten dass zur Vergabe leistungsori-entierter Mittel eine Personalbeurteilung ndash meistens im Rahmen der regelmauml-szligigen Mitarbeitergespraumlche ndash erfolgt und dazu ein Punktesystem bzw ein

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Kompetenzbeurteilungsbogen genutzt wird Auf dieser Basis werden dann Zulagen z B fuumlr eine Anleitertaumltigkeit gezahlt Die Verfahren sind unter-schiedlich umfangreich gestaltet (zwischen drei und sechzehn Leistungskri-terien) Bei einem Traumlger befindet sich ein solches Verfahren in der Erpro-bungsphase bei einem weiteren wurde die urspruumlnglich geplante Nutzung einer Erzieherinnen-Einschaumltz-Skala aufgegeben Drei Befragte bewerten diese Instrumente sehr kritisch bdquoDas System ist kompliziert und ineffektivldquo bdquoDer Aufwand war gigantischldquo bdquoSelbstverstaumlndlichkeiten anstelle besonderer Leistungen werden nun fuumlr einen Teil der Mitarbeiterinnen zusaumltzlich ho-noriertldquo Lediglich einer der Personalverantwortlichen aumluszligert sich positiver Fuumlr die Vergabe der Praumlmien gebe es zwar nur geringe Spielraumlume denn der Traumlger duumlrfe dadurch nicht mehr Personalkosten verursachen aber bdquoje nach-dem wie jemand agiert kann mehr entlohnt werdenldquo

Die in den Tarifvertraumlgen des Oumlffentlichen Dienstes und der groszligen Trauml-gerverbaumlnde enthaltenen Moumlglichkeiten werden also auf unterschiedliche Weise genutzt Auf ein etwas groumlszligeres Interesse stoszligen Funktionszulagen die nicht auf einer individuellen Leistungsbewertung sondern auf der Uumlbernah-me von besonderen Aufgaben beruhen Im Allgemeinen sehen die befragten Traumlger dafuumlr ebenso wenig Moumlglichkeiten wie fuumlr eine Houmlhergruppierung was nicht erstaunlich ist wenn man sich exemplarisch die Tarifstrukturen im Oumlffentlichen Dienst (vgl Kapitel 25) anschaut Hier hat fast ausschlieszliglich der Aufstieg in Funktionen der Leitung und der stellvertretenden Leitung finanzielle Auswirkungen Die bdquoschwierigen Taumltigkeitenldquo die bisher einen Aufstieg von der Gruppe S6 in die Gruppe S8 und seit Juli 2015 von S8a nach S8b ermoumlglichen sind laut Protokollnotiz eng definiert Sie beziehen sich vor allem auf den Einsatz in Gruppen von Kindern mit unterschiedlichen Formen von Behinderung und besonderem Foumlrderbedarf daruumlber hinaus auf die allein verantwortliche Betreuung von Gruppen beispielsweise in Randzei-ten15 Zustaumlndigkeiten fuumlr bestimmte Schwerpunktaufgaben oder der Einsatz in speziellen Bildungsbereichen sind in der Protokollerklaumlrung nicht erfasst Die Ergebnisse der Tarifauseinandersetzungen 2015 haben an dieser Situati-on nichts geaumlndert sondern im Gegenteil die Differenzen zwischen Erzieherinnen im Allgemeinen und solchen mit bdquoschwieriger Taumltigkeitldquo reduziert Fuumlr Traumlger die unter solchen tariflichen Rahmenbedingungen arbeiten ist die Entwicklung von Fachkarrieren ein schwieriges Unterfangen Hinzu kom-

15 httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsueentgeltordnung-protokollerklaerunghtml (Abruf am 18042016)

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men die finanziellen Rahmenbedingungen der Kita-Gesetze der Bundeslaumln-der Die Refinanzierung der Gehaltskosten uumlber die Zuschuumlsse von Laumlndern und Kommunen sieht in der Regel keinen Spielraum fuumlr Funktionsstellen vor

Insgesamt scheint diese Form der leistungsorientierten Bezahlung bei den im Projekt KONTI befragten Traumlgern keine groszlige Rolle im Sinne einer Motivationsfoumlrderung von Beschaumlftigten zu spielen Im Kontext der Personal-beurteilung wird ihr aus der Sicht von Traumlgern und Beschaumlftigten offenkun-dig nur ein sehr begrenzter Stellenwert zugeschrieben Im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Personaleinsatz koumlnnte nach den hier vorgestellten Uumlberlegungen fuumlr eine Fachkarriere jenseits von Leitungsfunktionen eine Louml-sung darin bestehen dass die Vergabe von tariflich vorgesehenen leistungs-orientierten Entgeltbestandteilen nicht an bestimmte Beurteilungen son-dern an die Uumlbernahme bestimmter Aufgaben geknuumlpft wird In dieser Form koumlnnte sie einen ergaumlnzenden Stellenwert innerhalb eines Personalentwick-lungskonzepts erhalten

42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung

Allgemein wird unter Fuumlhrung die psychologische und soziale Faumlhigkeit ei-ner Person im Umgang mit Menschen verstanden Fuumlhrung kann dabei als Prozess definiert werden bei dem eine Person bestimmte Standards und Er-wartungen formuliert die das Verhalten von Menschen beeinflussen (vgl StremelUlber 2014 62) Fuumlhrung bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Arbeitsbereichen die eine Zusammenarbeit mit Personen erfordert Betrof-fen sind hiervon Personalplanung und -einsatz Personalfuumlhrung und -pflege und ebenso Personalentwicklung und -controlling einzelner Mitarbeiterin-nen sowie des Teams als Ganzes Daruumlber hinaus beinhaltet sie aber auch wei-tere Taumltigkeitsfelder wie z B die paumldagogische Leitung Qualitaumltssicherung Administration und Oumlffentlichkeitsarbeit Von wachsender Bedeutung ist da-bei auch das Gesundheitsmanagement

Die Fuumlhrungsverantwortung im Hinblick auf Kindertageseinrichtungen liegt somit zunaumlchst bei ihrem Traumlger Viele Elemente der Fuumlhrung werden jedoch von den Leitungskraumlften der einzelnen Einrichtungen wahrgenom-men (vgl Kapitel 33) die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist somit Fuumlhrungskraft Ihre Rolle ist daruumlber hinaus im alltaumlglichen Betrieb von be-sonderer Bedeutung Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Traumlgerstruktur um eine Position auf der mittleren Fuumlhrungsebene angesichts der dezentra-len Organisation ist die Kita-Leitung jedoch in der Praxis die zentrale Vertre-

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tung des Arbeitgebers in der einzelnen Einrichtung organisiert den Perso-naleinsatz vor Ort und praumlgt den Alltag im Team Der Traumlger gibt dafuumlr die Rahmenbedingungen vor und hat Fuumlhrungsaufgaben gegenuumlber den Kita-Leitungen wahrzunehmen

In diesem Kapitel werden zunaumlchst einige grundlegende Uumlberlegungen zum Verhaumlltnis zwischen dem Traumlger einerseits und der Einrichtungsleitung als Fuumlhrungskraft auf der mittleren Ebene andererseits angestellt (Ab-schnitt 421) Darauf aufbauend geht es im Anschluss um Fragen der Team-entwicklung (Abschnitt 422) und ein traumlgergestuumltztes Monitoring der Ein-richtungen (Abschnitt 423) Abschlieszligend werden Fragen des Gesundheits-managements als Fuumlhrungsaufgabe thematisiert (Abschnitt 424)

421 Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Einrichtungsleitungen

Eine mitarbeiterorientierte Personalfuumlhrung zielt auf eine moumlglichst hohe Mitarbeiterzufriedenheit und basiert zunaumlchst auf Fuumlhrungsgrundsaumltzen die das Handeln von Fuumlhrungskraumlften entsprechend leiten sollen Wertschaumltzung ist dabei im doppelten Sinne ein wichtiges Element eines ressourcenorien-tierten Fuumlhrungsstils Ziel ist es dabei den Mitarbeiterinnen eine Anerken-nung fuumlr ihre Leistungen zukommen zu lassen die fuumlr die Arbeit motiviert und die persoumlnlichen Staumlrken foumlrdert Dabei geht es sowohl um fachliche An-erkennung als auch um persoumlnliche Wertschaumltzung Daneben ist es im Sinne der Personalbindung fuumlr jedes Unternehmen ndash also auch fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash von Bedeutung die individuellen Werte seiner eigenen Mit-arbeiterinnen zu kennen um potenzielle Konflikte zwischen den Werten des Unternehmens also des paumldagogischen Konzepts der Einrichtung und denen des Traumlgers zu erkennen und Loumlsungen zu suchen

bdquoDie emotionale Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern entsteht dann wenn die gelebten Unternehmenswerte weitgehend identisch sind mit den priorisierten Werten der Mitar-beiter Dieser Effekt wird noch verstaumlrkt wenn die Mitarbeiter einen gewissen Freiraum bei ihrer Arbeit haben und dadurch ihre Werte auch verwirklichen koumlnnenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 85)

Von den Personalverantwortlichen der befragten Traumlger wird die Aufgabe der Personal- und Teamfuumlhrung weitgehend in die Haumlnde der Einrichtungs-

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leitungen gelegt Die Beschaumlftigtenbefragungen zeigen dass dies in den meis-ten Einrichtungen gut funktioniert Wo dies allerdings nicht der Fall ist ent-steht ein hohes Belastungsempfinden so dass die Qualitaumlt der Teamfuumlhrung aus Traumlgerperspektive nicht dem Zufall uumlberlassen werden sollte Insofern er-scheint eine gezielte Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Leitungen als notwendig d h der Traumlger als letztlich Verantwortlicher sollte einerseits Steuerungsmoumlglichkeiten wahrnehmen und andererseits die Fuumlhrungskraumlfte in der Kita ndash auch im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements ndash ge-zielt unterstuumltzen und entlasten

Nach einem Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtun-gen (Fhtenakis et al 2003) gehoumlrt das Personalmanagement zu den originauml-ren Aufgaben des Traumlgers Nach der bdquoTQ-Dimension 4 Personalmanage-mentldquo zaumlhlt dazu neben Personalplanung Personalentwicklung -controlling und -verwaltung auch die Personalfuumlhrung Als Voraussetzung fuumlr ein gelin-gendes Personalmanagement wird dort ein Personalkonzept angesehen das verbindliche Formen der Kompetenzverteilung zwischen dem Traumlger der Leitung und dem Mitarbeiterteam definiert und die Zusammenarbeit zwi-schen Beteiligten regelt (vgl Oberhuemer et al 2003 33) Der Traumlger ist dar-um gefordert seine Fuumlhrungskraumlfte bei der Ausuumlbung der Personalverant-wortung in den Kitas vor Ort zu unterstuumltzen Die Beispiele im Kasten koumln-nen diese Aufgabe naumlher veranschaulichen

Unterstuumltzungsbedarfe der Fuumlhrungskraft (Lange 2015)

ndash einschlaumlgiges Wissen und anwendungsfaumlhige Kenntnisse in den Bereichen Teamentwicklung Kommunikation Moderation und Konfliktloumlsung

ndash ausreichende Zeitressourcen fuumlr die Teamentwicklung Betroffen sind davon insbesondere bdquonicht freigestellteldquo Leitungen Ihnen fehlt es besonders dann an Zeit fuumlr die Teamentwicklung wenn sie etwa wegen eines hohen Krankenstandes als bdquoVertretungs-kraftldquo in den Gruppen fungieren

ndash Schutz und Unterstuumltzung durch den Traumlger in krisenhaften Situ-ationen

ndash professioneller Reflexionsrahmen zur Entlastung Absicherung Staumlrkung von Rollen-Klarheit und Vorbildfunktion etwa durch Einzel- oder Gruppensupervision kollegiale Beratung oder Inter-vision bzw austauschbasierte Fortbildungen

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In der Leitungsbefragung im Projekt KONTI zeigt sich jedoch (vgl im Fol-genden Koumlhling 2015) nur knapp die Haumllfte der Befragten sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung durch den Traumlger die anderen Befragten haben unter-schiedliche Einschaumltzungen von bdquomit Einschraumlnkungen gut unterstuumltztldquo bis hin zu bdquonicht ausreichend unterstuumltztldquo Lediglich hinsichtlich der Bereitstel-lung von Fachinformationen undoder Konzepten fuumlhlen sich die meisten Befragten gut ausgestattet Eine besondere Unterstuumltzungsfunktion uumlber-nimmt hier das Qualitaumltsmanagement das vor allem von Traumlgern mit meh-reren Einrichtungen und von privat-gewerblichen Traumlgern genutzt wird und uumlber das viele Materialien zur Strukturierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt werden Als wichtige Bedingungen fuumlr eine gute Zusammenarbeit werden von den befragten Fuumlhrungskraumlften in den Einrichtungen vor allem genannt ndash eine klareDefinitionvonAufgabenundBefugnissen innerhalb derer Leitun-

gen flexibel handeln koumlnnen dies wird von ca drei Vierteln der befragten Leitungen als wichtig fuumlr ihre Arbeit erachtet

ndash eine guteAnsprechbarkeitdesTraumlgers die regelmaumlszligige Termine als auch in-dividuelle Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme mit der Moumlglichkeit zur Kommunikation und Information genauso umfasst wie die Moumlglichkeit zum Austausch bei Treffen mit anderen Leitungen

ndash die BereitschaftzumZuhoumlren inklusive Verstaumlndnis und Wertschaumltzung fuumlr die geleistete Arbeit

ndash kurze Verwaltungs- bzw Entscheidungswege mit Einhalten von Terminen und Absprachen (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern da stehen um-fallenldquo) bzw allgemein Ruumlckhalt durch den Traumlger (bdquoWenn der Traumlger nicht hinter mir steht bei einer Entscheidung oder einer Aussage die ich treffe dann geh ich hier unterldquo)

ndash UnterstuumltzungdurchfinanzielleRessourcenAusstattungService bdquoMehr Per-sonal und mehr Handlungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Un-terstuumltzungldquo

Aus den bei den Befragungen im Projekt KONTI genannten Problemen und Defiziten lassen sich Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen ablei-ten Sie reichen von klarer definierten Traumlgerprofilen und -zustaumlndigkeiten auf der einen und Leitungsprofile und Arbeitsplatzbeschreibungen auf der anderen Seite uumlber eher bdquoweicheldquo ndash aber sehr zentrale ndash Faktoren einer besse-ren Anerkennung und Wertschaumltzung der Arbeit von Leitungen allgemein

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und insbesondere auch durch den jeweiligen Traumlger bis hin zu professionelle-ren Vorstaumlnden die uumlber die Belange von Kindertageseinrichtungen infor-miert sind Geeignete Loumlsungsansaumltze des Traumlgers bieten sich hier vor allem in Form von Fortbildungen an die im Sinne einer gezielten und kontinuier-lichen Personalentwicklung fuumlr Leitungen zur Unterstuumltzung der Taumltigkeit insgesamt und insbesondere eines qualifizierten Fuumlhrungsverhaltens beitra-gen koumlnnen

Einige Traumlger bieten ihren Leitungskraumlften entsprechende Schulungs-maszlignahmen an bei einigen ist dies sogar mit einer Teilnahmeverpflichtung verbunden So gibt es bei einem kommunalen Traumlger beispielsweise eine Fortbildungsreihe zum systemischen Fuumlhren die ihren Ursprung in der Er-kenntnis hat dass sich (stellvertretende) Leitungskraumlfte durch das Fuumlhren und Leiten ihrer Mitarbeiterinnen sehr belastet fuumlhlen Bei einem anderen kommunalen Traumlger gibt es einmal im Vierteljahr einen Leitungslehrgang mit sechs Modulen deren Umsetzungserfahrungen im Abstand von sechs Wochen durch eine zweitaumlgige Supervision zur Bearbeitung und Reflexion ergaumlnzt werden

Des Weiteren koumlnnen insbesondere ndash aber nicht nur ndash bei Leitungen die die Bedeutung von Sozialkompetenzen in den Mittelpunkt stellen Stellen- und Aufgabenbeschreibungen zu den Inhalten einer Leitungstaumltigkeit zur Schaumlrfung des Selbstbildes beitragen Bei vielen Traumlgern existieren allgemei-ne Stellenbeschreibungen fuumlr die Erzieherinnen bzw Leitungsstellen Im Sinne einer Aufgabenbeschreibung werden sie aber kaum genutzt obwohl sie den Blick fuumlr die Vielfalt der Aufgaben und Kompetenzbereiche weiten und damit zur Professionalisierung der Arbeit beitragen koumlnnen Auf diesem Weg kann eine Klaumlrung des Leitungsprofils fuumlr alle Beteiligten unterstuumltzt werden damit solchen Aussagen die Grundlage entzogen wird bdquoMir wird manchmal unterstellt Was machst Du denn den ganzen Tag Da krieg ich dann echt ein schlechtes Gewissen Ich kann nichts vorzeigen manchmal ich bin immer in Aktionldquo

Das Anforderungsprofil fuumlr Leitungen von Kindertageseinrichtungen eines der im Projekt KONTI befragten kommunalen Traumlger in NRW bein-haltet beispielsweise folgende Kompetenzbereiche Personalfuumlhrungs kom - pe tenz persoumlnliche Kompetenz (Integritaumlt und Grundhaltung) soziale Kompetenz (Kommunikations- und Interaktionskompetenz) Veraumlnderungs-kompetenz strategische Kompetenz Fach- Dienstleistungs- und Marketing-kompetenz Andere Traumlger gehen nicht von Kompetenzen aus sondern defi-nieren konkrete Aufgaben wie die folgende Stellenbeschreibung fuumlr die Lei-tung einer Kita in kirchlicher Traumlgerschaft zeigt Nach dieser Beschreibung

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umfasst die Leitungstaumltigkeit nachfolgende Aufgabenbereiche die jeweils durch eine Reihe von Unterpunkten spezifiziert werden16

1 Fuumlhrungsverantwortung und Personalentwicklung2 administrative Taumltigkeiten3 Konzeptions- und Qualitaumltsentwicklung4 Zusammenarbeit mit den Eltern5 Zusammenarbeit mit dem Traumlger6 Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde7 Oumlffentlichkeitsarbeit8 Gebaumlude Inventar und Arbeitssicherheit9 hauswirtschaftliche Aufgaben

Werden Anforderungen an die Leitungsfunktion in dieser Weise deutlich ge-macht kann das Selbstmanagement unterstuumltzt werden Es kann z B deut-lich werden wo Fortbildungsbedarf besteht um den Anforderungen gerecht werden zu koumlnnen wo eventuell das eigene Fuumlhrungsverhalten (weiter)ent-wickelt werden muss um unterschiedlichen Erwartungen begegnen zu koumln-nen oder welche physischen und psychischen Beanspruchungen bestehen und welche Gesundheits-Maszlignahmen ggf ergriffen werden sollten um die eigene Leistungsfaumlhigkeit zu erhalten

Zur Klaumlrung des eigenen Selbstbilds bei der Wahrnehmung der Leitungs-funktion koumlnnen daruumlber hinaus eine Analyse der eigenen Ressourcen (Moti-vation Ziele Belastungsempfinden etc) und der vorhandenen Rahmenbe-dingungen (Traumlger Kinder Personal Finanzen Raumlumlichkeiten Leitbilder etc) sowie der damit verbundenen Aufgaben beitragen Zu Ersterem der Vergewisserung eigener Ressourcen und Moumlglichkeiten koumlnnen Leitungs-schulungen dienen die sinnvollerweise bereits vor der Uumlbernahme einer ent-sprechenden Taumltigkeit erfolgen sollten Fuumlr den Traumlger haben derartige Schu-lungen daneben den Vorteil dass damit eine gezielte Auswahl von Leitungs-kraumlften sowie eine laumlngerfristige Personalplanung unterstuumltzt werden koumln-nen

Der Leitungslehrgang eines der im Projekt KONTI befragten kommuna-len Traumlger der als Zielgruppen neben Leitungskraumlften und ihren Stellvertre-tungen auch Personen einbezieht die an der Leitungsfunktion interessiert sind umfasst beispielsweise neun Module mit ein- bis zweitaumlgigen Work-

16 httpkitas-kgvdefileadminredakteure1_Familie_und_KinderpdfStellenbeschreibung_Leitung_KGV-Kitapdf (Abruf am 18042016)

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shops im Abstand von sechs Wochen Die Module enthalten folgende In-halte1 erfolgreiches Fuumlhren2 Gespraumlche konstruktiv gestalten und das Foumlrder- und Beratungsgespraumlch

als Chance nutzen3 souveraumlne Steuerung von Besprechungen und Moderationen4 Zeitmanagement und Verwaltungsorganisation5 Dienstplangestaltung6 die Beurteilung als Fuumlhrungsinstrument und ihre rechtliche Wirkung7 Erziehungspartnerschaft mit Eltern8 Grundzuumlge des Personalrechts9 Ziele Strategien und Strukturen des Jugendamtes

Leitungsschulungen unterstuumltzen durch die Aneignung von Wissen und Methoden zu Mitarbeiterfuumlhrung Personalentwicklungs- oder Qualitaumlts-sicherungsinstrumenten aber nicht allein die Kompetenzentwicklung der Fuumlhrungskraumlfte selbst sondern bieten auf diesem Wege auch Moumlglichkeiten Personalentwicklungsmaszlignahmen fuumlr das Mitarbeiterinnen-Team zu uumlber-pruumlfen und ggf zu verbessern

422 Teamfoumlrderung und Teamentwicklung

Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen erfolgt in Teams Von einem Team wird gesprochen wenn alle Mitglieder einer Grup-pe auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind und jedes Teammitglied entsprechend seiner Faumlhigkeiten bzw seiner zugeschriebenen Rolle einen Teilbeitrag zum Ganzen leistet (vgl Birker 2000 154) Die Teamarbeit wird besonders in Arbeitsfeldern sozialer Dienstleistungen favorisiert da die Be-schaumlftigten dem jeweiligen Arbeitsauftrag z B vor dem Hintergrund einer gestiegenen Komplexitaumlt von Prozessen wachsender Anforderungen an Fle-xibilitaumlt sowie der notwendig gewordenen Koordination von zunehmend spezialisiertem Wissen im Team besser gerecht werden koumlnnen als dies in traditionell hierarchischen Organisationsstrukturen moumlglich ist Gerade auch bei einem erhoumlhten Effektivitaumlts- und Effizienzdruck hervorgerufen durch Sparmaszlignahmen bei gleichzeitigem Anstieg an Qualitaumltsanforderungen wird der Gemeinschaft von Mitarbeiterinnen ein groszliges koordinierendes Potenzial zugeschrieben da durch die enge Zusammenarbeit eine emotional bindende und den Einzelnen anspornende Wirkung entsteht (vgl BalzSpieszlig

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2009 14) Studien zur Evaluation der Qualitaumlt fruumlhpaumldagogischer Angebote belegen daruumlber hinaus dass die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen mit der Kooperation im Team Auswirkungen auch auf die Qualitaumlt der paumldagogi-schen Angebote die Interaktionsqualitaumlt mit den Kindern und auf die Grup-penatmosphaumlre hat (vgl Honig et al 2004)

Die Aufgabe der Leitung von Kindertageseinrichtungen liegt somit nicht nur in der Fuumlhrung der einzelnen Mitarbeiterinnen sondern vor allem in der Fuumlhrung ihres gesamten Teams Dabei hat sie zunaumlchst sicherzustellen dass der paumldagogische Auftrag fachgerecht umgesetzt wird Damit die dazu erforderlichen Aufgaben von ihren Mitarbeiterinnen gut und verlaumlsslich er-ledigt werden hat sie gleichzeitig dafuumlr Sorge zu tragen dass eine foumlrderliche Arbeitssituation und Arbeitsatmosphaumlre entstehen kann Dies bestaumltigte sich gerade auch bei der Beschaumlftigtenbefragung im Projekt KONTI (vgl Ab-schnitt 324) Arbeitsmotivation und -zufriedenheit in der Kindertagesein-richtung steht und faumlllt mit einer guten Zusammenarbeit im Team und ei-nem guten Verhaumlltnis der Mitarbeiterinnen zur Leitung Auf dieser Basis ist der Arbeitsalltag ndash bei allen auftretenden Schwierigkeiten ndash von allen gut zu bewaumlltigen Das Zusammengehoumlrigkeitsgefuumlhl staumlrkt daruumlber hinaus die Identifikation mit der Einrichtung den eigenen Arbeitsaufgaben und nicht zuletzt mit den Kindern und deren Familien Die Teamfuumlhrung nimmt dar-um ndash auch aus der Sicht der Leitungskraumlfte selbst ndash im Alltag den groumlszligten Raum im Arbeitsfeld der Kita-Leitung ein

In diesem Sinne ist es auch Aufgabe von Leitung alle Mitarbeiterinnen zu beteiligen die individuellen Beduumlrfnisse der Einzelnen zu beruumlcksichtigen und dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen Hier stets einen gerechten Interessenausgleich herbeizufuumlhren wird zu einer sensiblen Aufgabe die viel Empathie und Fingerspitzengefuumlhl erfor-dert Teamfuumlhrung benoumltigt regelmaumlszligig komplexe Abstimmungsprozesse und transparente Entscheidungen mit denen die Teammitglieder in ihrem Arbeits- und Familienleben gut zurechtkommen und mit denen Konflikte im Vorfeld vermieden werden koumlnnen

Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass die Teams in Kindertageseinrichtun-gen durch eine wachsende Heterogenitaumlt gekennzeichnet sind Im Projekt berichteten Leitungen von einer Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Al-tersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Faumlhigkeiten Berufen Kompeten-zen bis hin zu unterschiedlichen Ausbildungen und Einstiegsvoraussetzun-gen in den Beruf (z B Erstberuf und Quereinstieg) sowie unterschiedlichen Nationalitaumlten und Familiensituationen Eine groszlige Vielfalt im Team wird von den befragten Leitungskraumlften uumlberwiegend als besonderer Vorteil fuumlr

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die Arbeit mit Kindern angesehen die fuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen benoumltigen

Die Vielfalt im Team kann andererseits z B durch eine breite Altersmi-schung eine multiprofessionelle Zusammensetzung oder partielle Akademi-sierung Konflikte aufwerfen die sich etwa in Hierarchiedenken Konkurrenz und unklarer Arbeitsteilung aumluszligern Der professionelle Umgang mit den da-raus resultierenden Konflikten sowie der Entwicklung und Foumlrderung des Personals und des Teams setzt nicht nur ein Wissen uumlber die jeweils spezifi-schen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten voraus sondern fordert von der Perso-nal- und Teamfuumlhrung auch besondere Kompetenzen um unter Beruumlcksich-tigung der verschiedenen Beduumlrfnisse und Ansichten der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen auf dem Wege der Aushandlung Win-Win-Situationen zu gestalten Je heterogener ein Team zusammengesetzt ist desto wichtiger wer-den darum Kommunikationskultur Konzeptionsentwicklung Personalorga-nisation und Qualitaumltssicherung

Im Hinblick auf eine demografiesensible Personalwirtschaft wird unter dem Aspekt der Vielfalt im Team vor allem die Bildung von altersgemischten Teams diskutiert (vgl BrandenburgDomschke 2007 185) damit juumlngere Be-schaumlftigte von den Erfahrungen der Aumllteren und Aumlltere von dem neuen Wis-sen und den neuen Ideen Juumlngerer profitieren koumlnnen (vgl Deller et al 2008 81 f) Im Zusammenhang mit der Teamentwicklung entstehen hier aber auch Herausforderungen im Umgang mit aumllteren Mitarbeiterinnen Vorur-teile sind oft weit verbreitet (vgl ebd 80)

Waumlhrend die Leistungsfaumlhigkeit mit zunehmendem Alter in manchen Bereichen (z B koumlrperliche Leistungsfaumlhigkeit Geschwindigkeit der Infor-mationsaufnahme und Risikobereitschaft) eher abnimmt zeigen sich auch Bereiche in denen sie gleich bleibt (z B Leistungs- und Zielorientierung Entscheidungsfaumlhigkeit und psychisches Durchhaltevermoumlgen) oder sogar zunimmt Beispiele sind Expertenwissen Urteilsfaumlhigkeit und Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein (vgl Bruggemann 2000)

Auf der anderen Seite zeigt sich im Alltag der Arbeit auch dass die Aus-uumlbung des Erzieherinnen-Berufs groszlige Freiraumlume und vielfaumlltige Entwick-lungsmoumlglichkeiten bietet die uumlber die Jahre und in der Summe positive Auswirkungen haben koumlnnen Gerade der Zuwachs an persoumlnlichen und be-ruflichen Erfahrungen sowie an Sicherheit kann einen Gewinn fuumlr das ge-samte Team darstellen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoWenn die Verschiedenheiten ndash persoumlnlich und fachlich ndash auf der Basis relevanter Gemeinsamkeiten stattfinden kann wird ein alters-gemischtes Team als Bereicherung fuumlr alle Beteiligten erlebt Das Verstaumlndnis fuumlr die Lebenssituation und Arbeitsweise des jeweils an-deren kann helfen individuelle Staumlrken zielfoumlrdernd einzusetzenldquo (Weiser 2013)

Dabei korrespondiert die Einschaumltzung der Leistungsfaumlhigkeit und Belastbar-keit von aumllteren Mitarbeiterinnen auch mit der jeweiligen Unternehmens-kultur (vgl BrandenburgDomschke 2007 112) Deshalb muumlssen bdquoUnterneh-mensleitung Fuumlhrungskraumlfte und Arbeitnehmervertretung [hellip] im Rahmen einer wertschaumltzenden Unternehmenskultur deutlich machen dass auch aumllte-re Mitarbeiter im Unternehmen unverzichtbar und fuumlr das Unternehmen wertvoll sindldquo (ebd) Diese Forderungen betreffen unterschiedliche Ebenen

ndash bdquoBewusstseinsschaffungSensibilisierung bei Management (Fuumlhrungskraumlf-ten) und Arbeitnehmervertretung

ndash Staumlrkung des Selbstbewusstseins aumllterer Mitarbeiter ndash Korrektur von Erwartungshaltungen bei aumllteren Mitarbeiternldquo (Branden-

burgDomschke 2007 112)

Als Leitungs- und Traumlgeraufgabe ergibt sich daraus die Anforderung fuumlr eine Atmosphaumlre und Haltung im Team zu sorgen in der die entsprechenden In-teressen Staumlrken sowie Schwaumlchen von jungen und aumllteren Mitarbeiterinnen offen angesprochen werden koumlnnen und daruumlber hinaus die Zeit- und Arbeitsorganisation so zu gestalten dass sie diese Unterschiedlichkeit be-ruumlcksichtigt Diese Leitvorstellung gilt letztlich auch fuumlr den Umgang mit an-deren Formen von Heterogenitaumlt insbesondere im Umgang mit unterschied-lichen Qualifikationen undoder Familiensituationen

Teams uumlbernehmen nicht nur gemeinschaftlich die Verantwortung fuumlr alle Aufgaben der Kindertageseinrichtung sondern sie regeln dazu auch ge-meinsam die Aufgaben(ver)teilung Im Idealfall werden Entscheidungen die die Einrichtung und das Arbeitsfeld betreffen von allen Teammitglie-dern partizipativ in einem demokratischen Verfahren getroffen Dabei wer-den Wissen und Erfahrung untereinander ausgetauscht Die Basis fuumlr diese Arbeit ergibt sich aus Vertrauen Offenheit und einem der gemeinsamen Sache verpflichteten Engagement Als zentrale Aufgabe der Leitung wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis in Form vielfaumlltiger Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch angesehen die gleich-zeitig das Wohlfuumlhlen im Team und in der Kindertageseinrichtung foumlrdern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und somit zur Personalbindung beitragen soll Beispiele dafuumlr die in der KONTI-Befragung angesprochen wurden sind ndash morgendliche Rituale zur Begruumlszligung damit sich die Mitarbeiterinnen

zumindest einmal am Tag persoumlnlich gesehen und gesprochen haben ndash unterschiedliche gemeinsame Pausenregelungen zur persoumlnlichen Aus-

sprache ndash gemeinsame dienstliche und private Aktionen z B Studientage oder

bdquoKochaktionenldquo ndash die Schaffung von Raumlumen die besonders den Anforderungen von Er-

wachsenen mit z B entsprechend gemuumltlichen Sitzecken die zum Ver-weilen und zum Austausch auffordern

Der Aufbau einer wertschaumltzenden und belastbaren Teamkultur stellt einen entscheidenden Aspekt von Teamentwicklung dar Teams werden hier vor eine groszlige Herausforderung gestellt da eine kritische Auseinandersetzung und die Akzeptanz von Fehlern und Konflikten noumltig werden Im Umgang mit Konflikten wird in einigen der befragten Einrichtungen eine eigene Kon-fliktloumlsungskultur entwickelt und gelebt die bis zur Umsetzung geeigneter Problemloumlsungen einen organisatorischen Rahmen vorgibt und Mediations-verfahren einschlieszligt Gut ein Drittel der befragten Einrichtungsleitungen erwartet dazu von den Mitarbeiterinnen zunaumlchst einen offensiven aber gleichermaszligen verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem ent-standenen Problem In anderen Faumlllen sehen Leitungen zwar Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinandersetzung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) In zwei Faumlllen wird von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team be-richtet die vor allem dadurch ausgeloumlst sind dass die Leitung versucht Ver-aumlnderungen umzusetzen (bdquoSie haben Angst sie fuumlhlen sich belastet durch diese Veraumlnderungenldquo) Eine der beiden betroffenen Leiterinnen plant des-halb einen Arbeitsplatzwechsel

Gerade Teamentwicklung kann dazu beitragen dass Energien aus der vorhandenen Heterogenitaumlt der Mitarbeiterinnen mobilisiert werden in-dem das Team lernt konstruktiv und offen mit Konflikten umzugehen und vorhandene Potenziale auszuschoumlpfen Dabei ist es fuumlr den Prozess der Team-entwicklung notwendig von Beginn an vorhandenen Aumlngsten durch den Aufbau von Sicherheit entgegenzuwirken und die (unterschiedlichen) Hal-tungen im Team zu thematisieren und zu uumlberpruumlfen Fuumlr die Moderation dieser Prozesse ist die Leitung zustaumlndig die im besonderen Maszlige vom Pro-zess betroffen ist Sie stellt nicht nur einen entscheidenden Wegbereiter dar

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sondern uumlbernimmt auch Vorbildfunktion z B fuumlr die Haltung zu Partizipa-tion den Umgang mit Kritik eigenen Fehlern sowie Abgrenzungserforder-nissen Dazu benoumltigt sie insbesondere ein ausgeglichenes Verhaumlltnis von Naumlhe und Distanz zum Team um professionell auf Prozesse und Team-Mit-glieder einwirken zu koumlnnen Ein zielgerichtetes und selbstreflektiertes Fuumlh-rungs- und Handlungsverstaumlndnis ist Voraussetzung dafuumlr dass die Leis-tungsfaumlhigkeit des Teams und gleichzeitig das Team- und Arbeitsklima durch Teamentwicklung und -fuumlhrung verbessert werden koumlnnen Die Moderation der Prozesse erfordert Kenntnisse uumlber Methoden und Arbeitstechniken so-wie uumlber deren moumlgliche Wirkungen

In den Leitungsinterviews werden verschiedene Maszlignahmen zur Personal-entwicklung genannt die teilweise auf individuellen teilweise auf traumlger-spezifischen Entwicklungskonzepten beruhen So gibt es in einer Einrich-tung zu Jahresbeginn sogenannte bdquoStartgespraumlcheldquo zwischen Leitung und Mitarbeiterinnen in denen Bedarfe und Probleme thematisiert werden koumlnnen oder es gibt Zielvereinbarungs- bzw Mitarbeitergespraumlche Allge-mein wird von ausreichenden Fortbildungsmoumlglichkeiten fuumlr das Team be-richtet Sie reichen von traumlgerinternen Schulungsangeboten zwischen einem und drei Tagen oder regelmaumlszligig stattfindenden Qualitaumltszirkeln zum intensi-

Hauptweichen fuumlr die Teamentwicklung (Lange 2015)

Eine gemeinsam entwickelte Team-Matrix gibt den Team-Mitglie-dern Orientierung uumlber Ziele Aufgaben Rollen und Positionen so-wie Verfahrens- und Verhaltensregeln Sie stellt die Grundlage fuumlr die Identifikation mit der Kindertageseinrichtung dar und gilt als eine der Hauptvoraussetzungen fuumlr die Bildung einer bdquolernenden Organisationldquo wenn die Mitarbeiterinnen bereit sind voneinander zu lernen und sich zu veraumlndern

Der Einsatz zielfuumlhrender Arbeitstechniken stellt neben ausrei-chenden Zeitressourcen und einschlaumlgigem Methodenwissen einen wesentlichen Eckpfeiler dar ndash um an Haltungen und fachlichen Kompetenzen im Team zu ar-

beiten und ndash um eine wertschaumltzende und belastbare Teamkultur aufzubauen

in der die Anspruumlche an Psychohygiene und psychischer Entlas-tung der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ven fachlichen Austausch uumlber Teamqualifikationen z T mit externen Refe-rentinnen bis hin zu einem dreitaumlgigen Einarbeitungsworkshop fuumlr neue Mitarbeiterinnen welcher der traumlgerspezifischen konzeptionellen und be-trieblichen Einweisung dient Wie bereits dargestellt (vgl Abschnitt 421) gehoumlrt die Unterstuumltzung der Teamentwicklung durch den Traumlger mit zu sei-nem Aufgabenprofil (vgl Oberhuemer 2003 61) Leitungskraumlfte bestaumltigen dies teilweise in den im Projekt KONTI durchgefuumlhrten Interviews Neben der Bereitstellung von Zeitressourcen berichten einige von ndash unterschiedlichen Formen von traumlgerinternen und -spezifischen Leitungs-

qualifikationen im Umfang mehrerer Tage oder in Form von Schulungs-reihen mit verschiedenen Modulen bzw Bausteinen

ndash Angeboten zur berufsbegleitenden Qualifikation fuumlr die Leitungstaumltig-keit in Form von Studium oder Weiterbildungen

ndash Teamentwicklungstagen und -workshops mit externer oder traumlgerinter-nen Moderation zur intensiven Auseinandersetzung mit Strukturen Rol-len- und Aufgabenverteilungen

ndash Patenschaften durch andere Leitungskraumlfte zur kollegialen Unterstuumlt-zung und Reflexion der Prozesse

ndash regelmaumlszligig bzw bei Bedarf stattfindender Supervision undoder Coaching fuumlr Leitungskraumlfte oder auch fuumlr ganze Teams

ndash Unterstuumltzung der Teams durch externe Moderation bei Konflikten

423 Monitoring der Mitarbeiterzufriedenheit

Ein funktionsfaumlhiges Beschwerdemanagement Mitarbeitergespraumlche und Mit arbeiterbefragungen gehoumlren zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten einer mitarbeiterorientierten Personalfuumlhrung Regelmaumlszligige Personalgespraumlche gibt es nach den Befragungen im Projekt KONTI bei den meisten Kita-Traumlgern Dabei ist mehrheitlich die Einrichtungsleitung fuumlr die Durchfuumlhrung zustaumlndig Gespraumlche mit der Leitung selbst erfolgen in der Regel durch Traumlgervertreterinnen wie z B die Fachberatungen oder die Personalverantwortlichen Zum Teil werden einheitliche Leitfaumlden zugrun-de gelegt Eine systematische Dokumentation der Ergebnisse konkrete Ziel-vereinbarungen auf der Grundlage der Gespraumlche oder eine uumlbergreifende Auswertung auf der Ebene des Traumlgers finden sich jedoch nur selten Neben solchen individuellen Mitarbeitergespraumlchen bietet sich die Nutzung von Beschaumlftigtenbefragungen an denn

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bdquoEine wesentliche Voraussetzung gelungener Organisations- und Personalentwicklung (in Kindertageseinrichtungen) ist es zielge-richtet und passgenau zu handeln ndash also eine konkrete Zielsetzung zu formulieren vor dem Hintergrund eines moumlglichst genauen und aktuellen Bildes der Erfordernisse und Bedarfe einer Organisation und des Personals Der erste Schritt im Prozess ist demnach eine Untersuchung des Ist-Zustandes z B des Gesundheitsstatus der Beschaumlftigten der Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden Eltern und Kindernldquo (Franz 2015a)

Vor diesem Hintergrund erweisen sich Kombinationen von Beschaumlftigten- und Elternbefragungen als sinnvolle Instrumente Beachtet werden muss da-bei dass Befragungen nicht allein aus Selbstzweck erfolgen Vielmehr muss mit den Ergebnissen gearbeitet werden Dazu gehoumlrt zum einen dass sie in den Teams kommuniziert werden wobei identifizierte Probleme diskutiert und zum Ausgangspunkt fuumlr die Erarbeitung von Loumlsungsvorschlaumlgen ge-nommen werden Zum anderen muss sich die Fuumlhrungsebene mit den Er-gebnissen auseinandersetzen und Schlussfolgerungen im Sinne der Planung von geeigneten Maszlignahmen daraus ziehen Werden Befragungen regelmaumlszligig wiederholt koumlnnen Veraumlnderungen im Zeitverlauf gemessen und damit auch der Erfolg der eingesetzten Maszlignahmen evaluiert werden (vgl Franz 2015a) Letztlich sind die Befragungen nur so gut wie ihre Einbindung in ei-nen Planungs- Entwicklungs- und Umsetzungsprozess An einer solchen sys-tematischen ndash vollstaumlndigen wie einrichtungsuumlbergreifenden ndash Analyse und zielorientierten Interpretation der Ergebnisse fehlt es haumlufig in der Praxis auch wenn Mitarbeiterbefragungen inzwischen von einer Reihe von Traumlgern eingesetzt werden Das Verfahren eines solchen Monitorings als eine Kom-bination von Fragen an Beschaumlftigte einerseits und an Eltern andererseits wird nachfolgend am Beispiel eines kommunalen Traumlgers vorgestellt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Monitoring in Kindertageseinrichtungen bei GeKita (BornJonassohn 2015)

GeKita (wwwgekitade) ist der Traumlger der staumldtischen Kindertages-einrichtungen in Gelsenkirchen Gemeinsam mit KCR (Konkret Consult Ruhr wwwkcr-netde) wurden 2013 und 2015 Beschaumlftig-ten- und Elternbefragungen in allen 65 Kitas durchgefuumlhrt Der Fra-gebogen wurde in einem eigens dafuumlr gebildeten Steuerungskreis (Abteilungsleitungen Kita-Leitungen Fachberatungen Mitarbeiterinnen Personalrat) entwickelt Die Befragungskonzeption wurde in einer Leitungskonferenz vorgestellt um die Kita-Leitungen als Multi-plikatorinnen zu gewinnen die dazu beitragen sollten Mitarbeiterinnen und Eltern fuumlr die Teilnahme an der Befragung zu motivieren Die Gesamtergebnisse der Befragungen wurden in Leitungskonferen-zen vorgestellt und im Steuerungskreis diskutiert Zusaumltzlich erhielt jede Leitung die Ergebnisse fuumlr ihre Einrichtung um sie in ihrem Team vorzustellen In kritischen Faumlllen gab es Gespraumlche mit der Fachberatung und Zielvereinbarungen uumlber Verbesserungsmoumlglich-keiten

Die Beschaumlftigtenbefragungen enthielten Fragen zur Mitarbeiter-zufriedenheit und zu Themen wie beispielsweise Fuumlhrung Informa-tion Mitarbeiterorientierung Organisation Team Fortbildung Ar-beitssituation und Work Life Balance In der Elternbefragung wurde die Kundenzufriedenheit abgefragt verbunden mit Bewertungsfra-gen zur Qualitaumlt der paumldagogischen Arbeit der Oumlffnungszeiten und der Atmosphaumlre in der Kita Auf diese Weise konnten sowohl (anony-misierte) Rankings der Einrichtungen im Hinblick auf die Mitarbei-ter- und die Elternzufriedenheit erstellt als auch Einrichtungen mit kritischen Ergebnissen identifiziert werden Des Weiteren konnte der Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Zufriedenheit in und mit allen Kindertageseinrichtungen des Traumlgers ermittelt werden Bei den Beschaumlftigten zeigte sich beispielsweise dass es das Team ist das den groumlszligten Einfluss auf die Zufriedenheit hat Daruumlber hinaus wurden die Ergebnisse der Jahre 2013 und 2015 miteinander verglichen Da-bei stellte sich heraus dass es insgesamt sowohl bei den Ergebnissen der Beschaumlftigten- als auch bei denen der Elternbefragung Verbesse-rungen erzielt worden sind und dass in denjenigen Einrichtungen in denen die Werte in der Erstbefragung problematisch gewesen waren

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424 Gesundheitsmanagement

Wenn bereits juumlngere Beschaumlftigte haumlufig uumlber gesundheitliche Probleme be-richten und viele die Befuumlrchtung haben die Arbeit nicht bis zum Rentenal-ter schaffen zu koumlnnen besteht hier offenkundiger Handlungsbedarf Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlr-derung sind darum aus der Sicht der Personalverantwortlichen der Kita-Trauml-ger inzwischen zu wichtigen Handlungsfeldern geworden denen man in der naumlchsten Zeit noch mehr Aufmerksamkeit widmen moumlchte und im Kontext der Personalfuumlhrung eine wachsende Bedeutung zumisst Bislang allerdings ist ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement fuumlr Kindertages-einrichtungen noch nicht sehr weit verbreitet In der STEGE-Studie werden die diesbezuumlglichen Ergebnisse im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen folgen-dermaszligen zusammengefasst

auf der Grundlage der Gespraumlche und Zielvereinbarungen Veraumlnde-rungen zum Positiven erzielt werden konnten

Von Interesse war auch der Vergleich zwischen den Beschaumlftigten- und den Elternbefragungen Insgesamt wurde ein Zusammenhang zwischen Beschaumlftigten- und Elternzufriedenheit festgestellt So be-fanden sich 2015 unter den zwoumllf Einrichtungen mit der houmlchsten Mitarbeiterzufriedenheit auch sechs mit der houmlchsten Elternzufrie-denheit umkehrt gehoumlrten von den zwoumllf Einrichtungen mit der ge-ringsten Mitarbeiterzufriedenheit auch fuumlnf zur Schlussgruppe in der Elternzufriedenheit Es gab jedoch auch Abweichungen in beide Richtungen wobei eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei geringer Elternzufriedenheit haumlufiger vorkam als umgekehrt Wenn die Mit-arbeiterzufriedenheit deutlich houmlher ist als die Elternzufriedenheit so kann dies darauf hindeuten dass die Beschaumlftigten Wege gefunden haben sich selbst zu entlasten aber die Beduumlrfnisse der Familien nicht hinreichend wahrnehmen der umgekehrte Fall koumlnnte ein In-diz dafuumlr sein dass das Team sich zu sehr unter Druck setzt Hohe Differenzen zwischen Mitarbeiter- und Elternzufriedenheit waren so-mit Anlass fuumlr Diskussionen in und mit den Teams

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

bdquoKonkrete Interventionen zum BGM werden sehr selten in den Ein-richtungen angeboten Workshops zu Zeitmanagement werden in 198 Prozent der Einrichtungen mit oumlffentlicher und 134 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft angeboten Ruumlckenschule oder Ruumlckentraining in 189 Prozent der oumlffentlichen und 43 Pro-zent der freien Einrichtungen und WorkshopsKurse zu Entspan-nungstechniken wie bspw Yoga Autogenes Training oder Progres-sive Muskelentspannung in 169 Prozent der Einrichtungen in oumlf-fentlicher und 50 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft Betriebsaumlrztliche Untersuchungen fuumlr ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten 327 Prozent der freien und 356 Prozent der oumlf-fentlichen Einrichtungen an Impfungen finden in 399 Prozent der freien und 520 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen statt Die Methode der Gesundheitszirkel wenden 288 Prozent der freien und 325 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen anldquo (ViernickelVoss 2013 77)

Im Sommer 2015 wurde auf Bundesebene das sogenannte Praumlventionsgesetz (Gesetz zur Staumlrkung der Gesundheitsfoumlrderung und der Praumlvention vom 15072015)17 beschlossen das zur Verwirklichung einer bdquoerweiterten Praumlven-tionskulturldquo (Richter 2015 7) beitragen und neben anderen Praumlventionsmaszlig-nahmen nicht zuletzt die Gesundheitsfoumlrderung im Betrieb verbessern soll Zur Gesundheitsfoumlrderung gehoumlrt neben der Arbeitsergonomie und dem Arbeitsschutz auch die Praumlvention um gesundheitlichen Belastungen und Gefaumlhrdungen am Arbeitsplatz nicht nur entgegenzuwirken sondern auch vorzubeugen Letztere beinhaltet eine Vielfalt von Maszlignahmen Vorsorge-untersuchungen Beratungsangebote Betriebssport und die Foumlrderung in-dividueller Aktivitaumlten der Mitarbeiterinnen (vgl BrandenburgDomschke 2007 190 ff) Entscheidend ist dass die Gesundheitsfoumlrderung nicht erst bei aumllteren Beschaumlftigten einsetzt sondern zum betrieblichen Alltag gehoumlrt

bdquoJe gesundheitsgerechter die Arbeit gestaltet ist desto leichter kann ein Mitarbeiter seine Taumltigkeit ausuumlben Lern- und gesundheitsfoumlr-derliche Arbeitsgestaltung ist alternsgerechte Arbeitsgestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 178)

17 wwwbmgbunddeministeriummeldungen2015praeventionsgesetzhtml (Abruf am 18042016)

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Dabei geht es sowohl um bdquoVerhaltenspraumlventionldquo also um die Staumlrkung ei-nes gesundheitsfoumlrdernden Verhaltens der Individuen als auch um eine bdquoVerhaumlltnispraumlventionldquo also um eine gesundheitsfoumlrdernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen (vgl FalkensteinGajewski 2015)

Bei vielen Traumlgern wird gerade hier eine Weiterentwicklung angestrebt Dabei geht es sowohl um Verhaumlltnis- als auch um Verhaltenspraumlvention Im Hinblick auf die Verhaumlltnispraumlvention sind verschiedene Themenfelder rele-vant von denen einige an anderer Stelle angesprochen werden ndash dies gilt bei-spielsweise fuumlr die Ermoumlglichung von gesundheitsorientierten Berufswege-korridoren (vgl Abschnitt 413) und fuumlr den Umgang mit Zeitressourcen (vgl Abschnitt 432) Dieser Hinweis zeigt dass ein betriebliches Gesund-heitsmanagement letztlich eine Querschnittsaufgabe darstellt bei der unter-schiedliche Handlungsfelder unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit beruumlcksichtigt werden muumlssen In der STEGE-Studie wird dies-bezuumlglich zwischen vier Ebenen unterschieden Handlungsbedarf und Hand-lungsoptionen bestehen im Hinblick auf die Rahmenbedingungen (Politik und Gesellschaft) bei dem jeweiligen Traumlger der Kita-Leitung und der Fach-kraft selbst (ViernickelVoss 2013 180)

Ein zentraler Aspekt in diesem Kontext ist eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung die in der Praxis uumlber Investitionen in ergonomisches Mobiliar (Erzieher-StuumlhleWickeltische mit Aufstiegen) und in den Laumlrm-schutz angegangen wird Einige Befragte berichten in der KONTI-Traumlger-befragung dass sie gerade hier nach Loumlsungsmoumlglichkeiten suchen Beide Bereiche finden durch Neubauten und Sanierungen vor allem beim (U3-)Ausbau Beruumlcksichtigung bdquowenn ruumlckenschonende Maszlignahmen in den Ein-richtungen baulich initiiert werdenldquo Der Aus- und Umbau der letzten Jahre hat darum gerade hier einiges moumlglich gemacht und der Zustand dieser Ein-richtungen hat sich durch diese Investitionen deutlich verbessert gerade auch fuumlr die Mitarbeiterinnen Trotzdem wird mehrfach darauf hingewie-sen dass solche Maszlignahmen einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und die Finanzierung oft schwierig sei Gleichzeitig wird festgestellt dass diese Maszlignahmen wirken jedoch im Altbestand der Gebaumlude haumlufig nicht umgesetzt werden koumlnnen

Ein weiteres wichtiges Thema ist Bewegung zur Praumlvention bzw Linde-rung von Ruumlckenbeschwerden Hier bietet eine Reihe von Traumlgern ndash groszlige wie kleine ndash unterschiedlichste Angebote im Sport- und Therapiebereich wie z B Mitgliedschaften oder Trainingszeiten im FitnessstudioSportver-ein gymnastische UumlbungenRuumlckenschule PhysiotherapieMassage Lauf-treff oder Fahrradtour

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Genannt werden daruumlber hinaus Themen wie Desinfektion Hygiene und Infektionsschutz (insbesondere fuumlr juumlngere Mitarbeiterinnen) und die Aus-gestaltung der Wiedereingliederung nach laumlngeren Erkrankungen (insbeson-dere bei aumllteren Mitarbeiterinnen) Zum Themenspektrum gehoumlren dane-ben (psychische) Belastungen und Belastungssituationen durch die Arbeit oder die Arbeitszeiten in den Einrichtungen Wiedereingliederungsmaszlig-nahmen und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (individuell und im Team) mit dem Ziel einer angepassten Arbeitsplatzgestaltung der Um-setzung von Entlastungsmaszlignahmen oder der Befreiung von bestimmten Aufgaben werden von einigen Befragten als Instrumente angesehen die sich zunehmend etablieren

Einige Traumlger wuumlnschen sich von ihren Mitarbeiterinnen mehr Selbst-fuumlrsorge und Eigeninitiative ndash bdquoeinen anderen Blick auf sich selbstldquo Nicht nur bdquoeine Kultur der gegenseitigen Offenheitldquo solle zum Thema vorhanden sein sondern die Mitarbeiterinnen sollten auch bdquomehr auf die eigene Ge-sundheit achtenldquo Sie bieten darum Fachtagungen und Fortbildungen zum Thema an auf denen z B auch Uumlbungen gezeigt werden bei einem Traumlger demnaumlchst auch web-basiert und als E-Learning Auch fuumlr Leitungen werden vereinzelt praumlventive Angebote zum (systemischen) Fuumlhren zum Zeit- und Stressmanagement und zur Supervision gemacht unter dem Blickwinkel dass gerade das Fuumlhren von Teams und Einrichtungen eine besonders an-spruchsvolle Taumltigkeit ist die zu besonderen Belastungen fuumlhren kann Re-gelmaumlszligige Betriebsarztbesuche werden ebenfalls haumlufiger als Angebote ge-nannt aber von einigen Mitarbeiterinnen als nutzlos bewertet

Ein weiterer groszliger Traumlger hat eine Mitarbeiterbefragung zu gesund-heitlichen Fragen durchgefuumlhrt mit dem Ergebnis dass er nun seine Beschaumlf-tigten im individuellen Umgang mit festgestellten Belastungen unterstuumlt - zen will und sie zu einer gesundheitsfoumlrderlichen Haltung anregen moumlchte Ziel ist es dabei zu einem bewussten Umgang mit Arbeitsbelastungen und -anforderungen und damit auch zur Mitarbeiterzufriedenheit beizutragen

Die institutionelle Verankerung des Themas Gesundheit erfolgt bei den Traumlgern in eigens dafuumlr eingerichteten Arbeitsgruppen Gesundheitszirkeln oder Work-Life-Gruppen in der Personalabteilung einer Fachstelle einer AG Personal oder der Betriebs- bzw Personalversammlung Zwei der befrag-ten Traumlger verfuumlgen uumlber ein betriebliches Gesundheitsmanagement bei ei-nem weiteren besuchen zwei Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildun-gen Ein Traumlger weist darauf hin dass er in Zukunft Personal in Form einer Fachkraft fuumlr Gesundheitsschutz einbringen wird Haumlufig erfolgt die Aus-einandersetzung mit dem Thema projektfoumlrmig haumlufiger dabei auch in Ko-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

operation mit Dritten wie Gesundheitsamt Krankenkassen Gewerkschaften oder Universitaumlten

Betrachtet man die Ergebnisse der Beschaumlftigteninterviews (vgl Ab-schnitt 321) bei denen bei den befragten Erzieherinnen einerseits eine sehr hohe persoumlnliche Motivation und Identifikation mit ihrer Arbeit fest-gestellt wurde die allerdings andererseits mit einem wenig professionellen Selbstbild ihres Berufs verbunden sind so wird deutlich dass insbesonde- re stressreduzierende Maszlignahmen von zentraler Bedeutung sind Neben den wachsenden Anforderungen im Arbeitsfeld und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung ergibt sich offensichtlich zusaumltzlich ein Uumlberforderungs-potenzial das in der eigenen Haltung der Beschaumlftigten gegenuumlber ihrem eigenen z T persoumlnlich unzureichend definierten Leistungsvorstellungen als Erzieherin begruumlndet ist Bezogen auf die Verhaltenspraumlvention geht es darum vor allem um den individuellen Umgang der einzelnen Beschaumlftigten mit Stresssituationen Beide Aspekte haumlngen eng miteinander zusammen

bdquoArbeit ist gesundheitsfoumlrderlich wenn sie die Arbeitenden befaumlhigt und ermaumlchtigt in ihrer Bewaumlltigung der Anforderungen der Ar-beitswelt eine Balance zwischen den eigenen Moumlglichkeiten und Zielvorstellungen und ihren Arbeitsbedingungen herzustellenldquo (Richter 2015 8 vgl auch Beck 2011 15 ff)

Ein Beispiel fuumlr die Weiterentwicklung von Verhaltenspraumlvention das diese Herausforderungen aufgreift stellt der Ansatz eines haltungs- und gesund-heitsorientierten Qualitaumltsmanagements (HGQM)18 dar (vgl Esch 2015ab) Das HGQM legt seinen Fokus auf die kontinuierliche Reflexion der eigenen inneren Haltung der Beteiligten d h der Mitarbeiterinnen ebenso wie der Fuumlhrungskraumlfte und geht davon aus dass die Uumlbereinstimmung des taumlgli-chen Handelns mit der inneren Haltung und den persoumlnlichen Werten von hoher Bedeutung dafuumlr ist inwieweit Beanspruchungen ndash negativ ndash als Be-lastungen empfunden werden (vgl Kapitel 1) und wie sie sich somit auf die fuumlr die psychosoziale Gesundheit auswirken Der psychosozialen Gesundheit der Mitarbeiterinnen wiederum wird ein wesentlicher Einfluss auf die Pro-zessqualitaumlt zugeschrieben Fuumlr ein gelingendes Qualitaumltsmanagement ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig dass sich die Mitwirkenden immer wieder ihrer eigenen inneren Haltung insbesondere zu fach- und gesell-

18 httpwwwhg-qmde (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schaftspolitisch zentralen Themen der Kita-Arbeit bewusst werden Das HGQM konzipiert daher ein mehrstufiges Verfahren das in einem auf etwa drei Jahre angelegten Zyklus verschiedene Elemente kombiniert Mitarbei-ter- und Elternbefragungen bilden die Basis zur Informationsgewinnung ein spezielles Coaching uumlber alle Hierarchieebenen hinweg zielt auf die Reflexi-on von Arbeitssituationen und der inneren Haltung Qualitaumltszirkel der Ein-richtungsleitungen dienen dem Austausch und dem gemeinsamen Lernen in Teamtagen wird in den einzelnen Einrichtungen mit den Befragungser-gebnissen gearbeitet bei jaumlhrlichen Strategietagen erfolgt die Weiterentwick-lung des Verfahrens auf der Fuumlhrungsebene des Traumlgers Ein Beispiel fuumlr die Umsetzung dieses Ansatzes fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung ist das Projekt bdquoGesund arbeitenldquo (GesA) des Kita-Zweckverbands Essen

Das Projekt Gesund arbeiten (bdquoGesA bdquo) im KiTa Zweckverband Essen19

Der KiTa Zweckverband im Bistum Essen fuumlhrte 201314 das Projekt GesA (Gesund Arbeiten) im Rahmen der Initiative bdquoGleichstellung von Frauen in der Wirtschaftldquo des Bundesministeriums fuumlr Arbeit und Soziales durch Das Projekt basierte auf dem Ansatz des gesund-heits- und haltungsorientierten Qualitaumltsmanagements Ziel war die Realisierung einer individuellen Gesundheitsfoumlrderung angeleitet durch die Fragestellung bdquoWie kann es vor dem Hintergrund stei-gender Anforderungen und Belastungen gelingen gute Arbeit zu machen und gesund zu bleibenldquo Es ging also darum durch eine bdquoHaltungspraumlventionldquo die Resilienz der paumldagogischen Fachkraumlfte zu staumlrken und damit Belastungen bdquoabzupuffernldquo Das Projekt enthielt vier Elemente (Newsletter 12013 und 22013)20

1 SchriftlicheBefragung allerMitarbeiterinnen Bei der schriftlichen Befragung ging es um die Erhebung der Ausgangssituation in Form einer Arbeits-Belastungs-Ressourcen-Analyse Mit einem an-onymen Fragebogen wurden die Beschaumlftigten um Auskunft bei-spielsweise uumlber Gesundheit und Erholung Arbeitszeitregelun-

19 httpwwwkita-zweckverband-gesade (Abruf am 18042016)20 httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684352pdf und httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684198pdf (Abruf am 18042016)

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gen sowie Kommunikation und soziale Unterstuumltzung gebeten Bei 2835 Frageboumlgen wurde eine Ruumlcklaufquote von 49 Prozent realisiert Aus der Befragung wurden gleichzeitig Anregungen fuumlr konkrete Maszlignahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entnommen

2 Entwicklung und Durchfuumlhrung eines Fortbildungsprogramms Ein auf den Befragungsergebnissen und dem Haltungsansatz basierendes Fortbildungsprogramm (bdquoGesA-Gesundheitszirkelldquo) wurde entwi-ckelt und umgesetzt Dabei ging es beispielsweise um Themen wie Stressmanagement sowie Krisen- und Konfliktmanagement Im ersten Modul stand die Schaumlrfung des professionellen Selbstbilds im Mittelpunkt bdquoDabei ging es u a um das Entdecken der eigenen Wertehierarchie und den Umgang mit Veraumlnderungen Durch die systematische Reflexion der eigenen Haltung und der damit ver-bundenen ndash vielleicht bisher nicht wahrgenommenen ndash Ressour-cen konnten die Teilnehmerinnen zielgerichtet an der positiven Entwicklung ihres Selbstbilds arbeitenldquo (Newsletter 22013 1) Um moumlglichst vielen Beschaumlftigten die Gelegenheit zur Teilnah-me an den Fortbildungen zu geben und um das Projekt uumlber die Laufzeit hinaus weiterfuumlhren zu koumlnnen wurden einige Mitar-beiterinnen und Leitungskraumlfte als Multiplikatorinnen fuumlr die Durchfuumlhrung von Gesundheitszirkeln qualifiziert

3 E-Learning-Plattform als Ergaumlnzung zum Fortbildungsprogramm Mit-hilfe einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte des Fortbil-dungsprogramms nachhaltig fuumlr alle Beschaumlftigten nutzbar ge-macht Auch diejenigen die nicht am Fortbildungsprogramm teilgenommen haben koumlnnen auf diese Weise das darin vermittel-te Wissen erwerben

4 Evaluation des Projekts In der zweiten Haumllfte des Jahres wurde eine Nachbefragung durchgefuumlhrt die einen Vergleich mit den Ergeb-nissen der Erstbefragung ermoumlglichte Dabei wurde die Entwick-lung des Belastungsempfindens von Beschaumlftigten die am Fortbil-dungsprogramm teilgenommen hatten mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmenden verglichen Diese Evaluation zeigte deutliche Effekte So war beispielsweise bei den Teilnehmerinnen der Anteil derjenigen die angaben dass es ihnen oft schwerfaumlllt nach der Arbeit abzuschalten deutlich gesunken (Franz 2015b)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Fasst man die verschiedenen Aspekte eines Gesundheitsmanagements fuumlr die Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen zusammen so lassen sich drei zentrale Ebenen fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung identifizie-ren ndash Bei der materiellen Ausstattung der Einrichtungen sind vor allem Fragen

des Laumlrmschutzes und ein ergonomisches Mobiliar von Bedeutung ndash Aufgrund der koumlrperlichen Belastungen besteht ein Bedarf an Praumlventi-

onsangeboten Dazu gehoumlren sowohl Maszlignahmen die in den betriebli-chen Ablauf integriert werden (wie beispielsweise Besuche von Physio-therapeutinnen in der Einrichtung) als auch die Foumlrderung privater Ei-geninitiative der Beschaumlftigten (wie die Unterstuumltzung der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio)

ndash Fuumlr die Reduzierung von Stress bewaumlhren sich Fortbildungsangebote die auf die Staumlrkung von Resilienz setzen Die Arbeit an der eigenen Haltung bietet hier erhebliche Potenziale

Gesundheitsfoumlrderung in diesem Sinne darf allerdings nicht als Ersatz fuumlr eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verstanden werden ndash etwa nach dem Motto bdquoWenn die Beschaumlftigten lernen mit Belastungen besser umzu-gehen muumlssen die Belastungen nicht mehr reduziert werdenldquo Michael Nie-haus (2015) spricht in diesem Kontext von bdquoorganisationaler Beschaumlftigungs-faumlhigkeitldquo die er folgendermaszligen definiert

bdquoOrganisationale Beschaumlftigungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit einer Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten dass die Wertschoumlp-fungsprozesse mit den verfuumlgbaren Potenzialen der Beschaumlftigten realisiert werden und damit die Existenz der Organisation gesichert wirdldquo (Niehaus 2015 51)

Gesundheitsfoumlrderung im Sinne einer solchen gleichermaszligen organisationa-len wie individuellen Beschaumlftigungsfaumlhigkeit stellt eine Fuumlhrungsaufgabe dar und muss somit als ein integraler Bestandteil einer insgesamt auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Personalwirtschaft verstanden werden

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Eine nachhaltige Personalpolitik die auf Personalbindung und damit auf eine dauerhafte Beschaumlftigung von Mitarbeiterinnen setzt muss sich letzt-lich auch an den persoumlnlichen Potenzialen der Beschaumlftigten in deren Lebens-verlauf ausrichten Uumlbergeordnetes Ziel einer solchen personalpolitischen Strategie ist die Foumlrderung einer Work-Life-Balance fuumlr Beschaumlftigte die ne-ben ihrem Beruf familiaumlre Verpflichtungen zu bewaumlltigen haben In diesem Feld typischerweise eingesetzte Instrumente betreffen zum einen Arbeits-zeitkonzepte und zwar sowohl zur Gestaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten (Abschnitt 431) als auch zum Zeitmanagement im Rahmen der Personaleinsatzplanung und Dienstplangestaltung (Abschnitt 432) Zum anderen geht es um die Unterstuumltzung der Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Familienaufgaben (Abschnitt 433)

431 Teilzeitarbeit und Teilzeitkonzepte

Work-Life-Balance bedeutet bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen heute zunaumlchst und nahezu selbstverstaumlndlich das Angebot zur Stundenre-duktion Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita ist darum ndash wie in vielen anderen Branchen auch ndash ein weit verbreitetes personalwirtschaftliches Instrument (vgl im Folgenden Micheel 2015) Nicht nur beim Ausmaszlig der Teilzeitar-beit sondern gerade auch bei der Haltung der Personalverantwortlichen und Leitungskraumlfte gegenuumlber diesem Instrument zeigten sich im Projekt aller-dings starke regionale Unterschiede die sich mit den verschiedenen Beweg-gruumlndungen fuumlr seinen Einsatz und den damit verbundenen spezifischen Gestaltungsmerkmalen erklaumlren lassen

In den westlichen Bundeslaumlndern wird in der Traumlgerbefragung auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (2011) hingewiesen die zu befolgen sind und deren Ziel es ist die bdquoTeilzeitarbeit zu foumlrdern die Voraus-setzungen fuumlr die Zulaumlssigkeit befristeter Arbeitsvertraumlge festzulegen und die Diskriminierung teilzeitbeschaumlftigten und befristet beschaumlftigten Arbeit-nehmern zu verhindernldquo (vgl BMAS 2011) Nicht zuletzt aufgrund die - ses Rechtsanspruchs hat Teilzeitbeschaumlftigung bei den befragten Traumlgern im Westen vor allem die Funktion erhalten die Work-Life-Balance von Mitar-beiterinnen mit Familienpflichten zu erleichtern

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dabei meistens im persoumlnlichen Ge-spraumlch zwischen dem Traumlger (z T in Kooperation mit der Einrichtungslei-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

tung) und der jeweiligen Mitarbeiterindem jeweiligen Mitarbeiter bei dem der individuelle Wochenstundenumfang und die Arbeitswoche vereinbart werden Die vielfach einzige Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) entspricht dabei dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen mit eigenen Kindern nach einer Halbtags-stelle Bestandteil des Gespraumlchsergebnisses ist daneben haumlufig die Zusage des Arbeitgebers zur Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange der Mit-arbeiterindes Mitarbeiters insbesondere bei der Festlegung der konkreten Arbeitszeiten im Dienstplan Teilzeit-Beschaumlftigung ist damit bei der Mehr-heit der befragten Traumlger in den westlichen Bundeslaumlndern das Ergebnis ei-nes individuellen Aushandlungsprozesses und ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und Personalbindung geworden

Grundsaumltzlich sind die im KONTI-Projekt befragten in Teilzeit arbei-tenden Erzieherinnen in den meisten Faumlllen mit ihrer Arbeits(zeit)situation zufrieden wird die Stundenreduktion doch immer auch als persoumlnliche Ent-lastung im Berufsalltag empfunden Verlaumlssliche Arbeitszeiten und ein ge-wisses Maszlig an Flexibilitaumlt ndash Rahmenbedingungen die ihnen in der Ein-richtung meistenteils gewaumlhrt werden ndash tragen sehr zur Zufriedenheit bei Unzufriedenheit oder sogar Konflikte entstehen allerdings wenn die Verein-barkeit von Beruf und Familie mit der Leitung nicht geklaumlrt werden kann

Dennoch herrscht im Westen oft der Eindruck vor dass Teilzeitbeschaumlf-tigung fuumlr Kinderbetreuungsbetrieb und Arbeitgeber als Belastung wahr-genommen wird Die angewachsene Zahl an klassischen Halbtagsstellen in der Kita mit festen Arbeitszeiten moumlglichst nur am Vormittag ist hier aus der Sicht von Leitungen und Personalverantwortlichen mit einer Reihe von Problemen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb behaftet und wird darum uumlber-wiegend kritisch gesehen Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlh-ren nach Meinung vieler Personalverantwortlicher zu viele Teilzeitkraumlfte (auf Vormittagsstellen) in einer Einrichtung zu Problemen Aufgrund der eige-nen Familiensituation der Mitarbeiterinnen koumlnnen diese beispielsweise nicht alle Dienste im Schichtbetrieb uumlbernehmen die Dienstplangestaltung wird komplizierter Wenn es viele Teilzeit-Kolleginnen in einem Team gibt wird dies haumlufig von den Vollzeitkraumlften als zusaumltzliche Belastung wahrge-nommen Bei den Teilzeitlerinnen selbst fuumlhrt die Stundenreduktion ndash trotz hoher Motivation ndash oft zu Umgewoumlhnungsschwierigkeiten Das Gefuumlhl dass man nicht mehr alles schafft wird als Druck Stress und Uumlberforderung empfunden Nur selten ist fuumlr die befragten Teilzeitkraumlfte eine Verringerung des Arbeitspensums oder eine Reduzierung des Aufgabenspektrums verein-bart worden Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Mit der kuumlrzeren Praumlsenzzeit in der Kita fehlt Zeit fuumlr die noumltigen Absprachen und den erforderlichen Austausch aber auch fuumlr die umfassende Begleitung der Entwicklungsprozesse der Kin-der und fuumlr Elterngespraumlche Oft fuumlhlen sie sich deshalb nicht mehr als voll-wertiges Teammitglied nicht zuletzt auch wegen der eingeschraumlnkten Parti-zipationsmoumlglichkeiten Um die Funktionsfaumlhigkeit der Teams fuumlr alle Betei-ligten zu sichern ist es darum wichtig Kommunikationsstrukturen fuumlr die Teams durch entsprechende zeitliche Ressourcen zu schaffen und Regelun-gen zu finden die sowohl den Belangen der einzelnen Mitarbeiterinnen als auch des Gesamtteams gerecht werden Daruumlber hinaus bedarf es Regelun-gen des Traumlgers die Moumlglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit definie-ren und hier konkrete Vorgaben zur Orientierung geben

Bei den am Projekt beteiligten Traumlgern in Thuumlringen wird Teilzeitarbeit in der Kindertageseinrichtung nach den Befragungsergebnissen zu urteilen anders bewertet Hier ist sie weitgehend etabliert und wird akzeptiert wurde das Instrument der Arbeitszeitreduktion doch in den 1990er Jahren zunaumlchst eingesetzt um Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden Seither stellt Teilzeitarbeit in diesem Bundesland quasi das Standard-Angebot der Traumlger an ihre Fachkraumlfte in der Kita dar Allerdings handelt es sich dort ganz uumlber-wiegend nicht um die klassische Halbtagsstelle sondern um vollzeitnahe Be-schaumlftigung auf der Basis von Sockelarbeitsvertraumlgen mit 30 oder 32 Wochen-stunden

Aus der Sicht der befragten Personalverantwortlichen dort sind diese Re-gelungen mit vielen Vorteilen fuumlr den Betreuungsbetrieb verbunden Einer-seits verbessert sich die Personalsituation in der Einrichtung weil die Arbeit auf mehr Mitarbeiterinnen verteilt wird auch kurzfristige Personalausfaumllle koumlnnen durch die bessere Besetzung gut aufgefangen werden Daneben er-gibt sich durch den Einsatz des Instruments die Moumlglichkeit auf die unter-jaumlhrigen Schwankungen im Betreuungs- und damit Personalbedarf einer Kindertageseinrichtung zu reagieren Im Sinne einer Flexibilitaumltsreserve koumln-nen sowohl die saisonalen Schwankungen im Betreuungsbedarf (kontinuier-licher Anstieg der betreuten Kinder im Verlauf des Kindergartenjahres bis zum naumlchsten Einschulungstermin) bzw in der Personaldecke (Erkrankun-gen Schwangerschaften Elternzeiten Fortbildungen) ausgeglichen werden Auf der Basis eines zusaumltzlich zum Teilzeitvertrag vereinbarten flexiblen Stundendeputats oder mithilfe einer bdquoAnordnung von Mehrarbeitldquo wird dazu je nach Arbeitsanfall und Personalsituation in der Kita die Wochen-arbeitszeit von Mitarbeiterinnen hoch- und spaumlter wieder zuruumlckgefahren Die Sockelarbeitszeitmodelle fuumlhren somit zu mehr personeller Stabilitaumlt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und Kontinuitaumlt in den Teams und letztlich auch zu mehr Beschaumlftigungs- und Planungssicherheit fuumlr den Traumlger Fuumlr die Beschaumlftigten bieten sie einer-seits den Vorteil dass die als belastend empfundene Personalknappheit bei kurzzeitigem Betreuungsmehrbedarf oder durch unvorhergesehene Perso-nalausfaumllle reduziert wird ohne dass fuumlr diese begrenzten Zeitraumlume neue Mitarbeiterinnen befristet eingestellt und eingearbeitet werden muumlssten Andererseits sind diese Konzepte mit Schwankungen im Einkommen und der persoumlnlich verfuumlgbaren Zeit verbunden

Teilzeitarbeit ist im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch in der Weise zu organisieren dass sie nicht zu einer Diskriminierung der Teil-zeitarbeitenden im Hinblick auf Einsatz- und Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlhrt Mit Blick auf die vor der Familienphase bereits ausgefuumlllten Positionen faumlllt im Rahmen der Ergebnisse der Beschaumlftigtenbefragung insbesondere bei den Erzieherinnen aus Nordrhein-Westfalen auf dass ihre Ruumlckkehr in den Beruf mehrheitlich mit einem Abstieg verbunden war Uumlberwiegend sind sie nun lediglich als Ergaumlnzungs- bzw Zweitkraft beschaumlftigt obwohl sie zuvor min-destens die Gruppenleitungs- manche sogar (stellvertretende) Leitungsfunk-tionen innehatten Dieser Ruumlckschritt erfolgte z T auf eigenen Wunsch weil sie sich aufgrund ihrer familiaumlren Situation den damit verbundenen zeitli-chen Flexibilitaumltserfordernissen nicht gewachsen sahen Grundsaumltzlich ist bei den Teilzeitkraumlften die eigene Kinder zu versorgen haben aber durchaus eine Karriereorientierung (Aufstieg oder Spezialisierung) festzustellen Auf-grund der damit verbundenen Vollzeitarbeit und notwendigen Weiterbil-dung wird jedoch auch diese Perspektive von mehreren zunaumlchst im Interes-se der eigenen Familie zuruumlckgestellt Teilzeitarbeit in der Kita wirkt damit zusaumltzlich zu einem bereits erfolgten Ruumlckschritt beim Wiedereinstieg auch mittel- bis langfristig als Karrierebremse ndash auf nun niedrigerer Position

Vor dem Hintergrund der Projektergebnisse kann Teilzeitarbeit in der Kita gelingen wenn zunaumlchst eine systematische Auseinandersetzung mit ih-ren Wirkungen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb und damit eine umfassen-de Reflexion uumlber den bisherigen Einsatz des Instruments erfolgt bei der die eigenen Praxiserfahrungen zusammengetragen und bewertet werden Auf dieser Basis koumlnnen grundsaumltzliche Entscheidungen zur Gestaltung getroffen werden Dies kann als Aufgabe gezielten Personalmanagements aber auch als Dienstvereinbarung in Kooperation mit Personalraumlten und Mitarbeiter-vertretungen erfolgen (vgl DGB-Bundesvorstand 2014 Buumlntgen 2013) Be-standteile eines solchen Teilzeitkonzepts sind neben Gestaltungsoptionen zunaumlchst auch Ziele und Motive fuumlr seinen Einsatz Letztlich gilt es dem Rechtsanspruch auf Teilzeit gerecht zu werden und dabei die mit dem Instru-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

ment verbundenen Chancen zu nutzen sowie moumlgliche Nachteile zu vermei-den

Grundsaumltzliche Aufgabe eines solchen Personalkonzepts ist es fuumlr einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und gleichzeitig die unterschiedlichen Inter-essen aller Beteiligten in eine Balance zu bringen Dazu gilt es zunaumlchst den erforderlichen Handlungsrahmen aus Sicht des Traumlgers zu definieren und im Interesse der betrieblichen Belange zu begrenzen Dabei ist zu beruumlcksichti-gen dass sich letztlich stets das Beduumlrfnis nach Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt fuumlr Betriebe und Mitarbeiterinnen einerseits und die im betrieblichen und priva-ten Alltag notwendige Flexibilitaumlt andererseits gegenuumlberstehen Weitere zen-trale Elemente eines solchen Konzepts koumlnnen beispielsweise folgende sein ndash Wochenarbeitszeitmodelledefinieren Fuumlr die Verteilung der Arbeitszeit auf

die Wochentage koumlnnen unterschiedliche Modelle angeboten werden die den unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiterinnen entsprechen wie z B Zweieinhalb- Vier-Tage- oder Fuumlnf-Tage-Woche (halbtags) etc Auch kleine Teilzeiten finden sich in der Praxis etwa als Minijobs fuumlr El-ternzeitlerinnen (6ndash8 Stunden) fuumlr gezielte Aufgaben (Springer Vertre-tung individuelle Foumlrderung oder Aumlhnliches)

ndash RegelungenfuumlreinebdquogerechteldquoVerteilungvonTeilzeitstellenuumlberdieEinrich-tungen Verschiedene Formen von Teilzeitarbeit (z B klassische Vormit-tagsstellen) sollten nach nachvollziehbaren Kriterien auf die Einrichtun-gen verteilt sein damit sie mit dem Kinderbetreuungsbetrieb vertraumlglich sind ndash eine Maszlignahme uumlbrigens die bereits haumlufig Anwendung findet z B indem nur begrenzte Anzahlen von klassischen Vormittagsstellen pro Kita oder nur eine Stellenteilung pro Gruppe vorgesehen werden

ndash Flexibilitaumltserwartungen des Traumlgers transparent machen und im Gegenzug Verlaumlsslichkeit und Planbarkeit zusichern Auch Teilzeitkraumlfte identifizieren sich mit dem was sie tun und tun moumlchten um als vollwertiger Mitar-beiterin wahrgenommen zu werden Sie uumlbernehmen gerne bestimmte Aufgaben ndash etwa saisonale Mehrarbeit oder auszligerplanmaumlszligige Arbeiten ndash wenn sie eigenverantwortlich planbar sind und ins persoumlnliche Zeitraster eingepasst werden koumlnnen

ndash Arbeitsplatzbeschreibungen fuumlr die verschiedenen Teilzeitmodelle entwickeln Weniger Bezugskinder und weniger Dokumentationspflichten sind die bislang einzigen uumlblichen Maszlignahmen zur Entlastung von Teilzeitkraumlf-ten Sinnvoller erscheint es anhand einer Arbeitsanfall-Analyse das ge-samte Arbeitspensum in der Kita zu definieren und daraus Arbeitsplatz-beschreibungen unter Beruumlcksichtigung der Teilzeitstellen abzuleiten (vgl Abschnitt 432)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash Partizipation und Austausch durch geeignete Maszlignahmen ermoumlglichen Zeit-liche Ressourcen fuumlr die notwendige Abstimmung im Team koumlnnen z B durch ein Uumlbergabe-Management oder durch mehr Verfuumlgungszeit fuumlr Teilzeitkraumlfte geschaffen werden (vgl LSJV 2005)

ndash BeruflicheFortbildungvonTeilzeitkraumlftenfoumlrdernErwerbstaumltige Muumltter stel-len ihre eigenen beruflichen Interessen oft zugunsten ihrer eigenen Kin-der zuruumlck was mittel- und langfristig mit negativen Folgen fuumlr die eige-ne Motivation die Qualitaumlt und die Identifikation mit der Arbeit (und damit fuumlr den gesamten Betrieb) verbunden sein kann Im Sinne der In-tention von Teilzeitarbeit als Instrument der Personalbindung wirkt die-se Haltung darum eher kontraproduktiv Die Foumlrderung der beruflichen Fortentwicklung fuumlr Teilzeitkraumlfte kann in Form von Fachkarrieren etwa im Sinne einer Spezialisierung oder durch die Entwicklung von Zusatz-kompetenzen erfolgen (vgl Abschnitt 413)

ndash Modelle fuumlr Leitung in Teilzeit entwickeln Weibliche Fuumlhrungskraumlfte ndash in der Wirtschaft insgesamt immer noch wenig verbreitet ndash sind ein beson-deres Kennzeichen von Kitas Zu selten noch wird die Uumlbernahme der Leitungsposition jedoch in Teilzeit gedacht Geeignete Leitungsmodel-le ndash fuumlr groszlige Einrichtungen auch fuumlr die Stellvertreter-Position ndash lassen sich entwickeln z B als Jobsharing-Modelle als vollzeitnahe Varianten oder als Phasen-Modelle (Vollzeitphase uumlber mehrere Monate im Wech-sel mit Teilzeitphasen vgl BMFSFJ 2008 27 ff)Diese grundsaumltzlichen Uumlberlegungen lassen sich am Praxisbeispiel des

Teilzeitkonzeptes des Jugendamtes Duumlsseldorf veranschaulichen

Teilzeitkonzept als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo (Jugendamt Duumlsseldorf 2011a)

Bestandteil eines Konzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo der Stadt Duumlsseldorf ist ein Teilzeitkonzept im Rahmen verschiede-ner Maszlignahmen zur bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo Die bdquoEmpfehlungen zur Teilzeit im Jugendamtldquo verfolgen das Ziel einen ordnenden Rahmen zu schaffen Hiermit soll eine Balance zwischen den betrieblichen Interessen einerseits und andererseits den Wuumln-schen der voll- und teilzeitbeschaumlftigten Mitarbeiterinnen hergestellt werden Die angestrebte Uumlberschaubarkeit wird mithilfe von vier Zeitfenstern (vgl Abbildung 6) und einer Anzahl von organisatori-schen Angaben und Regelungen hergestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mithilfe der Zeitfenster wird einerseits zwischen horizontaler und vertikaler Teilzeit unterschieden Nach Absprachen und unter Be-ruumlcksichtigung betrieblicher Erfordernisse ist eine taumlglich stattfinden-de Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der unterschiedlich vertrag-lich vereinbarten Wochenarbeitszeit in Form von Teilzeit bdquoklassischldquo und bdquopurldquo ebenso moumlglich wie die Umsetzung an einzelnen Wochen-tagen in Form der bdquokurzen Wocheldquo und bdquoTeilzeit plusldquo

Die Moumlglichkeit zur weitgehend individuellen Handhabung und Umsetzung der Zeitfenster fuumlhrt dazu dass ca 80 verschiedene Teil-zeitvarianten umgesetzt werden Zudem erweist sich die bdquokurze Teil-zeitldquo bei der die Wochenarbeitszeit auch unter 10 Stunden liegen kann als sinnvoll da hiermit bestimmte Aufgabenbereiche z B spe-zielle Angebote in der Kita durch Erzieherinnen in der Elternzeit ab-gedeckt werden die ihnen die Moumlglichkeit zur Erwerbsarbeit bieten und sich zudem foumlrderlich auf den Wiedereinstieg auswirken

Abbildung 6

Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell

Quelle Jugendamt Duumlsseldorf 2011a

Kurze Woche19ndash21 Std

3 Tage

24ndash30 Std

3ndash5 Tage

Kurze Teilzeit (fuumlr Mitarbeiterinnen) Spezialaufgaben auch unter 10 Std Wochenarbeitszeit

19ndash21 Std

5 Tage

12ndash15 Std

2ndash3 TageTeilzeit plus

Teilzeit klassisch

Teilzeit pur

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Eine weitere Orientierung und ebenso Verbindlichkeit zum Um-gang mit Teilzeit wird durch unterschiedliche Regelungen erzielt Zu den grundsaumltzlichen Regelungen gehoumlren z B Stellenbeschreibun-gen die Einbindung in die Kommunikationsstruktur der Einrich-tung Service- und Oumlffnungszeiten Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausschlieszligliche Taumltigkeit am Vormittag und die Notwendigkeit zum Vorhandensein der Bereitschaft zu wechselnden Dienstzeiten

Regelungen zu Teilzeit in Leitungsfunktion verweisen auf die grundsaumltzliche Teilbarkeit aller Fuumlhrungspositionen

Abteilungsspezifische Regelungen nehmen zudem Bezug auf die Anforderungen der unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsge-biete Fuumlr die Abteilung Kindertageseinrichtungen beziehen sich die-se z B auf ndash Moumlglichkeit zur Realisierung des Teilzeitwunsches in einer ande-

ren Kita ndash keine Reduzierung des Stundenbudgets der Einrichtung durch

Teilzeit ndash zeitnahe Besetzung von Reststunden die bei der Realisierung

eines Teilzeitwunschs nicht mehr abgedeckt sind ndash maximale Erhoumlhung der Anzahl der Mitarbeiterinnen einer

Gruppe durch eine Person ndash Vorgabe zur Zahl der Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung die

nicht houmlher sein soll als die der Vollzeitkraumlfte ndash Grenzen von Teilzeit z B Ausschluss der Gruppenleitung einer

Familiengruppe mit vielen unter Dreijaumlhrigen ndash Bereitstellung von 05 Stunden woumlchentlich pro geteilter Vollzeit-

stelle zur Durchfuumlhrung von Besprechungen ndash Anleitung von Praktikantinnen nur durch Vollzeitkraumlfte

Nach einer zweijaumlhrigen Pilotphase mit Zustimmung des Personal-rates wurde die Umsetzung des Teilzeitprojektes 2011 entschieden Zur Sensibilisierung der Leitungskraumlfte erfolgte uumlber mehrere Jahre eine Leitungsschulung zur Dienstplangestaltung Eine Clearingstel - le wurde zur Unterstuumltzung und Loumlsung strittiger Faumllle eingerichtet die eingeschaltet werden kann wenn sich keine einvernehmlichen Loumlsungen finden lassen (vgl Jugendamt Duumlsseldorf 2011b)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

432 Zeitmanagement und Dienstplangestaltung

Beim Management und im Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen wird es zunehmend wichtiger Zeitspielraumlume zu finden und die Personal-einsatzplanung so zu gestalten dass Kontinuitaumlt und Verlaumlsslichkeit fuumlr die Bildungsprozesse der Kinder und gleichzeitig ein moumlglichst groszliges Maszlig an Flexibilitaumlt fuumlr die Ablaumlufe in der Einrichtung gewaumlhrleistet werden Im Fol-genden geht es um die Anforderungen an einen Dienstplan der sich bei der Personaleinsatzplanung an den Aufgaben der Kindertageseinrichtung orien-tiert und gleichzeitig Flexibilitaumlt fuumlr die Fachkraumlfte zulaumlsst (vgl im Folgenden Klaudy 2015)

Flexible Arbeitszeitkonzepte wie sie bereits seit laumlngerem in vielen an-deren Branchen erfolgreich praktiziert werden verfolgen grundsaumltzlich das Ziel die individuelle Arbeitszeit von der Betriebszeit abzukoppeln um somit zu einer besseren Auslastung der Zeit- bzw Betriebskapazitaumlten zu gelangen (vgl Olfert 2010 197 ff) Bei Beschaumlftigten tragen sie dazu bei unterschiedli-che Vereinbarkeitsbedarfe die sich im Lebensverlauf ergeben koumlnnen reali-sieren zu koumlnnen und somit uumlber mehr Zeitsouveraumlnitaumlt verfuumlgen zu koumlnnen (vgl Hoffmann 2015 25 f) Den Arbeitgeber kann eine Flexibilisierung da-bei unterstuumltzen neben der Orientierung an vorhersehbaren laumlngerfristigen Bedarfen auch unvorhersehbare Schwankungen und kurzfristige Bedarfs-aumlnderungen auffangen zu koumlnnen Das Instrument bdquoArbeitszeitkontoldquo kann eine solche Flexibilisierung von Arbeitszeiten unterstuumltzen (vgl Kirschten 2014 216 f) Die Zeitbewirtschaftung flexibler Gestaltungsformen von Ar-beitszeit z B Teilzeit gleitende Arbeitszeit Vertrauensarbeitszeit und Lang-zeitmodelle (z B Jahresarbeitszeit) erfolgt dabei uumlber die Erfassung von Ab-weichungen in Form von Mehrarbeitsstunden (transitorische Uumlberstunden) die durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden (vgl Zapf 2012 10) Derar-tige Arbeitszeitmodelle eroumlffnen erweiterte Moumlglichkeiten fuumlr die flexible und bedarfsorientierte Gestaltung von Dienst- und Schichtplaumlnen Entschei-dend dabei ist dass bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen ein Gleich-gewicht gefunden wird zwischen den Flexibilitaumltsbedarfen die sich aus den Aufgaben im jeweiligen Arbeitsfeld ergeben und den Beduumlrfnissen der Be-schaumlftigen nach Verlaumlsslichkeit und Work-Life-Balance Dann kann eine soge-nannte Win-Win-Situation also ein fuumlr alle Beteiligten zufriedenstellender Ausgleich der Interessen beim Umgang mit Zeitressourcen entstehen

Im Alltag vieler Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass es immer wie-der zu personellen Engpaumlssen kommt und ein Wechsel zwischen Zeiten statt-findet zu denen im Vergleich zur Anwesenheit der Kinder relativ viele Fach-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

kraumlfte anwesend sind und solchen Zeiten in denen es zu wenige sind Wie die Interviews gezeigt haben (vgl Abschnitt 322) stellen diese immer wie-der auftretenden Belastungsspitzen einen wesentlichen Stressfaktor dar Um eine gute Bildungsqualitaumlt fuumlr die Kinder und eine gute Work-Life-Balance fuumlr die Fachkraumlfte zu gewaumlhrleisten liegt die besondere Anforderung fuumlr die Personaleinsatzplanung darin hier eine moumlglichst gute Passung von Aufga-ben und Personal mit der Anzahl der anwesenden Kinder herzustellen und somit zu einer optimalen Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Zeitressour-cen beizutragen

Angesichts dieser Problemwahrnehmung wird bei vielen der befragten Traumlger versucht die Teams durch geeignete Maszlignahmen zu unterstuumltzen Haumlu figer eingesetzte Instrumente zum Umgang mit Personal(bedarfs)-schwan kungen sind z B Springerpools die bei Kurzzeit-Erkrankungen oder bis zur Einstellung einer Vertretung genutzt werden Da viele Traumlger in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht haben dass es unterjaumlhrig schwierig ist qualifiziertes Personal zu gewinnen legen einige Personalverantwortli -che einen Bewerberpool an auf den sie kurzfristig zugreifen koumlnnen um Personalausfaumllle moumlglichst sofort auffangen zu koumlnnen Bei einigen anderen Traumlgern werden zu Beginn des Kindergartenjahres Mitarbeiterinnen bdquoauf Vorratldquo eingestellt um Ausfaumllle und Schwankungen im Bedarf im Laufe des Jahres intern ausgleichen zu koumlnnen

Wenngleich flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten in der Kita bis-lang keine uumlblichen Instrumente sind zeigte sich jedoch in den Leitungs-interviews aber auch in einigen Gespraumlchen mit Personalverantwortlichen dass sich in der betrieblichen Praxis bereits viele unterschiedliche Ansaumltze ndash z T in einer Erprobungsphase ndash finden allerdings auch mit unterschiedli-chem Erfolg Im Rahmen der Beschaumlftigtenbefragung berichteten einige Erzieherinnen in der Familienphase dass sie flexible Arbeitszeiten und eine flexible Arbeitsorganisation nutzen und als gute Unterstuumltzung empfinden (vgl auch BMFSFJ 2010 6 ff) Eine Mitarbeiterin beschrieb sehr positiv ein Monats- und Schichtarbeitszeitmodell mit Zielvorgaben mit vier bis fuumlnf Mitarbeiterinnen in der Gruppe die alle mit ihren Zeiten flexibel umge -hen koumlnnen So sei es moumlglich die zeitlichen Anforderungen der Kita mit den Anforderungen der eigenen Familie in eine Balance zu bringen Auch ein Jahresarbeitszeitmodell sorge fuumlr eine bdquofast reibungslose Vereinbarkeitldquo

In Kindertageseinrichtungen erfolgt die Personaleinsatzplanung mithilfe des Dienstplanes Dieser hat zunaumlchst die Funktion die Taumltigkeit der Fach-kraumlfte so zu koordinieren dass fuumlr alle erforderlichen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt die notwendige Mindestanzahl an paumldagogischen Fachkraumlften zum

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Einsatz kommt dass also weder eine Unter- noch eine Uumlberbesetzung erfolgt Daruumlber hinaus soll er durch seine schriftliche Fixierung eine vorausschauen-de Wirkung herstellen die wichtig fuumlr die weiteren Planungstaumltigkeiten von Leitung und paumldagogischen Fachkraumlften ist Die Ausgangsbasis des Dienst-planes stellt die Fachkraft-Kind-Relation dar die entsprechend des Alters und der Anwesenheit der Kinder in den Landesausfuumlhrungsgesetzen der Bundes-laumlnder unterschiedlich ausfaumlllt (vgl Viernickel et al 2013 21 ff)

Wenn alle Fachkraumlfte anwesend sind ergeben sich bei Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschluumlssels keine erhoumlhten Anforderungen Proble-me stellen sich dann ein wenn bei der Erfassung der Fachkraft-Kind-Relation die anteiligen Fehl- oder Ausfallzeiten der Fachkraumlfte fuumlr Urlaub Krankheit Fortbildungstage etc nicht ausreichend Beruumlcksichtigung finden Dies kann anhand einer Netto-Arbeitszeitberechnung verdeutlicht werden Unter der Netto-Arbeitszeit wird die tatsaumlchlich real anfallende Arbeitszeit verstanden d h aus den Brutto-Arbeitszeiten werden die bdquoAusfallzeitenldquo der Mitarbei-terinnen fuumlr die Arbeitszeit mit dem Kind herausgerechnet Hierbei wird von einer Jahresarbeitszeit von 50 Arbeitswochen ausgegangen da fuumlr die ge-setzlichen Feiertage im Durchschnitt zwei Wochen von den 52 Wochen ab-zurechnen sind Von diesen 50 Wochen sind im Durchschnitt etwa 10 Wo-chen abzuziehen in denen die Beschaumlftigten nicht zur Verfuumlgung stehen ndash etwa sechs Wochen fuumlr Urlaub zwei Wochen fuumlr Krankheit eine Woche fuumlr Fortbildung eine Woche fuumlr Mehrstundenausgleich Statt 50 Arbeitswochen betraumlgt die reale jaumlhrliche Arbeitszeit also nur 40 Arbeitswochen ndash 20 Prozent der Jahresarbeitszeit sind somit bei der Planung von vornherein abzuziehen Diese Zahl multipliziert sich mit der Anzahl der Fachkraumlfte und fuumlhrt dazu dass rein rechnerisch bei fuumlnf Fachkraumlften (mit insgesamt 50 Wochen Ar-beitsausfall) davon auszugehen ist dass immer eine Fachkraft fehlt

Wie jede planbare und anspruchsvolle Arbeit erfordert auch die qualitaumlts-orientierte Bildungsarbeit eine angemessene Zeit fuumlr eine sorgfaumlltige Vor- und Nachbereitung Waumlhrend die Fachkraft-Kind-Relation die Betreuungssitua-tion fuumlr die unmittelbare paumldagogische Arbeit mit den Kindern beschreibt beruumlcksichtigt der Personalschluumlssel daruumlber hinaus auch die mittelbare also paumldagogische Arbeitszeit ohne direkten Kontakt mit den Kindern (vgl Viernickel et al 2013 32 ff) Mittelbare Arbeitszeiten dienen der Vor- und Nachbereitung von Taumltigkeiten einer paumldagogischen Fachkraft die zur um-fassenden Erfuumlllung des Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrages von Kindertageseinrichtungen notwendig sind Dazu gehoumlren Zeiten fuumlr ndash die Beobachtung und Dokumentation der Entwicklungsverlaumlufe und der

Sprachentwicklung von Kindern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash die Festlegung und Erarbeitung des individuellen Foumlrderbedarfs einzel-ner Kinder

ndash die Taumltigkeiten im Sinne der Qualitaumltsentwicklung und -sicherung z B Qualitaumltsmanagement und Konzeptionsarbeit

ndash die Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten Elternbeirat Trauml-ger Schulen und Einrichtungen der Familienbildung etc

ndash die Anleitung von Praktikantinnen Zusammenarbeit mit den Fach-schulen

ndash den Austausch mit Fachdiensten wie z B Logopaumldinnen Ergothera-peutinnen und Heilpaumldagoginnen

ndash die Dienstbesprechungen ndash die Fachliteratur und Medienvorbereitung und nicht zuletzt ndash Reflexion Besprechung und Auswertung gezielter kollegialer (Team-)Be-

ratungen Supervision sowie den fachlichen kollegialen Austausch

Der Anteil der mittelbaren Arbeitszeit von der Gesamtarbeitszeit einer Fach-kraft ist in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt und wird z B in pro-zentualen Anteilen oder Stunden vorgegeben (vgl Statistisches Bundesamt 2014) Wenn 10 Prozent der Arbeitszeit einer Fachkraft wie beispielsweise fuumlr Nordrhein-Westfalen geregelt fuumlr die mittelbare Arbeitszeit eingeplant werden ergibt sich zusammen mit einer Ausfallzeit von 20 Prozent eine reale Arbeitszeit mit den Kindern im Umfang von nur 70 Prozent Ein Dienst-plan der die Ausfallzeiten und mittelbaren Arbeitszeiten nicht beruumlck-sichtigt uumlberschaumltzt somit die Zeitpotenziale der Fachkraumlfte Immer wieder-kehrende Personalengpaumlsse die Zeiten der Uumlber- und Unterbelastung bei den Fachkraumlften hervorrufen sind das unausweichliche Resultat

Neben der real zur Verfuumlgung stehenden Arbeitszeit ist fuumlr einen optima-len Personaleinsatzplan die genaue Kenntnis uumlber den tatsaumlchlich erforderli-chen Betreuungsbedarf (Laumlnge der Oumlffnungszeiten und anwesende Kinder) notwendig Die Bewertung setzt eine Analyse des Ist-Zustandes voraus um hier eine Abstimmung der Anwesenheit der Kinder mit dem Personaleinsatz vorzunehmen Durch eine Nutzerfrequenzanalyse werden die Bring- und Ab-holzeiten der Kinder mit dem Ziel dokumentiert verlaumlssliche Angaben daruuml-ber zu erhalten an welchen Tagen und zu welchen Zeiten wie viele Kinder anwesend sind Die Nutzerfrequenzanalyse verfolgt das Ziel ndash die Oumlffnungszeitbedarfe besser einschaumltzen zu koumlnnen ndash Zeit- bzw Qualitaumltsreserven zu ermitteln und ndash Verbesserungshinweise zu Oumlffnungszeiten und Arbeitsorganisation zu er-

halten

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Nach der Auswertung liegen als Ergebnis genaue Angaben zum Verhaumlltnis von Gruppenstaumlrke und Personaleinsatz vor Die zeitlichen Verlaumlufe und Gruppenzusammensetzungen werden exakt abgebildet so dass sie fuumlr eine Uumlberpruumlfung oder Optimierung zur Gestaltung der an den konkreten Bedarf angelehnten Oumlffnungszeiten sowie fuumlr eine bedarfsgerechte Personaleinsatz-planung genutzt werden koumlnnen Da sich die familiaumlren Bedarfe hinsichtlich der Betreuungszeiten aumlndern koumlnnen empfiehlt es sich das Verfahren in re-gelmaumlszligigen Abstaumlnden zu wiederholen

Neben der Anwesenheit der Kinder bilden die Aufgaben den Rahmen fuumlr die Gestaltung des Dienstplans In vielen Kindertageseinrichtungen erfolgt die Arbeitsorganisation anhand der zur Verfuumlgung stehenden Personenzahl Die Orientierung an den Aufgaben zielt demgegenuumlber auf einen bedarfsori-entierten Personaleinsatz ab wobei die zu erfuumlllenden Aufgaben und deren zeitlicher Erfuumlllungsbedarf ermittelt und ins Verhaumlltnis zueinander gebracht werden muumlssen Dazu werden alle regelmaumlszligigen und einmal zu verrichten-den Taumltigkeiten neben den Betreuungszeiten (mit festgeschriebenem Perso-nal-Kind-Schluumlssel) in Form einer Bestandsaufnahme gesammelt und einer kritischen Pruumlfung unterzogen Die Aufgaben werden hinsichtlich ihrer Not-wendigkeit und ihres Zeitaufwandes bewertet Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnen unter anderem folgende Fragen geklaumlrt und im Team neu und ver-bindlich geregelt werden ndash Zu welcher Zeit muumlssen welche Taumltigkeit verrichtet werden die z B der

Vorbereitung von Tagesroutinen wie Oumlffnung und Schlieszligung der Grup-pen oder Einrichtung Vorbereitung von Mahlzeiten etc dienen

ndash Wie wichtig sind die unterschiedlichen Aufgaben Welche Prioritaumlt ha-ben sie

ndash Wer verrichtet welche Taumltigkeiten wo wann und in welcher Zeit

Durch eine kritische Betrachtung dieser Art koumlnnen bdquoliebgewonnene Ge-wohnheitenldquo identifiziert und auf ihre Sinnhaftigkeit hin hinterfragt wer -den So koumlnnen bdquoZeitfresserldquo ebenso gefunden werden wie Taumltigkeiten und Situationen die zu bestimmten Zeiten den Einsatz von mehr Personal erfor-dern Demgegenuumlber stehen aber auch solche Taumltigkeiten und Situationen die zwar Zeit beanspruchen dafuumlr aber das gute Arbeitsklima staumlrken und den Teamzusammenhalt foumlrdern und fuumlr die deshalb zeitliche Ressourcen be reitgestellt werden sollten Die Ergebnisse einer solchen Analyse koumlnnen auch dazu dienen dass bestimmten Diensten auch bestimmte Aufgaben zu-geschrieben werden Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnte so geklaumlrt wer -den welche Taumltigkeiten in der Zeit von Oumlffnung der Kita bis zum Eintreffen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

des naumlchsten Dienstes zu verrichten sind und wie sich die Aufgaben auftei -len

Besonders in bdquooffenldquo und bdquoteiloffenldquo arbeitenden Kindertageseinrichtun-gen erfolgt eine gemeinsame Orientierung der Mitarbeiterinnen auf alle Kinder Fachkraumlfte in Einrichtungen die nach dem bdquoGruppenprinzipldquo arbei-ten haben nicht selten nur ihre Gruppe mit ihren Kindern im Blick Eine Flexibilisierung der Dienstplaumlne erfordert jedoch den Blick uumlber die Gruppe hinaus und die kritische Uumlberpruumlfung des teilweise noch vorherrschenden Prinzips in Kindertageseinrichtungen bdquoIch und du und unsere Kinderldquo Mehr Flexibilitaumlt wird moumlglich wenn sich mehrere Fachkraumlfte fuumlr mehrere Kinder verantwortlich fuumlhlen Daruumlber hinaus haben z B feste Zustaumlndigkeiten von vier Fachkraumlften fuumlr zwei Gruppen zur Folge dass Kinder auch das Personal aus der anderen Gruppe kennen wodurch eine Vertretung erleichtert wird Die Orientierung an den Aufgaben und Verlagerung von Zustaumlndigkeiten uumlber die Gruppengrenzen hinaus sind weitere wesentliche Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten

Moumlglichkeiten der Umsetzung bieten sich z B in der Form an dass die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten uumlber einen laumlngeren Zeitraum von den tatsaumlchlich geleisteten Arbeitszeiten entkoppelt werden Dazu wird ein Arbeitszeitkorridor als Rahmen festgelegt der vorgibt in welchem Zeit-raum die abzuleistende Arbeitszeit erfuumlllt sein muss z B monatlich oder jaumlhrlich Die individuelle Arbeitszeit wird dann in Form von individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Die Fuumlhrung eines solchen Zeitkontos erfolgt durch die Fachkraumlfte selbst das Controlling durch die Leitung Der Einsatz dieses Instruments und die zusaumltzlich erforderlichen Regelungen werden grundsaumltzlich in Abstimmung mit dem Traumlger und der Personalvertretung vereinbart Ein Beispiel fuumlr eine solche dezentralisierte Dienstplangestaltung findet sich im Kasten

Das Monats-Arbeitszeitmodell im Reggio-Kinderhaus Gotha (Smudel 2015)

Das Reggio-Kinderhaus in Gotha ist eine kommunale Kita mit 200 Plaumltzen fuumlr ein- bis sechsjaumlhrige Kinder Jeweils zwei Gruppen mit insgesamt 36 Kindern bilden einen bdquoMini-Kindergartenldquo fuumlr den ein Klein-Team von Erzieherinnen zustaumlndig ist Dieses Klein-Team stimmt seine Dienstzeiten zunaumlchst intern und bei Bedarf auch grup-penuumlbergreifend ab die Kita-Leitung greift nur bei Unterstuumltzungs-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bedarf ein Da das Klein-Team den besten Uumlberblick uumlber die Anwe-senheitszeiten bdquoseinerldquo Kinder hat kann unkompliziert auf Schwan-kungen in der Auslastung reagiert werden

Die geleistete Arbeitszeit wird in individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Ein Uumlber- bzw Unterschreiten der vereinbarten regelmaumlszligigen woumlchentlichen Arbeitszeit ist moumlglich wobei maximal 24 Stunden als Plus- oder Minusstunden in den Folgemonat uumlbernommen wer-den duumlrfen Bei houmlheren Stundenkontingenten (max 40 Stunden) ist die Zustimmung der Kita-Leitung erforderlich Bei einem entspre-chend hohen Arbeitszeitguthaben besteht die Moumlglichkeit einer stun-denweisen oder ganztaumlgigen Freistellung (fuumlr maximal drei freie Tage im Monat auch in Verbindung mit Urlaub) Im Vorgriff auf kuumlnftige Plusstunden koumlnnen ebenfalls maximal drei freie Tage genommen werden

Bei den Erzieherinnen setzt dieses Modell Flexibilitaumlt und Eigen-verantwortlichkeit und die Bereitschaft sowohl zur Mehrarbeit als auch zum Uumlberstundenabbau voraus Die Kita-Leitung wird durch die Dezentralisierung entlastet die Mitarbeiterinnen koumlnnen in Ab-stimmung mit dem Team private Belange beruumlcksichtigen

Ausgangspunkt fuumlr die Gesamtplanung sollte die reale Arbeitszeit fuumlr jeden Mitarbeiterin sein Nach erfolgter Aufgabenorientierung kann dann mit Be-ruumlcksichtigung der jeweiligen kinderfreien Arbeitszeiten zur Vor- und Nach-bereitung ein Basisdienstplan erstellt werden Die reale Umsetzung geschieht dezentral durch die Mitarbeiterinnen Abweichungen von der tatsaumlchlichen Arbeitszeit undoder Aufgabenerledigung durch dienstliche oder private Be-darfsaumlnderungen werden in den individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Bei Bedarf kann im Abgleich mit privaten Zeiten eine woumlchentliche Mehrarbeit (Plus-Stunden) erfolgen oder bei weniger Arbeitsanfall koumlnnen bdquoReservezei-tenldquo (Minus-Stunden) entstehen von Zeiten also die zunaumlchst privat genutzt werden und erst spaumlter z B bei Personalengpaumlssen eingebracht werden Die individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit bleibt davon unberuumlhrt und wird in dem vereinbarten Zeitkorridor erreicht In der Praxis von Kindertagesein-richtungen werden flexible Arbeitszeiten in unterschiedlichen Modellen ein-gesetzt ndash Kleine Loumlsungen durch bdquoDepotstundenldquo oder bdquoStundenkontingentmo-

delleldquo die meist im Umfang bis zu monatlichen 10 Plus- und 10 Minus-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stunden umgesetzt werden dienen der Personalsicherung bei unvorher-sehbarem Bedarf Elternabenden Aktionen etc um Mehrarbeitsstunden entgegenzuwirken

ndash Moumlglichkeiten der monatlichen Uumlbertragung von 25 Plus- und 25 Mi -nus-Stunden erfassen einen groumlszligeren Flexibilisierungsumfang fuumlr Mitar-beiterinnen und bilden eine houmlhere Zeitreserve bei Personalengpaumlssen ab

ndash Jahresarbeitszeitmodelle haben den Vorteil dass sie saisonale und jah-reszeitliche Personal(bedarfs)schwankungen die sich z B durch Ferien-zeiten Bruumlckentage sowie Eingewoumlhnung zu Beginn eines Kita-Jahres ergeben in der Personaleinsatzplanung beruumlcksichtigen koumlnnen

Bei der Umsetzung muss das Ausmaszlig der Entkopplung der woumlchentlichen Arbeitszeit vom vertraglich vereinbarten Volumen gepruumlft werden Je houmlher die Zeitanteile sind mit denen das vertraglich vereinbarte Volumen in einem Zeitraum unter- oder uumlberschritten werden kann desto kritischer muss ge-pruumlft werden wo die Flexibilitaumltsgrenzen im Hinblick auf die Work-Life- Balance der Beschaumlftigten liegen Je groumlszliger die Zeitraumlume geplant werden umso wichtiger wird das Zusammenspiel zwischen Traumlger und Personalver-tretung in Form der Erstellung einer Dienstvereinbarung zur rechtlichen Ab-sicherung der Arbeitszeitkonten Letzteres ist vor allem dann relevant wenn man sich fuumlr Loumlsungen entscheidet die uumlber mehrere Jahre reichen Ange-sichts dessen dass Schwankungen im Personalbedarf der Kitas vor allem im Verlauf eines Kita-Jahres auftreten duumlrften mehrjaumlhrige Loumlsungen jedoch in der Praxis von geringer Relevanz sein

Bei aller Flexibilisierung und Optimierung des Personaleinsatzes muss beruumlcksichtigt werden dass sich nicht immer alle Personalengpaumlsse durch flexible Dienstplaumlne beseitigen lassen Grundsaumltzlich sind bei personellen Ausfaumlllen zum einen die gesetzlich vorgegebenen Mindestbesetzungen zu beachten die sich am Wohl des Kindes orientieren zum anderen ist zu be-ruumlcksichtigen dass das vorhandene Personal nicht unzumutbar belastet wer-den darf Traumlger und Fuumlhrungskraumlfte tragen hier Verantwortung und sollten Notfallplaumlne bzw Leitfaumlden zum Umgang mit Personalengpaumlssen entwi-ckeln und bereitstellen die Angaben zur Vorbeugung und zur Bewaumlltigung des Personalnotstandes regeln Sie haben den Vorteil dass der Umgang mit unvorhergesehenen Personalausfaumlllen auch in Abwesenheit der Leitung und fuumlr alle verbindlich geregelt ist Alle notwendigen Maszlignahmen koumlnnen zu je-der Zeit schnell eingeleitet werden

Verbunden damit sollten die Organisation und der Einsatzzeitpunkt von

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Vertretungskraumlften durch den Traumlger geregelt sein Gaumlngige Beispiele aus der Praxis zur Vorbeugung von Personalengpaumlssen sind ndash Aufstockung von Teilzeitvertraumlgen ndash Einrichtung eines Springer-Vertretungspools zur Aushilfe der z B aus

ehemaligen Beschaumlftigten oder Beschaumlftigten aus Nachbareinrichtungen besteht

ndash Kontaktpflege zu (spaumlteren) Berufsruumlckkehrerinnen waumlhrend der Fami-lienzeit

Daruumlber hinaus sind Regelungen sinnvoll die genau festlegen ab welchem Personalbestand in der Einrichtung z B Angebotsveraumlnderungen und Grup-penzusammenlegungen zu erfolgen haben

Die Einfuumlhrung von flexiblen Dienstplaumlnen verfolgt zum einen uumlber eine Bedarfsorientierung und Optimierung von Ablaumlufen das Ziel einer Effizienz- und Effektivitaumltssteigerung im Umgang mit den zur Verfuumlgung stehenden Zeitressourcen Gleichzeitig leisten sie einen groszligen Beitrag fuumlr das Ziel der Mitarbeiterorientierung koumlnnen sie doch grundsaumltzlich auch zu einer besse-ren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den beschaumlftigten Erzieherinnen beitragen Die Erarbeitung und erfolgreiche Umsetzung eines sol -chen Modells koumlnnen jedoch nur dann gelingen wenn ein Konsens zwischen Traumlger und im Team hergestellt wird und die notwendigen Veraumlnderungen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten erfolgen So traumlgt die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen in entscheidendem Maszlige zur Qualitaumlt der Dienstleistung bei und ihre Beteiligung erhoumlht die Bereit-schaft fuumlr Veraumlnderungsprozesse

433 Familienunterstuumltzende Maszlignahmen

Fuumlr die Mitarbeiterinnen die eigene Kinder versorgen oder eigene Angehouml-rige pflegen erweist es sich oft als sinnvoll und notwendig geeignete Maszlig-nahmen bereitzustellen und die Beschaumlftigten bei ihrem Bemuumlhen um eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und FamiliePflege zu unterstuumltzen So koumlnnen sie ndash im betrieblichen wie im eigenen beruflichen Interesse ndash ihren persoumlnlichen Handlungsspielraum erweitern (vgl DIHKBMFSFJ 2015 31 ff)

Zusaumltzlich zum Angebot an flexiblen Arbeitszeiten uumlbernehmen Unter-nehmen immer haumlufiger Beratungs- und Vermittlungsfunktionen ndash vielfach in Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Dienstleistern ndash oder halten ei-gene auf die spezifischen Beduumlrfnisse der eigenen Mitarbeiterinnen und des

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Unternehmens angepasste Betreuungsangebote vor Der Handlungsspielraum flexibler Arbeitszeitmodelle laumlsst sich von berufstaumltigen Muumlttern naumlmlich erst dann ausschoumlpfen wenn gleichzeitig bedarfsgerechte und flexible Kinder-betreuungsmoumlglichkeiten zur Verfuumlgung stehen (vgl Esch et al 2005 79 ff) ndash so wie es einige privat-gewerbliche Anbieter seit vielen Jahren sowohl fuumlr ihre Kundinnen als auch fuumlr ihre Beschaumlftigten erfolgreich praktizieren Im Bereich einer solchen unternehmensnahen Kinder tagesbetreuung fuumlr Be-schaumlftigte mit eigenen Kindern sind vor allem Ange bote der Notfallbetreu-ung betriebliche Kindertageseinrichtungen und die Nutzung von Belegplaumlt-zen in Kindertageseinrichtungen zu nennen (vgl dazu z B Kirschten 2014 222 ff)

Der Bedarf an solchen zusaumltzlichen Maszlignahmen auch bei Traumlgern von Kindertageseinrichtungen wurde im Projekt KONTI offenkundig Haumlufig wird von Beschaumlftigten Leitungen und Personalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlff-nungszeiten von Schule und Kita z B Fruumlh- oder Spaumltdienste nicht wahrge-nommen werden koumlnnen Auch Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferienzeiten der eigenen Kinder sind ein typisches Problem Von den befragten Erzieherinnen wird darauf hingewiesen dass es fuumlr sie be-sonders wichtig sei dass die eigene Kinderbetreuung gut funktioniere nur dann sei der Kopf frei fuumlr die Arbeit Entsprechende Probleme werden als Belastung wahrgenommen Auch wird daruumlber berichtet dass die Erzieherinnen bei Erkrankung des eigenen Kindes oder bei regelmaumlszligigen Arzttermi-nen auf das Verstaumlndnis der Leitung angewiesen seien Besonders dankbar sind diese Mitarbeiterinnen wenn Kinderbetreuungsmoumlglichkeiten beim ei-genen Traumlger verfuumlgbar sind oder das Kind in besonderen Situationen auch schon mal in die eigene Einrichtung mitgenommen werden kann

Grundsaumltzlich unterscheiden sich damit die Anforderungen an die Ge-staltung derartiger Angebote fuumlr die beschaumlftigten Erzieherinnen nicht von denjenigen Anforderungen in anderen Branchen Traumlger von Kindertagesein-richtungen verfuumlgen jedoch aufgrund ihres eigenen Betreuungsangebotes im Vergleich uumlber einige zusaumltzliche Moumlglichkeiten um ihre Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer familiaumlren Pflichten zu unterstuumltzen

Bei einigen der befragten Traumlger wird dieses zusaumltzliche Potenzial entspre-chend genutzt So stellen viele Traumlger ihren Mitarbeiterinnen Betreuungs-plaumltze fuumlr deren Kinder zur Verfuumlgung Um Rollenkonflikte zu verhindern geschieht dies vorzugsweise nicht in der Einrichtung in der die betroffenen Beschaumlftigten selbst arbeiten sondern in anderen Einrichtungen des Traumlgers Bei einigen anderen Traumlgern wird es den Mitarbeiterinnen ndash oft auf infor-

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mellem Weg ndash ermoumlglicht ihre eigenen Kinder in besonderen Situationen oder zu Randzeiten etwa zum Fruumlhdienst mit in die Einrichtung zu bringen

Daruumlber hinausgehende Angebote unternehmensnaher Kinderbetreuung auszligerhalb der klassischen Oumlffnungszeiten von Tageseinrichtung und Schule die auf die spezifischen Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Arbeits-zeiterfordernisse der Mitarbeiterinnen zugeschnitten sind (vgl DIHKBMFSFJ 2015 53 ff) finden sich jedoch bei Traumlgern von Kindertagesbe-treuung nur sehr selten obwohl gerade hier ein groszliger Bedarf zu sehen ist Wer lange Oumlffnungszeiten abdecken und im Schichtdienst arbeiten muss kann seine Kinder mit dem traditionellen Angebot nicht vollstaumlndig be-treuen lassen und benoumltigt hier zusaumltzliche Unterstuumltzung Im Rahmen des Projektes KONTI wurde jedoch nur bei einem (privaten) Traumlger eine Back-up-Betreuung vorgefunden Ein kommunaler Traumlger bietet in jedem Stadtteil eine Randzeitenbetreuung an die auch seinen eigenen Mitarbeiterinnen zur Verfuumlgung steht In beiden Faumlllen empfinden es die Befragten als groszlige Hilfe dass sie bei Bedarf darauf zugreifen koumlnnen Zielfuumlhrend ist es darum traumlgerspezifische Betreuungsangebote fuumlr die Kinder der eigenen Mitarbeiterinnen ndash dabei insbesondere auch fuumlr Schulkinder bis zu etwa zwoumllf oder vierzehn Jahren ndash zu entwickeln damit die als Erzieherinnen beschaumlftigten Muumltter keine Sonderbehandlung bei der Bewaumlltigung ihres Berufsalltags be-noumltigen (vgl IAQ 2011) mit Betreuungsmoumlglichkeiten zu Randzeiten am Wochenende und fuumlr die (Schul-)Ferienzeiten

Das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist (zurzeit noch) bdquoin der Praxis von geringer Relevanzldquo (KuumlmmerlingBaumlcker 2012 328) Das Bewusstsein fuumlr die Problematik ist zwar teilweise vorhanden aber es gibt bislang nur wenige spezifische Maszlignahmen die sich explizit auf die Unterstuumltzung bei diesem Vereinbarkeitsbedarf beziehen Dazu gehoumlren z B Be ratungs- und Informationsservices von Betrieben Reduzierung von Ar-beitszeiten und vor allem informelle Regelungen die Ruumlcksicht auf die Nichtvorhersehbarkeit von Pflegesituationen nehmen (vgl Kuumlmmerling Baumlcker 2012 327) Auch das bestaumltigte sich im Projekt KONTI Beispielswei-se werden von einzelnen der befragten Traumlger die neben der Kindertagesbe-treuung noch weitere soziale Dienstleistungen anbieten diese Potenziale auch fuumlr eigene Mitarbeiterinnen genutzt indem etwa traumlgereigene Pflege-dienstleistungen vermittelt werden

Ein weiterer der befragten privaten Traumlger hat sich darauf eingestellt dass Work-Life-Balance mit individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen und Problemlagen verbunden ist und die Angebote an familienunterstuumltzen-den Dienstleistungen dementsprechend vielfaumlltig sein muumlssen Er stellt des-

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halb fuumlr seine Beschaumlftigten nicht nur sein komplettes Spektrum an flexiblen Angeboten der Kindertagesbetreuung bereit sondern hat daruumlber hinaus eine bdquoMitarbeiter-Agenturldquo gegruumlndet die Beratungs- und Unterstuumltzungsan-gebote fuumlr die Beschaumlftigten buumlndelt und individuelle Loumlsungen vermittelt

Die Mitarbeiter-Agentur als Ansprechpartner der Beschaumlftigten (KirsteinWaimann 2015)

Die Kinderhaus Rasselbande gGmbH hat sich zum Ziel gesetzt ihren Mitarbeiterinnen ganzheitlich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Seite zu stehen Entstanden ist daraus die KIRA-Mitar-beiter-Agentur die zu allen Fragestellungen auf Wunsch anonym be-raumlt ganz konkret und individuell Loumlsungsstrategien entwickelt und bei der Umsetzung unterstuumltzt Alle Mitarbeiterinnen koumlnnen sich telefonisch oder per E-Mail an die KIRA-Ansprechpartnerinnen wen-den und ihre Anliegen vorbringen Auch die Vereinbarung von per-soumlnlichen Terminen zu denen auch betroffene Angehoumlrige mitge-bracht werden koumlnnen ist jederzeit moumlglich Die Fragestellungen die die Mitarbeiter-Agentur erreichen sind vielfaumlltig Im Folgenden ein paar Beispiele ndash Die Groszligmutter von Mitarbeiterin Kathrin S21 ist seit einigen

Jahren verwitwet und lebte bisher allein in ihrer Wohnung Der Gesundheitszustand der 87-jaumlhrigen Dame hat in den letzten Mo-naten stark nachgelassen so dass sie nicht mehr allein bleiben kann Kathrin S und ihre Familie moumlchten ihre Groszligmutter aber nicht in einem Pflegeheim unterbringen Die Mitarbeiter-Agen-tur unterstuumltzt Kathrin S bei der Beantragung einer Pflegestufe und recherchiert Unterstuumltzungsangebote am Wohnort der Groszlig-mutter Schlieszliglich gelingt es der Mitarbeiter-Agentur fuumlr die Groszligmutter eine Pflegekraft zu organisieren die in den Haushalt mit einzieht

ndash Mitarbeiter Ralf D und seine Frau haben vor ein paar Monaten Zwillinge bekommen und ihre aktuelle Wohnung platzt aus allen Naumlhten Sie wuumlrden gern eine groumlszligere Wohnung in einem an-deren Stadtteil mieten kommen aber nicht dazu sich darum zu

21 Alle Namen sind geaumlndert

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kuumlmmern Die Mitarbeiter-Agentur trifft sich mit Familie D und nimmt die Wuumlnsche auf recherchiert Wohnungsangebote und legt sie der Familie vor Nachdem Ralf D und seine Frau die Fa-voriten ausgewaumlhlt haben vereinbart die Mitarbeiter-Agentur Be-sichtigungstermine fuumlr die Familie Die Betreuung der Zwillinge uumlbernimmt in der Zeit die Kinderhaus Rasselbande gGmbH

ndash Die Tochter von Mitarbeiterin Sonja D hat zunehmend Proble-me im Franzoumlsisch-Unterricht und benoumltigt Nachhilfe Da Sonja D mit klassischen Nachhilfe-Anbietern keine guten Erfahrungen gemacht hat wuumlnscht sie sich fuumlr ihre Tochter eine Einzelbetreu-ung zu Hause Die Mitarbeiter-Agentur macht Aushaumlnge an Uni-versitaumlten im naumlheren Umfeld sortiert Bewerbungen vor und fuumlhrt erste Gespraumlche mit den Bewerberinnen Schlieszliglich stellt sie Sonja D drei potenzielle Nachhilfelehrerinnen vor Frau D stellt eine junge Frau auf Minijob-Basis bei sich an und die Noten ihrer Tochter verbessern sich deutlich

ndash Der Vater von Mitarbeiter Joumlrn K ist ploumltzlich verstorben Seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht und zieht sich von ihrem Sohn zuruumlck Er weiszlig nicht wie es ihm gelingen kann dass sie wieder am Leben teilnimmt Die Mitarbeiter-Agentur findet fuumlr die Mutter von Joumlrn K eine Trauergruppe in der sie einen Kreis von gleichaltrigen Frauen findet die ihr eine neue Perspek-tive geben

Ergaumlnzt wird das Beratungsangebot durch bdquoKIRA-Vor Ortldquo-Termine die dreimal im Jahr in den Einrichtungen der Kinderhaus Rasselban-de gGmbH stattfinden Zu diesen Terminen bringen die Ansprech-partnerinnen ein spezielles Thema mit z B Vorsorgevollmacht und Patientenverfuumlgung das neue ElterngeldPlus oder Ferienbetreuungs-angebote vor Ort

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen

Wenn das Personalmanagement fuumlr Kindertageseinrichtungen nachhaltig sein soll muss es verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert sein Daher muss von den in den Beschaumlftigten-befragungen zutage getretenen Befunden zu deren Motivationsstrukturen Wuumlnschen und Schwierigkeiten ausgegangen werden So ist z B bei den Mitarbeiterinnen ein hohes Maszlig an intrinsischer Motivation und an inhalt-licher Identifikation mit ihrem Beruf und ihrer Taumltigkeit vorzufinden Die Beanspruchungen durch die berufliche Taumltigkeit werden vor allem dann als zu hoch empfunden wenn Rahmenbedingungen dazu fuumlhren dass die Ar-beit nicht in der selbst gewuumlnschten Qualitaumlt erledigt werden kann Schwan-kungen im Personalbedarf einerseits und im Personalbestand andererseits stellen dabei ein zentrales Problem dar so dass dem Personaleinsatz und ins-besondere dem Zeitmanagement eine besondere Bedeutung zukommt

Ressourcen zum Umgang mit Belastungen ergeben sich fuumlr die Mitarbei-terinnen vor allem aus der Arbeit im Team und der Moumlglichkeit ihre inhalt-lichen Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln zu koumlnnen Der hohe Stellenwert den die Beschaumlftigten sowohl einem guten Teamklima als auch den Inhalten ihrer Arbeit beimessen bedeutet auch dass sie es als besonders belastend erleben wenn es Konflikte im Team gibt oder die eigenen Anspruuml-che an die inhaltliche Arbeit nicht hinreichend erfuumlllt werden koumlnnen

Eine nachhaltige Personalwirtschaft umfasst vor diesem Hintergrund un-terschiedliche Handlungsfelder die miteinander verzahnt und unter dem Gesichtspunkt der Lebensphasenorientierung betrachtet werden muumlssen Be-zogen auf die in diesem Band diskutierten Handlungsfelder zeigt sich dass die Lebensphasenorientierung als bdquoroter Fadenldquo in allen Elementen der Per-sonalwirtschaft zu beruumlcksichtigen ist

In der Personalplanung geht es um eine systematische Analyse der Alters-struktur um quantitative und qualitative Anforderungen an die Sicherung der Nachfolge beim Ausscheiden von Beschaumlftigten ableiten zu koumlnnen Die Personalentwicklung zielt darauf ab fuumlr Mitarbeiterinnen in unterschiedli-chen Lebensphasen geeignete Angebote bereitzuhalten Die Gestaltung von Karrierepfaden ist dabei in doppeltem Sinne von Bedeutung ndash hier geht es so-wohl um Aufstiegsmoumlglichkeiten die fuumlr juumlngere Beschaumlftigte einen Anreiz bilden im Arbeitsfeld zu bleiben und sich dort inhaltlich weiterentwickeln zu koumlnnen als auch um Loumlsungen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte damit sie sowohl ihr Erfahrungswissen einbringen als auch gesundheitliche Belastungen redu-

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zieren koumlnnen Eine leistungsorientierte Verguumltung kann bei einer entspre-chend geeigneten Ausgestaltung ein begleitendes Instrument fuumlr die Imple-mentierung von Karrierepfaden darstellen

Bei der Personalfuumlhrung und der Teamentwicklung ist zu beruumlcksichti-gen dass Teams heterogen strukturiert sind und die Altersmischung die im Hinblick auf eine kontinuierliche Sicherung des Personalbestandes wuumln-schenswert ist auch Herausforderungen mit sich bringt Um die Zusammen-arbeit zwischen juumlngeren und aumllteren Mitarbeiterinnen produktiv zu ge-stalten und allen die Moumlglichkeit zu geben ihre spezifischen Kompetenzen fuumlr das Team nutzbar zu machen muumlssen Konflikte erkannt und geloumlst sowie eine Kultur der wechselseitigen Wertschaumltzung aufgebaut werden Der Team-entwicklung kommt somit eine hohe Bedeutung zu Gesundheitsfoumlrderung darf sich nicht auf die Schaffung von Bedingungen fuumlr bdquoaltersgerechtesldquo Ar-beiten beschraumlnken sondern muss lebensphasenbegleitend und praumlventiv angelegt sein und von Anfang an die Resilienz foumlrdern Die Verknuumlpfung von Teamentwicklung und praumlventiv angelegter Gesundheitsfoumlrderung stellt daher einen Schluumlsselfaktor fuumlr eine zukunftsorientierte Personalwirtschaft dar

Ein Arbeitszeitmanagement kann in der Weise gestaltet werden dass es einen Beitrag dazu leistet die in unterschiedlichen Lebensphasen wech-selnden zeitlichen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten im Sinne einer Work-Life-Balance mit den betrieblichen Anforderungen fuumlr eine qualitativ hochwer-tige Kindertagesbetreuung weitgehend in Einklang zu bringen Wenn das Ar-beitszeitmanagement nachhaltig sein soll muss es darauf ausgerichtet sein dass fuumlr die Erledigung der erforderlichen Aufgaben immer eine angemes-sene Personalausstattung bereitsteht Dazu gehoumlren zum einen Arbeitszeit-modelle die individuelle Teilzeitloumlsungen ermoumlglichen und gleichzeitig den Bedarf in den Einrichtungen an Kontinuitaumlt Aufgabenverteilung und Zeit fuumlr Abstimmung im Team einbeziehen Zum anderen muss die Dienstplan-gestaltung so geregelt werden dass sie die notwendige Flexibilitaumlt im Perso-naleinsatz verlaumlssliche Planbarkeit fuumlr die Beschaumlftigten und Partizipation verbindet Betriebliche Unterstuumltzungsangebote fuumlr unterschiedliche fami-liale Lebenslagen der Mitarbeiterinnen koumlnnen einen ergaumlnzenden Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik leisten und damit die Personalbindung zusaumltzlich foumlrdern

Bei der Einfuumlhrung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten fuumlr Kindertageseinrichtungen ist die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten Der Traumlger ist hier fuumlr die Setzung der Rahmenbedingungen zustaumlndig die Umsetzung im Alltag erfolgt bdquovor Ortldquo

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

in den einzelnen Einrichtungen Dabei kommt der Einrichtungsleitung und Fuumlhrung der Einrichtung insgesamt eine hohe Bedeutung zu Grundsaumltzlich wichtig ist dabei passende traumlgerinterne Loumlsungen zu entwickeln die dazu beitragen koumlnnen konstruktiv mit (moumlglichen) Spannungsfeldern zwischen den Steuerungsleistungen des Traumlgers und der Umsetzungsautonomie in den einzelnen Einrichtungen umzugehen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass die Rahmenbedingungen die fuumlr den Betrieb einer Einrichtung noumltig sind kritisch hinterfragt und op-timiert werden sollten Dieser Prozess sollte im Zusammenspiel von Traumlger Leitung und Mitarbeiterinnen erfolgen um bei der Entwicklung von nach-haltigen Loumlsungen die Interessen aller Beteiligten zu beruumlcksichtigen Ein Vorgehen in diesem Sinne hat die Konkretisierung und Sicherung der Qua-litaumlt von Bildung Erziehung und Betreuung in der Kindertageseinrichtung zum Ziel und unterstuumltzt in gleicher Weise auch die Personal- und Team-entwicklung Damit werden sowohl eine zukunftsorientierte Entwicklung der Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen als auch die Umsetzung kuumlnftiger Qualitaumltsanforderungen gefoumlrdert

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Esch K 2015b Gesundheits- und Qualitaumlts-management in der Kita Zwei Seiten derselben Medaille In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtun-gen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtun-gen-66601125 (Abruf am 31052016)

Esch KKlaudy E KStoumlbe-Blossey S 2005 Bedarfsorientierte Kinderbetreuung Gestaltungs-felder fuumlr die Kinder- und Jugendpolitik Wiesbaden

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140

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Franz C 2015a Gute KiTas entwickeln Mit - arbeitenden- und Elternbefragungen als Instru - ment der Organisationsentwicklung In Stoumlbe- Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtungen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtungen-66601125 (Abruf am 31052016)

Franz C 2015b Gesund arbeiten Der Haltungs - ansatz und seine Umsetzung im ESF-Projekt GesA Hintergrund Konzept und Effekte Vortrag auf der Fachtagung bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbetreuung Konzepte fuumlr nachhal - ti ge Personalstrategien in Kindertageseinrichtun-genldquo am 16062015 an der Universitaumlt Duisburg- Essen Online unter wwwiaquni-duedeaktuellveransta201520150616_Franz-Haltungsansatz-GesApdf (Download am 18042016)

Froumlhlich-Gildhoff KWeltzien DKirstein NPietsch SRauh KReutter ATinius C 2014 Aufgabendifferenzierung in multiprofessionellen Teams in Kindertageseinrichtungen In Froumlhlich-Gildhoff K et al (Hg) Forschung in der Fruumlhpaumldagogik VII Schwerpunkt Profession und Professionalisierung Freiburg in Br 101ndash134

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Fthenakis W EHanssen KOberhuemer PSchreyer I (Hg) 2003 Traumlger zeigen Profil Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertages-einrichtungen WeinheimBaselBerlin

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Honig M-SJoos MSchreiber N 2004 Was ist ein guter Kindergarten Weinheim

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Jugendamt Duumlsseldorf 2011a Empfehlungen zur Teilzeitarbeit im Jugendamt Duumlsseldorf

Jugendamt Duumlsseldorf 2011b Infobrief Nr 1-112011 Chancengleichheit im Jugend - amt Duumlsseldorf

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141

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Kirschten U 2014 Work-Life-Balance Herausforderungen Konzepte Praktische Erfahrungen Renningen

Kirstein AWaimann C 2015 Flexibles Arbeitszeitmanagement fuumlr flexible Betreuungs-modelle In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtun-gen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtun-gen-66601125 (Abruf am 31052016)

Klaudy E K 2015 Aufgabenorientierung und flexible Dienstplangestaltung in Kindertagesein-richtungen In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhal - tige Personalwirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtun-gen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtun-gen-66601125 (Abruf am 31052016)

Klaudy E K 2010 Organisationsentwicklung in Kindertageseinrichtungen Das Instrument der Dienstplangestaltung In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsentwicklung Wiesbaden 181ndash194

Klaudy E KSchuumltz AStoumlbe-Blossey S 2014 Akademisierung der Ausbildung fuumlr die Kinder - tageseinrichtung Zur Entwicklung kindheitspaumlda-gogischer Studiengaumlnge IAQ Report 201404 Online unter wwwiaquni-duedeiaq-report 2014report2014-04pdf (Download am 18042016)

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Koumlhling K 2015 Die Rolle der Kita-Leitung In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirt-schaft fuumlr Kindertageseinrichtungen ndash Instrumen-te fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita- aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtungen-66601125 (Abruf am 31052016)

Kuumlmmerling ABaumlcker G 2012 Berufstaumltig - keit und familiaumlre Pflege ndash Zur Praxis betrieblicher Vereinbarkeitsregelungen In Pflege amp Gesell - schaft Jahrgang 17 Ausgabe 4 Weinheim 312ndash329

LSJV (Landesamt fuumlr Soziales Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz) (Hg) 2005 Empfehlungen zur Teilzeitarbeit in Kindertages-staumltten Beschluss des Landesjugendhilfeaus-schusses Mainz

Lange M 2015 Teamentwicklung in Kinder - tageseinrichtungen In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertages-einrichtungen-66601125 (Abruf am 31052016)

Luumlthje FKurylas-Mengs E 2015 Fachkarrie-ren ndash Karrierepfade jenseits des hierarchischen Aufstiegs In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtun-gen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personalwirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtun-gen-66601125 (Abruf am 31052016)

Micheel B 2015 Teilzeitarbeit in der Kita Herausforderungen und Gestaltungsoptionen In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Nachhaltige Per - sonal wirtschaft fuumlr Kindertageseinrichtungen ndash Instrumente fuumlr die Praxis Online unter httpswwwkita-aktuelldeshopNachhaltige-Personal-wirtschaft-fuer-Kindertageseinrichtun-gen-66601125 (Abruf am 31052016)

Mienert MVorholz H 2007 Die neuen Bil - dungsplaumlne und die Rolle der Erzieherin In Braun UMienert MMuumlller SVorholz H (Hg) Fruumlhkindliche Bildung im Team gestalten und umsetzen ndash Konzepte Praxisbeispiele Materia- lien BerlinStuttgart

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142

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

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Oberhuemer PSchreyer IHanssen K 2003 Kapitel 5 Das Traumlgerprofil ndash ein mehrdimensio-nales Konzept In Fthenakis W EHanssen KOberhuemer PSchreyer I (Hg) Traumlger zeigen Profil Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtungen WeinheimBaselBerlin

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Simsa RPatak M 2008 Leadership in Non-Profit-Organisationen Die Kunst der Fuumlhrung ohne Profitdenken Wien

Smudel M 2015 Monats-Arbeitszeitmodell in der Kita Vortrag auf der Fachtagung bdquoKontinuierli-che Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbetreuung Konzepte fuumlr nachhaltige Personalstrategien in Kindertageseinrichtungenldquo am 16062015 an der Universitaumlt Duisburg-Essen Online unter wwwiaquni-duedeaktuellveransta201520150616_Smudel-Monats-Arbeitszeitmodellpdf (Download am 18042016)

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Spieszlig KBuumlchel FWagner GG 2003 Childrenrsquos school placement in Germany does Kindergarten attendance matter Berlin

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

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Stoumlbe-Blossey S 2010 Zum Funktionswandel von Kindertageseinrichtungen Das Beispiel bdquoFamilienzentrumldquo In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsentwicklung Wiesbaden 95ndash119

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Stremel PUlber D 2014 Fachwissenschaftli-cher Hintergrund In Deutsches JugendinstitutWeiterbildungsinitiative Fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte (Hg) Leitung von Kindertageseinrich-tungen Grundlagen fuumlr die Kompetenzorientierte Weiterbildung WIFF Wegweiser Weiterbildung Band 10 Muumlnchen 13ndash95

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Viernickel SNentwig-Gesemann INicolai KSchwarz SZenker L 2013 Schluumlssel zu guter Bildung und Betreuung Bildungsaufgaben Zeitkontingente und strukturelle Rahmenbedin-gungen in Kindertageseinrichtungen Berlin

Viernickel SVoss A 2013 Macht die Kita Erzieherinnen und Erzieher krank STEGE ndash Struk-turqualitaumlt und Erzieherinnengesundheit in Kindertageseinrichtungen Dresden

Weiser P 2013 Aumllterwerden in der Kita Uumlber die Belastungen der Erzieherinnen im Beruf In bbz ndash unsere Berliner Bildungszeitschrift 062013 Berlin Online unter wwwgew-berlinde7_902php (Abruf am 18042016)

Zapf I 2012 Flexibilitaumlt am Arbeitsmarkt durch Uumlberstunden und Arbeitszeitkonten Messkonzep-te Datenquellen und Ergebnisse im Kontext der IAB-Arbeitszeitrechnung Nuumlrnberg

Zu erwarten sind wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und erfahrenem Per-

sonal in Kindertageseinrichtungen was die Traumlger vor groszlige Herausforderungen

stellt Im Fokus des Projekts steht daher die Frage wie geeignete personalwirt-

schaftliche Konzepte gestaltet werden koumlnnen um den Herausforderungen an-

gemessen zu begegnen Als Ergebnis der Analysen werden Handlungsfelder fuumlr

eine nachhaltige Personalwirtschaft vorgestellt die sich fuumlr die Akteure in der

Praxis als besonders dringlich erweisen

WWWBOECKLERDE

ISBN 978-3-86593-244-0

  • Abbildung 1
    • Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
      • Abbildung 2
        • Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
          • Abbildung 3
            • Anforderungen an die Kita-Leitung
              • Abbildung 4
                • Fach- und personale Kompetenzen
                  • Abbildung 5
                    • Karrieremodelle
                      • Abbildung 6
                        • Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell
                          • 1 Einfuumlhrung
                          • 2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends
                            • 21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung
                            • 22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung
                            • 23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf
                            • 24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe
                            • 25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung
                            • 26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze
                            • 27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen
                            • 28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen
                              • 3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen
                                • 31 Die Perspektive der Kita-Traumlger
                                • 32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen
                                • 33 Die Perspektive der Kita-Leitungen
                                  • 4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft
                                    • 41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands
                                    • 42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung
                                    • 43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen
                                    • 44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen
                                      • Literatur
Page 4: Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

copy 2016 by Hans-Boumlckler-StiftungHans-Boumlckler-Straszlige 39 40476 Duumlsseldorfwwwboecklerde

ISBN 978-3-86593-244-0

Satz DOPPELPUNKT Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk einschlieszliglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschuumltzt

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INHALT

1 Einfuumlhrung 7

2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends 1221 Aufgaben und Rahmenbedingungen der

Kindertagesbetreuung 1322 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der

Kindertagesbetreuung 1423 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash

Anstieg und wachsender Bedarf 1524 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash

Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe 1725 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung 1926 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze 2127 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische

Anforderungen an Kindertageseinrichtungen 2328 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende

Anforderungen bei knappen Ressourcen 25

3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen 2831 Die Perspektive der Kita-Traumlger 2932 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen 4533 Die Perspektive der Kita-Leitungen 59

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft 7341 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands 7442 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung 9143 Work-Life-Balance und Management von

Zeitressourcen 11444 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft

in Kindertageseinrichtungen 135

Literatur 138

6

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 57

Abbildung 2 Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 58

Abbildung 3 Anforderungen an die Kita-Leitung 61

Abbildung 4 Fach- und personale Kompetenzen 66

Abbildung 5 Karrieremodelle 81

Abbildung 6 Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell 120

7

1 EINFUumlHRUNG

Die Anforderungen an das Personal von Kindertageseinrichtungen ndash und da-mit auch an die Personalwirtschaft der Traumlger ndash sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen Einerseits wurde und wird ein erheblicher gesellschaftli-cher Bedarf nach einer qualitativen wie auch quantitativen Weiterentwick-lung des Arbeitsfeldes wahrgenommen andererseits wird inzwischen viel-fach Kritik an den bestehenden Arbeitsbedingungen artikuliert Daruumlber hin-aus laumlsst der demografische Wandel der in vielen Wirtschaftsbranchen be-reits heute mit einem steigendem Fachkraumlftemangel verbunden ist auch fuumlr diesen Dienstleistungsbereich wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und er-fahrenem Personal erwarten Er stellt damit die Traumlger von Kindertagesein-richtungen vor zusaumltzliche Herausforderungen

Die Veraumlnderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern personalwirt - s chaftliche Strategien die staumlrker als bisher auf Nachhaltigkeit und damit auf Personalbindung ausgerichtet sind Zentraler Anknuumlpfungspunkt fuumlr das zukuumlnftige Personalmanagement ist darum dass es sich verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert und Personal(entwicklungs)maszlignahmen beinhaltet die deren Lebenslauf be-ruumlcksichtigen Auf diese Weise koumlnnen kontinuierliche Erwerbsbiografien der Mitarbeiterinnen ermoumlglicht und gefoumlrdert und eine kontinuierliche Be-schaumlftigung bei dem Traumlger gesichert werden

Das Projekt bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbe - treu ungldquo (KONTI) hat sich dieser Problematik gestellt Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens das von der Abteilung bdquoBildung und Erziehung im Strukturwandelldquo (BEST) des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitaumlt Duisburg-Essen zwischen 2013 und 2015 mit Foumlrderung der Hans-Boumlckler-Stiftung durchgefuumlhrt wurde stand die Frage wie geeignete personalwirtschaftliche Konzepte fuumlr Kindertageseinrichtungen gestaltet wer-den koumlnnen um den demografischen Herausforderungen angemessen begeg-nen zu koumlnnen

Ausgangspunkt des Projektes war dabei die Diskussion um eine demogra-fiegerechte Personalwirtschaft die in Deutschland seit einigen Jahren bran-chenuumlbergreifend intensiv gefuumlhrt wird das Arbeitsfeld der Kindertages-einrichtungen bislang jedoch weitgehend ausgeblendet hat Im Mittelpunkt solcher Personalstrategien standen zunaumlchst vor allem spezielle Maszlignahmen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte inzwischen besteht in der Fachwelt grundsaumltzlich Konsens daruumlber dass diese Fokussierung nicht zielfuumlhrend ist sondern dass

8

Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

geeignete Konzepte fuumlr alle Mitarbeiterinnen und damit grundsaumltzlich prauml-ventiv ausgerichtet sein muumlssen So machte ein Befund von 2008 deutlich dass die Voraussetzungen fuumlr die Beschaumlftigungsfaumlhigkeit im Alter im Laufe der Berufsbiografie geschaffen werden in der Studie konnte ein Zusam-menhang zwischen der in einer Berufsgruppe subjektiv wahrgenommenen Qua litaumlt der Arbeit und den Arbeitsunfaumlhigkeits- und Fruumlhinvaliditaumltsraten sta tistisch nachgewiesen werden (vgl Priester 2008) Damit ist ein staumlrker ganzheitliches und umfassendes Verstaumlndnis von einer lebenslangen Beschaumlf-tigungsfaumlhigkeit in den Fokus der Uumlberlegungen geruumlckt das die Erwerbs-biografien aller Mitarbeiterinnen in der Belegschaft eines Betriebes beruumlck-sichtigt Es geht damit im Rahmen einer demografiesensiblen Personal politik nicht mehr nur um altersgerechtes Arbeiten am Ende sondern um alterns ge-rechtes Arbeiten waumlhrend des gesamten Erwerbslebens So wichtig spezielle altersspezifische Maszlignahmen sind so wenig reichen sie aus um kontinuier-liche Erwerbstaumltigkeit und damit Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt in der Personal-situation von Betrieben zu foumlrdern

In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Lebenslaufperspektive da-rum sowohl als Analyseansatz als auch als Leitbild fuumlr die Politik des Wohl-fahrtsstaates verwendet (vgl Anxo et al 2010) Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung etwa wurde sie zugrunde gelegt um herauszuarbeiten wie unterschiedlich Lebenslaumlufe durch verschiedene Institutionen geformt wer-den welche kritischen Lebensereignisse und Uumlbergaumlnge dabei relevant sind welche Unterschiede es zwischen den Geschlechtern gibt und wo demzu-folge eine Gleichstellungspolitik ansetzen muss (vgl BMFSFJ 2011 insb 39 ff) Die Lebenslaufperspektive kann schlieszliglich ebenso als Orientierungs-rahmen fuumlr die Politik von Organisationen gelten z B hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeitszeiten in unterschiedlichen Lebensphasen (vgl beispiels-weise ScheierHildebrandt 2010)

Ein personalwirtschaftliches Konzept das diese Erkenntnisse zugrunde legt sollte darum nicht nur eine generelle Orientierung am Lebenslauf bein-halten sondern vor allem auch die unterschiedlichen Schwellen und Uumlber-gaumlnge (beispielsweise Berufseinstieg nach der Ausbildung Familiengruumln-dung Pflege Angehoumlriger) im Lebensverlauf der Mitarbeiterinnen eines Be-triebes in den Blick nehmen lassen sich doch gerade diese Schwellen haumlufig als kritische Lebensphasen charakterisieren Sie erfordern darum jeweils spe-zifische UnterstuumltzungsangeboteVor dem Hintergrund arbeitspsychologischer Erkenntnisse ist daruumlber hin-aus zu beruumlcksichtigen dass der Unterstuumltzungsbedarf von Beschaumlftigten houmlchst unterschiedlich sein kann In der neueren arbeitspsychologischen For-

9

1 Einfuumlhrung

schung wird nicht nur nach allgemeinen betrieblichen Rahmenbedingungen gefragt die die Arbeitsmotivation foumlrdern oder behindern koumlnnen sondern diese Rahmenbedingungen werden stets im Kontext individueller Merkmale betrachtet Bedingungen fuumlr die Arbeitszufriedenheit ergeben sich demnach aus Merkmalen der Person und aus Merkmalen der Arbeit (vgl Nerdinger et al 2008 432) d h jeder Mensch ist durch spezifische Motive (also Werte-dispositionen und Haltungen) gepraumlgt Motivation entsteht somit als bdquoPro-dukt aus individuellen Merkmalen von Menschen ihren Motiven und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation in der Anreize auf die Motive einwirken und sie aktivierenldquo (Nerdinger et al 2008 427 vgl auch Heckhau-senHeckhausen 2005)

Des Weiteren hat sich in der Arbeitspsychologie schon seit langem die Unterscheidung zwischen bdquoBelastungenldquo (als objektive Faktoren die auf den Menschen einwirken) und bdquoBeanspruchungenldquo (als individuell durchaus un-terschiedliche Auswirkungen dieser Faktoren auf den Menschen)1 etabliert Bestimmte Belastungen fuumlhren also nicht automatisch bei jeder Mitarbeite-rin oder jedem Mitarbeiter zu den gleichen Beanspruchungen Vielmehr wir-ken hier unterschiedliche Einflussfaktoren zusammen Dazu gehoumlren auf der einen Seite individuelle Faktoren etwa persoumlnliche Werthaltungen oder die familiaumlre Situation aus der sich sowohl unterstuumltzende Ressourcen als auch zusaumltzliche Belastungen ergeben koumlnnen Auf der anderen Seite beeinflusst auch die (spezifische) Gestaltung jeder Organisation die Wirkungsweise von Belastungen und damit das Beanspruchungsempfinden Jede Institution kann darum auch Ressourcen zum Umgang mit Belastungen bereitstellen ndash etwa durch Qualifizierungsangebote oder die Foumlrderung der Zusammenar-beit im Team

Es gibt inzwischen eine Reihe von Initiativen die an genau diesen Er-kenntnissen ansetzen Neben verschiedenen laumlnderspezifischen Ansaumltzen ist hier bundesweit vor allem die INQA2 zu nennen eine seit 2002 bestehen- de Gemeinschaftsinitiative von Bund Laumlndern Sozialversicherungstraumlgern Gewerkschaften Unternehmen und Stiftungen INQA bietet Tools zur Be-standsaufnahme und Handlungshilfen sowie Beratungs- und Auditierungs-programme um die Qualitaumlt der Arbeit fuumlr Unternehmen und Beschaumlftigte zu verbessern

1 vgl dazu grundlegend RohmertRutenfranz 1975 zusammenfassend beispielsweise Ulich 19912005 insbesondere Kapitel 72 INQA = Initiative fuumlr eine neue Qualitaumlt der Arbeit wwwinqade (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEs werden kuumlnftig nur Unternehmen innovativ wettbewerbsfaumlhig und erfolgreich sein denen es gelingt qualifizierte Fachkraumlfte zu ge-winnen sowie ihre Beschaumlftigten zu motivieren an sich zu binden und ihre Leistungsfaumlhigkeit zu erhaltenldquo3

Das Bundesministerium fuumlr Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundes-ministerium fuumlr Bildung und Forschung haben in den letzten Jahren ver-schiedene Programme zu diesem Themenfeld aufgelegt So hat das BMBF beispielsweise den Foumlrderschwerpunkt bdquoInnovationsfaumlhigkeit im demogra-fischen Wandelldquo4 initiiert mit dem vor allem die anwendungsorientierte Forschung gefoumlrdert wurde und wird und aus denen Publikationen (vgl bei-spielsweise BMBF 2010) und Internet-Plattformen5 hervorgegangen sind Mit der Forschungsagenda der Bundesregierung fuumlr den demografischen Wandel bdquoDas Alter hat Zukunftldquo6 hat die Bundesregierung im November 2011 ein ressortuumlbergreifendes Forschungskonzept beschlossen Die Vielfalt der Ini-tiativen kann als Indikator fuumlr den Handlungsdruck und die Bedeutung des Themas gewertet werden ndash aber auch dafuumlr dass es nach wie vor an Hand-lungswissen und noch mehr an seiner Umsetzung mangelt

Das Arbeitsfeld der sozialen Dienstleistungen und dabei insbesondere auch das der Kindertagesbetreuung findet in den bisherigen Publikationen Programmen und Initiativen zur Personalwirtschaft im demografischen Wandel kaum Beachtung Dieser geringe Stellenwert steht jedoch in einem deutlichen Missverhaumlltnis sowohl zur gesellschaftlichen Bedeutung der sozia-len Dienstleistungen als auch zum aktuellen Problemdruck in diesem Sektor

An dieser Ausgangssituation setzte das Projekt KONTI an Fuumlr die Studie wurden zunaumlchst die Rahmenbedingungen fuumlr das Personal in der Kinderta-gesbetreuung analysiert und sowohl nach bereits vorhandenen personalwirt-schaftlichen Konzepten der Traumlger von Kindertageseinrichtungen als auch nach Problemen Motiven und Beduumlrfnissen aus der Sicht der Beschaumlftigten gefragt Eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit so die erste Grundannahme im Projekt liegt sowohl im Interesse der Traumlger (die qualifiziertes Personal benoumltigen) als auch der Beschaumlftigten (aufgrund ihrer persoumlnlichen Motivati-

3 wwwinqadeDEMitmachen-Die-InitiativeUeber-unsDie-Initiative-kompaktdie-initiative-kom-pakthtml (Abruf am 18042016)4 wwwbmbfdefoerderungen15043php (Abruf am 18042016)5 wwwdemowerkzeugede (Abruf am 18042016) 6 wwwdas-alter-hat-zukunftde (Abruf am 18042016)

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1 Einfuumlhrung

on und ihrer sozialen Absicherung) Personalwirtschaftliche Konzepte zur Foumlrderung kontinuierlicher Erwerbstaumltigkeit so die zweite Grundannahme muumlssen daher die Aufgaben Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso beruumlcksichtigen wie die Motivationsstrukturen Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten

Der Ansatz einer solchen lebensphasenorientierten Personalwirtschaft muss dabei bdquoden unterschiedlichen Altersgruppen im Betrieb mit ihren je le-bensphasenspezifischen Anforderungen gerecht werdenldquo (Schilling 2008 90) und erfordert darum ein entsprechendes bdquobetriebliches Gesamtkonzeptldquo (ebd) das im Idealfall von einem Wissen uumlber den jeweils individuellen Be-darf aller seiner Beschaumlftigten d h uumlber deren persoumlnlichen Merkmale Wer-te Einstellungen und Motive ausgeht Erst auf dieser Basis kann es zielge-richtete Ressourcen zum Umgang mit vorgefundenen Belastungsfaktoren bereitstellen Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes muss darum immer die jeweils spezifische Organisation und Personalsituation eines Betriebes und die Struktur und Zusammensetzung seiner Belegschaft sein Darum kann es grundsaumltzlich kein auf alle Betriebe uumlbertragbares personalwirtschaftliches Konzept geben Vielmehr ist es nur moumlglich eine Auswahl geeigneter Maszlig-nahmen zusammenzustellen aus denen die fuumlr jeden Betrieb erforderlichen Instrumente immer wieder neu kombiniert werden koumlnnen

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden zunaumlchst die Strukturen und Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes Kindertagesbetreuung darge-stellt (Kapitel 2) und anschlieszligend die Ergebnisse der drei empirischen Erhe-bungen im Projekt KONTI zusammengefasst Dabei werden die Sichtweise von Personalverantwortlichen der beteiligten Traumlger die Einstellungen von beschaumlftigten Erzieherinnen in unterschiedlichen Lebensphasen sowie von Berufsaussteigerinnen und die Perspektive von Leitungskraumlften vorgestellt (Kapitel 3) Als Ergebnis der Analyse wurden einige zentrale Handlungs-felder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die sich fuumlr die Akteure in der Praxis als besonders dringlich herausgestellt haben Dazu wur-den im weiteren Projektverlauf Beispiele guter Praxis aufgearbeitet und Moumlg-lichkeiten zu deren Weiterentwicklung mit Expertinnen diskutiert Die Er-gebnisse der empirischen Untersuchung sowie die Diskussionsergebnisse zu diesen ausgewaumlhlten und ganz unterschiedlichen Instrumenten mit denen die Personalwirtschaft von Kindertageseinrichtungen auf die demografische Entwicklung der naumlchsten Jahre reagieren und damit zur Personalbindung in ihren Kinderbetreuungsbetrieben beitragen kann bilden den Schwerpunkt dieser Publikation (Kapitel 4)

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2 DAS ARBEITSFELD ndash STRUKTUREN UND ENTWICKLUNGSTRENDS

Ein funktionsfaumlhiges System der Kindertagesbetreuung ist von hoher gesell-schaftlicher und oumlkonomischer Bedeutung Auf der einen Seite ist es eine wichtige Voraussetzung fuumlr eine altersangemessene Bildung Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schulalter auf der anderen Seite ist es eine bedeutende Bedingung fuumlr die Erwerbstaumltigkeit von Eltern Dementspre-chend haben sich sowohl die Zahl der betreuten Kinder als auch deren indi-viduelle Betreuungszeiten in den letzten Jahren erhoumlht Diese Entwicklung war gleichzeitig mit einem Anstieg des eingesetzten Personals in diesem Ar-beitsfeld verbunden Ein erheblicher Schub fuumlr diesen quantitativen Ausbau ergab sich vor allem aus dem im Jahre 2008 beschlossenen Kinderfoumlrderungs-gesetz mit dem fuumlr Kinder im Alter von zwoumllf Monaten bis unter drei Jahren ein subjektiver Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung eingefuumlhrt wurde (Art 1 Nr 7 und 8 KifoumlG sect 24 SGB VIII) der zum 01082013 in Kraft trat

Auf der qualitativen Ebene sind Kindertageseinrichtungen mit gesell-schaftlichen Entwicklungen konfrontiert die mit einem Anstieg sozialer Dis-paritaumlten und mit Veraumlnderungen der familiaumlren Strukturen einhergehen Zu nennen sind beispielsweise die steigende Zahl an Ein-Eltern- und soge-nannten Patchwork-Familien die angesichts wachsender Mobilitaumlt abneh-menden Unterstuumltzungsstrukturen der traditionellen Groszligfamilie oder auch die immer oumlfter festzustellende Uumlberforderung vieler Familien mit den Er-ziehungsaufgaben Ein besonders gravierendes Problem von Familien mit Kindern ist die wachsende Bedeutung von Armut (vgl ButterweggeKlundtZeng 2008) Ihr Anstieg ist bei Kindern und Jugendlichen deutlicher aus-gepraumlgt als bei Erwachsenen die regionalen Unterschiede sind erheblich (vgl Chasseacute 2014 411 f) Zusammenfassend muss festgestellt werden dass der Anteil an Kindern die aufgrund ihrer Entwicklungsbedingungen als bdquobil-dungsbenachteiligtldquo gelten muumlssen seit Jahren gewachsen ist Diese und an-dere Entwicklungen fuumlhren dazu dass der Familienfoumlrderung und damit gerade auch der Bildung Erziehung und Betreuung im Rahmen der Kinder-tagesbetreuung eine verstaumlrkt kompensatorische Funktion zukommt (vgl beispielsweise BuumlchnerSpieszlig 2007 SpieszligBuumlchelWagner 2003) Nach einer zusammenfassenden Analyse von Studien in verschiedenen Laumlndern bdquobele-gen vor allem die methodisch aufwaumlndigen Laumlngsschnittstudien der letzten Jahre kurz- und mittelfristig positive Effekte des Besuchs einer vorschulischen

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Einrichtung sofern diese eine hohe Betreuungsqualitaumlt aufweistldquo (AndersRoszligbach 2014 344) Vor allem als Folge der Debatten um die PISA-Studie ist in den letzten Jahren wieder staumlrker in den Mittelpunkt der oumlffentlichen Dis-kussion getreten was fachlich schon seit langem gefordert wird naumlmlich vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Erkenntnisse die fruumlhkind-liche Bildung aufzuwerten und der fruumlhen Foumlrderung von Kindern eine weit houmlhere Bedeutung zuzumessen als dies lange Zeit der Fall war Kindertages-einrichtungen und ihr Auftrag sind damit verstaumlrkt in das Zentrum des oumlf-fentlichen Interesses getreten

21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fuumlr die fruumlhkindliche Bildung Foumlrde-rung und Betreuung werden in Deutschland durch das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG bzw 8 Buch des Sozialgesetzbuchs SGB VIII) gesetzt Konkretisiert wird dieser Rahmen durch die Ausfuumlhrungsgesetze der ein-zelnen Bundeslaumlnder Inhaltlich beschraumlnkt sich das SGB VIII auf einige program matische Formulierungen zur Funktion von Kindertagesbetreuung (sect 22 Grundsaumltze der Foumlrderung)

bdquo(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen in denen sich Kinder fuumlr einen Teil des Tages oder ganztaumlgig aufhalten und in Gruppen gefoumlrdert werden [hellip] (2) Tageseinrichtungen fuumlr Kinder und Kin-dertagespflege sollen 1 die Entwicklung des Kindes zu einer eigen-verantwortlichen und gemeinschaftsfaumlhigen Persoumlnlichkeit foumlrdern 2 die Erziehung und Bildung in der Familie unterstuumltzen und er-gaumlnzen 3 den Eltern dabei helfen Erwerbstaumltigkeit und Kinder-erziehung besser miteinander vereinbaren zu koumlnnen (3) Der Foumlr-derungsauftrag umfasst Erziehung Bildung und Betreuung des Kin-des und bezieht sich auf die soziale emotionale koumlrperliche und geistige Entwicklung des Kindes Er schlieszligt die Vermittlung orien-tierender Werte und Regeln ein Die Foumlrderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand an den sprachlichen und sonstigen Faumlhig-keiten an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Beduumlrf-nissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Her-kunft beruumlcksichtigenldquo

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

In sect 26 ist festgeschrieben dass das bdquoNaumlhere uumlber Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungenldquo durch Landesrecht bestimmt wird Die Ausfuumlhrungsgesetze der Laumlnder7 regeln insbesondere die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards im Hin-blick auf Personaleinsatz und Gruppengroumlszligen sowie moumlgliche Betreuungs-formen und -zeiten Daruumlber hinaus konkretisieren sie in unterschiedlicher Weise den Bildungsauftrag und Fragen der Qualitaumltsentwicklung Die Rah-menbedingungen fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich also je nach Bundesland erheblich insbesondere im Hinblick auf Finan-zierungsstrukturen und Personalbemessung aber auch bezuumlglich der inhalt-lichen Konkretisierung des Bildungsauftrags

22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung

Auf der Grundlage der Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes liegt die Ver-antwortung fuumlr die Sicherstellung der Kindertagesbetreuung im Wesentli-chen bei den oumlrtlichen Jugendaumlmtern also bei den Staumldten und Kreisen wo-bei die Leistungserbringung nicht allein durch die Kommune selbst sondern nach dem Subsidiaritaumltsprinzip (vgl sect 4 SGB VIII) haumlufig durch Traumlger der freien Jugendhilfe erfolgt Freie Traumlger sind vor allem die Kirchen und die groszligen Wohlfahrtsverbaumlnde daruumlber hinaus Elterninitiativen und ndash je nach Bundesland unterschiedlich ndash vereinzelt auch privatwirtschaftliche Anbieter Der Anteil der Beschaumlftigten die bei freien Traumlgern taumltig sind ist dabei von 58 Prozent im Jahr 1998 auf 68 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 20) Dieser Anstieg ist vor allem durch die Entwicklung in Ostdeutschland bedingt wo sich die Struktur nach und nach an die der westlichen Bundeslaumlnder angeglichen hat In den neuen Bundeslaumlndern ist der Anteil der Beschaumlftigten bei oumlffentlichen Traumlgern von 61 Prozent im Jahr 1998 auf 37 Prozent im Jahr 2014 gesunken (vgl ebd)

Das Traumlgerspektrum ist sehr heterogen Viele groszligstaumldtische Jugendaumlmter stellen eine Vielzahl von eigenen Einrichtungen bereit wobei diese in einigen Kommunen in eigenbetriebsaumlhnlichen Strukturen zu einem Gesamt betrieb zusammengefasst sind Eigene Jugendaumlmter gibt es nur in kreisfreien Staumldten und groumlszligeren kreisangehoumlrigen Kommunen so dass viele kleine Kommunen

7 vgl wwwbildungsserverdezeigenhtmlseite=1899 (Abruf am 18042016)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

uumlber Kindertageseinrichtungen aber nicht uumlber ein Jugendamt als fachlich steuernde Instanz verfuumlgen Manchmal haben kleine Kommunen nur eini - ge wenige eigene Einrichtungen wobei es Regionen gibt in denen (fast) die gesamte Infrastruktur durch freie Traumlger angeboten wird Im kirchlichen Bereich unterhalten zum einen die groszligen Verbaumlnde (Caritas und Diakonie) eigene Einrichtungen zum anderen gibt es nach wie vor eigene Kindergaumlrten von Kirchengemeinden die den Gemeindepfarrerinnen und den ehrenamt-lichen Leitungsstrukturen der Gemeindegremien unterstehen In einigen Re-gionen wurden in den letzten Jahren Zweckverbaumlnde gebildet in denen die Einrichtungen der oumlrtlichen Kirchengemeinden zusammengefasst wurden und nun zentral verwaltet werden Die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz sind als Wohlfahrtsverbaumlnde regional oder auf der Ebene von Bundeslaumlndern organisiert so dass die Kindertageseinrichtungen wie bei Diakonie und Caritas einen Teil ihres Angebotsspektrums neben anderen sozialen Dienstleistungen bilden Der Deutsche Paritaumltische Wohlfahrtsver-band ist nicht selbst Traumlger von Einrichtungen sondern ist ein Dachverband von zumeist kleinen Traumlgern (beispielsweise Elterninitiativen) der seinen Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen und Beratungsangebote zur Verfuuml-gung stellt Privat-gewerbliche Anbieter sowie betriebliche Kindertagesein-richtungen als eigene Angebote privater oder oumlffentlicher Wirtschaftsunter-nehmen spielen mit 22 Prozent der Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte barometer 2014 21) nach wie vor nur eine marginale Rolle Leicht angestiegen ist in den letzten Jahren der Anteil sonstiger juristischer Per-sonen und Vereinigungen zu denen beispielsweise private Initiativen (mit vielfach innovativen Angebotsformen) gehoumlren die zwar eine gemeinnuumltzige Rechtsform (beispielsweise gGmbH) besitzen aber keinem Verband ange-schlos sen sind (vgl Stoumlbe-Blossey 2015a 113 ff) Das Spektrum der Arbeit-geber im Bereich der Kindertagesbetreuung ist somit sehr differenziert und reicht von groszligen Verwaltungen und ndash teilweise spezialisierten ndash Verbaumlnden bis hin zu ehrenamtlich geleiteten Einzeleinrichtungen

23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf

Waumlhrend noch vor wenigen Jahren angesichts der demografischen Entwick-lung ein Ruumlckgang des Personalbedarfs in der Kindertagesbetreuung be-fuumlrchtet wurde (und damit die Arbeitslosigkeit von Fachkraumlften) ist inzwi-schen ein quantitativer Ausbau zu beobachten (vgl SellKersting 2010) Der

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Zuwachs der Beschaumlftigtenzahlen war in den letzten Jahren erheblich Zwi-schen 2006 und 2014 kamen bundesweit rund 195000 Beschaumlftigte im Arbeits-feld der Kindertageseinrichtungen hinzu wobei der Anstieg in Westdeutsch-land besonders stark war (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 17) Damit war in diesem Arbeitsfeld im Jahr 2014 ein (vorlaumlufiger) Houmlchststand von 609900 Beschaumlftigten zu verzeichnen (vgl ebd) Umgerechnet in Voll-zeitaumlquivalente bedeutet dies eine Zunahme von gut 281600 Arbeitsplaumltzen im Jahr 2006 auf etwa 424800 im Jahr 2014 (vgl ebd 19) Die Zahl der Ar-beitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation hat seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen vom Houmlchststand 1997 mit rund 63000 re-gistrierten Arbeitslosen ist sie bis 2013 auf etwa 16000 zuruumlckgegangen (vgl ebd 48) An der geschlechtsspezifischen Aufteilung hat sich in den letzten Jahren hingegen nichts geaumlndert der Anteil der Maumlnner in diesem Arbeits-feld bleibt mit 48 Prozent extrem gering (vgl ebd 26)

Die Differenz zwischen Beschaumlftigtenzahlen und Vollzeitaumlquivalenten weist bereits auf die hohe Bedeutung der Teilzeitarbeit in Kindertageseinrich-tungen hin Der Anteil der Vollzeitbeschaumlftigten in diesem Arbeitsfeld ist von 52 Prozent der Beschaumlftigten im Jahr 1998 auf etwa 40 Prozent im Jahr 2014 kontinuierlich gesunken Waumlhrend die Anzahl der Vollzeitstellen in diesem Zeitraum um 22 Prozent anstieg hat sich die Menge der Teilzeit-stellen nahezu verdoppelt Dieser Anstieg betraf alle Formen der Teilzeit-arbeit also sowohl Teilzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit unter 21 Stun-den als auch Stellen mit einem Umfang von 21 bis unter 32 Stunden und vollzeitnahe Stellen mit zwischen 32 und 385 Stunden Wenn auch dieser Trend bundesweit zu beobachten ist so stellt sich die Entwicklung im Wes-ten und im Osten dennoch unterschiedlich dar In Ostdeutschland waren in den 1990er Jahren im Zuge des Stellenabbaus viele Vollzeitstellen in voll-zeitnahe Stellen umgewandelt worden sodass dort der Anteil der Vollzeit-stellen bereits 1998 unter der 25-Prozent-Marke gelegen hatte Seit diesem Zeitpunkt blieb er ndash nach einem Einbruch in 2006 ndash konstant (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 29) Im Westen ist der Anteil an Vollzeit-stellen zwischen 1998 und 2014 von 59 Prozent auf 44 Prozent zuruumlckgegan-gen (vgl ebd 30) In der Vergangenheit wurde vielfach die Auffassung ver-treten dass eine Teilzeittaumltigkeit ndash insbesondere fuumlr die Gruppenleitungen ndash nicht moumlglich waumlre weil sie die Kontinuitaumlt der Betreuungspersonen fuumlr die Kinder gefaumlhrden wuumlrde Ein gewisses Umdenken hat hier zum einen der Anstieg der Anzahl von Ganztagsplaumltzen mit laumlngeren Betreuungszeiten mit sich gebracht die zur Abdeckung des gesamten Zeitvolumens eine Kombi-nation von Vollzeit- und Teilzeitstellen erforderte Zum anderen wuchs mit

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

dem steigenden Fachkraumlftebedarf die Bereitschaft der Traumlger auf Arbeitszeit-wuumlnsche von Mitarbeiterinnen einzugehen die aus familiaumlren Gruumlnden ihre Arbeitszeit reduzieren wollten

Die Unterschiede zwischen den westlichen und oumlstlichen Bundeslaumln - dern zeigen sich auch bei der Frage ob es sich bei der Teilzeitbeschaumlftigung um eine erwuumlnschte oder unfreiwillige Teilzeit handelt Eine Analyse von Eva Strunz (2015) auf der Basis des Mikrozensus 2011 bestaumltigt dass fuumlr west-deutsche Erzieherinnen die weniger als 32 Stunden arbeiten vor allem fa-miliaumlre Gruumlnde ausschlaggebend sind 36 Prozent geben als Motiv die Be-treuung von Kindern Pflegebeduumlrftigen oder Menschen mit Behinderungen und weitere 33 Prozent sonstige persoumlnliche oder familiale Gruumlnde an 37 Prozent der ostdeutschen Erzieherinnen in Teilzeitbeschaumlftigung er-klaumlrten hingegen dass sie keine Vollzeitstelle finden konnten Betreuungs- oder sonstige persoumlnliche oder familiale Verpflichtungen waren hier nur fuumlr 26 Prozent der Befragten von Bedeutung (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte-barometer 2014 30)

24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe

Die dominierende Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen sind Erzieherinnen Sie werden an Fachschulen bzw Fachakademien nach landesrechtlich unterschiedlichen faktisch aber relativ aumlhnlichen Regelungen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) ausge-bildet Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss Bei der Ausbildung zur Erzieherinzum Erzieher lassen sich grundsaumltzlich zwei Modelle unter-scheiden ndash das additive Modell als eine zweijaumlhrige uumlberwiegend fachtheoretische

Ausbildung mit anschlieszligendem einjaumlhrigem Berufspraktikum sowie ndash das integrative Modell als eine dreijaumlhrige Ausbildung an der Fachschule

inklusive Praxisphasen

Daruumlber hinaus existiert in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen eine bdquoPraxisintegrierte Ausbildungldquo (PIA) in der fachtheoretische Inhalte Praktika und Anerkennungsjahr miteinander staumlrker verzahnt wurden Mit dem Traumlger der Kindertageseinrichtung wird dazu ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen der auch eine Verguumltung vorsieht (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 67 ff)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Im Deutschen Qualifikationsrahmen fuumlr Lebenslanges Lernen (DQR)8 wird die Erzieherinnen-Ausbildung an einer Fachschule auf demselben Niveau (Stufe 6) wie ein Bachelor-Studium eingestuft In den neuen Bundeslaumlndern verfuumlgten im Jahr 2014 ca 87 Prozent der Beschaumlftigten uumlber einen derar-tigen Berufsbildungsabschluss im Westen waren es 66 Prozent Im Westen besaszligen 16 Prozent einen Abschluss als Kinderpflegerin oder aumlhnliche un-terhalb des Niveaus der Erzieherinnen angesiedelte Qualifikationen Diese spielen im Osten praktisch keine Rolle Etwa 10 Prozent der Beschaumlftigten hatten im Jahr 2014 eine andere Ausbildung befanden sich noch in der Ausbildung oder waren ohne Abschluss (vgl ebd 31) Entgegen anderslau-tenden Befuumlrchtungen hat sich der Ausbau der Kindertagesbetreuung somit bislang nicht auf Kosten der Fachlichkeit des Personals vollzogen

Der Anteil der Beschaumlftigten mit Hochschulabschluss lag bundesweit ndash mit leicht steigender Tendenz ndash bei ca 5 Prozent Darunter befanden sich gut 3000 Absolventinnen von speziell auf die fruumlhe Bildung bezogenen kindheitspaumldagogischen Studiengaumlngen Die Anzahl der Kindheitspaumldagoginnen hat sich somit seit 2012 dem ersten Jahrgang in dem sie in der Sta-tistik separat ausgewiesen sind verdreifacht (vgl ebd 34) In den letzten Jahren sind zahlreiche und sehr unterschiedlich konzipierte Studiengaumlnge entstanden die ndash als Erstausbildung oder Weiterbildung ndash eine akademische Qualifikation fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vermitteln9

Im Jahr 2003 wurde erstmals in Deutschland ndash damals noch umstritten ndash ein fruumlhpaumldagogischer Studiengang an der Alice-Salomon-Hochschule in Ber-lin eingerichtet Angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeit fuumlr die fruumlh-kindliche Bildung und der Existenz einer akademischen Ausbildung in den meisten europaumlischen Laumlndern wurde die Akademisierung fruumlhpaumldagogi-scher Fachkraumlfte in Kindertageseinrichtungen in der Folgezeit zu einem zen-tralen Thema in der bundesdeutschen Diskussion um die Weiterentwicklung von fruumlhkindlicher Bildung Erziehung und Betreuung Daruumlber hinaus be-schleunigte der parallel einsetzende Bologna-Prozess zur Internationalisie-rung und Modularisierung von Studiengaumlngen den Ausbau von Studien-gaumlngen zur Fruumlhen Kindheit enorm Fuumlr die (Fach)Hochschulen ergaben sich aus diesem Prozess sowohl die Moumlglichkeiten als auch wettbewerbliche

8 Der DQR wurde zum Zweck der Vergleichbarkeit der historisch gewachsenen Sektoren des deut-schen Bildungssystems konzipiert Er besteht aus einer umfangreichen sektorenuumlbergreifenden Matrix die der Einordnung von Qualifikationen dient9 Zur Entwicklung der Studiengaumlnge vgl KlaudySchuumltzStoumlbe-Blossey 2014

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Anreize neue Studiengaumlnge mit unterschiedlicher Spezialisierung zu entwi-ckeln (vgl zusammenfassend Speth 2010 169 ff) Nach der Einrichtung des ersten Studiengangs in Berlin im Jahr 2003 entstanden bis zum Jahr 2010 etwa 60 kindheitspaumldagogische Studiengaumlnge bis zum Jahr 2015 hat sich die Anzahl auf 118 (an 82 Standorten) nahezu verdoppelt (vgl Altermann et al 2015 10) Ein Teil dieser Studiengaumlnge ist grundstaumlndig angelegt andere bauen als konsekutive Studiengaumlnge auf einer abgeschlossenen Erzieherin-nen-Ausbildung auf Zwar zeigt sich dass die Absolventinnen keineswegs immer in einer Kindertageseinrichtung arbeiten wollen (vgl ebd 33 ff) je-doch kommt seit einiger Zeit wie die zitierten Zahlen zeigen nach und nach eine wachsende Zahl an Kindheitspaumldagoginnen auf den Arbeitsmarkt In einem Feld das traditionell durch eine fachschulische Ausbildung gepraumlgt ist stellt die Pluralisierung der Qualifizierungswege eine Innovation dar die von Konflikten Unsicherheiten und Ambivalenzen begleitet wird

25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung

Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen in kommunaler Traumlgerschaft wer-den nach dem Tarifvertrag fuumlr den oumlffentlichen Dienst (TVoumlD) der Kom mu-nen fuumlr Sozial- und Erziehungsdienste bezahlt Freie Traumlger haben groumlszligte n-teils eigene Tarifvertraumlge die sich allerdings oft am TVoumlD orientieren (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 59) Nach Berechnungen auf der Grundlage der Entgeltstatistik der Bundesagentur fuumlr Arbeit verdienten die Beschaumlftigten in Kindertageseinrichtungen im Jahr 2014 auf einer Vollzeit-stelle mit durchschnittlich 2630 Euro pro Monat etwa 300 Euro weniger als der Durchschnitt aller maumlnnlichen Arbeitnehmer ndash allerdings 300 Euro mehr als der Durchschnitt aller weiblichen Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 59)

Das Bruttogehalt einer in die Entgeltgruppe S2 eingruppierten Beschaumlf-tigten die die Taumltigkeit einer Kinderpflegerin ausuumlbt lag nach der bis zum 30062015 geltenden Fassung des TVoumlD10 im Jahr 2015 in der Eingangsstu - fe bei 1960 Euro monatlich eine Leiterin einer sehr groszligen Einrichtung (mit mindestens 180 Plaumltzen) konnte in der Endstufe der Gruppe S17 4749 Euro erhalten Staatlich anerkannte Kinderpflegerinnen (S3) starteten mit 2043 Euro monatlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (S6)

10 vgl zu den folgenden Angaben httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsue (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mit 2367 Euro in den Endstufen kamen sie auf 2679 bzw 3289 Euro Er-zieherinnen mit besonders schwierigen fachlichen Taumltigkeiten konnten in der Gruppe S8 mit 2478 Euro monatlich beginnen und in der Endstufe bis zu 3732 Euro erhalten Wenn eine Erzieherin fachlich schwierige Taumltigkei-ten von mindestens drei Beschaumlftigten der Gruppe S8 koordiniert waren in der Gruppe S9 je nach Stufe zwischen 2579 und 3750 Euro erreichbar Als besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten werden vor allem die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen sowie einrichtungsuumlbergreifende und koordi-nierende Aufgaben definiert

Als Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 wurden fuumlr Kin derpflegerinnen die monatlichen Entgelte erhoumlht so erhaumllt eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin in der Eingangsstufe der Gruppe S3 seitdem ein um 61 Euro erhoumlhtes Monatsgehalt Die Taumltigkeitsmerkmale von Erzieherinnen wurden aus der Gruppe S6 in die neu geschaffene Gruppe S8a uumlber-fuumlhrt was in der Eingangsstufe eine Steigerung des Gehalts um 93 Euro mo-natlich bedeutet In den Endstufen fallen die Anstiege mit 112 bzw 138 Euro monatlich etwas houmlher aus Fuumlr die Taumltigkeitsmerkmale der in S8 eingrup-pierten Erzieherinnen wurde eine neue Gruppe S8b geschaffen deren Ent-gelt nun identisch mit der Gruppe S9 ist Die Anstiege sind geringer als fuumlr Erzieherinnen im Allgemeinen und machen sich schwerpunktmaumlszligig in den houmlheren Dienstaltersstufen bemerkbar

Bei einem Aufstieg zur Leitung einer Einrichtung begann das Gehalt bis 2015 in der Gruppe S7 mit 2406 Euro und steigerte sich je nach Anzahl der Plaumltze in der Einrichtung Ab 40 Plaumltzen kam die Stufe 10 mit einem Ein-gangsgehalt von 2590 Euro zur Anwendung bei 70 Plaumltzen die Stufe 13 mit 2880 Euro bei 100 Plaumltzen S 15 mit 2913 Euro bei 130 Plaumltzen S 16 mit 3025 Euro und bei 180 Plaumltzen schlieszliglich S 17 mit 3103 Euro Das End-gehalt lag jeweils um gut 50 Prozent uumlber dem Anfangsgehalt der jeweili gen Stufe Stellvertretende Leitungen wurden ab einer Einrichtungsgroumlszlige von 70 Plaumltzen jeweils in die Entgeltgruppe von Leitungen der naumlchstkleineren Einrichtungsgroumlszlige eingruppiert Mit dem Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen wurden die beschriebenen Stufenzuordnungen veraumlndert Die Leitung einer kleinen Einrichtung wird nun statt nach Stufe 7 nach Stufe 9 bezahlt was in der Eingangsstufe einen Anstieg um 74 Euro monatlich be-deutet Die Leitungen und die Stellvertretungen der groumlszligeren Einrichtungen steigen jeweils in die Stufe die vorher der naumlchsthoumlheren Groumlszligenklasse vorbehalten war so dass beispielsweise die Leitung einer Einrichtung mit 40 bis 69 Plaumltzen nun in Stufe 13 in der Eingangsstufe ein um 290 Euro houmlheres Gehalt erhaumllt Besonders groszlig ist die Differenz fuumlr Leitungen einer sehr gro-

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

szligen Einrichtung die nun in S18 eingruppiert sind und in der Eingangsstufe 342 Euro mehr erhalten als vorher und in der Endstufe 5197 Euro monatlich bekommen Fuumlr die Leitungen der anderen Groumlszligenklassen fallen die Erhouml-hungen geringer aus

Ein Aufstieg ist somit in begrenztem Maszlige uumlber besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten moumlglich im Wesentlichen ist jedoch die Uumlbernahme von Leitungsfunktionen die Voraussetzung fuumlr eine finanzielle Weiterent-wicklung Dies gilt im Uumlbrigen auch fuumlr Kindheitspaumldagoginnen mit Ba-chelor-Abschluss die in der Regel auf Erzieherinnen-stellen eingesetzt wer-den An dieser Situation hat sich durch das Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen nichts geaumlndert

Neben dem Gehalt gehoumlrt zum Thema der Arbeitsbedingungen noch die Frage der Befristung Im Jahr 2014 waren 16 Prozent der Erzieherinnen und 18 Prozent der Kinderpflegerinnen befristet beschaumlftigt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 56) Im Vergleich zum Jahr 2011 bedeutet dies eine Steigerung um 3 bzw 4 Prozentpunkte Damit liegen die Anteile befris-teter Beschaumlftigungsverhaumlltnisse uumlber dem Durchschnitt sowohl der Frauen (11 Prozent) als auch der Maumlnner (8 Prozent vgl ebd 57)

26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze

Nach Prognosen aus dem Jahr 2014 werden bis zum Jahr 2025 etwa 200000 Fachkraumlfte das Arbeitsfeld verlassen Dies haumlngt zunaumlchst mit der Altersstruk-tur zusammen die sich zwischen 1998 und 2014 deutlich veraumlndert hat 1998 lag der Anteil der Fachkraumlfte im Alter von uumlber 45 Jahren bei rund 22 Pro-zent 2014 betrug er 41 Prozent (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 26) Daher wird zum einen die Anzahl derjenigen die wegen Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen in den naumlchsten Jahren erheblich steigen Zum anderen basieren die Prognosen darauf dass auf der Grund - la ge der Erfahrungen vergangener Jahre viele Beschaumlftigte das Arbeitsfeld vor-zeitig verlassen werden ndash mit einer Erwerbsminderungsrente oder aus ande-ren Gruumlnden

Im Jahr 2011 erreichten nur 18 Prozent der Beschaumlftigten die im Ar-beitsfeld Kindertageseinrichtung in Rente gingen die Regelaltersgrenze von 65 Jahren Fast 40 Prozent der uumlberwiegend weiblichen Beschaumlftigten be-zogen bereits zum (damals) fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt mit 60 Jahren ihre Rente Damit verlassen Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen ihr Arbeits-feld deutlich fruumlher als Frauen in anderen Berufen Im Jahr 2011 hatten ins-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

gesamt 42 Prozent der Frauen bei ihrem Renteneintritt die Regelaltersgrenze erreicht Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an allen Rentenzugaumlngen ist bei Beschaumlftigen in Kindertageseinrichtungen um 25 Prozent houmlher als bei den erwerbstaumltigen Frauen insgesamt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebaro-meter 2014 52)

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist somit bei rentennahen Jahr-gaumlngen in besonderem Maszlige vom vorzeitigen Berufsausstieg seiner Beschaumlf-tigten betroffen Aber auch im Hinblick auf juumlngere Beschaumlftigte wird immer wieder darauf hingewiesen dass sie oft schon nach wenigen Jahren den Be -ruf wieder verlassen ndash genaue Zahlen daruumlber liegen allerdings nicht vor Gruumlnde dafuumlr koumlnnen in gesundheitlichen Belastungen durch den Beruf lie-gen So kommt das Projekt bdquoSTEGE ndash Strukturqualitaumlt und Erzieher_innen-gesundheit in Kindertageseinrichtungenldquo in dem 2744 Kita-Beschaumlftigte in Nordrhein-Westfalen befragt wurden zu dem Ergebnis dass Erzieherinnen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen mit gleicher Bildung in der deutschen Bevoumllkerung im Durchschnitt als deutlich schlech-ter empfinden und haumlufiger durch gesundheitliche Belastungen dauerhaft im Alltag eingeschraumlnkt sind (ViernickelVoss 2013 8) Daruumlber hinaus sind einer GEW-Studie (Fuchs-Rechlin 2007) zufolge ca zwei Drittel der befrag-ten Erzieherinnen mit der gesellschaftlichen Anerkennung des Berufes un-zufrieden knapp 54 Prozent mit der Bezahlung und gut 60 Prozent mit den beruflichen Aufstiegsmoumlglichkeiten (vgl Fuchs-Rechlin 2007 34)

Legt man die eingangs beschriebene Lebenslaufperspektive zugrunde so lassen sich anhand der Beruumlcksichtigung von kritischen Lebensereignissen und Uumlbergaumlngen drei zentrale Schwellen identifizieren an denen gehaumluft Be-rufsausstiege stattfinden ndash Ausbildung und Berufsintegration Vielfach verlassen gerade qualifizierte

Mitarbeiterinnen bereits unmittelbar oder kurz nach der Ausbildung ihr Taumltigkeitsfeld um sich weiterzuqualifizieren Diese Weiterqualifizierun-gen fuumlhren bislang in der Regel in andere Berufe und nicht in eine houmlher-wertige Taumltigkeit in der Kindertagesbetreuung

ndash Familiengruumlndung Eine zweite Schwelle fuumlr Beschaumlftigte in der Kinderta-gesbetreuung steht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Familienfreundliche Arbeitszeit- und Dienstplanmodelle stellten ebenso wie an den Bedarfen der Beschaumlftigten orientierte Teil-zeitmodelle lange Zeit eine Ausnahme dar (vgl Klaudy 2010) Viele Be-schaumlftigte kehren deshalb nach einer Berufsunterbrechung nicht in ih - ren Beruf zuruumlck sondern uumlbernehmen beispielsweise Spielgruppen und an dere Angebote auf Honorarbasis oder in geringfuumlgiger Beschaumlftigung

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

die mit einer Dequalifizierung verbunden sind und zu Einbuszligen bei der Alterssicherung dieser Beschaumlftigten fuumlhren

ndash Alter Die dritte Schwelle schlieszliglich betrifft den vorzeitigen Berufsaus-stieg im Alter und somit das Themenfeld der nachhaltigen und alternsge-rechten Arbeitsgestaltung Die quantitative Bedeutung dieses Problems waumlchst angesichts des gestiegenen Anteils an aumllteren Beschaumlftigten Zu-saumltzlich verschaumlrft wird sie durch eine andere Form von Reproduktions-verpflichtungen naumlmlich durch die Konfrontation vieler aumllterer Mitar-beiterinnen mit der Pflegebeduumlrftigkeit von Angehoumlrigen vor allem der eigenen Eltern

27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen

Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veraumlnderungen gehen eine steigende Vielfalt etwa an Lebensstilen und Kulturen und damit auch ein Wandel der Kindheit einher ndash mit neuen Anforderungen auch an die Fami-lien Gerade Kindertageseinrichtungen muumlssen hierauf in vielfaumlltiger Weise reagieren Neben einer bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote muumlssen sie auch Organisation und Management der Kinderbetreuungsbetriebe an-passen Anpassungserfordernisse ergeben sich z B mit Blick auf

ndash die Groumlszlige der Einrichtungen und das Alter der Kinder Ausgehend vom Alter der Kinder werden diese von 4 Monaten bis hinein ins schulpflichtige Alter in Kindertageseinrichtungen betreut Die Groumlszlige der Einrichtungen reicht von einer Gruppe mit beispielsweise 15 Kindern bis zu Einrichtun-gen mit mehr als sieben Gruppen und uumlber 160 Kindern Dabei werden Kinder in altershomogenen und altersheterogenen Gruppen mit einem unterschiedlichen Stundenvolumen betreut wobei die zeitlichen Moumlg-lichkeiten in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt sind Mit dem Ausbau der U3-Betreuung werden viele Einrichtungen erweitert und es kommen zunehmend juumlngere Kinder hinzu

ndash die innereOumlffnungderKindertageseinrichtungen Waumlhrend der bdquoklassische Kindergartenldquo die Arbeit in Gruppen vorsah wird seit Ende der 1970er Jahre der bdquooffene Kindergartenldquo (vgl RegelKuumlhne 2001) zunehmend be-liebter Seither werden vielfaumlltige Formen der bdquoinneren Oumlffnungldquo prakti-ziert z B werden offene teiloffene und gruppenuumlbergreifende Angebote und Projekte und ebenso ein offenes Arbeiten in Bildungs- und Funktions-bereichen angeboten Dieser Entwicklung werden einerseits groszlige Chan-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

cen zugeschrieben da der Ansatz dem selbstbestimmten und selbstorga-nisierten Lernen von Kindern entgegenkommt und auch den paumldagogi-schen Fachkraumlften Moumlglichkeiten fuumlr einen kompetenzorientierten Ar-beitseinsatz bietet Andererseits wird den Oumlffnungskonzepten kritisch entgegengehalten dass sie sich wegen des fehlenden Gruppenzusammen-halts negativ auf die kindliche Entwicklung insbesondere sehr junger Kinder auswirken Haumlufig bestehen Bedenken und auch Aumlngste im Zu-sammenhang mit erhoumlhten Anforderungen an die organisatorische und inhaltliche Abstimmung sowie die Zusammenarbeit im Team insgesamt Daruumlber hinaus fuumlhrt die bdquoOumlffnungldquo zu neuen Zustaumlndigkeiten und Ver-antwortlichkeiten im Team Festzuhalten bleibt dass die offene Arbeit nicht nur mehr Abstimmung und Zusammenarbeit erfordert sondern auch transparentere Strukturen die bewirken dass die Arbeit der einzel-nen Erzieherinnen oumlffentlicher wird (vgl Doumlrfler 1994 108 ff)

ndash die Zusammensetzung der Teams hin zur Multiprofessionalitaumlt (vgl Froumlhlich-Gildhoff et al 2014) Erkenntnisse der Hirnforschung belegen dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen fuumlr das Lernen und den persoumlnlichen Bildungserfolg eines Menschen gestellt werden Als Folge wird in Kitas den Bildungsaufgaben mehr Aufmerksamkeit geschenkt Erzieherinnen werden zu Expertinnen fuumlr fruumlhkindliche Bildung die die individuellen Entwicklungspotenziale der Kinder erkennen und best-moumlglich foumlrdern sollen Weitere Anforderungen wie z B die Zunahme von bdquoFamilienzentrenldquo (Stoumlbe-Blossey 2010) der hohe Anteil von Famili-en mit Migrationshintergrund und die Entwicklung hin zu inklusiv ar-beitenden Einrichtungen fuumlhren dazu dass auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Fachkraumlfte im Umbruch sind Multiprofessionali-taumlt wird als Schlagwort fuumlr die Zusammenarbeit unterschiedlichster Fach-richtungen verwendet und meint ein Verstaumlndnis der fachuumlbergreifenden Zusammen arbeit verschiedener Professionen bei der unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen die Bearbeitung und Loumlsung komplexer Arbeitsanforderungen Probleme oder Faumllle ermoumlglichen (vgl Rannen-berg-Schwerin 2012 20) In der Praxis der Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen uumlbli-cher wird So arbeiten mittlerweile z B neben den Erzieherinnen und anderen sozial paumldagogischen Fachkraumlften auch Heilpaumldagoginnen Psy-chologinnen und andere Expertinnen in einer Kindertageseinrich-tung Quereinsteigerinnen mit anderem Berufshintergrund sowie die zu-nehmende Vernetzung und Kooperation mit externen Fachleuten und Diensten bereichern zudem die Fachlichkeit in der Kita

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

ndash das Management der Einrichtungen das ein zunehmendes Maszlig an Professi-onalitaumlt erfordert um den unterschiedlichen Anforderungen und Vor-aussetzungen mit einer guten Qualitaumlt in der Angebotsgestaltung gerecht werden zu koumlnnen ∙ Kindertageseinrichtungen werden sowohl geleitet von Erzieherinnen

mit und ohne entsprechende zusaumltzliche Qualifikation als auch von Fachkraumlften mit (Fach)Hochschulabschluss Ergebnisse der Expertise bdquoSchluumlssel zu guter Bildung Erziehung und Betreuungldquo zeigen dass inzwischen ca 19 Prozent der Leitungen uumlber einen akademischen Abschluss verfuumlgen (vgl Viernickel et al 2013 42)

∙ Leitungskraumlfte erfuumlllen ihre Leitungsaufgaben mit oder ohne (Teil)Freistellung von der paumldagogischen Arbeit und werden nur z T durch Stellvertreterinnen ebenfalls mit oder ohne (Teil)Freistellung unter-stuumltzt oder in Abwesenheit vertreten

∙ die Organisation von Fuumlhrung und Leitung der Kinderbetreuungs-betriebe erfolgt daneben z B in groumlszligeren Einrichtungen durch zu-saumltzliche bdquoTeamleitungenldquo Bei einigen Traumlgern wird inzwischen mit bdquoVerbund-ldquo oder bdquoGebietsleitungenldquo gearbeitet die fuumlr zwei oder mehr Kindertageseinrichtungen zustaumlndig sind Hier gibt es innerhalb jeder Einrichtung lediglich Ansprechpartnerinnen oder stellvertretende Lei-tungen die nur z T uumlber eine eigene (Teil)Freistellung verfuumlgen

Diese exemplarische Zusammenstellung zum Anpassungsbedarf der Orga-nisation von Kindertageseinrichtungen verdeutlicht die Komplexitaumlt des notwendigen Anpassungsaufwands wenn eine tragfaumlhige und qualitativ an-spruchsvolle Antwort auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen gefunden werden soll Die dargestellte Vielfalt erhoumlht als Folge auch die Anforderungen an das Team und die Leitung und nicht zuletzt auch an die Unterstuumltzung durch den Traumlger

28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen

Die gesellschaftlichen Anforderungen denen die Kindertagesbetreuung ge-genuumlbersteht und die steigende Aufmerksamkeit fuumlr den Stellenwert fruumlh-kindlicher Bildung haben zu einer quantitativen wie qualitativen Erweite-rung des Aufgabenspektrums der Beschaumlftigten gefuumlhrt So haben vor dem Hin tergrund des steigenden Bedarfs an fruumlher Foumlrderung alle Bundeslaumlnder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bildungsleitlinien fuumlr Kindertageseinrichtungen verabschiedet Konzepte zur Vorbereitung und Begleitung des Uumlbergangs vom Kindergarten in die Grund-schule formuliert und Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Fruumlherkennung und Entwicklungsbegleitung eingefuumlhrt (vgl Stoumlbe-Blossey Torluumlmke 2010) Festzustellen ist weiterhin eine ndash von den einzelnen Bun-deslaumlndern in unterschiedlicher Weise politisch geforderte und gefoumlrderte ndash Funktionserweiterung von Kindertageseinrichtungen als Zentren fuumlr Kinder und Familien und als niedrigschwellige Instanz zur Buumlndelung von Bera-tungs- und Familienbildungsangeboten im Sozialraum (Stoumlbe-Blossey 2010) Gleichzeitig laumlsst sich eine Verdichtung von Taumltigkeiten feststellen In Kin-dertageseinrichtungen fuumlhrten die Entwicklungen z B bei den Fachkraumlften zu einem weitgehenden Wegfall von Vor- und Nachbereitungszeiten fuumlr die paumldagogische Arbeit mit den Kindern (vgl AGJ 2011 10)

Neue Anforderungen hervorgerufen beispielsweise durch das neue Bil-dungsverstaumlndnis in der Fruumlhpaumldagogik Bildungsleitlinien oder ein neues Bild von der Zusammenarbeit mit Eltern haben Einfluss auf die gesellschaft-lichen Erwartungen an die Erzieherinnen und auf ihr eigenes Selbstver-staumlndnis Vor diesem Hintergrund sind Erzieherinnen von Rollenunsicher-heit und -konflikten betroffen die sich in ihren Werten und ihrer Haltung gegenuumlber Kindern Eltern und Mitarbeiterinnen aumluszligern Neue Anforde-rungen kollidieren mit alten Rollen und Haltungen (vgl MienertVorholz 2007) Wichtig ist dieser Aspekt vor allem vor dem Hintergrund arbeitspsy-chologischer Erkenntnisse denn aus dem Rollenverstaumlndnis und der Hal-tung koumlnnen sich entweder persoumlnliche Ressourcen fuumlr einen konstruktiven Umgang mit Belastungen oder aber eine Verstaumlrkung der wahrgenommenen Beanspruchung ergeben In der Forschung wird darauf verwiesen dass Er-zieherinnen aufgrund ihrer eigenen beruflichen Leitbilder und ihrer fach-lichen Orientierungen auch selbst einen entsprechend hohen Anspruch an ihre Arbeit stellen ndash ihr praktisches Handeln jedoch bleibt bdquodeutlich ndash auch wegen des selbstgesetzten hohen ideellen Maszligstabes notgedrungen ndash hinter diesen Anspruumlchen zuruumlckldquo (Dippelhofer-Stiem 2006 363)

In einigen Studien werden die steigenden Anforderungen an die Arbeit in Kindertageseinrichtungen thematisiert (vgl z B Fuchs-Rechlin 2007) Da-ruumlber hinaus wurde das subjektive Belastungsempfinden also die persoumlnliche Beanspruchung der Fachkraumlfte untersucht Dabei hat sich herausgestellt dass beispielsweise Personal- und Zeitmangel sowie ein hoher Geraumluschpegel als besonders belastend empfunden werden (vgl BGWDAK 2001 FuchsTrischler 2008 Fuchs-Rechlin 2007 VossViernickel 2013 zusammenfassend Hirsch 2011 109 f)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtun-gen werden in zunehmendem Maszlige als Problem erkannt Darum foumlrderte die Hans-Boumlckler-Stiftung bereits vor einigen Jahren eine Untersuchung zum Thema bdquoBelastungsmanagement bei Erzieherinnenldquo um genauere Erkennt-nisse uumlber die Belastungsfaktoren zu erhalten und Instrumente zur Gefaumlhr-dungsbeurteilung zu entwickeln (vgl Rudow 2007) Die groszlige Bedeutung die Erzieherinnen dem Thema selbst beimessen wurde 2009 durch die gro-szlige Beteiligung an Streiks fuumlr mehr Gesundheitsschutz im Rahmen eines ge-sonderten Gesundheits-Tarifvertrages deutlich11

Personalverantwortliche der Traumlger muumlssen vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen und wissenschaftlichen Ergebnisse reagieren indem sie ihre personalwirtschaftlichen Konzepte im Arbeitsfeld der Kin-dertagesbetreuung angemessen weiterentwickeln Bislang gibt es dazu in der fachwissenschaftlichen Diskussion jedoch nur wenige Ansaumltze Zu nennen ist hier beispielsweise die Arbeit von Andreas Hirsch (2011) der als Ergebnis einer Online-Befragung (110 Fachkraumlfte) einige Uumlberlegungen zur Verbesse-rung von Weiterbildungsmoumlglichkeiten (unter Einschluss von Fragen kom-munikativer Kompetenz) und zu den Moumlglichkeiten einer staumlrkeren Spezia-lisierung von Fachkraumlften sowohl bei der Weiterentwicklung eigener Kom-petenzen als auch bei der Arbeitsverteilung im Team ableitet Daruumlber hinaus weist er darauf hin dass ein systematischer Einsatz etwa von gesundheits-diagnostischen Verfahren oder von Instrumenten zur Analyse von Arbeits-motivation und -zufriedenheit erforderlich ist (vgl Hirsch 2011 161 ff) Fuumlr die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung derartiger Ansaumltze besteht bislang noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf Die im Folgenden darge-stellten Forschungsergebnisse aus dem Projekt KONTI greifen darum einige dieser Fragestellungen auf

11 httpdereuterscomarticledeutschland-erzieher-warnstreiks-idDEBEE5450GS20090506 (Abruf am 18042016)

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3 HERAUSFORDERUNGEN AUS DER PERSPEKTIVE VON TRAumlGERN MITARBEITERINNEN UND LEITUNGEN

Personalwirtschaftliche Konzepte die zu einer nachhaltigen Foumlrderung kon-tinuierlicher Erwerbstaumltigkeit beitragen sollen koumlnnen nicht allgemein - guumlltig gestaltet werden sondern muumlssen passgenau die jeweils spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes beruumlcksichtigen sind doch die personal wirtschaftlichen Gegebenheiten je nach Branche und Unternehmen sehr verschieden Die Unterschiede ergeben sich dabei sowohl aus den zu bewaumll tigenden Aufgaben und deren Rahmenbedingungen als auch aus dem pro fessionellen Hintergrund und den Motivationsstrukturen der Beschaumlf-tigten Letztlich muumlssen in einem solchen Konzept die Interessen mehrerer Per sonenkreise ndash Personalverantwortliche Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiterinnen ndash wahrgenommen werden

Vor diesem Hintergrund wurden im Projekt bdquoKONTIldquo zwischen 2013 und 2015 qualitative Befragungen zur Arbeitssituation von Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen durchgefuumlhrt die zum Themenkomplex sowohl die Sichtweisen von Traumlgern und damit Arbeitgebern als auch die Sichtwei-sen von Beschaumlftigten und damit Arbeitnehmerinnen einfangen sollten Die Sicht von Kita-Leitungen die einerseits selbst Mitarbeiterinnen und andererseits gleichzeitig Personalverantwortliche in ihrer Einrichtung sind wurde wegen dieser bdquoSandwich-Positionldquo explizit zusaumltzlich erhoben Die folgende Darstellung fasst die Ergebnisse der Befragungen von Traumlgern (Ka-pitel 31) Mitarbeiterinnen (Kapitel 32) und Kita-Leitungen (Kapitel 33) zusammen und greift dabei Themen auf die sich im Laufe des Projektes als wichtige Handlungsfelder herauskristallisiert haben Sie bieten damit erste ausgewaumlhlte Anknuumlpfungspunkte fuumlr nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte die eine dauerhafte Beschaumlftigung von Erzieherinnen bei Trauml gern von Kindertageseinrichtungen unterstuumltzen koumlnnen Ergaumlnzend zu den pro-jektspezifischen Erkenntnissen wird auf einige Befunde einer im Rahmen der AQUA-Studie (Schreyer et al 2014) etwa zeitgleich vom Staatsinstitut fuumlr Fruumlhpaumldagogik (Muumlnchen) durchgefuumlhrten quantitativen Befragung hin ge-wiesen die in vieler Hinsicht zu aumlhnlichen Ergebnissen gekommen ist

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

31 Die Perspektive der Kita-Traumlger

Im Zeitraum von August bis Dezember 2013 wurden insgesamt 22 leitfaden-gestuumltzte Face-to-Face-Interviews mit Personalverantwortlichen von Traumlgern von Kindertageseinrichtungen gefuumlhrt davon fuumlnf in Baden-Wuumlrttemberg zwoumllf in Nordrhein-Westfalen und fuumlnf in Thuumlringen Die Gespraumlche dien-ten zum einen dazu Daten zur Personalsituation und zum Personalmanage-ment zu erheben Im zweiten Teil ging es darum Informationen zur traumlger-spezifischen Gestaltung der Arbeitsbedingungen fuumlr Erzieherinnen zu er-mitteln Unter den befragten Anbietern befanden sich acht in kommunaler zwoumllf in frei-gemeinnuumltziger einer in privat-gemeinnuumltziger und einer in privat-gewerblicher Traumlgerschaft Vier Traumlger beschaumlftigten zum Zeitpunkt des Interviews weniger als 100 paumldagogische Mitarbeiterinnen in Kinder-tageseinrichtungen und drei mehr als 1000 Bei zehn der befragten Traumlger waren zwischen 100 und 500 bei den uumlbrigen drei Traumlgern zwischen 500 und 1000 paumldagogische Fachkraumlfte angestellt

Die folgende Darstellung der Befragungsergebnisse fasst Informatio nen zur Entwicklung der Personalsituation (Abschnitt 311) zur Personalstruktur (Abschnitt 312) und zu Personalengpaumlssen und Personalbedarfsschwankun-gen (Abschnitt 313) zusammen Ergebnisse zur konkreten Arbeitssituation in den Kindertageseinrichtungen werden unter den Aspekten Arbeitsbedin-gungen (Abschnitt 314) und Teilzeitarbeit (Abschnitt 315) sowie Organi-sation und Management (Abschnitt 316) bzw Personal- und Teamfuumlhrung (Abschnitt 317) vorgestellt

311 Die Entwicklung der Personalsituation

Die Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen wird zum Zeitpunkt des Interviews aus Sicht der befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlrin-gen und Nordrhein-Westfalen mehrheitlich als gut zumindest nicht als an-gespannt bewertet Nach Aussage der meisten Befragten waren die regulaumlren Stellen dort durchweg besetzt Der beste Zeitpunkt fuumlr Neueinstellungen so einige befragte Personalverantwortliche sei zu Beginn des Kindergarten-jahres da dann genuumlgend Schulabsolventinnen vorhanden sind

Jedoch hat es in den Jahren zuvor in Thuumlringen auch schon andere Erfah-rungen gegeben Waumlhrend die Personaldecke dort bis 200506 relativ stabil war haben Gesetzesnovellierungen danach zu einem massiven Personalbe-darf gefuumlhrt 2010 gab es durch den erweiterten Rechtsanspruch und eine

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Verbesserung des Personalschluumlssels eine erneute Ausweitung des Personal-bedarfs von ca 2000 Stellen im Land bdquoDa war der Erzieherinnen-Markt schnell leergefegtldquo berichten mehrere Gespraumlchspartner Zum Zeitpunkt des Interviews habe sich die Situation jedoch wieder entspannt

Zufriedenstellend wird die Situation in NRW auch von den drei Ge-spraumlchspartnern kommunaler Traumlger eingeschaumltzt Sie geben an dass bislang immer alle ausgeschriebenen langfristigen Stellen rechtzeitig mit geeigne - ten Fachkraumlften besetzt werden konnten und es dabei keinerlei Stellenbe-setzungsprobleme gegeben habe weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht Gut ausgebildete Fachkraumlfte seien vorhanden bdquoTaumlglich gehen neue (Initiativ-)Bewerbungen einldquo Auch fuumlr den durch den U3-Ausbau verursach-ten zusaumltzlichen Personalbedarf konnte geeignetes Personal rechtzeitig ver-pflichtet werden

Einige andere Personalverantwortliche aus NRW bewerten die Situation etwas problematischer und berichten dass man sich fruumlh genug bemuumlhen und schon im Anerkennungsjahr beginnen muss zu rekrutieren Die Aus-wahl sei nicht mehr so groszlig wie fruumlher so dass der hohe Bedarf an Fach-kraumlften nicht mehr jederzeit gedeckt werden koumlnne es bestehe eher ein Uumlberhang an Ergaumlnzungskraumlften (Kinderpflegerinnen) Wieder andere erle-ben die Stellenbesetzungssituation als bdquomerklich angespannterldquo sagen aber bdquoWir kommen gerade noch hinldquo Einzelne andere sehen hingegen Schwie-rigkeiten weil es zu wenige Bewerbungen gebe bdquoFruumlher haben sich die Leu-te bei uns beworben heute bewerben wir uns bei den Leutenldquo

Daneben weisen einige Traumlgervertreterinnen vor allem in NRW und Thuumlringen daraufhin dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist Im laumlndlichen Raum aber auch in einigen Ruhrgebietsstaumldten gebe es eher Schwierigkeiten ausreichend Personal einzustellen In Staumldten in denen Aus-bildungsstaumltten angesiedelt sind sei es oft leichter geeignete Fachkraumlfte zu finden Auch die Qualitaumlt der Ausbildungsinstitutionen und damit auch die Ausbildungsqualitaumlt der Bewerberinnen seien regional sehr verschieden Zudem finden sich die heutigen Anforderungen immer noch nicht vollstaumln-dig in den Ausbildungsinhalten wieder Darum muumlsse haumlufig nachqualifi-ziert werden selbst bei Jahrespraktikantinnen bdquoWas sie mitbringen reicht auf keinen Fall fuumlr den paumldagogischen Alltagldquo Probleme bei der Stellenbe-setzung werden somit oft eher in qualitativer Hinsicht gesehen

In Baden-Wuumlrttemberg scheint der Arbeitsmarkt fuumlr Erzieherinnen zum Zeitpunkt des Interviews bereits deutlich enger geworden zu sein Hier wer-den von den Gespraumlchspartnerinnen erste Anzeichen eines Fachkraumlfte-mangels angesprochen Drei der fuumlnf Befragten geben an dass zu Beginn des

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Kindergartenjahres bdquonicht mehr alle Stellen besetztldquo worden seien Insgesamt muumlsse bei den Traumlgern inzwischen ein hoher Stellenbesetzungsaufwand fuumlr Akquise und Bewerbungsgespraumlche betrieben werden Ein Gespraumlchspartner berichtet dass Stellenausschreibungen zweimal erfolgen mussten Zudem muumlsse schnell reagiert werden weil andere Traumlger als Konkurrenten wahrge-nommen werden Auch der Einarbeitungs- und Nachqualifizierungsaufwand fuumlr das neue Personal sei gestiegen Zwar koumlnne die formale Qualitaumlt noch eingehalten werden passgenauer Einsatz sei jedoch nur uumlber Nachschulun-gen moumlglich z B fuumlr den U3-Bereich Um die Stellen uumlberhaupt noch beset-zen zu koumlnnen werden die Anforderungen bei der Einstellung manchmal ge-senkt Auch komme es heutzutage vor dass Mitarbeiterinnen wieder ab-springen weil ihnen das Traumlger- bzw Einrichtungskonzept nicht zusagt

Zusammenfassend laumlsst sich schlussfolgern dass sich bei den Traumlgerbe-fragungen im Projekt KONTI trotz einer bislang insgesamt durchaus (noch) zufriedenstellenden Personal- und Stellenbesetzungssituation Probleme in qualitativer wie in regionaler Hinsicht zeigen Sie lassen sich als Anzeichen eines enger werdenden Fachkraumlftemarktes und eines sich verschaumlrfenden Wettbewerbs zwischen den Anbietern interpretieren der sich bis zur Veroumlf-fentlichung der Studie fortgesetzt und verstaumlrkt haben duumlrfte Vergleichbare Tendenzen werden von den Autorinnen der quantitativ angelegten AQUA-Studie wahrgenommen auch die kuumlnftigen Entwicklungen werden aumlhnlich eingeschaumltzt (vgl Schreyer et al 2014 178 ff)

312 Personalstruktur

In der Struktur der Belegschaften lassen sich bei den befragten Traumlgern z T deutliche Unterschiede ausmachen Allerdings liegen nicht allen Personal-verantwortlichen zu den persoumlnlichen Merkmalen ihrer Mitarbeiterinnen wie Geschlecht Qualifikation und Alter vollstaumlndige bzw ausreichend diffe-renzierte Daten vor Eindeutig ist dass die Frauenquote in den Einrichtun-gen der befragten Traumlger erwartungsgemaumlszlig sehr hoch ist Sie liegt bei allen die hierzu Angaben gemacht haben bei mindestens 80 Prozent (18 Befragte) bei dreizehn von diesen sogar uumlber 90 Prozent und bei elf von diesen wieder-um uumlber 95 Prozent Dabei weisen alle Thuumlringer Traumlger einen Frauenanteil von uumlber 90 Prozent auf

Hinsichtlich der Qualifikationen wird von den Befragten grundsaumltzlich erlaumlutert dass auf den dafuumlr ausgewiesenen Fachkraftstellen gemaumlszlig den ge-setzlichen Vorgaben Mitarbeiterinnen mit dem Berufsabschluss der Erziehe-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

rindes Erziehers eingesetzt werden Manchmal sind Erzieherinnen-Stel - len auch mit Sozialpaumldagoginnen manchmal mit Kinderpflegerinnen ndash als Ergaumlnzungskraumlfte in NRW ndash besetzt In Baden-Wuumlrttemberg ndash wo der gesetzliche Rahmen dies erlaubt ndash sind einige wenige andere Professionen vertreten

Zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen hat fast die Haumllfte der befragten Traumlger keine konkreten Angaben gemacht Bei denjenigen denen entspre-chende Daten vorliegen ergibt sich ein durchaus heterogenes Bild Einige weisen eine ausgeglichene Altersstruktur auf (4 Traumlger) daneben gibt es im Kreis der Befragten durchaus Traumlger mit einer ausgesprochen jungen Beleg-schaft (3 Traumlger) mehrheitlich ist jedoch ein uumlberproportional hoher Anteil aumllterer Beschaumlftigter uumlber 50 Jahren festzustellen (6 Traumlger) Insbesondere im Osten geben alle Befragten eine hohe Uumlberalterung ihrer Belegschaften mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren oder sogar daruumlber an Die Situation wird von vielen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und als Ergebnis des Stellenabbaus nach der Wende gewertet Vor allem viele Leitungen stehen kurz vor dem Ruhestand Seit zwei Jahren sei ein Generationenwechsel im Gange der zu einem sinkenden Durchschnittsalter fuumlhre Folge ist dass in-zwischen sehr viele aumlltere Mitarbeiterinnen sehr vielen juumlngeren gegenuumlber-stehen bdquoIn der Mitte gibt es ein Lochldquo Einige Personalverantwortliche ndash und nicht nur in Thuumlringen ndash bewerten das hohe Durchschnittsalter ihrer Beleg-schaften als bdquodie erste Herausforderung in der Personalsituationldquo und sehen an dieser Stelle Handlungsbedarf Konkrete Ansaumltze wie beispielsweise eine Altersstrukturanalyse oder eigene Nachwuchskonzepte fuumlr ihre Fuumlhrungs-kraumlfte um der bevorstehenden massiven Verrentung von Kita-Leitungen ent-gegenzutreten finden sich bislang jedoch nur selten

Im Kontext der Entwicklung der Altersstruktur wird oft das Thema Ge-sundheit aufgeworfen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlrderung sind nach Meinung der befragten Personalverantwortlichen Aufgabenfelder die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Zukunft wei - ter an Bedeutung gewinnen werden Zwar geben nur drei der Befragten an uumlber ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement zu verfuumlgen oder eines einzufuumlhren aber gleichzeitig berichten nur zwei Befragte dass sie keine entsprechenden Maszlignahmen zum Gesundheitsschutz bzw zur Ge-sundheitsfoumlrderung umsetzen bdquoSolche Aktivitaumlten sind schon gewuumlnscht Das steht in Zusammenhang mit den personellen Ressourcenldquo erlaumlutert dazu ein Interviewpartner Die Auseinandersetzung mit dem Thema gene -rell erfolgt aber unterschiedlich intensiv Die Spannweite der Bewertungen liegt zwischen bdquoein riesenhaftes Themaldquo bdquonoch zu wenigldquo bdquozu wenig syste-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

matischldquo bdquozu wenig konzeptionellldquo bis hin zu bdquowollen wir jetzt angehenldquo Das Thema Gesundheit steht dabei in engem Zusammenhang mit den Fehl-zeiten die bei einer Reihe von Traumlgern Grund zur Sorge sind und als Problem wahrgenommen werden ndash vor allem die haumlufigen laumlngeren Abwesenheiten durch Schwangerschaften bei juumlngeren und Dauererkrankungen insbeson-dere bei aumllteren langjaumlhrigen Mitarbeiterinnen

313 Personalengpaumlsse und Personalbedarfsschwankungen

Ein zentrales Problem fuumlr den betrieblichen Alltag in Kindertageseinrichtun-gen ist der Umgang mit Personalbedarfsschwankungen Der Personalbedarf in den Einrichtungen veraumlndert sich im Laufe des Kindergartenjahres weil Abgaumlnge aus den Kitas vor allem im Sommer zur Einschulung zu verzeich-nen Zugaumlnge aber laufend moumlglich sind z B weil der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift oder Eltern zu unterschiedlichen Zeiten eine Erwerbstaumltigkeit aufnehmen Auch die unterschiedlichen Personalschluumlssel je nach Alter des Kindes fuumlhren im Verlauf des Kindergartenjahres zu Schwankungen im Personalbedarf der Einrichtungen ndash einerseits kommen juumlngere Kinder hinzu andererseits ist fuumlr aumlltere Kinder ein niedrigerer Per-sonalschluumlssel umzusetzen Zusaumltzlich ist es aufgrund der jaumlhrlichen Jugend-hilfeplanung und der Schwankungen in der Elternnachfrage im Hinblick auf die Betreuungsbedarfe notwendig den Personalbedarf fuumlr das folgende Kindergartenjahr entsprechend anzupassen Diese Vorgaben fuumlhren bei den Anbietern von Kinderbetreuung dazu dass sie Spielraumlume in der Personalde-cke also Personalreserven benoumltigen um angemessen reagieren zu koumlnnen

Durch Fluktuation ergeben sich weitere unterjaumlhrige Veraumlnderungen in der Personalsituation der Einrichtungen Dabei stellt externe Fluktuation bei den befragten Traumlgern zum Zeitpunkt der Interviews kein groszliges Problem dar Sie wird von den Personalverantwortlichen mehrheitlich als gering manchmal als mittel und nur vereinzelt als hoch eingeschaumltzt Insbesondere im Osten scheint sie wenig ausgepraumlgt zu sein bdquoWer kommt der bleibtldquo Als Beispiele fuumlr Fluktuation werden der Wegzug der Familie oder der Ruumlckzug aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ndash oft gesundheitsbedingt vor Errei-chen der Altersgrenze ndash genannt Bei einigen Traumlgern bemuumlht man sich dar-um die Arbeitssituation altgedienter Leiterinnen alternsgerecht zu gestalten und entlastet sie z B von einigen Aufgaben oder schafft Assistenzen oder Stellvertretungen Uumlber moumlgliche weitere Gruumlnde fuumlr einen Berufsausstieg ist den Befragten wenig bekannt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bei der internen Fluktuation durch Fehlzeiten sieht das Urteil anders aus Nur bei einem Traumlger wird die krankheitsbedingte Ausfallquote als gering bewertet 17 Befragte bezeichnen sie als mittel zwei sogar als hoch Einige Personalverantwortliche stellen in der letzten Zeit eine steigende Tendenz fest Dabei gibt es saisonale Unterschiede Aufgrund der Ansteckungsgefahr ist insbesondere der Winter haumlufig gepraumlgt von Krankheitswellen die durch-aus die gesamte Gruppe oder gar Einrichtung erfassen koumlnnen Auffaumlllig ist fuumlr eine Reihe von Befragten auch dass insbesondere die Juumlngeren unter den Fachkraumlften noch wenig immunisiert sind und bdquovon jeder Infektion in der Kita mitgerissen werdenldquo Daneben berichten einige Personalverantwortli-che dass die Fehlzeiten in den Einrichtungen houmlchst unterschiedlich aus-gepraumlgt seien und stellen einen Zusammenhang zur sonstigen Belastungs-situation in der Einrichtung her Wenn eine Kita von vielen laumlngerfristigen Personalausfaumlllen betroffen sei wirke sich das auch auf das Betriebsklima aus was wiederum mehr Fehlzeiten bei den uumlbrigen Mitarbeiterinnen provozie-re und dann durchaus auch zu externer Fluktuation fuumlhren koumlnne

Laumlngerfristige Fehlzeiten stellen somit ein schwerwiegendes Problem dar Ursaumlchlich dafuumlr sind bei Traumlgern mit einem hohen Altersdurchschnitt vor allem Langzeiterkrankungen Bei den Traumlgern mit vielen juumlngeren Mit-arbeiterinnen also auch dort wo sich ein Generationenwechsel vollzieht sind dies in erster Linie Schwangerschaften die bei den Erzieherinnen mit einem Beschaumlftigungsverbot in den Einrichtungen einhergehen In Verbin-dung mit Mutterschutz Elternzeit und den anstehenden Kinderkrankheiten der eigenen Kinder kaumlme es nach Einschaumltzung der Personalverantwort-lichen bei diesen Fachkraumlften aufgrund ihrer familiaumlren Situation erst in ei-nem Alter von ca 35 Jahren wieder zu einem stabileren Einsatz Die Dauer der familienbedingten Auszeiten (Elternzeit und ggf anschlieszligende Beurlau-bung) ist unterschiedlich lang In Thuumlringen berichten die meisten befragten Personalverantwortlichen dass die Mitarbeiterinnen immer noch schnell wieder zuruumlckkehren Die Traumlger aus den beiden westlichen Bundeslaumlndern stellen uumlbereinstimmend fest dass auch hier die Erziehungszeiten inzwi-schen kuumlrzer werden und oft bei ca einem bis zwei Jahren liegen Es gibt aber auch immer noch sehr lange Beurlaubungen von zehn bis zwoumllf Jahren die aus der Sicht der betroffenen Personalverantwortlichen eine Reihe von Problemen aufwerfen

Als besonders problematisch wird die Situation immer dann einge-schaumltzt wenn bei Schwangerschaften und den damit verbundenen Beschaumlfti-gungsverboten fuumlr Mutterschutz und Elternzeit und bei Langzeiterkrankun-gen waumlhrend des laufenden Kindergartenjahres Vertretungskraumlfte benoumltigt

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

werden was bei vielen Aumllteren und vielen Juumlngeren in einigen Belegschaften relativ haumlufig vorkommt Dann gelinge es nicht immer sofort Ersatz zu fin-den Der kurzfristige Markt sei ziemlich leer bdquoDas ist ein Dauerproblem bei dem angespannten Marktldquo Arbeitsuchende Erzieherinnen koumlnnen dann auswaumlhlen wo sie hinwollen Einige Anzeichen sprechen dafuumlr dass insbe-sondere wenn erst im Winter Fachkraumlfte benoumltigt werden die Qualitaumlt nicht stimmt bdquoDann ist es besser wenn die Stellen frei bleibenldquo Der Auslesepro-zess in der Sommerferienzeit und zu Beginn des Kitajahres fuumlhre dazu dass die uumlbrig Gebliebenen dann nicht mehr den Anforderungen entsprechen bdquoAlle guten Erzieherinnen haben dann meist bereits eine (neue) Stelleldquo Ei-nige Traumlgervertreterinnen berichten daruumlber dass es insbesondere schwieri-ger geworden ist Leitungsstellen mit geeigneten Fachkraumlften zu besetzen bdquoErgaumlnzungskraumlfte sind schon eher zu finden aber houmlher qualifiziertes Perso-nal steht dann nur sehr wenig bereitldquo Laumlngerfristige Personalausfaumllle fuumlhren in vieler Hinsicht auch zu zusaumltzlichen Belastungen bei den Kolleginnen Nach Einschaumltzung von Personalverantwortlichen muumlssen insbesondere die Vollzeitkraumlfte die Situation durch eigene Mehrarbeit auffangen und werden dadurch staumlrker belastet als Teilzeitkraumlfte

Insgesamt betrachtet ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung in be-sonderem Maszlige durch unterjaumlhrige Schwankungen sowohl im Personal-bedarf als auch im Personalbestand gekennzeichnet Individuell unterschied-liche Zeitpunkte des Eintritts in den Kindergarten einerseits und einheitliche Einschulungstermine andererseits bringen im Verlauf des Kindergartenjah-res Veraumlnderungen bei der Anzahl der zu betreuenden Kinder mit sich Der hohe Frauenanteil in den Einrichtungen ist verbunden mit Schwangerschaft Mutterschutz und Elternzeit der hohe Anteil an aumllteren Beschaumlftigten mit Langzeiterkrankungen Die unterjaumlhrige Stellenneubesetzung insbesondere fuumlr Vertretungskraumlfte gehoumlrt damit zum Alltagsgeschaumlft der Personalverant-wortlichen Diese Aufgabe des Personalmanagements wird jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation mehrheitlich als besondere Herausforderung be-trachtet

314 Arbeitsbedingungen

Die Verguumltung der Mitarbeiterinnen erfolgt bei den kommunalen Traumlgern nach dem Tarifvertrag des oumlffentlichen Dienstes (TVoumlD 8 Traumlger) bei den frei- bzw privat-gemeinnuumltzigen Traumlgern in Anlehnung an den TVoumlD (13 Trauml-ger) dabei meistens entweder nach einem entsprechenden kirchlichen oder

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verbandseigenen Tarif Der in der Befragung vertretene privat-gewerbliche Traumlger verfuumlgt uumlber ein eigenes Verguumltungssystem Die Verguumltung orientiert sich somit weitgehend an den Rahmenbedingungen die in Kapitel 25 darge-stellt werden

Ein genereller Anstieg des Stellenwerts befristeter Arbeitsvertraumlge konn te in der Befragung nicht festgestellt werden Von den befragten Personal-verantwortlichen wird im paumldagogischen Bereich grundsaumltzlich eine Festan-stellung ihrer Mitarbeiterinnen bevorzugt Ein Groszligteil der Beschaumlftigten besitzt darum einen unbefristeten Vertrag Dennoch gehoumlren auch Befristun-gen zur gaumlngigen Praxis Dabei bewegen sich die Befristungsgruumlnde zwischen bdquoGrundsatz bei Neueinstellungenldquo und bdquoSachgrundldquo uumlberwiegend fuumlr An-erkennungspraktikantinnen und Vertretungen wegen Schwangerschaft Elternzeit bzw Langzeiterkrankungen

Allerdings gibt es hier regionale Unterschiede Waumlhrend die Befristung neuer Arbeitsvertraumlge in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen von allen befragten Traumlgern eingesetzt wird ist sie in Thuumlringen ein wenig ver-breitetes Instrument Im Westen werden Neueinstellungen von sieben der befragten NRW-Traumlger und drei Traumlgern in Baden-Wuumlrttemberg zunaumlchst fuumlr ein oder zwei Jahre befristet vorgenommen damit man als Arbeitgeber flexibel bleibe oder nicht uumlber Bedarf eingestellt werde weil beispielsweise Fluktuation nicht vorausgesehen werden koumlnne In erster Linie fuumlhre die jaumlhrliche Jugendhilfeplanung zu einem solchen Flexibilitaumltsbedarf Befristete Neueinstellungen seien damit vor allem eine Absicherung fuumlr die unbefristet Beschaumlftigten Mit der Begruumlndung der nach Meinung vieler Traumlgervertreterinnen heute vorgefundenen unzureichenden Qualitaumlt neueingestellter Mit-arbeiterinnen geraumlt die bisherige Ablehnung des Befristungsinstruments bei den in Thuumlringen befragten Traumlgern inzwischen ins Wanken

Als haumlufiger Sachgrund fuumlr eine Befristung von einem Jahr werden in allen beteiligten Bundeslaumlndern Schwangerschafts- und Elternzeitvertretun-gen genannt um den in Elternzeit gegangenen Mitarbeiterinnen die Ruumlck-kehr zu ermoumlglichen Auch Projektarbeit im Bedarfsfall gehoumlrt bei eini - gen Traumlgern dazu Das Beschaumlftigungsverhaumlltnis laumluft dann nach Ablauf des Vertrages aus Einige Personalverantwortliche weisen darauf hin dass Sachgrundbefristungen in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt werden (muumlssen) Fuumlr die Einrichtungen stellen sie nach Meinung vieler Interview-partner ein Problem dar bdquoda sie in der angespannten Arbeitsmarktsituation dazu fuumlhren dass immer wieder gute Mitarbeiterinnen den Traumlger wech-seln wenn sie (von Konkurrenten) unbefristete Vertraumlge angeboten bekom-menldquo

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Bei der Mehrheit der Befragten gilt der Grundsatz bdquoguteldquo Mitarbeiterin-nen moumlglichst schnell in eine unbefristete Anstellung zu uumlbernehmen Das betrifft z T auch Vertretungskraumlfte Nach Ablauf der Elternzeitvertretung werde versucht die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zu uumlber-nehmen bdquoentweder in der jeweiligen Einrichtung oder einer anderen so - fern sie gut ist und passtldquo und bdquoweil immer irgendwo eine Mitarbeiterin gesucht wirdldquo Bei einem Traumlger gibt es selbst fuumlr die Vertretungskraumlfte keine Sachgrundbefristungen sondern einen fuumlr ein Jahr befristeten Vertrag mit der Perspektive der anschlieszligenden Entfristung

Fuumlr die Uumlbernahme werden unterschiedliche Verfahren genutzt Am haumlu figsten wird nach einer festgelegten Zeitspanne von einem Jahr oder zwei oder sogar fuumlnf Jahren in ein unbefristetes Anstellungsverhaumlltnis uumlbernom-men Gesagt wird aber auch dass die Entfristung erfolgt wenn derdie Beschaumlftigte bdquonicht unterdurchschnittlichldquo beurteilt wird bdquosobald klar ist dass die Stelle erhalten bleibtldquo oder bdquosobald Stellen frei werdenldquo In einem Fall wird diese dann bdquoan die Mitarbeiterin gegeben die am laumlngsten darauf wartetldquo Bei einem anderen wird unter Beteiligung der Personalvertretung ein gemeinsam festgelegtes Auswahlverfahren eingesetzt mit schriftlichen Be-werbungen Leistungsbeurteilungen auf der Basis von Personalgespraumlchen Auswahlgespraumlchen anhand eines Anforderungsprofils und von weiteren Kriterien wie Alter Familienstand oder betrieblicher Zugehoumlrigkeit

Insgesamt wird ein groszliges Interesse der Personalverantwortlichen an ei-ner Dauerbeschaumlftigung ihrer Mitarbeiterinnen deutlich um fuumlr eine perso-nelle Stabilitaumlt in den Teams der Kindertageseinrichtungen zu sorgen Die aufgrund der haumlufig zu verzeichnenden Personalausfaumllle notwendige Einstel-lung von Vertretungskraumlften wird bei vielen mit der Perspektive vorgenom-men auch diese Mitarbeiterinnen in die Stammbelegschaft zu uumlberfuumlhren

315 Der Einsatz von Teilzeitarbeit

Der hohe Anteil an weiblichen Fachkraumlften bringt im Ergebnis einen hohen Bedarf an Teilzeitarbeit mit sich denn diese ist haumlufig das Beschaumlftigungs-modell fuumlr Mitarbeiterinnen in der Familienphase Daneben ist es heute bei vielen der befragten Traumlger auch dann fuumlr Mitarbeiterinnen moumlglich Stun-den zu reduzieren wenn sie sich den beruflichen Anforderungen nicht mehr voll gewachsen fuumlhlen Bei den Teilzeitquoten zeigen sich starke regionale Unterschiede Waumlhrend sie bei den befragten Traumlgern in Nordrhein-Westfa-len und Baden-Wuumlrttemberg lediglich zwischen etwa einem Viertel und zwei

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Dritteln der Beschaumlftigten liegen (NRW zwischen 24 Prozent und 57 Pro-zent Baden-Wuumlrttemberg zwischen 31 Prozent und 71 Prozent) weisen die Traumlger in Thuumlringen eine Quote zwischen 40 Prozent und uumlber 95 Prozent auf Hier liegt der Anteil bei drei der fuumlnf befragten Personalverantwortli-chen sogar uumlber 85 Prozent

Moumlglicherweise lassen sich diese Disparitaumlten mit den unterschiedlichen Beweggruumlnden fuumlr das Angebot an Teilzeitarbeit in Ost und West erklaumlren (vgl im Folgenden Micheel 2015) Von den Personalverantwortlichen im Westen wird sie ganz uumlberwiegend mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit be-gruumlndet (bdquoweil es die gesetzlichen Regelungen vorgeben und wir nicht anders koumlnnenldquo) Nicht zuletzt darum wird bei den meisten der Befragten versucht den Wuumlnschen der berufstaumltigen Muumltter zu entsprechen bdquoDeshalb muss hier nach Loumlsungen geschaut werdenldquo Zur Umsetzung gibt es jedoch haumlufig keine weiteren konkreten Vereinbarungen das Angebot an die Wiederein-steigerinnen zur Stundenreduktion ist vielfach lediglich mit der Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) verbunden

Daneben wird die Entwicklung zu mehr Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita auch von den geaumlnderten Finanzierungsstrukturen beguumlnstigt Durch die 2008 erfolgte Umstellung der Kita-Finanzierung auf eine Kindpauschale in Nordrhein-Westfalen setzt sich der Personalbedarf aus der Summe der auf der Grundlage der geltenden Personalvereinbarung erforderlichen Stellenan-teile zusammen die sich nicht immer auf eine Vollzeitstelle aufaddieren las-sen Als Folge der veraumlnderten Rahmenbedingungen hat sich bei den befrag-ten Traumlgern ein Eigeninteresse an Teilzeitbeschaumlftigung entwickelt Wurde sie dort in der Kita fruumlher mit paumldagogischen Gruumlnden rundweg abgelehnt werden heute bei Neubesetzungen sogar Teilzeitstellen ausgeschrieben

In Thuumlringen dagegen wird den Mitarbeiterinnen schon seit der Wende uumlberwiegend gar keine Vollzeitstelle angeboten Teilzeit-Beschaumlftigung ist ndash wie in allen oumlstlichen Bundeslaumlndern ndash das Standard-Angebot der Traumlger und die (nahezu) einzige Beschaumlftigungsmoumlglichkeit fuumlr Erzieherinnen in der Kita Hauptmotiv fuumlr das Angebot an Teilzeitbeschaumlftigung im Osten war da-mals das Argument der Beschaumlftigungssicherheit und der sozialvertraumlglichen Gestaltung des Abbaus von Kapazitaumlten Allerdings gibt es dort ganz uumlber-wiegend auch keine klassischen Halbtagsstellen sondern uumlber Sockelarbeits-vertraumlge vollzeitnahe Beschaumlftigung mit einem Umfang von 30 (Fuumlnf-Tage-Woche agrave 6 Stunden) oder 32 (Vier-Tage-Woche agrave 8 Stunden) Wochenstunden

Die Personalverantwortlichen der Traumlger legen mit den jeweiligen Mit-arbeiterinnen haumlufig nur den individuellen Wochenstundenumfang und

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Arbeitswoche also die grobe Lage der persoumlnlichen Arbeitszeiten fest Die konkrete Umsetzung dieser Vorabsprachen in der Dienstplangestaltung erfolgt vor Ort durch die Kita-Leitungen Dabei wird es in den in die Be-fragung einbezogenen westlichen Bundeslaumlndern aus der Sicht von vielen Personalverantwortlichen als problematisch fuumlr den Kinderbetreuungsbe-trieb bewertet dass sich insbesondere teilzeitbeschaumlftigte Muumltter uumlberwie-gend die klassische Halbtagsstelle am Vormittag wuumlnschen Aufgrund der durch die verlaumlngerten Oumlffnungszeiten notwendig gewordenen Schichtplauml -ne mit rotierenden Diensten sind zwar uumlberwiegend eine Zwei- Drei- oder Vier-Tage-Woche und damit auch freie Tage moumlglich Grundsaumltzlich feste Arbeitszeiten werden dagegen haumlufig zum Problem So wird von den Per-sonalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlffnungszeiten von Schule und Kita bestimmte Dienste nicht wahrgenommen werden koumlnnen Der Fruumlhdienst wird hier genauso genannt wie Spaumltdienste Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferien zeiten der eigenen Kinder Lange Anfahrtswege verhindern daruumlber hinaus oft einen Acht-Stunden-Arbeitstag von Teilzeit-Beschaumlftigten die nur an einem Teil der Wochentage arbeiten

Der Dienstplangestaltung kommt damit fuumlr die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima einerseits eine zentrale Bedeutung zu Interessenkolli-sionen im Team treten hier besonders deutlich zutage Es werde zunehmend schwieriger und eher zur bdquoQuadratur des Kreisesldquo all diesen Interessen ge-recht zu werden Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlhren nicht zuletzt darum zu viele Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung zu Problemen Teamfuumlhrung erweist sich aus diesem Grund insbesondere an dieser Stelle oft als schwierig Die daraus resultierenden Probleme der Leitungen mit der Dienstplangestaltung werden von den Personalverantwortlichen durchaus wahrgenommen allerdings meistens eher auf der Basis informeller Ruumlck-meldungen Nur einer der befragten Traumlger uumlberwacht das Verfahren in den Einrichtungen indem er Einsicht und Genehmigung des festgelegten Dienst-plans einfordert Nur in wenigen Faumlllen gibt es fuumlr die Dienstplangestaltung eine professionelle Begleitung und Unterstuumltzung

Neben der Arbeitszeitregelung werden fuumlr die Umsetzung der Teilzeitar-beit in den Einrichtungen mit den Mitarbeiterinnen meistens keine weiteren Vereinbarungen getroffen etwa eine Reduzierung des Aufgabenspektrums Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Daraus entstehen in den Einrichtungen haumlufig weitere Probleme Teilzeitarbeit erfordere einerseits mehr Kommunikation geringere Verfuumlgungszeiten erschweren aber gleichzeitig die noumltigen Abspra-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen und den erforderlichen Austausch weil diese viel Zeit binden Selbst Terminabsprachen fuumlr Elterngespraumlche werden schwieriger Wird gewuumlnscht dass Teilzeitkraumlfte dennoch regelmaumlszligig an allen Teamsitzungen oder El-ternabenden teilnehmen fuumlhrt dies zu vielen Uumlberstunden Demgegenuumlber schraumlnkt ein Verzicht auf die (regelmaumlszligige) Teilnahme Partizipationsmoumlg-lichkeiten ein so dass bei Teilzeitkraumlften oft das Gefuumlhl entsteht dass sie nur mitlaufen und nicht als vollwertiges Team-Mitglied anerkannt werden

Wenn es in einer Einrichtung viele Teilzeit-Kolleginnen gibt sehen viele Vollzeitkraumlfte eine zusaumltzliche Belastung Sie geben an dass sie nicht nur unliebsame Schichten und (Zusatz)Aufgaben uumlbernehmen muumlssen son-dern auch regelmaumlszligig ndash z T laumlngerfristig ndash Personalausfaumllle kompensieren bis eine Vertretungsloumlsung gefunden ist So entsteht haumlufig das Gefuumlhl dass sie alles auffangen muumlssen waumlhrend ihre Kolleginnen dazu nicht flexibel genug seien Dass die Grenzen der Belastbarkeit hier oftmals bereits uumlber-schritten sind und Vollzeitkraumlfte haumlufiger uumlber gesundheitliche Beschwerden (wie z B Schlafstoumlrungen) berichten als ihre Teilzeit-Kolleginnen stellte ein Traumlger in einer Beschaumlftigtenbefragung mit Besorgnis fest

Obwohl sich berufstaumltige Muumltter auch bei vollzeitnaher Teilzeit feste Arbeitszeiten wuumlnschen wird die bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo von den befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlringen kaum thematisiert bdquoDie Muumltter wollen gar keinen Sonderstatusldquo Mit dem Arbeitgeber wird dort zunaumlchst grundsaumltzlich geklaumlrt welche Variante des vollzeitnahen So-ckelarbeitszeitmodells dieder Beschaumlftigte wuumlnscht Zusaumltzlich stehen bei einigen der Traumlger flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten zur Verfuuml-gung Beim Personaleinsatz im Kinderbetreuungsbetrieb wird von den Mit-arbeiterinnen einerseits deutlich eine gewisse Flexibilitaumlt erwartet ihnen aber gleichzeitig Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange bei der Dienst-plangestaltung zugesichert bdquoAufgrund der verschiedenen Arbeitszeitmodelle ist man da sehr flexibelldquo Jede Einrichtung sorgt selbst fuumlr einen bedarfs-gerechten Einsatz Dies ist aus der Sicht der Traumlger sehr wichtig bdquoWenn Ar-beitszeiten nicht in die persoumlnliche bzw familiaumlre Situation passen gibt es Unzufriedenheitldquo

Veraumlnderungen in der Personalstruktur der letzten Jahre werden von den Personalverantwortlichen nur wenig wahrgenommen Waumlhrend in Thuumlringen von einigen Gespraumlchspartnern festgestellt wird dass sich die So ckel arbeitszeiten auf 35 bis zu 38 () Stunden erhoumlht haben berichten die Per sonalverantwortlichen aus NRW und Baden-Wuumlrttemberg dass es im Ver gleich heute mehr Festanstellungen fruumlhzeitigere Entfristungen und mehr Teilzeitbeschaumlftigte aufgrund von Elternzeiten (mit geringerem Stun-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

denumfang als fruumlher) gibt Einige begruumlnden diese Entwicklung mit der er-forderlichen Personalbindung um als Traumlger attraktiv zu bleiben Aber auch der Ausbau bzw der Rechtsanspruch fuumlhre zu mehr neuen Stellen und damit auch zu mehr Teilzeitbedarf durch juumlngere Mitarbeiterinnen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass Teilzeitarbeit in der Kita aus verschiedenen Motiven heraus eingesetzt und unterschiedlich gestaltet wer-den kann Das Instrument entfaltet dann jeweils spezifische Wirkungen auf die Kita Insbesondere als klassische Halbtagsstelle fuumlhrt es zu einer Reihe von Problemen und zwar nicht nur fuumlr die betrieblichen Ablaumlufe und die Dienstplangestaltung sondern auch fuumlr die Fuumlhrung und die Zusammenar-beit im Team Die mit Teilzeitarbeit verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile werden von Traumlgern nicht uumlberall gleich wahrgenommen und ge-nutzt Neben der Unterstuumltzung einer Work-Life-Balance fuumlr die Beschaumlf-tigten laumlsst sich das Instrument zur Schaffung von Flexibilitaumltsreserven bei Schwankungen im Personalbedarf einsetzen Eine besondere Herausforde-rung besteht vor allem darin die individuellen Zeit-Interessen der einzelnen Beschaumlftigten und die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen mit-einander in Einklang zu bringen

316 Organisation und Management in der Kita

Die Gesamtverantwortung fuumlr Organisation und Management der Kinder-tageseinrichtungen ist bei allen befragten Traumlgern an die Kita-Leitungen de-legiert die grundsaumltzlich fuumlr einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sorgen haben Daneben ist die Kita-Leitung in der Praxis die zentrale Vertre-tung des Arbeitgebers in der Einrichtung und uumlbernimmt an dieser Stelle eine wichtige Schnittstellenfunktion Sie organisiert den Personaleinsatz und praumlgt damit den Alltag im Team und in der Einrichtung insgesamt Dienst-plangestaltung Arbeitsorganisation im Sinne einer Aufgabengestaltung und Arbeitsverteilung sind hier aus personalwirtschaftlicher Sicht wichtige Hand-lungsfelder Auch fuumlr den Ausgleich von Personalausfaumlllen muss sie sorgen Die Personalfuumlhrung ist damit ndash auch im Sinne der Teamleitung ndash ihre zent-rale und umfassendste Aufgabe

Der fachliche Arbeitseinsatz der paumldagogischen Mitarbeiterinnen er -folgt bei den befragten Traumlgern gemaumlszlig den gesetzlichen Vorgaben und dem Konzept des Traumlgers Das wesentliche Taumltigkeitsfeld der Erzieherinnen ist entsprechend ihrer Qualifikation die paumldagogische Gruppenarbeit Haumlufig liegt dazu eine Stellenbeschreibung fuumlr Erzieherinnen zu ihren Funktionen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

in der Kita und zu ihren Gruppenaufgaben fuumlr (stellvertretende) Leitungs-kraumlfte auch zu deren Fuumlhrungsaufgaben zugrunde

In der praktischen Arbeit der Einrichtungen werden generell keine (gro-szligen) Unterschiede im Einsatz der Mitarbeiterinnen gemacht Allgemeine Leitvorstellung ist hier bdquoAlle machen das Gleicheldquo Insbesondere in Baden-Wuumlrttemberg wird darauf hingewiesen dass alle paumldagogischen Fachkraumlfte als gleichberechtigte Mitarbeiterinnen in den Teams mit gleichen Aufgaben fuumlr alle zusammenarbeiten Der Arbeitsanfall auszligerhalb der bdquopaumldagogischen Arbeit am Kindldquo wird grundsaumltzlich auf den Teambesprechungen verteilt Dabei gibt es aus den Gespraumlchen mit den Personalverantwortlichen nur we-nige Informationen daruumlber ob und wie die Aufgaben zugeschnitten bzw gestaltet und auf welche Weise sie unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden

Die Entscheidungen uumlber den fachlichen und zeitlichen Personalein - satz also uumlber die Arbeitsorganisation und Dienstplangestaltung werden von Kita-Leitungen uumlberwiegend in Kooperation oder zumindest in Abspra-che mit ihrem Team getroffen Bei der Gestaltung dieser Aufgaben gibt es nur vereinzelt konzeptionelle Unterstuumltzung durch die Fachberatung In (sehr) groszligen Einrichtungen existieren bei einigen groszligen Traumlgern Arbeits-gruppen zu Ablaumlufen in der Einrichtung und zur Aufgabenverteilung Im Groszligen und Ganzen erfolgt damit die Organisation des Personaleinsatzes dezentral in den Einrichtungen Wichtige wenn nicht die wichtigsten Auf-gaben im Rahmen der Personalfuumlhrung sind damit von den Personalverant-wortlichen der Traumlger an ihre Fuumlhrungskraumlfte vor Ort delegiert Nur beim raumlumlichen Einsatz seines Personals also im Hinblick auf die Verteilung der Mitarbeiterinnen auf die Einrichtungen behaumllt sich der Traumlger die Entschei-dung uumlber den konkreten Einsatzort vor faumlllt diese dann aber fast immer in Koopera tion mit der zustaumlndigen Leitung

Viele Traumlger lassen ihren Leiterinnen bei der Personal- und Betriebs-fuumlhrung somit weitgehend freie Hand Alles ist moumlglich solange die betrieb-lichen Belange dem nicht entgegenstehen Die praktische Umsetzung liege bdquoin der gestalterischen Freiheit jeder Einrichtungldquo Einiges sei verpflichtend vorgegeben daneben seien die Einrichtungen und Mitarbeiterinnen frei und selbststaumlndig in der Entscheidung bdquoWie das im Einzelnen aussieht da halte ich mich rausldquo ist eine weit verbreitete Meinung unter den Befragten Die Erfahrung zeige dass auf diese Weise alles am besten funktioniere

Im Detail wissen darum die befragten Traumlgervertreterinnen auch oft we-nig uumlber die konkreten Vorgehensweisen in ihren Betrieben Trotzdem verfuuml-gen sie im Allgemeinen uumlber den Austausch mit ihren Leitungskraumlften uumlber

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

einen umfassenden und differenzierten Gesamteindruck zur personellen Si-tuation in den einzelnen Einrichtungen So werden Belastungen in den Ein-richtungen durch Personalbedarfsschwankungen und Personalausfaumllle oder Konflikte in den Teams wahrgenommen

Insgesamt betrachtet tragen die Leitungen in den Einrichtungen die Verantwortung fuumlr ein groszliges und vielfaumlltiges Aufgabengebiet nicht nur im paumldagogischen Sinne Dazu sind sie von den Traumlgern mit einer groszligen Handlungsautonomie ausgestattet Im praktischen Arbeitsalltag sind sie so-mit die wichtigsten Akteure die uumlber die konkreten Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen vor Ort entscheiden und sie gestalten (koumlnnen)

317 Personal- und Teamfuumlhrung

Sehr deutlich wird in den Gespraumlchen dass von den Personalverantwortli-chen Mitarbeiterorientierung als Leitbild fuumlr die Personalfuumlhrung gewuumlnscht wird Mehrheitlich wird ein partizipativer Fuumlhrungsstil befuumlrwortet Wichtig ist vielen Gespraumlchspartnerinnen dass dabei die individuellen Interessen am Arbeitsplatz wahr- und ernst genommen sowie nach Moumlglichkeit auch die persoumlnlichen Wuumlnsche und Belange der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden z B bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Vielfach haben die Beschaumlftigten ein Mitspracherecht etwa bei der Aufgabenverteilung oder der Festlegung der eigenen Dienstzeiten Oft erfolgen diese Absprachen in und mit dem gesamten Team Haumlufig wird aber auch darauf hingewiesen dass man bdquonicht jeden Wunsch erfuumlllenldquo koumlnne Die Interessenvielfalt im Kreis der Mitarbeiterinnen waumlchst nicht zuletzt durch die Veraumlnderungen in den Personalstrukturen der Traumlger Work-Life-Balance oder Generationen-wechsel werden hier genannt Aus den Interviews gibt es nur wenige In-formationen daruumlber wie der dazu notwendige Interessenausgleich immer wieder hergestellt wird meistenteils scheint er innerhalb der Einrichtungen zu funktionieren wo dies aber nicht der Fall ist entstehen aus den Interes-senkollisionen nicht selten massive Konflikte

Viele der befragten Personalverantwortlichen weisen auf die hohe Bedeu-tung einer guten Teamzusammenarbeit und des Teamgeists fuumlr die Arbeits-zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen in den Einrich-tungen hin Zentrale Leitungsaufgabe ist es darum fuumlr die erforderliche gute Arbeitsatmosphaumlre und ein gutes Betriebsklima zu sorgen Dennoch wird von den Befragten der Aufgabe der Teamentwicklung eine unterschiedlich groszlige Bedeutung beigemessen In einigen wenigen Faumlllen wird zum Thema aus-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

schlieszliglich auf die Zustaumlndigkeit der jeweiligen Leitung hingewiesen Bei vie-len anderen Traumlgern stehen dafuumlr zusaumltzliche Ressourcen zur Verfuumlgung mit denen etwa eine Unterstuumltzung durch die Fachberatung ermoumlglicht wird oder Angebote zum Konfliktmanagement zur Supervision oder zum Coaching gemacht werden Nur in Einzelfaumlllen wird jedoch noch mehr getan z B jaumlhr-lich ein extern moderierter Teamentwicklungstag zur Foumlrderung der Zusam-menarbeit durchgefuumlhrt an dem die Einrichtung geschlossen ist

Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator fuumlr die Beurteilung der Qualitaumlt der Arbeitsbedingungen Genaues Wissen daruumlber ist unter den Personalverantwortlichen allerdings relativ wenig ausgepraumlgt Die Einschaumlt-zungen reichen von der Aussage dass es keine Informationen uumlber die Zu-friedenheit gibt uumlber verschiedene Mutmaszligungen zu Zusammenhaumlngen mit verschiedenen Rahmenbedingungen wie etwa der Personalausstattung dem Fuumlhrungsverhalten der Leitung der entgegengebrachten Wertschaumltzung fuumlr die Arbeitsleistungen der Bezahlung den Aufstiegsmoumlglichkeiten sowie der Arbeitsbelastungen bis hin zu der Meinung dass momentan gemessen an-hand der geringen Fluktuation eine hohe Zufriedenheit herrschen muumlsse

Das Wissen um die Mitarbeiterzufriedenheit scheint wenn uumlberhaupt eher in dezentralisierter Form bei den Kita-Leitungen vorhanden zu sein denn sie sind es in der Regel die regelmaumlszligig Personalgespraumlche mit ihren Mitarbeiterinnen durchfuumlhren Meistens auf der Grundlage vorgegebener Verfahrensweisen seitens des Traumlgers fragen sie dabei verschiedene The-menbereiche ab die persoumlnliche Situation genauso wie Arbeitsbelastungen Wertschaumltzung Motivation Aufgreifen von Ideen und Veraumlnderungswuumln-schen bzw Weiterentwicklung Entwicklungspotenziale Fortbildungsop-tionen oder die Qualitaumlt der Arbeit Manchmal faumlllt auch die Entscheidung uumlber den Arbeitseinsatz im Personalgespraumlch Dabei wird deutlich dass die einzelnen Mitarbeiterinnen ihr Befinden und ihre Wuumlnsche im Mittelpunkt der durchgefuumlhrten Personalgespraumlche stehen Im Wesentlichen dienen die Gespraumlche also zur Abklaumlrung der Mitarbeiterzufriedenheit Sie gehoumlren damit zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten mit denen Informationen uumlber die Mitarbeiterinteressen uumlber Belastungen und ge sund-heit liche Leistungsfaumlhigkeit bzw uumlber individuelle Anspruumlche an eine Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammenge-tragen werden Umfang und Qualitaumlt der Gespraumlche liegen jedoch nahezu ausschlieszliglich bei den Einrichtungen vor Ort bdquoWir wissen dass es laumluft mehr nichtldquo Dokumentiert werden die Ergebnisse durch die Leitungen haumlu-figer an die Traumlger (in anonymisierter Form) weitergegeben jedoch nur sel-ten systematisch ausgewertet werden sie kaum

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Neben der Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit dienen die bei fast allen Traumlgern etablierten Personalgespraumlche mehrheitlich auch der persoumln-lichen und fachlichen Weiterentwicklung der Beschaumlftigten Haumlufig wird der individuelle Fortbildungsbedarf erfragt persoumlnliche Wuumlnsche koumlnnen dabei geaumluszligert werden Gemeinsam wird nach Umsetzungswegen gesucht oder es wird vereinbart die individuellen Interessen z B in Beratungen des Traumlgers zum Fortbildungsbedarf oder zur Aufnahme in das Fortbildungsprogramm weiterzuleiten Mitarbeitergespraumlche haben somit meistens gleichzeitig den Charakter von Personalentwicklungsgespraumlchen Personalentwicklungskon-zepte gibt es allerdings bei der Haumllfte der befragten Traumlger nicht Sie sind zum Zeitpunkt des Interviews also keine Selbstverstaumlndlichkeit

Die Personalverantwortlichen nehmen die Mitarbeiterzufriedenheit zwar als wichtigen Indikator fuumlr die Personalbindung wahr Uumlber die Erwartungs-haltung gegenuumlber ihren Leitungskraumlften hinaus die durch einen partizipati-ven Fuumlhrungsstil fuumlr eine foumlrderliche Arbeitsatmosphaumlre in der Kita sorgen sollen uumlbernehmen sie dabei bislang allerdings mehrheitlich eine konkrete Unterstuumltzungsfunktion nur wenn Konfliktsituationen offenkundig werden Sie vertrauen darauf und haben uumlberwiegend die Erfahrung gemacht dass sich ein Teamgeist und die persoumlnliche Identifikation der Erzieherinnen mit bdquoihrerldquo Einrichtung durch die taumlgliche Zusammenarbeit einstellen Eine sys-tematische und regelmaumlszligige Uumlberwachung der Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen gibt es auf Traumlgerebene nur sehr selten

32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen

Im Zeitraum von Maumlrz bis Juli 2014 wurden 75 leitfadengestuumltzte Telefon-interviews mit Erzieherinnen durchgefuumlhrt Dabei wurden vier Gruppen unterschieden naumlmlich Berufseinsteigerinnen (19 Befragte mit max zwei Jahren Berufserfahrung) Beschaumlftigte in der Familienphase (20 Befragte) langjaumlhrig und somit aumlltere Beschaumlftigte (18 Befragte ab 50 Jahren) und Be-rufsaussteigerinnen (18 Befragte) Ziel der Interviews war es vor allem In-formationen uumlber die Motive der Berufswahl und das Selbstverstaumlndnis im Beruf (Abschnitt 321) die berufliche Situation und die Bewertung des Ar-beitsalltags (Abschnitte 322 bis 324) sowie die beruflichen Perspektiven zu gewinnen (Abschnitte 325 und 326) um auf dieser Basis Handlungsfelder fuumlr personalwirtschaftliche Konzepte abzuleiten Die nachfolgende Darstel-lung beruumlcksichtigt die Gespraumlchsergebnisse aller Teilgruppen und bezieht dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ein

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

321 Das Selbstverstaumlndnis im Beruf

Zentrales Motiv fuumlr die Wahl des Erzieherinnen-Berufs ist der Wunsch mit Kindern zu arbeiten Weitere Motive sind die familiaumlre Praumlgung z B durch den Beruf der Mutter oder durch fruumlhe eigene Erfahrungen mit dem Be-aufsichtigen von Nachbarskindern oder juumlngeren Geschwistern und als Baby-sitter Auch Praktika Freiwilligendienste und die Berufsberatung spielen in einigen Faumlllen eine Rolle Haumlufig sagen die Erzieherinnen dass sie sich bdquoschon immerldquo fuumlr diesen Beruf interessiert bdquonie etwas anderes gewolltldquo oder den Beruf als bdquoTraumberufldquo gewaumlhlt haben

Hinsichtlich der Bewertung der eigenen Ausbildung gibt es heterogene Antworten die von positiven Einschaumltzungen bis zur Benennung von Defizi-ten reichen Viele langjaumlhrig Beschaumlftigte weisen darauf hin dass das Wissen aus der Ausbildung nicht mehr ausreicht den (neuen) Anforderungen ge-recht zu werden Eine Erzieherin betont bdquoDie Gesellschaft veraumlndert sich und mit ihr auch die Kinder deshalb muss man flexibel sein und kann nicht jahrzehntelang mit alten Methoden arbeiten Es ist wichtig immer wieder Neues zu lernenldquo

Es gibt jedoch auch die Einschaumltzung dass die Ausbildung zur Erziehe-rinzum Erzieher eine sehr gute Grundlage fuumlr die Arbeit in anderen Berufen darstellt So fuumlhrt eine Berufsaussteigerin an dass sie in ihrer aktuellen Taumltig-keit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr stark von ihrer Ausbildung pro-fitiert z B im Koordinieren und Vermitteln bdquowenn ich da die Ausbildung nicht haumltte saumlhe es anders aus d h ich profitiere unglaublich von diesem Ausbildungsberuf und das sollte man ja vielleicht mal zur Staumlrke machen so dass das nicht nur in der Einbahnstraszlige Erzieher muumlndetldquo

Der uumlberwiegende Teil der langjaumlhrig Beschaumlftigten schaumltzt den Einfluss ihrer Berufs- und Lebenserfahrung als sehr wichtig und positiv fuumlr den Beruf ein da er zu einer persoumlnlichen Staumlrkung zu mehr Gelassenheit im Alltag und einem stabileren Selbstbild fuumlhrt bdquoMan hat einen groszligen Erfahrungs-schatz und da wirft einen nichts so schnell aus der Bahn Viele Anforderun-gen werden auch kritischer gesehen und es besteht das Selbstbewusstsein Kritik auch zu aumluszligernldquo

Hinsichtlich der Eigenschaften die eine Erzieherin besitzen sollte wer-den hauptsaumlchlich persoumlnliche Merkmale und Einstellungen angesprochen insbesondere Sozialkompetenzen wie kommunikative Faumlhigkeiten Team-faumlhigkeit Respekt und Toleranz Geduld Aufgeschlossenheit fuumlr neue Ide en Belastbarkeit oder Zuverlaumlssigkeit Sehr haumlufig wird das Stichwort bdquoEmpa-thieldquo genannt Es gehe um bdquoZuneigung Zuwendung und Vertrauenldquo es sei

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

wichtig ein bdquoGefuumlhl fuumlr Kinderldquo zu haben man muumlsse bdquoliebevollldquo bdquooffen und herzlichldquo sein und bdquoKinder annehmen so wie sie sindldquo Konkrete Aufga-ben und paumldagogische Zielsetzungen werden selten benannt ebenso wenig wie fachliche Qualifikationen uumlber die eine Erzieherinein Erzieher verfuumlgen sollte

Insgesamt laumlsst sich also bei den Befragten eine hohe inhaltliche Identi-fikation mit dem Erzieherinnen-Beruf feststellen fuumlr dessen Ausuumlbung so-zialen Kompetenzen und persoumlnlichen Erfahrungen eine hohe Bedeutung beigemessen wird

322 Belastungen im Arbeitsalltag

Als zentrale Bedingungen die sowohl Qualitaumlt als auch Zufriedenheit mit der Arbeit beeinflussen werden von groszligen Teilen aller Befragten der Perso-nalschluumlssel und die Groumlszlige der Gruppen genannt Bei der Personalausstat-tung wird meist zwischen generellem Personalmangel z B durch Unter-besetzung und anderweitigen Personalausfaumlllen unterschieden die durch Krankheit Schwangerschaften Urlaub oder Fortbildungen entstehen Die dadurch erzeugten Probleme werden als starker Belastungsfaktor und als be-sonders negativ eingeschaumltzt Es gebe bdquoZeitdruck immer Stress im Nackenldquo so dass es bdquonur noch darum geht den Alltag aufrechtzuerhaltenldquo was in der Folge zum bdquoVerwalten der Kinder Verwalten des Tagesablaufsldquo fuumlhre Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte fasst die Auswirkungen so zusammen bdquoZu viele gleichzeitige Anforderungen und man hat das Gefuumlhl der Situation nicht mehr gerecht werden zu koumlnnenldquo

Als besonders belastend werden haumlufig vorkommende Beeintraumlchtigun-gen durch kurzfristige Personalausfaumllle angesehen Dies fuumlhrt zu Stress und Unzufriedenheit insbesondere wenn eigene Planungen davon betroffen werden Eine aktuelle Untersuchung zu Stressbelastungen und Burnout-Ri-siko bei Erzieherinnen in Kindertagesstaumltten zeigt als Auswirkungen dieser Belastungen dass ein hoher Anteil der befragten Erzieherinnen ein erhoumlhtes Stressniveau aufweist und fast ein Fuumlnftel als Hochrisiko-Gruppe fuumlr Burnout angesehen werden kann

bdquoAls zentrale Stressquelle konnte die mangelhafte Personalausstat-tung in vielen Einrichtungen identifiziert werden einhergehend mit zu groszligen Gruppen einem unzureichenden Betreuungsschluumlssel Zeitdruck und sbquoMulti-Taskinglsquoldquo (JungbauerEhlen 2015 418)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Auch die STEGE-Studie die auf einer Repraumlsentativbefragung von Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen basiert bestaumltigt die hohe Bedeutung von Personalmangel (ViernickelVoss 2013 156) sowie von Zeitdruck als Belas-tungsfaktoren (ebd 64 ff) Die von Traumlgern wahrgenommenen Probleme im Hinblick auf den Krankenstand (vgl Abschnitt 313) finden hier Erklaumlrun-gen

Zu groszlige Gruppen werden insbesondere von juumlngeren Mitarbeiterinnen als Problem beschrieben sie fuumlhlen sich uumlberfordert und koumlnnen dann haumlufig den eigenen Anspruumlchen nicht gerecht werden Bei (zu) vollen Gruppen wird beispielsweise sehr viel Zeit und Energie fuumlr Alltagssituatio-nen benoumltigt z B beim Anziehen der Kinder oder Zaumlhneputzen nach den Mahlzeiten Dann kann der Eindruck entstehen bdquokeine Zeit (mehr) fuumlr die Kinder zu habenldquo was zur Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit fuumlhrt bdquodann wird man keinem Kind gerecht und das ist dann auch unerfuumlllend fuumlr einen selbstldquo Diese Aussagen sind vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten dass Erzieherinnen es nach den Ergebnissen der AQUA-Studie fuumlr die wichtigste Bedingung ihrer Arbeit halten bdquogenuumlgend Zeit fuumlr gute pauml-dagogische Arbeit zu habenldquo (vgl Schreyer et al 2014 49)

Auf die Frage nach einer Veraumlnderung von Arbeitsbelastungen im Zeit-verlauf geben je nach Befragtengruppe (ohne Berufseinsteigerinnen) zwei Drittel bis drei Viertel an dass diese im Zeitverlauf zugenommen haumltten bdquoEs muss immer mehr immer mehr immer schneller immer besser seinldquo Als Faktoren fuumlr den Belastungsanstieg werden zum einen konzeptionelle Aufga-ben wie die zeitintensive Bildungsbeobachtung und -dokumentation sowie die jaumlhrlichen Entwicklungsgespraumlche genannt zum zweiten Aspekte der Ar-beitsorganisation etwa zunehmende Schichtdienste ein unzureichender Er-zieher-Kind-Schluumlssel oder das bdquoStundenauffangenldquo bei Personalausfall sowie allgemein eine Zunahme an administrativen Aufgaben die Zeit in Anspruch nehmen die bei der Arbeit mit den Kindern fehlt Auch die Betreuung im-mer juumlngerer Kinder (U3) die viel mehr und veraumlnderte Anforderungen mit sich bringt wird genannt Von einigen wird vermutet dass sich neben einem realen Anstieg der Belastungen auch das Belastungsempfinden geaumlndert hat bdquoEs wurde mir dann einfach zu viel der Tag wurde dann auch immer laumln-ger hellip Daran habe ich gemerkt Ich brauch mal eine Auszeitldquo Auch die AQUA-Studie bestaumltigt dass die wachsenden Aufgaben dazu fuumlhren dass sich immer mehr Fachkraumlfte stark belastet fuumlhlen ndash bdquobis hin zum Risiko eines beruflichen Burnoutsldquo (Schreyer et al 2014 78)

Auch die aus Sicht der Befragten gestiegenen Anforderungen durch El-tern tragen zur Belastung bei Einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Anspruumlche von Seiten der Eltern und der Wunsch dass bdquodie Erzieherin alles regeltldquo uumlber die Jahre immer mehr zugenommen haben bdquosie fordern fordern fordernldquo Fruumlher waumlren die Kinder ermahnt worden lieb zu sein und sich nicht zu zanken aber heute heiszlige es bdquoSei der King und lass dir nichts gefallenldquo Eine andere Befragte fasst zusammen bdquoDie Eltern sehen nur noch ihr eigenes Kind und nicht mehr dass es auch noch andere Kinder in der Gruppe gibtldquo Als eine Ursache wird von einer Befragten angemerkt dass bdquoviele Eltern mit der Erziehung voumlllig uumlberfordert sind man muss sie an die Hand nehmen ihnen immer mehr Hilfestellung gebenldquo Langjaumlhrig Be-schaumlftigte haben Strategien zum Umgang mit Anforderungen durch Eltern entwickelt aber von den juumlngeren Beschaumlftigten werden die Anspruumlche der Eltern oft als starke Belastung wahrgenommen z T deshalb da sie sich durch (bislang) fehlende eigene Kinder in einer schwierigen Position gegen-uumlber Eltern sehen bdquoDas hat ein bisschen gedauert bis man sich so ausdruuml-cken konnte und sich ein bisschen Respekt verschaffen konnteldquo Beschaumlftigte in der Familienphase geben an dass sie durch eigene Kinder eine deutlich verbesserte Position gegenuumlber den Eltern bekommen haben Jedoch merkt eine Befragte aus dieser Gruppe auch an bdquoEltern koumlnnen die Arbeit sehr gut behindernldquo

Bei vielen Beschaumlftigten nehmen physische Beeintraumlchtigungen einen groszligen Raum ein Selbst bei den Berufseinsteigerinnen gibt uumlber die Haumllfte der Befragten berufsbedingte Gesundheitsprobleme an vor allem haumlufige In-fekte aber auch schon Ruumlckenprobleme Bei den anderen Befragtengruppen werden ebenso verschiedenste Belastungen angefuumlhrt die sich auf das physi-sche und psychische Wohlbefinden auswirken wie z B wenig ergonomische Moumlblierung Heben und Tragen von Kindern ein hoher Laumlrmpegel aber auch Konflikte oder Mobbing Die personelle Unterbesetzung spielt eine er-hebliche Rolle bdquoEs geht sehr an die Substanz wenn man alleine istldquo Und auch die Anforderung dass man die bdquoSicherheit gewaumlhrleistenldquo muss jedoch der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann wenn man allein in der Gruppe ist wirkt sich negativ auf die eigene Befindlichkeit aus

Als Auswirkungen werden unterschiedlichste teilweise multiple Erkran-kungen koumlrperlicher Art angefuumlhrt die von einigen Befragten auch auf eine Verquickung physischer und psychischer Problemlagen zuruumlckgefuumlhrt wer-den Partiell stehen jedoch auch psychische Auswirkungen von Belastungen im Vordergrund die von Befindlichkeitsstoumlrungen wie Schlafproblemen oder Erschoumlpfungszustaumlnden bis hin zu schweren Erkrankungen wie Depres-sionen und Burnout reichen bdquoIch bin dann auf der Arbeit umgekipptldquo Bei den Berufsaussteigerinnen fuumlhren fast die Haumllfte der Befragten psychische

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Probleme oder Erkrankungen an die teilweise zunaumlchst nicht beachtet bzw verdraumlngt wurden (bdquoDas war ein schleichender Prozessldquo) letztlich aber zum Ausstieg aus dem Beruf beigetragen haben oder sogar der zentrale Grund wa-ren Die Daten der AQUA-Studie bestaumltigen zudem dass Arbeitsstress zur Folge haben kann dass Fachkraumlfte uumlber einen Stellenwechsel nachdenken und eine geringere Bindung an Beruf und Traumlger aufweisen (vgl Schreyer et al 2014 79)

Den meisten Befragten scheint die Problematik bewusst zu sein und sie sind daran interessiert etwas fuumlr ihre Gesundheit zu tun Viele geben an mehr oder weniger regelmaumlszligig Sport zu treiben (Fitness-Studio Walken Gymnastik Radfahren Yoga etc) um ihre Probleme zu reduzieren bzw fit zu bleiben Daruumlber hinaus wird groszliger Wert auf Entspannung und Freizeit-beschaumlftigung bdquozum Abschaltenldquo gelegt Gezielte Angebote von Seiten ihrer Arbeitgeber zur Gesundheitsfoumlrderung und zum Umgang mit Stress gibt es jedoch nur fuumlr wenige Befragte das Engagement fuumlr die Gesundheit findet im Wesentlichen im Privatbereich statt

Insgesamt werden von den Befragten also vielfaumlltige und ansteigende Be-lastungen und Belastungssituationen wahrgenommen die sich neben ge-sellschaftlichen Veraumlnderungen und konzeptionellen Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung aus einer allgemein als unzureichend wahrgenomme-nen Personalausstattung ergeben Die Situation wird zusaumltzlich durch die Anforderung erschwert kurzfristige Schwankungen in der Personalsituation bewaumlltigen zu muumlssen Angesichts der wahrgenommenen Gesundheitsstouml-rungen erhaumllt eine praumlventive Gesundheitsfoumlrderung fuumlr die Beschaumlftigten eine wachsende Bedeutung die vor allem einen individuellen Umgang mit persoumlnlichen Belastungssituationen und damit eine verbesserte Selbstfuumlrsor-ge vermittelt

323 Die Arbeitszeit

Beim Blick auf die Arbeitszeiten zeigt sich dass die uumlberwiegende Zahl der Befragten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden ist Von den Teilzeitbeschaumlftig-ten wird als Vorteil eine gewisse Zeitflexibilitaumlt angefuumlhrt die auch die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie unterstuumltzt Bei den vollzeitbeschaumlftigten Berufsanfaumlngerinnen und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten geben allerdings einige Befragte an dass sie lieber weniger arbeiten wuumlrden (bdquoIch bin an der Grenze meiner Kraumlfteldquo) sich dies aber aus finanziellen Gruumlnden nicht leisten koumlnnen Und einige aumlltere Befragte wuumlrden den Beruf auch gern vor dem of-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

fiziellen Renteneintrittsalter aufgeben koumlnnen das aber ebenfalls aus finanzi-ellen Gruumlnden nicht umsetzen (bdquoWenn ich die Moumlglichkeit haumltte etwas an-deres zu machen dann wuumlrde ich es tunldquo) Bei den vollzeitbeschaumlftigten Er-zieherinnen gibt es teilweise Unzufriedenheit mit der Arbeitsorganisation wenn sie unliebsame Arbeiten oder Arbeitszeiten uumlbernehmen oder unvor-hergesehene bzw laumlngerfristige Personalausfaumllle auffangen muumlssen weil die Teilzeitbeschaumlftigten dies nicht leisten koumlnnen oder wollen

Bei der Lage der Arbeitszeiten laumlsst sich mehrheitlich eine groszlige Zufrie-denheit feststellen denn die Absprachen zur Arbeitszeitgestaltung in den Einrichtungen funktionieren uumlberwiegend gut Beschaumlftigte die ein Arbeits-zeitkonto nutzen koumlnnen sind besonders zufrieden Allerdings ist dieses we-nig verbreitet Werden die Erwartungen hinsichtlich der Lage der Arbeitszei-ten durch die Gestaltung des Dienstplans jedoch nicht erfuumlllt und wird damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestoumlrt wird das als sehr belas-tend empfunden Eine Berufsaussteigerin gibt an dass sie den Beruf aus Gruumlnden fehlender Teilzeitmodelle aufgegeben hat und weitere vier Befragte in dieser Gruppe sagen dass die Vereinbarkeit selten klappte Schwierigkei-ten bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gehoumlren somit zu den Faktoren die zu einem Berufsausstieg beitragen

324 Das Team als zentrale Ressource

Mit Blick auf das Wohlfuumlhlen am Arbeitsplatz laumlsst sich festhalten dass sich ein groszliger Teil der Befragten bdquoimmerldquo oder bdquomeistensldquo wohlfuumlhlt ein Be-fund den auch die AQUA-Studie bestaumltigt (vgl Schreyer et al 2014 125 ff) Auch die STEGE-Studie kommt zu dem Ergebnis dass die Zusammenarbeit in den Teams im Allgemeinen sehr gut laumluft (vgl ViernickelVoss 2913 74) In den Befragungen im KONTI-Projekt gibt sogar bei den Berufsaussteigerinnen mehr als die Haumllfte an sich meistens am Arbeitsplatz wohlgefuumlhlt zu haben Als positive Faktoren werden von ihnen wie auch von den anderen Befragten neben dem bdquoSpaszlig am Berufldquo sehr haumlufig ein gutes Betriebsklima sowie die gute Zusammenarbeit im Team und mit der Leitung genannt Es laumlsst sich vermuten dass diese Faktoren miteinander korrelieren wobei sich jedoch kein klarer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang festlegen laumlsst

In der AQUA-Studie wurde festgestellt dass fast alle teilnehmenden Fachkraumlfte ein gutes Teamklima als absolut wichtig oder zumindest sehr wichtig einschaumltzen (vgl ebd 97) Auch dieses ist ein Befund der in der KONTI-Befragung bestaumltigt wird Aussagen wie bdquoDas Team ist halt super-

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wichtig und ausschlaggebend fuumlr die Arbeitldquo oder bdquoEine gute Leiterin ein gu-tes Team das ist wichtigldquo sind typische Antworten Ein gutes Betriebsklima wird als Quelle persoumlnlicher Bestaumltigung und Anerkennung gesehen und bdquohat einen positiven Einfluss auf die Psycheldquo Teilweise wird der Arbeitsplatz als zweites Zuhause bezeichnet bdquoNach 38 Jahren bin ich hier zu Hause mei-ne Gruppe ist mein Wohnzimmer der Schlafraum ist mein Schlafzimmer nur die Moumlbel sind etwas kleinldquo Als Defizit wird jedoch von einer Berufsaus-steigerin angefuumlhrt dass Problemloumlsungen haumlufig nur dann funktionieren wenn Menschen sich gut verstehen das sei aber zu wichtig um es dem Zufall zu uumlberlassen es muumlssten strukturelle Loumlsungen fuumlr eine gute Kooperation gefunden werden

Da dem Team hohe Bedeutung zugesprochen wird werden Probleme unter den Kolleginnen in besonderem Maszlige als negativ und belastend ein-geschaumltzt Zu Konflikten tragen fehlende oder schlechte Absprachen bzw allgemein Unstimmigkeiten oder Streit bei (bdquoWenn die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen nicht funktioniert die Kolleginnen nicht sbquoHand in Hand arbeitenlsquo und Absprachen missachten belastet das sehrldquo) aber es werden auch Mobbingsituationen benannt Fuumlr eine Berufsaussteigerin stellt Mob-bing durch die Kolleginnen das in einen Burnout muumlndete den zentralen Ausstiegsgrund dar Herausforderungen fuumlr die Teamsituation ergeben sich auch durch Veraumlnderungen wie z B die Einfuumlhrung der offenen Arbeit Umstrukturierungen durch den U3-Ausbau eine neue Kollegin oder den Ausfall eines oder gar mehrerer Teammitglieder durch Krankheit oder Ur-laub Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte betont wenn bereits morgens Spannungen entstehen fuumlhle sie sich nicht mehr wohl da sie dann bdquozwischen den Stuumlhlen sitztldquo Aber es gibt auch die Einschaumltzung dass Auseinandersetzungen zur Klaumlrung von Positionen sein mussten und bdquodanach warrsquos wieder in Ord-nungldquo

Auch Generationenkonflikte werden angesprochen Langjaumlhrig Beschaumlf-tigte berichten dass eine Uumlberforderung juumlngerer Kolleginnen ndash eine Erfah-rung die von dieser Befragtengruppe durchaus ebenso thematisiert wird ndash zu Unruhe in den Ablaumlufen und zu Spannungen fuumlhren kann bdquoIn aumllteren Jah-ren hat man eher den Uumlberblick und die Umsicht uumlber das Geschehen was den juumlngeren Kolleginnen haumlufig noch fehltldquo Jedoch fuumlhlen sich aumlltere Be-schaumlftigte von den Juumlngeren auf Grund ihres Alters teilweise nicht anerkannt und beklagen Stoumlrungen in der Kita die durch eine aus ihrer Sicht schlechte Ausbildungsqualitaumlt verursacht seien Auch von Seiten der juumlngeren Befrag-ten werden Konflikte mit aumllteren Kolleginnen und daraus resultierende Pro-bleme im Team angefuumlhrt So berichten Einsteigerinnen dass sie sich von

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

aumllteren Kolleginnen bdquoausgebremstldquo oder bdquonicht ernst genommenldquo fuumlhlen oder dass sie eine Offenheit fuumlr Veraumlnderung und neue Ideen vermissen

Aber es wird z T auch betont dass die Mischung von juumlngeren und aumll-teren Mitarbeiterinnen durchaus sinnvoll sein kann da es zu einer Ver-knuumlpfung unterschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen kommt die die Qualitaumlt der Arbeit steigert und dass aumlltere Kolleginnen in der Berufsein-stiegsphase als Ratgeberinnen fungieren koumlnnen Einige juumlngere Befragte berichten von Unterstuumltzung durch aumlltere Kolleginnen die ihnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen wichtig ist Und einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass es ihnen gut tut bestimmte Taumltigkeiten (z B Bewegungserzie-hung) an die juumlngeren Kolleginnen abgeben zu koumlnnen Auch seien diese durch ihre Ausbildung besser auf neue Taumltigkeiten beispielsweise das Erstel-len von Bildungsdokumentationen vorbereitet Haumlufiger allerdings werden Konflikte erwaumlhnt

Unter dem Aspekt einer Personalbindung stellt somit ndash insgesamt be-trachtet ndash eine gute Zusammenarbeit im Team fuumlr die Beschaumlftigten eine wichtige Ressource dar Aufgrund der wachsenden Heterogenitaumlt in den Teams wird die Aufgabe der Leitung fuumlr eine gute Arbeitsatmosphaumlre zu sor-gen jedoch zunehmend komplexer Die Vielfalt bietet zunaumlchst fuumlr den Arbeitsalltag und insbesondere auch fuumlr die Arbeit mit den Kindern viele Vorteile die auch wahrgenommen werden Daneben wird es aber schwieri-ger und erfordert nicht nur ein Empathievermoumlgen der Leitung sondern auch spezifische Kompetenzen um stets fuumlr einen gerechten Interessenaus-gleich in der Einrichtung sorgen zu koumlnnen

325 Aufgaben und Aufstiegsmoumlglichkeiten

Mit Blick auf das Erleben des eigenen Arbeitsalltags wird es von allen Be-fragtengruppen als positiv empfunden wenn individuelle Interessen sowie eigene Faumlhigkeiten eingebracht werden koumlnnen Es werden sehr unterschied-liche Situationen bzw Bereiche genannt in denen je nach eigener Inte-ressenlage und Faumlhigkeiten Aufgaben gut erledigt werden koumlnnen Einige gehen gern mit den Kindern nach drauszligen andere finden die Betreuung ih-res Funktionsbereichs in der offenen Arbeit interessant eine weitere nennt die Kinderkonferenz eine bdquopositive Herausforderungldquo der sie sich gern stellt eine sportliche Mitarbeiterin freut sich Spaszlig an Bewegung vermitteln zu koumlnnen und eine Berufseinsteigerin bringt gern ihre Medienkompetenz ins Team ein

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Die Vielfalt der Beispiele zeigt einerseits dass es individuell sehr unter-schiedlich ist welche Aktivitaumlten die Befragten als besonders befriedigend ansehen Zum anderen wird deutlich dass es den Einzelnen sehr wichtig ist sich mit ihren spezifischen Kompetenzen an der bdquorichtigen Stelleldquo einbrin-gen zu koumlnnen Als Aufgabenfelder mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeigen sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit Eltern oder der Umgang mit bdquoschwierigen Kindernldquo was von einigen als groszlige Belastung empfun - den wird waumlhrend es bei anderen zur Befriedigung beitraumlgt diese Aufgaben gut bewaumlltigt zu haben Hier wird einerseits deutlich dass bestimmte Auf-gaben individuell unterschiedlich bewertet werden andererseits zeigt sich dass die Erfahrung Herausforderungen zu meistern zur Zufriedenheit bei-traumlgt Insgesamt betrachtet traumlgt damit die Moumlglichkeit die eigenen Kom-petenzen einbringen zu koumlnnen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Be-fragten bei

Bei der Zufriedenheit mit der Entlohnung gibt es graduelle Unterschie-de insgesamt aber mit der Tendenz zur Unzufriedenheit die bei langjaumlhrig Beschaumlftigten am groumlszligten ausfaumlllt Hier sind viele der Meinung dass das Ge-halt nicht der hohen Verantwortung Beanspruchung und dem Bildungsauf-trag entspricht Von einigen wird der Gehaltsunterschied im Vergleich zu Lehrkraumlften kritisiert Bei den anderen Befragtengruppen fuumlhlt sich jeweils die Haumllfte nicht angemessen entlohnt einige sind sich unsicher ob sie die Be-zahlung als angemessen empfinden

Hinsichtlich potenzieller Aufstiegsmoumlglichkeiten im Erzieherinnen-Be-ruf gibt es differenzierte Antworten Zwei Drittel der Berufseinsteigerinnen und Befragten in der Familienphase sehen Aufstiegsmoumlglichkeiten dagegen nur ein Viertel der langjaumlhrig Beschaumlftigten bei denen jeweils knapp die Haumllfte angibt entweder keine Moumlglichkeiten oder kein Interesse (mehr) zu haben Bei den anderen Befragtengruppen sind nur einzelne Personen nicht an einem Aufstieg interessiert Bei den Aussteigerinnen wird von der Haumllfte der Befragten angefuumlhrt dass mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten ndash neben der Entlohnung ndash mit dazu beigetragen haben den Beruf aufzugeben Dieser Befund wird in der AQUA-Studie gestuumltzt wenn festgestellt wird dass Be-zahlung und Entwicklungsmoumlglichkeiten mit zu den Bereichen gehoumlren mit denen Fachkraumlfte eher unzufrieden sind (vgl Schreyer et al 2014 132)

Als Aufstiegsmoumlglichkeiten werden Gruppen- bzw Teamleitung (stell-vertretende) Leitungsfunktionen sowie die Kombination von Leitungsauf-gaben mit einer Referententaumltigkeit oder der Uumlbernahme spezieller Fachauf-gaben genannt Es faumlllt auf dass auch Personen die kein Interesse an einem Aufstieg haben den Wunsch nach Spezialisierungen oder einem fachuumlber-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

greifenden Einsatz aumluszligern Hinsichtlich der Taumltigkeitsoptionen fuumlr aumlltere Er-zieherinnen gibt es die Aufforderung an die Traumlger dass sie sich bdquowenn man es ernst meint mit der Mitarbeiterpflege und der Verantwortungldquo Gedanken daruumlber machen muumlssen welche Optionen sie den Mitarbeiterinnen anbie-ten koumlnnen

Bei der Frage nach Fortbildungsmoumlglichkeiten ergibt sich ein differen-ziertes Bild das zwischen den Befragtengruppen variiert Als Hindernisse fuumlr die Verwirklichung von Fortbildungswuumlnschen werden mehrfach zu hohe Kosten genannt aber auch die Tatsache dass Arbeitgeber nur interne Fortbildungen zulassen oder Fortbildungen (zu) schnell ausgebucht sind Teilweise wird auch angefuumlhrt dass eine angespannte Personalsituation die Teilnahme an Fortbildungen unmoumlglich macht Von Seiten der Berufsaus-steigerinnen werden bessere Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmoumlglich-keiten als Voraussetzung fuumlr Entwicklungsperspektiven angesprochen Zu-saumltzlich wird angemahnt dass dann auch Konsequenzen gezogen werden muumlssen (bdquoIst ja schoumln dass Sie die Fortbildung besucht haben aber wir ma-chen weiter wie gewohntldquo) Ein weiterer Wunsch bezieht sich darauf dass bdquoder Beruf aus dem Sackgassenberuf herauskommt dass es noch andere Pers-pektiven gibtldquo auch jenseits der Leitungsposition denn das sei nicht fuumlr jede geeignet und wuumlnschenswert

Die Beschaumlftigten aumluszligern ein hohes Interesse an beruflichen Entwick-lungsmoumlglichkeiten ndash nicht nur an einem hierarchischen Aufstieg sondern vor allem auch an fachlichen Perspektiven Unzufriedenheit mit der aktuel-len Entlohnung spielt in diesem Kontext vielfach eine Rolle jedoch wird der Wunsch nach Aufstiegsmoumlglichkeiten nicht auf finanzielle Verbesserungen reduziert

326 Der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Beruf zeigt sich bei den Gruppen (ohne Aussteigerinnen) dass der groumlszligte Teil der Befragten bdquovoumllligldquo oder bdquoweitgehend zufriedenldquo ist Bei den Aussteigerinnen stellt sich das erwartungsgemaumlszlig anders dar denn hier gibt nur knapp die Haumllfte der Be-fragten an dass sie voumlllig bzw weitgehend zufrieden waren Dabei bezieht sich Unzufriedenheit meistens auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit (Dienstplan Arbeitsvertrag Aufstiegsmoumlglichkeiten etc)

Trotz der grundsaumltzlich hohen Identifikation mit dem Beruf sind nur we-nige der juumlngeren Befragten und derjenigen in der Familienphase der Mei-

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nung dass sie ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben werden Als Fak-toren die zu einem vorzeitigen Ausstieg bzw Taumltigkeitswechsel beitragen koumlnnten wird vor allem Skepsis bezuumlglich der koumlrperlichen Fitness bei stei-gendem Alter angesprochen Bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten sieht die Ein-schaumltzung anders aus (vielleicht weil diejenigen die fruumlher aus dem Beruf aussteigen wollten nicht mehr bis in diese Phase gekommen sind vielleicht auch weil nicht alle eine moumlglicherweise fruumlher geaumluszligerte Ausstiegsoption realisiert haben) Mit Ausnahme einer Befragten geben alle langjaumlhrig Be-schaumlftigten an ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben zu wollen bzw zu muumlssen wenn die koumlrperliche Verfassung es zulaumlsst Vier Befragte begruumlnden dies damit dass sie auf das Gehalt angewiesen seien eine verweist darauf dass mehr Angebote fuumlr Teilzeit eine laumlngere Arbeitsdauer ermoumlglichen wuumlr-den Als Argumente fuumlr den langjaumlhrigen Verbleib im Beruf werden von den meisten vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern genannt und von ei-nigen das gute Betriebsklima und die Vertrautheit mit der Einrichtung

Eine aktuelle Untersuchung zu Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastun gen und ihren Folgen fuumlr Erzieherinnen zeigt dass der Wunsch nach vorzeiti-gem Ruhestand bei dieser Gruppe houmlher ist als bei anderen Berufen (Abbil-dung 1) Bei uumlber der Haumllfte der befragten Erzieherinnen wird als Haupt-grund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand angefuumlhrt dass die Ar-beit sehr anstrengend ist (Abbildung 2) Es faumlllt im Vergleich mit anderen Berufen auf dass dieser Grund dort eher nachrangig ist und von weniger als einem Viertel der Befragten angefuumlhrt wird

Die Frage ob sie sich einen Wechsel des Taumltigkeitsfeldes vorstellen koumlnn-ten bejahen 18 von 20 der Befragten in der Familienphase bei den Berufsein-steigerinnen sind es ca zwei Drittel und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten ca ein Drittel Dabei werden sowohl Taumltigkeiten innerhalb als auch auszliger-halb von Kitas genannt Zu Letzterem gehoumlren paumldagogische Taumltigkeiten mit aumllteren Kindern und Jugendlichen in Hort Heim oder Schulen aber auch Kombinationsloumlsungen in denen die Arbeit in einer Kita-Gruppe mit Taumltig-keiten im Jugendamt in Fachberatung Familienhilfe oder Fruumlhfoumlrderung verbunden wird Einige Befragte koumlnnen sich auch Taumltigkeiten auszligerhalb pauml-dagogischer Arbeitsfelder vorstellen

Bei den Berufsaussteigerinnen faumlllt auf dass weniger als die Haumllfte der Befragten weiterhin paumldagogische Taumltigkeiten wie z B in der Behinderten- oder Altenarbeit als Spielgruppenleitung oder Lehrerin in der Erzieher innen-Ausbildung ausuumlben Als nicht-paumldagogische Taumltigkeiten nach dem Berufsausstieg werden sehr unterschiedliche Felder angefuumlhrt wissenschaft-liche Mitarbeiterin an einer Universitaumlt Verwaltungsfachangestellte Bank-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

kauffrau Tischler Verkaumluferin oder Politesse Insgesamt hat mehr als die Haumllfte der Befragten die beim Berufsausstieg gewuumlnschte berufliche und per-soumlnliche Weiterentwicklung durch ein Studium bzw durch eine Ausbildung unterstuumltzt waumlhrend die anderen Befragten eher geringfuumlgige Weiterquali-fizierungen wahrgenommen haben In der Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur fuumlr Arbeit (BA) heiszligt es dass es im Jahresdurchschnitt 13000 Arbeitslose gibt die (wieder) in der Kinderbetreuung und -erziehung arbeiten moumlchten (vgl BA 2014 16) es jedoch bdquoim Schnitt der letzten zwoumllf Monate 8600 arbeitslose Personen [gab] die zwar uumlber eine entsprechende

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten

Erzieherinnen 77 22 1andere Berufe 65 28 7

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Erzieherinnen andere Berufe

Abbildung 1

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter Quelle nach HallLeppelmeier 2015 25

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Ausbildung als Erzieherin (4200) oder Kinderpflegerin (3500) verfuumlgtenldquo (ebd) aber eine andere berufliche Taumltigkeit anstrebten

Fuumlr den Berufsausstieg ist in allen Faumlllen nicht ein einzelner Grund sondern ein ganzes Buumlndel von Faktoren ursaumlchlich Ein Motivbuumlndel ist das Ziel der persoumlnlichen undoder beruflichen Weiterentwicklung das von mehr als der Haumllfte der Befragten genannt wird Zusaumltzlich fuumlhren fast alle mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten und schlechte Entlohnung als weitere

Abbildung 2

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter von 100 abweichende Summe der Prozentwerte ist rundungsbedingt Quelle nach HallLeppelmeier 2015 26

aus sonstigen Gruumlnden um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus gesundheitlichen Gruumlnden weil die Arbeit sehr anstrengend ist

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Gruumlnde an Gleichzeitig werden aber auch von fast der Haumllfte der Befragten gesundheitliche Gruumlnde Stress oder Uumlberforderung angesprochen Bei eini-gen sind Erkrankungen sogar der zentrale Ausstiegsgrund In der Arbeits-marktberichterstattung heiszligt es dass die Gruumlnde fuumlr die Suche nach einer alternativen Taumltigkeit vielschichtig sind dass jedoch gesundheitliche Aspek -te oder veraumlnderte Interessen oft dazu gehoumlren (vgl ebd 16)

Einige Aussteigerinnen weisen dezidiert darauf hin dass sie keinen Ruumlck halt bei ihrem Traumlger bzw kein Entgegenkommen gegenuumlber ihren Wuumlnschen erlebt haben was zumindest teilweise mit zu ihrer Entscheidung beigetragen hat Und mehr als zwei Drittel geben an dass sie den Ausstieg aus dem Beruf nicht bedauert haben

Insgesamt steht bei den befragten Berufsaussteigerinnen der grundsaumltz-lich hohen Identifikation mit dem Beruf zum einen ein hohes Interesse an Veraumlnderungen des Taumltigkeitsfeldes gegenuumlber zum anderen eine weit ver-breitete Skepsis daruumlber ob sich der Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben laumlsst Wenn tatsaumlchlich ein Berufsausstieg erfolgt liegen dieser Entscheidung in der Regel mehrere Motive zugrunde

33 Die Perspektive der Kita-Leitungen

Die Aufgabenbereiche der Leitung einer Kindertagesstaumltte sind umfangreich und mit unterschiedlichsten Anforderungen verbunden Dies ist auf ihre Position an der Schnittstelle zwischen Traumlger Mitarbeiterinnen Kindern Eltern und dem Sozialraum zuruumlckzufuumlhren womit teilweise mehrfache Rollenwechsel im Laufe eines Arbeitstages verbunden sein koumlnnen Weil die verschiedenen Personen(gruppen) heterogene Wuumlnsche und Bedarfe ha-ben existieren Gegensaumltze und Spannungsfelder denen sich Leitungen stel-len muumlssen

Vor dem Hintergrund dieser Schnittstellenposition von Kita-Leitungen ist deren Perspektive von wesentlicher Bedeutung fuumlr die Personalfuumlhrung in und fuumlr Kindertageseinrichtungen Im Zeitraum von Januar bis Maumlrz 2015 wurden deshalb 15 Interviews mit Leitungskraumlften kommunaler frei-gemein-nuumltziger und privater Traumlger in den beteiligten Bundeslaumlndern gefuumlhrt Das Ziel der Interviewreihe bestand darin die Funktion der Leitung an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiterinnen und Traumlger naumlher zu beleuchten (vgl dazu auch Koumlhling 2015) Zum Zeitpunkt der Befragung war gut die Haumllfte der Interviewpartnerinnen uumlber 50 und drei Leitungen waren etwa 30 Jahre alt das Alter der anderen Personen befand sich zwischen diesen bei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

den Altersgruppen Fuumlr ihre Leitungstaumltigkeit waren neun Befragte vollstaumln-dig die anderen teilweise freigestellt eine Befragte verfuumlgte uumlber keine Frei-stellung

Um die Interviewaussagen der befragten Leiterinnen besser einordnen zu koumlnnen werden zunaumlchst die Aufgabenbereiche einer Kita-Leitung an-hand eines Schaubildes im Uumlberblick vorgestellt (Abbildung 3) Das Schau-bild verdeutlicht die Aufgabenbereiche einer Leitung mit dem Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrag auf der einen und der Betriebsfuumlhrung auf der anderen Seite sowie den damit jeweils verbundenen Handlungsan-forderungen

Im Folgenden werden Aussagen und Einschaumltzungen aufgezeigt die der Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Team zu-gerechnet werden koumlnnen (Abschnitt 331) Daran anschlieszligend steht die Betriebsfuumlhrung als Teilbereich der vielfaumlltigen Aufgaben im Mittelpunkt (Abschnitt 332) waumlhrend Aufgaben die der direkten paumldagogischen Arbeit zuzurechnen sind nur begleitend thematisiert werden da sie nicht im Fo - kus des KONTI-Projektes standen Im Weiteren werden dann Kompetenz - an for de rungen an Leitungen (Abschnitt 333) sowie die Themenbereiche Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungsmoumlglichkeiten als Voraussetzungen bzw Bedingungen fuumlr gute Arbeit in den Blick genommen (Abschnitt 334) Abschlieszligend wird der Aufgabenbereich der Zusammenar-beit mit dem Traumlger als wichtige Rahmenbedingung fuumlr effektives Arbeiten vorgestellt (Abschnitt 335)

331 Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit

Die befragten Leitungen berichten von einer groszligen Vielfalt in ihren Teams ndash z B durch unterschiedliche Altersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Kompetenzen Ausbildungen und Nationalitaumlten ndash die durchgaumlngig positiv betrachtet wird Aus dieser Heterogenitaumlt ergeben sich nach Meinung der Interviewpartnerinnen besonders fuumlr die Arbeit mit Kindern Vorteile weil diese bdquofuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen be-noumltigenldquo Im Allgemeinen haben die befragten Leitungen auch Einwirkungs-moumlglichkeiten auf die Zusammensetzung des Teams da sie in der Regel an der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen beteiligt sind Grundsaumltzlich ist zwar der Traumlger zustaumlndig der z T auch die Vorauswahl trifft im Prinzip erfolgt jedoch bei den meisten Traumlgern eine enge Zusammenarbeit mit den Leitun-gen So koumlnnen die Leitungen Wuumlnsche aumluszligern sind bei Vorstellungsgesprauml-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen anwesend oder duumlrfen sich nach der Vorauswahl durch den Traumlger dieden neuen Mitarbeiterin aussuchen (zur Zusammenarbeit mit dem Traumlger vgl auch Abschnitt 335)

Mehrheitlich sehen sich die Leitungen in der Rolle eines Motors fuumlr das Funktionieren und die Weiterentwicklung der paumldagogischen Arbeit in der Einrichtung und fuumlr eine gute Zusammenarbeit im und mit dem Team Dazu gehoumlre auch dass die Leistungen der Mitarbeiterinnen durch Aner-kennung unterstuumltzt werden bdquoEine Leitung muss auch wertschaumltzen und loben koumlnnen und erkennen wo gute Arbeit geleistet wirdldquo Zudem wirken sich nach Wahrnehmung der Leitungen ein positives Arbeitsklima und ein guter Teamzusammenhalt positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitar-beiterinnen aus Als zentrale Leitungsaufgabe wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch gesehen Einige Leitungen betonen auch dass transparente Strukturen und Zustaumlndigkeiten das Wohlfuumlhlen im Team und die Fairness untereinander befoumlrdern Als bedeutsam wird zudem die Vor-bildfunktion der Leitungen angesehen die die Motivation der Mitarbeiterinnen durch eigenen fachlichen Input Initiativen neue Ideen aber auch durch die Bereitstellung von Raum zum Experimentieren unterstuumltzen kann Von einzelnen nicht vollstaumlndig freigestellten Leitungen wird die Mitarbeit in den Gruppen als wichtiger Praxisbezug bewertet um die Belange der Mit-arbeiterinnen verstehen zu koumlnnen Einzelne Befragte erwaumlhnen zudem dass der Einsatz neuer Methoden oder Instrumente fuumlr einige Mitarbeiterin-nen nachvollziehbarer wird bzw sie sich erst dann darauf einlassen wenn die Leitung eigene Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit vorweisen kann bdquoAlles was nicht bewiesen wird ist erst einmal Theorie auf die sie sich nicht ein-lassen Beweise erhoumlhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung garantieren diese jedoch nichtldquo

Mit Konflikten zwischen den Beschaumlftigten wird in einigen Einrichtun-gen offensiv umgegangen indem eine Konfliktloumlsungskultur gelebt wird die den Rahmen fuumlr die Umsetzung geeigneter Loumlsungen vorgibt und Mediati-onsverfahren einschlieszligt Ein Teil der Befragten erwartet von den Mitarbei-terinnen zunaumlchst einen offensiven verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem Problem und eine zeitnahe Problemloumlsung Einige wenige sehen hingegen Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinanderset-zung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) Als Misserfolg fuumlr die Leitungstaumltigkeit wird z B angesehen wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden die ge-meinsam getroffen wurden (bdquoDas sind Misserfolge da gelingt es mir nichtldquo)

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Vereinzelt wird auch von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team berichtet die nach Einschaumltzung der Befragten vor allem dadurch aus-geloumlst werden dass die Leitungen versuchen Veraumlnderungen einzuleiten Mitarbeiterinnen jedoch Sorge vor zusaumltzlichen Belastungen haben bdquoEs fehlt das Gefuumlhl wir machenrsquos gemeinsam Ich habe immer das Gefuumlhl ich muumlsste einen Waggon anschieben Dann laumluft er wieder ein bisschen und dann steht er wieder und dann muss ich ihn wieder anschieben Und da habe ich keine Lust mehr zu ich lass ihn stehenldquo Eine Unterstuumltzung durch den Traumlger erfolgt in solchen Faumlllen oft nicht Insgesamt sehen sich die Leitun -gen als verantwortlich fuumlr das Funktionieren der Einrichtung und die Team-Zusammenarbeit Dieses Ziel koumlnnen sie verwirklichen wenn das Team mit-wirkt und auftretende Konflikte in angemessener Form bearbeitet werden

Im Hinblick auf die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen ndash was z T ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungen gehoumlrt ndash werden verschie-dene individuelle und traumlgerspezifische Entwicklungskonzepte erwaumlhnt In einigen Einrichtungen wird dazu dem Motto gefolgt Mitarbeiterinnen zu foumlrdern und zu fordern Dazu werden z B jaumlhrliche Zielvereinbarungs- oder Mitarbeitergespraumlche oder zu Jahresbeginn individuelle bdquoStartgespraumlcheldquo ein-gesetzt Eine Einrichtung fuumlhrt fuumlr alle neuen Mitarbeiterinnen einen drei-taumlgigen Einarbeitungs-Workshop zur traumlgerspezifischen fachlichen konzep-tionellen und betrieblichen Einweisung durch

Alle Leitungen berichten in den Interviews von ausreichenden Fort-bildungsmoumlglichkeiten wobei es teils traumlgerinterne Schulungsangebote gibt wie beispielsweise regelmaumlszligig stattfindende Qualitaumltszirkel oder -werkstaumlt-ten aber es wird teilweise auch auf externe Angebote zuruumlckgegriffen wie beispielsweise bei Teamqualifikationen mit externen Referentinnen Eine Leitung verweist darauf dass zunehmend Fortbildungsangebote in groumlszligeren Staumldten auf Interesse stoszligen da sich diese von den uumlblichen Themen abhe-ben und neue Anforderungen an Kitas staumlrker beruumlcksichtigen wuumlrden Die Traumlger beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an den Fortbildungskos-ten vereinzelt werden die Kosten ganz uumlbernommen teilweise muumlssen Fort-bildungen jedoch auch durch die Mitarbeiterinnen allein finanziert werden

332 Organisation betrieblicher Ablaumlufe

Die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe beinhaltet verschiedene Aufga-benbereiche mit unterschiedlichen Methoden und Instrumenten In den In-terviews werden insbesondere die Bereiche Dienstplangestaltung sowie Per-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sonaleinsatz thematisiert In seiner Gesamtheit wird das Aufgabenfeld der Betriebsfuumlhrung von den Leitungen haumlufig nicht als ein wichtiges Steue-rungsinstrument erachtet obwohl sie partiell durchaus professionelle Ma-nagementinstrumente wie Zielvereinbarungen oder Checklisten einsetzen Insbesondere Leitungskraumlfte ohne (umfangreiche) Freistellung vom Grup-pendienst und ohne Unterstuumltzung durch eine Stellvertretung sehen die Betriebsfuumlhrung teilweise als eine laumlstige und unliebsame Zusatzaufgabe die viel Zeit und Energie neben der paumldagogischen Taumltigkeit in der Gruppe er-fordert Nach Angabe einiger Befragter erfolgt die Erledigung dieser Auf-gaben vereinzelt auszligerhalb der Dienstzeit da eine ungestoumlrte konzentrierte Arbeit waumlhrend der Kita-Oumlffnungszeiten z T nicht gewaumlhrleistet werden kann In den meisten Einrichtungen gibt es jedoch Vertretungen fuumlr die Leitungs kraumlfte zum einen stellvertretende Leitungen teilweise mit und teil-weise ohne anteilige Freistellung fuumlr ihre betrieblichen Aufgaben zum an-deren Abwesenheitsvertretungen die nicht uumlber Freistellungen verfuumlgen In der Regel berichten die Leitungskraumlfte dort wo die Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Leitung gut verlaumluft uumlber eine wichtige und unterstuumltzende Entlastung

Insgesamt ist die Fuumllle der Arbeitsanforderungen aus Sicht der Leiterin-nen stark angestiegen was nach ihrer Einschaumltzung zu einer teilweise erheb-lichen Beeintraumlchtigung der Qualitaumlt ihrer Taumltigkeit fuumlhrt Ein Groszligteil der Befragten gibt an dass der Aufwand fuumlr die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe extrem gestiegen sei und sich negativ auf Teamfuumlhrung Anleitung Beratung sowie die paumldagogisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der An-gebote auswirke Wenn zu wenig Zeit zur guten Vorbereitung inhaltlicher Aspekte und Fuumlhrungsaufgaben besteht entsteht Unzufriedenheit Schwie-rigkeiten und Probleme dieser Art werden insbesondere von Leitungen ge-schildert die keine oder nur eine geringe Freistellung haben

Die Erstellung von Dienstplaumlnen ist meistens Aufgabe der Leitung oder Stellvertretung Die Traumlger behalten sich nur in Einzelfaumlllen die Genehmi-gung vor nehmen durch das Setzen der Rahmenbedingungen aber eine wichtige Rolle ein So halten einige Traumlger Springer vor oder bieten bezahlte Stundenaufstockungen fuumlr Teilzeitkraumlfte an um Personalausfaumllle auszuglei-chen In knapp der Haumllfte der Einrichtungen gibt es zudem unterschiedliche Formen von Notfallplaumlnen die den Umgang mit Personalengpaumlssen definie-ren In allen Einrichtungen muss bei der Erstellung der Dienstplaumlne ein mehr oder weniger hoher Anteil an Teilzeitbeschaumlftigten beruumlcksichtigt werden was von einigen als Herausforderung im Hinblick auf Kommunikation und Information von anderen aber auch als Vorteil fuumlr den Gesamtbetrieb gese-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

hen wird Zu Vorteilen werden beispielsweise mehr Flexibilitaumlt bei Perso-nalengpaumlssen durch Aufstockungsmoumlglichkeiten oder eine houmlhere Vielfalt im Angebot durch mehr Personen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ge-zaumlhlt

Die Personaleinsatzplanung ist unterschiedlich geregelt wobei die Orga-nisationsform der Gruppenoumlffnung groszlige Bedeutung fuumlr die Verteilung der Aufgaben aufweist Bei offener und teiloffener Arbeit erfolgt uumlberwiegend eine interessen- und kompetenzorientierte Personaleinsatzplanung Zum Teil werden dabei feste Zeitraumlume (z B ein bis zwei Jahre) fuumlr die Zustaumlndig-keit von Aufgaben oder Bildungsraumlumen durch die Leitung vorgegeben oder es werden im Rahmen von Aufgaben- oder Projektorientierung kurzfristige Wechsel durch verbindliche Absprachen ermoumlglicht in anderen Faumlllen wird die Aufgabenverteilung an besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen orientiert und dauerhaft angelegt Zusaumltzlich zu den paumldagogischen Schwer-punkten werden in einzelnen Einrichtungen auch Aufgaben der Betriebsfuumlh-rung (z B Dienstplangestaltung und Finanzbuchhaltung) an entsprechend interessierte und kompetente Mitarbeiterinnen delegiert Fuumlr die Bearbei-tung wird uumlberwiegend ein Zeitkontingent zur Verfuumlgung gestellt und im Dienstplan beruumlcksichtigt Dazu eine Leitung bdquoIm Groszligteil bin ich erst ein-mal fuumlrs Management zustaumlndig Ich bin nicht dafuumlr zustaumlndig alle Auf-gaben im Kindergarten alleine zu loumlsen in meiner Personldquo

333 Kompetenzanforderungen an Leitungen

Das Leiten einer Kindertageseinrichtung ist eng mit der Persoumlnlichkeit der Leitungskraft und ihrem Auftreten verbunden Ihr Verstaumlndnis von Aufga-benspektrum Fuumlhrungsstil und Haltung wirken sich auf die Arbeitsat-mosphaumlre in der Kita aus auf den Umgang der Teammitglieder untereinan-der das Verhaumlltnis zu Kindern Eltern und in den Sozialraum sowie auf die Art der Bildungskultur (vgl Rannenberg-Schwerin 2012 2) In der Vier-Saumlu-len-Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) werden im Zu-sammenhang mit der Frage nach notwendigen Faumlhigkeiten einer Leitung bdquoFachkompetenzldquo und bdquopersonale Kompetenzldquo genannt (Abbildung 4 vgl AK DQR 2011 7)

Bei den Leitungsinterviews werden auf die Frage uumlber welche Kompe-tenzen eine Leitung verfuumlgen muss uumlberwiegend personale Kompetenzen ndash und dabei insbesondere Sozialkompetenzen ndash benannt Haumlufig angesprochen werden Empathie (bdquoSie braucht eine hohe Empathie fuumlr Kinder Eltern und

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mitarbeiterinnenldquo) und die Faumlhigkeit zu motivieren (bdquoEine gute Leitung mo-tiviert wenn es Motivation braucht hat Freude am Tun und bringt eigene Motivation mit die dann auch anstecktldquo) aber auch die Bereitstellung einer guten Kommunikationsbasis oder Fuumlhrungsfaumlhigkeiten wie Fairness und Ge-rechtigkeit (bdquoIch versuche auch schon sehr fair zu sein dass jeder das Gefuumlhl hat dass er genauso behandelt wird wie der andereldquo) Aussagen zur Selbst-kompetenz werden unabhaumlngig von Traumlger demografischen Faktoren und der Ausbildung der Befragten in eher geringem Umfang thematisiert Be-nannt werden reflexive Faumlhigkeiten wie das Verstaumlndnis von Zusammenhaumln-gen um beispielsweise Sach- und Beziehungsverhaumlltnisse trennen zu koumln-nen Konfliktfaumlhigkeit sowie ein guter Umgang mit Enttaumluschungen (bdquoMan muss auch schon mal was aushalten koumlnnen dass man nicht zu sehr in die Emotionalitaumlt geht wobei das sehr schwierig ist manchmalldquo)

Fachkompetenzen werden von den Befragten dagegen nur in sehr einge-schraumlnktem Maszlige bzw eher unspezifisch benannt (bdquoDie gesamte Organisa-tion und das Management der Einrichtung ist der Dreh- und Angelpunkt d h darauf zu achten dass das Tagesgeschaumlft immer laumluft Mail checken dass die Eltern angesprochen werden und der Elternbeirat laumluftldquo) Einige Leitun-gen verweisen darauf dass vielfaumlltige Faumlhigkeiten benoumltigt werden um eine Kita zu leiten wie betriebswirtschaftliche Kompetenzen oder Methodenviel-falt damit sie bdquoz B zu einem aktuellen Thema einen Qualitaumltszirkel bilden und das konzeptionelle Arbeiten vorantreiben kannldquo Fachwissen wird zur Staumlrkung der Vorgesetztenfunktion als bedeutsam erachtet denn es sei wich-

Abbildung 4

Fach- und personale Kompetenzen

Quelle nach DJIWiFF 2014 119

Fachkompetenz

Wissen Fertigkeiten

Tiefe und instrumentale Breite und systemische Fertigkeiten Beurteilungs - faumlhigkeit

Sozial- Selbstkompetenz kompetenz

Team- Eigenstaumlndigkeit Fuumlhrungsfaumlhig- Verantwortung keit Mitge- Reflexivitaumlt staltung und Lernkompetenz Kommunikation

Personale Kompetenz

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

tig dass bdquoeine Leiterin aus der Praxis kommt damit sie weiszlig wovon sie redet um auch ernst genommen zu werdenldquo Nur wenige benennen konkrete Auf-gaben bdquoMeine Aufgabe sehe ich darin dass ich ein guter Chef bin nicht der beste Fachmann fuumlr die Paumldagogik sondern der Vorgesetzte der fuumlr die Rah-menbedingungen einsteht und der die Arbeitsbedingungen schafft der das Haus gut nach auszligen repraumlsentiert und eine gute Personalauswahl trifftldquo

Als Kernkompetenzen fuumlr Leitungskraumlfte werden somit uumlberwiegend per-sonale Kompetenzen genannt Die Benennung von Fachkompetenzen zur Betriebsfuumlhrung erfolgt hingegen gar nicht oder nur sehr allgemein Das Lei-tungsverstaumlndnis kann auch mit der Verortung der Leitungen in der Kinder-tageseinrichtung variieren denn einige sind von der Arbeit in den Gruppen freigestellt andere nicht bzw nur z T freigestellt Leitungen die gleichzeitig in der Gruppenarbeit taumltig sind befinden sich in einer Doppelrolle Waumlhrend sich die Funktionen im Rahmen der Gruppenarbeit nicht von denen der Mitarbeiterinnen unterscheiden ist auf der anderen Seite zusaumltzlich die Ver-antwortung fuumlr die Betriebsfuumlhrung und das Funktionieren der Einrichtung insgesamt vorhanden Innerhalb eines Tages werden teilweise mehrfache Wechsel zwischen unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten not-wendig Deshalb verwundert es nicht wenn sich einige teilfreigestellte Lei-tungen und vor allem diejenigen die die Leitungsposition nicht als gezielte Entscheidung gesucht haben (vgl Abschnitt 334) als bdquonormalesldquo Team-Mit-glied ohne hierarchische Position definieren im Sinne von bdquoWir sind ein Ganzesldquo oder bdquoIch bin Kollegin und fertigldquo Nur vereinzelt wird ein um-fassenderes professionelleres Leitungsverstaumlndnis beschrieben bdquoLeiterin zu sein bedeutet fuumlr mich nicht sbquonurlsquo ein Teammitglied zu seinldquo sie stehe bdquovor neben oder hinter dem Teamldquo Insgesamt werden also groszlige individuelle Unterschiede im Leitungsverstaumlndnis deutlich die sich z T auf verschieden-artige Einbindung in den Gruppendienst und mehrfachen Rollentausch so-wie auf unterschiedliche Verortung der eigenen Position in Bezug auf das Team zuruumlckfuumlhren lassen

334 Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungs-moumlglichkeiten

Die Uumlbernahme der Leitungsfunktion kann im Prinzip zwei Wegen zugeord-net werden der bewussten eigenen Entscheidung und dem von auszligen an die Befragten herangetragenen Wunsch teilweise sind auch mehrere Gruumlnde ausschlaggebend Nur ein gutes Drittel der Befragten hat bewusst und gezielt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

die Position der Leitung und den damit verbundenen Fuumlhrungsanspruch an-gestrebt Bei dieser Gruppe spielt vor allem der Wunsch nach neuen Heraus-forderungen und einem groumlszligeren Handlungs- und Gestaltungsspielraum eine Rolle (bdquoIch brauche andere Anspruumlche ich moumlchte mich selber weiter-entwickeln ich brauche andere Aufgabenldquo) aber auch Gruumlnde wie das Ge-fuumlhl der Unterforderung im Gruppendienst oder das Ziel mit Erwachsenen arbeiten zu wollen Bei den anderen Befragten ist es keine gezielte Entschei-dung sondern der Wunsch nach Uumlbernahme der Leitungsposition wurde an die Befragten herangetragen z B durch die eigene Familie oder auch durch Kolleginnen die moumlgliche Veraumlnderungen durch eine neue Leitung scheu-ten (bdquoAllen war wichtig dass nicht jemand Neues von auszligen kommt und die Stelle besetzt da befuumlrchtet wurde dass dadurch die offene Arbeit und der Charakter des Hauses zerstoumlrt werden koumlnnteldquo) Bei den meisten Befragten erfolgte der Uumlbergang in die Leitungsposition im Rahmen eines Aufstiegs von der paumldagogischen Fachkraft oder Gruppenleitung Dabei handelt es sich oft nicht um eine bewusste Entscheidung fuumlr die Fuumlhrungsrolle Erzieherin-nen scheinen haumlufig eher zufaumlllig in die Leitungsfunktion zu geraten

Die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit stellt sich insgesamt als hoch dar Alle befragten Leitungen fuumlhlen sich am Arbeitsplatz zumindest meistens wohl Entscheidend dafuumlr ist das Gefuumlhl den eigenen fachlichen Anspruumlchen gerecht werden zu koumlnnen was unter Rahmenbedingungen wie ausreichender Ressourcen sowie guter Kommunikation mit dem Traumlger den Mitarbeiterinnen und Eltern am ehesten gelingt Eine Leitung druumlckt das folgendermaszligen aus bdquoIch bin am zufriedensten wenn die Kolleginnen und die Eltern zufrieden sind weil das meine Arbeit widerspiegelt Das sind mei-ne persoumlnlichen Erfolgeldquo Auch die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitgestal-tung faumlllt hoch aus was damit begruumlndet wird dass man einen groszligen Ein-fluss und Freiraum auf die Lage der Arbeitszeit habe Bei uumlber zwei Dritteln entspricht der Dienstplan immer oder meistens den eigenen Beduumlrfnissen nur wenige machen hier Einschraumlnkungen indem sie z B sagen bdquoEs passt halt nicht immerldquo Die AQUA-Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis dass es eine insgesamt hohe Arbeitszufriedenheit bei den Leitungen gibt (vgl Schreyer et al 2014 126)

Alle befragten Leitungskraumlfte fuumlhlen sich den inhaltlichen Anforderun-gen die mit der Leitungsrolle verknuumlpft sind immer oder zumindest meis-tens gewachsen Allerdings wirken sich ebenso wie bei den befragten Be-schaumlftigten unvorhergesehene Stoumlrungen oder zu viele Anforderungen auf einmal bei zusaumltzlicher Zeitknappheit negativ auf die Zufriedenheit und das Belastungsempfinden aus Als Auswirkungen von Belastungen werden z B

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Erschoumlpfungserscheinungen genannt oder die weitere Berufsausuumlbung wird hinterfragt wie beispielsweise bei einer Leitung (43 Jahre) bdquoIch denke schon mal daruumlber nach wie lange ich das noch schaffeldquo In der AQUA-Studie zeigt sich dass der Anteil der Personen die sich beruflich belastet fuumlhlen bei Leitungen mit 867 Prozent deutlich houmlher ist als bei Nicht-Leitungen mit 671 Prozent (vgl ebd 69) Dieses Belastungsempfinden schlaumlgt sich in der Gruppe der Personen die sich in einer Gratifikationskrise12 befinden in bdquoho-her Kuumlndigungsabsichtldquo (Schreyer et al 2014 77) nieder Zum Teil wird ge-genuumlber solchen Belastungen aber auch eine grundsaumltzlich andere persoumlnli-che Haltung entwickelt wie etwa bei einer Leitungskraft die die Einstellung vertritt dass Stoumlrfaktoren mit zur Arbeit gehoumlren und darum mit einem An-teil von ca 20 Prozent in die eigene Arbeitszeit eingeplant werden bdquoda es oft nicht so kommt wie ich es willldquo

Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Leitungskraumlfte werden vom uumlberwiegenden Teil der Befragten nicht gesehen Nur zwei Gespraumlchspartnerinnen berich-ten uumlber entsprechende traumlgerspezifische Sonderformen fuumlr die berufliche Weiterentwicklung Einige andere Befragte koumlnnen sich aber durchaus beruf-liche Veraumlnderungen vorstellen z B durch einen Wechsel des Taumltigkeitsfel-des Genannt werden hier uumlbergeordnete Taumltigkeiten beim Traumlger beispiels-weise als Bezirksleitung oder einrichtungsuumlbergreifende Taumltigkeiten im Rah-men von Kooperationen und Vernetzungen oder Stadtteilentwicklungen Weitere halten es fuumlr moumlglich neben der Leitungsfunktion zusaumltzliche Auf-gabenbereiche zu uumlbernehmen Ein knappes Drittel der befragten Leitungen gibt an aus familiaumlren oder altersbedingten Gruumlnden kein Interesse (mehr) an einem Aufstieg zu haben

335 Zusammenarbeit mit dem Traumlger

Die Zusammenarbeit mit den Traumlgern gestaltet sich bei den befragten Lei-tungskraumlften unterschiedlich Nur knapp die Haumllfte der Leitungskraumlfte ist sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung und der groumlszligere Teil fuumlhlt sich entwe-der bdquonicht besonders gutldquo bis zu bdquonicht ausreichendldquo unterstuumltzt Als wichtig fuumlr die Zusammenarbeit werden die Kommunikations- und Informations-prozesse angesehen Leitungskraumlfte die sich gut unterstuumltzt fuumlhlen berichten

12 Eine Gratifikationskrise kann als ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung definiert werden (ebd)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

von gutem Kontakt mit unterschiedlichen Moumlglichkeiten zur gegenseitigen Information wie z B festen Sprechzeiten Dagegen wird in Einzelfaumlllen be-richtet dass zustaumlndige Ansprechpartnerinnen uumlber laumlngere Zeit nicht er-reichbar sind die Kontaktaufnahme sich umstaumlndlich und zeitaufwendig gestaltet und auch die Erreichbarkeit in Notsituationen nicht verlaumlsslich ge-regelt ist Von einer teilweise muumlhsamen Zusammenarbeit wird berichtet wenn die Ansprechpartner die sich um die Belange in der Kindertagesein-richtung kuumlmmern nicht (ausreichend) qualifiziert sind bdquoDer Traumlger setzt sich nur aus Ehrenamtlichen zusammen Auf den jaumlhrlichen Kirchenvor-standswahlen werden Verantwortliche gewaumlhlt die nach Einarbeitung bei der kommenden Wahl den Vorstand theoretisch und praktisch wieder ver-lassenldquo

Rahmenbedingungen dieser Art werden von den Leitungen als belastend und kraftraubend empfunden Gleiches gilt wenn Absprachen oder verein-barte Termine nicht eingehalten werden (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern dastehen umfallenldquo) Die AQUA-Studie kommt zu dem Ergebnis dass Lei-tungen die wenig Unterstuumltzung vom Traumlger erhalten und bei denen keine klaren Absprachen mit dem Traumlger vorhanden sind eher in eine Gratifika-tionskrise geraten und dass eine staumlrkere Burnout-Gefaumlhrdung besteht als bei Leitungen die viel Unterstuumltzung erhalten und bei denen klare Absprachen mit dem Traumlger bestehen (vgl Schreyer et al 2014 72 f)

Als weiteres Defizit stellt sich aus Sicht mancher Leitungen die mangeln-de Bereitschaft einiger Traumlgervertreterinnen dar zuzuhoumlren sowie Verstaumlnd-nis und Wertschaumltzung zu zeigen Probleme dieser Art werden vermehrt bei kommunalen Traumlgern genannt wo z B ein (haumlufig erfolgter) Personalwech-sel zu Unzuverlaumlssigkeit Motivationsabfall und fehlender Transparenz fuumlhrt Verwaltungswege und -entscheidungen werden als teilweise nicht nachvoll-ziehbar eingeschaumltzt und belasten die Leitungen bei ihrer Taumltigkeit In der AQUA-Studie findet sich ein aumlhnliches Ergebnis Leitungen die bei kommu-nalen und kirchlichen Traumlgern angestellt sind fuumlhlen sich in geringerem Maszlige durch den Traumlger unterstuumltzt als Leitungen von Kitas anderer freier Traumlger (vgl ebd 42)

Um Reibungsverluste zu vermeiden sollten aus Sicht vieler Leitungen die Aufgaben und Befugnisse fuumlr die Leitung durch den Traumlger klar definiert und fixiert werden Im Rahmen dieser Handlungsfreiraumlume wuumlnschen sie sich insbesondere Flexibilitaumlt Moumlglichkeiten fuumlr eigene Entscheidungen und freie Zeiteinteilung Fuumlr einen Groszligteil der befragten Leitungen stellt dies eine wichtige Arbeitsgrundlage dar und mehr als die Haumllfte fuumlhlt sich dies-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

bezuumlglich von ihren Traumlgern ausreichend ausgestattet Einige Leitungen se-hen sich dagegen in ihrem eigenen Handeln eingeschraumlnkt oder gar daran gehindert eigene Entscheidungen zu treffen Verantwortlich werden Traumlger-vorgaben gemacht die als umstaumlndlich empfunden werden und deren Ein-haltung kontrolliert wird was als Behinderung der Leitungstaumltigkeit an ge se-hen wird (bdquoEr pfeift mich immer wieder zuruumlckldquo) Zwei Leitungen berichten jedoch auch von einem (fast) uneingeschraumlnkten Handlungsfreiraum der zwar als sehr foumlrderlich fuumlr die Umsetzung der Ziele von Leitungen und Mit-arbeiterinnen angesehen wird jedoch auch als sehr belastend da sich die Leitungen in der Verantwortung alleingelassen fuumlhlen Aspekte der Traumlger-qualitaumlt (Fthenakis et al 2003) scheinen hier in einem hohen Maszlige an die Leitungen delegiert zu werden Insgesamt stellt sich die Zusammenarbeit mit den Traumlgern aus unterschiedlichen Gruumlnden haumlufig als problematisch dar eine Bedingung die sich auf Wohlbefinden und Gesundheit der Leitungen auswirken kann

Neben dem Austausch mit den Traumlgervertreterinnen sind auch Moumlglich-keiten zum kollegialen Austausch und zur Beratung mit anderen Leitungen von Bedeutung Regelmaumlszligig stattfindende Leitungsrunden und -konferenzen finden mit Ausnahme eines Traumlgers der nur eine Einrichtung betreibt bei al-len statt Hinsichtlich der Bereitstellung von Fachinformation und Konzep-ten fuumlhlt sich der Groszligteil der Befragten gut versorgt Mehrfach wird eine Vernetzung inhaltlicher Art uumlber das Intranet mit Literatur bzw einer Bib-liothek zur internen einrichtungsuumlbergreifenden Information genannt Im Rahmen des Qualitaumltsmanagements werden vielfaumlltige Materialien zur Struk-turierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt wie z B Einarbeitungskonzepte fuumlr neue Mitarbeiterinnen Gespraumlchsleitfaumlden fuumlr Mitarbeitergespraumlche etc Solche Angebote finden sich vor allem bei Traumlgern mit mehreren Einrichtun-gen bei den in die Befragung einbezogenen privaten Traumlgern und dort wo es einen qualifizierten Ansprechpartnerin fuumlr paumldagogische und fachliche Be-lange einer Kindertageseinrichtung gibt Diese Angebote werden in der Re-gel ndash besonders von neuen Leitungen ohne hinreichende Praxiserfahrungen und unabhaumlngig von ihrer Qualifikation ndash als sehr hilfreich empfunden Ein-schraumlnkend wird jedoch auch angemerkt dass ein Zuviel an Informationen auch belastend sein kann

Nur ein kleinerer Teil der befragten Leitungen fuumlhlt sich im Hinblick auf die Ausstattung gut unterstuumltzt insbesondere bezogen auf das Raumangebot und die Raumausstattung auf Elektronik und Moderationsmaterial Bei der Mehrheit der Leitungen gibt es zumindest teilweise Kritik z B an baulichen Problemen und fehlender Ausstattung der Kita Des Weiteren werden Ver-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

fahrensfragen bemaumlngelt denn einige Leiterinnen beklagen dass alles was Ressourcen betrifft schwierig sei und von aufwendigen Verhandlungen be-gleitet werde Gewuumlnscht wird deshalb bdquomehr Personal und mehr Hand-lungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Unterstuumltzungldquo Hinsichtlich der notwendigen Ausstattung der Kitas und der jeweiligen Verfahren zur Be-reitstellung und dem Einsatz von Ressourcen sehen viele Kita-Leitungen ei-nen Nachholbedarf

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4 HANDLUNGSFELDER EINER NACHHALTIGEN PERSONALWIRTSCHAFT

Im Projekt KONTI wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten Hand-lungsfelder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die geeignet sind eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit im Arbeitsfeld Kindertagesein-richtungen zu foumlrdern Erstens wurden branchenuumlbergreifend diskutierte und erprobte Strategien auf ihre Uumlbertragbarkeit hin ausgewertet und unter dem Blickwinkel diskutiert ob und inwieweit sie fuumlr den Betrieb von Kinder-tageseinrichtungen nutzbar sind und wie sie den spezifischen Bedarfen ent-sprechend angepasst werden koumlnnen Zweitens wurden die aktuellen Anfor-derungen analysiert die sich aus dem Aufgabenfeld Kindertagesbetreuung ergeben und von den Traumlgern im Sinne der Sicherung und Weiterentwick-lung ihres Angebotes zur Bildung Erziehung und Betreuung von Kindern beruumlcksichtigt werden muumlssen Drittens wurde die Perspektive der Beschaumlf-tigten in den Mittelpunkt gestellt und gefragt was aus ihrer Sicht eine bdquogute Arbeitldquo ausmacht

Dabei wurde zunaumlchst von der These ausgegangen dass eine dauerhafte Beschaumlftigung der Mitarbeiterinnen bei Traumlgern von Kindertageseinrich-tungen durch eine gute Personalbindung erzielt werden kann Diese basiert grundsaumltzlich auf einer groszligen Arbeitszufriedenheit die sich zum einen aus einer hohen (intrinsischen) Motivation der Beschaumlftigten fuumlr das Arbeitsfeld und zum zweiten durch Arbeitsbedingungen ergibt die sich motivations-foumlrdernd auswirken Die (Weiter)Entwicklung guter Arbeitsbedingungen ndash und zwar sowohl in persoumlnlicher fachlicher zeitlicher und raumlumlicher Hin-sicht ndash steht darum im Fokus einer nachhaltigen und demografiesensiblen Personalarbeit So kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz Kin-dertageseinrichtung und dem Traumlger als Arbeitgeber gefoumlrdert werden

Vorgestellt werden im Folgenden konzeptionelle Uumlberlegungen und Pra-xiserfahrungen die im Sinne solcher nachhaltigen Personalkonzepte durch Traumlger und Personalverantwortliche nutzbar gemacht werden koumlnnen Die dazu ausgewaumlhlten Ansatzpunkte sind ndash Personalbestandsentwicklung (Kapitel 41) ndash Personal- und Teamfuumlhrung (Kapitel 42) ndash Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen (Kapitel 43)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Aufgabe des Personalmanagements ist es den Personalbestand einer Organi-sation zu erhalten und den betrieblichen Bedarfen entsprechend quantitativ wie qualitativ weiterzuentwickeln Eine solche mittel- und langfristige Ent-wicklung zielt dabei grundsaumltzlich darauf ab sowohl das fuumlr die Aufgaben-wahrnehmung erforderliche Personal kontinuierlich und dauerhaft bereitzu-stellen als auch den Beschaumlftigten selbst Entwicklungsmoumlglichkeiten zu bie-ten weil diese wiederum motivationsfoumlrdernd und damit personalbindend wirken (koumlnnen) also ein wichtiges Instrument der Personalbestandspflege sind In diesem Kapitel wird zunaumlchst allgemein auf Fragen der Personal-planung (Abschnitt 411) und der Personalentwicklung (Abschnitt 412) eingegangen Dann erfolgt eine Auseinandersetzung mit Moumlglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Karrierepfaden (Abschnitt 413) und einer leis-tungsorientierten Verguumltung (Abschnitt 414)

411 Strategische Personalplanung und Altersstrukturanalyse

Ziel einer zusaumltzlich auf Nachhaltigkeit angelegten Personalentwicklung ist es eine moumlglichst ausgewogene Altersstruktur zu schaffen um Karrierestaus die sich aus einer Dominanz bestimmter Altersgruppen ergeben ebenso zu vermeiden wie den Verlust von Wissen der entsteht wenn viele aumlltere Be-schaumlftigte gleichzeitig in den Ruhestand gehen (vgl BrandenburgDomschke 2007 115 ff) Insofern wird eine mittel- und langfristige Personalplanung nicht nur zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung des Personal-bestands sondern erhaumllt ndash gerade auch in Kombination mit einer an den In-teressen der Mitarbeiterinnen orientierten Personalfoumlrderung ndash zugleich eine bdquostrategische Komponenteldquo (ebd 122)

Als notwendige Grundlage fuumlr eine demografiesensible Personalwirtschaft wird allgemein eine Altersstrukturanalyse betrachtet die anhand von Perso-naldaten zu Merkmalen wie Alter Geschlecht Qualifikation oder Einsatzort erstellt wird Sie verschafft zunaumlchst einen differenzierten Uumlberblick uumlber den aktuellen Personalbestand Daruumlber hinaus kann mithilfe mittel- und lang-fristiger Prognosen ndash etwa in Fuumlnf- bis Zehn-Jahres-Schritten ndash festgestellt werden wann und in welchem Umfang ein zukuumlnftiger Personalbedarf ent-stehen wird Zu einer solchen Analyse gehoumlrt auch eine Beobachtung der Personalfluktuation Werden derartige Daten erfasst und ausgewertet erge-ben sich dadurch nicht nur quantitative Hinweise auf eventuell entstehende

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Luumlcken sondern auch Hinweise darauf in welchen Phasen der Berufsbiogra-fie in besonderem Maszlige Abgaumlnge zu verzeichnen sind (vgl beispielsweise Deller et al 2008 28 ff)

Differenzierte Auswertungen einer solchen Altersstrukturanalyse schaffen somit die Basis fuumlr eine strategische Personalbedarfsplanung z B mit Blick auf die eigene Nachwuchssicherung da bdquoeine fruumlhzeitige Planung der Kapa-zitaumlten es wahrscheinlicher macht den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz zu habenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 40 f) Eine strategische Per-sonalplanung bietet daruumlber hinaus nicht nur Potenzial fuumlr eine passgenaue Personalfoumlrderung sondern auch fuumlr die Personalakquise der in Zeiten eines prognostizierten Fachkraumlftemangels eine besondere Bedeutung zukommt Auf der Basis der Analyseergebnisse lassen sich Stellenausschreibungen ent-wickeln die sowohl die entsprechenden Anforderungsprofile als auch At-traktivitaumltsmerkmale fuumlr die Arbeit im Unternehmen beinhalten bdquoFuumlr die Gewinnung von guten Mitarbeitern ist es [hellip] von Bedeutung eine attrakti -ve Unternehmenskultur mit gelebten Unternehmenswerten nach auszligen zu kommunizieren sowie Arbeitsplatzsicherheit und verantwortungsvolle Be-schaumlftigungsmoumlglichkeiten zu bietenldquo (ebd 41) In einem strategisch aus-gerichteten Entwicklungskonzept fuumlr den Personalbestand werden somit Personalakquise und auch Personalmarketing als Einheit betrachtet Als ge-eignete Maszlignahmen sind hier Imagepflege Zusammenarbeit mit einschlauml-gigen Bildungseinrichtungen Angebot von Praktikumsplaumltzen und Praumlsenz bei Ausbildungs- und Jobmessen zu nennen

In der Traumlgerbefragung des Projekts KONTI hat sich herausgestellt dass die fuumlr eine Altersstrukturanalyse notwendigen Personaldaten (Alter Qualifi-kation aktueller Einsatzort) haumlufig vorliegen eine systematische Aufberei-tung und Auswertung jedoch ganz uumlberwiegend ndash selbst bei groszligen Trauml-gern ndash nicht erfolgt Die meisten Befragten verstehen im Gespraumlch unter einer Personalbedarfsplanung die gesetzlich vorgeschriebene Personalpla-nung anhand des ermittelten Betreuungsbedarfs fuumlr das folgende Kinder-gartenjahr die jaumlhrlich oder alle zwei Jahre in einem Fall sogar monatlich durchgefuumlhrt wird Eine mittel- oder gar langfristige Personalplanung daruuml-ber hinaus besteht in den meisten Faumlllen nicht in Thuumlringen wird sie sogar dreimal in NRW viermal explizit verneint bdquoEinen ausgesprochenen Pla-nungsansatz gibt es nichtldquo

Haumlufig wird daruumlber berichtet dass Planung ein schwieriges Thema und praktisch unmoumlglich sei Es gebe zwar einige planbare Groumlszligen wie z B ei-nen Mehrbedarf an Personal aufgrund des U3-Ausbaus der Einrichtung neu-er Gruppen und Kitas oder auch von Veraumlnderungen der Gruppenstruktur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bzw einen Minderbedarf aufgrund von Einrichtungs- oder Gruppenschlie-szligungen Auf Verrentungen und dabei insbesondere auf die Neubesetzung von Leitungspositionen koumlnne man sich durch Planung einstellen Aber nur ein Interviewpartner berichtet dass bei seinem Traumlger dazu ndash als wichtige Ba-sis fuumlr die zweijaumlhrigen Leitungsfortbildungen ndash bdquosehr strukturierte Datenldquo vorliegen Wegen der vielen nicht planbaren Groumlszligen wie etwa Schwanger-schaften Wohnortwechsel Beurlaubungen Elternzeitlerinnen oder Lang-zeiterkrankungen entstehen nach Ansicht der meisten Befragten groszlige Prob-leme fuumlr eine realistische Planung Der Gespraumlchspartner eines groszligen kom-munalen Traumlgers aus NRW berichtet von uumlber vierzig Personalvorgaumlngen woumlchentlich mehr als in der gesamten restlichen Kommunalverwaltung

Nur bei zwei kommunalen Traumlgern wird von einer mittel- oder langfristi-gen Planung des Personalbedarfs gesprochen davon bei einem gezielt auch fuumlr den zukuumlnftigen Umgang mit der demografischen Entwicklung Dem an-deren Personalverantwortlichen fehlt gerade dieser Aspekt in den Planungs-daten Bei weiteren Traumlgern hat man bdquodie mittel- bis langfristige Personalbe-darfsplanung im Blickldquo existiert ein aumlmteruumlbergreifender Arbeitskreis bdquokom-munaler Personalbedarfldquo oder wird eine Software bdquoStellenplanerldquo des Land-schaftsverbandes genutzt die angibt bdquowo Stellen frei sind und welche Stellen zu besetzen sindldquo Lediglich ein Personalverantwortlicher aus Thuumlringen be-richtet uumlber die Ergebnisse einer Altersstrukturanalyse In Form einer Dip-lomarbeit wurde beim Traumlger die Betreuungsbedarfsentwicklung mit den an-stehenden Verrentungen fuumlr die naumlchsten Jahre verglichen Daruumlber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch eine langfristige Betreuungsbedarfsabschaumlt-zung mit den Gemeinden um Tendenzen und regionale Unterschiede zu er-mitteln

In den meisten Faumlllen beschraumlnkt sich jedoch eine Personalplanung auf das jeweils kommende Kindergartenjahr Zwar werden daneben z B mit Blick auf anstehende Renteneintritte verschiedene Instrumente zur Entwick-lung des Personalbestands etwa zur Nachwuchssicherung eingesetzt So be-treiben einige groumlszligere Traumlger eine gezielte Nachfolgeplanung fuumlr Leitungs-positionen und bieten entsprechende Qualifizierungsprogramme fuumlr Mit-arbeiterinnen aus den eigenen Reihen an Bei einem anderen Traumlger wer - den Leitungsstellen fuumlr einen Uumlbergangszeitraum doppelt besetzt damit die nachfolgende Leitung sich einarbeiten und von den Erfahrungen der aus-scheidenden Leitung profitieren bzw diese in der Schlussphase ihres Berufs-lebens gleichzeitig entlastet werden kann Eine mittel- und langfristige und strategisch ausgerichtete Personal(bedarfs)planung auf der Basis einer Alters-strukturanalyse ist bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen nach den

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Befragungsergebnissen im Projekt bislang kein gaumlngiges Instrument obwohl sie eine solidere Grundlage fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft bilden koumlnnte als der Einsatz einzelner Maszlignahmen Hier zeigt sich darum ein gro-szliges Potenzial um sich als Traumlger fuumlr die Zukunft gut aufzustellen

412 Nachhaltige Personalfoumlrderung und Personalentwicklung

Aufgabe der Personalfoumlrderung ist es Potenziale von Individuen zu erken-nen und ihre Nutzung zu foumlrdern sowohl im Sinne der individuellen Ent-wicklungsmoumlglichkeiten als auch zur Deckung des Personalbedarfs im Hin-blick auf die betrieblichen Anforderungen Auch sie wird damit zu einem wichtigen Instrument einer strategischen Personalplanung Wesentliche Grundlage einer solchen auf Nachhaltigkeit und Personalbindung ausgerich-teten Personalfoumlrderung ist es die erforderlichen Kompetenzen zunaumlchst zu definieren (vgl BrandenburgDomschke 2007 149 ff) Nur dann koumlnnen bei Potenzialanalysen Personalbeurteilungen und Fortbildungsangeboten ndash bei den Instrumenten also die im Kontext der Personalfoumlrderung eingesetzt wer-den ndash diejenigen Aspekte beruumlcksichtigt werden die fuumlr die Organisation als Ganzes wichtig sind Entscheidend ist weiterhin dass weder Analysen und Beurteilungen noch Qualifizierungen lediglich aus Selbstzweck erstellt wer-den Vielmehr sollten die Maszlignahmen und Instrumente als Grundlage fuumlr eine persoumlnliche Karriereplanung aller Mitarbeiterinnen dienen die allen Individuen passende Aufstiegsmoumlglichkeiten eroumlffnet

Im Idealfall basiert darum die Personalfoumlrderung auf einem auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Gesamtkonzept zur Personalentwicklung und folgt dabei einem Leitbild mit dem die Ziele des Traumlgers und seiner Kindertages-einrichtungen sowohl gegenuumlber der Oumlffentlichkeit als auch gegenuumlber den Mitarbeiterinnen kommuniziert werden Aus einem solchen Leitbild lassen sich zum einen Anforderungen des Traumlgers an seine Beschaumlftigten ableiten zum anderen wird geklaumlrt welche Erwartungen die Mitarbeiterinnen an ih-ren Arbeitgeber stellen koumlnnen Auf dieser Grundlage koumlnnen Fortbildungs-moumlglichkeiten und Angebote der persoumlnlichen Weiterentwicklung aufge-baut werden Ein derartiges Gesamtkonzept uumlbernimmt nicht nur eine wich-tige Funktion fuumlr die Personalfoumlrderung sondern bildet daruumlber hinaus die Basis fuumlr ein erfolgreiches Personalmarketing Als exemplarisch fuumlr einen solchen Ansatz wird das im Kasten dargestellte Beispiel von bdquoKonzept-eldquo vor-gestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Leitbilder als Grundlage fuumlr die Personalfoumlrderung ndash das Beispiel von bdquoKonzept-eldquo (KammerlanderRehn 2015)

Das bdquoKonzept-eldquo-Netzwerk ist ein privater Traumlger von gut dreiszligig Kindertagesstaumltten und zwei freien Grundschulen Das Leitbild des Unternehmens wird mit dem Markennamen bdquoElement-ildquo uumlberschrie-ben der sich zusammensetzt aus bdquoElementar(-Paumldagogik)ldquo und dem Ele men taren der Paumldagogik des Unternehmens naumlmlich dem Leit-satz bdquoMenschen bilden sich individuell auf der Grundlage ihrer In-teressen und in Interaktion mit Anderenldquo (die drei Irsquos) Aus einem Leitbild das das Beduumlrfnis von Menschen nach Anerkennung in der Gemeinschaft einerseits und nach Selbstbestimmung andererseits in den Mittelpunkt stellt werden fuumlnf Leitziele abgeleitet ndash Gesundheit als physisches und psychisches Wohlbefinden ndash Autonomie als Einheit von Aufgaben Kompetenz und Verant-

wortung (bdquoAKV-Prinzipldquo) ndash Verbundenheit mit dem Unternehmen als Ganzes im Sinne ge-

genseitiger Hilfe und der Einhaltung von vereinbarten Struktu-ren

ndash Resilienz mit einer offenen und ehrlichen Kommunikations- und Feedback-Kultur

ndash Freude am Vorwaumlrtskommen und an Leistung sowie an intelli-gentem Arbeiten mit flexiblen Problemloumlsungen

Dabei wird davon ausgegangen dass eine gute Qualitaumlt der Arbeit nur mit intrinsisch motivierten und affektiv gebundenen Mitarbeiterinnen realisierbar ist Die Organisationsstrukturen des Unterneh-mens zielen deshalb darauf ab Raum fuumlr leistungsbereite und enga-gierte Teams zu bieten in denen persoumlnliche Verantwortungsuumlber-nahme und Selbstverpflichtung verknuumlpft werden mit dem Gewinn von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit jedes Einzelnen

Das Unternehmen arbeitet mit individuellen Zielvereinbarun-gen wobei gemaumlszlig dem AKV-Prinzip Wert darauf gelegt wird dass jeder Mitarbeiterin vereinbarte Aufgaben uumlbernimmt dafuumlr uumlber die noumltigen persoumlnlichen und fachlichen Kompetenzen die erforder-lichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie uumlber personel-le und materielle Ressourcen verfuumlgt und die Verantwortung fuumlr die

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

413 Kompetenzorientierter Personaleinsatz und Karrierepfade

Personalfoumlrderung ist letztlich vor allem dann wirkungsvoll wenn es Ein-satzorte gibt in denen die hinzugewonnenen Kompetenzen genutzt und die eigenen Faumlhigkeiten entfaltet werden koumlnnen Im Idealfall wird der Perso-naleinsatz so gestaltet dass er die Entwicklungsmoumlglichkeiten des Individu-ums gleichzeitig fordert und foumlrdert Personalfoumlrderung und Personaleinsatz stehen damit in einem wechselseitigen Verhaumlltnis zueinander Mit Blick auf eine demografiesensible Personaleinsatzplanung wird in diesem Zusammen-hang in der Literatur auf die Bedeutung einer bdquoalternsgerechte[n] Laufbahn-gestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 139) hingewiesen die einerseits bestehende Kompetenzen nutzt und weiterentwickelt und andererseits Fehl-beanspruchungen verhindert Das Konzept geht dabei von verschiedenen

Umsetzung uumlbernimmt ndash oder im Falle von Problemen rechtzeitig Unterstuumltzung einfordert

Fuumlr die Erzieherinnen bedeutet dies dass sie ndash im Rahmen eines Konzepts der offenen Gruppenarbeit ndash als gleichberechtigtes Team zusammenarbeiten und bdquoBezugskinderldquo haben bei denen sie fuumlr Auf-gaben wie Eingewoumlhnung Beobachtung Dokumentation oder El-terngespraumlche zustaumlndig sind Daruumlber hinaus sind die Erzieherin-nen nach dem AKV-Prinzip fuumlr weitergehende Aufgaben verantwort-lich so z B fuumlr die Zuteilung der Neuaufnahmen zu Bezugserzieherinnen die Erstellung von Dienstplaumlnen oder als Expertinnen fuumlr einzelne Bildungsbereiche

Fuumlr die Mitarbeiterinnen gibt es ein umfassendes Coaching- und Fortbildungsprogramm das mit dreitaumlgigen Einarbeitungswork-shops und der Begleitung durch einen Patenin in den ersten drei Monaten beginnt Darauf baut eine verbindliche Fortbildungsreihe auf die sieben eintaumlgige Bausteine zu den Leitzielen der Kinderhaumlu-ser und den Bildungsplaumlnen des jeweiligen Bundeslandes enthaumllt An-geboten werden des Weiteren Seminare die eine Spezialisierung fuumlr bestimmte Themen und die Uumlbernahme einer Multiplikatorfunktion ermoumlglichen Teamentwicklungstage in Form von viertaumlgigen Work-shops mit externen Referentinnen und Hospitationen in anderen Kinderhaumlusern des Traumlgers zur Foumlrderung des Austauschs

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Arbeitsplatztypen aus (Einstiegs- Umstiegs- Aufstiegs- Verweil- sowie Aus-stiegsarbeitsplaumltze) denen die vorhandenen Arbeitsplaumltze zugeordnet wer-den Je nach persoumlnlichen Bedarfen und aktuellen Lebenssituationen die auf Basis von bdquoMitarbeiterbeurteilungen Mitarbeitergespraumlchen Entwicklungs-plaumlnen und betriebsaumlrztlichen Empfehlungenldquo (ebd) erhoben werden soll entschieden werden welcher Arbeitsplatz fuumlr die einzelnen Mitarbeiterin-nen geeignet ist

Von besonderer Bedeutung fuumlr aumlltere Beschaumlftigte mit gesundheitlichen Einschraumlnkungen ist es Einsatzmoumlglichkeiten zu schaffen an denen sie so-wohl ihre persoumlnlichen Belastungen reduzieren als auch ihre Kompetenzen zur Geltung bringen koumlnnen In diesem Kontext wird uumlber bdquogesundheitsori-entierte Berufswegekorridoreldquo als Instrument betrieblicher Gesundheitspoli-tik diskutiert (Juumlrgenhake 2015) Hier geht es im Sinne der Praumlvention dar-um Erkrankungen und Leistungsminderungen dadurch vorzubeugen dass den Beschaumlftigten rechtzeitig die Moumlglichkeit geboten wird die eigene Taumltig-keit innerhalb des Unternehmens zu veraumlndern oder den Arbeitsplatz zu wechseln so dass Belastungen reduziert werden Je nach Struktur der Arbeits-plaumltze kann ein solcher bdquoBerufswegekorridorldquo innerhalb einer Organisations-einheit oder uumlbergreifend geplant werden (vgl ebd 151 f) Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit solcher Modelle ergeben sich in der Praxis zum einen aus der Frage der Planbarkeit die in der Regel nicht in dem Maszlige gegeben ist wie es fuumlr eine flaumlchendeckende Implementierung notwendig waumlre (vgl ebd 153) Zum anderen setzt das Modell voraus dass Arbeitsplaumltze mit sehr unter-schiedlichen Anforderungen existieren

bdquoWenn die Belastungen und deren Houmlhe an den Arbeitsplaumltzen nicht hinreichend unterschiedlich sind ergibt eine berufliche Ver-aumlnderung unter Gesundheitsaspekten wenig Sinn Schwierig wird es auch wenn nur wenige deutlich anders bzw gering belastende Ar-beitsplaumltze zur Verfuumlgung stehen aber viele an denen hohe Belas-tungen herrschenldquo (ebd 154)

Ein solcher an einer lebenslagenorientierten Laufbahnplanung ausgerichte-ter Personaleinsatz ist jedoch nicht nur unter der Perspektive der Gesundheit von Bedeutung sondern vor allem auch im Hinblick auf eine kompetenzori-entierte Personalfoumlrderung Relevant fuumlr alle Altersgruppen sind Moumlglichkei-ten des Job-Enrichments und des Job-Enlargements also der inhaltlichen Aufgabenerweiterung Neben einer solchen Aufwertung der von den einzel-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

nen Mitarbeiterinnen aktuell besetzten Arbeitsplaumltze stellt sich zusaumltzlich die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten wobei einerseits Leitungspositionen anderseits Positionen mit erweiterter fachlicher Verantwortung von Interesse sind

bdquoFuumlr jeden Mitarbeiter sollte ein individueller Entwicklungsplan er-stellt werden Notwendige Bestandteile eines solchen Plans sind vor-handene Faumlhigkeiten Entwicklungspotenziale Weiterbildungsbe-darf und moumlgliche Karrierewege Karriere ist dabei nicht gleichbe-deutend mit Aufstieg sondern meint vor allem Fachkarrierenldquo (BrandenburgDomschke 2007 140)

Abbildung 5 zeigt somit zwei unterschiedliche Karrieremodelle

Betrachtet man die Aussagen der Kita-Beschaumlftigten in den Interviews (vgl Kapitel 32) so zeigt sich ein erhebliches Interesse der Mitarbeiterinnen so-wohl an einer fachlichen Weiterentwicklung im Arbeitsfeld als auch daran bestimmte persoumlnliche Staumlrken und Faumlhigkeiten einbringen zu koumlnnen Vie-le Beschaumlftigte formulieren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und diese Arbeit mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung zu kombinieren Besonders zufrieden sind sie dann wenn sie den Eindruck haben ihre Kompetenzen gut nutzen zu koumlnnen Das Fehlen von beruflichen Entwicklungsperspekti-ven fuumlr Erzieherinnen ist darum auch ein gewichtiger Grund fuumlr deren Aus-

Abbildung 5

Karrieremodelle

Quelle nachLuumlthjeKurylas-Mengs 2015

Karrieremodell

Fuumlhrungskarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Fuumlhrungskompetenz

Fachkarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Expertenwissen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

stieg aus dem Beruf Die Befuumlrchtung man koumlnne bdquomit 60 nicht mehr auf dem Bauteppich sitzenldquo (so die Aussage von Befragten) fuumlhrt dazu dass viele Mitarbeiterinnen vermuten ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausuumlben zu koumlnnen Die Installation von Fachkarrieren koumlnnte im Sinne einer nach-haltigen Personalfoumlrderung darum sowohl unter dem Gesichtspunkt gesund-heitsorientierter Berufswegekorridore als auch als Instrument einer Lauf-bahngestaltung von Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen von ho-her Bedeutung sein

Besonders offenkundig wird die Notwendigkeit der Entwicklung solcher Fachkarrieren fuumlr Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung die als Absolventinnen von den in den letzten Jahren entstandenen kindheitspaumlda-gogischen Studiengaumlngen in wachsendem Maszlige auf den Arbeitsmarkt kom-men (vgl Kapitel 24) Befragungen zeigen dass nur ein Teil der Kindheits-paumldagoginnen Leitungsfunktionen anstrebt vor allem wird von Traumlgern und auch von den Absolventinnen selbst die Notwendigkeit gesehen zu -erst Berufserfahrung zu sammeln statt unmittelbar in eine Leitungsfunktion ein zusteigen (vgl Klaudy et al 2014 12 f) Die Arbeit in der Kita als Mitar-beiterin in der Gruppe betrachten viele von ihnen bislang nur als Durch-gangsstation Wenn sie nach ihren beruflichen Perspektiven gefragt werden nennen sie neben der mittelfristig angedachten Uumlbernahme einer Leitungs-funktion einerseits Positionen auszligerhalb der Kita ndash in der Fachberatung in der Wissenschaft in der Aus- und Fortbildung ndash andererseits geben viele von ihnen an dass sie gern weiterhin unmittelbar mit Kindern in der Kita arbei-ten wuumlrden aber diese Taumltigkeit mit anderen Funktionen kombinieren moumlchten Auch hier werden planerisch-gestaltende Funktionen die Arbeit im Management sowie Beratungs- und Lehrtaumltigkeiten genannt (vgl Alter-mann et al 2015 33 ff) Des Weiteren zeigt sich in der Praxis dass Kindheits-paumldagoginnen etwa vor dem Hintergrund von vertieften entwicklungs-psychologischen Kenntnissen in den Teams teilweise Multiplikatorfunktio-nen wahrnehmen (vgl ebd) Finanziell honoriert wird dies allerdings nicht Die Unzufriedenheit damit trotz einer akademischen Ausbildung keine ent-sprechende Verguumltung zu erhalten traumlgt dazu bei dass viele Kindheitspaumlda-goginnen die Kita nur als Ort fuumlr erste Berufserfahrungen aber nicht fuumlr weiterfuumlhrende Perspektiven ansehen (vgl ebd)

Legt man jedoch die Auswertung der Traumlgerbefragungen zugrunde so zeigt sich dass sich Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Beschaumlftigte in Kindertages-einrichtungen ndash ob nun fuumlr Erzieherinnen oder fuumlr Kindheitspaumldagoginnen ndash im Wesentlichen auf die Uumlbernahme von Leitungspositionen beschraumln-ken Selbst diese Aufstiegsmoumlglichkeit wird fuumlr Erzieherinnen zukuumlnftig

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schwieriger weil der Rechtsrahmen zunehmend z B bereits jetzt in Thuumlrin-gen einen Hochschulabschluss fuumlr diese Funktionen voraussetzt Auch bei einem der befragten Traumlger in NRW werden schon heute in dieser Position nur Akademikerinnen eingesetzt Einige Male wird auch die Stellvertre-tungsposition die Gruppenleitung fuumlr groszlige Einrichtungen die Teamleitung als Aufstiegsmoumlglichkeit von anderen der Wechsel in groumlszligere Einrichtungen genannt ndash von der zweigruppigen bis zur achtgruppigen Einrichtung An-sonsten ist die Reaktion der Personalverantwortlichen auf die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Erzieherinnen selbst bei groszligen Traumlgern eher bedauernd und resignativ bdquoDa muss ich aber ehrlich sagen ich habe nicht viele Stellen Also koumlnnen sie sich nur fuumlr sich selber entwickelnldquo Bei kleinen Traumlgern ist diese Situation besonders perspektivlos fuumlr die Beschaumlftig-ten sind diese Stellen doch immer uumlber Jahre vergeben

Teilzeitkraumlften wird die Uumlbernahme von Leitungsaufgaben ganz uumlber-wiegend verwehrt haumlufig mit der Begruumlndung dass allein die Anwesenheits-erfordernisse eine andere Vorgehensweise ausschlieszligen Eine Teilung der Po-sition wuumlrde zudem zu einem hohen Abstimmungsbedarf und somit einem erhoumlhten Zeitaufwand fuumlhren der nicht geleistet werden koumlnne Ein Auf-stieg ist damit fuumlr Erzieherinnen fast uumlberall nur in Vollzeit moumlglich Im Westen ndash insbesondere in Nordrhein-Westfalen ndash bezieht sich diese Haltung der Personalverantwortlichen manchmal sogar auf die Stellvertreterposition und die Gruppenleitung Selbst in Thuumlringen reicht nur bei zwei der fuumlnf befragten Traumlger fuumlr die Kita-Leitung die vollzeitnahe Sockelarbeitszeit aus Die befragten Traumlgervertreterinnen sehen auszligerdem kaum Moumlglichkeiten dass ihre Mitarbeiterinnen ihre persoumlnlichen Kompetenzen fuumlr eine Fach-karriere also einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktionen nutzen koumlnnen der dann auch finanziell honoriert wuumlrde

bdquoFachkarrierenldquo ndash gerade auch im Sinne eines gruppen- oder auch einrich-tungsuumlbergreifenden Einsatzes spezifischer fachlicher Kompetenzen ndash gibt es somit in der Kindertagesbetreuung faktisch kaum eine berufliche Weiterent-wicklung ist meistens mit einem Wechsel des Arbeitsfeldes verbunden Die Struktur des Arbeitsfeldes setzt der Entwicklung von Berufsfeldkorridoren und Fachkarrieren offenbar Grenzen Die im Hinblick auf die Etablierung von Berufsfeldkorridoren genannte Voraussetzung dass unterschiedliche Ar-beitsplaumltze mit unterschiedlichen Belastungsstrukturen vorhanden sein muumls-sen ist somit in der Kindertageseinrichtung auf den ersten Blick nicht zu er-kennen

Die Organisation der Arbeit in einer Kindertageseinrichtung folgt in der Regel einem Egalitaumltsprinzip nach dem alle Mitarbeiterinnen ndash mit Ausnah-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

me der Leitung ndash bei der Arbeit mit den Kindern dieselben Aufgaben erledi-gen (vgl Abschnitt 316) Wenn Einrichtungen mit festen Gruppenstruktu-ren arbeiten werden Unterschiede ndash wenn uumlberhaupt ndash houmlchstens bezogen auf die Altersstruktur definiert Es gibt altersgemischte Gruppen Gruppen fuumlr unter Dreijaumlhrige und Kindergartengruppen (vgl Kapitel 26) In dieser Struktur kann z B auch nur insofern auf Belastungen reagiert werden als Mitarbeiterinnen mit Ruumlckenproblemen eher im Kindergarten- als im U3-Bereich eingesetzt werden damit sie seltener Kinder heben und tragen muumls-sen

Bei einer offenen Gruppenarbeit sind die Spielraumlume groumlszliger Hier koumln-nen Schwerpunktaufgaben festgelegt werden die sich beispielsweise auf die Betreuung eines bestimmten Bildungsbereichs beziehen Auf diese Weise koumlnnen sowohl Belastungen reduziert als auch Moumlglichkeiten des kompetenz- orientierten Personaleinsatzes geschaffen werden In der Traumlgerbefragung wird deutlich dass die Arbeit mit einem offenen Konzept mit Funk tions-raumlumen wie sie bei den Traumlgern vor allem in Thuumlringen und Baden-Wuumlrt-temberg praktiziert wird den kompetenzorientierten Personaleinsatz ndash etwa durch Uumlbernahme eines Bildungsbereiches ndash foumlrdert Viele Traumlger vertreterinnen weisen darauf hin dass man die besonderen Kompetenzen der einzel-nen Mitarbeiterinnen kennt und ndash wenn moumlglich ndash beruumlcksichtigt Teilwei-se wird explizit darauf hingewiesen dass ein ressourcenorientiertes Konzept verfolgt wird nach dem jeder Beschaumlftigte fuumlr die Aufgaben eingesetzt wird fuumlr die sieer sich interessiert In den meisten Faumlllen verlaumlsst man sich jedoch darauf dass sich dies im Alltagsbetrieb der einzelnen Einrichtung regelt Die-se Verantwortungsteilung erschwert die Schaffung von Funktionsstellen und eine motivationsfoumlrdernde Laufbahngestaltung fuumlr die Mitarbeiterinnen in der Kindertageseinrichtung Manchmal wird darauf verwiesen dass diese Kompetenzen in der Personalakte festgehalten seien eine Auswertung gibt es jedoch in den meisten Faumlllen nicht Systematische Ansaumltze finden sich somit selten Ein Traumlgervertreter berichtet dass er dabei sei Zusatzausbildungen (Motopaumldie Heilpaumldagogik systemische Ausbildungen) systematisch zu er-fassen um zu uumlberlegen wie man diese Mitarbeiterinnen gezielter einset -zen kann und ein weiterer erlaumlutert dass man die besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen erhebt und in einer Datenbank festhaumllt so dass darauf zuruumlckgegriffen werden kann Letztlich ist aber festzuhalten dass der kompe-tenzorientierte Einsatz im Wesentlichen in der einzelnen Einrichtung prak-tiziert wird ndash oder eben nicht

Nur bei einigen Traumlgern gibt es vereinzelt Sonderfunktionen bzw Pro-jekte die die Einrichtung von houmlherwertigen Funktionsstellen ermoumlglichen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

wobei einige Personalverantwortliche mit den wahrgenommenen Karriere-interessen ihrer Mitarbeiterinnen durchaus kreativ umgehen Genannt wird neben noch eher verbreiteten Taumltigkeiten als Beauftragte (Kinderschutz Sicherheit Inklusion Fortbildung oder Qualitaumlt) etwa auch diejenige als in-terne Auditorin zur Qualitaumltssicherung die uumlber eine entsprechende Zusatz-ausbildung verfuumlgt Vereinzelt gibt es noch bdquoein paar Funktionen die man versucht selbst zu erfindenldquo so ein Traumlgervertreter wie z B Fortbildungs-referentinnen oder -koordinatorinnen oder Sprecherinnen in der Pfarrei Angesprochen werden in diesem Zusammenhang auch Foumlrderprogramme wie das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo uumlber das einige Mitarbeiterinnen gruppen- bzw einrichtungsuumlbergreifend arbei-ten Am Beispiel dieses Programmes das im Kasten naumlher dargestellt wird lassen sich Potenziale fuumlr Fachkarrieren durch die Nutzung von Multipli-katortaumltigkeiten verdeutlichen

Das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo13

Bundesweit etwa 4000 Kitas erhielten von 2011 bis 2015 im Rahmen dieses Programms eine finanzielle Foumlrderung bdquoim Umfang einer hal-ben Fachkraftstelle mit herausgehobener und schwieriger verantwor-tungsvoller Taumltigkeit (vergleichbar TVoumlD S8)ldquo Verbuumlnde konnten eine volle Stelle bekommen inklusive der dazugehoumlrigen Sach- und Gemeinkosten (z B Lehr- und Lernmittel Fortbildungen Honorare Coaching) Das Programm zielte vor allem auf die Foumlrderung der all-tagsintegrierten Sprachbildung die folgendermaszligen definiert wurde

bdquoUnter alltagsintegrierter sprachlicher Bildung wird eine umfas-sende systematische Unterstuumltzung und Begleitung der natuumlrlichen Sprachentwicklung aller Kinder in allen Altersstufen verstanden die uumlber die gesamte Verweildauer der Kinder in der Kindertageseinrich-tung das Handeln der paumldagogischen Fachkraumlfte waumlhrend der alltaumlg-lichen paumldagogischen Arbeit bestimmtldquo14

Das Konzept der alltagsintegrierten Sprachbildung beinhaltet somit Anforderungen an alle paumldagogischen Fachkraumlfte einer Einrichtung

13 httpsprach-kitasfruehe-chancendeprogrammueber-das-programmrueckschau-schwer-punkt-kitas (Abruf am 18042016)14 wwwfruehe-chancendeinformationen-fuerschwerpunkt-kitas-sprache-integrati-onschwerpunkt-kitasalltagsintegrierte-sprachliche-bildung (Abruf am 18112015)

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die Aufgabe der zusaumltzlichen Fachkraft besteht nicht darin die Sprach-foumlrderung durchzufuumlhren sondern eine Multiplikatorfunktion im Team wahrzunehmen Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf die Beratung Begleitung und fachliche Unterstuumltzung der Kita-Teams fuumlr die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit und die Zusammenar-beit mit den Familien der Kinder sowie auf eine exemplarische sprach-paumldagogische Arbeit mit Kindern insbesondere unter drei Jahren

Das Beispiel des Bundesprogramms zeigt zweierlei Einerseits sind die Moumlg-lichkeiten zur Schaffung von Funktionsstellen im Arbeitsfeld bdquoKindertages-einrichtungldquo insofern begrenzt als es darum geht dass viele Aufgaben im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsbegleitung von allen Erzieherinnen wahrgenommen werden muumlssen und nicht an Spezialkraumlfte delegiert werden koumlnnen Andererseits besteht offenkundig ein Bedarf an erweiterten Qualifi-kationen die im Sinne einer Multiplikatortaumltigkeit in die Einrichtungen ein-gebracht werden Wenn Mitarbeiterinnen in diesem Sinne Spezialwissen einbringen eroumlffnen sich Chancen sowohl fuumlr die Gestaltung von Fachkarri-eren als auch fuumlr die Weiterentwicklung der Arbeit in der Einrichtung insge-samt

Aumlhnliche Konstellationen koumlnnen sich bei anderen Themenfeldern erge-ben So kann es sinnvoll sein dass eine Fachkraft eine fundierte Fortbildung fuumlr die Arbeit mit unter dreijaumlhrigen Kindern absolviert und die anderen Beschaumlftigten in der Einrichtung entsprechend anleitet und beraumlt Auch bei einer Kinderschutzfachkraft wird es zum einen darum gehen dass sie sich einerseits vor dem Hintergrund ihrer speziellen Qualifikation um akute Pro-blemfaumllle kuumlmmert Andererseits wird sie ndash im Sinne der Praumlvention ndash ein-richtungsintern einen Austausch zu Fragen der Kindeswohlgefaumlhrdung or-ganisieren und alle Mitarbeiterinnen insoweit qualifizieren dass diese in der Lage sind Probleme bei den von ihnen betreuten Kindern zu erkennen Fuumlr alle derartigen Multiplikatorfunktionen sind auch einrichtungsuumlbergreifen-de Einsatzmoumlglichkeiten vorstellbar

Bei einem Konzept offener Arbeit kann es in einigen einzelnen Bildungs-bereichen ausreichen wenn eine Fachkraft uumlber eine bestimmte Qualifika-tion verfuumlgt und dann den entsprechenden Bildungsbereich betreut und fuumlr die Angebote verantwortlich ist Dies koumlnnte beispielsweise fuumlr naturwissen-schaftliche Bildung kuumlnstlerische und musische Angebote oder die Bewe-gungserziehung umgesetzt werden Derartige Aufgabenschwerpunkte sind

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im Uumlbrigen nicht nur im Kontext eines kompetenzorientierten sondern auch eines lebensphasenorientierten Personaleinsatzes von Interesse Sie er-moumlglichen naumlmlich z B auch den Einsatz von Mitarbeiterinnen die (etwa bei einem stufenweisen Wiedereinstieg nach einer bdquoBabypauseldquo) eine Teil-zeitloumlsung mit geringer Stundenzahl wuumlnschen ohne dass die Kontinuitaumlt der Betreuung von Kindern leidet (vgl Abschnitt 431)

Andere Schwerpunktaufgaben sind fuumlr eine Reihe organisatorischer An-forderungen vorstellbar So gibt es unter den Familienzentren in Nordrhein-Westfalen die als Kindertageseinrichtungen erweiterte Angebote zur Bera-tung und Unterstuumltzung von Familien in ihrem Sozialraum vorhalten einige Beispiele dafuumlr dass die fuumlr die Funktionsfaumlhigkeit des Familienzentrums notwendigen Aufgaben auf mehrere Mitarbeiterinnen verteilt werden In ei-ner Befragung von 31 Leitungen von Familienzentren die im Fruumlhjahr 2014 durchgefuumlhrt wurde (Stoumlbe-Blossey 2015b) berichtete ein gutes Drittel der Befragten von einer Aufgaben-Aufteilung innerhalb des Teams (auch wenn die Koordinierung meistens bei der Leitung verbleibt) So sind etwa einige Mitarbeiterinnen fuumlr die Betreuung und Organisation von Elterncafeacutes oder von Ausfluumlgen fuumlr Eltern und Kinder zustaumlndig In einigen ndash wenigen ndash Faumll-len geht die Aufteilung uumlber die Uumlbertragung einzelner Aufgaben hinaus und wird zum Organisationsprinzip das die gesamte Einrichtung umfasst bdquoWir haben uns aufgeteilt jede Kollegin hat Schwerpunktbereiche Die eine Kolle-gin hat die Kindertagespflege Die andere Kollegin hat den Schwerpunkt Be-ratungsstellen [hellip] die verweist dann bei Bedarf und hilft Termine vor Ort zu machen Die eine Kollegin ist im Lesebereich zustaumlndig die Kooperation mit der Buumlcherstube rund ums Buch Alles was mit Sprache zu tun hat Die ande-re Kollegin hat den Bewegungsbereich Dass jeder im Team seinen Schwer-punkt hat um das alles mehr zu vernetzenldquo (Stoumlbe-Blossey 2015b 10)

In einer anderen Einrichtung die nach dem Konzept der offenen Arbeit arbeitet wird die Aufteilung der Zustaumlndigkeiten fuumlr Familienzentrumsauf-gaben mit dem paumldagogischen Konzept verknuumlpft bdquoDass wir Zustaumlndigkeits-bereiche haben [hellip] Zum Beispiel fuumlr den Bewegungsbereich haben wir eine Kollegin die arbeitet fuumlnfzehn Stunden die haben wir sozusagen freigestellt Um auch Feste zu organisieren wir machen auch sehr viele sportliche Feste und das nimmt sie ganz in ihre Hand und spricht nur mit uns Dinge ab Eine hat den Babysitterclub Kolleginnen die zustaumlndig sind fuumlr die Tagespflege Wir haben eine Kollegin die besucht einmal im Monat mit Kindern ein Seni-orenheimldquo (ebd)

Die Beispiele zeigen dass es bei naumlherer Betrachtung durchaus Moumlglich-keiten gibt einen kompetenzorientierten Personaleinsatz auch fuumlr Mitarbei-

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terinnen in Kindertageseinrichtungen systematisch zu gestalten und damit gleichzeitig die Arbeit der Einrichtung qualitativ weiterzuentwickeln Damit eroumlffnen sich nicht nur Chancen fuumlr die Realisierung von Fachkarrieren son-dern auch ndash zumindest partiell ndash von gesundheitsorientierten Berufswegekor-ridoren Wenn beispielsweise die erfahrene Fachkraft die Ruumlckenprobleme hat zur Multiplikatorin fuumlr Sprachbildung wird kann sie zumindest teilwei-se von koumlrperlich anstrengenden Taumltigkeiten entlastet werden Eine Differen-zierung von Aufgaben bietet somit gleichermaszligen Potenziale fuumlr die Perso-nalfoumlrderung und fuumlr die Qualitaumltsentwicklung

Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit derartiger Konzepte ergeben sich zum ei-nen aus der Personaldecke einer Einrichtung Hier muss jederzeit genug Per-sonal fuumlr die allgemeine Alltagsarbeit mit den Kindern zur Verfuumlgung stehen was in der Praxis sowohl die Moumlglichkeiten fuumlr die Weiterqualifizierung von Beschaumlftigten als auch fuumlr die Wahrnehmung von Spezialaufgaben einschraumln-ken kann Zum anderen ist die Frage der Zusammenarbeit im Team zu beach-ten Einerseits aumluszligern in Befragungen viele Mitarbeiterinnen den Wunsch ihre besonderen Kompetenzen einsetzen und sich auf diese Weise beruflich weiterentwickeln zu koumlnnen Andererseits spielt fuumlr die Arbeits zufriedenheit auch das Wohlbefinden im Team eine wichtige Rolle Eine Differenzierung von Aufgaben insbesondere wenn sie mit finanziellen Konsequenzen ver-bunden ist kann die Beziehungen innerhalb eines Teams veraumlndern und Konkurrenzsituationen hervorrufen Dieses (potenzielle) Problemfeld ist zu beachten wenn Aufgabendifferenzierungen eingefuumlhrt werden Insofern steht dieses Handlungsfeld in engem Zusammenhang mit Fragen der Team-fuumlhrung und -entwicklung (vgl dazu Kapitel 42)

414 Leistungsorientierte Bezahlung

Nun sind der kompetenzorientierte Einsatz und die daraus zu entwickelnde Laufbahngestaltung die eine Seite des Themas Die andere Seite betrifft die Nutzung der fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen fuumlr eine wirk-liche Fachkarriere also fuumlr einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktion der dann im Sinne einer leistungsorientierten Bezahlung auch finanziell hono-riert wird

Zunaumlchst bleibt grundsaumltzlich zu uumlberlegen inwieweit ein kompeten z-orientierter Personaleinsatz mit finanziellen Konsequenzen fuumlr die Beschaumlf-tigten verknuumlpft sein kann und soll Zweifellos kann man von einer bdquoFach-karriereldquo nur dann sprechen wenn die persoumlnliche Weiterentwicklung auch

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eine finanzielle Weiterentwicklung mit sich bringt Bei der Planung von gesundheitsorientierten Berufswegekorridoren muss dies hingegen nicht zwangs laumlufig gegeben sein Wenn es um einen kompetenzorientierten Ein-satz geht kann allein die Moumlglichkeit motivationsfoumlrdernd sein sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren zu koumlnnen die man besonders gut be-herrscht fuumlr die man Anerkennung im Team erhaumllt und die man somit gern erledigt Je staumlrker bestimmte Aufgaben jedoch spezielle Qualifikationen er-fordern die manchmal in umfassenden Weiterbildungen erworben wurden desto staumlrker ausgepraumlgt wird auch das Beduumlrfnis der Mitarbeiterinnen nach einer finanziellen Anerkennung ihrer Leistung sein

Dafuumlr gibt es in der Praxis zwei Moumlglichkeiten Zum einen koumlnnen soweit die jeweiligen tariflichen Rahmenbedingungen dies ermoumlglichen Funktionsstellen mit einer entsprechend houmlheren Eingruppierung definiert werden Zum anderen kann das ndash ebenfalls in Tarifvertraumlgen in unterschied-licher Form enthaltene ndash Instrument der Leistungszulagen genutzt werden

Obwohl haumlufig die Moumlglichkeit besteht einen Teil der Gehaltssumme leistungsorientiert zu vergeben (z B 2 Prozent) wird bei den befragten Trauml-gern davon nur selten Gebrauch gemacht Knapp die Haumllfte der befragten Traumlger setzt keine leistungsorientierten Elemente bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen ein Bei sechs der Befragten werden die zur Verfuumlgung ste-henden Mittel nach dem bdquoGieszligkannenprinzipldquo gleichmaumlszligig auf alle Mitar-beiterinnen verteilt also de facto nicht leistungsorientiert genutzt Einige dieser Interviewpartner bedauern die Regelungen wenn diese z B fuumlr alle kommunalen Beschaumlftigten gelten sehen selbst aber keine Moumlglichkeit an diesen Rahmenbedingungen fuumlr das Aufgabenfeld Kindertageseinrichtung etwas zu aumlndern Bei einem Traumlger werden 80 Prozent der fuumlr eine Leistungs-orientierung vorhandenen Mittel in Form einer Sockelpraumlmie gleichverteilt und immerhin die restlichen 20 Prozent als Zusatzpraumlmie fuumlr bdquoallerbeste Mit-arbeiterinnenldquo vergeben In drei Faumlllen gibt es Zulagen z B fuumlr heilpaumldago-gische Taumltigkeiten fuumlr die Arbeitserschwernis in Brennpunkt-Kitas oder fuumlr die Dauer der Beteiligung an einem Projekt Ein Personalverantwortlicher gibt an die zur Verfuumlgung stehenden Mittel nicht fuumlr die Gehaumllter sondern zur Finanzierung von betrieblichen Programmen zu nutzen wie z B fuumlr eine uumlbergangsweise Pflege von Angehoumlrigen oder hauswirtschaftliche Un-terstuumltzung von Mitarbeiterinnen durch traumlgereigene Dienste um damit be-sondere Belastungssituationen eigener Beschaumlftigter gezielt abzufedern

Sechs Personalverantwortliche berichten dass zur Vergabe leistungsori-entierter Mittel eine Personalbeurteilung ndash meistens im Rahmen der regelmauml-szligigen Mitarbeitergespraumlche ndash erfolgt und dazu ein Punktesystem bzw ein

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Kompetenzbeurteilungsbogen genutzt wird Auf dieser Basis werden dann Zulagen z B fuumlr eine Anleitertaumltigkeit gezahlt Die Verfahren sind unter-schiedlich umfangreich gestaltet (zwischen drei und sechzehn Leistungskri-terien) Bei einem Traumlger befindet sich ein solches Verfahren in der Erpro-bungsphase bei einem weiteren wurde die urspruumlnglich geplante Nutzung einer Erzieherinnen-Einschaumltz-Skala aufgegeben Drei Befragte bewerten diese Instrumente sehr kritisch bdquoDas System ist kompliziert und ineffektivldquo bdquoDer Aufwand war gigantischldquo bdquoSelbstverstaumlndlichkeiten anstelle besonderer Leistungen werden nun fuumlr einen Teil der Mitarbeiterinnen zusaumltzlich ho-noriertldquo Lediglich einer der Personalverantwortlichen aumluszligert sich positiver Fuumlr die Vergabe der Praumlmien gebe es zwar nur geringe Spielraumlume denn der Traumlger duumlrfe dadurch nicht mehr Personalkosten verursachen aber bdquoje nach-dem wie jemand agiert kann mehr entlohnt werdenldquo

Die in den Tarifvertraumlgen des Oumlffentlichen Dienstes und der groszligen Trauml-gerverbaumlnde enthaltenen Moumlglichkeiten werden also auf unterschiedliche Weise genutzt Auf ein etwas groumlszligeres Interesse stoszligen Funktionszulagen die nicht auf einer individuellen Leistungsbewertung sondern auf der Uumlbernah-me von besonderen Aufgaben beruhen Im Allgemeinen sehen die befragten Traumlger dafuumlr ebenso wenig Moumlglichkeiten wie fuumlr eine Houmlhergruppierung was nicht erstaunlich ist wenn man sich exemplarisch die Tarifstrukturen im Oumlffentlichen Dienst (vgl Kapitel 25) anschaut Hier hat fast ausschlieszliglich der Aufstieg in Funktionen der Leitung und der stellvertretenden Leitung finanzielle Auswirkungen Die bdquoschwierigen Taumltigkeitenldquo die bisher einen Aufstieg von der Gruppe S6 in die Gruppe S8 und seit Juli 2015 von S8a nach S8b ermoumlglichen sind laut Protokollnotiz eng definiert Sie beziehen sich vor allem auf den Einsatz in Gruppen von Kindern mit unterschiedlichen Formen von Behinderung und besonderem Foumlrderbedarf daruumlber hinaus auf die allein verantwortliche Betreuung von Gruppen beispielsweise in Randzei-ten15 Zustaumlndigkeiten fuumlr bestimmte Schwerpunktaufgaben oder der Einsatz in speziellen Bildungsbereichen sind in der Protokollerklaumlrung nicht erfasst Die Ergebnisse der Tarifauseinandersetzungen 2015 haben an dieser Situati-on nichts geaumlndert sondern im Gegenteil die Differenzen zwischen Erzieherinnen im Allgemeinen und solchen mit bdquoschwieriger Taumltigkeitldquo reduziert Fuumlr Traumlger die unter solchen tariflichen Rahmenbedingungen arbeiten ist die Entwicklung von Fachkarrieren ein schwieriges Unterfangen Hinzu kom-

15 httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsueentgeltordnung-protokollerklaerunghtml (Abruf am 18042016)

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men die finanziellen Rahmenbedingungen der Kita-Gesetze der Bundeslaumln-der Die Refinanzierung der Gehaltskosten uumlber die Zuschuumlsse von Laumlndern und Kommunen sieht in der Regel keinen Spielraum fuumlr Funktionsstellen vor

Insgesamt scheint diese Form der leistungsorientierten Bezahlung bei den im Projekt KONTI befragten Traumlgern keine groszlige Rolle im Sinne einer Motivationsfoumlrderung von Beschaumlftigten zu spielen Im Kontext der Personal-beurteilung wird ihr aus der Sicht von Traumlgern und Beschaumlftigten offenkun-dig nur ein sehr begrenzter Stellenwert zugeschrieben Im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Personaleinsatz koumlnnte nach den hier vorgestellten Uumlberlegungen fuumlr eine Fachkarriere jenseits von Leitungsfunktionen eine Louml-sung darin bestehen dass die Vergabe von tariflich vorgesehenen leistungs-orientierten Entgeltbestandteilen nicht an bestimmte Beurteilungen son-dern an die Uumlbernahme bestimmter Aufgaben geknuumlpft wird In dieser Form koumlnnte sie einen ergaumlnzenden Stellenwert innerhalb eines Personalentwick-lungskonzepts erhalten

42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung

Allgemein wird unter Fuumlhrung die psychologische und soziale Faumlhigkeit ei-ner Person im Umgang mit Menschen verstanden Fuumlhrung kann dabei als Prozess definiert werden bei dem eine Person bestimmte Standards und Er-wartungen formuliert die das Verhalten von Menschen beeinflussen (vgl StremelUlber 2014 62) Fuumlhrung bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Arbeitsbereichen die eine Zusammenarbeit mit Personen erfordert Betrof-fen sind hiervon Personalplanung und -einsatz Personalfuumlhrung und -pflege und ebenso Personalentwicklung und -controlling einzelner Mitarbeiterin-nen sowie des Teams als Ganzes Daruumlber hinaus beinhaltet sie aber auch wei-tere Taumltigkeitsfelder wie z B die paumldagogische Leitung Qualitaumltssicherung Administration und Oumlffentlichkeitsarbeit Von wachsender Bedeutung ist da-bei auch das Gesundheitsmanagement

Die Fuumlhrungsverantwortung im Hinblick auf Kindertageseinrichtungen liegt somit zunaumlchst bei ihrem Traumlger Viele Elemente der Fuumlhrung werden jedoch von den Leitungskraumlften der einzelnen Einrichtungen wahrgenom-men (vgl Kapitel 33) die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist somit Fuumlhrungskraft Ihre Rolle ist daruumlber hinaus im alltaumlglichen Betrieb von be-sonderer Bedeutung Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Traumlgerstruktur um eine Position auf der mittleren Fuumlhrungsebene angesichts der dezentra-len Organisation ist die Kita-Leitung jedoch in der Praxis die zentrale Vertre-

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tung des Arbeitgebers in der einzelnen Einrichtung organisiert den Perso-naleinsatz vor Ort und praumlgt den Alltag im Team Der Traumlger gibt dafuumlr die Rahmenbedingungen vor und hat Fuumlhrungsaufgaben gegenuumlber den Kita-Leitungen wahrzunehmen

In diesem Kapitel werden zunaumlchst einige grundlegende Uumlberlegungen zum Verhaumlltnis zwischen dem Traumlger einerseits und der Einrichtungsleitung als Fuumlhrungskraft auf der mittleren Ebene andererseits angestellt (Ab-schnitt 421) Darauf aufbauend geht es im Anschluss um Fragen der Team-entwicklung (Abschnitt 422) und ein traumlgergestuumltztes Monitoring der Ein-richtungen (Abschnitt 423) Abschlieszligend werden Fragen des Gesundheits-managements als Fuumlhrungsaufgabe thematisiert (Abschnitt 424)

421 Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Einrichtungsleitungen

Eine mitarbeiterorientierte Personalfuumlhrung zielt auf eine moumlglichst hohe Mitarbeiterzufriedenheit und basiert zunaumlchst auf Fuumlhrungsgrundsaumltzen die das Handeln von Fuumlhrungskraumlften entsprechend leiten sollen Wertschaumltzung ist dabei im doppelten Sinne ein wichtiges Element eines ressourcenorien-tierten Fuumlhrungsstils Ziel ist es dabei den Mitarbeiterinnen eine Anerken-nung fuumlr ihre Leistungen zukommen zu lassen die fuumlr die Arbeit motiviert und die persoumlnlichen Staumlrken foumlrdert Dabei geht es sowohl um fachliche An-erkennung als auch um persoumlnliche Wertschaumltzung Daneben ist es im Sinne der Personalbindung fuumlr jedes Unternehmen ndash also auch fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash von Bedeutung die individuellen Werte seiner eigenen Mit-arbeiterinnen zu kennen um potenzielle Konflikte zwischen den Werten des Unternehmens also des paumldagogischen Konzepts der Einrichtung und denen des Traumlgers zu erkennen und Loumlsungen zu suchen

bdquoDie emotionale Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern entsteht dann wenn die gelebten Unternehmenswerte weitgehend identisch sind mit den priorisierten Werten der Mitar-beiter Dieser Effekt wird noch verstaumlrkt wenn die Mitarbeiter einen gewissen Freiraum bei ihrer Arbeit haben und dadurch ihre Werte auch verwirklichen koumlnnenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 85)

Von den Personalverantwortlichen der befragten Traumlger wird die Aufgabe der Personal- und Teamfuumlhrung weitgehend in die Haumlnde der Einrichtungs-

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leitungen gelegt Die Beschaumlftigtenbefragungen zeigen dass dies in den meis-ten Einrichtungen gut funktioniert Wo dies allerdings nicht der Fall ist ent-steht ein hohes Belastungsempfinden so dass die Qualitaumlt der Teamfuumlhrung aus Traumlgerperspektive nicht dem Zufall uumlberlassen werden sollte Insofern er-scheint eine gezielte Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Leitungen als notwendig d h der Traumlger als letztlich Verantwortlicher sollte einerseits Steuerungsmoumlglichkeiten wahrnehmen und andererseits die Fuumlhrungskraumlfte in der Kita ndash auch im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements ndash ge-zielt unterstuumltzen und entlasten

Nach einem Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtun-gen (Fhtenakis et al 2003) gehoumlrt das Personalmanagement zu den originauml-ren Aufgaben des Traumlgers Nach der bdquoTQ-Dimension 4 Personalmanage-mentldquo zaumlhlt dazu neben Personalplanung Personalentwicklung -controlling und -verwaltung auch die Personalfuumlhrung Als Voraussetzung fuumlr ein gelin-gendes Personalmanagement wird dort ein Personalkonzept angesehen das verbindliche Formen der Kompetenzverteilung zwischen dem Traumlger der Leitung und dem Mitarbeiterteam definiert und die Zusammenarbeit zwi-schen Beteiligten regelt (vgl Oberhuemer et al 2003 33) Der Traumlger ist dar-um gefordert seine Fuumlhrungskraumlfte bei der Ausuumlbung der Personalverant-wortung in den Kitas vor Ort zu unterstuumltzen Die Beispiele im Kasten koumln-nen diese Aufgabe naumlher veranschaulichen

Unterstuumltzungsbedarfe der Fuumlhrungskraft (Lange 2015)

ndash einschlaumlgiges Wissen und anwendungsfaumlhige Kenntnisse in den Bereichen Teamentwicklung Kommunikation Moderation und Konfliktloumlsung

ndash ausreichende Zeitressourcen fuumlr die Teamentwicklung Betroffen sind davon insbesondere bdquonicht freigestellteldquo Leitungen Ihnen fehlt es besonders dann an Zeit fuumlr die Teamentwicklung wenn sie etwa wegen eines hohen Krankenstandes als bdquoVertretungs-kraftldquo in den Gruppen fungieren

ndash Schutz und Unterstuumltzung durch den Traumlger in krisenhaften Situ-ationen

ndash professioneller Reflexionsrahmen zur Entlastung Absicherung Staumlrkung von Rollen-Klarheit und Vorbildfunktion etwa durch Einzel- oder Gruppensupervision kollegiale Beratung oder Inter-vision bzw austauschbasierte Fortbildungen

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In der Leitungsbefragung im Projekt KONTI zeigt sich jedoch (vgl im Fol-genden Koumlhling 2015) nur knapp die Haumllfte der Befragten sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung durch den Traumlger die anderen Befragten haben unter-schiedliche Einschaumltzungen von bdquomit Einschraumlnkungen gut unterstuumltztldquo bis hin zu bdquonicht ausreichend unterstuumltztldquo Lediglich hinsichtlich der Bereitstel-lung von Fachinformationen undoder Konzepten fuumlhlen sich die meisten Befragten gut ausgestattet Eine besondere Unterstuumltzungsfunktion uumlber-nimmt hier das Qualitaumltsmanagement das vor allem von Traumlgern mit meh-reren Einrichtungen und von privat-gewerblichen Traumlgern genutzt wird und uumlber das viele Materialien zur Strukturierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt werden Als wichtige Bedingungen fuumlr eine gute Zusammenarbeit werden von den befragten Fuumlhrungskraumlften in den Einrichtungen vor allem genannt ndash eine klareDefinitionvonAufgabenundBefugnissen innerhalb derer Leitun-

gen flexibel handeln koumlnnen dies wird von ca drei Vierteln der befragten Leitungen als wichtig fuumlr ihre Arbeit erachtet

ndash eine guteAnsprechbarkeitdesTraumlgers die regelmaumlszligige Termine als auch in-dividuelle Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme mit der Moumlglichkeit zur Kommunikation und Information genauso umfasst wie die Moumlglichkeit zum Austausch bei Treffen mit anderen Leitungen

ndash die BereitschaftzumZuhoumlren inklusive Verstaumlndnis und Wertschaumltzung fuumlr die geleistete Arbeit

ndash kurze Verwaltungs- bzw Entscheidungswege mit Einhalten von Terminen und Absprachen (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern da stehen um-fallenldquo) bzw allgemein Ruumlckhalt durch den Traumlger (bdquoWenn der Traumlger nicht hinter mir steht bei einer Entscheidung oder einer Aussage die ich treffe dann geh ich hier unterldquo)

ndash UnterstuumltzungdurchfinanzielleRessourcenAusstattungService bdquoMehr Per-sonal und mehr Handlungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Un-terstuumltzungldquo

Aus den bei den Befragungen im Projekt KONTI genannten Problemen und Defiziten lassen sich Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen ablei-ten Sie reichen von klarer definierten Traumlgerprofilen und -zustaumlndigkeiten auf der einen und Leitungsprofile und Arbeitsplatzbeschreibungen auf der anderen Seite uumlber eher bdquoweicheldquo ndash aber sehr zentrale ndash Faktoren einer besse-ren Anerkennung und Wertschaumltzung der Arbeit von Leitungen allgemein

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und insbesondere auch durch den jeweiligen Traumlger bis hin zu professionelle-ren Vorstaumlnden die uumlber die Belange von Kindertageseinrichtungen infor-miert sind Geeignete Loumlsungsansaumltze des Traumlgers bieten sich hier vor allem in Form von Fortbildungen an die im Sinne einer gezielten und kontinuier-lichen Personalentwicklung fuumlr Leitungen zur Unterstuumltzung der Taumltigkeit insgesamt und insbesondere eines qualifizierten Fuumlhrungsverhaltens beitra-gen koumlnnen

Einige Traumlger bieten ihren Leitungskraumlften entsprechende Schulungs-maszlignahmen an bei einigen ist dies sogar mit einer Teilnahmeverpflichtung verbunden So gibt es bei einem kommunalen Traumlger beispielsweise eine Fortbildungsreihe zum systemischen Fuumlhren die ihren Ursprung in der Er-kenntnis hat dass sich (stellvertretende) Leitungskraumlfte durch das Fuumlhren und Leiten ihrer Mitarbeiterinnen sehr belastet fuumlhlen Bei einem anderen kommunalen Traumlger gibt es einmal im Vierteljahr einen Leitungslehrgang mit sechs Modulen deren Umsetzungserfahrungen im Abstand von sechs Wochen durch eine zweitaumlgige Supervision zur Bearbeitung und Reflexion ergaumlnzt werden

Des Weiteren koumlnnen insbesondere ndash aber nicht nur ndash bei Leitungen die die Bedeutung von Sozialkompetenzen in den Mittelpunkt stellen Stellen- und Aufgabenbeschreibungen zu den Inhalten einer Leitungstaumltigkeit zur Schaumlrfung des Selbstbildes beitragen Bei vielen Traumlgern existieren allgemei-ne Stellenbeschreibungen fuumlr die Erzieherinnen bzw Leitungsstellen Im Sinne einer Aufgabenbeschreibung werden sie aber kaum genutzt obwohl sie den Blick fuumlr die Vielfalt der Aufgaben und Kompetenzbereiche weiten und damit zur Professionalisierung der Arbeit beitragen koumlnnen Auf diesem Weg kann eine Klaumlrung des Leitungsprofils fuumlr alle Beteiligten unterstuumltzt werden damit solchen Aussagen die Grundlage entzogen wird bdquoMir wird manchmal unterstellt Was machst Du denn den ganzen Tag Da krieg ich dann echt ein schlechtes Gewissen Ich kann nichts vorzeigen manchmal ich bin immer in Aktionldquo

Das Anforderungsprofil fuumlr Leitungen von Kindertageseinrichtungen eines der im Projekt KONTI befragten kommunalen Traumlger in NRW bein-haltet beispielsweise folgende Kompetenzbereiche Personalfuumlhrungs kom - pe tenz persoumlnliche Kompetenz (Integritaumlt und Grundhaltung) soziale Kompetenz (Kommunikations- und Interaktionskompetenz) Veraumlnderungs-kompetenz strategische Kompetenz Fach- Dienstleistungs- und Marketing-kompetenz Andere Traumlger gehen nicht von Kompetenzen aus sondern defi-nieren konkrete Aufgaben wie die folgende Stellenbeschreibung fuumlr die Lei-tung einer Kita in kirchlicher Traumlgerschaft zeigt Nach dieser Beschreibung

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

umfasst die Leitungstaumltigkeit nachfolgende Aufgabenbereiche die jeweils durch eine Reihe von Unterpunkten spezifiziert werden16

1 Fuumlhrungsverantwortung und Personalentwicklung2 administrative Taumltigkeiten3 Konzeptions- und Qualitaumltsentwicklung4 Zusammenarbeit mit den Eltern5 Zusammenarbeit mit dem Traumlger6 Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde7 Oumlffentlichkeitsarbeit8 Gebaumlude Inventar und Arbeitssicherheit9 hauswirtschaftliche Aufgaben

Werden Anforderungen an die Leitungsfunktion in dieser Weise deutlich ge-macht kann das Selbstmanagement unterstuumltzt werden Es kann z B deut-lich werden wo Fortbildungsbedarf besteht um den Anforderungen gerecht werden zu koumlnnen wo eventuell das eigene Fuumlhrungsverhalten (weiter)ent-wickelt werden muss um unterschiedlichen Erwartungen begegnen zu koumln-nen oder welche physischen und psychischen Beanspruchungen bestehen und welche Gesundheits-Maszlignahmen ggf ergriffen werden sollten um die eigene Leistungsfaumlhigkeit zu erhalten

Zur Klaumlrung des eigenen Selbstbilds bei der Wahrnehmung der Leitungs-funktion koumlnnen daruumlber hinaus eine Analyse der eigenen Ressourcen (Moti-vation Ziele Belastungsempfinden etc) und der vorhandenen Rahmenbe-dingungen (Traumlger Kinder Personal Finanzen Raumlumlichkeiten Leitbilder etc) sowie der damit verbundenen Aufgaben beitragen Zu Ersterem der Vergewisserung eigener Ressourcen und Moumlglichkeiten koumlnnen Leitungs-schulungen dienen die sinnvollerweise bereits vor der Uumlbernahme einer ent-sprechenden Taumltigkeit erfolgen sollten Fuumlr den Traumlger haben derartige Schu-lungen daneben den Vorteil dass damit eine gezielte Auswahl von Leitungs-kraumlften sowie eine laumlngerfristige Personalplanung unterstuumltzt werden koumln-nen

Der Leitungslehrgang eines der im Projekt KONTI befragten kommuna-len Traumlger der als Zielgruppen neben Leitungskraumlften und ihren Stellvertre-tungen auch Personen einbezieht die an der Leitungsfunktion interessiert sind umfasst beispielsweise neun Module mit ein- bis zweitaumlgigen Work-

16 httpkitas-kgvdefileadminredakteure1_Familie_und_KinderpdfStellenbeschreibung_Leitung_KGV-Kitapdf (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

shops im Abstand von sechs Wochen Die Module enthalten folgende In-halte1 erfolgreiches Fuumlhren2 Gespraumlche konstruktiv gestalten und das Foumlrder- und Beratungsgespraumlch

als Chance nutzen3 souveraumlne Steuerung von Besprechungen und Moderationen4 Zeitmanagement und Verwaltungsorganisation5 Dienstplangestaltung6 die Beurteilung als Fuumlhrungsinstrument und ihre rechtliche Wirkung7 Erziehungspartnerschaft mit Eltern8 Grundzuumlge des Personalrechts9 Ziele Strategien und Strukturen des Jugendamtes

Leitungsschulungen unterstuumltzen durch die Aneignung von Wissen und Methoden zu Mitarbeiterfuumlhrung Personalentwicklungs- oder Qualitaumlts-sicherungsinstrumenten aber nicht allein die Kompetenzentwicklung der Fuumlhrungskraumlfte selbst sondern bieten auf diesem Wege auch Moumlglichkeiten Personalentwicklungsmaszlignahmen fuumlr das Mitarbeiterinnen-Team zu uumlber-pruumlfen und ggf zu verbessern

422 Teamfoumlrderung und Teamentwicklung

Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen erfolgt in Teams Von einem Team wird gesprochen wenn alle Mitglieder einer Grup-pe auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind und jedes Teammitglied entsprechend seiner Faumlhigkeiten bzw seiner zugeschriebenen Rolle einen Teilbeitrag zum Ganzen leistet (vgl Birker 2000 154) Die Teamarbeit wird besonders in Arbeitsfeldern sozialer Dienstleistungen favorisiert da die Be-schaumlftigten dem jeweiligen Arbeitsauftrag z B vor dem Hintergrund einer gestiegenen Komplexitaumlt von Prozessen wachsender Anforderungen an Fle-xibilitaumlt sowie der notwendig gewordenen Koordination von zunehmend spezialisiertem Wissen im Team besser gerecht werden koumlnnen als dies in traditionell hierarchischen Organisationsstrukturen moumlglich ist Gerade auch bei einem erhoumlhten Effektivitaumlts- und Effizienzdruck hervorgerufen durch Sparmaszlignahmen bei gleichzeitigem Anstieg an Qualitaumltsanforderungen wird der Gemeinschaft von Mitarbeiterinnen ein groszliges koordinierendes Potenzial zugeschrieben da durch die enge Zusammenarbeit eine emotional bindende und den Einzelnen anspornende Wirkung entsteht (vgl BalzSpieszlig

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

2009 14) Studien zur Evaluation der Qualitaumlt fruumlhpaumldagogischer Angebote belegen daruumlber hinaus dass die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen mit der Kooperation im Team Auswirkungen auch auf die Qualitaumlt der paumldagogi-schen Angebote die Interaktionsqualitaumlt mit den Kindern und auf die Grup-penatmosphaumlre hat (vgl Honig et al 2004)

Die Aufgabe der Leitung von Kindertageseinrichtungen liegt somit nicht nur in der Fuumlhrung der einzelnen Mitarbeiterinnen sondern vor allem in der Fuumlhrung ihres gesamten Teams Dabei hat sie zunaumlchst sicherzustellen dass der paumldagogische Auftrag fachgerecht umgesetzt wird Damit die dazu erforderlichen Aufgaben von ihren Mitarbeiterinnen gut und verlaumlsslich er-ledigt werden hat sie gleichzeitig dafuumlr Sorge zu tragen dass eine foumlrderliche Arbeitssituation und Arbeitsatmosphaumlre entstehen kann Dies bestaumltigte sich gerade auch bei der Beschaumlftigtenbefragung im Projekt KONTI (vgl Ab-schnitt 324) Arbeitsmotivation und -zufriedenheit in der Kindertagesein-richtung steht und faumlllt mit einer guten Zusammenarbeit im Team und ei-nem guten Verhaumlltnis der Mitarbeiterinnen zur Leitung Auf dieser Basis ist der Arbeitsalltag ndash bei allen auftretenden Schwierigkeiten ndash von allen gut zu bewaumlltigen Das Zusammengehoumlrigkeitsgefuumlhl staumlrkt daruumlber hinaus die Identifikation mit der Einrichtung den eigenen Arbeitsaufgaben und nicht zuletzt mit den Kindern und deren Familien Die Teamfuumlhrung nimmt dar-um ndash auch aus der Sicht der Leitungskraumlfte selbst ndash im Alltag den groumlszligten Raum im Arbeitsfeld der Kita-Leitung ein

In diesem Sinne ist es auch Aufgabe von Leitung alle Mitarbeiterinnen zu beteiligen die individuellen Beduumlrfnisse der Einzelnen zu beruumlcksichtigen und dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen Hier stets einen gerechten Interessenausgleich herbeizufuumlhren wird zu einer sensiblen Aufgabe die viel Empathie und Fingerspitzengefuumlhl erfor-dert Teamfuumlhrung benoumltigt regelmaumlszligig komplexe Abstimmungsprozesse und transparente Entscheidungen mit denen die Teammitglieder in ihrem Arbeits- und Familienleben gut zurechtkommen und mit denen Konflikte im Vorfeld vermieden werden koumlnnen

Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass die Teams in Kindertageseinrichtun-gen durch eine wachsende Heterogenitaumlt gekennzeichnet sind Im Projekt berichteten Leitungen von einer Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Al-tersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Faumlhigkeiten Berufen Kompeten-zen bis hin zu unterschiedlichen Ausbildungen und Einstiegsvoraussetzun-gen in den Beruf (z B Erstberuf und Quereinstieg) sowie unterschiedlichen Nationalitaumlten und Familiensituationen Eine groszlige Vielfalt im Team wird von den befragten Leitungskraumlften uumlberwiegend als besonderer Vorteil fuumlr

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

die Arbeit mit Kindern angesehen die fuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen benoumltigen

Die Vielfalt im Team kann andererseits z B durch eine breite Altersmi-schung eine multiprofessionelle Zusammensetzung oder partielle Akademi-sierung Konflikte aufwerfen die sich etwa in Hierarchiedenken Konkurrenz und unklarer Arbeitsteilung aumluszligern Der professionelle Umgang mit den da-raus resultierenden Konflikten sowie der Entwicklung und Foumlrderung des Personals und des Teams setzt nicht nur ein Wissen uumlber die jeweils spezifi-schen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten voraus sondern fordert von der Perso-nal- und Teamfuumlhrung auch besondere Kompetenzen um unter Beruumlcksich-tigung der verschiedenen Beduumlrfnisse und Ansichten der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen auf dem Wege der Aushandlung Win-Win-Situationen zu gestalten Je heterogener ein Team zusammengesetzt ist desto wichtiger wer-den darum Kommunikationskultur Konzeptionsentwicklung Personalorga-nisation und Qualitaumltssicherung

Im Hinblick auf eine demografiesensible Personalwirtschaft wird unter dem Aspekt der Vielfalt im Team vor allem die Bildung von altersgemischten Teams diskutiert (vgl BrandenburgDomschke 2007 185) damit juumlngere Be-schaumlftigte von den Erfahrungen der Aumllteren und Aumlltere von dem neuen Wis-sen und den neuen Ideen Juumlngerer profitieren koumlnnen (vgl Deller et al 2008 81 f) Im Zusammenhang mit der Teamentwicklung entstehen hier aber auch Herausforderungen im Umgang mit aumllteren Mitarbeiterinnen Vorur-teile sind oft weit verbreitet (vgl ebd 80)

Waumlhrend die Leistungsfaumlhigkeit mit zunehmendem Alter in manchen Bereichen (z B koumlrperliche Leistungsfaumlhigkeit Geschwindigkeit der Infor-mationsaufnahme und Risikobereitschaft) eher abnimmt zeigen sich auch Bereiche in denen sie gleich bleibt (z B Leistungs- und Zielorientierung Entscheidungsfaumlhigkeit und psychisches Durchhaltevermoumlgen) oder sogar zunimmt Beispiele sind Expertenwissen Urteilsfaumlhigkeit und Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein (vgl Bruggemann 2000)

Auf der anderen Seite zeigt sich im Alltag der Arbeit auch dass die Aus-uumlbung des Erzieherinnen-Berufs groszlige Freiraumlume und vielfaumlltige Entwick-lungsmoumlglichkeiten bietet die uumlber die Jahre und in der Summe positive Auswirkungen haben koumlnnen Gerade der Zuwachs an persoumlnlichen und be-ruflichen Erfahrungen sowie an Sicherheit kann einen Gewinn fuumlr das ge-samte Team darstellen

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bdquoWenn die Verschiedenheiten ndash persoumlnlich und fachlich ndash auf der Basis relevanter Gemeinsamkeiten stattfinden kann wird ein alters-gemischtes Team als Bereicherung fuumlr alle Beteiligten erlebt Das Verstaumlndnis fuumlr die Lebenssituation und Arbeitsweise des jeweils an-deren kann helfen individuelle Staumlrken zielfoumlrdernd einzusetzenldquo (Weiser 2013)

Dabei korrespondiert die Einschaumltzung der Leistungsfaumlhigkeit und Belastbar-keit von aumllteren Mitarbeiterinnen auch mit der jeweiligen Unternehmens-kultur (vgl BrandenburgDomschke 2007 112) Deshalb muumlssen bdquoUnterneh-mensleitung Fuumlhrungskraumlfte und Arbeitnehmervertretung [hellip] im Rahmen einer wertschaumltzenden Unternehmenskultur deutlich machen dass auch aumllte-re Mitarbeiter im Unternehmen unverzichtbar und fuumlr das Unternehmen wertvoll sindldquo (ebd) Diese Forderungen betreffen unterschiedliche Ebenen

ndash bdquoBewusstseinsschaffungSensibilisierung bei Management (Fuumlhrungskraumlf-ten) und Arbeitnehmervertretung

ndash Staumlrkung des Selbstbewusstseins aumllterer Mitarbeiter ndash Korrektur von Erwartungshaltungen bei aumllteren Mitarbeiternldquo (Branden-

burgDomschke 2007 112)

Als Leitungs- und Traumlgeraufgabe ergibt sich daraus die Anforderung fuumlr eine Atmosphaumlre und Haltung im Team zu sorgen in der die entsprechenden In-teressen Staumlrken sowie Schwaumlchen von jungen und aumllteren Mitarbeiterinnen offen angesprochen werden koumlnnen und daruumlber hinaus die Zeit- und Arbeitsorganisation so zu gestalten dass sie diese Unterschiedlichkeit be-ruumlcksichtigt Diese Leitvorstellung gilt letztlich auch fuumlr den Umgang mit an-deren Formen von Heterogenitaumlt insbesondere im Umgang mit unterschied-lichen Qualifikationen undoder Familiensituationen

Teams uumlbernehmen nicht nur gemeinschaftlich die Verantwortung fuumlr alle Aufgaben der Kindertageseinrichtung sondern sie regeln dazu auch ge-meinsam die Aufgaben(ver)teilung Im Idealfall werden Entscheidungen die die Einrichtung und das Arbeitsfeld betreffen von allen Teammitglie-dern partizipativ in einem demokratischen Verfahren getroffen Dabei wer-den Wissen und Erfahrung untereinander ausgetauscht Die Basis fuumlr diese Arbeit ergibt sich aus Vertrauen Offenheit und einem der gemeinsamen Sache verpflichteten Engagement Als zentrale Aufgabe der Leitung wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis in Form vielfaumlltiger Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch angesehen die gleich-zeitig das Wohlfuumlhlen im Team und in der Kindertageseinrichtung foumlrdern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und somit zur Personalbindung beitragen soll Beispiele dafuumlr die in der KONTI-Befragung angesprochen wurden sind ndash morgendliche Rituale zur Begruumlszligung damit sich die Mitarbeiterinnen

zumindest einmal am Tag persoumlnlich gesehen und gesprochen haben ndash unterschiedliche gemeinsame Pausenregelungen zur persoumlnlichen Aus-

sprache ndash gemeinsame dienstliche und private Aktionen z B Studientage oder

bdquoKochaktionenldquo ndash die Schaffung von Raumlumen die besonders den Anforderungen von Er-

wachsenen mit z B entsprechend gemuumltlichen Sitzecken die zum Ver-weilen und zum Austausch auffordern

Der Aufbau einer wertschaumltzenden und belastbaren Teamkultur stellt einen entscheidenden Aspekt von Teamentwicklung dar Teams werden hier vor eine groszlige Herausforderung gestellt da eine kritische Auseinandersetzung und die Akzeptanz von Fehlern und Konflikten noumltig werden Im Umgang mit Konflikten wird in einigen der befragten Einrichtungen eine eigene Kon-fliktloumlsungskultur entwickelt und gelebt die bis zur Umsetzung geeigneter Problemloumlsungen einen organisatorischen Rahmen vorgibt und Mediations-verfahren einschlieszligt Gut ein Drittel der befragten Einrichtungsleitungen erwartet dazu von den Mitarbeiterinnen zunaumlchst einen offensiven aber gleichermaszligen verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem ent-standenen Problem In anderen Faumlllen sehen Leitungen zwar Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinandersetzung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) In zwei Faumlllen wird von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team be-richtet die vor allem dadurch ausgeloumlst sind dass die Leitung versucht Ver-aumlnderungen umzusetzen (bdquoSie haben Angst sie fuumlhlen sich belastet durch diese Veraumlnderungenldquo) Eine der beiden betroffenen Leiterinnen plant des-halb einen Arbeitsplatzwechsel

Gerade Teamentwicklung kann dazu beitragen dass Energien aus der vorhandenen Heterogenitaumlt der Mitarbeiterinnen mobilisiert werden in-dem das Team lernt konstruktiv und offen mit Konflikten umzugehen und vorhandene Potenziale auszuschoumlpfen Dabei ist es fuumlr den Prozess der Team-entwicklung notwendig von Beginn an vorhandenen Aumlngsten durch den Aufbau von Sicherheit entgegenzuwirken und die (unterschiedlichen) Hal-tungen im Team zu thematisieren und zu uumlberpruumlfen Fuumlr die Moderation dieser Prozesse ist die Leitung zustaumlndig die im besonderen Maszlige vom Pro-zess betroffen ist Sie stellt nicht nur einen entscheidenden Wegbereiter dar

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sondern uumlbernimmt auch Vorbildfunktion z B fuumlr die Haltung zu Partizipa-tion den Umgang mit Kritik eigenen Fehlern sowie Abgrenzungserforder-nissen Dazu benoumltigt sie insbesondere ein ausgeglichenes Verhaumlltnis von Naumlhe und Distanz zum Team um professionell auf Prozesse und Team-Mit-glieder einwirken zu koumlnnen Ein zielgerichtetes und selbstreflektiertes Fuumlh-rungs- und Handlungsverstaumlndnis ist Voraussetzung dafuumlr dass die Leis-tungsfaumlhigkeit des Teams und gleichzeitig das Team- und Arbeitsklima durch Teamentwicklung und -fuumlhrung verbessert werden koumlnnen Die Moderation der Prozesse erfordert Kenntnisse uumlber Methoden und Arbeitstechniken so-wie uumlber deren moumlgliche Wirkungen

In den Leitungsinterviews werden verschiedene Maszlignahmen zur Personal-entwicklung genannt die teilweise auf individuellen teilweise auf traumlger-spezifischen Entwicklungskonzepten beruhen So gibt es in einer Einrich-tung zu Jahresbeginn sogenannte bdquoStartgespraumlcheldquo zwischen Leitung und Mitarbeiterinnen in denen Bedarfe und Probleme thematisiert werden koumlnnen oder es gibt Zielvereinbarungs- bzw Mitarbeitergespraumlche Allge-mein wird von ausreichenden Fortbildungsmoumlglichkeiten fuumlr das Team be-richtet Sie reichen von traumlgerinternen Schulungsangeboten zwischen einem und drei Tagen oder regelmaumlszligig stattfindenden Qualitaumltszirkeln zum intensi-

Hauptweichen fuumlr die Teamentwicklung (Lange 2015)

Eine gemeinsam entwickelte Team-Matrix gibt den Team-Mitglie-dern Orientierung uumlber Ziele Aufgaben Rollen und Positionen so-wie Verfahrens- und Verhaltensregeln Sie stellt die Grundlage fuumlr die Identifikation mit der Kindertageseinrichtung dar und gilt als eine der Hauptvoraussetzungen fuumlr die Bildung einer bdquolernenden Organisationldquo wenn die Mitarbeiterinnen bereit sind voneinander zu lernen und sich zu veraumlndern

Der Einsatz zielfuumlhrender Arbeitstechniken stellt neben ausrei-chenden Zeitressourcen und einschlaumlgigem Methodenwissen einen wesentlichen Eckpfeiler dar ndash um an Haltungen und fachlichen Kompetenzen im Team zu ar-

beiten und ndash um eine wertschaumltzende und belastbare Teamkultur aufzubauen

in der die Anspruumlche an Psychohygiene und psychischer Entlas-tung der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ven fachlichen Austausch uumlber Teamqualifikationen z T mit externen Refe-rentinnen bis hin zu einem dreitaumlgigen Einarbeitungsworkshop fuumlr neue Mitarbeiterinnen welcher der traumlgerspezifischen konzeptionellen und be-trieblichen Einweisung dient Wie bereits dargestellt (vgl Abschnitt 421) gehoumlrt die Unterstuumltzung der Teamentwicklung durch den Traumlger mit zu sei-nem Aufgabenprofil (vgl Oberhuemer 2003 61) Leitungskraumlfte bestaumltigen dies teilweise in den im Projekt KONTI durchgefuumlhrten Interviews Neben der Bereitstellung von Zeitressourcen berichten einige von ndash unterschiedlichen Formen von traumlgerinternen und -spezifischen Leitungs-

qualifikationen im Umfang mehrerer Tage oder in Form von Schulungs-reihen mit verschiedenen Modulen bzw Bausteinen

ndash Angeboten zur berufsbegleitenden Qualifikation fuumlr die Leitungstaumltig-keit in Form von Studium oder Weiterbildungen

ndash Teamentwicklungstagen und -workshops mit externer oder traumlgerinter-nen Moderation zur intensiven Auseinandersetzung mit Strukturen Rol-len- und Aufgabenverteilungen

ndash Patenschaften durch andere Leitungskraumlfte zur kollegialen Unterstuumlt-zung und Reflexion der Prozesse

ndash regelmaumlszligig bzw bei Bedarf stattfindender Supervision undoder Coaching fuumlr Leitungskraumlfte oder auch fuumlr ganze Teams

ndash Unterstuumltzung der Teams durch externe Moderation bei Konflikten

423 Monitoring der Mitarbeiterzufriedenheit

Ein funktionsfaumlhiges Beschwerdemanagement Mitarbeitergespraumlche und Mit arbeiterbefragungen gehoumlren zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten einer mitarbeiterorientierten Personalfuumlhrung Regelmaumlszligige Personalgespraumlche gibt es nach den Befragungen im Projekt KONTI bei den meisten Kita-Traumlgern Dabei ist mehrheitlich die Einrichtungsleitung fuumlr die Durchfuumlhrung zustaumlndig Gespraumlche mit der Leitung selbst erfolgen in der Regel durch Traumlgervertreterinnen wie z B die Fachberatungen oder die Personalverantwortlichen Zum Teil werden einheitliche Leitfaumlden zugrun-de gelegt Eine systematische Dokumentation der Ergebnisse konkrete Ziel-vereinbarungen auf der Grundlage der Gespraumlche oder eine uumlbergreifende Auswertung auf der Ebene des Traumlgers finden sich jedoch nur selten Neben solchen individuellen Mitarbeitergespraumlchen bietet sich die Nutzung von Beschaumlftigtenbefragungen an denn

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEine wesentliche Voraussetzung gelungener Organisations- und Personalentwicklung (in Kindertageseinrichtungen) ist es zielge-richtet und passgenau zu handeln ndash also eine konkrete Zielsetzung zu formulieren vor dem Hintergrund eines moumlglichst genauen und aktuellen Bildes der Erfordernisse und Bedarfe einer Organisation und des Personals Der erste Schritt im Prozess ist demnach eine Untersuchung des Ist-Zustandes z B des Gesundheitsstatus der Beschaumlftigten der Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden Eltern und Kindernldquo (Franz 2015a)

Vor diesem Hintergrund erweisen sich Kombinationen von Beschaumlftigten- und Elternbefragungen als sinnvolle Instrumente Beachtet werden muss da-bei dass Befragungen nicht allein aus Selbstzweck erfolgen Vielmehr muss mit den Ergebnissen gearbeitet werden Dazu gehoumlrt zum einen dass sie in den Teams kommuniziert werden wobei identifizierte Probleme diskutiert und zum Ausgangspunkt fuumlr die Erarbeitung von Loumlsungsvorschlaumlgen ge-nommen werden Zum anderen muss sich die Fuumlhrungsebene mit den Er-gebnissen auseinandersetzen und Schlussfolgerungen im Sinne der Planung von geeigneten Maszlignahmen daraus ziehen Werden Befragungen regelmaumlszligig wiederholt koumlnnen Veraumlnderungen im Zeitverlauf gemessen und damit auch der Erfolg der eingesetzten Maszlignahmen evaluiert werden (vgl Franz 2015a) Letztlich sind die Befragungen nur so gut wie ihre Einbindung in ei-nen Planungs- Entwicklungs- und Umsetzungsprozess An einer solchen sys-tematischen ndash vollstaumlndigen wie einrichtungsuumlbergreifenden ndash Analyse und zielorientierten Interpretation der Ergebnisse fehlt es haumlufig in der Praxis auch wenn Mitarbeiterbefragungen inzwischen von einer Reihe von Traumlgern eingesetzt werden Das Verfahren eines solchen Monitorings als eine Kom-bination von Fragen an Beschaumlftigte einerseits und an Eltern andererseits wird nachfolgend am Beispiel eines kommunalen Traumlgers vorgestellt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Monitoring in Kindertageseinrichtungen bei GeKita (BornJonassohn 2015)

GeKita (wwwgekitade) ist der Traumlger der staumldtischen Kindertages-einrichtungen in Gelsenkirchen Gemeinsam mit KCR (Konkret Consult Ruhr wwwkcr-netde) wurden 2013 und 2015 Beschaumlftig-ten- und Elternbefragungen in allen 65 Kitas durchgefuumlhrt Der Fra-gebogen wurde in einem eigens dafuumlr gebildeten Steuerungskreis (Abteilungsleitungen Kita-Leitungen Fachberatungen Mitarbeiterinnen Personalrat) entwickelt Die Befragungskonzeption wurde in einer Leitungskonferenz vorgestellt um die Kita-Leitungen als Multi-plikatorinnen zu gewinnen die dazu beitragen sollten Mitarbeiterinnen und Eltern fuumlr die Teilnahme an der Befragung zu motivieren Die Gesamtergebnisse der Befragungen wurden in Leitungskonferen-zen vorgestellt und im Steuerungskreis diskutiert Zusaumltzlich erhielt jede Leitung die Ergebnisse fuumlr ihre Einrichtung um sie in ihrem Team vorzustellen In kritischen Faumlllen gab es Gespraumlche mit der Fachberatung und Zielvereinbarungen uumlber Verbesserungsmoumlglich-keiten

Die Beschaumlftigtenbefragungen enthielten Fragen zur Mitarbeiter-zufriedenheit und zu Themen wie beispielsweise Fuumlhrung Informa-tion Mitarbeiterorientierung Organisation Team Fortbildung Ar-beitssituation und Work Life Balance In der Elternbefragung wurde die Kundenzufriedenheit abgefragt verbunden mit Bewertungsfra-gen zur Qualitaumlt der paumldagogischen Arbeit der Oumlffnungszeiten und der Atmosphaumlre in der Kita Auf diese Weise konnten sowohl (anony-misierte) Rankings der Einrichtungen im Hinblick auf die Mitarbei-ter- und die Elternzufriedenheit erstellt als auch Einrichtungen mit kritischen Ergebnissen identifiziert werden Des Weiteren konnte der Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Zufriedenheit in und mit allen Kindertageseinrichtungen des Traumlgers ermittelt werden Bei den Beschaumlftigten zeigte sich beispielsweise dass es das Team ist das den groumlszligten Einfluss auf die Zufriedenheit hat Daruumlber hinaus wurden die Ergebnisse der Jahre 2013 und 2015 miteinander verglichen Da-bei stellte sich heraus dass es insgesamt sowohl bei den Ergebnissen der Beschaumlftigten- als auch bei denen der Elternbefragung Verbesse-rungen erzielt worden sind und dass in denjenigen Einrichtungen in denen die Werte in der Erstbefragung problematisch gewesen waren

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

424 Gesundheitsmanagement

Wenn bereits juumlngere Beschaumlftigte haumlufig uumlber gesundheitliche Probleme be-richten und viele die Befuumlrchtung haben die Arbeit nicht bis zum Rentenal-ter schaffen zu koumlnnen besteht hier offenkundiger Handlungsbedarf Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlr-derung sind darum aus der Sicht der Personalverantwortlichen der Kita-Trauml-ger inzwischen zu wichtigen Handlungsfeldern geworden denen man in der naumlchsten Zeit noch mehr Aufmerksamkeit widmen moumlchte und im Kontext der Personalfuumlhrung eine wachsende Bedeutung zumisst Bislang allerdings ist ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement fuumlr Kindertages-einrichtungen noch nicht sehr weit verbreitet In der STEGE-Studie werden die diesbezuumlglichen Ergebnisse im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen folgen-dermaszligen zusammengefasst

auf der Grundlage der Gespraumlche und Zielvereinbarungen Veraumlnde-rungen zum Positiven erzielt werden konnten

Von Interesse war auch der Vergleich zwischen den Beschaumlftigten- und den Elternbefragungen Insgesamt wurde ein Zusammenhang zwischen Beschaumlftigten- und Elternzufriedenheit festgestellt So be-fanden sich 2015 unter den zwoumllf Einrichtungen mit der houmlchsten Mitarbeiterzufriedenheit auch sechs mit der houmlchsten Elternzufrie-denheit umkehrt gehoumlrten von den zwoumllf Einrichtungen mit der ge-ringsten Mitarbeiterzufriedenheit auch fuumlnf zur Schlussgruppe in der Elternzufriedenheit Es gab jedoch auch Abweichungen in beide Richtungen wobei eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei geringer Elternzufriedenheit haumlufiger vorkam als umgekehrt Wenn die Mit-arbeiterzufriedenheit deutlich houmlher ist als die Elternzufriedenheit so kann dies darauf hindeuten dass die Beschaumlftigten Wege gefunden haben sich selbst zu entlasten aber die Beduumlrfnisse der Familien nicht hinreichend wahrnehmen der umgekehrte Fall koumlnnte ein In-diz dafuumlr sein dass das Team sich zu sehr unter Druck setzt Hohe Differenzen zwischen Mitarbeiter- und Elternzufriedenheit waren so-mit Anlass fuumlr Diskussionen in und mit den Teams

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bdquoKonkrete Interventionen zum BGM werden sehr selten in den Ein-richtungen angeboten Workshops zu Zeitmanagement werden in 198 Prozent der Einrichtungen mit oumlffentlicher und 134 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft angeboten Ruumlckenschule oder Ruumlckentraining in 189 Prozent der oumlffentlichen und 43 Pro-zent der freien Einrichtungen und WorkshopsKurse zu Entspan-nungstechniken wie bspw Yoga Autogenes Training oder Progres-sive Muskelentspannung in 169 Prozent der Einrichtungen in oumlf-fentlicher und 50 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft Betriebsaumlrztliche Untersuchungen fuumlr ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten 327 Prozent der freien und 356 Prozent der oumlf-fentlichen Einrichtungen an Impfungen finden in 399 Prozent der freien und 520 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen statt Die Methode der Gesundheitszirkel wenden 288 Prozent der freien und 325 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen anldquo (ViernickelVoss 2013 77)

Im Sommer 2015 wurde auf Bundesebene das sogenannte Praumlventionsgesetz (Gesetz zur Staumlrkung der Gesundheitsfoumlrderung und der Praumlvention vom 15072015)17 beschlossen das zur Verwirklichung einer bdquoerweiterten Praumlven-tionskulturldquo (Richter 2015 7) beitragen und neben anderen Praumlventionsmaszlig-nahmen nicht zuletzt die Gesundheitsfoumlrderung im Betrieb verbessern soll Zur Gesundheitsfoumlrderung gehoumlrt neben der Arbeitsergonomie und dem Arbeitsschutz auch die Praumlvention um gesundheitlichen Belastungen und Gefaumlhrdungen am Arbeitsplatz nicht nur entgegenzuwirken sondern auch vorzubeugen Letztere beinhaltet eine Vielfalt von Maszlignahmen Vorsorge-untersuchungen Beratungsangebote Betriebssport und die Foumlrderung in-dividueller Aktivitaumlten der Mitarbeiterinnen (vgl BrandenburgDomschke 2007 190 ff) Entscheidend ist dass die Gesundheitsfoumlrderung nicht erst bei aumllteren Beschaumlftigten einsetzt sondern zum betrieblichen Alltag gehoumlrt

bdquoJe gesundheitsgerechter die Arbeit gestaltet ist desto leichter kann ein Mitarbeiter seine Taumltigkeit ausuumlben Lern- und gesundheitsfoumlr-derliche Arbeitsgestaltung ist alternsgerechte Arbeitsgestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 178)

17 wwwbmgbunddeministeriummeldungen2015praeventionsgesetzhtml (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Dabei geht es sowohl um bdquoVerhaltenspraumlventionldquo also um die Staumlrkung ei-nes gesundheitsfoumlrdernden Verhaltens der Individuen als auch um eine bdquoVerhaumlltnispraumlventionldquo also um eine gesundheitsfoumlrdernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen (vgl FalkensteinGajewski 2015)

Bei vielen Traumlgern wird gerade hier eine Weiterentwicklung angestrebt Dabei geht es sowohl um Verhaumlltnis- als auch um Verhaltenspraumlvention Im Hinblick auf die Verhaumlltnispraumlvention sind verschiedene Themenfelder rele-vant von denen einige an anderer Stelle angesprochen werden ndash dies gilt bei-spielsweise fuumlr die Ermoumlglichung von gesundheitsorientierten Berufswege-korridoren (vgl Abschnitt 413) und fuumlr den Umgang mit Zeitressourcen (vgl Abschnitt 432) Dieser Hinweis zeigt dass ein betriebliches Gesund-heitsmanagement letztlich eine Querschnittsaufgabe darstellt bei der unter-schiedliche Handlungsfelder unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit beruumlcksichtigt werden muumlssen In der STEGE-Studie wird dies-bezuumlglich zwischen vier Ebenen unterschieden Handlungsbedarf und Hand-lungsoptionen bestehen im Hinblick auf die Rahmenbedingungen (Politik und Gesellschaft) bei dem jeweiligen Traumlger der Kita-Leitung und der Fach-kraft selbst (ViernickelVoss 2013 180)

Ein zentraler Aspekt in diesem Kontext ist eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung die in der Praxis uumlber Investitionen in ergonomisches Mobiliar (Erzieher-StuumlhleWickeltische mit Aufstiegen) und in den Laumlrm-schutz angegangen wird Einige Befragte berichten in der KONTI-Traumlger-befragung dass sie gerade hier nach Loumlsungsmoumlglichkeiten suchen Beide Bereiche finden durch Neubauten und Sanierungen vor allem beim (U3-)Ausbau Beruumlcksichtigung bdquowenn ruumlckenschonende Maszlignahmen in den Ein-richtungen baulich initiiert werdenldquo Der Aus- und Umbau der letzten Jahre hat darum gerade hier einiges moumlglich gemacht und der Zustand dieser Ein-richtungen hat sich durch diese Investitionen deutlich verbessert gerade auch fuumlr die Mitarbeiterinnen Trotzdem wird mehrfach darauf hingewie-sen dass solche Maszlignahmen einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und die Finanzierung oft schwierig sei Gleichzeitig wird festgestellt dass diese Maszlignahmen wirken jedoch im Altbestand der Gebaumlude haumlufig nicht umgesetzt werden koumlnnen

Ein weiteres wichtiges Thema ist Bewegung zur Praumlvention bzw Linde-rung von Ruumlckenbeschwerden Hier bietet eine Reihe von Traumlgern ndash groszlige wie kleine ndash unterschiedlichste Angebote im Sport- und Therapiebereich wie z B Mitgliedschaften oder Trainingszeiten im FitnessstudioSportver-ein gymnastische UumlbungenRuumlckenschule PhysiotherapieMassage Lauf-treff oder Fahrradtour

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Genannt werden daruumlber hinaus Themen wie Desinfektion Hygiene und Infektionsschutz (insbesondere fuumlr juumlngere Mitarbeiterinnen) und die Aus-gestaltung der Wiedereingliederung nach laumlngeren Erkrankungen (insbeson-dere bei aumllteren Mitarbeiterinnen) Zum Themenspektrum gehoumlren dane-ben (psychische) Belastungen und Belastungssituationen durch die Arbeit oder die Arbeitszeiten in den Einrichtungen Wiedereingliederungsmaszlig-nahmen und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (individuell und im Team) mit dem Ziel einer angepassten Arbeitsplatzgestaltung der Um-setzung von Entlastungsmaszlignahmen oder der Befreiung von bestimmten Aufgaben werden von einigen Befragten als Instrumente angesehen die sich zunehmend etablieren

Einige Traumlger wuumlnschen sich von ihren Mitarbeiterinnen mehr Selbst-fuumlrsorge und Eigeninitiative ndash bdquoeinen anderen Blick auf sich selbstldquo Nicht nur bdquoeine Kultur der gegenseitigen Offenheitldquo solle zum Thema vorhanden sein sondern die Mitarbeiterinnen sollten auch bdquomehr auf die eigene Ge-sundheit achtenldquo Sie bieten darum Fachtagungen und Fortbildungen zum Thema an auf denen z B auch Uumlbungen gezeigt werden bei einem Traumlger demnaumlchst auch web-basiert und als E-Learning Auch fuumlr Leitungen werden vereinzelt praumlventive Angebote zum (systemischen) Fuumlhren zum Zeit- und Stressmanagement und zur Supervision gemacht unter dem Blickwinkel dass gerade das Fuumlhren von Teams und Einrichtungen eine besonders an-spruchsvolle Taumltigkeit ist die zu besonderen Belastungen fuumlhren kann Re-gelmaumlszligige Betriebsarztbesuche werden ebenfalls haumlufiger als Angebote ge-nannt aber von einigen Mitarbeiterinnen als nutzlos bewertet

Ein weiterer groszliger Traumlger hat eine Mitarbeiterbefragung zu gesund-heitlichen Fragen durchgefuumlhrt mit dem Ergebnis dass er nun seine Beschaumlf-tigten im individuellen Umgang mit festgestellten Belastungen unterstuumlt - zen will und sie zu einer gesundheitsfoumlrderlichen Haltung anregen moumlchte Ziel ist es dabei zu einem bewussten Umgang mit Arbeitsbelastungen und -anforderungen und damit auch zur Mitarbeiterzufriedenheit beizutragen

Die institutionelle Verankerung des Themas Gesundheit erfolgt bei den Traumlgern in eigens dafuumlr eingerichteten Arbeitsgruppen Gesundheitszirkeln oder Work-Life-Gruppen in der Personalabteilung einer Fachstelle einer AG Personal oder der Betriebs- bzw Personalversammlung Zwei der befrag-ten Traumlger verfuumlgen uumlber ein betriebliches Gesundheitsmanagement bei ei-nem weiteren besuchen zwei Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildun-gen Ein Traumlger weist darauf hin dass er in Zukunft Personal in Form einer Fachkraft fuumlr Gesundheitsschutz einbringen wird Haumlufig erfolgt die Aus-einandersetzung mit dem Thema projektfoumlrmig haumlufiger dabei auch in Ko-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

operation mit Dritten wie Gesundheitsamt Krankenkassen Gewerkschaften oder Universitaumlten

Betrachtet man die Ergebnisse der Beschaumlftigteninterviews (vgl Ab-schnitt 321) bei denen bei den befragten Erzieherinnen einerseits eine sehr hohe persoumlnliche Motivation und Identifikation mit ihrer Arbeit fest-gestellt wurde die allerdings andererseits mit einem wenig professionellen Selbstbild ihres Berufs verbunden sind so wird deutlich dass insbesonde- re stressreduzierende Maszlignahmen von zentraler Bedeutung sind Neben den wachsenden Anforderungen im Arbeitsfeld und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung ergibt sich offensichtlich zusaumltzlich ein Uumlberforderungs-potenzial das in der eigenen Haltung der Beschaumlftigten gegenuumlber ihrem eigenen z T persoumlnlich unzureichend definierten Leistungsvorstellungen als Erzieherin begruumlndet ist Bezogen auf die Verhaltenspraumlvention geht es darum vor allem um den individuellen Umgang der einzelnen Beschaumlftigten mit Stresssituationen Beide Aspekte haumlngen eng miteinander zusammen

bdquoArbeit ist gesundheitsfoumlrderlich wenn sie die Arbeitenden befaumlhigt und ermaumlchtigt in ihrer Bewaumlltigung der Anforderungen der Ar-beitswelt eine Balance zwischen den eigenen Moumlglichkeiten und Zielvorstellungen und ihren Arbeitsbedingungen herzustellenldquo (Richter 2015 8 vgl auch Beck 2011 15 ff)

Ein Beispiel fuumlr die Weiterentwicklung von Verhaltenspraumlvention das diese Herausforderungen aufgreift stellt der Ansatz eines haltungs- und gesund-heitsorientierten Qualitaumltsmanagements (HGQM)18 dar (vgl Esch 2015ab) Das HGQM legt seinen Fokus auf die kontinuierliche Reflexion der eigenen inneren Haltung der Beteiligten d h der Mitarbeiterinnen ebenso wie der Fuumlhrungskraumlfte und geht davon aus dass die Uumlbereinstimmung des taumlgli-chen Handelns mit der inneren Haltung und den persoumlnlichen Werten von hoher Bedeutung dafuumlr ist inwieweit Beanspruchungen ndash negativ ndash als Be-lastungen empfunden werden (vgl Kapitel 1) und wie sie sich somit auf die fuumlr die psychosoziale Gesundheit auswirken Der psychosozialen Gesundheit der Mitarbeiterinnen wiederum wird ein wesentlicher Einfluss auf die Pro-zessqualitaumlt zugeschrieben Fuumlr ein gelingendes Qualitaumltsmanagement ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig dass sich die Mitwirkenden immer wieder ihrer eigenen inneren Haltung insbesondere zu fach- und gesell-

18 httpwwwhg-qmde (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schaftspolitisch zentralen Themen der Kita-Arbeit bewusst werden Das HGQM konzipiert daher ein mehrstufiges Verfahren das in einem auf etwa drei Jahre angelegten Zyklus verschiedene Elemente kombiniert Mitarbei-ter- und Elternbefragungen bilden die Basis zur Informationsgewinnung ein spezielles Coaching uumlber alle Hierarchieebenen hinweg zielt auf die Reflexi-on von Arbeitssituationen und der inneren Haltung Qualitaumltszirkel der Ein-richtungsleitungen dienen dem Austausch und dem gemeinsamen Lernen in Teamtagen wird in den einzelnen Einrichtungen mit den Befragungser-gebnissen gearbeitet bei jaumlhrlichen Strategietagen erfolgt die Weiterentwick-lung des Verfahrens auf der Fuumlhrungsebene des Traumlgers Ein Beispiel fuumlr die Umsetzung dieses Ansatzes fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung ist das Projekt bdquoGesund arbeitenldquo (GesA) des Kita-Zweckverbands Essen

Das Projekt Gesund arbeiten (bdquoGesA bdquo) im KiTa Zweckverband Essen19

Der KiTa Zweckverband im Bistum Essen fuumlhrte 201314 das Projekt GesA (Gesund Arbeiten) im Rahmen der Initiative bdquoGleichstellung von Frauen in der Wirtschaftldquo des Bundesministeriums fuumlr Arbeit und Soziales durch Das Projekt basierte auf dem Ansatz des gesund-heits- und haltungsorientierten Qualitaumltsmanagements Ziel war die Realisierung einer individuellen Gesundheitsfoumlrderung angeleitet durch die Fragestellung bdquoWie kann es vor dem Hintergrund stei-gender Anforderungen und Belastungen gelingen gute Arbeit zu machen und gesund zu bleibenldquo Es ging also darum durch eine bdquoHaltungspraumlventionldquo die Resilienz der paumldagogischen Fachkraumlfte zu staumlrken und damit Belastungen bdquoabzupuffernldquo Das Projekt enthielt vier Elemente (Newsletter 12013 und 22013)20

1 SchriftlicheBefragung allerMitarbeiterinnen Bei der schriftlichen Befragung ging es um die Erhebung der Ausgangssituation in Form einer Arbeits-Belastungs-Ressourcen-Analyse Mit einem an-onymen Fragebogen wurden die Beschaumlftigten um Auskunft bei-spielsweise uumlber Gesundheit und Erholung Arbeitszeitregelun-

19 httpwwwkita-zweckverband-gesade (Abruf am 18042016)20 httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684352pdf und httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684198pdf (Abruf am 18042016)

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gen sowie Kommunikation und soziale Unterstuumltzung gebeten Bei 2835 Frageboumlgen wurde eine Ruumlcklaufquote von 49 Prozent realisiert Aus der Befragung wurden gleichzeitig Anregungen fuumlr konkrete Maszlignahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entnommen

2 Entwicklung und Durchfuumlhrung eines Fortbildungsprogramms Ein auf den Befragungsergebnissen und dem Haltungsansatz basierendes Fortbildungsprogramm (bdquoGesA-Gesundheitszirkelldquo) wurde entwi-ckelt und umgesetzt Dabei ging es beispielsweise um Themen wie Stressmanagement sowie Krisen- und Konfliktmanagement Im ersten Modul stand die Schaumlrfung des professionellen Selbstbilds im Mittelpunkt bdquoDabei ging es u a um das Entdecken der eigenen Wertehierarchie und den Umgang mit Veraumlnderungen Durch die systematische Reflexion der eigenen Haltung und der damit ver-bundenen ndash vielleicht bisher nicht wahrgenommenen ndash Ressour-cen konnten die Teilnehmerinnen zielgerichtet an der positiven Entwicklung ihres Selbstbilds arbeitenldquo (Newsletter 22013 1) Um moumlglichst vielen Beschaumlftigten die Gelegenheit zur Teilnah-me an den Fortbildungen zu geben und um das Projekt uumlber die Laufzeit hinaus weiterfuumlhren zu koumlnnen wurden einige Mitar-beiterinnen und Leitungskraumlfte als Multiplikatorinnen fuumlr die Durchfuumlhrung von Gesundheitszirkeln qualifiziert

3 E-Learning-Plattform als Ergaumlnzung zum Fortbildungsprogramm Mit-hilfe einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte des Fortbil-dungsprogramms nachhaltig fuumlr alle Beschaumlftigten nutzbar ge-macht Auch diejenigen die nicht am Fortbildungsprogramm teilgenommen haben koumlnnen auf diese Weise das darin vermittel-te Wissen erwerben

4 Evaluation des Projekts In der zweiten Haumllfte des Jahres wurde eine Nachbefragung durchgefuumlhrt die einen Vergleich mit den Ergeb-nissen der Erstbefragung ermoumlglichte Dabei wurde die Entwick-lung des Belastungsempfindens von Beschaumlftigten die am Fortbil-dungsprogramm teilgenommen hatten mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmenden verglichen Diese Evaluation zeigte deutliche Effekte So war beispielsweise bei den Teilnehmerinnen der Anteil derjenigen die angaben dass es ihnen oft schwerfaumlllt nach der Arbeit abzuschalten deutlich gesunken (Franz 2015b)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Fasst man die verschiedenen Aspekte eines Gesundheitsmanagements fuumlr die Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen zusammen so lassen sich drei zentrale Ebenen fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung identifizie-ren ndash Bei der materiellen Ausstattung der Einrichtungen sind vor allem Fragen

des Laumlrmschutzes und ein ergonomisches Mobiliar von Bedeutung ndash Aufgrund der koumlrperlichen Belastungen besteht ein Bedarf an Praumlventi-

onsangeboten Dazu gehoumlren sowohl Maszlignahmen die in den betriebli-chen Ablauf integriert werden (wie beispielsweise Besuche von Physio-therapeutinnen in der Einrichtung) als auch die Foumlrderung privater Ei-geninitiative der Beschaumlftigten (wie die Unterstuumltzung der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio)

ndash Fuumlr die Reduzierung von Stress bewaumlhren sich Fortbildungsangebote die auf die Staumlrkung von Resilienz setzen Die Arbeit an der eigenen Haltung bietet hier erhebliche Potenziale

Gesundheitsfoumlrderung in diesem Sinne darf allerdings nicht als Ersatz fuumlr eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verstanden werden ndash etwa nach dem Motto bdquoWenn die Beschaumlftigten lernen mit Belastungen besser umzu-gehen muumlssen die Belastungen nicht mehr reduziert werdenldquo Michael Nie-haus (2015) spricht in diesem Kontext von bdquoorganisationaler Beschaumlftigungs-faumlhigkeitldquo die er folgendermaszligen definiert

bdquoOrganisationale Beschaumlftigungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit einer Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten dass die Wertschoumlp-fungsprozesse mit den verfuumlgbaren Potenzialen der Beschaumlftigten realisiert werden und damit die Existenz der Organisation gesichert wirdldquo (Niehaus 2015 51)

Gesundheitsfoumlrderung im Sinne einer solchen gleichermaszligen organisationa-len wie individuellen Beschaumlftigungsfaumlhigkeit stellt eine Fuumlhrungsaufgabe dar und muss somit als ein integraler Bestandteil einer insgesamt auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Personalwirtschaft verstanden werden

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Eine nachhaltige Personalpolitik die auf Personalbindung und damit auf eine dauerhafte Beschaumlftigung von Mitarbeiterinnen setzt muss sich letzt-lich auch an den persoumlnlichen Potenzialen der Beschaumlftigten in deren Lebens-verlauf ausrichten Uumlbergeordnetes Ziel einer solchen personalpolitischen Strategie ist die Foumlrderung einer Work-Life-Balance fuumlr Beschaumlftigte die ne-ben ihrem Beruf familiaumlre Verpflichtungen zu bewaumlltigen haben In diesem Feld typischerweise eingesetzte Instrumente betreffen zum einen Arbeits-zeitkonzepte und zwar sowohl zur Gestaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten (Abschnitt 431) als auch zum Zeitmanagement im Rahmen der Personaleinsatzplanung und Dienstplangestaltung (Abschnitt 432) Zum anderen geht es um die Unterstuumltzung der Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Familienaufgaben (Abschnitt 433)

431 Teilzeitarbeit und Teilzeitkonzepte

Work-Life-Balance bedeutet bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen heute zunaumlchst und nahezu selbstverstaumlndlich das Angebot zur Stundenre-duktion Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita ist darum ndash wie in vielen anderen Branchen auch ndash ein weit verbreitetes personalwirtschaftliches Instrument (vgl im Folgenden Micheel 2015) Nicht nur beim Ausmaszlig der Teilzeitar-beit sondern gerade auch bei der Haltung der Personalverantwortlichen und Leitungskraumlfte gegenuumlber diesem Instrument zeigten sich im Projekt aller-dings starke regionale Unterschiede die sich mit den verschiedenen Beweg-gruumlndungen fuumlr seinen Einsatz und den damit verbundenen spezifischen Gestaltungsmerkmalen erklaumlren lassen

In den westlichen Bundeslaumlndern wird in der Traumlgerbefragung auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (2011) hingewiesen die zu befolgen sind und deren Ziel es ist die bdquoTeilzeitarbeit zu foumlrdern die Voraus-setzungen fuumlr die Zulaumlssigkeit befristeter Arbeitsvertraumlge festzulegen und die Diskriminierung teilzeitbeschaumlftigten und befristet beschaumlftigten Arbeit-nehmern zu verhindernldquo (vgl BMAS 2011) Nicht zuletzt aufgrund die - ses Rechtsanspruchs hat Teilzeitbeschaumlftigung bei den befragten Traumlgern im Westen vor allem die Funktion erhalten die Work-Life-Balance von Mitar-beiterinnen mit Familienpflichten zu erleichtern

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dabei meistens im persoumlnlichen Ge-spraumlch zwischen dem Traumlger (z T in Kooperation mit der Einrichtungslei-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

tung) und der jeweiligen Mitarbeiterindem jeweiligen Mitarbeiter bei dem der individuelle Wochenstundenumfang und die Arbeitswoche vereinbart werden Die vielfach einzige Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) entspricht dabei dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen mit eigenen Kindern nach einer Halbtags-stelle Bestandteil des Gespraumlchsergebnisses ist daneben haumlufig die Zusage des Arbeitgebers zur Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange der Mit-arbeiterindes Mitarbeiters insbesondere bei der Festlegung der konkreten Arbeitszeiten im Dienstplan Teilzeit-Beschaumlftigung ist damit bei der Mehr-heit der befragten Traumlger in den westlichen Bundeslaumlndern das Ergebnis ei-nes individuellen Aushandlungsprozesses und ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und Personalbindung geworden

Grundsaumltzlich sind die im KONTI-Projekt befragten in Teilzeit arbei-tenden Erzieherinnen in den meisten Faumlllen mit ihrer Arbeits(zeit)situation zufrieden wird die Stundenreduktion doch immer auch als persoumlnliche Ent-lastung im Berufsalltag empfunden Verlaumlssliche Arbeitszeiten und ein ge-wisses Maszlig an Flexibilitaumlt ndash Rahmenbedingungen die ihnen in der Ein-richtung meistenteils gewaumlhrt werden ndash tragen sehr zur Zufriedenheit bei Unzufriedenheit oder sogar Konflikte entstehen allerdings wenn die Verein-barkeit von Beruf und Familie mit der Leitung nicht geklaumlrt werden kann

Dennoch herrscht im Westen oft der Eindruck vor dass Teilzeitbeschaumlf-tigung fuumlr Kinderbetreuungsbetrieb und Arbeitgeber als Belastung wahr-genommen wird Die angewachsene Zahl an klassischen Halbtagsstellen in der Kita mit festen Arbeitszeiten moumlglichst nur am Vormittag ist hier aus der Sicht von Leitungen und Personalverantwortlichen mit einer Reihe von Problemen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb behaftet und wird darum uumlber-wiegend kritisch gesehen Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlh-ren nach Meinung vieler Personalverantwortlicher zu viele Teilzeitkraumlfte (auf Vormittagsstellen) in einer Einrichtung zu Problemen Aufgrund der eige-nen Familiensituation der Mitarbeiterinnen koumlnnen diese beispielsweise nicht alle Dienste im Schichtbetrieb uumlbernehmen die Dienstplangestaltung wird komplizierter Wenn es viele Teilzeit-Kolleginnen in einem Team gibt wird dies haumlufig von den Vollzeitkraumlften als zusaumltzliche Belastung wahrge-nommen Bei den Teilzeitlerinnen selbst fuumlhrt die Stundenreduktion ndash trotz hoher Motivation ndash oft zu Umgewoumlhnungsschwierigkeiten Das Gefuumlhl dass man nicht mehr alles schafft wird als Druck Stress und Uumlberforderung empfunden Nur selten ist fuumlr die befragten Teilzeitkraumlfte eine Verringerung des Arbeitspensums oder eine Reduzierung des Aufgabenspektrums verein-bart worden Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur

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seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Mit der kuumlrzeren Praumlsenzzeit in der Kita fehlt Zeit fuumlr die noumltigen Absprachen und den erforderlichen Austausch aber auch fuumlr die umfassende Begleitung der Entwicklungsprozesse der Kin-der und fuumlr Elterngespraumlche Oft fuumlhlen sie sich deshalb nicht mehr als voll-wertiges Teammitglied nicht zuletzt auch wegen der eingeschraumlnkten Parti-zipationsmoumlglichkeiten Um die Funktionsfaumlhigkeit der Teams fuumlr alle Betei-ligten zu sichern ist es darum wichtig Kommunikationsstrukturen fuumlr die Teams durch entsprechende zeitliche Ressourcen zu schaffen und Regelun-gen zu finden die sowohl den Belangen der einzelnen Mitarbeiterinnen als auch des Gesamtteams gerecht werden Daruumlber hinaus bedarf es Regelun-gen des Traumlgers die Moumlglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit definie-ren und hier konkrete Vorgaben zur Orientierung geben

Bei den am Projekt beteiligten Traumlgern in Thuumlringen wird Teilzeitarbeit in der Kindertageseinrichtung nach den Befragungsergebnissen zu urteilen anders bewertet Hier ist sie weitgehend etabliert und wird akzeptiert wurde das Instrument der Arbeitszeitreduktion doch in den 1990er Jahren zunaumlchst eingesetzt um Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden Seither stellt Teilzeitarbeit in diesem Bundesland quasi das Standard-Angebot der Traumlger an ihre Fachkraumlfte in der Kita dar Allerdings handelt es sich dort ganz uumlber-wiegend nicht um die klassische Halbtagsstelle sondern um vollzeitnahe Be-schaumlftigung auf der Basis von Sockelarbeitsvertraumlgen mit 30 oder 32 Wochen-stunden

Aus der Sicht der befragten Personalverantwortlichen dort sind diese Re-gelungen mit vielen Vorteilen fuumlr den Betreuungsbetrieb verbunden Einer-seits verbessert sich die Personalsituation in der Einrichtung weil die Arbeit auf mehr Mitarbeiterinnen verteilt wird auch kurzfristige Personalausfaumllle koumlnnen durch die bessere Besetzung gut aufgefangen werden Daneben er-gibt sich durch den Einsatz des Instruments die Moumlglichkeit auf die unter-jaumlhrigen Schwankungen im Betreuungs- und damit Personalbedarf einer Kindertageseinrichtung zu reagieren Im Sinne einer Flexibilitaumltsreserve koumln-nen sowohl die saisonalen Schwankungen im Betreuungsbedarf (kontinuier-licher Anstieg der betreuten Kinder im Verlauf des Kindergartenjahres bis zum naumlchsten Einschulungstermin) bzw in der Personaldecke (Erkrankun-gen Schwangerschaften Elternzeiten Fortbildungen) ausgeglichen werden Auf der Basis eines zusaumltzlich zum Teilzeitvertrag vereinbarten flexiblen Stundendeputats oder mithilfe einer bdquoAnordnung von Mehrarbeitldquo wird dazu je nach Arbeitsanfall und Personalsituation in der Kita die Wochen-arbeitszeit von Mitarbeiterinnen hoch- und spaumlter wieder zuruumlckgefahren Die Sockelarbeitszeitmodelle fuumlhren somit zu mehr personeller Stabilitaumlt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und Kontinuitaumlt in den Teams und letztlich auch zu mehr Beschaumlftigungs- und Planungssicherheit fuumlr den Traumlger Fuumlr die Beschaumlftigten bieten sie einer-seits den Vorteil dass die als belastend empfundene Personalknappheit bei kurzzeitigem Betreuungsmehrbedarf oder durch unvorhergesehene Perso-nalausfaumllle reduziert wird ohne dass fuumlr diese begrenzten Zeitraumlume neue Mitarbeiterinnen befristet eingestellt und eingearbeitet werden muumlssten Andererseits sind diese Konzepte mit Schwankungen im Einkommen und der persoumlnlich verfuumlgbaren Zeit verbunden

Teilzeitarbeit ist im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch in der Weise zu organisieren dass sie nicht zu einer Diskriminierung der Teil-zeitarbeitenden im Hinblick auf Einsatz- und Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlhrt Mit Blick auf die vor der Familienphase bereits ausgefuumlllten Positionen faumlllt im Rahmen der Ergebnisse der Beschaumlftigtenbefragung insbesondere bei den Erzieherinnen aus Nordrhein-Westfalen auf dass ihre Ruumlckkehr in den Beruf mehrheitlich mit einem Abstieg verbunden war Uumlberwiegend sind sie nun lediglich als Ergaumlnzungs- bzw Zweitkraft beschaumlftigt obwohl sie zuvor min-destens die Gruppenleitungs- manche sogar (stellvertretende) Leitungsfunk-tionen innehatten Dieser Ruumlckschritt erfolgte z T auf eigenen Wunsch weil sie sich aufgrund ihrer familiaumlren Situation den damit verbundenen zeitli-chen Flexibilitaumltserfordernissen nicht gewachsen sahen Grundsaumltzlich ist bei den Teilzeitkraumlften die eigene Kinder zu versorgen haben aber durchaus eine Karriereorientierung (Aufstieg oder Spezialisierung) festzustellen Auf-grund der damit verbundenen Vollzeitarbeit und notwendigen Weiterbil-dung wird jedoch auch diese Perspektive von mehreren zunaumlchst im Interes-se der eigenen Familie zuruumlckgestellt Teilzeitarbeit in der Kita wirkt damit zusaumltzlich zu einem bereits erfolgten Ruumlckschritt beim Wiedereinstieg auch mittel- bis langfristig als Karrierebremse ndash auf nun niedrigerer Position

Vor dem Hintergrund der Projektergebnisse kann Teilzeitarbeit in der Kita gelingen wenn zunaumlchst eine systematische Auseinandersetzung mit ih-ren Wirkungen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb und damit eine umfassen-de Reflexion uumlber den bisherigen Einsatz des Instruments erfolgt bei der die eigenen Praxiserfahrungen zusammengetragen und bewertet werden Auf dieser Basis koumlnnen grundsaumltzliche Entscheidungen zur Gestaltung getroffen werden Dies kann als Aufgabe gezielten Personalmanagements aber auch als Dienstvereinbarung in Kooperation mit Personalraumlten und Mitarbeiter-vertretungen erfolgen (vgl DGB-Bundesvorstand 2014 Buumlntgen 2013) Be-standteile eines solchen Teilzeitkonzepts sind neben Gestaltungsoptionen zunaumlchst auch Ziele und Motive fuumlr seinen Einsatz Letztlich gilt es dem Rechtsanspruch auf Teilzeit gerecht zu werden und dabei die mit dem Instru-

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ment verbundenen Chancen zu nutzen sowie moumlgliche Nachteile zu vermei-den

Grundsaumltzliche Aufgabe eines solchen Personalkonzepts ist es fuumlr einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und gleichzeitig die unterschiedlichen Inter-essen aller Beteiligten in eine Balance zu bringen Dazu gilt es zunaumlchst den erforderlichen Handlungsrahmen aus Sicht des Traumlgers zu definieren und im Interesse der betrieblichen Belange zu begrenzen Dabei ist zu beruumlcksichti-gen dass sich letztlich stets das Beduumlrfnis nach Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt fuumlr Betriebe und Mitarbeiterinnen einerseits und die im betrieblichen und priva-ten Alltag notwendige Flexibilitaumlt andererseits gegenuumlberstehen Weitere zen-trale Elemente eines solchen Konzepts koumlnnen beispielsweise folgende sein ndash Wochenarbeitszeitmodelledefinieren Fuumlr die Verteilung der Arbeitszeit auf

die Wochentage koumlnnen unterschiedliche Modelle angeboten werden die den unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiterinnen entsprechen wie z B Zweieinhalb- Vier-Tage- oder Fuumlnf-Tage-Woche (halbtags) etc Auch kleine Teilzeiten finden sich in der Praxis etwa als Minijobs fuumlr El-ternzeitlerinnen (6ndash8 Stunden) fuumlr gezielte Aufgaben (Springer Vertre-tung individuelle Foumlrderung oder Aumlhnliches)

ndash RegelungenfuumlreinebdquogerechteldquoVerteilungvonTeilzeitstellenuumlberdieEinrich-tungen Verschiedene Formen von Teilzeitarbeit (z B klassische Vormit-tagsstellen) sollten nach nachvollziehbaren Kriterien auf die Einrichtun-gen verteilt sein damit sie mit dem Kinderbetreuungsbetrieb vertraumlglich sind ndash eine Maszlignahme uumlbrigens die bereits haumlufig Anwendung findet z B indem nur begrenzte Anzahlen von klassischen Vormittagsstellen pro Kita oder nur eine Stellenteilung pro Gruppe vorgesehen werden

ndash Flexibilitaumltserwartungen des Traumlgers transparent machen und im Gegenzug Verlaumlsslichkeit und Planbarkeit zusichern Auch Teilzeitkraumlfte identifizieren sich mit dem was sie tun und tun moumlchten um als vollwertiger Mitar-beiterin wahrgenommen zu werden Sie uumlbernehmen gerne bestimmte Aufgaben ndash etwa saisonale Mehrarbeit oder auszligerplanmaumlszligige Arbeiten ndash wenn sie eigenverantwortlich planbar sind und ins persoumlnliche Zeitraster eingepasst werden koumlnnen

ndash Arbeitsplatzbeschreibungen fuumlr die verschiedenen Teilzeitmodelle entwickeln Weniger Bezugskinder und weniger Dokumentationspflichten sind die bislang einzigen uumlblichen Maszlignahmen zur Entlastung von Teilzeitkraumlf-ten Sinnvoller erscheint es anhand einer Arbeitsanfall-Analyse das ge-samte Arbeitspensum in der Kita zu definieren und daraus Arbeitsplatz-beschreibungen unter Beruumlcksichtigung der Teilzeitstellen abzuleiten (vgl Abschnitt 432)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash Partizipation und Austausch durch geeignete Maszlignahmen ermoumlglichen Zeit-liche Ressourcen fuumlr die notwendige Abstimmung im Team koumlnnen z B durch ein Uumlbergabe-Management oder durch mehr Verfuumlgungszeit fuumlr Teilzeitkraumlfte geschaffen werden (vgl LSJV 2005)

ndash BeruflicheFortbildungvonTeilzeitkraumlftenfoumlrdernErwerbstaumltige Muumltter stel-len ihre eigenen beruflichen Interessen oft zugunsten ihrer eigenen Kin-der zuruumlck was mittel- und langfristig mit negativen Folgen fuumlr die eige-ne Motivation die Qualitaumlt und die Identifikation mit der Arbeit (und damit fuumlr den gesamten Betrieb) verbunden sein kann Im Sinne der In-tention von Teilzeitarbeit als Instrument der Personalbindung wirkt die-se Haltung darum eher kontraproduktiv Die Foumlrderung der beruflichen Fortentwicklung fuumlr Teilzeitkraumlfte kann in Form von Fachkarrieren etwa im Sinne einer Spezialisierung oder durch die Entwicklung von Zusatz-kompetenzen erfolgen (vgl Abschnitt 413)

ndash Modelle fuumlr Leitung in Teilzeit entwickeln Weibliche Fuumlhrungskraumlfte ndash in der Wirtschaft insgesamt immer noch wenig verbreitet ndash sind ein beson-deres Kennzeichen von Kitas Zu selten noch wird die Uumlbernahme der Leitungsposition jedoch in Teilzeit gedacht Geeignete Leitungsmodel-le ndash fuumlr groszlige Einrichtungen auch fuumlr die Stellvertreter-Position ndash lassen sich entwickeln z B als Jobsharing-Modelle als vollzeitnahe Varianten oder als Phasen-Modelle (Vollzeitphase uumlber mehrere Monate im Wech-sel mit Teilzeitphasen vgl BMFSFJ 2008 27 ff)Diese grundsaumltzlichen Uumlberlegungen lassen sich am Praxisbeispiel des

Teilzeitkonzeptes des Jugendamtes Duumlsseldorf veranschaulichen

Teilzeitkonzept als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo (Jugendamt Duumlsseldorf 2011a)

Bestandteil eines Konzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo der Stadt Duumlsseldorf ist ein Teilzeitkonzept im Rahmen verschiede-ner Maszlignahmen zur bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo Die bdquoEmpfehlungen zur Teilzeit im Jugendamtldquo verfolgen das Ziel einen ordnenden Rahmen zu schaffen Hiermit soll eine Balance zwischen den betrieblichen Interessen einerseits und andererseits den Wuumln-schen der voll- und teilzeitbeschaumlftigten Mitarbeiterinnen hergestellt werden Die angestrebte Uumlberschaubarkeit wird mithilfe von vier Zeitfenstern (vgl Abbildung 6) und einer Anzahl von organisatori-schen Angaben und Regelungen hergestellt

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Mithilfe der Zeitfenster wird einerseits zwischen horizontaler und vertikaler Teilzeit unterschieden Nach Absprachen und unter Be-ruumlcksichtigung betrieblicher Erfordernisse ist eine taumlglich stattfinden-de Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der unterschiedlich vertrag-lich vereinbarten Wochenarbeitszeit in Form von Teilzeit bdquoklassischldquo und bdquopurldquo ebenso moumlglich wie die Umsetzung an einzelnen Wochen-tagen in Form der bdquokurzen Wocheldquo und bdquoTeilzeit plusldquo

Die Moumlglichkeit zur weitgehend individuellen Handhabung und Umsetzung der Zeitfenster fuumlhrt dazu dass ca 80 verschiedene Teil-zeitvarianten umgesetzt werden Zudem erweist sich die bdquokurze Teil-zeitldquo bei der die Wochenarbeitszeit auch unter 10 Stunden liegen kann als sinnvoll da hiermit bestimmte Aufgabenbereiche z B spe-zielle Angebote in der Kita durch Erzieherinnen in der Elternzeit ab-gedeckt werden die ihnen die Moumlglichkeit zur Erwerbsarbeit bieten und sich zudem foumlrderlich auf den Wiedereinstieg auswirken

Abbildung 6

Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell

Quelle Jugendamt Duumlsseldorf 2011a

Kurze Woche19ndash21 Std

3 Tage

24ndash30 Std

3ndash5 Tage

Kurze Teilzeit (fuumlr Mitarbeiterinnen) Spezialaufgaben auch unter 10 Std Wochenarbeitszeit

19ndash21 Std

5 Tage

12ndash15 Std

2ndash3 TageTeilzeit plus

Teilzeit klassisch

Teilzeit pur

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Eine weitere Orientierung und ebenso Verbindlichkeit zum Um-gang mit Teilzeit wird durch unterschiedliche Regelungen erzielt Zu den grundsaumltzlichen Regelungen gehoumlren z B Stellenbeschreibun-gen die Einbindung in die Kommunikationsstruktur der Einrich-tung Service- und Oumlffnungszeiten Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausschlieszligliche Taumltigkeit am Vormittag und die Notwendigkeit zum Vorhandensein der Bereitschaft zu wechselnden Dienstzeiten

Regelungen zu Teilzeit in Leitungsfunktion verweisen auf die grundsaumltzliche Teilbarkeit aller Fuumlhrungspositionen

Abteilungsspezifische Regelungen nehmen zudem Bezug auf die Anforderungen der unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsge-biete Fuumlr die Abteilung Kindertageseinrichtungen beziehen sich die-se z B auf ndash Moumlglichkeit zur Realisierung des Teilzeitwunsches in einer ande-

ren Kita ndash keine Reduzierung des Stundenbudgets der Einrichtung durch

Teilzeit ndash zeitnahe Besetzung von Reststunden die bei der Realisierung

eines Teilzeitwunschs nicht mehr abgedeckt sind ndash maximale Erhoumlhung der Anzahl der Mitarbeiterinnen einer

Gruppe durch eine Person ndash Vorgabe zur Zahl der Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung die

nicht houmlher sein soll als die der Vollzeitkraumlfte ndash Grenzen von Teilzeit z B Ausschluss der Gruppenleitung einer

Familiengruppe mit vielen unter Dreijaumlhrigen ndash Bereitstellung von 05 Stunden woumlchentlich pro geteilter Vollzeit-

stelle zur Durchfuumlhrung von Besprechungen ndash Anleitung von Praktikantinnen nur durch Vollzeitkraumlfte

Nach einer zweijaumlhrigen Pilotphase mit Zustimmung des Personal-rates wurde die Umsetzung des Teilzeitprojektes 2011 entschieden Zur Sensibilisierung der Leitungskraumlfte erfolgte uumlber mehrere Jahre eine Leitungsschulung zur Dienstplangestaltung Eine Clearingstel - le wurde zur Unterstuumltzung und Loumlsung strittiger Faumllle eingerichtet die eingeschaltet werden kann wenn sich keine einvernehmlichen Loumlsungen finden lassen (vgl Jugendamt Duumlsseldorf 2011b)

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432 Zeitmanagement und Dienstplangestaltung

Beim Management und im Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen wird es zunehmend wichtiger Zeitspielraumlume zu finden und die Personal-einsatzplanung so zu gestalten dass Kontinuitaumlt und Verlaumlsslichkeit fuumlr die Bildungsprozesse der Kinder und gleichzeitig ein moumlglichst groszliges Maszlig an Flexibilitaumlt fuumlr die Ablaumlufe in der Einrichtung gewaumlhrleistet werden Im Fol-genden geht es um die Anforderungen an einen Dienstplan der sich bei der Personaleinsatzplanung an den Aufgaben der Kindertageseinrichtung orien-tiert und gleichzeitig Flexibilitaumlt fuumlr die Fachkraumlfte zulaumlsst (vgl im Folgenden Klaudy 2015)

Flexible Arbeitszeitkonzepte wie sie bereits seit laumlngerem in vielen an-deren Branchen erfolgreich praktiziert werden verfolgen grundsaumltzlich das Ziel die individuelle Arbeitszeit von der Betriebszeit abzukoppeln um somit zu einer besseren Auslastung der Zeit- bzw Betriebskapazitaumlten zu gelangen (vgl Olfert 2010 197 ff) Bei Beschaumlftigten tragen sie dazu bei unterschiedli-che Vereinbarkeitsbedarfe die sich im Lebensverlauf ergeben koumlnnen reali-sieren zu koumlnnen und somit uumlber mehr Zeitsouveraumlnitaumlt verfuumlgen zu koumlnnen (vgl Hoffmann 2015 25 f) Den Arbeitgeber kann eine Flexibilisierung da-bei unterstuumltzen neben der Orientierung an vorhersehbaren laumlngerfristigen Bedarfen auch unvorhersehbare Schwankungen und kurzfristige Bedarfs-aumlnderungen auffangen zu koumlnnen Das Instrument bdquoArbeitszeitkontoldquo kann eine solche Flexibilisierung von Arbeitszeiten unterstuumltzen (vgl Kirschten 2014 216 f) Die Zeitbewirtschaftung flexibler Gestaltungsformen von Ar-beitszeit z B Teilzeit gleitende Arbeitszeit Vertrauensarbeitszeit und Lang-zeitmodelle (z B Jahresarbeitszeit) erfolgt dabei uumlber die Erfassung von Ab-weichungen in Form von Mehrarbeitsstunden (transitorische Uumlberstunden) die durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden (vgl Zapf 2012 10) Derar-tige Arbeitszeitmodelle eroumlffnen erweiterte Moumlglichkeiten fuumlr die flexible und bedarfsorientierte Gestaltung von Dienst- und Schichtplaumlnen Entschei-dend dabei ist dass bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen ein Gleich-gewicht gefunden wird zwischen den Flexibilitaumltsbedarfen die sich aus den Aufgaben im jeweiligen Arbeitsfeld ergeben und den Beduumlrfnissen der Be-schaumlftigen nach Verlaumlsslichkeit und Work-Life-Balance Dann kann eine soge-nannte Win-Win-Situation also ein fuumlr alle Beteiligten zufriedenstellender Ausgleich der Interessen beim Umgang mit Zeitressourcen entstehen

Im Alltag vieler Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass es immer wie-der zu personellen Engpaumlssen kommt und ein Wechsel zwischen Zeiten statt-findet zu denen im Vergleich zur Anwesenheit der Kinder relativ viele Fach-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

kraumlfte anwesend sind und solchen Zeiten in denen es zu wenige sind Wie die Interviews gezeigt haben (vgl Abschnitt 322) stellen diese immer wie-der auftretenden Belastungsspitzen einen wesentlichen Stressfaktor dar Um eine gute Bildungsqualitaumlt fuumlr die Kinder und eine gute Work-Life-Balance fuumlr die Fachkraumlfte zu gewaumlhrleisten liegt die besondere Anforderung fuumlr die Personaleinsatzplanung darin hier eine moumlglichst gute Passung von Aufga-ben und Personal mit der Anzahl der anwesenden Kinder herzustellen und somit zu einer optimalen Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Zeitressour-cen beizutragen

Angesichts dieser Problemwahrnehmung wird bei vielen der befragten Traumlger versucht die Teams durch geeignete Maszlignahmen zu unterstuumltzen Haumlu figer eingesetzte Instrumente zum Umgang mit Personal(bedarfs)-schwan kungen sind z B Springerpools die bei Kurzzeit-Erkrankungen oder bis zur Einstellung einer Vertretung genutzt werden Da viele Traumlger in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht haben dass es unterjaumlhrig schwierig ist qualifiziertes Personal zu gewinnen legen einige Personalverantwortli -che einen Bewerberpool an auf den sie kurzfristig zugreifen koumlnnen um Personalausfaumllle moumlglichst sofort auffangen zu koumlnnen Bei einigen anderen Traumlgern werden zu Beginn des Kindergartenjahres Mitarbeiterinnen bdquoauf Vorratldquo eingestellt um Ausfaumllle und Schwankungen im Bedarf im Laufe des Jahres intern ausgleichen zu koumlnnen

Wenngleich flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten in der Kita bis-lang keine uumlblichen Instrumente sind zeigte sich jedoch in den Leitungs-interviews aber auch in einigen Gespraumlchen mit Personalverantwortlichen dass sich in der betrieblichen Praxis bereits viele unterschiedliche Ansaumltze ndash z T in einer Erprobungsphase ndash finden allerdings auch mit unterschiedli-chem Erfolg Im Rahmen der Beschaumlftigtenbefragung berichteten einige Erzieherinnen in der Familienphase dass sie flexible Arbeitszeiten und eine flexible Arbeitsorganisation nutzen und als gute Unterstuumltzung empfinden (vgl auch BMFSFJ 2010 6 ff) Eine Mitarbeiterin beschrieb sehr positiv ein Monats- und Schichtarbeitszeitmodell mit Zielvorgaben mit vier bis fuumlnf Mitarbeiterinnen in der Gruppe die alle mit ihren Zeiten flexibel umge -hen koumlnnen So sei es moumlglich die zeitlichen Anforderungen der Kita mit den Anforderungen der eigenen Familie in eine Balance zu bringen Auch ein Jahresarbeitszeitmodell sorge fuumlr eine bdquofast reibungslose Vereinbarkeitldquo

In Kindertageseinrichtungen erfolgt die Personaleinsatzplanung mithilfe des Dienstplanes Dieser hat zunaumlchst die Funktion die Taumltigkeit der Fach-kraumlfte so zu koordinieren dass fuumlr alle erforderlichen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt die notwendige Mindestanzahl an paumldagogischen Fachkraumlften zum

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Einsatz kommt dass also weder eine Unter- noch eine Uumlberbesetzung erfolgt Daruumlber hinaus soll er durch seine schriftliche Fixierung eine vorausschauen-de Wirkung herstellen die wichtig fuumlr die weiteren Planungstaumltigkeiten von Leitung und paumldagogischen Fachkraumlften ist Die Ausgangsbasis des Dienst-planes stellt die Fachkraft-Kind-Relation dar die entsprechend des Alters und der Anwesenheit der Kinder in den Landesausfuumlhrungsgesetzen der Bundes-laumlnder unterschiedlich ausfaumlllt (vgl Viernickel et al 2013 21 ff)

Wenn alle Fachkraumlfte anwesend sind ergeben sich bei Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschluumlssels keine erhoumlhten Anforderungen Proble-me stellen sich dann ein wenn bei der Erfassung der Fachkraft-Kind-Relation die anteiligen Fehl- oder Ausfallzeiten der Fachkraumlfte fuumlr Urlaub Krankheit Fortbildungstage etc nicht ausreichend Beruumlcksichtigung finden Dies kann anhand einer Netto-Arbeitszeitberechnung verdeutlicht werden Unter der Netto-Arbeitszeit wird die tatsaumlchlich real anfallende Arbeitszeit verstanden d h aus den Brutto-Arbeitszeiten werden die bdquoAusfallzeitenldquo der Mitarbei-terinnen fuumlr die Arbeitszeit mit dem Kind herausgerechnet Hierbei wird von einer Jahresarbeitszeit von 50 Arbeitswochen ausgegangen da fuumlr die ge-setzlichen Feiertage im Durchschnitt zwei Wochen von den 52 Wochen ab-zurechnen sind Von diesen 50 Wochen sind im Durchschnitt etwa 10 Wo-chen abzuziehen in denen die Beschaumlftigten nicht zur Verfuumlgung stehen ndash etwa sechs Wochen fuumlr Urlaub zwei Wochen fuumlr Krankheit eine Woche fuumlr Fortbildung eine Woche fuumlr Mehrstundenausgleich Statt 50 Arbeitswochen betraumlgt die reale jaumlhrliche Arbeitszeit also nur 40 Arbeitswochen ndash 20 Prozent der Jahresarbeitszeit sind somit bei der Planung von vornherein abzuziehen Diese Zahl multipliziert sich mit der Anzahl der Fachkraumlfte und fuumlhrt dazu dass rein rechnerisch bei fuumlnf Fachkraumlften (mit insgesamt 50 Wochen Ar-beitsausfall) davon auszugehen ist dass immer eine Fachkraft fehlt

Wie jede planbare und anspruchsvolle Arbeit erfordert auch die qualitaumlts-orientierte Bildungsarbeit eine angemessene Zeit fuumlr eine sorgfaumlltige Vor- und Nachbereitung Waumlhrend die Fachkraft-Kind-Relation die Betreuungssitua-tion fuumlr die unmittelbare paumldagogische Arbeit mit den Kindern beschreibt beruumlcksichtigt der Personalschluumlssel daruumlber hinaus auch die mittelbare also paumldagogische Arbeitszeit ohne direkten Kontakt mit den Kindern (vgl Viernickel et al 2013 32 ff) Mittelbare Arbeitszeiten dienen der Vor- und Nachbereitung von Taumltigkeiten einer paumldagogischen Fachkraft die zur um-fassenden Erfuumlllung des Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrages von Kindertageseinrichtungen notwendig sind Dazu gehoumlren Zeiten fuumlr ndash die Beobachtung und Dokumentation der Entwicklungsverlaumlufe und der

Sprachentwicklung von Kindern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash die Festlegung und Erarbeitung des individuellen Foumlrderbedarfs einzel-ner Kinder

ndash die Taumltigkeiten im Sinne der Qualitaumltsentwicklung und -sicherung z B Qualitaumltsmanagement und Konzeptionsarbeit

ndash die Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten Elternbeirat Trauml-ger Schulen und Einrichtungen der Familienbildung etc

ndash die Anleitung von Praktikantinnen Zusammenarbeit mit den Fach-schulen

ndash den Austausch mit Fachdiensten wie z B Logopaumldinnen Ergothera-peutinnen und Heilpaumldagoginnen

ndash die Dienstbesprechungen ndash die Fachliteratur und Medienvorbereitung und nicht zuletzt ndash Reflexion Besprechung und Auswertung gezielter kollegialer (Team-)Be-

ratungen Supervision sowie den fachlichen kollegialen Austausch

Der Anteil der mittelbaren Arbeitszeit von der Gesamtarbeitszeit einer Fach-kraft ist in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt und wird z B in pro-zentualen Anteilen oder Stunden vorgegeben (vgl Statistisches Bundesamt 2014) Wenn 10 Prozent der Arbeitszeit einer Fachkraft wie beispielsweise fuumlr Nordrhein-Westfalen geregelt fuumlr die mittelbare Arbeitszeit eingeplant werden ergibt sich zusammen mit einer Ausfallzeit von 20 Prozent eine reale Arbeitszeit mit den Kindern im Umfang von nur 70 Prozent Ein Dienst-plan der die Ausfallzeiten und mittelbaren Arbeitszeiten nicht beruumlck-sichtigt uumlberschaumltzt somit die Zeitpotenziale der Fachkraumlfte Immer wieder-kehrende Personalengpaumlsse die Zeiten der Uumlber- und Unterbelastung bei den Fachkraumlften hervorrufen sind das unausweichliche Resultat

Neben der real zur Verfuumlgung stehenden Arbeitszeit ist fuumlr einen optima-len Personaleinsatzplan die genaue Kenntnis uumlber den tatsaumlchlich erforderli-chen Betreuungsbedarf (Laumlnge der Oumlffnungszeiten und anwesende Kinder) notwendig Die Bewertung setzt eine Analyse des Ist-Zustandes voraus um hier eine Abstimmung der Anwesenheit der Kinder mit dem Personaleinsatz vorzunehmen Durch eine Nutzerfrequenzanalyse werden die Bring- und Ab-holzeiten der Kinder mit dem Ziel dokumentiert verlaumlssliche Angaben daruuml-ber zu erhalten an welchen Tagen und zu welchen Zeiten wie viele Kinder anwesend sind Die Nutzerfrequenzanalyse verfolgt das Ziel ndash die Oumlffnungszeitbedarfe besser einschaumltzen zu koumlnnen ndash Zeit- bzw Qualitaumltsreserven zu ermitteln und ndash Verbesserungshinweise zu Oumlffnungszeiten und Arbeitsorganisation zu er-

halten

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Nach der Auswertung liegen als Ergebnis genaue Angaben zum Verhaumlltnis von Gruppenstaumlrke und Personaleinsatz vor Die zeitlichen Verlaumlufe und Gruppenzusammensetzungen werden exakt abgebildet so dass sie fuumlr eine Uumlberpruumlfung oder Optimierung zur Gestaltung der an den konkreten Bedarf angelehnten Oumlffnungszeiten sowie fuumlr eine bedarfsgerechte Personaleinsatz-planung genutzt werden koumlnnen Da sich die familiaumlren Bedarfe hinsichtlich der Betreuungszeiten aumlndern koumlnnen empfiehlt es sich das Verfahren in re-gelmaumlszligigen Abstaumlnden zu wiederholen

Neben der Anwesenheit der Kinder bilden die Aufgaben den Rahmen fuumlr die Gestaltung des Dienstplans In vielen Kindertageseinrichtungen erfolgt die Arbeitsorganisation anhand der zur Verfuumlgung stehenden Personenzahl Die Orientierung an den Aufgaben zielt demgegenuumlber auf einen bedarfsori-entierten Personaleinsatz ab wobei die zu erfuumlllenden Aufgaben und deren zeitlicher Erfuumlllungsbedarf ermittelt und ins Verhaumlltnis zueinander gebracht werden muumlssen Dazu werden alle regelmaumlszligigen und einmal zu verrichten-den Taumltigkeiten neben den Betreuungszeiten (mit festgeschriebenem Perso-nal-Kind-Schluumlssel) in Form einer Bestandsaufnahme gesammelt und einer kritischen Pruumlfung unterzogen Die Aufgaben werden hinsichtlich ihrer Not-wendigkeit und ihres Zeitaufwandes bewertet Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnen unter anderem folgende Fragen geklaumlrt und im Team neu und ver-bindlich geregelt werden ndash Zu welcher Zeit muumlssen welche Taumltigkeit verrichtet werden die z B der

Vorbereitung von Tagesroutinen wie Oumlffnung und Schlieszligung der Grup-pen oder Einrichtung Vorbereitung von Mahlzeiten etc dienen

ndash Wie wichtig sind die unterschiedlichen Aufgaben Welche Prioritaumlt ha-ben sie

ndash Wer verrichtet welche Taumltigkeiten wo wann und in welcher Zeit

Durch eine kritische Betrachtung dieser Art koumlnnen bdquoliebgewonnene Ge-wohnheitenldquo identifiziert und auf ihre Sinnhaftigkeit hin hinterfragt wer -den So koumlnnen bdquoZeitfresserldquo ebenso gefunden werden wie Taumltigkeiten und Situationen die zu bestimmten Zeiten den Einsatz von mehr Personal erfor-dern Demgegenuumlber stehen aber auch solche Taumltigkeiten und Situationen die zwar Zeit beanspruchen dafuumlr aber das gute Arbeitsklima staumlrken und den Teamzusammenhalt foumlrdern und fuumlr die deshalb zeitliche Ressourcen be reitgestellt werden sollten Die Ergebnisse einer solchen Analyse koumlnnen auch dazu dienen dass bestimmten Diensten auch bestimmte Aufgaben zu-geschrieben werden Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnte so geklaumlrt wer -den welche Taumltigkeiten in der Zeit von Oumlffnung der Kita bis zum Eintreffen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

des naumlchsten Dienstes zu verrichten sind und wie sich die Aufgaben auftei -len

Besonders in bdquooffenldquo und bdquoteiloffenldquo arbeitenden Kindertageseinrichtun-gen erfolgt eine gemeinsame Orientierung der Mitarbeiterinnen auf alle Kinder Fachkraumlfte in Einrichtungen die nach dem bdquoGruppenprinzipldquo arbei-ten haben nicht selten nur ihre Gruppe mit ihren Kindern im Blick Eine Flexibilisierung der Dienstplaumlne erfordert jedoch den Blick uumlber die Gruppe hinaus und die kritische Uumlberpruumlfung des teilweise noch vorherrschenden Prinzips in Kindertageseinrichtungen bdquoIch und du und unsere Kinderldquo Mehr Flexibilitaumlt wird moumlglich wenn sich mehrere Fachkraumlfte fuumlr mehrere Kinder verantwortlich fuumlhlen Daruumlber hinaus haben z B feste Zustaumlndigkeiten von vier Fachkraumlften fuumlr zwei Gruppen zur Folge dass Kinder auch das Personal aus der anderen Gruppe kennen wodurch eine Vertretung erleichtert wird Die Orientierung an den Aufgaben und Verlagerung von Zustaumlndigkeiten uumlber die Gruppengrenzen hinaus sind weitere wesentliche Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten

Moumlglichkeiten der Umsetzung bieten sich z B in der Form an dass die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten uumlber einen laumlngeren Zeitraum von den tatsaumlchlich geleisteten Arbeitszeiten entkoppelt werden Dazu wird ein Arbeitszeitkorridor als Rahmen festgelegt der vorgibt in welchem Zeit-raum die abzuleistende Arbeitszeit erfuumlllt sein muss z B monatlich oder jaumlhrlich Die individuelle Arbeitszeit wird dann in Form von individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Die Fuumlhrung eines solchen Zeitkontos erfolgt durch die Fachkraumlfte selbst das Controlling durch die Leitung Der Einsatz dieses Instruments und die zusaumltzlich erforderlichen Regelungen werden grundsaumltzlich in Abstimmung mit dem Traumlger und der Personalvertretung vereinbart Ein Beispiel fuumlr eine solche dezentralisierte Dienstplangestaltung findet sich im Kasten

Das Monats-Arbeitszeitmodell im Reggio-Kinderhaus Gotha (Smudel 2015)

Das Reggio-Kinderhaus in Gotha ist eine kommunale Kita mit 200 Plaumltzen fuumlr ein- bis sechsjaumlhrige Kinder Jeweils zwei Gruppen mit insgesamt 36 Kindern bilden einen bdquoMini-Kindergartenldquo fuumlr den ein Klein-Team von Erzieherinnen zustaumlndig ist Dieses Klein-Team stimmt seine Dienstzeiten zunaumlchst intern und bei Bedarf auch grup-penuumlbergreifend ab die Kita-Leitung greift nur bei Unterstuumltzungs-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bedarf ein Da das Klein-Team den besten Uumlberblick uumlber die Anwe-senheitszeiten bdquoseinerldquo Kinder hat kann unkompliziert auf Schwan-kungen in der Auslastung reagiert werden

Die geleistete Arbeitszeit wird in individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Ein Uumlber- bzw Unterschreiten der vereinbarten regelmaumlszligigen woumlchentlichen Arbeitszeit ist moumlglich wobei maximal 24 Stunden als Plus- oder Minusstunden in den Folgemonat uumlbernommen wer-den duumlrfen Bei houmlheren Stundenkontingenten (max 40 Stunden) ist die Zustimmung der Kita-Leitung erforderlich Bei einem entspre-chend hohen Arbeitszeitguthaben besteht die Moumlglichkeit einer stun-denweisen oder ganztaumlgigen Freistellung (fuumlr maximal drei freie Tage im Monat auch in Verbindung mit Urlaub) Im Vorgriff auf kuumlnftige Plusstunden koumlnnen ebenfalls maximal drei freie Tage genommen werden

Bei den Erzieherinnen setzt dieses Modell Flexibilitaumlt und Eigen-verantwortlichkeit und die Bereitschaft sowohl zur Mehrarbeit als auch zum Uumlberstundenabbau voraus Die Kita-Leitung wird durch die Dezentralisierung entlastet die Mitarbeiterinnen koumlnnen in Ab-stimmung mit dem Team private Belange beruumlcksichtigen

Ausgangspunkt fuumlr die Gesamtplanung sollte die reale Arbeitszeit fuumlr jeden Mitarbeiterin sein Nach erfolgter Aufgabenorientierung kann dann mit Be-ruumlcksichtigung der jeweiligen kinderfreien Arbeitszeiten zur Vor- und Nach-bereitung ein Basisdienstplan erstellt werden Die reale Umsetzung geschieht dezentral durch die Mitarbeiterinnen Abweichungen von der tatsaumlchlichen Arbeitszeit undoder Aufgabenerledigung durch dienstliche oder private Be-darfsaumlnderungen werden in den individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Bei Bedarf kann im Abgleich mit privaten Zeiten eine woumlchentliche Mehrarbeit (Plus-Stunden) erfolgen oder bei weniger Arbeitsanfall koumlnnen bdquoReservezei-tenldquo (Minus-Stunden) entstehen von Zeiten also die zunaumlchst privat genutzt werden und erst spaumlter z B bei Personalengpaumlssen eingebracht werden Die individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit bleibt davon unberuumlhrt und wird in dem vereinbarten Zeitkorridor erreicht In der Praxis von Kindertagesein-richtungen werden flexible Arbeitszeiten in unterschiedlichen Modellen ein-gesetzt ndash Kleine Loumlsungen durch bdquoDepotstundenldquo oder bdquoStundenkontingentmo-

delleldquo die meist im Umfang bis zu monatlichen 10 Plus- und 10 Minus-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stunden umgesetzt werden dienen der Personalsicherung bei unvorher-sehbarem Bedarf Elternabenden Aktionen etc um Mehrarbeitsstunden entgegenzuwirken

ndash Moumlglichkeiten der monatlichen Uumlbertragung von 25 Plus- und 25 Mi -nus-Stunden erfassen einen groumlszligeren Flexibilisierungsumfang fuumlr Mitar-beiterinnen und bilden eine houmlhere Zeitreserve bei Personalengpaumlssen ab

ndash Jahresarbeitszeitmodelle haben den Vorteil dass sie saisonale und jah-reszeitliche Personal(bedarfs)schwankungen die sich z B durch Ferien-zeiten Bruumlckentage sowie Eingewoumlhnung zu Beginn eines Kita-Jahres ergeben in der Personaleinsatzplanung beruumlcksichtigen koumlnnen

Bei der Umsetzung muss das Ausmaszlig der Entkopplung der woumlchentlichen Arbeitszeit vom vertraglich vereinbarten Volumen gepruumlft werden Je houmlher die Zeitanteile sind mit denen das vertraglich vereinbarte Volumen in einem Zeitraum unter- oder uumlberschritten werden kann desto kritischer muss ge-pruumlft werden wo die Flexibilitaumltsgrenzen im Hinblick auf die Work-Life- Balance der Beschaumlftigten liegen Je groumlszliger die Zeitraumlume geplant werden umso wichtiger wird das Zusammenspiel zwischen Traumlger und Personalver-tretung in Form der Erstellung einer Dienstvereinbarung zur rechtlichen Ab-sicherung der Arbeitszeitkonten Letzteres ist vor allem dann relevant wenn man sich fuumlr Loumlsungen entscheidet die uumlber mehrere Jahre reichen Ange-sichts dessen dass Schwankungen im Personalbedarf der Kitas vor allem im Verlauf eines Kita-Jahres auftreten duumlrften mehrjaumlhrige Loumlsungen jedoch in der Praxis von geringer Relevanz sein

Bei aller Flexibilisierung und Optimierung des Personaleinsatzes muss beruumlcksichtigt werden dass sich nicht immer alle Personalengpaumlsse durch flexible Dienstplaumlne beseitigen lassen Grundsaumltzlich sind bei personellen Ausfaumlllen zum einen die gesetzlich vorgegebenen Mindestbesetzungen zu beachten die sich am Wohl des Kindes orientieren zum anderen ist zu be-ruumlcksichtigen dass das vorhandene Personal nicht unzumutbar belastet wer-den darf Traumlger und Fuumlhrungskraumlfte tragen hier Verantwortung und sollten Notfallplaumlne bzw Leitfaumlden zum Umgang mit Personalengpaumlssen entwi-ckeln und bereitstellen die Angaben zur Vorbeugung und zur Bewaumlltigung des Personalnotstandes regeln Sie haben den Vorteil dass der Umgang mit unvorhergesehenen Personalausfaumlllen auch in Abwesenheit der Leitung und fuumlr alle verbindlich geregelt ist Alle notwendigen Maszlignahmen koumlnnen zu je-der Zeit schnell eingeleitet werden

Verbunden damit sollten die Organisation und der Einsatzzeitpunkt von

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Vertretungskraumlften durch den Traumlger geregelt sein Gaumlngige Beispiele aus der Praxis zur Vorbeugung von Personalengpaumlssen sind ndash Aufstockung von Teilzeitvertraumlgen ndash Einrichtung eines Springer-Vertretungspools zur Aushilfe der z B aus

ehemaligen Beschaumlftigten oder Beschaumlftigten aus Nachbareinrichtungen besteht

ndash Kontaktpflege zu (spaumlteren) Berufsruumlckkehrerinnen waumlhrend der Fami-lienzeit

Daruumlber hinaus sind Regelungen sinnvoll die genau festlegen ab welchem Personalbestand in der Einrichtung z B Angebotsveraumlnderungen und Grup-penzusammenlegungen zu erfolgen haben

Die Einfuumlhrung von flexiblen Dienstplaumlnen verfolgt zum einen uumlber eine Bedarfsorientierung und Optimierung von Ablaumlufen das Ziel einer Effizienz- und Effektivitaumltssteigerung im Umgang mit den zur Verfuumlgung stehenden Zeitressourcen Gleichzeitig leisten sie einen groszligen Beitrag fuumlr das Ziel der Mitarbeiterorientierung koumlnnen sie doch grundsaumltzlich auch zu einer besse-ren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den beschaumlftigten Erzieherinnen beitragen Die Erarbeitung und erfolgreiche Umsetzung eines sol -chen Modells koumlnnen jedoch nur dann gelingen wenn ein Konsens zwischen Traumlger und im Team hergestellt wird und die notwendigen Veraumlnderungen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten erfolgen So traumlgt die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen in entscheidendem Maszlige zur Qualitaumlt der Dienstleistung bei und ihre Beteiligung erhoumlht die Bereit-schaft fuumlr Veraumlnderungsprozesse

433 Familienunterstuumltzende Maszlignahmen

Fuumlr die Mitarbeiterinnen die eigene Kinder versorgen oder eigene Angehouml-rige pflegen erweist es sich oft als sinnvoll und notwendig geeignete Maszlig-nahmen bereitzustellen und die Beschaumlftigten bei ihrem Bemuumlhen um eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und FamiliePflege zu unterstuumltzen So koumlnnen sie ndash im betrieblichen wie im eigenen beruflichen Interesse ndash ihren persoumlnlichen Handlungsspielraum erweitern (vgl DIHKBMFSFJ 2015 31 ff)

Zusaumltzlich zum Angebot an flexiblen Arbeitszeiten uumlbernehmen Unter-nehmen immer haumlufiger Beratungs- und Vermittlungsfunktionen ndash vielfach in Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Dienstleistern ndash oder halten ei-gene auf die spezifischen Beduumlrfnisse der eigenen Mitarbeiterinnen und des

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Unternehmens angepasste Betreuungsangebote vor Der Handlungsspielraum flexibler Arbeitszeitmodelle laumlsst sich von berufstaumltigen Muumlttern naumlmlich erst dann ausschoumlpfen wenn gleichzeitig bedarfsgerechte und flexible Kinder-betreuungsmoumlglichkeiten zur Verfuumlgung stehen (vgl Esch et al 2005 79 ff) ndash so wie es einige privat-gewerbliche Anbieter seit vielen Jahren sowohl fuumlr ihre Kundinnen als auch fuumlr ihre Beschaumlftigten erfolgreich praktizieren Im Bereich einer solchen unternehmensnahen Kinder tagesbetreuung fuumlr Be-schaumlftigte mit eigenen Kindern sind vor allem Ange bote der Notfallbetreu-ung betriebliche Kindertageseinrichtungen und die Nutzung von Belegplaumlt-zen in Kindertageseinrichtungen zu nennen (vgl dazu z B Kirschten 2014 222 ff)

Der Bedarf an solchen zusaumltzlichen Maszlignahmen auch bei Traumlgern von Kindertageseinrichtungen wurde im Projekt KONTI offenkundig Haumlufig wird von Beschaumlftigten Leitungen und Personalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlff-nungszeiten von Schule und Kita z B Fruumlh- oder Spaumltdienste nicht wahrge-nommen werden koumlnnen Auch Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferienzeiten der eigenen Kinder sind ein typisches Problem Von den befragten Erzieherinnen wird darauf hingewiesen dass es fuumlr sie be-sonders wichtig sei dass die eigene Kinderbetreuung gut funktioniere nur dann sei der Kopf frei fuumlr die Arbeit Entsprechende Probleme werden als Belastung wahrgenommen Auch wird daruumlber berichtet dass die Erzieherinnen bei Erkrankung des eigenen Kindes oder bei regelmaumlszligigen Arzttermi-nen auf das Verstaumlndnis der Leitung angewiesen seien Besonders dankbar sind diese Mitarbeiterinnen wenn Kinderbetreuungsmoumlglichkeiten beim ei-genen Traumlger verfuumlgbar sind oder das Kind in besonderen Situationen auch schon mal in die eigene Einrichtung mitgenommen werden kann

Grundsaumltzlich unterscheiden sich damit die Anforderungen an die Ge-staltung derartiger Angebote fuumlr die beschaumlftigten Erzieherinnen nicht von denjenigen Anforderungen in anderen Branchen Traumlger von Kindertagesein-richtungen verfuumlgen jedoch aufgrund ihres eigenen Betreuungsangebotes im Vergleich uumlber einige zusaumltzliche Moumlglichkeiten um ihre Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer familiaumlren Pflichten zu unterstuumltzen

Bei einigen der befragten Traumlger wird dieses zusaumltzliche Potenzial entspre-chend genutzt So stellen viele Traumlger ihren Mitarbeiterinnen Betreuungs-plaumltze fuumlr deren Kinder zur Verfuumlgung Um Rollenkonflikte zu verhindern geschieht dies vorzugsweise nicht in der Einrichtung in der die betroffenen Beschaumlftigten selbst arbeiten sondern in anderen Einrichtungen des Traumlgers Bei einigen anderen Traumlgern wird es den Mitarbeiterinnen ndash oft auf infor-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mellem Weg ndash ermoumlglicht ihre eigenen Kinder in besonderen Situationen oder zu Randzeiten etwa zum Fruumlhdienst mit in die Einrichtung zu bringen

Daruumlber hinausgehende Angebote unternehmensnaher Kinderbetreuung auszligerhalb der klassischen Oumlffnungszeiten von Tageseinrichtung und Schule die auf die spezifischen Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Arbeits-zeiterfordernisse der Mitarbeiterinnen zugeschnitten sind (vgl DIHKBMFSFJ 2015 53 ff) finden sich jedoch bei Traumlgern von Kindertagesbe-treuung nur sehr selten obwohl gerade hier ein groszliger Bedarf zu sehen ist Wer lange Oumlffnungszeiten abdecken und im Schichtdienst arbeiten muss kann seine Kinder mit dem traditionellen Angebot nicht vollstaumlndig be-treuen lassen und benoumltigt hier zusaumltzliche Unterstuumltzung Im Rahmen des Projektes KONTI wurde jedoch nur bei einem (privaten) Traumlger eine Back-up-Betreuung vorgefunden Ein kommunaler Traumlger bietet in jedem Stadtteil eine Randzeitenbetreuung an die auch seinen eigenen Mitarbeiterinnen zur Verfuumlgung steht In beiden Faumlllen empfinden es die Befragten als groszlige Hilfe dass sie bei Bedarf darauf zugreifen koumlnnen Zielfuumlhrend ist es darum traumlgerspezifische Betreuungsangebote fuumlr die Kinder der eigenen Mitarbeiterinnen ndash dabei insbesondere auch fuumlr Schulkinder bis zu etwa zwoumllf oder vierzehn Jahren ndash zu entwickeln damit die als Erzieherinnen beschaumlftigten Muumltter keine Sonderbehandlung bei der Bewaumlltigung ihres Berufsalltags be-noumltigen (vgl IAQ 2011) mit Betreuungsmoumlglichkeiten zu Randzeiten am Wochenende und fuumlr die (Schul-)Ferienzeiten

Das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist (zurzeit noch) bdquoin der Praxis von geringer Relevanzldquo (KuumlmmerlingBaumlcker 2012 328) Das Bewusstsein fuumlr die Problematik ist zwar teilweise vorhanden aber es gibt bislang nur wenige spezifische Maszlignahmen die sich explizit auf die Unterstuumltzung bei diesem Vereinbarkeitsbedarf beziehen Dazu gehoumlren z B Be ratungs- und Informationsservices von Betrieben Reduzierung von Ar-beitszeiten und vor allem informelle Regelungen die Ruumlcksicht auf die Nichtvorhersehbarkeit von Pflegesituationen nehmen (vgl Kuumlmmerling Baumlcker 2012 327) Auch das bestaumltigte sich im Projekt KONTI Beispielswei-se werden von einzelnen der befragten Traumlger die neben der Kindertagesbe-treuung noch weitere soziale Dienstleistungen anbieten diese Potenziale auch fuumlr eigene Mitarbeiterinnen genutzt indem etwa traumlgereigene Pflege-dienstleistungen vermittelt werden

Ein weiterer der befragten privaten Traumlger hat sich darauf eingestellt dass Work-Life-Balance mit individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen und Problemlagen verbunden ist und die Angebote an familienunterstuumltzen-den Dienstleistungen dementsprechend vielfaumlltig sein muumlssen Er stellt des-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

halb fuumlr seine Beschaumlftigten nicht nur sein komplettes Spektrum an flexiblen Angeboten der Kindertagesbetreuung bereit sondern hat daruumlber hinaus eine bdquoMitarbeiter-Agenturldquo gegruumlndet die Beratungs- und Unterstuumltzungsan-gebote fuumlr die Beschaumlftigten buumlndelt und individuelle Loumlsungen vermittelt

Die Mitarbeiter-Agentur als Ansprechpartner der Beschaumlftigten (KirsteinWaimann 2015)

Die Kinderhaus Rasselbande gGmbH hat sich zum Ziel gesetzt ihren Mitarbeiterinnen ganzheitlich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Seite zu stehen Entstanden ist daraus die KIRA-Mitar-beiter-Agentur die zu allen Fragestellungen auf Wunsch anonym be-raumlt ganz konkret und individuell Loumlsungsstrategien entwickelt und bei der Umsetzung unterstuumltzt Alle Mitarbeiterinnen koumlnnen sich telefonisch oder per E-Mail an die KIRA-Ansprechpartnerinnen wen-den und ihre Anliegen vorbringen Auch die Vereinbarung von per-soumlnlichen Terminen zu denen auch betroffene Angehoumlrige mitge-bracht werden koumlnnen ist jederzeit moumlglich Die Fragestellungen die die Mitarbeiter-Agentur erreichen sind vielfaumlltig Im Folgenden ein paar Beispiele ndash Die Groszligmutter von Mitarbeiterin Kathrin S21 ist seit einigen

Jahren verwitwet und lebte bisher allein in ihrer Wohnung Der Gesundheitszustand der 87-jaumlhrigen Dame hat in den letzten Mo-naten stark nachgelassen so dass sie nicht mehr allein bleiben kann Kathrin S und ihre Familie moumlchten ihre Groszligmutter aber nicht in einem Pflegeheim unterbringen Die Mitarbeiter-Agen-tur unterstuumltzt Kathrin S bei der Beantragung einer Pflegestufe und recherchiert Unterstuumltzungsangebote am Wohnort der Groszlig-mutter Schlieszliglich gelingt es der Mitarbeiter-Agentur fuumlr die Groszligmutter eine Pflegekraft zu organisieren die in den Haushalt mit einzieht

ndash Mitarbeiter Ralf D und seine Frau haben vor ein paar Monaten Zwillinge bekommen und ihre aktuelle Wohnung platzt aus allen Naumlhten Sie wuumlrden gern eine groumlszligere Wohnung in einem an-deren Stadtteil mieten kommen aber nicht dazu sich darum zu

21 Alle Namen sind geaumlndert

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

kuumlmmern Die Mitarbeiter-Agentur trifft sich mit Familie D und nimmt die Wuumlnsche auf recherchiert Wohnungsangebote und legt sie der Familie vor Nachdem Ralf D und seine Frau die Fa-voriten ausgewaumlhlt haben vereinbart die Mitarbeiter-Agentur Be-sichtigungstermine fuumlr die Familie Die Betreuung der Zwillinge uumlbernimmt in der Zeit die Kinderhaus Rasselbande gGmbH

ndash Die Tochter von Mitarbeiterin Sonja D hat zunehmend Proble-me im Franzoumlsisch-Unterricht und benoumltigt Nachhilfe Da Sonja D mit klassischen Nachhilfe-Anbietern keine guten Erfahrungen gemacht hat wuumlnscht sie sich fuumlr ihre Tochter eine Einzelbetreu-ung zu Hause Die Mitarbeiter-Agentur macht Aushaumlnge an Uni-versitaumlten im naumlheren Umfeld sortiert Bewerbungen vor und fuumlhrt erste Gespraumlche mit den Bewerberinnen Schlieszliglich stellt sie Sonja D drei potenzielle Nachhilfelehrerinnen vor Frau D stellt eine junge Frau auf Minijob-Basis bei sich an und die Noten ihrer Tochter verbessern sich deutlich

ndash Der Vater von Mitarbeiter Joumlrn K ist ploumltzlich verstorben Seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht und zieht sich von ihrem Sohn zuruumlck Er weiszlig nicht wie es ihm gelingen kann dass sie wieder am Leben teilnimmt Die Mitarbeiter-Agentur findet fuumlr die Mutter von Joumlrn K eine Trauergruppe in der sie einen Kreis von gleichaltrigen Frauen findet die ihr eine neue Perspek-tive geben

Ergaumlnzt wird das Beratungsangebot durch bdquoKIRA-Vor Ortldquo-Termine die dreimal im Jahr in den Einrichtungen der Kinderhaus Rasselban-de gGmbH stattfinden Zu diesen Terminen bringen die Ansprech-partnerinnen ein spezielles Thema mit z B Vorsorgevollmacht und Patientenverfuumlgung das neue ElterngeldPlus oder Ferienbetreuungs-angebote vor Ort

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen

Wenn das Personalmanagement fuumlr Kindertageseinrichtungen nachhaltig sein soll muss es verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert sein Daher muss von den in den Beschaumlftigten-befragungen zutage getretenen Befunden zu deren Motivationsstrukturen Wuumlnschen und Schwierigkeiten ausgegangen werden So ist z B bei den Mitarbeiterinnen ein hohes Maszlig an intrinsischer Motivation und an inhalt-licher Identifikation mit ihrem Beruf und ihrer Taumltigkeit vorzufinden Die Beanspruchungen durch die berufliche Taumltigkeit werden vor allem dann als zu hoch empfunden wenn Rahmenbedingungen dazu fuumlhren dass die Ar-beit nicht in der selbst gewuumlnschten Qualitaumlt erledigt werden kann Schwan-kungen im Personalbedarf einerseits und im Personalbestand andererseits stellen dabei ein zentrales Problem dar so dass dem Personaleinsatz und ins-besondere dem Zeitmanagement eine besondere Bedeutung zukommt

Ressourcen zum Umgang mit Belastungen ergeben sich fuumlr die Mitarbei-terinnen vor allem aus der Arbeit im Team und der Moumlglichkeit ihre inhalt-lichen Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln zu koumlnnen Der hohe Stellenwert den die Beschaumlftigten sowohl einem guten Teamklima als auch den Inhalten ihrer Arbeit beimessen bedeutet auch dass sie es als besonders belastend erleben wenn es Konflikte im Team gibt oder die eigenen Anspruuml-che an die inhaltliche Arbeit nicht hinreichend erfuumlllt werden koumlnnen

Eine nachhaltige Personalwirtschaft umfasst vor diesem Hintergrund un-terschiedliche Handlungsfelder die miteinander verzahnt und unter dem Gesichtspunkt der Lebensphasenorientierung betrachtet werden muumlssen Be-zogen auf die in diesem Band diskutierten Handlungsfelder zeigt sich dass die Lebensphasenorientierung als bdquoroter Fadenldquo in allen Elementen der Per-sonalwirtschaft zu beruumlcksichtigen ist

In der Personalplanung geht es um eine systematische Analyse der Alters-struktur um quantitative und qualitative Anforderungen an die Sicherung der Nachfolge beim Ausscheiden von Beschaumlftigten ableiten zu koumlnnen Die Personalentwicklung zielt darauf ab fuumlr Mitarbeiterinnen in unterschiedli-chen Lebensphasen geeignete Angebote bereitzuhalten Die Gestaltung von Karrierepfaden ist dabei in doppeltem Sinne von Bedeutung ndash hier geht es so-wohl um Aufstiegsmoumlglichkeiten die fuumlr juumlngere Beschaumlftigte einen Anreiz bilden im Arbeitsfeld zu bleiben und sich dort inhaltlich weiterentwickeln zu koumlnnen als auch um Loumlsungen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte damit sie sowohl ihr Erfahrungswissen einbringen als auch gesundheitliche Belastungen redu-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

zieren koumlnnen Eine leistungsorientierte Verguumltung kann bei einer entspre-chend geeigneten Ausgestaltung ein begleitendes Instrument fuumlr die Imple-mentierung von Karrierepfaden darstellen

Bei der Personalfuumlhrung und der Teamentwicklung ist zu beruumlcksichti-gen dass Teams heterogen strukturiert sind und die Altersmischung die im Hinblick auf eine kontinuierliche Sicherung des Personalbestandes wuumln-schenswert ist auch Herausforderungen mit sich bringt Um die Zusammen-arbeit zwischen juumlngeren und aumllteren Mitarbeiterinnen produktiv zu ge-stalten und allen die Moumlglichkeit zu geben ihre spezifischen Kompetenzen fuumlr das Team nutzbar zu machen muumlssen Konflikte erkannt und geloumlst sowie eine Kultur der wechselseitigen Wertschaumltzung aufgebaut werden Der Team-entwicklung kommt somit eine hohe Bedeutung zu Gesundheitsfoumlrderung darf sich nicht auf die Schaffung von Bedingungen fuumlr bdquoaltersgerechtesldquo Ar-beiten beschraumlnken sondern muss lebensphasenbegleitend und praumlventiv angelegt sein und von Anfang an die Resilienz foumlrdern Die Verknuumlpfung von Teamentwicklung und praumlventiv angelegter Gesundheitsfoumlrderung stellt daher einen Schluumlsselfaktor fuumlr eine zukunftsorientierte Personalwirtschaft dar

Ein Arbeitszeitmanagement kann in der Weise gestaltet werden dass es einen Beitrag dazu leistet die in unterschiedlichen Lebensphasen wech-selnden zeitlichen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten im Sinne einer Work-Life-Balance mit den betrieblichen Anforderungen fuumlr eine qualitativ hochwer-tige Kindertagesbetreuung weitgehend in Einklang zu bringen Wenn das Ar-beitszeitmanagement nachhaltig sein soll muss es darauf ausgerichtet sein dass fuumlr die Erledigung der erforderlichen Aufgaben immer eine angemes-sene Personalausstattung bereitsteht Dazu gehoumlren zum einen Arbeitszeit-modelle die individuelle Teilzeitloumlsungen ermoumlglichen und gleichzeitig den Bedarf in den Einrichtungen an Kontinuitaumlt Aufgabenverteilung und Zeit fuumlr Abstimmung im Team einbeziehen Zum anderen muss die Dienstplan-gestaltung so geregelt werden dass sie die notwendige Flexibilitaumlt im Perso-naleinsatz verlaumlssliche Planbarkeit fuumlr die Beschaumlftigten und Partizipation verbindet Betriebliche Unterstuumltzungsangebote fuumlr unterschiedliche fami-liale Lebenslagen der Mitarbeiterinnen koumlnnen einen ergaumlnzenden Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik leisten und damit die Personalbindung zusaumltzlich foumlrdern

Bei der Einfuumlhrung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten fuumlr Kindertageseinrichtungen ist die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten Der Traumlger ist hier fuumlr die Setzung der Rahmenbedingungen zustaumlndig die Umsetzung im Alltag erfolgt bdquovor Ortldquo

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

in den einzelnen Einrichtungen Dabei kommt der Einrichtungsleitung und Fuumlhrung der Einrichtung insgesamt eine hohe Bedeutung zu Grundsaumltzlich wichtig ist dabei passende traumlgerinterne Loumlsungen zu entwickeln die dazu beitragen koumlnnen konstruktiv mit (moumlglichen) Spannungsfeldern zwischen den Steuerungsleistungen des Traumlgers und der Umsetzungsautonomie in den einzelnen Einrichtungen umzugehen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass die Rahmenbedingungen die fuumlr den Betrieb einer Einrichtung noumltig sind kritisch hinterfragt und op-timiert werden sollten Dieser Prozess sollte im Zusammenspiel von Traumlger Leitung und Mitarbeiterinnen erfolgen um bei der Entwicklung von nach-haltigen Loumlsungen die Interessen aller Beteiligten zu beruumlcksichtigen Ein Vorgehen in diesem Sinne hat die Konkretisierung und Sicherung der Qua-litaumlt von Bildung Erziehung und Betreuung in der Kindertageseinrichtung zum Ziel und unterstuumltzt in gleicher Weise auch die Personal- und Team-entwicklung Damit werden sowohl eine zukunftsorientierte Entwicklung der Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen als auch die Umsetzung kuumlnftiger Qualitaumltsanforderungen gefoumlrdert

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sonal in Kindertageseinrichtungen was die Traumlger vor groszlige Herausforderungen

stellt Im Fokus des Projekts steht daher die Frage wie geeignete personalwirt-

schaftliche Konzepte gestaltet werden koumlnnen um den Herausforderungen an-

gemessen zu begegnen Als Ergebnis der Analysen werden Handlungsfelder fuumlr

eine nachhaltige Personalwirtschaft vorgestellt die sich fuumlr die Akteure in der

Praxis als besonders dringlich erweisen

WWWBOECKLERDE

ISBN 978-3-86593-244-0

  • Abbildung 1
    • Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
      • Abbildung 2
        • Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
          • Abbildung 3
            • Anforderungen an die Kita-Leitung
              • Abbildung 4
                • Fach- und personale Kompetenzen
                  • Abbildung 5
                    • Karrieremodelle
                      • Abbildung 6
                        • Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell
                          • 1 Einfuumlhrung
                          • 2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends
                            • 21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung
                            • 22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung
                            • 23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf
                            • 24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe
                            • 25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung
                            • 26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze
                            • 27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen
                            • 28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen
                              • 3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen
                                • 31 Die Perspektive der Kita-Traumlger
                                • 32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen
                                • 33 Die Perspektive der Kita-Leitungen
                                  • 4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft
                                    • 41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands
                                    • 42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung
                                    • 43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen
                                    • 44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen
                                      • Literatur
Page 5: Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

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INHALT

1 Einfuumlhrung 7

2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends 1221 Aufgaben und Rahmenbedingungen der

Kindertagesbetreuung 1322 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der

Kindertagesbetreuung 1423 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash

Anstieg und wachsender Bedarf 1524 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash

Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe 1725 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung 1926 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze 2127 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische

Anforderungen an Kindertageseinrichtungen 2328 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende

Anforderungen bei knappen Ressourcen 25

3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen 2831 Die Perspektive der Kita-Traumlger 2932 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen 4533 Die Perspektive der Kita-Leitungen 59

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft 7341 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands 7442 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung 9143 Work-Life-Balance und Management von

Zeitressourcen 11444 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft

in Kindertageseinrichtungen 135

Literatur 138

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 57

Abbildung 2 Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 58

Abbildung 3 Anforderungen an die Kita-Leitung 61

Abbildung 4 Fach- und personale Kompetenzen 66

Abbildung 5 Karrieremodelle 81

Abbildung 6 Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell 120

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1 EINFUumlHRUNG

Die Anforderungen an das Personal von Kindertageseinrichtungen ndash und da-mit auch an die Personalwirtschaft der Traumlger ndash sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen Einerseits wurde und wird ein erheblicher gesellschaftli-cher Bedarf nach einer qualitativen wie auch quantitativen Weiterentwick-lung des Arbeitsfeldes wahrgenommen andererseits wird inzwischen viel-fach Kritik an den bestehenden Arbeitsbedingungen artikuliert Daruumlber hin-aus laumlsst der demografische Wandel der in vielen Wirtschaftsbranchen be-reits heute mit einem steigendem Fachkraumlftemangel verbunden ist auch fuumlr diesen Dienstleistungsbereich wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und er-fahrenem Personal erwarten Er stellt damit die Traumlger von Kindertagesein-richtungen vor zusaumltzliche Herausforderungen

Die Veraumlnderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern personalwirt - s chaftliche Strategien die staumlrker als bisher auf Nachhaltigkeit und damit auf Personalbindung ausgerichtet sind Zentraler Anknuumlpfungspunkt fuumlr das zukuumlnftige Personalmanagement ist darum dass es sich verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert und Personal(entwicklungs)maszlignahmen beinhaltet die deren Lebenslauf be-ruumlcksichtigen Auf diese Weise koumlnnen kontinuierliche Erwerbsbiografien der Mitarbeiterinnen ermoumlglicht und gefoumlrdert und eine kontinuierliche Be-schaumlftigung bei dem Traumlger gesichert werden

Das Projekt bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbe - treu ungldquo (KONTI) hat sich dieser Problematik gestellt Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens das von der Abteilung bdquoBildung und Erziehung im Strukturwandelldquo (BEST) des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitaumlt Duisburg-Essen zwischen 2013 und 2015 mit Foumlrderung der Hans-Boumlckler-Stiftung durchgefuumlhrt wurde stand die Frage wie geeignete personalwirtschaftliche Konzepte fuumlr Kindertageseinrichtungen gestaltet wer-den koumlnnen um den demografischen Herausforderungen angemessen begeg-nen zu koumlnnen

Ausgangspunkt des Projektes war dabei die Diskussion um eine demogra-fiegerechte Personalwirtschaft die in Deutschland seit einigen Jahren bran-chenuumlbergreifend intensiv gefuumlhrt wird das Arbeitsfeld der Kindertages-einrichtungen bislang jedoch weitgehend ausgeblendet hat Im Mittelpunkt solcher Personalstrategien standen zunaumlchst vor allem spezielle Maszlignahmen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte inzwischen besteht in der Fachwelt grundsaumltzlich Konsens daruumlber dass diese Fokussierung nicht zielfuumlhrend ist sondern dass

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

geeignete Konzepte fuumlr alle Mitarbeiterinnen und damit grundsaumltzlich prauml-ventiv ausgerichtet sein muumlssen So machte ein Befund von 2008 deutlich dass die Voraussetzungen fuumlr die Beschaumlftigungsfaumlhigkeit im Alter im Laufe der Berufsbiografie geschaffen werden in der Studie konnte ein Zusam-menhang zwischen der in einer Berufsgruppe subjektiv wahrgenommenen Qua litaumlt der Arbeit und den Arbeitsunfaumlhigkeits- und Fruumlhinvaliditaumltsraten sta tistisch nachgewiesen werden (vgl Priester 2008) Damit ist ein staumlrker ganzheitliches und umfassendes Verstaumlndnis von einer lebenslangen Beschaumlf-tigungsfaumlhigkeit in den Fokus der Uumlberlegungen geruumlckt das die Erwerbs-biografien aller Mitarbeiterinnen in der Belegschaft eines Betriebes beruumlck-sichtigt Es geht damit im Rahmen einer demografiesensiblen Personal politik nicht mehr nur um altersgerechtes Arbeiten am Ende sondern um alterns ge-rechtes Arbeiten waumlhrend des gesamten Erwerbslebens So wichtig spezielle altersspezifische Maszlignahmen sind so wenig reichen sie aus um kontinuier-liche Erwerbstaumltigkeit und damit Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt in der Personal-situation von Betrieben zu foumlrdern

In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Lebenslaufperspektive da-rum sowohl als Analyseansatz als auch als Leitbild fuumlr die Politik des Wohl-fahrtsstaates verwendet (vgl Anxo et al 2010) Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung etwa wurde sie zugrunde gelegt um herauszuarbeiten wie unterschiedlich Lebenslaumlufe durch verschiedene Institutionen geformt wer-den welche kritischen Lebensereignisse und Uumlbergaumlnge dabei relevant sind welche Unterschiede es zwischen den Geschlechtern gibt und wo demzu-folge eine Gleichstellungspolitik ansetzen muss (vgl BMFSFJ 2011 insb 39 ff) Die Lebenslaufperspektive kann schlieszliglich ebenso als Orientierungs-rahmen fuumlr die Politik von Organisationen gelten z B hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeitszeiten in unterschiedlichen Lebensphasen (vgl beispiels-weise ScheierHildebrandt 2010)

Ein personalwirtschaftliches Konzept das diese Erkenntnisse zugrunde legt sollte darum nicht nur eine generelle Orientierung am Lebenslauf bein-halten sondern vor allem auch die unterschiedlichen Schwellen und Uumlber-gaumlnge (beispielsweise Berufseinstieg nach der Ausbildung Familiengruumln-dung Pflege Angehoumlriger) im Lebensverlauf der Mitarbeiterinnen eines Be-triebes in den Blick nehmen lassen sich doch gerade diese Schwellen haumlufig als kritische Lebensphasen charakterisieren Sie erfordern darum jeweils spe-zifische UnterstuumltzungsangeboteVor dem Hintergrund arbeitspsychologischer Erkenntnisse ist daruumlber hin-aus zu beruumlcksichtigen dass der Unterstuumltzungsbedarf von Beschaumlftigten houmlchst unterschiedlich sein kann In der neueren arbeitspsychologischen For-

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1 Einfuumlhrung

schung wird nicht nur nach allgemeinen betrieblichen Rahmenbedingungen gefragt die die Arbeitsmotivation foumlrdern oder behindern koumlnnen sondern diese Rahmenbedingungen werden stets im Kontext individueller Merkmale betrachtet Bedingungen fuumlr die Arbeitszufriedenheit ergeben sich demnach aus Merkmalen der Person und aus Merkmalen der Arbeit (vgl Nerdinger et al 2008 432) d h jeder Mensch ist durch spezifische Motive (also Werte-dispositionen und Haltungen) gepraumlgt Motivation entsteht somit als bdquoPro-dukt aus individuellen Merkmalen von Menschen ihren Motiven und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation in der Anreize auf die Motive einwirken und sie aktivierenldquo (Nerdinger et al 2008 427 vgl auch Heckhau-senHeckhausen 2005)

Des Weiteren hat sich in der Arbeitspsychologie schon seit langem die Unterscheidung zwischen bdquoBelastungenldquo (als objektive Faktoren die auf den Menschen einwirken) und bdquoBeanspruchungenldquo (als individuell durchaus un-terschiedliche Auswirkungen dieser Faktoren auf den Menschen)1 etabliert Bestimmte Belastungen fuumlhren also nicht automatisch bei jeder Mitarbeite-rin oder jedem Mitarbeiter zu den gleichen Beanspruchungen Vielmehr wir-ken hier unterschiedliche Einflussfaktoren zusammen Dazu gehoumlren auf der einen Seite individuelle Faktoren etwa persoumlnliche Werthaltungen oder die familiaumlre Situation aus der sich sowohl unterstuumltzende Ressourcen als auch zusaumltzliche Belastungen ergeben koumlnnen Auf der anderen Seite beeinflusst auch die (spezifische) Gestaltung jeder Organisation die Wirkungsweise von Belastungen und damit das Beanspruchungsempfinden Jede Institution kann darum auch Ressourcen zum Umgang mit Belastungen bereitstellen ndash etwa durch Qualifizierungsangebote oder die Foumlrderung der Zusammenar-beit im Team

Es gibt inzwischen eine Reihe von Initiativen die an genau diesen Er-kenntnissen ansetzen Neben verschiedenen laumlnderspezifischen Ansaumltzen ist hier bundesweit vor allem die INQA2 zu nennen eine seit 2002 bestehen- de Gemeinschaftsinitiative von Bund Laumlndern Sozialversicherungstraumlgern Gewerkschaften Unternehmen und Stiftungen INQA bietet Tools zur Be-standsaufnahme und Handlungshilfen sowie Beratungs- und Auditierungs-programme um die Qualitaumlt der Arbeit fuumlr Unternehmen und Beschaumlftigte zu verbessern

1 vgl dazu grundlegend RohmertRutenfranz 1975 zusammenfassend beispielsweise Ulich 19912005 insbesondere Kapitel 72 INQA = Initiative fuumlr eine neue Qualitaumlt der Arbeit wwwinqade (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEs werden kuumlnftig nur Unternehmen innovativ wettbewerbsfaumlhig und erfolgreich sein denen es gelingt qualifizierte Fachkraumlfte zu ge-winnen sowie ihre Beschaumlftigten zu motivieren an sich zu binden und ihre Leistungsfaumlhigkeit zu erhaltenldquo3

Das Bundesministerium fuumlr Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundes-ministerium fuumlr Bildung und Forschung haben in den letzten Jahren ver-schiedene Programme zu diesem Themenfeld aufgelegt So hat das BMBF beispielsweise den Foumlrderschwerpunkt bdquoInnovationsfaumlhigkeit im demogra-fischen Wandelldquo4 initiiert mit dem vor allem die anwendungsorientierte Forschung gefoumlrdert wurde und wird und aus denen Publikationen (vgl bei-spielsweise BMBF 2010) und Internet-Plattformen5 hervorgegangen sind Mit der Forschungsagenda der Bundesregierung fuumlr den demografischen Wandel bdquoDas Alter hat Zukunftldquo6 hat die Bundesregierung im November 2011 ein ressortuumlbergreifendes Forschungskonzept beschlossen Die Vielfalt der Ini-tiativen kann als Indikator fuumlr den Handlungsdruck und die Bedeutung des Themas gewertet werden ndash aber auch dafuumlr dass es nach wie vor an Hand-lungswissen und noch mehr an seiner Umsetzung mangelt

Das Arbeitsfeld der sozialen Dienstleistungen und dabei insbesondere auch das der Kindertagesbetreuung findet in den bisherigen Publikationen Programmen und Initiativen zur Personalwirtschaft im demografischen Wandel kaum Beachtung Dieser geringe Stellenwert steht jedoch in einem deutlichen Missverhaumlltnis sowohl zur gesellschaftlichen Bedeutung der sozia-len Dienstleistungen als auch zum aktuellen Problemdruck in diesem Sektor

An dieser Ausgangssituation setzte das Projekt KONTI an Fuumlr die Studie wurden zunaumlchst die Rahmenbedingungen fuumlr das Personal in der Kinderta-gesbetreuung analysiert und sowohl nach bereits vorhandenen personalwirt-schaftlichen Konzepten der Traumlger von Kindertageseinrichtungen als auch nach Problemen Motiven und Beduumlrfnissen aus der Sicht der Beschaumlftigten gefragt Eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit so die erste Grundannahme im Projekt liegt sowohl im Interesse der Traumlger (die qualifiziertes Personal benoumltigen) als auch der Beschaumlftigten (aufgrund ihrer persoumlnlichen Motivati-

3 wwwinqadeDEMitmachen-Die-InitiativeUeber-unsDie-Initiative-kompaktdie-initiative-kom-pakthtml (Abruf am 18042016)4 wwwbmbfdefoerderungen15043php (Abruf am 18042016)5 wwwdemowerkzeugede (Abruf am 18042016) 6 wwwdas-alter-hat-zukunftde (Abruf am 18042016)

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1 Einfuumlhrung

on und ihrer sozialen Absicherung) Personalwirtschaftliche Konzepte zur Foumlrderung kontinuierlicher Erwerbstaumltigkeit so die zweite Grundannahme muumlssen daher die Aufgaben Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso beruumlcksichtigen wie die Motivationsstrukturen Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten

Der Ansatz einer solchen lebensphasenorientierten Personalwirtschaft muss dabei bdquoden unterschiedlichen Altersgruppen im Betrieb mit ihren je le-bensphasenspezifischen Anforderungen gerecht werdenldquo (Schilling 2008 90) und erfordert darum ein entsprechendes bdquobetriebliches Gesamtkonzeptldquo (ebd) das im Idealfall von einem Wissen uumlber den jeweils individuellen Be-darf aller seiner Beschaumlftigten d h uumlber deren persoumlnlichen Merkmale Wer-te Einstellungen und Motive ausgeht Erst auf dieser Basis kann es zielge-richtete Ressourcen zum Umgang mit vorgefundenen Belastungsfaktoren bereitstellen Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes muss darum immer die jeweils spezifische Organisation und Personalsituation eines Betriebes und die Struktur und Zusammensetzung seiner Belegschaft sein Darum kann es grundsaumltzlich kein auf alle Betriebe uumlbertragbares personalwirtschaftliches Konzept geben Vielmehr ist es nur moumlglich eine Auswahl geeigneter Maszlig-nahmen zusammenzustellen aus denen die fuumlr jeden Betrieb erforderlichen Instrumente immer wieder neu kombiniert werden koumlnnen

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden zunaumlchst die Strukturen und Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes Kindertagesbetreuung darge-stellt (Kapitel 2) und anschlieszligend die Ergebnisse der drei empirischen Erhe-bungen im Projekt KONTI zusammengefasst Dabei werden die Sichtweise von Personalverantwortlichen der beteiligten Traumlger die Einstellungen von beschaumlftigten Erzieherinnen in unterschiedlichen Lebensphasen sowie von Berufsaussteigerinnen und die Perspektive von Leitungskraumlften vorgestellt (Kapitel 3) Als Ergebnis der Analyse wurden einige zentrale Handlungs-felder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die sich fuumlr die Akteure in der Praxis als besonders dringlich herausgestellt haben Dazu wur-den im weiteren Projektverlauf Beispiele guter Praxis aufgearbeitet und Moumlg-lichkeiten zu deren Weiterentwicklung mit Expertinnen diskutiert Die Er-gebnisse der empirischen Untersuchung sowie die Diskussionsergebnisse zu diesen ausgewaumlhlten und ganz unterschiedlichen Instrumenten mit denen die Personalwirtschaft von Kindertageseinrichtungen auf die demografische Entwicklung der naumlchsten Jahre reagieren und damit zur Personalbindung in ihren Kinderbetreuungsbetrieben beitragen kann bilden den Schwerpunkt dieser Publikation (Kapitel 4)

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2 DAS ARBEITSFELD ndash STRUKTUREN UND ENTWICKLUNGSTRENDS

Ein funktionsfaumlhiges System der Kindertagesbetreuung ist von hoher gesell-schaftlicher und oumlkonomischer Bedeutung Auf der einen Seite ist es eine wichtige Voraussetzung fuumlr eine altersangemessene Bildung Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schulalter auf der anderen Seite ist es eine bedeutende Bedingung fuumlr die Erwerbstaumltigkeit von Eltern Dementspre-chend haben sich sowohl die Zahl der betreuten Kinder als auch deren indi-viduelle Betreuungszeiten in den letzten Jahren erhoumlht Diese Entwicklung war gleichzeitig mit einem Anstieg des eingesetzten Personals in diesem Ar-beitsfeld verbunden Ein erheblicher Schub fuumlr diesen quantitativen Ausbau ergab sich vor allem aus dem im Jahre 2008 beschlossenen Kinderfoumlrderungs-gesetz mit dem fuumlr Kinder im Alter von zwoumllf Monaten bis unter drei Jahren ein subjektiver Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung eingefuumlhrt wurde (Art 1 Nr 7 und 8 KifoumlG sect 24 SGB VIII) der zum 01082013 in Kraft trat

Auf der qualitativen Ebene sind Kindertageseinrichtungen mit gesell-schaftlichen Entwicklungen konfrontiert die mit einem Anstieg sozialer Dis-paritaumlten und mit Veraumlnderungen der familiaumlren Strukturen einhergehen Zu nennen sind beispielsweise die steigende Zahl an Ein-Eltern- und soge-nannten Patchwork-Familien die angesichts wachsender Mobilitaumlt abneh-menden Unterstuumltzungsstrukturen der traditionellen Groszligfamilie oder auch die immer oumlfter festzustellende Uumlberforderung vieler Familien mit den Er-ziehungsaufgaben Ein besonders gravierendes Problem von Familien mit Kindern ist die wachsende Bedeutung von Armut (vgl ButterweggeKlundtZeng 2008) Ihr Anstieg ist bei Kindern und Jugendlichen deutlicher aus-gepraumlgt als bei Erwachsenen die regionalen Unterschiede sind erheblich (vgl Chasseacute 2014 411 f) Zusammenfassend muss festgestellt werden dass der Anteil an Kindern die aufgrund ihrer Entwicklungsbedingungen als bdquobil-dungsbenachteiligtldquo gelten muumlssen seit Jahren gewachsen ist Diese und an-dere Entwicklungen fuumlhren dazu dass der Familienfoumlrderung und damit gerade auch der Bildung Erziehung und Betreuung im Rahmen der Kinder-tagesbetreuung eine verstaumlrkt kompensatorische Funktion zukommt (vgl beispielsweise BuumlchnerSpieszlig 2007 SpieszligBuumlchelWagner 2003) Nach einer zusammenfassenden Analyse von Studien in verschiedenen Laumlndern bdquobele-gen vor allem die methodisch aufwaumlndigen Laumlngsschnittstudien der letzten Jahre kurz- und mittelfristig positive Effekte des Besuchs einer vorschulischen

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Einrichtung sofern diese eine hohe Betreuungsqualitaumlt aufweistldquo (AndersRoszligbach 2014 344) Vor allem als Folge der Debatten um die PISA-Studie ist in den letzten Jahren wieder staumlrker in den Mittelpunkt der oumlffentlichen Dis-kussion getreten was fachlich schon seit langem gefordert wird naumlmlich vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Erkenntnisse die fruumlhkind-liche Bildung aufzuwerten und der fruumlhen Foumlrderung von Kindern eine weit houmlhere Bedeutung zuzumessen als dies lange Zeit der Fall war Kindertages-einrichtungen und ihr Auftrag sind damit verstaumlrkt in das Zentrum des oumlf-fentlichen Interesses getreten

21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fuumlr die fruumlhkindliche Bildung Foumlrde-rung und Betreuung werden in Deutschland durch das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG bzw 8 Buch des Sozialgesetzbuchs SGB VIII) gesetzt Konkretisiert wird dieser Rahmen durch die Ausfuumlhrungsgesetze der ein-zelnen Bundeslaumlnder Inhaltlich beschraumlnkt sich das SGB VIII auf einige program matische Formulierungen zur Funktion von Kindertagesbetreuung (sect 22 Grundsaumltze der Foumlrderung)

bdquo(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen in denen sich Kinder fuumlr einen Teil des Tages oder ganztaumlgig aufhalten und in Gruppen gefoumlrdert werden [hellip] (2) Tageseinrichtungen fuumlr Kinder und Kin-dertagespflege sollen 1 die Entwicklung des Kindes zu einer eigen-verantwortlichen und gemeinschaftsfaumlhigen Persoumlnlichkeit foumlrdern 2 die Erziehung und Bildung in der Familie unterstuumltzen und er-gaumlnzen 3 den Eltern dabei helfen Erwerbstaumltigkeit und Kinder-erziehung besser miteinander vereinbaren zu koumlnnen (3) Der Foumlr-derungsauftrag umfasst Erziehung Bildung und Betreuung des Kin-des und bezieht sich auf die soziale emotionale koumlrperliche und geistige Entwicklung des Kindes Er schlieszligt die Vermittlung orien-tierender Werte und Regeln ein Die Foumlrderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand an den sprachlichen und sonstigen Faumlhig-keiten an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Beduumlrf-nissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Her-kunft beruumlcksichtigenldquo

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

In sect 26 ist festgeschrieben dass das bdquoNaumlhere uumlber Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungenldquo durch Landesrecht bestimmt wird Die Ausfuumlhrungsgesetze der Laumlnder7 regeln insbesondere die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards im Hin-blick auf Personaleinsatz und Gruppengroumlszligen sowie moumlgliche Betreuungs-formen und -zeiten Daruumlber hinaus konkretisieren sie in unterschiedlicher Weise den Bildungsauftrag und Fragen der Qualitaumltsentwicklung Die Rah-menbedingungen fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich also je nach Bundesland erheblich insbesondere im Hinblick auf Finan-zierungsstrukturen und Personalbemessung aber auch bezuumlglich der inhalt-lichen Konkretisierung des Bildungsauftrags

22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung

Auf der Grundlage der Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes liegt die Ver-antwortung fuumlr die Sicherstellung der Kindertagesbetreuung im Wesentli-chen bei den oumlrtlichen Jugendaumlmtern also bei den Staumldten und Kreisen wo-bei die Leistungserbringung nicht allein durch die Kommune selbst sondern nach dem Subsidiaritaumltsprinzip (vgl sect 4 SGB VIII) haumlufig durch Traumlger der freien Jugendhilfe erfolgt Freie Traumlger sind vor allem die Kirchen und die groszligen Wohlfahrtsverbaumlnde daruumlber hinaus Elterninitiativen und ndash je nach Bundesland unterschiedlich ndash vereinzelt auch privatwirtschaftliche Anbieter Der Anteil der Beschaumlftigten die bei freien Traumlgern taumltig sind ist dabei von 58 Prozent im Jahr 1998 auf 68 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 20) Dieser Anstieg ist vor allem durch die Entwicklung in Ostdeutschland bedingt wo sich die Struktur nach und nach an die der westlichen Bundeslaumlnder angeglichen hat In den neuen Bundeslaumlndern ist der Anteil der Beschaumlftigten bei oumlffentlichen Traumlgern von 61 Prozent im Jahr 1998 auf 37 Prozent im Jahr 2014 gesunken (vgl ebd)

Das Traumlgerspektrum ist sehr heterogen Viele groszligstaumldtische Jugendaumlmter stellen eine Vielzahl von eigenen Einrichtungen bereit wobei diese in einigen Kommunen in eigenbetriebsaumlhnlichen Strukturen zu einem Gesamt betrieb zusammengefasst sind Eigene Jugendaumlmter gibt es nur in kreisfreien Staumldten und groumlszligeren kreisangehoumlrigen Kommunen so dass viele kleine Kommunen

7 vgl wwwbildungsserverdezeigenhtmlseite=1899 (Abruf am 18042016)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

uumlber Kindertageseinrichtungen aber nicht uumlber ein Jugendamt als fachlich steuernde Instanz verfuumlgen Manchmal haben kleine Kommunen nur eini - ge wenige eigene Einrichtungen wobei es Regionen gibt in denen (fast) die gesamte Infrastruktur durch freie Traumlger angeboten wird Im kirchlichen Bereich unterhalten zum einen die groszligen Verbaumlnde (Caritas und Diakonie) eigene Einrichtungen zum anderen gibt es nach wie vor eigene Kindergaumlrten von Kirchengemeinden die den Gemeindepfarrerinnen und den ehrenamt-lichen Leitungsstrukturen der Gemeindegremien unterstehen In einigen Re-gionen wurden in den letzten Jahren Zweckverbaumlnde gebildet in denen die Einrichtungen der oumlrtlichen Kirchengemeinden zusammengefasst wurden und nun zentral verwaltet werden Die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz sind als Wohlfahrtsverbaumlnde regional oder auf der Ebene von Bundeslaumlndern organisiert so dass die Kindertageseinrichtungen wie bei Diakonie und Caritas einen Teil ihres Angebotsspektrums neben anderen sozialen Dienstleistungen bilden Der Deutsche Paritaumltische Wohlfahrtsver-band ist nicht selbst Traumlger von Einrichtungen sondern ist ein Dachverband von zumeist kleinen Traumlgern (beispielsweise Elterninitiativen) der seinen Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen und Beratungsangebote zur Verfuuml-gung stellt Privat-gewerbliche Anbieter sowie betriebliche Kindertagesein-richtungen als eigene Angebote privater oder oumlffentlicher Wirtschaftsunter-nehmen spielen mit 22 Prozent der Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte barometer 2014 21) nach wie vor nur eine marginale Rolle Leicht angestiegen ist in den letzten Jahren der Anteil sonstiger juristischer Per-sonen und Vereinigungen zu denen beispielsweise private Initiativen (mit vielfach innovativen Angebotsformen) gehoumlren die zwar eine gemeinnuumltzige Rechtsform (beispielsweise gGmbH) besitzen aber keinem Verband ange-schlos sen sind (vgl Stoumlbe-Blossey 2015a 113 ff) Das Spektrum der Arbeit-geber im Bereich der Kindertagesbetreuung ist somit sehr differenziert und reicht von groszligen Verwaltungen und ndash teilweise spezialisierten ndash Verbaumlnden bis hin zu ehrenamtlich geleiteten Einzeleinrichtungen

23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf

Waumlhrend noch vor wenigen Jahren angesichts der demografischen Entwick-lung ein Ruumlckgang des Personalbedarfs in der Kindertagesbetreuung be-fuumlrchtet wurde (und damit die Arbeitslosigkeit von Fachkraumlften) ist inzwi-schen ein quantitativer Ausbau zu beobachten (vgl SellKersting 2010) Der

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Zuwachs der Beschaumlftigtenzahlen war in den letzten Jahren erheblich Zwi-schen 2006 und 2014 kamen bundesweit rund 195000 Beschaumlftigte im Arbeits-feld der Kindertageseinrichtungen hinzu wobei der Anstieg in Westdeutsch-land besonders stark war (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 17) Damit war in diesem Arbeitsfeld im Jahr 2014 ein (vorlaumlufiger) Houmlchststand von 609900 Beschaumlftigten zu verzeichnen (vgl ebd) Umgerechnet in Voll-zeitaumlquivalente bedeutet dies eine Zunahme von gut 281600 Arbeitsplaumltzen im Jahr 2006 auf etwa 424800 im Jahr 2014 (vgl ebd 19) Die Zahl der Ar-beitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation hat seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen vom Houmlchststand 1997 mit rund 63000 re-gistrierten Arbeitslosen ist sie bis 2013 auf etwa 16000 zuruumlckgegangen (vgl ebd 48) An der geschlechtsspezifischen Aufteilung hat sich in den letzten Jahren hingegen nichts geaumlndert der Anteil der Maumlnner in diesem Arbeits-feld bleibt mit 48 Prozent extrem gering (vgl ebd 26)

Die Differenz zwischen Beschaumlftigtenzahlen und Vollzeitaumlquivalenten weist bereits auf die hohe Bedeutung der Teilzeitarbeit in Kindertageseinrich-tungen hin Der Anteil der Vollzeitbeschaumlftigten in diesem Arbeitsfeld ist von 52 Prozent der Beschaumlftigten im Jahr 1998 auf etwa 40 Prozent im Jahr 2014 kontinuierlich gesunken Waumlhrend die Anzahl der Vollzeitstellen in diesem Zeitraum um 22 Prozent anstieg hat sich die Menge der Teilzeit-stellen nahezu verdoppelt Dieser Anstieg betraf alle Formen der Teilzeit-arbeit also sowohl Teilzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit unter 21 Stun-den als auch Stellen mit einem Umfang von 21 bis unter 32 Stunden und vollzeitnahe Stellen mit zwischen 32 und 385 Stunden Wenn auch dieser Trend bundesweit zu beobachten ist so stellt sich die Entwicklung im Wes-ten und im Osten dennoch unterschiedlich dar In Ostdeutschland waren in den 1990er Jahren im Zuge des Stellenabbaus viele Vollzeitstellen in voll-zeitnahe Stellen umgewandelt worden sodass dort der Anteil der Vollzeit-stellen bereits 1998 unter der 25-Prozent-Marke gelegen hatte Seit diesem Zeitpunkt blieb er ndash nach einem Einbruch in 2006 ndash konstant (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 29) Im Westen ist der Anteil an Vollzeit-stellen zwischen 1998 und 2014 von 59 Prozent auf 44 Prozent zuruumlckgegan-gen (vgl ebd 30) In der Vergangenheit wurde vielfach die Auffassung ver-treten dass eine Teilzeittaumltigkeit ndash insbesondere fuumlr die Gruppenleitungen ndash nicht moumlglich waumlre weil sie die Kontinuitaumlt der Betreuungspersonen fuumlr die Kinder gefaumlhrden wuumlrde Ein gewisses Umdenken hat hier zum einen der Anstieg der Anzahl von Ganztagsplaumltzen mit laumlngeren Betreuungszeiten mit sich gebracht die zur Abdeckung des gesamten Zeitvolumens eine Kombi-nation von Vollzeit- und Teilzeitstellen erforderte Zum anderen wuchs mit

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

dem steigenden Fachkraumlftebedarf die Bereitschaft der Traumlger auf Arbeitszeit-wuumlnsche von Mitarbeiterinnen einzugehen die aus familiaumlren Gruumlnden ihre Arbeitszeit reduzieren wollten

Die Unterschiede zwischen den westlichen und oumlstlichen Bundeslaumln - dern zeigen sich auch bei der Frage ob es sich bei der Teilzeitbeschaumlftigung um eine erwuumlnschte oder unfreiwillige Teilzeit handelt Eine Analyse von Eva Strunz (2015) auf der Basis des Mikrozensus 2011 bestaumltigt dass fuumlr west-deutsche Erzieherinnen die weniger als 32 Stunden arbeiten vor allem fa-miliaumlre Gruumlnde ausschlaggebend sind 36 Prozent geben als Motiv die Be-treuung von Kindern Pflegebeduumlrftigen oder Menschen mit Behinderungen und weitere 33 Prozent sonstige persoumlnliche oder familiale Gruumlnde an 37 Prozent der ostdeutschen Erzieherinnen in Teilzeitbeschaumlftigung er-klaumlrten hingegen dass sie keine Vollzeitstelle finden konnten Betreuungs- oder sonstige persoumlnliche oder familiale Verpflichtungen waren hier nur fuumlr 26 Prozent der Befragten von Bedeutung (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte-barometer 2014 30)

24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe

Die dominierende Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen sind Erzieherinnen Sie werden an Fachschulen bzw Fachakademien nach landesrechtlich unterschiedlichen faktisch aber relativ aumlhnlichen Regelungen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) ausge-bildet Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss Bei der Ausbildung zur Erzieherinzum Erzieher lassen sich grundsaumltzlich zwei Modelle unter-scheiden ndash das additive Modell als eine zweijaumlhrige uumlberwiegend fachtheoretische

Ausbildung mit anschlieszligendem einjaumlhrigem Berufspraktikum sowie ndash das integrative Modell als eine dreijaumlhrige Ausbildung an der Fachschule

inklusive Praxisphasen

Daruumlber hinaus existiert in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen eine bdquoPraxisintegrierte Ausbildungldquo (PIA) in der fachtheoretische Inhalte Praktika und Anerkennungsjahr miteinander staumlrker verzahnt wurden Mit dem Traumlger der Kindertageseinrichtung wird dazu ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen der auch eine Verguumltung vorsieht (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 67 ff)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Im Deutschen Qualifikationsrahmen fuumlr Lebenslanges Lernen (DQR)8 wird die Erzieherinnen-Ausbildung an einer Fachschule auf demselben Niveau (Stufe 6) wie ein Bachelor-Studium eingestuft In den neuen Bundeslaumlndern verfuumlgten im Jahr 2014 ca 87 Prozent der Beschaumlftigten uumlber einen derar-tigen Berufsbildungsabschluss im Westen waren es 66 Prozent Im Westen besaszligen 16 Prozent einen Abschluss als Kinderpflegerin oder aumlhnliche un-terhalb des Niveaus der Erzieherinnen angesiedelte Qualifikationen Diese spielen im Osten praktisch keine Rolle Etwa 10 Prozent der Beschaumlftigten hatten im Jahr 2014 eine andere Ausbildung befanden sich noch in der Ausbildung oder waren ohne Abschluss (vgl ebd 31) Entgegen anderslau-tenden Befuumlrchtungen hat sich der Ausbau der Kindertagesbetreuung somit bislang nicht auf Kosten der Fachlichkeit des Personals vollzogen

Der Anteil der Beschaumlftigten mit Hochschulabschluss lag bundesweit ndash mit leicht steigender Tendenz ndash bei ca 5 Prozent Darunter befanden sich gut 3000 Absolventinnen von speziell auf die fruumlhe Bildung bezogenen kindheitspaumldagogischen Studiengaumlngen Die Anzahl der Kindheitspaumldagoginnen hat sich somit seit 2012 dem ersten Jahrgang in dem sie in der Sta-tistik separat ausgewiesen sind verdreifacht (vgl ebd 34) In den letzten Jahren sind zahlreiche und sehr unterschiedlich konzipierte Studiengaumlnge entstanden die ndash als Erstausbildung oder Weiterbildung ndash eine akademische Qualifikation fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vermitteln9

Im Jahr 2003 wurde erstmals in Deutschland ndash damals noch umstritten ndash ein fruumlhpaumldagogischer Studiengang an der Alice-Salomon-Hochschule in Ber-lin eingerichtet Angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeit fuumlr die fruumlh-kindliche Bildung und der Existenz einer akademischen Ausbildung in den meisten europaumlischen Laumlndern wurde die Akademisierung fruumlhpaumldagogi-scher Fachkraumlfte in Kindertageseinrichtungen in der Folgezeit zu einem zen-tralen Thema in der bundesdeutschen Diskussion um die Weiterentwicklung von fruumlhkindlicher Bildung Erziehung und Betreuung Daruumlber hinaus be-schleunigte der parallel einsetzende Bologna-Prozess zur Internationalisie-rung und Modularisierung von Studiengaumlngen den Ausbau von Studien-gaumlngen zur Fruumlhen Kindheit enorm Fuumlr die (Fach)Hochschulen ergaben sich aus diesem Prozess sowohl die Moumlglichkeiten als auch wettbewerbliche

8 Der DQR wurde zum Zweck der Vergleichbarkeit der historisch gewachsenen Sektoren des deut-schen Bildungssystems konzipiert Er besteht aus einer umfangreichen sektorenuumlbergreifenden Matrix die der Einordnung von Qualifikationen dient9 Zur Entwicklung der Studiengaumlnge vgl KlaudySchuumltzStoumlbe-Blossey 2014

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Anreize neue Studiengaumlnge mit unterschiedlicher Spezialisierung zu entwi-ckeln (vgl zusammenfassend Speth 2010 169 ff) Nach der Einrichtung des ersten Studiengangs in Berlin im Jahr 2003 entstanden bis zum Jahr 2010 etwa 60 kindheitspaumldagogische Studiengaumlnge bis zum Jahr 2015 hat sich die Anzahl auf 118 (an 82 Standorten) nahezu verdoppelt (vgl Altermann et al 2015 10) Ein Teil dieser Studiengaumlnge ist grundstaumlndig angelegt andere bauen als konsekutive Studiengaumlnge auf einer abgeschlossenen Erzieherin-nen-Ausbildung auf Zwar zeigt sich dass die Absolventinnen keineswegs immer in einer Kindertageseinrichtung arbeiten wollen (vgl ebd 33 ff) je-doch kommt seit einiger Zeit wie die zitierten Zahlen zeigen nach und nach eine wachsende Zahl an Kindheitspaumldagoginnen auf den Arbeitsmarkt In einem Feld das traditionell durch eine fachschulische Ausbildung gepraumlgt ist stellt die Pluralisierung der Qualifizierungswege eine Innovation dar die von Konflikten Unsicherheiten und Ambivalenzen begleitet wird

25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung

Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen in kommunaler Traumlgerschaft wer-den nach dem Tarifvertrag fuumlr den oumlffentlichen Dienst (TVoumlD) der Kom mu-nen fuumlr Sozial- und Erziehungsdienste bezahlt Freie Traumlger haben groumlszligte n-teils eigene Tarifvertraumlge die sich allerdings oft am TVoumlD orientieren (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 59) Nach Berechnungen auf der Grundlage der Entgeltstatistik der Bundesagentur fuumlr Arbeit verdienten die Beschaumlftigten in Kindertageseinrichtungen im Jahr 2014 auf einer Vollzeit-stelle mit durchschnittlich 2630 Euro pro Monat etwa 300 Euro weniger als der Durchschnitt aller maumlnnlichen Arbeitnehmer ndash allerdings 300 Euro mehr als der Durchschnitt aller weiblichen Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 59)

Das Bruttogehalt einer in die Entgeltgruppe S2 eingruppierten Beschaumlf-tigten die die Taumltigkeit einer Kinderpflegerin ausuumlbt lag nach der bis zum 30062015 geltenden Fassung des TVoumlD10 im Jahr 2015 in der Eingangsstu - fe bei 1960 Euro monatlich eine Leiterin einer sehr groszligen Einrichtung (mit mindestens 180 Plaumltzen) konnte in der Endstufe der Gruppe S17 4749 Euro erhalten Staatlich anerkannte Kinderpflegerinnen (S3) starteten mit 2043 Euro monatlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (S6)

10 vgl zu den folgenden Angaben httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsue (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mit 2367 Euro in den Endstufen kamen sie auf 2679 bzw 3289 Euro Er-zieherinnen mit besonders schwierigen fachlichen Taumltigkeiten konnten in der Gruppe S8 mit 2478 Euro monatlich beginnen und in der Endstufe bis zu 3732 Euro erhalten Wenn eine Erzieherin fachlich schwierige Taumltigkei-ten von mindestens drei Beschaumlftigten der Gruppe S8 koordiniert waren in der Gruppe S9 je nach Stufe zwischen 2579 und 3750 Euro erreichbar Als besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten werden vor allem die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen sowie einrichtungsuumlbergreifende und koordi-nierende Aufgaben definiert

Als Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 wurden fuumlr Kin derpflegerinnen die monatlichen Entgelte erhoumlht so erhaumllt eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin in der Eingangsstufe der Gruppe S3 seitdem ein um 61 Euro erhoumlhtes Monatsgehalt Die Taumltigkeitsmerkmale von Erzieherinnen wurden aus der Gruppe S6 in die neu geschaffene Gruppe S8a uumlber-fuumlhrt was in der Eingangsstufe eine Steigerung des Gehalts um 93 Euro mo-natlich bedeutet In den Endstufen fallen die Anstiege mit 112 bzw 138 Euro monatlich etwas houmlher aus Fuumlr die Taumltigkeitsmerkmale der in S8 eingrup-pierten Erzieherinnen wurde eine neue Gruppe S8b geschaffen deren Ent-gelt nun identisch mit der Gruppe S9 ist Die Anstiege sind geringer als fuumlr Erzieherinnen im Allgemeinen und machen sich schwerpunktmaumlszligig in den houmlheren Dienstaltersstufen bemerkbar

Bei einem Aufstieg zur Leitung einer Einrichtung begann das Gehalt bis 2015 in der Gruppe S7 mit 2406 Euro und steigerte sich je nach Anzahl der Plaumltze in der Einrichtung Ab 40 Plaumltzen kam die Stufe 10 mit einem Ein-gangsgehalt von 2590 Euro zur Anwendung bei 70 Plaumltzen die Stufe 13 mit 2880 Euro bei 100 Plaumltzen S 15 mit 2913 Euro bei 130 Plaumltzen S 16 mit 3025 Euro und bei 180 Plaumltzen schlieszliglich S 17 mit 3103 Euro Das End-gehalt lag jeweils um gut 50 Prozent uumlber dem Anfangsgehalt der jeweili gen Stufe Stellvertretende Leitungen wurden ab einer Einrichtungsgroumlszlige von 70 Plaumltzen jeweils in die Entgeltgruppe von Leitungen der naumlchstkleineren Einrichtungsgroumlszlige eingruppiert Mit dem Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen wurden die beschriebenen Stufenzuordnungen veraumlndert Die Leitung einer kleinen Einrichtung wird nun statt nach Stufe 7 nach Stufe 9 bezahlt was in der Eingangsstufe einen Anstieg um 74 Euro monatlich be-deutet Die Leitungen und die Stellvertretungen der groumlszligeren Einrichtungen steigen jeweils in die Stufe die vorher der naumlchsthoumlheren Groumlszligenklasse vorbehalten war so dass beispielsweise die Leitung einer Einrichtung mit 40 bis 69 Plaumltzen nun in Stufe 13 in der Eingangsstufe ein um 290 Euro houmlheres Gehalt erhaumllt Besonders groszlig ist die Differenz fuumlr Leitungen einer sehr gro-

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

szligen Einrichtung die nun in S18 eingruppiert sind und in der Eingangsstufe 342 Euro mehr erhalten als vorher und in der Endstufe 5197 Euro monatlich bekommen Fuumlr die Leitungen der anderen Groumlszligenklassen fallen die Erhouml-hungen geringer aus

Ein Aufstieg ist somit in begrenztem Maszlige uumlber besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten moumlglich im Wesentlichen ist jedoch die Uumlbernahme von Leitungsfunktionen die Voraussetzung fuumlr eine finanzielle Weiterent-wicklung Dies gilt im Uumlbrigen auch fuumlr Kindheitspaumldagoginnen mit Ba-chelor-Abschluss die in der Regel auf Erzieherinnen-stellen eingesetzt wer-den An dieser Situation hat sich durch das Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen nichts geaumlndert

Neben dem Gehalt gehoumlrt zum Thema der Arbeitsbedingungen noch die Frage der Befristung Im Jahr 2014 waren 16 Prozent der Erzieherinnen und 18 Prozent der Kinderpflegerinnen befristet beschaumlftigt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 56) Im Vergleich zum Jahr 2011 bedeutet dies eine Steigerung um 3 bzw 4 Prozentpunkte Damit liegen die Anteile befris-teter Beschaumlftigungsverhaumlltnisse uumlber dem Durchschnitt sowohl der Frauen (11 Prozent) als auch der Maumlnner (8 Prozent vgl ebd 57)

26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze

Nach Prognosen aus dem Jahr 2014 werden bis zum Jahr 2025 etwa 200000 Fachkraumlfte das Arbeitsfeld verlassen Dies haumlngt zunaumlchst mit der Altersstruk-tur zusammen die sich zwischen 1998 und 2014 deutlich veraumlndert hat 1998 lag der Anteil der Fachkraumlfte im Alter von uumlber 45 Jahren bei rund 22 Pro-zent 2014 betrug er 41 Prozent (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 26) Daher wird zum einen die Anzahl derjenigen die wegen Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen in den naumlchsten Jahren erheblich steigen Zum anderen basieren die Prognosen darauf dass auf der Grund - la ge der Erfahrungen vergangener Jahre viele Beschaumlftigte das Arbeitsfeld vor-zeitig verlassen werden ndash mit einer Erwerbsminderungsrente oder aus ande-ren Gruumlnden

Im Jahr 2011 erreichten nur 18 Prozent der Beschaumlftigten die im Ar-beitsfeld Kindertageseinrichtung in Rente gingen die Regelaltersgrenze von 65 Jahren Fast 40 Prozent der uumlberwiegend weiblichen Beschaumlftigten be-zogen bereits zum (damals) fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt mit 60 Jahren ihre Rente Damit verlassen Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen ihr Arbeits-feld deutlich fruumlher als Frauen in anderen Berufen Im Jahr 2011 hatten ins-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

gesamt 42 Prozent der Frauen bei ihrem Renteneintritt die Regelaltersgrenze erreicht Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an allen Rentenzugaumlngen ist bei Beschaumlftigen in Kindertageseinrichtungen um 25 Prozent houmlher als bei den erwerbstaumltigen Frauen insgesamt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebaro-meter 2014 52)

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist somit bei rentennahen Jahr-gaumlngen in besonderem Maszlige vom vorzeitigen Berufsausstieg seiner Beschaumlf-tigten betroffen Aber auch im Hinblick auf juumlngere Beschaumlftigte wird immer wieder darauf hingewiesen dass sie oft schon nach wenigen Jahren den Be -ruf wieder verlassen ndash genaue Zahlen daruumlber liegen allerdings nicht vor Gruumlnde dafuumlr koumlnnen in gesundheitlichen Belastungen durch den Beruf lie-gen So kommt das Projekt bdquoSTEGE ndash Strukturqualitaumlt und Erzieher_innen-gesundheit in Kindertageseinrichtungenldquo in dem 2744 Kita-Beschaumlftigte in Nordrhein-Westfalen befragt wurden zu dem Ergebnis dass Erzieherinnen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen mit gleicher Bildung in der deutschen Bevoumllkerung im Durchschnitt als deutlich schlech-ter empfinden und haumlufiger durch gesundheitliche Belastungen dauerhaft im Alltag eingeschraumlnkt sind (ViernickelVoss 2013 8) Daruumlber hinaus sind einer GEW-Studie (Fuchs-Rechlin 2007) zufolge ca zwei Drittel der befrag-ten Erzieherinnen mit der gesellschaftlichen Anerkennung des Berufes un-zufrieden knapp 54 Prozent mit der Bezahlung und gut 60 Prozent mit den beruflichen Aufstiegsmoumlglichkeiten (vgl Fuchs-Rechlin 2007 34)

Legt man die eingangs beschriebene Lebenslaufperspektive zugrunde so lassen sich anhand der Beruumlcksichtigung von kritischen Lebensereignissen und Uumlbergaumlngen drei zentrale Schwellen identifizieren an denen gehaumluft Be-rufsausstiege stattfinden ndash Ausbildung und Berufsintegration Vielfach verlassen gerade qualifizierte

Mitarbeiterinnen bereits unmittelbar oder kurz nach der Ausbildung ihr Taumltigkeitsfeld um sich weiterzuqualifizieren Diese Weiterqualifizierun-gen fuumlhren bislang in der Regel in andere Berufe und nicht in eine houmlher-wertige Taumltigkeit in der Kindertagesbetreuung

ndash Familiengruumlndung Eine zweite Schwelle fuumlr Beschaumlftigte in der Kinderta-gesbetreuung steht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Familienfreundliche Arbeitszeit- und Dienstplanmodelle stellten ebenso wie an den Bedarfen der Beschaumlftigten orientierte Teil-zeitmodelle lange Zeit eine Ausnahme dar (vgl Klaudy 2010) Viele Be-schaumlftigte kehren deshalb nach einer Berufsunterbrechung nicht in ih - ren Beruf zuruumlck sondern uumlbernehmen beispielsweise Spielgruppen und an dere Angebote auf Honorarbasis oder in geringfuumlgiger Beschaumlftigung

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

die mit einer Dequalifizierung verbunden sind und zu Einbuszligen bei der Alterssicherung dieser Beschaumlftigten fuumlhren

ndash Alter Die dritte Schwelle schlieszliglich betrifft den vorzeitigen Berufsaus-stieg im Alter und somit das Themenfeld der nachhaltigen und alternsge-rechten Arbeitsgestaltung Die quantitative Bedeutung dieses Problems waumlchst angesichts des gestiegenen Anteils an aumllteren Beschaumlftigten Zu-saumltzlich verschaumlrft wird sie durch eine andere Form von Reproduktions-verpflichtungen naumlmlich durch die Konfrontation vieler aumllterer Mitar-beiterinnen mit der Pflegebeduumlrftigkeit von Angehoumlrigen vor allem der eigenen Eltern

27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen

Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veraumlnderungen gehen eine steigende Vielfalt etwa an Lebensstilen und Kulturen und damit auch ein Wandel der Kindheit einher ndash mit neuen Anforderungen auch an die Fami-lien Gerade Kindertageseinrichtungen muumlssen hierauf in vielfaumlltiger Weise reagieren Neben einer bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote muumlssen sie auch Organisation und Management der Kinderbetreuungsbetriebe an-passen Anpassungserfordernisse ergeben sich z B mit Blick auf

ndash die Groumlszlige der Einrichtungen und das Alter der Kinder Ausgehend vom Alter der Kinder werden diese von 4 Monaten bis hinein ins schulpflichtige Alter in Kindertageseinrichtungen betreut Die Groumlszlige der Einrichtungen reicht von einer Gruppe mit beispielsweise 15 Kindern bis zu Einrichtun-gen mit mehr als sieben Gruppen und uumlber 160 Kindern Dabei werden Kinder in altershomogenen und altersheterogenen Gruppen mit einem unterschiedlichen Stundenvolumen betreut wobei die zeitlichen Moumlg-lichkeiten in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt sind Mit dem Ausbau der U3-Betreuung werden viele Einrichtungen erweitert und es kommen zunehmend juumlngere Kinder hinzu

ndash die innereOumlffnungderKindertageseinrichtungen Waumlhrend der bdquoklassische Kindergartenldquo die Arbeit in Gruppen vorsah wird seit Ende der 1970er Jahre der bdquooffene Kindergartenldquo (vgl RegelKuumlhne 2001) zunehmend be-liebter Seither werden vielfaumlltige Formen der bdquoinneren Oumlffnungldquo prakti-ziert z B werden offene teiloffene und gruppenuumlbergreifende Angebote und Projekte und ebenso ein offenes Arbeiten in Bildungs- und Funktions-bereichen angeboten Dieser Entwicklung werden einerseits groszlige Chan-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

cen zugeschrieben da der Ansatz dem selbstbestimmten und selbstorga-nisierten Lernen von Kindern entgegenkommt und auch den paumldagogi-schen Fachkraumlften Moumlglichkeiten fuumlr einen kompetenzorientierten Ar-beitseinsatz bietet Andererseits wird den Oumlffnungskonzepten kritisch entgegengehalten dass sie sich wegen des fehlenden Gruppenzusammen-halts negativ auf die kindliche Entwicklung insbesondere sehr junger Kinder auswirken Haumlufig bestehen Bedenken und auch Aumlngste im Zu-sammenhang mit erhoumlhten Anforderungen an die organisatorische und inhaltliche Abstimmung sowie die Zusammenarbeit im Team insgesamt Daruumlber hinaus fuumlhrt die bdquoOumlffnungldquo zu neuen Zustaumlndigkeiten und Ver-antwortlichkeiten im Team Festzuhalten bleibt dass die offene Arbeit nicht nur mehr Abstimmung und Zusammenarbeit erfordert sondern auch transparentere Strukturen die bewirken dass die Arbeit der einzel-nen Erzieherinnen oumlffentlicher wird (vgl Doumlrfler 1994 108 ff)

ndash die Zusammensetzung der Teams hin zur Multiprofessionalitaumlt (vgl Froumlhlich-Gildhoff et al 2014) Erkenntnisse der Hirnforschung belegen dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen fuumlr das Lernen und den persoumlnlichen Bildungserfolg eines Menschen gestellt werden Als Folge wird in Kitas den Bildungsaufgaben mehr Aufmerksamkeit geschenkt Erzieherinnen werden zu Expertinnen fuumlr fruumlhkindliche Bildung die die individuellen Entwicklungspotenziale der Kinder erkennen und best-moumlglich foumlrdern sollen Weitere Anforderungen wie z B die Zunahme von bdquoFamilienzentrenldquo (Stoumlbe-Blossey 2010) der hohe Anteil von Famili-en mit Migrationshintergrund und die Entwicklung hin zu inklusiv ar-beitenden Einrichtungen fuumlhren dazu dass auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Fachkraumlfte im Umbruch sind Multiprofessionali-taumlt wird als Schlagwort fuumlr die Zusammenarbeit unterschiedlichster Fach-richtungen verwendet und meint ein Verstaumlndnis der fachuumlbergreifenden Zusammen arbeit verschiedener Professionen bei der unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen die Bearbeitung und Loumlsung komplexer Arbeitsanforderungen Probleme oder Faumllle ermoumlglichen (vgl Rannen-berg-Schwerin 2012 20) In der Praxis der Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen uumlbli-cher wird So arbeiten mittlerweile z B neben den Erzieherinnen und anderen sozial paumldagogischen Fachkraumlften auch Heilpaumldagoginnen Psy-chologinnen und andere Expertinnen in einer Kindertageseinrich-tung Quereinsteigerinnen mit anderem Berufshintergrund sowie die zu-nehmende Vernetzung und Kooperation mit externen Fachleuten und Diensten bereichern zudem die Fachlichkeit in der Kita

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

ndash das Management der Einrichtungen das ein zunehmendes Maszlig an Professi-onalitaumlt erfordert um den unterschiedlichen Anforderungen und Vor-aussetzungen mit einer guten Qualitaumlt in der Angebotsgestaltung gerecht werden zu koumlnnen ∙ Kindertageseinrichtungen werden sowohl geleitet von Erzieherinnen

mit und ohne entsprechende zusaumltzliche Qualifikation als auch von Fachkraumlften mit (Fach)Hochschulabschluss Ergebnisse der Expertise bdquoSchluumlssel zu guter Bildung Erziehung und Betreuungldquo zeigen dass inzwischen ca 19 Prozent der Leitungen uumlber einen akademischen Abschluss verfuumlgen (vgl Viernickel et al 2013 42)

∙ Leitungskraumlfte erfuumlllen ihre Leitungsaufgaben mit oder ohne (Teil)Freistellung von der paumldagogischen Arbeit und werden nur z T durch Stellvertreterinnen ebenfalls mit oder ohne (Teil)Freistellung unter-stuumltzt oder in Abwesenheit vertreten

∙ die Organisation von Fuumlhrung und Leitung der Kinderbetreuungs-betriebe erfolgt daneben z B in groumlszligeren Einrichtungen durch zu-saumltzliche bdquoTeamleitungenldquo Bei einigen Traumlgern wird inzwischen mit bdquoVerbund-ldquo oder bdquoGebietsleitungenldquo gearbeitet die fuumlr zwei oder mehr Kindertageseinrichtungen zustaumlndig sind Hier gibt es innerhalb jeder Einrichtung lediglich Ansprechpartnerinnen oder stellvertretende Lei-tungen die nur z T uumlber eine eigene (Teil)Freistellung verfuumlgen

Diese exemplarische Zusammenstellung zum Anpassungsbedarf der Orga-nisation von Kindertageseinrichtungen verdeutlicht die Komplexitaumlt des notwendigen Anpassungsaufwands wenn eine tragfaumlhige und qualitativ an-spruchsvolle Antwort auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen gefunden werden soll Die dargestellte Vielfalt erhoumlht als Folge auch die Anforderungen an das Team und die Leitung und nicht zuletzt auch an die Unterstuumltzung durch den Traumlger

28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen

Die gesellschaftlichen Anforderungen denen die Kindertagesbetreuung ge-genuumlbersteht und die steigende Aufmerksamkeit fuumlr den Stellenwert fruumlh-kindlicher Bildung haben zu einer quantitativen wie qualitativen Erweite-rung des Aufgabenspektrums der Beschaumlftigten gefuumlhrt So haben vor dem Hin tergrund des steigenden Bedarfs an fruumlher Foumlrderung alle Bundeslaumlnder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bildungsleitlinien fuumlr Kindertageseinrichtungen verabschiedet Konzepte zur Vorbereitung und Begleitung des Uumlbergangs vom Kindergarten in die Grund-schule formuliert und Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Fruumlherkennung und Entwicklungsbegleitung eingefuumlhrt (vgl Stoumlbe-Blossey Torluumlmke 2010) Festzustellen ist weiterhin eine ndash von den einzelnen Bun-deslaumlndern in unterschiedlicher Weise politisch geforderte und gefoumlrderte ndash Funktionserweiterung von Kindertageseinrichtungen als Zentren fuumlr Kinder und Familien und als niedrigschwellige Instanz zur Buumlndelung von Bera-tungs- und Familienbildungsangeboten im Sozialraum (Stoumlbe-Blossey 2010) Gleichzeitig laumlsst sich eine Verdichtung von Taumltigkeiten feststellen In Kin-dertageseinrichtungen fuumlhrten die Entwicklungen z B bei den Fachkraumlften zu einem weitgehenden Wegfall von Vor- und Nachbereitungszeiten fuumlr die paumldagogische Arbeit mit den Kindern (vgl AGJ 2011 10)

Neue Anforderungen hervorgerufen beispielsweise durch das neue Bil-dungsverstaumlndnis in der Fruumlhpaumldagogik Bildungsleitlinien oder ein neues Bild von der Zusammenarbeit mit Eltern haben Einfluss auf die gesellschaft-lichen Erwartungen an die Erzieherinnen und auf ihr eigenes Selbstver-staumlndnis Vor diesem Hintergrund sind Erzieherinnen von Rollenunsicher-heit und -konflikten betroffen die sich in ihren Werten und ihrer Haltung gegenuumlber Kindern Eltern und Mitarbeiterinnen aumluszligern Neue Anforde-rungen kollidieren mit alten Rollen und Haltungen (vgl MienertVorholz 2007) Wichtig ist dieser Aspekt vor allem vor dem Hintergrund arbeitspsy-chologischer Erkenntnisse denn aus dem Rollenverstaumlndnis und der Hal-tung koumlnnen sich entweder persoumlnliche Ressourcen fuumlr einen konstruktiven Umgang mit Belastungen oder aber eine Verstaumlrkung der wahrgenommenen Beanspruchung ergeben In der Forschung wird darauf verwiesen dass Er-zieherinnen aufgrund ihrer eigenen beruflichen Leitbilder und ihrer fach-lichen Orientierungen auch selbst einen entsprechend hohen Anspruch an ihre Arbeit stellen ndash ihr praktisches Handeln jedoch bleibt bdquodeutlich ndash auch wegen des selbstgesetzten hohen ideellen Maszligstabes notgedrungen ndash hinter diesen Anspruumlchen zuruumlckldquo (Dippelhofer-Stiem 2006 363)

In einigen Studien werden die steigenden Anforderungen an die Arbeit in Kindertageseinrichtungen thematisiert (vgl z B Fuchs-Rechlin 2007) Da-ruumlber hinaus wurde das subjektive Belastungsempfinden also die persoumlnliche Beanspruchung der Fachkraumlfte untersucht Dabei hat sich herausgestellt dass beispielsweise Personal- und Zeitmangel sowie ein hoher Geraumluschpegel als besonders belastend empfunden werden (vgl BGWDAK 2001 FuchsTrischler 2008 Fuchs-Rechlin 2007 VossViernickel 2013 zusammenfassend Hirsch 2011 109 f)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtun-gen werden in zunehmendem Maszlige als Problem erkannt Darum foumlrderte die Hans-Boumlckler-Stiftung bereits vor einigen Jahren eine Untersuchung zum Thema bdquoBelastungsmanagement bei Erzieherinnenldquo um genauere Erkennt-nisse uumlber die Belastungsfaktoren zu erhalten und Instrumente zur Gefaumlhr-dungsbeurteilung zu entwickeln (vgl Rudow 2007) Die groszlige Bedeutung die Erzieherinnen dem Thema selbst beimessen wurde 2009 durch die gro-szlige Beteiligung an Streiks fuumlr mehr Gesundheitsschutz im Rahmen eines ge-sonderten Gesundheits-Tarifvertrages deutlich11

Personalverantwortliche der Traumlger muumlssen vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen und wissenschaftlichen Ergebnisse reagieren indem sie ihre personalwirtschaftlichen Konzepte im Arbeitsfeld der Kin-dertagesbetreuung angemessen weiterentwickeln Bislang gibt es dazu in der fachwissenschaftlichen Diskussion jedoch nur wenige Ansaumltze Zu nennen ist hier beispielsweise die Arbeit von Andreas Hirsch (2011) der als Ergebnis einer Online-Befragung (110 Fachkraumlfte) einige Uumlberlegungen zur Verbesse-rung von Weiterbildungsmoumlglichkeiten (unter Einschluss von Fragen kom-munikativer Kompetenz) und zu den Moumlglichkeiten einer staumlrkeren Spezia-lisierung von Fachkraumlften sowohl bei der Weiterentwicklung eigener Kom-petenzen als auch bei der Arbeitsverteilung im Team ableitet Daruumlber hinaus weist er darauf hin dass ein systematischer Einsatz etwa von gesundheits-diagnostischen Verfahren oder von Instrumenten zur Analyse von Arbeits-motivation und -zufriedenheit erforderlich ist (vgl Hirsch 2011 161 ff) Fuumlr die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung derartiger Ansaumltze besteht bislang noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf Die im Folgenden darge-stellten Forschungsergebnisse aus dem Projekt KONTI greifen darum einige dieser Fragestellungen auf

11 httpdereuterscomarticledeutschland-erzieher-warnstreiks-idDEBEE5450GS20090506 (Abruf am 18042016)

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3 HERAUSFORDERUNGEN AUS DER PERSPEKTIVE VON TRAumlGERN MITARBEITERINNEN UND LEITUNGEN

Personalwirtschaftliche Konzepte die zu einer nachhaltigen Foumlrderung kon-tinuierlicher Erwerbstaumltigkeit beitragen sollen koumlnnen nicht allgemein - guumlltig gestaltet werden sondern muumlssen passgenau die jeweils spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes beruumlcksichtigen sind doch die personal wirtschaftlichen Gegebenheiten je nach Branche und Unternehmen sehr verschieden Die Unterschiede ergeben sich dabei sowohl aus den zu bewaumll tigenden Aufgaben und deren Rahmenbedingungen als auch aus dem pro fessionellen Hintergrund und den Motivationsstrukturen der Beschaumlf-tigten Letztlich muumlssen in einem solchen Konzept die Interessen mehrerer Per sonenkreise ndash Personalverantwortliche Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiterinnen ndash wahrgenommen werden

Vor diesem Hintergrund wurden im Projekt bdquoKONTIldquo zwischen 2013 und 2015 qualitative Befragungen zur Arbeitssituation von Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen durchgefuumlhrt die zum Themenkomplex sowohl die Sichtweisen von Traumlgern und damit Arbeitgebern als auch die Sichtwei-sen von Beschaumlftigten und damit Arbeitnehmerinnen einfangen sollten Die Sicht von Kita-Leitungen die einerseits selbst Mitarbeiterinnen und andererseits gleichzeitig Personalverantwortliche in ihrer Einrichtung sind wurde wegen dieser bdquoSandwich-Positionldquo explizit zusaumltzlich erhoben Die folgende Darstellung fasst die Ergebnisse der Befragungen von Traumlgern (Ka-pitel 31) Mitarbeiterinnen (Kapitel 32) und Kita-Leitungen (Kapitel 33) zusammen und greift dabei Themen auf die sich im Laufe des Projektes als wichtige Handlungsfelder herauskristallisiert haben Sie bieten damit erste ausgewaumlhlte Anknuumlpfungspunkte fuumlr nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte die eine dauerhafte Beschaumlftigung von Erzieherinnen bei Trauml gern von Kindertageseinrichtungen unterstuumltzen koumlnnen Ergaumlnzend zu den pro-jektspezifischen Erkenntnissen wird auf einige Befunde einer im Rahmen der AQUA-Studie (Schreyer et al 2014) etwa zeitgleich vom Staatsinstitut fuumlr Fruumlhpaumldagogik (Muumlnchen) durchgefuumlhrten quantitativen Befragung hin ge-wiesen die in vieler Hinsicht zu aumlhnlichen Ergebnissen gekommen ist

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

31 Die Perspektive der Kita-Traumlger

Im Zeitraum von August bis Dezember 2013 wurden insgesamt 22 leitfaden-gestuumltzte Face-to-Face-Interviews mit Personalverantwortlichen von Traumlgern von Kindertageseinrichtungen gefuumlhrt davon fuumlnf in Baden-Wuumlrttemberg zwoumllf in Nordrhein-Westfalen und fuumlnf in Thuumlringen Die Gespraumlche dien-ten zum einen dazu Daten zur Personalsituation und zum Personalmanage-ment zu erheben Im zweiten Teil ging es darum Informationen zur traumlger-spezifischen Gestaltung der Arbeitsbedingungen fuumlr Erzieherinnen zu er-mitteln Unter den befragten Anbietern befanden sich acht in kommunaler zwoumllf in frei-gemeinnuumltziger einer in privat-gemeinnuumltziger und einer in privat-gewerblicher Traumlgerschaft Vier Traumlger beschaumlftigten zum Zeitpunkt des Interviews weniger als 100 paumldagogische Mitarbeiterinnen in Kinder-tageseinrichtungen und drei mehr als 1000 Bei zehn der befragten Traumlger waren zwischen 100 und 500 bei den uumlbrigen drei Traumlgern zwischen 500 und 1000 paumldagogische Fachkraumlfte angestellt

Die folgende Darstellung der Befragungsergebnisse fasst Informatio nen zur Entwicklung der Personalsituation (Abschnitt 311) zur Personalstruktur (Abschnitt 312) und zu Personalengpaumlssen und Personalbedarfsschwankun-gen (Abschnitt 313) zusammen Ergebnisse zur konkreten Arbeitssituation in den Kindertageseinrichtungen werden unter den Aspekten Arbeitsbedin-gungen (Abschnitt 314) und Teilzeitarbeit (Abschnitt 315) sowie Organi-sation und Management (Abschnitt 316) bzw Personal- und Teamfuumlhrung (Abschnitt 317) vorgestellt

311 Die Entwicklung der Personalsituation

Die Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen wird zum Zeitpunkt des Interviews aus Sicht der befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlrin-gen und Nordrhein-Westfalen mehrheitlich als gut zumindest nicht als an-gespannt bewertet Nach Aussage der meisten Befragten waren die regulaumlren Stellen dort durchweg besetzt Der beste Zeitpunkt fuumlr Neueinstellungen so einige befragte Personalverantwortliche sei zu Beginn des Kindergarten-jahres da dann genuumlgend Schulabsolventinnen vorhanden sind

Jedoch hat es in den Jahren zuvor in Thuumlringen auch schon andere Erfah-rungen gegeben Waumlhrend die Personaldecke dort bis 200506 relativ stabil war haben Gesetzesnovellierungen danach zu einem massiven Personalbe-darf gefuumlhrt 2010 gab es durch den erweiterten Rechtsanspruch und eine

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Verbesserung des Personalschluumlssels eine erneute Ausweitung des Personal-bedarfs von ca 2000 Stellen im Land bdquoDa war der Erzieherinnen-Markt schnell leergefegtldquo berichten mehrere Gespraumlchspartner Zum Zeitpunkt des Interviews habe sich die Situation jedoch wieder entspannt

Zufriedenstellend wird die Situation in NRW auch von den drei Ge-spraumlchspartnern kommunaler Traumlger eingeschaumltzt Sie geben an dass bislang immer alle ausgeschriebenen langfristigen Stellen rechtzeitig mit geeigne - ten Fachkraumlften besetzt werden konnten und es dabei keinerlei Stellenbe-setzungsprobleme gegeben habe weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht Gut ausgebildete Fachkraumlfte seien vorhanden bdquoTaumlglich gehen neue (Initiativ-)Bewerbungen einldquo Auch fuumlr den durch den U3-Ausbau verursach-ten zusaumltzlichen Personalbedarf konnte geeignetes Personal rechtzeitig ver-pflichtet werden

Einige andere Personalverantwortliche aus NRW bewerten die Situation etwas problematischer und berichten dass man sich fruumlh genug bemuumlhen und schon im Anerkennungsjahr beginnen muss zu rekrutieren Die Aus-wahl sei nicht mehr so groszlig wie fruumlher so dass der hohe Bedarf an Fach-kraumlften nicht mehr jederzeit gedeckt werden koumlnne es bestehe eher ein Uumlberhang an Ergaumlnzungskraumlften (Kinderpflegerinnen) Wieder andere erle-ben die Stellenbesetzungssituation als bdquomerklich angespannterldquo sagen aber bdquoWir kommen gerade noch hinldquo Einzelne andere sehen hingegen Schwie-rigkeiten weil es zu wenige Bewerbungen gebe bdquoFruumlher haben sich die Leu-te bei uns beworben heute bewerben wir uns bei den Leutenldquo

Daneben weisen einige Traumlgervertreterinnen vor allem in NRW und Thuumlringen daraufhin dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist Im laumlndlichen Raum aber auch in einigen Ruhrgebietsstaumldten gebe es eher Schwierigkeiten ausreichend Personal einzustellen In Staumldten in denen Aus-bildungsstaumltten angesiedelt sind sei es oft leichter geeignete Fachkraumlfte zu finden Auch die Qualitaumlt der Ausbildungsinstitutionen und damit auch die Ausbildungsqualitaumlt der Bewerberinnen seien regional sehr verschieden Zudem finden sich die heutigen Anforderungen immer noch nicht vollstaumln-dig in den Ausbildungsinhalten wieder Darum muumlsse haumlufig nachqualifi-ziert werden selbst bei Jahrespraktikantinnen bdquoWas sie mitbringen reicht auf keinen Fall fuumlr den paumldagogischen Alltagldquo Probleme bei der Stellenbe-setzung werden somit oft eher in qualitativer Hinsicht gesehen

In Baden-Wuumlrttemberg scheint der Arbeitsmarkt fuumlr Erzieherinnen zum Zeitpunkt des Interviews bereits deutlich enger geworden zu sein Hier wer-den von den Gespraumlchspartnerinnen erste Anzeichen eines Fachkraumlfte-mangels angesprochen Drei der fuumlnf Befragten geben an dass zu Beginn des

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Kindergartenjahres bdquonicht mehr alle Stellen besetztldquo worden seien Insgesamt muumlsse bei den Traumlgern inzwischen ein hoher Stellenbesetzungsaufwand fuumlr Akquise und Bewerbungsgespraumlche betrieben werden Ein Gespraumlchspartner berichtet dass Stellenausschreibungen zweimal erfolgen mussten Zudem muumlsse schnell reagiert werden weil andere Traumlger als Konkurrenten wahrge-nommen werden Auch der Einarbeitungs- und Nachqualifizierungsaufwand fuumlr das neue Personal sei gestiegen Zwar koumlnne die formale Qualitaumlt noch eingehalten werden passgenauer Einsatz sei jedoch nur uumlber Nachschulun-gen moumlglich z B fuumlr den U3-Bereich Um die Stellen uumlberhaupt noch beset-zen zu koumlnnen werden die Anforderungen bei der Einstellung manchmal ge-senkt Auch komme es heutzutage vor dass Mitarbeiterinnen wieder ab-springen weil ihnen das Traumlger- bzw Einrichtungskonzept nicht zusagt

Zusammenfassend laumlsst sich schlussfolgern dass sich bei den Traumlgerbe-fragungen im Projekt KONTI trotz einer bislang insgesamt durchaus (noch) zufriedenstellenden Personal- und Stellenbesetzungssituation Probleme in qualitativer wie in regionaler Hinsicht zeigen Sie lassen sich als Anzeichen eines enger werdenden Fachkraumlftemarktes und eines sich verschaumlrfenden Wettbewerbs zwischen den Anbietern interpretieren der sich bis zur Veroumlf-fentlichung der Studie fortgesetzt und verstaumlrkt haben duumlrfte Vergleichbare Tendenzen werden von den Autorinnen der quantitativ angelegten AQUA-Studie wahrgenommen auch die kuumlnftigen Entwicklungen werden aumlhnlich eingeschaumltzt (vgl Schreyer et al 2014 178 ff)

312 Personalstruktur

In der Struktur der Belegschaften lassen sich bei den befragten Traumlgern z T deutliche Unterschiede ausmachen Allerdings liegen nicht allen Personal-verantwortlichen zu den persoumlnlichen Merkmalen ihrer Mitarbeiterinnen wie Geschlecht Qualifikation und Alter vollstaumlndige bzw ausreichend diffe-renzierte Daten vor Eindeutig ist dass die Frauenquote in den Einrichtun-gen der befragten Traumlger erwartungsgemaumlszlig sehr hoch ist Sie liegt bei allen die hierzu Angaben gemacht haben bei mindestens 80 Prozent (18 Befragte) bei dreizehn von diesen sogar uumlber 90 Prozent und bei elf von diesen wieder-um uumlber 95 Prozent Dabei weisen alle Thuumlringer Traumlger einen Frauenanteil von uumlber 90 Prozent auf

Hinsichtlich der Qualifikationen wird von den Befragten grundsaumltzlich erlaumlutert dass auf den dafuumlr ausgewiesenen Fachkraftstellen gemaumlszlig den ge-setzlichen Vorgaben Mitarbeiterinnen mit dem Berufsabschluss der Erziehe-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

rindes Erziehers eingesetzt werden Manchmal sind Erzieherinnen-Stel - len auch mit Sozialpaumldagoginnen manchmal mit Kinderpflegerinnen ndash als Ergaumlnzungskraumlfte in NRW ndash besetzt In Baden-Wuumlrttemberg ndash wo der gesetzliche Rahmen dies erlaubt ndash sind einige wenige andere Professionen vertreten

Zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen hat fast die Haumllfte der befragten Traumlger keine konkreten Angaben gemacht Bei denjenigen denen entspre-chende Daten vorliegen ergibt sich ein durchaus heterogenes Bild Einige weisen eine ausgeglichene Altersstruktur auf (4 Traumlger) daneben gibt es im Kreis der Befragten durchaus Traumlger mit einer ausgesprochen jungen Beleg-schaft (3 Traumlger) mehrheitlich ist jedoch ein uumlberproportional hoher Anteil aumllterer Beschaumlftigter uumlber 50 Jahren festzustellen (6 Traumlger) Insbesondere im Osten geben alle Befragten eine hohe Uumlberalterung ihrer Belegschaften mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren oder sogar daruumlber an Die Situation wird von vielen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und als Ergebnis des Stellenabbaus nach der Wende gewertet Vor allem viele Leitungen stehen kurz vor dem Ruhestand Seit zwei Jahren sei ein Generationenwechsel im Gange der zu einem sinkenden Durchschnittsalter fuumlhre Folge ist dass in-zwischen sehr viele aumlltere Mitarbeiterinnen sehr vielen juumlngeren gegenuumlber-stehen bdquoIn der Mitte gibt es ein Lochldquo Einige Personalverantwortliche ndash und nicht nur in Thuumlringen ndash bewerten das hohe Durchschnittsalter ihrer Beleg-schaften als bdquodie erste Herausforderung in der Personalsituationldquo und sehen an dieser Stelle Handlungsbedarf Konkrete Ansaumltze wie beispielsweise eine Altersstrukturanalyse oder eigene Nachwuchskonzepte fuumlr ihre Fuumlhrungs-kraumlfte um der bevorstehenden massiven Verrentung von Kita-Leitungen ent-gegenzutreten finden sich bislang jedoch nur selten

Im Kontext der Entwicklung der Altersstruktur wird oft das Thema Ge-sundheit aufgeworfen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlrderung sind nach Meinung der befragten Personalverantwortlichen Aufgabenfelder die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Zukunft wei - ter an Bedeutung gewinnen werden Zwar geben nur drei der Befragten an uumlber ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement zu verfuumlgen oder eines einzufuumlhren aber gleichzeitig berichten nur zwei Befragte dass sie keine entsprechenden Maszlignahmen zum Gesundheitsschutz bzw zur Ge-sundheitsfoumlrderung umsetzen bdquoSolche Aktivitaumlten sind schon gewuumlnscht Das steht in Zusammenhang mit den personellen Ressourcenldquo erlaumlutert dazu ein Interviewpartner Die Auseinandersetzung mit dem Thema gene -rell erfolgt aber unterschiedlich intensiv Die Spannweite der Bewertungen liegt zwischen bdquoein riesenhaftes Themaldquo bdquonoch zu wenigldquo bdquozu wenig syste-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

matischldquo bdquozu wenig konzeptionellldquo bis hin zu bdquowollen wir jetzt angehenldquo Das Thema Gesundheit steht dabei in engem Zusammenhang mit den Fehl-zeiten die bei einer Reihe von Traumlgern Grund zur Sorge sind und als Problem wahrgenommen werden ndash vor allem die haumlufigen laumlngeren Abwesenheiten durch Schwangerschaften bei juumlngeren und Dauererkrankungen insbeson-dere bei aumllteren langjaumlhrigen Mitarbeiterinnen

313 Personalengpaumlsse und Personalbedarfsschwankungen

Ein zentrales Problem fuumlr den betrieblichen Alltag in Kindertageseinrichtun-gen ist der Umgang mit Personalbedarfsschwankungen Der Personalbedarf in den Einrichtungen veraumlndert sich im Laufe des Kindergartenjahres weil Abgaumlnge aus den Kitas vor allem im Sommer zur Einschulung zu verzeich-nen Zugaumlnge aber laufend moumlglich sind z B weil der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift oder Eltern zu unterschiedlichen Zeiten eine Erwerbstaumltigkeit aufnehmen Auch die unterschiedlichen Personalschluumlssel je nach Alter des Kindes fuumlhren im Verlauf des Kindergartenjahres zu Schwankungen im Personalbedarf der Einrichtungen ndash einerseits kommen juumlngere Kinder hinzu andererseits ist fuumlr aumlltere Kinder ein niedrigerer Per-sonalschluumlssel umzusetzen Zusaumltzlich ist es aufgrund der jaumlhrlichen Jugend-hilfeplanung und der Schwankungen in der Elternnachfrage im Hinblick auf die Betreuungsbedarfe notwendig den Personalbedarf fuumlr das folgende Kindergartenjahr entsprechend anzupassen Diese Vorgaben fuumlhren bei den Anbietern von Kinderbetreuung dazu dass sie Spielraumlume in der Personalde-cke also Personalreserven benoumltigen um angemessen reagieren zu koumlnnen

Durch Fluktuation ergeben sich weitere unterjaumlhrige Veraumlnderungen in der Personalsituation der Einrichtungen Dabei stellt externe Fluktuation bei den befragten Traumlgern zum Zeitpunkt der Interviews kein groszliges Problem dar Sie wird von den Personalverantwortlichen mehrheitlich als gering manchmal als mittel und nur vereinzelt als hoch eingeschaumltzt Insbesondere im Osten scheint sie wenig ausgepraumlgt zu sein bdquoWer kommt der bleibtldquo Als Beispiele fuumlr Fluktuation werden der Wegzug der Familie oder der Ruumlckzug aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ndash oft gesundheitsbedingt vor Errei-chen der Altersgrenze ndash genannt Bei einigen Traumlgern bemuumlht man sich dar-um die Arbeitssituation altgedienter Leiterinnen alternsgerecht zu gestalten und entlastet sie z B von einigen Aufgaben oder schafft Assistenzen oder Stellvertretungen Uumlber moumlgliche weitere Gruumlnde fuumlr einen Berufsausstieg ist den Befragten wenig bekannt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bei der internen Fluktuation durch Fehlzeiten sieht das Urteil anders aus Nur bei einem Traumlger wird die krankheitsbedingte Ausfallquote als gering bewertet 17 Befragte bezeichnen sie als mittel zwei sogar als hoch Einige Personalverantwortliche stellen in der letzten Zeit eine steigende Tendenz fest Dabei gibt es saisonale Unterschiede Aufgrund der Ansteckungsgefahr ist insbesondere der Winter haumlufig gepraumlgt von Krankheitswellen die durch-aus die gesamte Gruppe oder gar Einrichtung erfassen koumlnnen Auffaumlllig ist fuumlr eine Reihe von Befragten auch dass insbesondere die Juumlngeren unter den Fachkraumlften noch wenig immunisiert sind und bdquovon jeder Infektion in der Kita mitgerissen werdenldquo Daneben berichten einige Personalverantwortli-che dass die Fehlzeiten in den Einrichtungen houmlchst unterschiedlich aus-gepraumlgt seien und stellen einen Zusammenhang zur sonstigen Belastungs-situation in der Einrichtung her Wenn eine Kita von vielen laumlngerfristigen Personalausfaumlllen betroffen sei wirke sich das auch auf das Betriebsklima aus was wiederum mehr Fehlzeiten bei den uumlbrigen Mitarbeiterinnen provozie-re und dann durchaus auch zu externer Fluktuation fuumlhren koumlnne

Laumlngerfristige Fehlzeiten stellen somit ein schwerwiegendes Problem dar Ursaumlchlich dafuumlr sind bei Traumlgern mit einem hohen Altersdurchschnitt vor allem Langzeiterkrankungen Bei den Traumlgern mit vielen juumlngeren Mit-arbeiterinnen also auch dort wo sich ein Generationenwechsel vollzieht sind dies in erster Linie Schwangerschaften die bei den Erzieherinnen mit einem Beschaumlftigungsverbot in den Einrichtungen einhergehen In Verbin-dung mit Mutterschutz Elternzeit und den anstehenden Kinderkrankheiten der eigenen Kinder kaumlme es nach Einschaumltzung der Personalverantwort-lichen bei diesen Fachkraumlften aufgrund ihrer familiaumlren Situation erst in ei-nem Alter von ca 35 Jahren wieder zu einem stabileren Einsatz Die Dauer der familienbedingten Auszeiten (Elternzeit und ggf anschlieszligende Beurlau-bung) ist unterschiedlich lang In Thuumlringen berichten die meisten befragten Personalverantwortlichen dass die Mitarbeiterinnen immer noch schnell wieder zuruumlckkehren Die Traumlger aus den beiden westlichen Bundeslaumlndern stellen uumlbereinstimmend fest dass auch hier die Erziehungszeiten inzwi-schen kuumlrzer werden und oft bei ca einem bis zwei Jahren liegen Es gibt aber auch immer noch sehr lange Beurlaubungen von zehn bis zwoumllf Jahren die aus der Sicht der betroffenen Personalverantwortlichen eine Reihe von Problemen aufwerfen

Als besonders problematisch wird die Situation immer dann einge-schaumltzt wenn bei Schwangerschaften und den damit verbundenen Beschaumlfti-gungsverboten fuumlr Mutterschutz und Elternzeit und bei Langzeiterkrankun-gen waumlhrend des laufenden Kindergartenjahres Vertretungskraumlfte benoumltigt

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

werden was bei vielen Aumllteren und vielen Juumlngeren in einigen Belegschaften relativ haumlufig vorkommt Dann gelinge es nicht immer sofort Ersatz zu fin-den Der kurzfristige Markt sei ziemlich leer bdquoDas ist ein Dauerproblem bei dem angespannten Marktldquo Arbeitsuchende Erzieherinnen koumlnnen dann auswaumlhlen wo sie hinwollen Einige Anzeichen sprechen dafuumlr dass insbe-sondere wenn erst im Winter Fachkraumlfte benoumltigt werden die Qualitaumlt nicht stimmt bdquoDann ist es besser wenn die Stellen frei bleibenldquo Der Auslesepro-zess in der Sommerferienzeit und zu Beginn des Kitajahres fuumlhre dazu dass die uumlbrig Gebliebenen dann nicht mehr den Anforderungen entsprechen bdquoAlle guten Erzieherinnen haben dann meist bereits eine (neue) Stelleldquo Ei-nige Traumlgervertreterinnen berichten daruumlber dass es insbesondere schwieri-ger geworden ist Leitungsstellen mit geeigneten Fachkraumlften zu besetzen bdquoErgaumlnzungskraumlfte sind schon eher zu finden aber houmlher qualifiziertes Perso-nal steht dann nur sehr wenig bereitldquo Laumlngerfristige Personalausfaumllle fuumlhren in vieler Hinsicht auch zu zusaumltzlichen Belastungen bei den Kolleginnen Nach Einschaumltzung von Personalverantwortlichen muumlssen insbesondere die Vollzeitkraumlfte die Situation durch eigene Mehrarbeit auffangen und werden dadurch staumlrker belastet als Teilzeitkraumlfte

Insgesamt betrachtet ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung in be-sonderem Maszlige durch unterjaumlhrige Schwankungen sowohl im Personal-bedarf als auch im Personalbestand gekennzeichnet Individuell unterschied-liche Zeitpunkte des Eintritts in den Kindergarten einerseits und einheitliche Einschulungstermine andererseits bringen im Verlauf des Kindergartenjah-res Veraumlnderungen bei der Anzahl der zu betreuenden Kinder mit sich Der hohe Frauenanteil in den Einrichtungen ist verbunden mit Schwangerschaft Mutterschutz und Elternzeit der hohe Anteil an aumllteren Beschaumlftigten mit Langzeiterkrankungen Die unterjaumlhrige Stellenneubesetzung insbesondere fuumlr Vertretungskraumlfte gehoumlrt damit zum Alltagsgeschaumlft der Personalverant-wortlichen Diese Aufgabe des Personalmanagements wird jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation mehrheitlich als besondere Herausforderung be-trachtet

314 Arbeitsbedingungen

Die Verguumltung der Mitarbeiterinnen erfolgt bei den kommunalen Traumlgern nach dem Tarifvertrag des oumlffentlichen Dienstes (TVoumlD 8 Traumlger) bei den frei- bzw privat-gemeinnuumltzigen Traumlgern in Anlehnung an den TVoumlD (13 Trauml-ger) dabei meistens entweder nach einem entsprechenden kirchlichen oder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

verbandseigenen Tarif Der in der Befragung vertretene privat-gewerbliche Traumlger verfuumlgt uumlber ein eigenes Verguumltungssystem Die Verguumltung orientiert sich somit weitgehend an den Rahmenbedingungen die in Kapitel 25 darge-stellt werden

Ein genereller Anstieg des Stellenwerts befristeter Arbeitsvertraumlge konn te in der Befragung nicht festgestellt werden Von den befragten Personal-verantwortlichen wird im paumldagogischen Bereich grundsaumltzlich eine Festan-stellung ihrer Mitarbeiterinnen bevorzugt Ein Groszligteil der Beschaumlftigten besitzt darum einen unbefristeten Vertrag Dennoch gehoumlren auch Befristun-gen zur gaumlngigen Praxis Dabei bewegen sich die Befristungsgruumlnde zwischen bdquoGrundsatz bei Neueinstellungenldquo und bdquoSachgrundldquo uumlberwiegend fuumlr An-erkennungspraktikantinnen und Vertretungen wegen Schwangerschaft Elternzeit bzw Langzeiterkrankungen

Allerdings gibt es hier regionale Unterschiede Waumlhrend die Befristung neuer Arbeitsvertraumlge in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen von allen befragten Traumlgern eingesetzt wird ist sie in Thuumlringen ein wenig ver-breitetes Instrument Im Westen werden Neueinstellungen von sieben der befragten NRW-Traumlger und drei Traumlgern in Baden-Wuumlrttemberg zunaumlchst fuumlr ein oder zwei Jahre befristet vorgenommen damit man als Arbeitgeber flexibel bleibe oder nicht uumlber Bedarf eingestellt werde weil beispielsweise Fluktuation nicht vorausgesehen werden koumlnne In erster Linie fuumlhre die jaumlhrliche Jugendhilfeplanung zu einem solchen Flexibilitaumltsbedarf Befristete Neueinstellungen seien damit vor allem eine Absicherung fuumlr die unbefristet Beschaumlftigten Mit der Begruumlndung der nach Meinung vieler Traumlgervertreterinnen heute vorgefundenen unzureichenden Qualitaumlt neueingestellter Mit-arbeiterinnen geraumlt die bisherige Ablehnung des Befristungsinstruments bei den in Thuumlringen befragten Traumlgern inzwischen ins Wanken

Als haumlufiger Sachgrund fuumlr eine Befristung von einem Jahr werden in allen beteiligten Bundeslaumlndern Schwangerschafts- und Elternzeitvertretun-gen genannt um den in Elternzeit gegangenen Mitarbeiterinnen die Ruumlck-kehr zu ermoumlglichen Auch Projektarbeit im Bedarfsfall gehoumlrt bei eini - gen Traumlgern dazu Das Beschaumlftigungsverhaumlltnis laumluft dann nach Ablauf des Vertrages aus Einige Personalverantwortliche weisen darauf hin dass Sachgrundbefristungen in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt werden (muumlssen) Fuumlr die Einrichtungen stellen sie nach Meinung vieler Interview-partner ein Problem dar bdquoda sie in der angespannten Arbeitsmarktsituation dazu fuumlhren dass immer wieder gute Mitarbeiterinnen den Traumlger wech-seln wenn sie (von Konkurrenten) unbefristete Vertraumlge angeboten bekom-menldquo

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Bei der Mehrheit der Befragten gilt der Grundsatz bdquoguteldquo Mitarbeiterin-nen moumlglichst schnell in eine unbefristete Anstellung zu uumlbernehmen Das betrifft z T auch Vertretungskraumlfte Nach Ablauf der Elternzeitvertretung werde versucht die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zu uumlber-nehmen bdquoentweder in der jeweiligen Einrichtung oder einer anderen so - fern sie gut ist und passtldquo und bdquoweil immer irgendwo eine Mitarbeiterin gesucht wirdldquo Bei einem Traumlger gibt es selbst fuumlr die Vertretungskraumlfte keine Sachgrundbefristungen sondern einen fuumlr ein Jahr befristeten Vertrag mit der Perspektive der anschlieszligenden Entfristung

Fuumlr die Uumlbernahme werden unterschiedliche Verfahren genutzt Am haumlu figsten wird nach einer festgelegten Zeitspanne von einem Jahr oder zwei oder sogar fuumlnf Jahren in ein unbefristetes Anstellungsverhaumlltnis uumlbernom-men Gesagt wird aber auch dass die Entfristung erfolgt wenn derdie Beschaumlftigte bdquonicht unterdurchschnittlichldquo beurteilt wird bdquosobald klar ist dass die Stelle erhalten bleibtldquo oder bdquosobald Stellen frei werdenldquo In einem Fall wird diese dann bdquoan die Mitarbeiterin gegeben die am laumlngsten darauf wartetldquo Bei einem anderen wird unter Beteiligung der Personalvertretung ein gemeinsam festgelegtes Auswahlverfahren eingesetzt mit schriftlichen Be-werbungen Leistungsbeurteilungen auf der Basis von Personalgespraumlchen Auswahlgespraumlchen anhand eines Anforderungsprofils und von weiteren Kriterien wie Alter Familienstand oder betrieblicher Zugehoumlrigkeit

Insgesamt wird ein groszliges Interesse der Personalverantwortlichen an ei-ner Dauerbeschaumlftigung ihrer Mitarbeiterinnen deutlich um fuumlr eine perso-nelle Stabilitaumlt in den Teams der Kindertageseinrichtungen zu sorgen Die aufgrund der haumlufig zu verzeichnenden Personalausfaumllle notwendige Einstel-lung von Vertretungskraumlften wird bei vielen mit der Perspektive vorgenom-men auch diese Mitarbeiterinnen in die Stammbelegschaft zu uumlberfuumlhren

315 Der Einsatz von Teilzeitarbeit

Der hohe Anteil an weiblichen Fachkraumlften bringt im Ergebnis einen hohen Bedarf an Teilzeitarbeit mit sich denn diese ist haumlufig das Beschaumlftigungs-modell fuumlr Mitarbeiterinnen in der Familienphase Daneben ist es heute bei vielen der befragten Traumlger auch dann fuumlr Mitarbeiterinnen moumlglich Stun-den zu reduzieren wenn sie sich den beruflichen Anforderungen nicht mehr voll gewachsen fuumlhlen Bei den Teilzeitquoten zeigen sich starke regionale Unterschiede Waumlhrend sie bei den befragten Traumlgern in Nordrhein-Westfa-len und Baden-Wuumlrttemberg lediglich zwischen etwa einem Viertel und zwei

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Dritteln der Beschaumlftigten liegen (NRW zwischen 24 Prozent und 57 Pro-zent Baden-Wuumlrttemberg zwischen 31 Prozent und 71 Prozent) weisen die Traumlger in Thuumlringen eine Quote zwischen 40 Prozent und uumlber 95 Prozent auf Hier liegt der Anteil bei drei der fuumlnf befragten Personalverantwortli-chen sogar uumlber 85 Prozent

Moumlglicherweise lassen sich diese Disparitaumlten mit den unterschiedlichen Beweggruumlnden fuumlr das Angebot an Teilzeitarbeit in Ost und West erklaumlren (vgl im Folgenden Micheel 2015) Von den Personalverantwortlichen im Westen wird sie ganz uumlberwiegend mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit be-gruumlndet (bdquoweil es die gesetzlichen Regelungen vorgeben und wir nicht anders koumlnnenldquo) Nicht zuletzt darum wird bei den meisten der Befragten versucht den Wuumlnschen der berufstaumltigen Muumltter zu entsprechen bdquoDeshalb muss hier nach Loumlsungen geschaut werdenldquo Zur Umsetzung gibt es jedoch haumlufig keine weiteren konkreten Vereinbarungen das Angebot an die Wiederein-steigerinnen zur Stundenreduktion ist vielfach lediglich mit der Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) verbunden

Daneben wird die Entwicklung zu mehr Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita auch von den geaumlnderten Finanzierungsstrukturen beguumlnstigt Durch die 2008 erfolgte Umstellung der Kita-Finanzierung auf eine Kindpauschale in Nordrhein-Westfalen setzt sich der Personalbedarf aus der Summe der auf der Grundlage der geltenden Personalvereinbarung erforderlichen Stellenan-teile zusammen die sich nicht immer auf eine Vollzeitstelle aufaddieren las-sen Als Folge der veraumlnderten Rahmenbedingungen hat sich bei den befrag-ten Traumlgern ein Eigeninteresse an Teilzeitbeschaumlftigung entwickelt Wurde sie dort in der Kita fruumlher mit paumldagogischen Gruumlnden rundweg abgelehnt werden heute bei Neubesetzungen sogar Teilzeitstellen ausgeschrieben

In Thuumlringen dagegen wird den Mitarbeiterinnen schon seit der Wende uumlberwiegend gar keine Vollzeitstelle angeboten Teilzeit-Beschaumlftigung ist ndash wie in allen oumlstlichen Bundeslaumlndern ndash das Standard-Angebot der Traumlger und die (nahezu) einzige Beschaumlftigungsmoumlglichkeit fuumlr Erzieherinnen in der Kita Hauptmotiv fuumlr das Angebot an Teilzeitbeschaumlftigung im Osten war da-mals das Argument der Beschaumlftigungssicherheit und der sozialvertraumlglichen Gestaltung des Abbaus von Kapazitaumlten Allerdings gibt es dort ganz uumlber-wiegend auch keine klassischen Halbtagsstellen sondern uumlber Sockelarbeits-vertraumlge vollzeitnahe Beschaumlftigung mit einem Umfang von 30 (Fuumlnf-Tage-Woche agrave 6 Stunden) oder 32 (Vier-Tage-Woche agrave 8 Stunden) Wochenstunden

Die Personalverantwortlichen der Traumlger legen mit den jeweiligen Mit-arbeiterinnen haumlufig nur den individuellen Wochenstundenumfang und

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die Arbeitswoche also die grobe Lage der persoumlnlichen Arbeitszeiten fest Die konkrete Umsetzung dieser Vorabsprachen in der Dienstplangestaltung erfolgt vor Ort durch die Kita-Leitungen Dabei wird es in den in die Be-fragung einbezogenen westlichen Bundeslaumlndern aus der Sicht von vielen Personalverantwortlichen als problematisch fuumlr den Kinderbetreuungsbe-trieb bewertet dass sich insbesondere teilzeitbeschaumlftigte Muumltter uumlberwie-gend die klassische Halbtagsstelle am Vormittag wuumlnschen Aufgrund der durch die verlaumlngerten Oumlffnungszeiten notwendig gewordenen Schichtplauml -ne mit rotierenden Diensten sind zwar uumlberwiegend eine Zwei- Drei- oder Vier-Tage-Woche und damit auch freie Tage moumlglich Grundsaumltzlich feste Arbeitszeiten werden dagegen haumlufig zum Problem So wird von den Per-sonalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlffnungszeiten von Schule und Kita bestimmte Dienste nicht wahrgenommen werden koumlnnen Der Fruumlhdienst wird hier genauso genannt wie Spaumltdienste Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferien zeiten der eigenen Kinder Lange Anfahrtswege verhindern daruumlber hinaus oft einen Acht-Stunden-Arbeitstag von Teilzeit-Beschaumlftigten die nur an einem Teil der Wochentage arbeiten

Der Dienstplangestaltung kommt damit fuumlr die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima einerseits eine zentrale Bedeutung zu Interessenkolli-sionen im Team treten hier besonders deutlich zutage Es werde zunehmend schwieriger und eher zur bdquoQuadratur des Kreisesldquo all diesen Interessen ge-recht zu werden Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlhren nicht zuletzt darum zu viele Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung zu Problemen Teamfuumlhrung erweist sich aus diesem Grund insbesondere an dieser Stelle oft als schwierig Die daraus resultierenden Probleme der Leitungen mit der Dienstplangestaltung werden von den Personalverantwortlichen durchaus wahrgenommen allerdings meistens eher auf der Basis informeller Ruumlck-meldungen Nur einer der befragten Traumlger uumlberwacht das Verfahren in den Einrichtungen indem er Einsicht und Genehmigung des festgelegten Dienst-plans einfordert Nur in wenigen Faumlllen gibt es fuumlr die Dienstplangestaltung eine professionelle Begleitung und Unterstuumltzung

Neben der Arbeitszeitregelung werden fuumlr die Umsetzung der Teilzeitar-beit in den Einrichtungen mit den Mitarbeiterinnen meistens keine weiteren Vereinbarungen getroffen etwa eine Reduzierung des Aufgabenspektrums Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Daraus entstehen in den Einrichtungen haumlufig weitere Probleme Teilzeitarbeit erfordere einerseits mehr Kommunikation geringere Verfuumlgungszeiten erschweren aber gleichzeitig die noumltigen Abspra-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen und den erforderlichen Austausch weil diese viel Zeit binden Selbst Terminabsprachen fuumlr Elterngespraumlche werden schwieriger Wird gewuumlnscht dass Teilzeitkraumlfte dennoch regelmaumlszligig an allen Teamsitzungen oder El-ternabenden teilnehmen fuumlhrt dies zu vielen Uumlberstunden Demgegenuumlber schraumlnkt ein Verzicht auf die (regelmaumlszligige) Teilnahme Partizipationsmoumlg-lichkeiten ein so dass bei Teilzeitkraumlften oft das Gefuumlhl entsteht dass sie nur mitlaufen und nicht als vollwertiges Team-Mitglied anerkannt werden

Wenn es in einer Einrichtung viele Teilzeit-Kolleginnen gibt sehen viele Vollzeitkraumlfte eine zusaumltzliche Belastung Sie geben an dass sie nicht nur unliebsame Schichten und (Zusatz)Aufgaben uumlbernehmen muumlssen son-dern auch regelmaumlszligig ndash z T laumlngerfristig ndash Personalausfaumllle kompensieren bis eine Vertretungsloumlsung gefunden ist So entsteht haumlufig das Gefuumlhl dass sie alles auffangen muumlssen waumlhrend ihre Kolleginnen dazu nicht flexibel genug seien Dass die Grenzen der Belastbarkeit hier oftmals bereits uumlber-schritten sind und Vollzeitkraumlfte haumlufiger uumlber gesundheitliche Beschwerden (wie z B Schlafstoumlrungen) berichten als ihre Teilzeit-Kolleginnen stellte ein Traumlger in einer Beschaumlftigtenbefragung mit Besorgnis fest

Obwohl sich berufstaumltige Muumltter auch bei vollzeitnaher Teilzeit feste Arbeitszeiten wuumlnschen wird die bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo von den befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlringen kaum thematisiert bdquoDie Muumltter wollen gar keinen Sonderstatusldquo Mit dem Arbeitgeber wird dort zunaumlchst grundsaumltzlich geklaumlrt welche Variante des vollzeitnahen So-ckelarbeitszeitmodells dieder Beschaumlftigte wuumlnscht Zusaumltzlich stehen bei einigen der Traumlger flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten zur Verfuuml-gung Beim Personaleinsatz im Kinderbetreuungsbetrieb wird von den Mit-arbeiterinnen einerseits deutlich eine gewisse Flexibilitaumlt erwartet ihnen aber gleichzeitig Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange bei der Dienst-plangestaltung zugesichert bdquoAufgrund der verschiedenen Arbeitszeitmodelle ist man da sehr flexibelldquo Jede Einrichtung sorgt selbst fuumlr einen bedarfs-gerechten Einsatz Dies ist aus der Sicht der Traumlger sehr wichtig bdquoWenn Ar-beitszeiten nicht in die persoumlnliche bzw familiaumlre Situation passen gibt es Unzufriedenheitldquo

Veraumlnderungen in der Personalstruktur der letzten Jahre werden von den Personalverantwortlichen nur wenig wahrgenommen Waumlhrend in Thuumlringen von einigen Gespraumlchspartnern festgestellt wird dass sich die So ckel arbeitszeiten auf 35 bis zu 38 () Stunden erhoumlht haben berichten die Per sonalverantwortlichen aus NRW und Baden-Wuumlrttemberg dass es im Ver gleich heute mehr Festanstellungen fruumlhzeitigere Entfristungen und mehr Teilzeitbeschaumlftigte aufgrund von Elternzeiten (mit geringerem Stun-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

denumfang als fruumlher) gibt Einige begruumlnden diese Entwicklung mit der er-forderlichen Personalbindung um als Traumlger attraktiv zu bleiben Aber auch der Ausbau bzw der Rechtsanspruch fuumlhre zu mehr neuen Stellen und damit auch zu mehr Teilzeitbedarf durch juumlngere Mitarbeiterinnen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass Teilzeitarbeit in der Kita aus verschiedenen Motiven heraus eingesetzt und unterschiedlich gestaltet wer-den kann Das Instrument entfaltet dann jeweils spezifische Wirkungen auf die Kita Insbesondere als klassische Halbtagsstelle fuumlhrt es zu einer Reihe von Problemen und zwar nicht nur fuumlr die betrieblichen Ablaumlufe und die Dienstplangestaltung sondern auch fuumlr die Fuumlhrung und die Zusammenar-beit im Team Die mit Teilzeitarbeit verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile werden von Traumlgern nicht uumlberall gleich wahrgenommen und ge-nutzt Neben der Unterstuumltzung einer Work-Life-Balance fuumlr die Beschaumlf-tigten laumlsst sich das Instrument zur Schaffung von Flexibilitaumltsreserven bei Schwankungen im Personalbedarf einsetzen Eine besondere Herausforde-rung besteht vor allem darin die individuellen Zeit-Interessen der einzelnen Beschaumlftigten und die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen mit-einander in Einklang zu bringen

316 Organisation und Management in der Kita

Die Gesamtverantwortung fuumlr Organisation und Management der Kinder-tageseinrichtungen ist bei allen befragten Traumlgern an die Kita-Leitungen de-legiert die grundsaumltzlich fuumlr einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sorgen haben Daneben ist die Kita-Leitung in der Praxis die zentrale Vertre-tung des Arbeitgebers in der Einrichtung und uumlbernimmt an dieser Stelle eine wichtige Schnittstellenfunktion Sie organisiert den Personaleinsatz und praumlgt damit den Alltag im Team und in der Einrichtung insgesamt Dienst-plangestaltung Arbeitsorganisation im Sinne einer Aufgabengestaltung und Arbeitsverteilung sind hier aus personalwirtschaftlicher Sicht wichtige Hand-lungsfelder Auch fuumlr den Ausgleich von Personalausfaumlllen muss sie sorgen Die Personalfuumlhrung ist damit ndash auch im Sinne der Teamleitung ndash ihre zent-rale und umfassendste Aufgabe

Der fachliche Arbeitseinsatz der paumldagogischen Mitarbeiterinnen er -folgt bei den befragten Traumlgern gemaumlszlig den gesetzlichen Vorgaben und dem Konzept des Traumlgers Das wesentliche Taumltigkeitsfeld der Erzieherinnen ist entsprechend ihrer Qualifikation die paumldagogische Gruppenarbeit Haumlufig liegt dazu eine Stellenbeschreibung fuumlr Erzieherinnen zu ihren Funktionen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

in der Kita und zu ihren Gruppenaufgaben fuumlr (stellvertretende) Leitungs-kraumlfte auch zu deren Fuumlhrungsaufgaben zugrunde

In der praktischen Arbeit der Einrichtungen werden generell keine (gro-szligen) Unterschiede im Einsatz der Mitarbeiterinnen gemacht Allgemeine Leitvorstellung ist hier bdquoAlle machen das Gleicheldquo Insbesondere in Baden-Wuumlrttemberg wird darauf hingewiesen dass alle paumldagogischen Fachkraumlfte als gleichberechtigte Mitarbeiterinnen in den Teams mit gleichen Aufgaben fuumlr alle zusammenarbeiten Der Arbeitsanfall auszligerhalb der bdquopaumldagogischen Arbeit am Kindldquo wird grundsaumltzlich auf den Teambesprechungen verteilt Dabei gibt es aus den Gespraumlchen mit den Personalverantwortlichen nur we-nige Informationen daruumlber ob und wie die Aufgaben zugeschnitten bzw gestaltet und auf welche Weise sie unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden

Die Entscheidungen uumlber den fachlichen und zeitlichen Personalein - satz also uumlber die Arbeitsorganisation und Dienstplangestaltung werden von Kita-Leitungen uumlberwiegend in Kooperation oder zumindest in Abspra-che mit ihrem Team getroffen Bei der Gestaltung dieser Aufgaben gibt es nur vereinzelt konzeptionelle Unterstuumltzung durch die Fachberatung In (sehr) groszligen Einrichtungen existieren bei einigen groszligen Traumlgern Arbeits-gruppen zu Ablaumlufen in der Einrichtung und zur Aufgabenverteilung Im Groszligen und Ganzen erfolgt damit die Organisation des Personaleinsatzes dezentral in den Einrichtungen Wichtige wenn nicht die wichtigsten Auf-gaben im Rahmen der Personalfuumlhrung sind damit von den Personalverant-wortlichen der Traumlger an ihre Fuumlhrungskraumlfte vor Ort delegiert Nur beim raumlumlichen Einsatz seines Personals also im Hinblick auf die Verteilung der Mitarbeiterinnen auf die Einrichtungen behaumllt sich der Traumlger die Entschei-dung uumlber den konkreten Einsatzort vor faumlllt diese dann aber fast immer in Koopera tion mit der zustaumlndigen Leitung

Viele Traumlger lassen ihren Leiterinnen bei der Personal- und Betriebs-fuumlhrung somit weitgehend freie Hand Alles ist moumlglich solange die betrieb-lichen Belange dem nicht entgegenstehen Die praktische Umsetzung liege bdquoin der gestalterischen Freiheit jeder Einrichtungldquo Einiges sei verpflichtend vorgegeben daneben seien die Einrichtungen und Mitarbeiterinnen frei und selbststaumlndig in der Entscheidung bdquoWie das im Einzelnen aussieht da halte ich mich rausldquo ist eine weit verbreitete Meinung unter den Befragten Die Erfahrung zeige dass auf diese Weise alles am besten funktioniere

Im Detail wissen darum die befragten Traumlgervertreterinnen auch oft we-nig uumlber die konkreten Vorgehensweisen in ihren Betrieben Trotzdem verfuuml-gen sie im Allgemeinen uumlber den Austausch mit ihren Leitungskraumlften uumlber

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

einen umfassenden und differenzierten Gesamteindruck zur personellen Si-tuation in den einzelnen Einrichtungen So werden Belastungen in den Ein-richtungen durch Personalbedarfsschwankungen und Personalausfaumllle oder Konflikte in den Teams wahrgenommen

Insgesamt betrachtet tragen die Leitungen in den Einrichtungen die Verantwortung fuumlr ein groszliges und vielfaumlltiges Aufgabengebiet nicht nur im paumldagogischen Sinne Dazu sind sie von den Traumlgern mit einer groszligen Handlungsautonomie ausgestattet Im praktischen Arbeitsalltag sind sie so-mit die wichtigsten Akteure die uumlber die konkreten Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen vor Ort entscheiden und sie gestalten (koumlnnen)

317 Personal- und Teamfuumlhrung

Sehr deutlich wird in den Gespraumlchen dass von den Personalverantwortli-chen Mitarbeiterorientierung als Leitbild fuumlr die Personalfuumlhrung gewuumlnscht wird Mehrheitlich wird ein partizipativer Fuumlhrungsstil befuumlrwortet Wichtig ist vielen Gespraumlchspartnerinnen dass dabei die individuellen Interessen am Arbeitsplatz wahr- und ernst genommen sowie nach Moumlglichkeit auch die persoumlnlichen Wuumlnsche und Belange der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden z B bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Vielfach haben die Beschaumlftigten ein Mitspracherecht etwa bei der Aufgabenverteilung oder der Festlegung der eigenen Dienstzeiten Oft erfolgen diese Absprachen in und mit dem gesamten Team Haumlufig wird aber auch darauf hingewiesen dass man bdquonicht jeden Wunsch erfuumlllenldquo koumlnne Die Interessenvielfalt im Kreis der Mitarbeiterinnen waumlchst nicht zuletzt durch die Veraumlnderungen in den Personalstrukturen der Traumlger Work-Life-Balance oder Generationen-wechsel werden hier genannt Aus den Interviews gibt es nur wenige In-formationen daruumlber wie der dazu notwendige Interessenausgleich immer wieder hergestellt wird meistenteils scheint er innerhalb der Einrichtungen zu funktionieren wo dies aber nicht der Fall ist entstehen aus den Interes-senkollisionen nicht selten massive Konflikte

Viele der befragten Personalverantwortlichen weisen auf die hohe Bedeu-tung einer guten Teamzusammenarbeit und des Teamgeists fuumlr die Arbeits-zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen in den Einrich-tungen hin Zentrale Leitungsaufgabe ist es darum fuumlr die erforderliche gute Arbeitsatmosphaumlre und ein gutes Betriebsklima zu sorgen Dennoch wird von den Befragten der Aufgabe der Teamentwicklung eine unterschiedlich groszlige Bedeutung beigemessen In einigen wenigen Faumlllen wird zum Thema aus-

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schlieszliglich auf die Zustaumlndigkeit der jeweiligen Leitung hingewiesen Bei vie-len anderen Traumlgern stehen dafuumlr zusaumltzliche Ressourcen zur Verfuumlgung mit denen etwa eine Unterstuumltzung durch die Fachberatung ermoumlglicht wird oder Angebote zum Konfliktmanagement zur Supervision oder zum Coaching gemacht werden Nur in Einzelfaumlllen wird jedoch noch mehr getan z B jaumlhr-lich ein extern moderierter Teamentwicklungstag zur Foumlrderung der Zusam-menarbeit durchgefuumlhrt an dem die Einrichtung geschlossen ist

Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator fuumlr die Beurteilung der Qualitaumlt der Arbeitsbedingungen Genaues Wissen daruumlber ist unter den Personalverantwortlichen allerdings relativ wenig ausgepraumlgt Die Einschaumlt-zungen reichen von der Aussage dass es keine Informationen uumlber die Zu-friedenheit gibt uumlber verschiedene Mutmaszligungen zu Zusammenhaumlngen mit verschiedenen Rahmenbedingungen wie etwa der Personalausstattung dem Fuumlhrungsverhalten der Leitung der entgegengebrachten Wertschaumltzung fuumlr die Arbeitsleistungen der Bezahlung den Aufstiegsmoumlglichkeiten sowie der Arbeitsbelastungen bis hin zu der Meinung dass momentan gemessen an-hand der geringen Fluktuation eine hohe Zufriedenheit herrschen muumlsse

Das Wissen um die Mitarbeiterzufriedenheit scheint wenn uumlberhaupt eher in dezentralisierter Form bei den Kita-Leitungen vorhanden zu sein denn sie sind es in der Regel die regelmaumlszligig Personalgespraumlche mit ihren Mitarbeiterinnen durchfuumlhren Meistens auf der Grundlage vorgegebener Verfahrensweisen seitens des Traumlgers fragen sie dabei verschiedene The-menbereiche ab die persoumlnliche Situation genauso wie Arbeitsbelastungen Wertschaumltzung Motivation Aufgreifen von Ideen und Veraumlnderungswuumln-schen bzw Weiterentwicklung Entwicklungspotenziale Fortbildungsop-tionen oder die Qualitaumlt der Arbeit Manchmal faumlllt auch die Entscheidung uumlber den Arbeitseinsatz im Personalgespraumlch Dabei wird deutlich dass die einzelnen Mitarbeiterinnen ihr Befinden und ihre Wuumlnsche im Mittelpunkt der durchgefuumlhrten Personalgespraumlche stehen Im Wesentlichen dienen die Gespraumlche also zur Abklaumlrung der Mitarbeiterzufriedenheit Sie gehoumlren damit zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten mit denen Informationen uumlber die Mitarbeiterinteressen uumlber Belastungen und ge sund-heit liche Leistungsfaumlhigkeit bzw uumlber individuelle Anspruumlche an eine Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammenge-tragen werden Umfang und Qualitaumlt der Gespraumlche liegen jedoch nahezu ausschlieszliglich bei den Einrichtungen vor Ort bdquoWir wissen dass es laumluft mehr nichtldquo Dokumentiert werden die Ergebnisse durch die Leitungen haumlu-figer an die Traumlger (in anonymisierter Form) weitergegeben jedoch nur sel-ten systematisch ausgewertet werden sie kaum

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Neben der Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit dienen die bei fast allen Traumlgern etablierten Personalgespraumlche mehrheitlich auch der persoumln-lichen und fachlichen Weiterentwicklung der Beschaumlftigten Haumlufig wird der individuelle Fortbildungsbedarf erfragt persoumlnliche Wuumlnsche koumlnnen dabei geaumluszligert werden Gemeinsam wird nach Umsetzungswegen gesucht oder es wird vereinbart die individuellen Interessen z B in Beratungen des Traumlgers zum Fortbildungsbedarf oder zur Aufnahme in das Fortbildungsprogramm weiterzuleiten Mitarbeitergespraumlche haben somit meistens gleichzeitig den Charakter von Personalentwicklungsgespraumlchen Personalentwicklungskon-zepte gibt es allerdings bei der Haumllfte der befragten Traumlger nicht Sie sind zum Zeitpunkt des Interviews also keine Selbstverstaumlndlichkeit

Die Personalverantwortlichen nehmen die Mitarbeiterzufriedenheit zwar als wichtigen Indikator fuumlr die Personalbindung wahr Uumlber die Erwartungs-haltung gegenuumlber ihren Leitungskraumlften hinaus die durch einen partizipati-ven Fuumlhrungsstil fuumlr eine foumlrderliche Arbeitsatmosphaumlre in der Kita sorgen sollen uumlbernehmen sie dabei bislang allerdings mehrheitlich eine konkrete Unterstuumltzungsfunktion nur wenn Konfliktsituationen offenkundig werden Sie vertrauen darauf und haben uumlberwiegend die Erfahrung gemacht dass sich ein Teamgeist und die persoumlnliche Identifikation der Erzieherinnen mit bdquoihrerldquo Einrichtung durch die taumlgliche Zusammenarbeit einstellen Eine sys-tematische und regelmaumlszligige Uumlberwachung der Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen gibt es auf Traumlgerebene nur sehr selten

32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen

Im Zeitraum von Maumlrz bis Juli 2014 wurden 75 leitfadengestuumltzte Telefon-interviews mit Erzieherinnen durchgefuumlhrt Dabei wurden vier Gruppen unterschieden naumlmlich Berufseinsteigerinnen (19 Befragte mit max zwei Jahren Berufserfahrung) Beschaumlftigte in der Familienphase (20 Befragte) langjaumlhrig und somit aumlltere Beschaumlftigte (18 Befragte ab 50 Jahren) und Be-rufsaussteigerinnen (18 Befragte) Ziel der Interviews war es vor allem In-formationen uumlber die Motive der Berufswahl und das Selbstverstaumlndnis im Beruf (Abschnitt 321) die berufliche Situation und die Bewertung des Ar-beitsalltags (Abschnitte 322 bis 324) sowie die beruflichen Perspektiven zu gewinnen (Abschnitte 325 und 326) um auf dieser Basis Handlungsfelder fuumlr personalwirtschaftliche Konzepte abzuleiten Die nachfolgende Darstel-lung beruumlcksichtigt die Gespraumlchsergebnisse aller Teilgruppen und bezieht dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ein

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321 Das Selbstverstaumlndnis im Beruf

Zentrales Motiv fuumlr die Wahl des Erzieherinnen-Berufs ist der Wunsch mit Kindern zu arbeiten Weitere Motive sind die familiaumlre Praumlgung z B durch den Beruf der Mutter oder durch fruumlhe eigene Erfahrungen mit dem Be-aufsichtigen von Nachbarskindern oder juumlngeren Geschwistern und als Baby-sitter Auch Praktika Freiwilligendienste und die Berufsberatung spielen in einigen Faumlllen eine Rolle Haumlufig sagen die Erzieherinnen dass sie sich bdquoschon immerldquo fuumlr diesen Beruf interessiert bdquonie etwas anderes gewolltldquo oder den Beruf als bdquoTraumberufldquo gewaumlhlt haben

Hinsichtlich der Bewertung der eigenen Ausbildung gibt es heterogene Antworten die von positiven Einschaumltzungen bis zur Benennung von Defizi-ten reichen Viele langjaumlhrig Beschaumlftigte weisen darauf hin dass das Wissen aus der Ausbildung nicht mehr ausreicht den (neuen) Anforderungen ge-recht zu werden Eine Erzieherin betont bdquoDie Gesellschaft veraumlndert sich und mit ihr auch die Kinder deshalb muss man flexibel sein und kann nicht jahrzehntelang mit alten Methoden arbeiten Es ist wichtig immer wieder Neues zu lernenldquo

Es gibt jedoch auch die Einschaumltzung dass die Ausbildung zur Erziehe-rinzum Erzieher eine sehr gute Grundlage fuumlr die Arbeit in anderen Berufen darstellt So fuumlhrt eine Berufsaussteigerin an dass sie in ihrer aktuellen Taumltig-keit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr stark von ihrer Ausbildung pro-fitiert z B im Koordinieren und Vermitteln bdquowenn ich da die Ausbildung nicht haumltte saumlhe es anders aus d h ich profitiere unglaublich von diesem Ausbildungsberuf und das sollte man ja vielleicht mal zur Staumlrke machen so dass das nicht nur in der Einbahnstraszlige Erzieher muumlndetldquo

Der uumlberwiegende Teil der langjaumlhrig Beschaumlftigten schaumltzt den Einfluss ihrer Berufs- und Lebenserfahrung als sehr wichtig und positiv fuumlr den Beruf ein da er zu einer persoumlnlichen Staumlrkung zu mehr Gelassenheit im Alltag und einem stabileren Selbstbild fuumlhrt bdquoMan hat einen groszligen Erfahrungs-schatz und da wirft einen nichts so schnell aus der Bahn Viele Anforderun-gen werden auch kritischer gesehen und es besteht das Selbstbewusstsein Kritik auch zu aumluszligernldquo

Hinsichtlich der Eigenschaften die eine Erzieherin besitzen sollte wer-den hauptsaumlchlich persoumlnliche Merkmale und Einstellungen angesprochen insbesondere Sozialkompetenzen wie kommunikative Faumlhigkeiten Team-faumlhigkeit Respekt und Toleranz Geduld Aufgeschlossenheit fuumlr neue Ide en Belastbarkeit oder Zuverlaumlssigkeit Sehr haumlufig wird das Stichwort bdquoEmpa-thieldquo genannt Es gehe um bdquoZuneigung Zuwendung und Vertrauenldquo es sei

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

wichtig ein bdquoGefuumlhl fuumlr Kinderldquo zu haben man muumlsse bdquoliebevollldquo bdquooffen und herzlichldquo sein und bdquoKinder annehmen so wie sie sindldquo Konkrete Aufga-ben und paumldagogische Zielsetzungen werden selten benannt ebenso wenig wie fachliche Qualifikationen uumlber die eine Erzieherinein Erzieher verfuumlgen sollte

Insgesamt laumlsst sich also bei den Befragten eine hohe inhaltliche Identi-fikation mit dem Erzieherinnen-Beruf feststellen fuumlr dessen Ausuumlbung so-zialen Kompetenzen und persoumlnlichen Erfahrungen eine hohe Bedeutung beigemessen wird

322 Belastungen im Arbeitsalltag

Als zentrale Bedingungen die sowohl Qualitaumlt als auch Zufriedenheit mit der Arbeit beeinflussen werden von groszligen Teilen aller Befragten der Perso-nalschluumlssel und die Groumlszlige der Gruppen genannt Bei der Personalausstat-tung wird meist zwischen generellem Personalmangel z B durch Unter-besetzung und anderweitigen Personalausfaumlllen unterschieden die durch Krankheit Schwangerschaften Urlaub oder Fortbildungen entstehen Die dadurch erzeugten Probleme werden als starker Belastungsfaktor und als be-sonders negativ eingeschaumltzt Es gebe bdquoZeitdruck immer Stress im Nackenldquo so dass es bdquonur noch darum geht den Alltag aufrechtzuerhaltenldquo was in der Folge zum bdquoVerwalten der Kinder Verwalten des Tagesablaufsldquo fuumlhre Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte fasst die Auswirkungen so zusammen bdquoZu viele gleichzeitige Anforderungen und man hat das Gefuumlhl der Situation nicht mehr gerecht werden zu koumlnnenldquo

Als besonders belastend werden haumlufig vorkommende Beeintraumlchtigun-gen durch kurzfristige Personalausfaumllle angesehen Dies fuumlhrt zu Stress und Unzufriedenheit insbesondere wenn eigene Planungen davon betroffen werden Eine aktuelle Untersuchung zu Stressbelastungen und Burnout-Ri-siko bei Erzieherinnen in Kindertagesstaumltten zeigt als Auswirkungen dieser Belastungen dass ein hoher Anteil der befragten Erzieherinnen ein erhoumlhtes Stressniveau aufweist und fast ein Fuumlnftel als Hochrisiko-Gruppe fuumlr Burnout angesehen werden kann

bdquoAls zentrale Stressquelle konnte die mangelhafte Personalausstat-tung in vielen Einrichtungen identifiziert werden einhergehend mit zu groszligen Gruppen einem unzureichenden Betreuungsschluumlssel Zeitdruck und sbquoMulti-Taskinglsquoldquo (JungbauerEhlen 2015 418)

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Auch die STEGE-Studie die auf einer Repraumlsentativbefragung von Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen basiert bestaumltigt die hohe Bedeutung von Personalmangel (ViernickelVoss 2013 156) sowie von Zeitdruck als Belas-tungsfaktoren (ebd 64 ff) Die von Traumlgern wahrgenommenen Probleme im Hinblick auf den Krankenstand (vgl Abschnitt 313) finden hier Erklaumlrun-gen

Zu groszlige Gruppen werden insbesondere von juumlngeren Mitarbeiterinnen als Problem beschrieben sie fuumlhlen sich uumlberfordert und koumlnnen dann haumlufig den eigenen Anspruumlchen nicht gerecht werden Bei (zu) vollen Gruppen wird beispielsweise sehr viel Zeit und Energie fuumlr Alltagssituatio-nen benoumltigt z B beim Anziehen der Kinder oder Zaumlhneputzen nach den Mahlzeiten Dann kann der Eindruck entstehen bdquokeine Zeit (mehr) fuumlr die Kinder zu habenldquo was zur Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit fuumlhrt bdquodann wird man keinem Kind gerecht und das ist dann auch unerfuumlllend fuumlr einen selbstldquo Diese Aussagen sind vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten dass Erzieherinnen es nach den Ergebnissen der AQUA-Studie fuumlr die wichtigste Bedingung ihrer Arbeit halten bdquogenuumlgend Zeit fuumlr gute pauml-dagogische Arbeit zu habenldquo (vgl Schreyer et al 2014 49)

Auf die Frage nach einer Veraumlnderung von Arbeitsbelastungen im Zeit-verlauf geben je nach Befragtengruppe (ohne Berufseinsteigerinnen) zwei Drittel bis drei Viertel an dass diese im Zeitverlauf zugenommen haumltten bdquoEs muss immer mehr immer mehr immer schneller immer besser seinldquo Als Faktoren fuumlr den Belastungsanstieg werden zum einen konzeptionelle Aufga-ben wie die zeitintensive Bildungsbeobachtung und -dokumentation sowie die jaumlhrlichen Entwicklungsgespraumlche genannt zum zweiten Aspekte der Ar-beitsorganisation etwa zunehmende Schichtdienste ein unzureichender Er-zieher-Kind-Schluumlssel oder das bdquoStundenauffangenldquo bei Personalausfall sowie allgemein eine Zunahme an administrativen Aufgaben die Zeit in Anspruch nehmen die bei der Arbeit mit den Kindern fehlt Auch die Betreuung im-mer juumlngerer Kinder (U3) die viel mehr und veraumlnderte Anforderungen mit sich bringt wird genannt Von einigen wird vermutet dass sich neben einem realen Anstieg der Belastungen auch das Belastungsempfinden geaumlndert hat bdquoEs wurde mir dann einfach zu viel der Tag wurde dann auch immer laumln-ger hellip Daran habe ich gemerkt Ich brauch mal eine Auszeitldquo Auch die AQUA-Studie bestaumltigt dass die wachsenden Aufgaben dazu fuumlhren dass sich immer mehr Fachkraumlfte stark belastet fuumlhlen ndash bdquobis hin zum Risiko eines beruflichen Burnoutsldquo (Schreyer et al 2014 78)

Auch die aus Sicht der Befragten gestiegenen Anforderungen durch El-tern tragen zur Belastung bei Einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Anspruumlche von Seiten der Eltern und der Wunsch dass bdquodie Erzieherin alles regeltldquo uumlber die Jahre immer mehr zugenommen haben bdquosie fordern fordern fordernldquo Fruumlher waumlren die Kinder ermahnt worden lieb zu sein und sich nicht zu zanken aber heute heiszlige es bdquoSei der King und lass dir nichts gefallenldquo Eine andere Befragte fasst zusammen bdquoDie Eltern sehen nur noch ihr eigenes Kind und nicht mehr dass es auch noch andere Kinder in der Gruppe gibtldquo Als eine Ursache wird von einer Befragten angemerkt dass bdquoviele Eltern mit der Erziehung voumlllig uumlberfordert sind man muss sie an die Hand nehmen ihnen immer mehr Hilfestellung gebenldquo Langjaumlhrig Be-schaumlftigte haben Strategien zum Umgang mit Anforderungen durch Eltern entwickelt aber von den juumlngeren Beschaumlftigten werden die Anspruumlche der Eltern oft als starke Belastung wahrgenommen z T deshalb da sie sich durch (bislang) fehlende eigene Kinder in einer schwierigen Position gegen-uumlber Eltern sehen bdquoDas hat ein bisschen gedauert bis man sich so ausdruuml-cken konnte und sich ein bisschen Respekt verschaffen konnteldquo Beschaumlftigte in der Familienphase geben an dass sie durch eigene Kinder eine deutlich verbesserte Position gegenuumlber den Eltern bekommen haben Jedoch merkt eine Befragte aus dieser Gruppe auch an bdquoEltern koumlnnen die Arbeit sehr gut behindernldquo

Bei vielen Beschaumlftigten nehmen physische Beeintraumlchtigungen einen groszligen Raum ein Selbst bei den Berufseinsteigerinnen gibt uumlber die Haumllfte der Befragten berufsbedingte Gesundheitsprobleme an vor allem haumlufige In-fekte aber auch schon Ruumlckenprobleme Bei den anderen Befragtengruppen werden ebenso verschiedenste Belastungen angefuumlhrt die sich auf das physi-sche und psychische Wohlbefinden auswirken wie z B wenig ergonomische Moumlblierung Heben und Tragen von Kindern ein hoher Laumlrmpegel aber auch Konflikte oder Mobbing Die personelle Unterbesetzung spielt eine er-hebliche Rolle bdquoEs geht sehr an die Substanz wenn man alleine istldquo Und auch die Anforderung dass man die bdquoSicherheit gewaumlhrleistenldquo muss jedoch der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann wenn man allein in der Gruppe ist wirkt sich negativ auf die eigene Befindlichkeit aus

Als Auswirkungen werden unterschiedlichste teilweise multiple Erkran-kungen koumlrperlicher Art angefuumlhrt die von einigen Befragten auch auf eine Verquickung physischer und psychischer Problemlagen zuruumlckgefuumlhrt wer-den Partiell stehen jedoch auch psychische Auswirkungen von Belastungen im Vordergrund die von Befindlichkeitsstoumlrungen wie Schlafproblemen oder Erschoumlpfungszustaumlnden bis hin zu schweren Erkrankungen wie Depres-sionen und Burnout reichen bdquoIch bin dann auf der Arbeit umgekipptldquo Bei den Berufsaussteigerinnen fuumlhren fast die Haumllfte der Befragten psychische

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Probleme oder Erkrankungen an die teilweise zunaumlchst nicht beachtet bzw verdraumlngt wurden (bdquoDas war ein schleichender Prozessldquo) letztlich aber zum Ausstieg aus dem Beruf beigetragen haben oder sogar der zentrale Grund wa-ren Die Daten der AQUA-Studie bestaumltigen zudem dass Arbeitsstress zur Folge haben kann dass Fachkraumlfte uumlber einen Stellenwechsel nachdenken und eine geringere Bindung an Beruf und Traumlger aufweisen (vgl Schreyer et al 2014 79)

Den meisten Befragten scheint die Problematik bewusst zu sein und sie sind daran interessiert etwas fuumlr ihre Gesundheit zu tun Viele geben an mehr oder weniger regelmaumlszligig Sport zu treiben (Fitness-Studio Walken Gymnastik Radfahren Yoga etc) um ihre Probleme zu reduzieren bzw fit zu bleiben Daruumlber hinaus wird groszliger Wert auf Entspannung und Freizeit-beschaumlftigung bdquozum Abschaltenldquo gelegt Gezielte Angebote von Seiten ihrer Arbeitgeber zur Gesundheitsfoumlrderung und zum Umgang mit Stress gibt es jedoch nur fuumlr wenige Befragte das Engagement fuumlr die Gesundheit findet im Wesentlichen im Privatbereich statt

Insgesamt werden von den Befragten also vielfaumlltige und ansteigende Be-lastungen und Belastungssituationen wahrgenommen die sich neben ge-sellschaftlichen Veraumlnderungen und konzeptionellen Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung aus einer allgemein als unzureichend wahrgenomme-nen Personalausstattung ergeben Die Situation wird zusaumltzlich durch die Anforderung erschwert kurzfristige Schwankungen in der Personalsituation bewaumlltigen zu muumlssen Angesichts der wahrgenommenen Gesundheitsstouml-rungen erhaumllt eine praumlventive Gesundheitsfoumlrderung fuumlr die Beschaumlftigten eine wachsende Bedeutung die vor allem einen individuellen Umgang mit persoumlnlichen Belastungssituationen und damit eine verbesserte Selbstfuumlrsor-ge vermittelt

323 Die Arbeitszeit

Beim Blick auf die Arbeitszeiten zeigt sich dass die uumlberwiegende Zahl der Befragten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden ist Von den Teilzeitbeschaumlftig-ten wird als Vorteil eine gewisse Zeitflexibilitaumlt angefuumlhrt die auch die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie unterstuumltzt Bei den vollzeitbeschaumlftigten Berufsanfaumlngerinnen und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten geben allerdings einige Befragte an dass sie lieber weniger arbeiten wuumlrden (bdquoIch bin an der Grenze meiner Kraumlfteldquo) sich dies aber aus finanziellen Gruumlnden nicht leisten koumlnnen Und einige aumlltere Befragte wuumlrden den Beruf auch gern vor dem of-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

fiziellen Renteneintrittsalter aufgeben koumlnnen das aber ebenfalls aus finanzi-ellen Gruumlnden nicht umsetzen (bdquoWenn ich die Moumlglichkeit haumltte etwas an-deres zu machen dann wuumlrde ich es tunldquo) Bei den vollzeitbeschaumlftigten Er-zieherinnen gibt es teilweise Unzufriedenheit mit der Arbeitsorganisation wenn sie unliebsame Arbeiten oder Arbeitszeiten uumlbernehmen oder unvor-hergesehene bzw laumlngerfristige Personalausfaumllle auffangen muumlssen weil die Teilzeitbeschaumlftigten dies nicht leisten koumlnnen oder wollen

Bei der Lage der Arbeitszeiten laumlsst sich mehrheitlich eine groszlige Zufrie-denheit feststellen denn die Absprachen zur Arbeitszeitgestaltung in den Einrichtungen funktionieren uumlberwiegend gut Beschaumlftigte die ein Arbeits-zeitkonto nutzen koumlnnen sind besonders zufrieden Allerdings ist dieses we-nig verbreitet Werden die Erwartungen hinsichtlich der Lage der Arbeitszei-ten durch die Gestaltung des Dienstplans jedoch nicht erfuumlllt und wird damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestoumlrt wird das als sehr belas-tend empfunden Eine Berufsaussteigerin gibt an dass sie den Beruf aus Gruumlnden fehlender Teilzeitmodelle aufgegeben hat und weitere vier Befragte in dieser Gruppe sagen dass die Vereinbarkeit selten klappte Schwierigkei-ten bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gehoumlren somit zu den Faktoren die zu einem Berufsausstieg beitragen

324 Das Team als zentrale Ressource

Mit Blick auf das Wohlfuumlhlen am Arbeitsplatz laumlsst sich festhalten dass sich ein groszliger Teil der Befragten bdquoimmerldquo oder bdquomeistensldquo wohlfuumlhlt ein Be-fund den auch die AQUA-Studie bestaumltigt (vgl Schreyer et al 2014 125 ff) Auch die STEGE-Studie kommt zu dem Ergebnis dass die Zusammenarbeit in den Teams im Allgemeinen sehr gut laumluft (vgl ViernickelVoss 2913 74) In den Befragungen im KONTI-Projekt gibt sogar bei den Berufsaussteigerinnen mehr als die Haumllfte an sich meistens am Arbeitsplatz wohlgefuumlhlt zu haben Als positive Faktoren werden von ihnen wie auch von den anderen Befragten neben dem bdquoSpaszlig am Berufldquo sehr haumlufig ein gutes Betriebsklima sowie die gute Zusammenarbeit im Team und mit der Leitung genannt Es laumlsst sich vermuten dass diese Faktoren miteinander korrelieren wobei sich jedoch kein klarer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang festlegen laumlsst

In der AQUA-Studie wurde festgestellt dass fast alle teilnehmenden Fachkraumlfte ein gutes Teamklima als absolut wichtig oder zumindest sehr wichtig einschaumltzen (vgl ebd 97) Auch dieses ist ein Befund der in der KONTI-Befragung bestaumltigt wird Aussagen wie bdquoDas Team ist halt super-

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wichtig und ausschlaggebend fuumlr die Arbeitldquo oder bdquoEine gute Leiterin ein gu-tes Team das ist wichtigldquo sind typische Antworten Ein gutes Betriebsklima wird als Quelle persoumlnlicher Bestaumltigung und Anerkennung gesehen und bdquohat einen positiven Einfluss auf die Psycheldquo Teilweise wird der Arbeitsplatz als zweites Zuhause bezeichnet bdquoNach 38 Jahren bin ich hier zu Hause mei-ne Gruppe ist mein Wohnzimmer der Schlafraum ist mein Schlafzimmer nur die Moumlbel sind etwas kleinldquo Als Defizit wird jedoch von einer Berufsaus-steigerin angefuumlhrt dass Problemloumlsungen haumlufig nur dann funktionieren wenn Menschen sich gut verstehen das sei aber zu wichtig um es dem Zufall zu uumlberlassen es muumlssten strukturelle Loumlsungen fuumlr eine gute Kooperation gefunden werden

Da dem Team hohe Bedeutung zugesprochen wird werden Probleme unter den Kolleginnen in besonderem Maszlige als negativ und belastend ein-geschaumltzt Zu Konflikten tragen fehlende oder schlechte Absprachen bzw allgemein Unstimmigkeiten oder Streit bei (bdquoWenn die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen nicht funktioniert die Kolleginnen nicht sbquoHand in Hand arbeitenlsquo und Absprachen missachten belastet das sehrldquo) aber es werden auch Mobbingsituationen benannt Fuumlr eine Berufsaussteigerin stellt Mob-bing durch die Kolleginnen das in einen Burnout muumlndete den zentralen Ausstiegsgrund dar Herausforderungen fuumlr die Teamsituation ergeben sich auch durch Veraumlnderungen wie z B die Einfuumlhrung der offenen Arbeit Umstrukturierungen durch den U3-Ausbau eine neue Kollegin oder den Ausfall eines oder gar mehrerer Teammitglieder durch Krankheit oder Ur-laub Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte betont wenn bereits morgens Spannungen entstehen fuumlhle sie sich nicht mehr wohl da sie dann bdquozwischen den Stuumlhlen sitztldquo Aber es gibt auch die Einschaumltzung dass Auseinandersetzungen zur Klaumlrung von Positionen sein mussten und bdquodanach warrsquos wieder in Ord-nungldquo

Auch Generationenkonflikte werden angesprochen Langjaumlhrig Beschaumlf-tigte berichten dass eine Uumlberforderung juumlngerer Kolleginnen ndash eine Erfah-rung die von dieser Befragtengruppe durchaus ebenso thematisiert wird ndash zu Unruhe in den Ablaumlufen und zu Spannungen fuumlhren kann bdquoIn aumllteren Jah-ren hat man eher den Uumlberblick und die Umsicht uumlber das Geschehen was den juumlngeren Kolleginnen haumlufig noch fehltldquo Jedoch fuumlhlen sich aumlltere Be-schaumlftigte von den Juumlngeren auf Grund ihres Alters teilweise nicht anerkannt und beklagen Stoumlrungen in der Kita die durch eine aus ihrer Sicht schlechte Ausbildungsqualitaumlt verursacht seien Auch von Seiten der juumlngeren Befrag-ten werden Konflikte mit aumllteren Kolleginnen und daraus resultierende Pro-bleme im Team angefuumlhrt So berichten Einsteigerinnen dass sie sich von

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

aumllteren Kolleginnen bdquoausgebremstldquo oder bdquonicht ernst genommenldquo fuumlhlen oder dass sie eine Offenheit fuumlr Veraumlnderung und neue Ideen vermissen

Aber es wird z T auch betont dass die Mischung von juumlngeren und aumll-teren Mitarbeiterinnen durchaus sinnvoll sein kann da es zu einer Ver-knuumlpfung unterschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen kommt die die Qualitaumlt der Arbeit steigert und dass aumlltere Kolleginnen in der Berufsein-stiegsphase als Ratgeberinnen fungieren koumlnnen Einige juumlngere Befragte berichten von Unterstuumltzung durch aumlltere Kolleginnen die ihnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen wichtig ist Und einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass es ihnen gut tut bestimmte Taumltigkeiten (z B Bewegungserzie-hung) an die juumlngeren Kolleginnen abgeben zu koumlnnen Auch seien diese durch ihre Ausbildung besser auf neue Taumltigkeiten beispielsweise das Erstel-len von Bildungsdokumentationen vorbereitet Haumlufiger allerdings werden Konflikte erwaumlhnt

Unter dem Aspekt einer Personalbindung stellt somit ndash insgesamt be-trachtet ndash eine gute Zusammenarbeit im Team fuumlr die Beschaumlftigten eine wichtige Ressource dar Aufgrund der wachsenden Heterogenitaumlt in den Teams wird die Aufgabe der Leitung fuumlr eine gute Arbeitsatmosphaumlre zu sor-gen jedoch zunehmend komplexer Die Vielfalt bietet zunaumlchst fuumlr den Arbeitsalltag und insbesondere auch fuumlr die Arbeit mit den Kindern viele Vorteile die auch wahrgenommen werden Daneben wird es aber schwieri-ger und erfordert nicht nur ein Empathievermoumlgen der Leitung sondern auch spezifische Kompetenzen um stets fuumlr einen gerechten Interessenaus-gleich in der Einrichtung sorgen zu koumlnnen

325 Aufgaben und Aufstiegsmoumlglichkeiten

Mit Blick auf das Erleben des eigenen Arbeitsalltags wird es von allen Be-fragtengruppen als positiv empfunden wenn individuelle Interessen sowie eigene Faumlhigkeiten eingebracht werden koumlnnen Es werden sehr unterschied-liche Situationen bzw Bereiche genannt in denen je nach eigener Inte-ressenlage und Faumlhigkeiten Aufgaben gut erledigt werden koumlnnen Einige gehen gern mit den Kindern nach drauszligen andere finden die Betreuung ih-res Funktionsbereichs in der offenen Arbeit interessant eine weitere nennt die Kinderkonferenz eine bdquopositive Herausforderungldquo der sie sich gern stellt eine sportliche Mitarbeiterin freut sich Spaszlig an Bewegung vermitteln zu koumlnnen und eine Berufseinsteigerin bringt gern ihre Medienkompetenz ins Team ein

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Die Vielfalt der Beispiele zeigt einerseits dass es individuell sehr unter-schiedlich ist welche Aktivitaumlten die Befragten als besonders befriedigend ansehen Zum anderen wird deutlich dass es den Einzelnen sehr wichtig ist sich mit ihren spezifischen Kompetenzen an der bdquorichtigen Stelleldquo einbrin-gen zu koumlnnen Als Aufgabenfelder mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeigen sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit Eltern oder der Umgang mit bdquoschwierigen Kindernldquo was von einigen als groszlige Belastung empfun - den wird waumlhrend es bei anderen zur Befriedigung beitraumlgt diese Aufgaben gut bewaumlltigt zu haben Hier wird einerseits deutlich dass bestimmte Auf-gaben individuell unterschiedlich bewertet werden andererseits zeigt sich dass die Erfahrung Herausforderungen zu meistern zur Zufriedenheit bei-traumlgt Insgesamt betrachtet traumlgt damit die Moumlglichkeit die eigenen Kom-petenzen einbringen zu koumlnnen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Be-fragten bei

Bei der Zufriedenheit mit der Entlohnung gibt es graduelle Unterschie-de insgesamt aber mit der Tendenz zur Unzufriedenheit die bei langjaumlhrig Beschaumlftigten am groumlszligten ausfaumlllt Hier sind viele der Meinung dass das Ge-halt nicht der hohen Verantwortung Beanspruchung und dem Bildungsauf-trag entspricht Von einigen wird der Gehaltsunterschied im Vergleich zu Lehrkraumlften kritisiert Bei den anderen Befragtengruppen fuumlhlt sich jeweils die Haumllfte nicht angemessen entlohnt einige sind sich unsicher ob sie die Be-zahlung als angemessen empfinden

Hinsichtlich potenzieller Aufstiegsmoumlglichkeiten im Erzieherinnen-Be-ruf gibt es differenzierte Antworten Zwei Drittel der Berufseinsteigerinnen und Befragten in der Familienphase sehen Aufstiegsmoumlglichkeiten dagegen nur ein Viertel der langjaumlhrig Beschaumlftigten bei denen jeweils knapp die Haumllfte angibt entweder keine Moumlglichkeiten oder kein Interesse (mehr) zu haben Bei den anderen Befragtengruppen sind nur einzelne Personen nicht an einem Aufstieg interessiert Bei den Aussteigerinnen wird von der Haumllfte der Befragten angefuumlhrt dass mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten ndash neben der Entlohnung ndash mit dazu beigetragen haben den Beruf aufzugeben Dieser Befund wird in der AQUA-Studie gestuumltzt wenn festgestellt wird dass Be-zahlung und Entwicklungsmoumlglichkeiten mit zu den Bereichen gehoumlren mit denen Fachkraumlfte eher unzufrieden sind (vgl Schreyer et al 2014 132)

Als Aufstiegsmoumlglichkeiten werden Gruppen- bzw Teamleitung (stell-vertretende) Leitungsfunktionen sowie die Kombination von Leitungsauf-gaben mit einer Referententaumltigkeit oder der Uumlbernahme spezieller Fachauf-gaben genannt Es faumlllt auf dass auch Personen die kein Interesse an einem Aufstieg haben den Wunsch nach Spezialisierungen oder einem fachuumlber-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

greifenden Einsatz aumluszligern Hinsichtlich der Taumltigkeitsoptionen fuumlr aumlltere Er-zieherinnen gibt es die Aufforderung an die Traumlger dass sie sich bdquowenn man es ernst meint mit der Mitarbeiterpflege und der Verantwortungldquo Gedanken daruumlber machen muumlssen welche Optionen sie den Mitarbeiterinnen anbie-ten koumlnnen

Bei der Frage nach Fortbildungsmoumlglichkeiten ergibt sich ein differen-ziertes Bild das zwischen den Befragtengruppen variiert Als Hindernisse fuumlr die Verwirklichung von Fortbildungswuumlnschen werden mehrfach zu hohe Kosten genannt aber auch die Tatsache dass Arbeitgeber nur interne Fortbildungen zulassen oder Fortbildungen (zu) schnell ausgebucht sind Teilweise wird auch angefuumlhrt dass eine angespannte Personalsituation die Teilnahme an Fortbildungen unmoumlglich macht Von Seiten der Berufsaus-steigerinnen werden bessere Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmoumlglich-keiten als Voraussetzung fuumlr Entwicklungsperspektiven angesprochen Zu-saumltzlich wird angemahnt dass dann auch Konsequenzen gezogen werden muumlssen (bdquoIst ja schoumln dass Sie die Fortbildung besucht haben aber wir ma-chen weiter wie gewohntldquo) Ein weiterer Wunsch bezieht sich darauf dass bdquoder Beruf aus dem Sackgassenberuf herauskommt dass es noch andere Pers-pektiven gibtldquo auch jenseits der Leitungsposition denn das sei nicht fuumlr jede geeignet und wuumlnschenswert

Die Beschaumlftigten aumluszligern ein hohes Interesse an beruflichen Entwick-lungsmoumlglichkeiten ndash nicht nur an einem hierarchischen Aufstieg sondern vor allem auch an fachlichen Perspektiven Unzufriedenheit mit der aktuel-len Entlohnung spielt in diesem Kontext vielfach eine Rolle jedoch wird der Wunsch nach Aufstiegsmoumlglichkeiten nicht auf finanzielle Verbesserungen reduziert

326 Der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Beruf zeigt sich bei den Gruppen (ohne Aussteigerinnen) dass der groumlszligte Teil der Befragten bdquovoumllligldquo oder bdquoweitgehend zufriedenldquo ist Bei den Aussteigerinnen stellt sich das erwartungsgemaumlszlig anders dar denn hier gibt nur knapp die Haumllfte der Be-fragten an dass sie voumlllig bzw weitgehend zufrieden waren Dabei bezieht sich Unzufriedenheit meistens auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit (Dienstplan Arbeitsvertrag Aufstiegsmoumlglichkeiten etc)

Trotz der grundsaumltzlich hohen Identifikation mit dem Beruf sind nur we-nige der juumlngeren Befragten und derjenigen in der Familienphase der Mei-

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nung dass sie ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben werden Als Fak-toren die zu einem vorzeitigen Ausstieg bzw Taumltigkeitswechsel beitragen koumlnnten wird vor allem Skepsis bezuumlglich der koumlrperlichen Fitness bei stei-gendem Alter angesprochen Bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten sieht die Ein-schaumltzung anders aus (vielleicht weil diejenigen die fruumlher aus dem Beruf aussteigen wollten nicht mehr bis in diese Phase gekommen sind vielleicht auch weil nicht alle eine moumlglicherweise fruumlher geaumluszligerte Ausstiegsoption realisiert haben) Mit Ausnahme einer Befragten geben alle langjaumlhrig Be-schaumlftigten an ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben zu wollen bzw zu muumlssen wenn die koumlrperliche Verfassung es zulaumlsst Vier Befragte begruumlnden dies damit dass sie auf das Gehalt angewiesen seien eine verweist darauf dass mehr Angebote fuumlr Teilzeit eine laumlngere Arbeitsdauer ermoumlglichen wuumlr-den Als Argumente fuumlr den langjaumlhrigen Verbleib im Beruf werden von den meisten vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern genannt und von ei-nigen das gute Betriebsklima und die Vertrautheit mit der Einrichtung

Eine aktuelle Untersuchung zu Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastun gen und ihren Folgen fuumlr Erzieherinnen zeigt dass der Wunsch nach vorzeiti-gem Ruhestand bei dieser Gruppe houmlher ist als bei anderen Berufen (Abbil-dung 1) Bei uumlber der Haumllfte der befragten Erzieherinnen wird als Haupt-grund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand angefuumlhrt dass die Ar-beit sehr anstrengend ist (Abbildung 2) Es faumlllt im Vergleich mit anderen Berufen auf dass dieser Grund dort eher nachrangig ist und von weniger als einem Viertel der Befragten angefuumlhrt wird

Die Frage ob sie sich einen Wechsel des Taumltigkeitsfeldes vorstellen koumlnn-ten bejahen 18 von 20 der Befragten in der Familienphase bei den Berufsein-steigerinnen sind es ca zwei Drittel und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten ca ein Drittel Dabei werden sowohl Taumltigkeiten innerhalb als auch auszliger-halb von Kitas genannt Zu Letzterem gehoumlren paumldagogische Taumltigkeiten mit aumllteren Kindern und Jugendlichen in Hort Heim oder Schulen aber auch Kombinationsloumlsungen in denen die Arbeit in einer Kita-Gruppe mit Taumltig-keiten im Jugendamt in Fachberatung Familienhilfe oder Fruumlhfoumlrderung verbunden wird Einige Befragte koumlnnen sich auch Taumltigkeiten auszligerhalb pauml-dagogischer Arbeitsfelder vorstellen

Bei den Berufsaussteigerinnen faumlllt auf dass weniger als die Haumllfte der Befragten weiterhin paumldagogische Taumltigkeiten wie z B in der Behinderten- oder Altenarbeit als Spielgruppenleitung oder Lehrerin in der Erzieher innen-Ausbildung ausuumlben Als nicht-paumldagogische Taumltigkeiten nach dem Berufsausstieg werden sehr unterschiedliche Felder angefuumlhrt wissenschaft-liche Mitarbeiterin an einer Universitaumlt Verwaltungsfachangestellte Bank-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

kauffrau Tischler Verkaumluferin oder Politesse Insgesamt hat mehr als die Haumllfte der Befragten die beim Berufsausstieg gewuumlnschte berufliche und per-soumlnliche Weiterentwicklung durch ein Studium bzw durch eine Ausbildung unterstuumltzt waumlhrend die anderen Befragten eher geringfuumlgige Weiterquali-fizierungen wahrgenommen haben In der Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur fuumlr Arbeit (BA) heiszligt es dass es im Jahresdurchschnitt 13000 Arbeitslose gibt die (wieder) in der Kinderbetreuung und -erziehung arbeiten moumlchten (vgl BA 2014 16) es jedoch bdquoim Schnitt der letzten zwoumllf Monate 8600 arbeitslose Personen [gab] die zwar uumlber eine entsprechende

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten

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Abbildung 1

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Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter Quelle nach HallLeppelmeier 2015 25

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Ausbildung als Erzieherin (4200) oder Kinderpflegerin (3500) verfuumlgtenldquo (ebd) aber eine andere berufliche Taumltigkeit anstrebten

Fuumlr den Berufsausstieg ist in allen Faumlllen nicht ein einzelner Grund sondern ein ganzes Buumlndel von Faktoren ursaumlchlich Ein Motivbuumlndel ist das Ziel der persoumlnlichen undoder beruflichen Weiterentwicklung das von mehr als der Haumllfte der Befragten genannt wird Zusaumltzlich fuumlhren fast alle mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten und schlechte Entlohnung als weitere

Abbildung 2

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter von 100 abweichende Summe der Prozentwerte ist rundungsbedingt Quelle nach HallLeppelmeier 2015 26

aus sonstigen Gruumlnden um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus gesundheitlichen Gruumlnden weil die Arbeit sehr anstrengend ist

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

weil die Arbeit sehr anstrengend ist

aus gesundheitlichen Gruumlnden

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Erzieherinnen andere Berufe

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Gruumlnde an Gleichzeitig werden aber auch von fast der Haumllfte der Befragten gesundheitliche Gruumlnde Stress oder Uumlberforderung angesprochen Bei eini-gen sind Erkrankungen sogar der zentrale Ausstiegsgrund In der Arbeits-marktberichterstattung heiszligt es dass die Gruumlnde fuumlr die Suche nach einer alternativen Taumltigkeit vielschichtig sind dass jedoch gesundheitliche Aspek -te oder veraumlnderte Interessen oft dazu gehoumlren (vgl ebd 16)

Einige Aussteigerinnen weisen dezidiert darauf hin dass sie keinen Ruumlck halt bei ihrem Traumlger bzw kein Entgegenkommen gegenuumlber ihren Wuumlnschen erlebt haben was zumindest teilweise mit zu ihrer Entscheidung beigetragen hat Und mehr als zwei Drittel geben an dass sie den Ausstieg aus dem Beruf nicht bedauert haben

Insgesamt steht bei den befragten Berufsaussteigerinnen der grundsaumltz-lich hohen Identifikation mit dem Beruf zum einen ein hohes Interesse an Veraumlnderungen des Taumltigkeitsfeldes gegenuumlber zum anderen eine weit ver-breitete Skepsis daruumlber ob sich der Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben laumlsst Wenn tatsaumlchlich ein Berufsausstieg erfolgt liegen dieser Entscheidung in der Regel mehrere Motive zugrunde

33 Die Perspektive der Kita-Leitungen

Die Aufgabenbereiche der Leitung einer Kindertagesstaumltte sind umfangreich und mit unterschiedlichsten Anforderungen verbunden Dies ist auf ihre Position an der Schnittstelle zwischen Traumlger Mitarbeiterinnen Kindern Eltern und dem Sozialraum zuruumlckzufuumlhren womit teilweise mehrfache Rollenwechsel im Laufe eines Arbeitstages verbunden sein koumlnnen Weil die verschiedenen Personen(gruppen) heterogene Wuumlnsche und Bedarfe ha-ben existieren Gegensaumltze und Spannungsfelder denen sich Leitungen stel-len muumlssen

Vor dem Hintergrund dieser Schnittstellenposition von Kita-Leitungen ist deren Perspektive von wesentlicher Bedeutung fuumlr die Personalfuumlhrung in und fuumlr Kindertageseinrichtungen Im Zeitraum von Januar bis Maumlrz 2015 wurden deshalb 15 Interviews mit Leitungskraumlften kommunaler frei-gemein-nuumltziger und privater Traumlger in den beteiligten Bundeslaumlndern gefuumlhrt Das Ziel der Interviewreihe bestand darin die Funktion der Leitung an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiterinnen und Traumlger naumlher zu beleuchten (vgl dazu auch Koumlhling 2015) Zum Zeitpunkt der Befragung war gut die Haumllfte der Interviewpartnerinnen uumlber 50 und drei Leitungen waren etwa 30 Jahre alt das Alter der anderen Personen befand sich zwischen diesen bei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

den Altersgruppen Fuumlr ihre Leitungstaumltigkeit waren neun Befragte vollstaumln-dig die anderen teilweise freigestellt eine Befragte verfuumlgte uumlber keine Frei-stellung

Um die Interviewaussagen der befragten Leiterinnen besser einordnen zu koumlnnen werden zunaumlchst die Aufgabenbereiche einer Kita-Leitung an-hand eines Schaubildes im Uumlberblick vorgestellt (Abbildung 3) Das Schau-bild verdeutlicht die Aufgabenbereiche einer Leitung mit dem Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrag auf der einen und der Betriebsfuumlhrung auf der anderen Seite sowie den damit jeweils verbundenen Handlungsan-forderungen

Im Folgenden werden Aussagen und Einschaumltzungen aufgezeigt die der Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Team zu-gerechnet werden koumlnnen (Abschnitt 331) Daran anschlieszligend steht die Betriebsfuumlhrung als Teilbereich der vielfaumlltigen Aufgaben im Mittelpunkt (Abschnitt 332) waumlhrend Aufgaben die der direkten paumldagogischen Arbeit zuzurechnen sind nur begleitend thematisiert werden da sie nicht im Fo - kus des KONTI-Projektes standen Im Weiteren werden dann Kompetenz - an for de rungen an Leitungen (Abschnitt 333) sowie die Themenbereiche Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungsmoumlglichkeiten als Voraussetzungen bzw Bedingungen fuumlr gute Arbeit in den Blick genommen (Abschnitt 334) Abschlieszligend wird der Aufgabenbereich der Zusammenar-beit mit dem Traumlger als wichtige Rahmenbedingung fuumlr effektives Arbeiten vorgestellt (Abschnitt 335)

331 Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit

Die befragten Leitungen berichten von einer groszligen Vielfalt in ihren Teams ndash z B durch unterschiedliche Altersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Kompetenzen Ausbildungen und Nationalitaumlten ndash die durchgaumlngig positiv betrachtet wird Aus dieser Heterogenitaumlt ergeben sich nach Meinung der Interviewpartnerinnen besonders fuumlr die Arbeit mit Kindern Vorteile weil diese bdquofuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen be-noumltigenldquo Im Allgemeinen haben die befragten Leitungen auch Einwirkungs-moumlglichkeiten auf die Zusammensetzung des Teams da sie in der Regel an der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen beteiligt sind Grundsaumltzlich ist zwar der Traumlger zustaumlndig der z T auch die Vorauswahl trifft im Prinzip erfolgt jedoch bei den meisten Traumlgern eine enge Zusammenarbeit mit den Leitun-gen So koumlnnen die Leitungen Wuumlnsche aumluszligern sind bei Vorstellungsgesprauml-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen anwesend oder duumlrfen sich nach der Vorauswahl durch den Traumlger dieden neuen Mitarbeiterin aussuchen (zur Zusammenarbeit mit dem Traumlger vgl auch Abschnitt 335)

Mehrheitlich sehen sich die Leitungen in der Rolle eines Motors fuumlr das Funktionieren und die Weiterentwicklung der paumldagogischen Arbeit in der Einrichtung und fuumlr eine gute Zusammenarbeit im und mit dem Team Dazu gehoumlre auch dass die Leistungen der Mitarbeiterinnen durch Aner-kennung unterstuumltzt werden bdquoEine Leitung muss auch wertschaumltzen und loben koumlnnen und erkennen wo gute Arbeit geleistet wirdldquo Zudem wirken sich nach Wahrnehmung der Leitungen ein positives Arbeitsklima und ein guter Teamzusammenhalt positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitar-beiterinnen aus Als zentrale Leitungsaufgabe wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch gesehen Einige Leitungen betonen auch dass transparente Strukturen und Zustaumlndigkeiten das Wohlfuumlhlen im Team und die Fairness untereinander befoumlrdern Als bedeutsam wird zudem die Vor-bildfunktion der Leitungen angesehen die die Motivation der Mitarbeiterinnen durch eigenen fachlichen Input Initiativen neue Ideen aber auch durch die Bereitstellung von Raum zum Experimentieren unterstuumltzen kann Von einzelnen nicht vollstaumlndig freigestellten Leitungen wird die Mitarbeit in den Gruppen als wichtiger Praxisbezug bewertet um die Belange der Mit-arbeiterinnen verstehen zu koumlnnen Einzelne Befragte erwaumlhnen zudem dass der Einsatz neuer Methoden oder Instrumente fuumlr einige Mitarbeiterin-nen nachvollziehbarer wird bzw sie sich erst dann darauf einlassen wenn die Leitung eigene Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit vorweisen kann bdquoAlles was nicht bewiesen wird ist erst einmal Theorie auf die sie sich nicht ein-lassen Beweise erhoumlhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung garantieren diese jedoch nichtldquo

Mit Konflikten zwischen den Beschaumlftigten wird in einigen Einrichtun-gen offensiv umgegangen indem eine Konfliktloumlsungskultur gelebt wird die den Rahmen fuumlr die Umsetzung geeigneter Loumlsungen vorgibt und Mediati-onsverfahren einschlieszligt Ein Teil der Befragten erwartet von den Mitarbei-terinnen zunaumlchst einen offensiven verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem Problem und eine zeitnahe Problemloumlsung Einige wenige sehen hingegen Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinanderset-zung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) Als Misserfolg fuumlr die Leitungstaumltigkeit wird z B angesehen wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden die ge-meinsam getroffen wurden (bdquoDas sind Misserfolge da gelingt es mir nichtldquo)

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Vereinzelt wird auch von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team berichtet die nach Einschaumltzung der Befragten vor allem dadurch aus-geloumlst werden dass die Leitungen versuchen Veraumlnderungen einzuleiten Mitarbeiterinnen jedoch Sorge vor zusaumltzlichen Belastungen haben bdquoEs fehlt das Gefuumlhl wir machenrsquos gemeinsam Ich habe immer das Gefuumlhl ich muumlsste einen Waggon anschieben Dann laumluft er wieder ein bisschen und dann steht er wieder und dann muss ich ihn wieder anschieben Und da habe ich keine Lust mehr zu ich lass ihn stehenldquo Eine Unterstuumltzung durch den Traumlger erfolgt in solchen Faumlllen oft nicht Insgesamt sehen sich die Leitun -gen als verantwortlich fuumlr das Funktionieren der Einrichtung und die Team-Zusammenarbeit Dieses Ziel koumlnnen sie verwirklichen wenn das Team mit-wirkt und auftretende Konflikte in angemessener Form bearbeitet werden

Im Hinblick auf die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen ndash was z T ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungen gehoumlrt ndash werden verschie-dene individuelle und traumlgerspezifische Entwicklungskonzepte erwaumlhnt In einigen Einrichtungen wird dazu dem Motto gefolgt Mitarbeiterinnen zu foumlrdern und zu fordern Dazu werden z B jaumlhrliche Zielvereinbarungs- oder Mitarbeitergespraumlche oder zu Jahresbeginn individuelle bdquoStartgespraumlcheldquo ein-gesetzt Eine Einrichtung fuumlhrt fuumlr alle neuen Mitarbeiterinnen einen drei-taumlgigen Einarbeitungs-Workshop zur traumlgerspezifischen fachlichen konzep-tionellen und betrieblichen Einweisung durch

Alle Leitungen berichten in den Interviews von ausreichenden Fort-bildungsmoumlglichkeiten wobei es teils traumlgerinterne Schulungsangebote gibt wie beispielsweise regelmaumlszligig stattfindende Qualitaumltszirkel oder -werkstaumlt-ten aber es wird teilweise auch auf externe Angebote zuruumlckgegriffen wie beispielsweise bei Teamqualifikationen mit externen Referentinnen Eine Leitung verweist darauf dass zunehmend Fortbildungsangebote in groumlszligeren Staumldten auf Interesse stoszligen da sich diese von den uumlblichen Themen abhe-ben und neue Anforderungen an Kitas staumlrker beruumlcksichtigen wuumlrden Die Traumlger beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an den Fortbildungskos-ten vereinzelt werden die Kosten ganz uumlbernommen teilweise muumlssen Fort-bildungen jedoch auch durch die Mitarbeiterinnen allein finanziert werden

332 Organisation betrieblicher Ablaumlufe

Die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe beinhaltet verschiedene Aufga-benbereiche mit unterschiedlichen Methoden und Instrumenten In den In-terviews werden insbesondere die Bereiche Dienstplangestaltung sowie Per-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sonaleinsatz thematisiert In seiner Gesamtheit wird das Aufgabenfeld der Betriebsfuumlhrung von den Leitungen haumlufig nicht als ein wichtiges Steue-rungsinstrument erachtet obwohl sie partiell durchaus professionelle Ma-nagementinstrumente wie Zielvereinbarungen oder Checklisten einsetzen Insbesondere Leitungskraumlfte ohne (umfangreiche) Freistellung vom Grup-pendienst und ohne Unterstuumltzung durch eine Stellvertretung sehen die Betriebsfuumlhrung teilweise als eine laumlstige und unliebsame Zusatzaufgabe die viel Zeit und Energie neben der paumldagogischen Taumltigkeit in der Gruppe er-fordert Nach Angabe einiger Befragter erfolgt die Erledigung dieser Auf-gaben vereinzelt auszligerhalb der Dienstzeit da eine ungestoumlrte konzentrierte Arbeit waumlhrend der Kita-Oumlffnungszeiten z T nicht gewaumlhrleistet werden kann In den meisten Einrichtungen gibt es jedoch Vertretungen fuumlr die Leitungs kraumlfte zum einen stellvertretende Leitungen teilweise mit und teil-weise ohne anteilige Freistellung fuumlr ihre betrieblichen Aufgaben zum an-deren Abwesenheitsvertretungen die nicht uumlber Freistellungen verfuumlgen In der Regel berichten die Leitungskraumlfte dort wo die Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Leitung gut verlaumluft uumlber eine wichtige und unterstuumltzende Entlastung

Insgesamt ist die Fuumllle der Arbeitsanforderungen aus Sicht der Leiterin-nen stark angestiegen was nach ihrer Einschaumltzung zu einer teilweise erheb-lichen Beeintraumlchtigung der Qualitaumlt ihrer Taumltigkeit fuumlhrt Ein Groszligteil der Befragten gibt an dass der Aufwand fuumlr die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe extrem gestiegen sei und sich negativ auf Teamfuumlhrung Anleitung Beratung sowie die paumldagogisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der An-gebote auswirke Wenn zu wenig Zeit zur guten Vorbereitung inhaltlicher Aspekte und Fuumlhrungsaufgaben besteht entsteht Unzufriedenheit Schwie-rigkeiten und Probleme dieser Art werden insbesondere von Leitungen ge-schildert die keine oder nur eine geringe Freistellung haben

Die Erstellung von Dienstplaumlnen ist meistens Aufgabe der Leitung oder Stellvertretung Die Traumlger behalten sich nur in Einzelfaumlllen die Genehmi-gung vor nehmen durch das Setzen der Rahmenbedingungen aber eine wichtige Rolle ein So halten einige Traumlger Springer vor oder bieten bezahlte Stundenaufstockungen fuumlr Teilzeitkraumlfte an um Personalausfaumllle auszuglei-chen In knapp der Haumllfte der Einrichtungen gibt es zudem unterschiedliche Formen von Notfallplaumlnen die den Umgang mit Personalengpaumlssen definie-ren In allen Einrichtungen muss bei der Erstellung der Dienstplaumlne ein mehr oder weniger hoher Anteil an Teilzeitbeschaumlftigten beruumlcksichtigt werden was von einigen als Herausforderung im Hinblick auf Kommunikation und Information von anderen aber auch als Vorteil fuumlr den Gesamtbetrieb gese-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

hen wird Zu Vorteilen werden beispielsweise mehr Flexibilitaumlt bei Perso-nalengpaumlssen durch Aufstockungsmoumlglichkeiten oder eine houmlhere Vielfalt im Angebot durch mehr Personen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ge-zaumlhlt

Die Personaleinsatzplanung ist unterschiedlich geregelt wobei die Orga-nisationsform der Gruppenoumlffnung groszlige Bedeutung fuumlr die Verteilung der Aufgaben aufweist Bei offener und teiloffener Arbeit erfolgt uumlberwiegend eine interessen- und kompetenzorientierte Personaleinsatzplanung Zum Teil werden dabei feste Zeitraumlume (z B ein bis zwei Jahre) fuumlr die Zustaumlndig-keit von Aufgaben oder Bildungsraumlumen durch die Leitung vorgegeben oder es werden im Rahmen von Aufgaben- oder Projektorientierung kurzfristige Wechsel durch verbindliche Absprachen ermoumlglicht in anderen Faumlllen wird die Aufgabenverteilung an besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen orientiert und dauerhaft angelegt Zusaumltzlich zu den paumldagogischen Schwer-punkten werden in einzelnen Einrichtungen auch Aufgaben der Betriebsfuumlh-rung (z B Dienstplangestaltung und Finanzbuchhaltung) an entsprechend interessierte und kompetente Mitarbeiterinnen delegiert Fuumlr die Bearbei-tung wird uumlberwiegend ein Zeitkontingent zur Verfuumlgung gestellt und im Dienstplan beruumlcksichtigt Dazu eine Leitung bdquoIm Groszligteil bin ich erst ein-mal fuumlrs Management zustaumlndig Ich bin nicht dafuumlr zustaumlndig alle Auf-gaben im Kindergarten alleine zu loumlsen in meiner Personldquo

333 Kompetenzanforderungen an Leitungen

Das Leiten einer Kindertageseinrichtung ist eng mit der Persoumlnlichkeit der Leitungskraft und ihrem Auftreten verbunden Ihr Verstaumlndnis von Aufga-benspektrum Fuumlhrungsstil und Haltung wirken sich auf die Arbeitsat-mosphaumlre in der Kita aus auf den Umgang der Teammitglieder untereinan-der das Verhaumlltnis zu Kindern Eltern und in den Sozialraum sowie auf die Art der Bildungskultur (vgl Rannenberg-Schwerin 2012 2) In der Vier-Saumlu-len-Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) werden im Zu-sammenhang mit der Frage nach notwendigen Faumlhigkeiten einer Leitung bdquoFachkompetenzldquo und bdquopersonale Kompetenzldquo genannt (Abbildung 4 vgl AK DQR 2011 7)

Bei den Leitungsinterviews werden auf die Frage uumlber welche Kompe-tenzen eine Leitung verfuumlgen muss uumlberwiegend personale Kompetenzen ndash und dabei insbesondere Sozialkompetenzen ndash benannt Haumlufig angesprochen werden Empathie (bdquoSie braucht eine hohe Empathie fuumlr Kinder Eltern und

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mitarbeiterinnenldquo) und die Faumlhigkeit zu motivieren (bdquoEine gute Leitung mo-tiviert wenn es Motivation braucht hat Freude am Tun und bringt eigene Motivation mit die dann auch anstecktldquo) aber auch die Bereitstellung einer guten Kommunikationsbasis oder Fuumlhrungsfaumlhigkeiten wie Fairness und Ge-rechtigkeit (bdquoIch versuche auch schon sehr fair zu sein dass jeder das Gefuumlhl hat dass er genauso behandelt wird wie der andereldquo) Aussagen zur Selbst-kompetenz werden unabhaumlngig von Traumlger demografischen Faktoren und der Ausbildung der Befragten in eher geringem Umfang thematisiert Be-nannt werden reflexive Faumlhigkeiten wie das Verstaumlndnis von Zusammenhaumln-gen um beispielsweise Sach- und Beziehungsverhaumlltnisse trennen zu koumln-nen Konfliktfaumlhigkeit sowie ein guter Umgang mit Enttaumluschungen (bdquoMan muss auch schon mal was aushalten koumlnnen dass man nicht zu sehr in die Emotionalitaumlt geht wobei das sehr schwierig ist manchmalldquo)

Fachkompetenzen werden von den Befragten dagegen nur in sehr einge-schraumlnktem Maszlige bzw eher unspezifisch benannt (bdquoDie gesamte Organisa-tion und das Management der Einrichtung ist der Dreh- und Angelpunkt d h darauf zu achten dass das Tagesgeschaumlft immer laumluft Mail checken dass die Eltern angesprochen werden und der Elternbeirat laumluftldquo) Einige Leitun-gen verweisen darauf dass vielfaumlltige Faumlhigkeiten benoumltigt werden um eine Kita zu leiten wie betriebswirtschaftliche Kompetenzen oder Methodenviel-falt damit sie bdquoz B zu einem aktuellen Thema einen Qualitaumltszirkel bilden und das konzeptionelle Arbeiten vorantreiben kannldquo Fachwissen wird zur Staumlrkung der Vorgesetztenfunktion als bedeutsam erachtet denn es sei wich-

Abbildung 4

Fach- und personale Kompetenzen

Quelle nach DJIWiFF 2014 119

Fachkompetenz

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Tiefe und instrumentale Breite und systemische Fertigkeiten Beurteilungs - faumlhigkeit

Sozial- Selbstkompetenz kompetenz

Team- Eigenstaumlndigkeit Fuumlhrungsfaumlhig- Verantwortung keit Mitge- Reflexivitaumlt staltung und Lernkompetenz Kommunikation

Personale Kompetenz

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

tig dass bdquoeine Leiterin aus der Praxis kommt damit sie weiszlig wovon sie redet um auch ernst genommen zu werdenldquo Nur wenige benennen konkrete Auf-gaben bdquoMeine Aufgabe sehe ich darin dass ich ein guter Chef bin nicht der beste Fachmann fuumlr die Paumldagogik sondern der Vorgesetzte der fuumlr die Rah-menbedingungen einsteht und der die Arbeitsbedingungen schafft der das Haus gut nach auszligen repraumlsentiert und eine gute Personalauswahl trifftldquo

Als Kernkompetenzen fuumlr Leitungskraumlfte werden somit uumlberwiegend per-sonale Kompetenzen genannt Die Benennung von Fachkompetenzen zur Betriebsfuumlhrung erfolgt hingegen gar nicht oder nur sehr allgemein Das Lei-tungsverstaumlndnis kann auch mit der Verortung der Leitungen in der Kinder-tageseinrichtung variieren denn einige sind von der Arbeit in den Gruppen freigestellt andere nicht bzw nur z T freigestellt Leitungen die gleichzeitig in der Gruppenarbeit taumltig sind befinden sich in einer Doppelrolle Waumlhrend sich die Funktionen im Rahmen der Gruppenarbeit nicht von denen der Mitarbeiterinnen unterscheiden ist auf der anderen Seite zusaumltzlich die Ver-antwortung fuumlr die Betriebsfuumlhrung und das Funktionieren der Einrichtung insgesamt vorhanden Innerhalb eines Tages werden teilweise mehrfache Wechsel zwischen unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten not-wendig Deshalb verwundert es nicht wenn sich einige teilfreigestellte Lei-tungen und vor allem diejenigen die die Leitungsposition nicht als gezielte Entscheidung gesucht haben (vgl Abschnitt 334) als bdquonormalesldquo Team-Mit-glied ohne hierarchische Position definieren im Sinne von bdquoWir sind ein Ganzesldquo oder bdquoIch bin Kollegin und fertigldquo Nur vereinzelt wird ein um-fassenderes professionelleres Leitungsverstaumlndnis beschrieben bdquoLeiterin zu sein bedeutet fuumlr mich nicht sbquonurlsquo ein Teammitglied zu seinldquo sie stehe bdquovor neben oder hinter dem Teamldquo Insgesamt werden also groszlige individuelle Unterschiede im Leitungsverstaumlndnis deutlich die sich z T auf verschieden-artige Einbindung in den Gruppendienst und mehrfachen Rollentausch so-wie auf unterschiedliche Verortung der eigenen Position in Bezug auf das Team zuruumlckfuumlhren lassen

334 Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungs-moumlglichkeiten

Die Uumlbernahme der Leitungsfunktion kann im Prinzip zwei Wegen zugeord-net werden der bewussten eigenen Entscheidung und dem von auszligen an die Befragten herangetragenen Wunsch teilweise sind auch mehrere Gruumlnde ausschlaggebend Nur ein gutes Drittel der Befragten hat bewusst und gezielt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

die Position der Leitung und den damit verbundenen Fuumlhrungsanspruch an-gestrebt Bei dieser Gruppe spielt vor allem der Wunsch nach neuen Heraus-forderungen und einem groumlszligeren Handlungs- und Gestaltungsspielraum eine Rolle (bdquoIch brauche andere Anspruumlche ich moumlchte mich selber weiter-entwickeln ich brauche andere Aufgabenldquo) aber auch Gruumlnde wie das Ge-fuumlhl der Unterforderung im Gruppendienst oder das Ziel mit Erwachsenen arbeiten zu wollen Bei den anderen Befragten ist es keine gezielte Entschei-dung sondern der Wunsch nach Uumlbernahme der Leitungsposition wurde an die Befragten herangetragen z B durch die eigene Familie oder auch durch Kolleginnen die moumlgliche Veraumlnderungen durch eine neue Leitung scheu-ten (bdquoAllen war wichtig dass nicht jemand Neues von auszligen kommt und die Stelle besetzt da befuumlrchtet wurde dass dadurch die offene Arbeit und der Charakter des Hauses zerstoumlrt werden koumlnnteldquo) Bei den meisten Befragten erfolgte der Uumlbergang in die Leitungsposition im Rahmen eines Aufstiegs von der paumldagogischen Fachkraft oder Gruppenleitung Dabei handelt es sich oft nicht um eine bewusste Entscheidung fuumlr die Fuumlhrungsrolle Erzieherin-nen scheinen haumlufig eher zufaumlllig in die Leitungsfunktion zu geraten

Die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit stellt sich insgesamt als hoch dar Alle befragten Leitungen fuumlhlen sich am Arbeitsplatz zumindest meistens wohl Entscheidend dafuumlr ist das Gefuumlhl den eigenen fachlichen Anspruumlchen gerecht werden zu koumlnnen was unter Rahmenbedingungen wie ausreichender Ressourcen sowie guter Kommunikation mit dem Traumlger den Mitarbeiterinnen und Eltern am ehesten gelingt Eine Leitung druumlckt das folgendermaszligen aus bdquoIch bin am zufriedensten wenn die Kolleginnen und die Eltern zufrieden sind weil das meine Arbeit widerspiegelt Das sind mei-ne persoumlnlichen Erfolgeldquo Auch die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitgestal-tung faumlllt hoch aus was damit begruumlndet wird dass man einen groszligen Ein-fluss und Freiraum auf die Lage der Arbeitszeit habe Bei uumlber zwei Dritteln entspricht der Dienstplan immer oder meistens den eigenen Beduumlrfnissen nur wenige machen hier Einschraumlnkungen indem sie z B sagen bdquoEs passt halt nicht immerldquo Die AQUA-Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis dass es eine insgesamt hohe Arbeitszufriedenheit bei den Leitungen gibt (vgl Schreyer et al 2014 126)

Alle befragten Leitungskraumlfte fuumlhlen sich den inhaltlichen Anforderun-gen die mit der Leitungsrolle verknuumlpft sind immer oder zumindest meis-tens gewachsen Allerdings wirken sich ebenso wie bei den befragten Be-schaumlftigten unvorhergesehene Stoumlrungen oder zu viele Anforderungen auf einmal bei zusaumltzlicher Zeitknappheit negativ auf die Zufriedenheit und das Belastungsempfinden aus Als Auswirkungen von Belastungen werden z B

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Erschoumlpfungserscheinungen genannt oder die weitere Berufsausuumlbung wird hinterfragt wie beispielsweise bei einer Leitung (43 Jahre) bdquoIch denke schon mal daruumlber nach wie lange ich das noch schaffeldquo In der AQUA-Studie zeigt sich dass der Anteil der Personen die sich beruflich belastet fuumlhlen bei Leitungen mit 867 Prozent deutlich houmlher ist als bei Nicht-Leitungen mit 671 Prozent (vgl ebd 69) Dieses Belastungsempfinden schlaumlgt sich in der Gruppe der Personen die sich in einer Gratifikationskrise12 befinden in bdquoho-her Kuumlndigungsabsichtldquo (Schreyer et al 2014 77) nieder Zum Teil wird ge-genuumlber solchen Belastungen aber auch eine grundsaumltzlich andere persoumlnli-che Haltung entwickelt wie etwa bei einer Leitungskraft die die Einstellung vertritt dass Stoumlrfaktoren mit zur Arbeit gehoumlren und darum mit einem An-teil von ca 20 Prozent in die eigene Arbeitszeit eingeplant werden bdquoda es oft nicht so kommt wie ich es willldquo

Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Leitungskraumlfte werden vom uumlberwiegenden Teil der Befragten nicht gesehen Nur zwei Gespraumlchspartnerinnen berich-ten uumlber entsprechende traumlgerspezifische Sonderformen fuumlr die berufliche Weiterentwicklung Einige andere Befragte koumlnnen sich aber durchaus beruf-liche Veraumlnderungen vorstellen z B durch einen Wechsel des Taumltigkeitsfel-des Genannt werden hier uumlbergeordnete Taumltigkeiten beim Traumlger beispiels-weise als Bezirksleitung oder einrichtungsuumlbergreifende Taumltigkeiten im Rah-men von Kooperationen und Vernetzungen oder Stadtteilentwicklungen Weitere halten es fuumlr moumlglich neben der Leitungsfunktion zusaumltzliche Auf-gabenbereiche zu uumlbernehmen Ein knappes Drittel der befragten Leitungen gibt an aus familiaumlren oder altersbedingten Gruumlnden kein Interesse (mehr) an einem Aufstieg zu haben

335 Zusammenarbeit mit dem Traumlger

Die Zusammenarbeit mit den Traumlgern gestaltet sich bei den befragten Lei-tungskraumlften unterschiedlich Nur knapp die Haumllfte der Leitungskraumlfte ist sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung und der groumlszligere Teil fuumlhlt sich entwe-der bdquonicht besonders gutldquo bis zu bdquonicht ausreichendldquo unterstuumltzt Als wichtig fuumlr die Zusammenarbeit werden die Kommunikations- und Informations-prozesse angesehen Leitungskraumlfte die sich gut unterstuumltzt fuumlhlen berichten

12 Eine Gratifikationskrise kann als ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung definiert werden (ebd)

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von gutem Kontakt mit unterschiedlichen Moumlglichkeiten zur gegenseitigen Information wie z B festen Sprechzeiten Dagegen wird in Einzelfaumlllen be-richtet dass zustaumlndige Ansprechpartnerinnen uumlber laumlngere Zeit nicht er-reichbar sind die Kontaktaufnahme sich umstaumlndlich und zeitaufwendig gestaltet und auch die Erreichbarkeit in Notsituationen nicht verlaumlsslich ge-regelt ist Von einer teilweise muumlhsamen Zusammenarbeit wird berichtet wenn die Ansprechpartner die sich um die Belange in der Kindertagesein-richtung kuumlmmern nicht (ausreichend) qualifiziert sind bdquoDer Traumlger setzt sich nur aus Ehrenamtlichen zusammen Auf den jaumlhrlichen Kirchenvor-standswahlen werden Verantwortliche gewaumlhlt die nach Einarbeitung bei der kommenden Wahl den Vorstand theoretisch und praktisch wieder ver-lassenldquo

Rahmenbedingungen dieser Art werden von den Leitungen als belastend und kraftraubend empfunden Gleiches gilt wenn Absprachen oder verein-barte Termine nicht eingehalten werden (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern dastehen umfallenldquo) Die AQUA-Studie kommt zu dem Ergebnis dass Lei-tungen die wenig Unterstuumltzung vom Traumlger erhalten und bei denen keine klaren Absprachen mit dem Traumlger vorhanden sind eher in eine Gratifika-tionskrise geraten und dass eine staumlrkere Burnout-Gefaumlhrdung besteht als bei Leitungen die viel Unterstuumltzung erhalten und bei denen klare Absprachen mit dem Traumlger bestehen (vgl Schreyer et al 2014 72 f)

Als weiteres Defizit stellt sich aus Sicht mancher Leitungen die mangeln-de Bereitschaft einiger Traumlgervertreterinnen dar zuzuhoumlren sowie Verstaumlnd-nis und Wertschaumltzung zu zeigen Probleme dieser Art werden vermehrt bei kommunalen Traumlgern genannt wo z B ein (haumlufig erfolgter) Personalwech-sel zu Unzuverlaumlssigkeit Motivationsabfall und fehlender Transparenz fuumlhrt Verwaltungswege und -entscheidungen werden als teilweise nicht nachvoll-ziehbar eingeschaumltzt und belasten die Leitungen bei ihrer Taumltigkeit In der AQUA-Studie findet sich ein aumlhnliches Ergebnis Leitungen die bei kommu-nalen und kirchlichen Traumlgern angestellt sind fuumlhlen sich in geringerem Maszlige durch den Traumlger unterstuumltzt als Leitungen von Kitas anderer freier Traumlger (vgl ebd 42)

Um Reibungsverluste zu vermeiden sollten aus Sicht vieler Leitungen die Aufgaben und Befugnisse fuumlr die Leitung durch den Traumlger klar definiert und fixiert werden Im Rahmen dieser Handlungsfreiraumlume wuumlnschen sie sich insbesondere Flexibilitaumlt Moumlglichkeiten fuumlr eigene Entscheidungen und freie Zeiteinteilung Fuumlr einen Groszligteil der befragten Leitungen stellt dies eine wichtige Arbeitsgrundlage dar und mehr als die Haumllfte fuumlhlt sich dies-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

bezuumlglich von ihren Traumlgern ausreichend ausgestattet Einige Leitungen se-hen sich dagegen in ihrem eigenen Handeln eingeschraumlnkt oder gar daran gehindert eigene Entscheidungen zu treffen Verantwortlich werden Traumlger-vorgaben gemacht die als umstaumlndlich empfunden werden und deren Ein-haltung kontrolliert wird was als Behinderung der Leitungstaumltigkeit an ge se-hen wird (bdquoEr pfeift mich immer wieder zuruumlckldquo) Zwei Leitungen berichten jedoch auch von einem (fast) uneingeschraumlnkten Handlungsfreiraum der zwar als sehr foumlrderlich fuumlr die Umsetzung der Ziele von Leitungen und Mit-arbeiterinnen angesehen wird jedoch auch als sehr belastend da sich die Leitungen in der Verantwortung alleingelassen fuumlhlen Aspekte der Traumlger-qualitaumlt (Fthenakis et al 2003) scheinen hier in einem hohen Maszlige an die Leitungen delegiert zu werden Insgesamt stellt sich die Zusammenarbeit mit den Traumlgern aus unterschiedlichen Gruumlnden haumlufig als problematisch dar eine Bedingung die sich auf Wohlbefinden und Gesundheit der Leitungen auswirken kann

Neben dem Austausch mit den Traumlgervertreterinnen sind auch Moumlglich-keiten zum kollegialen Austausch und zur Beratung mit anderen Leitungen von Bedeutung Regelmaumlszligig stattfindende Leitungsrunden und -konferenzen finden mit Ausnahme eines Traumlgers der nur eine Einrichtung betreibt bei al-len statt Hinsichtlich der Bereitstellung von Fachinformation und Konzep-ten fuumlhlt sich der Groszligteil der Befragten gut versorgt Mehrfach wird eine Vernetzung inhaltlicher Art uumlber das Intranet mit Literatur bzw einer Bib-liothek zur internen einrichtungsuumlbergreifenden Information genannt Im Rahmen des Qualitaumltsmanagements werden vielfaumlltige Materialien zur Struk-turierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt wie z B Einarbeitungskonzepte fuumlr neue Mitarbeiterinnen Gespraumlchsleitfaumlden fuumlr Mitarbeitergespraumlche etc Solche Angebote finden sich vor allem bei Traumlgern mit mehreren Einrichtun-gen bei den in die Befragung einbezogenen privaten Traumlgern und dort wo es einen qualifizierten Ansprechpartnerin fuumlr paumldagogische und fachliche Be-lange einer Kindertageseinrichtung gibt Diese Angebote werden in der Re-gel ndash besonders von neuen Leitungen ohne hinreichende Praxiserfahrungen und unabhaumlngig von ihrer Qualifikation ndash als sehr hilfreich empfunden Ein-schraumlnkend wird jedoch auch angemerkt dass ein Zuviel an Informationen auch belastend sein kann

Nur ein kleinerer Teil der befragten Leitungen fuumlhlt sich im Hinblick auf die Ausstattung gut unterstuumltzt insbesondere bezogen auf das Raumangebot und die Raumausstattung auf Elektronik und Moderationsmaterial Bei der Mehrheit der Leitungen gibt es zumindest teilweise Kritik z B an baulichen Problemen und fehlender Ausstattung der Kita Des Weiteren werden Ver-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

fahrensfragen bemaumlngelt denn einige Leiterinnen beklagen dass alles was Ressourcen betrifft schwierig sei und von aufwendigen Verhandlungen be-gleitet werde Gewuumlnscht wird deshalb bdquomehr Personal und mehr Hand-lungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Unterstuumltzungldquo Hinsichtlich der notwendigen Ausstattung der Kitas und der jeweiligen Verfahren zur Be-reitstellung und dem Einsatz von Ressourcen sehen viele Kita-Leitungen ei-nen Nachholbedarf

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4 HANDLUNGSFELDER EINER NACHHALTIGEN PERSONALWIRTSCHAFT

Im Projekt KONTI wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten Hand-lungsfelder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die geeignet sind eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit im Arbeitsfeld Kindertagesein-richtungen zu foumlrdern Erstens wurden branchenuumlbergreifend diskutierte und erprobte Strategien auf ihre Uumlbertragbarkeit hin ausgewertet und unter dem Blickwinkel diskutiert ob und inwieweit sie fuumlr den Betrieb von Kinder-tageseinrichtungen nutzbar sind und wie sie den spezifischen Bedarfen ent-sprechend angepasst werden koumlnnen Zweitens wurden die aktuellen Anfor-derungen analysiert die sich aus dem Aufgabenfeld Kindertagesbetreuung ergeben und von den Traumlgern im Sinne der Sicherung und Weiterentwick-lung ihres Angebotes zur Bildung Erziehung und Betreuung von Kindern beruumlcksichtigt werden muumlssen Drittens wurde die Perspektive der Beschaumlf-tigten in den Mittelpunkt gestellt und gefragt was aus ihrer Sicht eine bdquogute Arbeitldquo ausmacht

Dabei wurde zunaumlchst von der These ausgegangen dass eine dauerhafte Beschaumlftigung der Mitarbeiterinnen bei Traumlgern von Kindertageseinrich-tungen durch eine gute Personalbindung erzielt werden kann Diese basiert grundsaumltzlich auf einer groszligen Arbeitszufriedenheit die sich zum einen aus einer hohen (intrinsischen) Motivation der Beschaumlftigten fuumlr das Arbeitsfeld und zum zweiten durch Arbeitsbedingungen ergibt die sich motivations-foumlrdernd auswirken Die (Weiter)Entwicklung guter Arbeitsbedingungen ndash und zwar sowohl in persoumlnlicher fachlicher zeitlicher und raumlumlicher Hin-sicht ndash steht darum im Fokus einer nachhaltigen und demografiesensiblen Personalarbeit So kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz Kin-dertageseinrichtung und dem Traumlger als Arbeitgeber gefoumlrdert werden

Vorgestellt werden im Folgenden konzeptionelle Uumlberlegungen und Pra-xiserfahrungen die im Sinne solcher nachhaltigen Personalkonzepte durch Traumlger und Personalverantwortliche nutzbar gemacht werden koumlnnen Die dazu ausgewaumlhlten Ansatzpunkte sind ndash Personalbestandsentwicklung (Kapitel 41) ndash Personal- und Teamfuumlhrung (Kapitel 42) ndash Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen (Kapitel 43)

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41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Aufgabe des Personalmanagements ist es den Personalbestand einer Organi-sation zu erhalten und den betrieblichen Bedarfen entsprechend quantitativ wie qualitativ weiterzuentwickeln Eine solche mittel- und langfristige Ent-wicklung zielt dabei grundsaumltzlich darauf ab sowohl das fuumlr die Aufgaben-wahrnehmung erforderliche Personal kontinuierlich und dauerhaft bereitzu-stellen als auch den Beschaumlftigten selbst Entwicklungsmoumlglichkeiten zu bie-ten weil diese wiederum motivationsfoumlrdernd und damit personalbindend wirken (koumlnnen) also ein wichtiges Instrument der Personalbestandspflege sind In diesem Kapitel wird zunaumlchst allgemein auf Fragen der Personal-planung (Abschnitt 411) und der Personalentwicklung (Abschnitt 412) eingegangen Dann erfolgt eine Auseinandersetzung mit Moumlglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Karrierepfaden (Abschnitt 413) und einer leis-tungsorientierten Verguumltung (Abschnitt 414)

411 Strategische Personalplanung und Altersstrukturanalyse

Ziel einer zusaumltzlich auf Nachhaltigkeit angelegten Personalentwicklung ist es eine moumlglichst ausgewogene Altersstruktur zu schaffen um Karrierestaus die sich aus einer Dominanz bestimmter Altersgruppen ergeben ebenso zu vermeiden wie den Verlust von Wissen der entsteht wenn viele aumlltere Be-schaumlftigte gleichzeitig in den Ruhestand gehen (vgl BrandenburgDomschke 2007 115 ff) Insofern wird eine mittel- und langfristige Personalplanung nicht nur zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung des Personal-bestands sondern erhaumllt ndash gerade auch in Kombination mit einer an den In-teressen der Mitarbeiterinnen orientierten Personalfoumlrderung ndash zugleich eine bdquostrategische Komponenteldquo (ebd 122)

Als notwendige Grundlage fuumlr eine demografiesensible Personalwirtschaft wird allgemein eine Altersstrukturanalyse betrachtet die anhand von Perso-naldaten zu Merkmalen wie Alter Geschlecht Qualifikation oder Einsatzort erstellt wird Sie verschafft zunaumlchst einen differenzierten Uumlberblick uumlber den aktuellen Personalbestand Daruumlber hinaus kann mithilfe mittel- und lang-fristiger Prognosen ndash etwa in Fuumlnf- bis Zehn-Jahres-Schritten ndash festgestellt werden wann und in welchem Umfang ein zukuumlnftiger Personalbedarf ent-stehen wird Zu einer solchen Analyse gehoumlrt auch eine Beobachtung der Personalfluktuation Werden derartige Daten erfasst und ausgewertet erge-ben sich dadurch nicht nur quantitative Hinweise auf eventuell entstehende

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Luumlcken sondern auch Hinweise darauf in welchen Phasen der Berufsbiogra-fie in besonderem Maszlige Abgaumlnge zu verzeichnen sind (vgl beispielsweise Deller et al 2008 28 ff)

Differenzierte Auswertungen einer solchen Altersstrukturanalyse schaffen somit die Basis fuumlr eine strategische Personalbedarfsplanung z B mit Blick auf die eigene Nachwuchssicherung da bdquoeine fruumlhzeitige Planung der Kapa-zitaumlten es wahrscheinlicher macht den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz zu habenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 40 f) Eine strategische Per-sonalplanung bietet daruumlber hinaus nicht nur Potenzial fuumlr eine passgenaue Personalfoumlrderung sondern auch fuumlr die Personalakquise der in Zeiten eines prognostizierten Fachkraumlftemangels eine besondere Bedeutung zukommt Auf der Basis der Analyseergebnisse lassen sich Stellenausschreibungen ent-wickeln die sowohl die entsprechenden Anforderungsprofile als auch At-traktivitaumltsmerkmale fuumlr die Arbeit im Unternehmen beinhalten bdquoFuumlr die Gewinnung von guten Mitarbeitern ist es [hellip] von Bedeutung eine attrakti -ve Unternehmenskultur mit gelebten Unternehmenswerten nach auszligen zu kommunizieren sowie Arbeitsplatzsicherheit und verantwortungsvolle Be-schaumlftigungsmoumlglichkeiten zu bietenldquo (ebd 41) In einem strategisch aus-gerichteten Entwicklungskonzept fuumlr den Personalbestand werden somit Personalakquise und auch Personalmarketing als Einheit betrachtet Als ge-eignete Maszlignahmen sind hier Imagepflege Zusammenarbeit mit einschlauml-gigen Bildungseinrichtungen Angebot von Praktikumsplaumltzen und Praumlsenz bei Ausbildungs- und Jobmessen zu nennen

In der Traumlgerbefragung des Projekts KONTI hat sich herausgestellt dass die fuumlr eine Altersstrukturanalyse notwendigen Personaldaten (Alter Qualifi-kation aktueller Einsatzort) haumlufig vorliegen eine systematische Aufberei-tung und Auswertung jedoch ganz uumlberwiegend ndash selbst bei groszligen Trauml-gern ndash nicht erfolgt Die meisten Befragten verstehen im Gespraumlch unter einer Personalbedarfsplanung die gesetzlich vorgeschriebene Personalpla-nung anhand des ermittelten Betreuungsbedarfs fuumlr das folgende Kinder-gartenjahr die jaumlhrlich oder alle zwei Jahre in einem Fall sogar monatlich durchgefuumlhrt wird Eine mittel- oder gar langfristige Personalplanung daruuml-ber hinaus besteht in den meisten Faumlllen nicht in Thuumlringen wird sie sogar dreimal in NRW viermal explizit verneint bdquoEinen ausgesprochenen Pla-nungsansatz gibt es nichtldquo

Haumlufig wird daruumlber berichtet dass Planung ein schwieriges Thema und praktisch unmoumlglich sei Es gebe zwar einige planbare Groumlszligen wie z B ei-nen Mehrbedarf an Personal aufgrund des U3-Ausbaus der Einrichtung neu-er Gruppen und Kitas oder auch von Veraumlnderungen der Gruppenstruktur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bzw einen Minderbedarf aufgrund von Einrichtungs- oder Gruppenschlie-szligungen Auf Verrentungen und dabei insbesondere auf die Neubesetzung von Leitungspositionen koumlnne man sich durch Planung einstellen Aber nur ein Interviewpartner berichtet dass bei seinem Traumlger dazu ndash als wichtige Ba-sis fuumlr die zweijaumlhrigen Leitungsfortbildungen ndash bdquosehr strukturierte Datenldquo vorliegen Wegen der vielen nicht planbaren Groumlszligen wie etwa Schwanger-schaften Wohnortwechsel Beurlaubungen Elternzeitlerinnen oder Lang-zeiterkrankungen entstehen nach Ansicht der meisten Befragten groszlige Prob-leme fuumlr eine realistische Planung Der Gespraumlchspartner eines groszligen kom-munalen Traumlgers aus NRW berichtet von uumlber vierzig Personalvorgaumlngen woumlchentlich mehr als in der gesamten restlichen Kommunalverwaltung

Nur bei zwei kommunalen Traumlgern wird von einer mittel- oder langfristi-gen Planung des Personalbedarfs gesprochen davon bei einem gezielt auch fuumlr den zukuumlnftigen Umgang mit der demografischen Entwicklung Dem an-deren Personalverantwortlichen fehlt gerade dieser Aspekt in den Planungs-daten Bei weiteren Traumlgern hat man bdquodie mittel- bis langfristige Personalbe-darfsplanung im Blickldquo existiert ein aumlmteruumlbergreifender Arbeitskreis bdquokom-munaler Personalbedarfldquo oder wird eine Software bdquoStellenplanerldquo des Land-schaftsverbandes genutzt die angibt bdquowo Stellen frei sind und welche Stellen zu besetzen sindldquo Lediglich ein Personalverantwortlicher aus Thuumlringen be-richtet uumlber die Ergebnisse einer Altersstrukturanalyse In Form einer Dip-lomarbeit wurde beim Traumlger die Betreuungsbedarfsentwicklung mit den an-stehenden Verrentungen fuumlr die naumlchsten Jahre verglichen Daruumlber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch eine langfristige Betreuungsbedarfsabschaumlt-zung mit den Gemeinden um Tendenzen und regionale Unterschiede zu er-mitteln

In den meisten Faumlllen beschraumlnkt sich jedoch eine Personalplanung auf das jeweils kommende Kindergartenjahr Zwar werden daneben z B mit Blick auf anstehende Renteneintritte verschiedene Instrumente zur Entwick-lung des Personalbestands etwa zur Nachwuchssicherung eingesetzt So be-treiben einige groumlszligere Traumlger eine gezielte Nachfolgeplanung fuumlr Leitungs-positionen und bieten entsprechende Qualifizierungsprogramme fuumlr Mit-arbeiterinnen aus den eigenen Reihen an Bei einem anderen Traumlger wer - den Leitungsstellen fuumlr einen Uumlbergangszeitraum doppelt besetzt damit die nachfolgende Leitung sich einarbeiten und von den Erfahrungen der aus-scheidenden Leitung profitieren bzw diese in der Schlussphase ihres Berufs-lebens gleichzeitig entlastet werden kann Eine mittel- und langfristige und strategisch ausgerichtete Personal(bedarfs)planung auf der Basis einer Alters-strukturanalyse ist bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen nach den

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Befragungsergebnissen im Projekt bislang kein gaumlngiges Instrument obwohl sie eine solidere Grundlage fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft bilden koumlnnte als der Einsatz einzelner Maszlignahmen Hier zeigt sich darum ein gro-szliges Potenzial um sich als Traumlger fuumlr die Zukunft gut aufzustellen

412 Nachhaltige Personalfoumlrderung und Personalentwicklung

Aufgabe der Personalfoumlrderung ist es Potenziale von Individuen zu erken-nen und ihre Nutzung zu foumlrdern sowohl im Sinne der individuellen Ent-wicklungsmoumlglichkeiten als auch zur Deckung des Personalbedarfs im Hin-blick auf die betrieblichen Anforderungen Auch sie wird damit zu einem wichtigen Instrument einer strategischen Personalplanung Wesentliche Grundlage einer solchen auf Nachhaltigkeit und Personalbindung ausgerich-teten Personalfoumlrderung ist es die erforderlichen Kompetenzen zunaumlchst zu definieren (vgl BrandenburgDomschke 2007 149 ff) Nur dann koumlnnen bei Potenzialanalysen Personalbeurteilungen und Fortbildungsangeboten ndash bei den Instrumenten also die im Kontext der Personalfoumlrderung eingesetzt wer-den ndash diejenigen Aspekte beruumlcksichtigt werden die fuumlr die Organisation als Ganzes wichtig sind Entscheidend ist weiterhin dass weder Analysen und Beurteilungen noch Qualifizierungen lediglich aus Selbstzweck erstellt wer-den Vielmehr sollten die Maszlignahmen und Instrumente als Grundlage fuumlr eine persoumlnliche Karriereplanung aller Mitarbeiterinnen dienen die allen Individuen passende Aufstiegsmoumlglichkeiten eroumlffnet

Im Idealfall basiert darum die Personalfoumlrderung auf einem auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Gesamtkonzept zur Personalentwicklung und folgt dabei einem Leitbild mit dem die Ziele des Traumlgers und seiner Kindertages-einrichtungen sowohl gegenuumlber der Oumlffentlichkeit als auch gegenuumlber den Mitarbeiterinnen kommuniziert werden Aus einem solchen Leitbild lassen sich zum einen Anforderungen des Traumlgers an seine Beschaumlftigten ableiten zum anderen wird geklaumlrt welche Erwartungen die Mitarbeiterinnen an ih-ren Arbeitgeber stellen koumlnnen Auf dieser Grundlage koumlnnen Fortbildungs-moumlglichkeiten und Angebote der persoumlnlichen Weiterentwicklung aufge-baut werden Ein derartiges Gesamtkonzept uumlbernimmt nicht nur eine wich-tige Funktion fuumlr die Personalfoumlrderung sondern bildet daruumlber hinaus die Basis fuumlr ein erfolgreiches Personalmarketing Als exemplarisch fuumlr einen solchen Ansatz wird das im Kasten dargestellte Beispiel von bdquoKonzept-eldquo vor-gestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Leitbilder als Grundlage fuumlr die Personalfoumlrderung ndash das Beispiel von bdquoKonzept-eldquo (KammerlanderRehn 2015)

Das bdquoKonzept-eldquo-Netzwerk ist ein privater Traumlger von gut dreiszligig Kindertagesstaumltten und zwei freien Grundschulen Das Leitbild des Unternehmens wird mit dem Markennamen bdquoElement-ildquo uumlberschrie-ben der sich zusammensetzt aus bdquoElementar(-Paumldagogik)ldquo und dem Ele men taren der Paumldagogik des Unternehmens naumlmlich dem Leit-satz bdquoMenschen bilden sich individuell auf der Grundlage ihrer In-teressen und in Interaktion mit Anderenldquo (die drei Irsquos) Aus einem Leitbild das das Beduumlrfnis von Menschen nach Anerkennung in der Gemeinschaft einerseits und nach Selbstbestimmung andererseits in den Mittelpunkt stellt werden fuumlnf Leitziele abgeleitet ndash Gesundheit als physisches und psychisches Wohlbefinden ndash Autonomie als Einheit von Aufgaben Kompetenz und Verant-

wortung (bdquoAKV-Prinzipldquo) ndash Verbundenheit mit dem Unternehmen als Ganzes im Sinne ge-

genseitiger Hilfe und der Einhaltung von vereinbarten Struktu-ren

ndash Resilienz mit einer offenen und ehrlichen Kommunikations- und Feedback-Kultur

ndash Freude am Vorwaumlrtskommen und an Leistung sowie an intelli-gentem Arbeiten mit flexiblen Problemloumlsungen

Dabei wird davon ausgegangen dass eine gute Qualitaumlt der Arbeit nur mit intrinsisch motivierten und affektiv gebundenen Mitarbeiterinnen realisierbar ist Die Organisationsstrukturen des Unterneh-mens zielen deshalb darauf ab Raum fuumlr leistungsbereite und enga-gierte Teams zu bieten in denen persoumlnliche Verantwortungsuumlber-nahme und Selbstverpflichtung verknuumlpft werden mit dem Gewinn von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit jedes Einzelnen

Das Unternehmen arbeitet mit individuellen Zielvereinbarun-gen wobei gemaumlszlig dem AKV-Prinzip Wert darauf gelegt wird dass jeder Mitarbeiterin vereinbarte Aufgaben uumlbernimmt dafuumlr uumlber die noumltigen persoumlnlichen und fachlichen Kompetenzen die erforder-lichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie uumlber personel-le und materielle Ressourcen verfuumlgt und die Verantwortung fuumlr die

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

413 Kompetenzorientierter Personaleinsatz und Karrierepfade

Personalfoumlrderung ist letztlich vor allem dann wirkungsvoll wenn es Ein-satzorte gibt in denen die hinzugewonnenen Kompetenzen genutzt und die eigenen Faumlhigkeiten entfaltet werden koumlnnen Im Idealfall wird der Perso-naleinsatz so gestaltet dass er die Entwicklungsmoumlglichkeiten des Individu-ums gleichzeitig fordert und foumlrdert Personalfoumlrderung und Personaleinsatz stehen damit in einem wechselseitigen Verhaumlltnis zueinander Mit Blick auf eine demografiesensible Personaleinsatzplanung wird in diesem Zusammen-hang in der Literatur auf die Bedeutung einer bdquoalternsgerechte[n] Laufbahn-gestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 139) hingewiesen die einerseits bestehende Kompetenzen nutzt und weiterentwickelt und andererseits Fehl-beanspruchungen verhindert Das Konzept geht dabei von verschiedenen

Umsetzung uumlbernimmt ndash oder im Falle von Problemen rechtzeitig Unterstuumltzung einfordert

Fuumlr die Erzieherinnen bedeutet dies dass sie ndash im Rahmen eines Konzepts der offenen Gruppenarbeit ndash als gleichberechtigtes Team zusammenarbeiten und bdquoBezugskinderldquo haben bei denen sie fuumlr Auf-gaben wie Eingewoumlhnung Beobachtung Dokumentation oder El-terngespraumlche zustaumlndig sind Daruumlber hinaus sind die Erzieherin-nen nach dem AKV-Prinzip fuumlr weitergehende Aufgaben verantwort-lich so z B fuumlr die Zuteilung der Neuaufnahmen zu Bezugserzieherinnen die Erstellung von Dienstplaumlnen oder als Expertinnen fuumlr einzelne Bildungsbereiche

Fuumlr die Mitarbeiterinnen gibt es ein umfassendes Coaching- und Fortbildungsprogramm das mit dreitaumlgigen Einarbeitungswork-shops und der Begleitung durch einen Patenin in den ersten drei Monaten beginnt Darauf baut eine verbindliche Fortbildungsreihe auf die sieben eintaumlgige Bausteine zu den Leitzielen der Kinderhaumlu-ser und den Bildungsplaumlnen des jeweiligen Bundeslandes enthaumllt An-geboten werden des Weiteren Seminare die eine Spezialisierung fuumlr bestimmte Themen und die Uumlbernahme einer Multiplikatorfunktion ermoumlglichen Teamentwicklungstage in Form von viertaumlgigen Work-shops mit externen Referentinnen und Hospitationen in anderen Kinderhaumlusern des Traumlgers zur Foumlrderung des Austauschs

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Arbeitsplatztypen aus (Einstiegs- Umstiegs- Aufstiegs- Verweil- sowie Aus-stiegsarbeitsplaumltze) denen die vorhandenen Arbeitsplaumltze zugeordnet wer-den Je nach persoumlnlichen Bedarfen und aktuellen Lebenssituationen die auf Basis von bdquoMitarbeiterbeurteilungen Mitarbeitergespraumlchen Entwicklungs-plaumlnen und betriebsaumlrztlichen Empfehlungenldquo (ebd) erhoben werden soll entschieden werden welcher Arbeitsplatz fuumlr die einzelnen Mitarbeiterin-nen geeignet ist

Von besonderer Bedeutung fuumlr aumlltere Beschaumlftigte mit gesundheitlichen Einschraumlnkungen ist es Einsatzmoumlglichkeiten zu schaffen an denen sie so-wohl ihre persoumlnlichen Belastungen reduzieren als auch ihre Kompetenzen zur Geltung bringen koumlnnen In diesem Kontext wird uumlber bdquogesundheitsori-entierte Berufswegekorridoreldquo als Instrument betrieblicher Gesundheitspoli-tik diskutiert (Juumlrgenhake 2015) Hier geht es im Sinne der Praumlvention dar-um Erkrankungen und Leistungsminderungen dadurch vorzubeugen dass den Beschaumlftigten rechtzeitig die Moumlglichkeit geboten wird die eigene Taumltig-keit innerhalb des Unternehmens zu veraumlndern oder den Arbeitsplatz zu wechseln so dass Belastungen reduziert werden Je nach Struktur der Arbeits-plaumltze kann ein solcher bdquoBerufswegekorridorldquo innerhalb einer Organisations-einheit oder uumlbergreifend geplant werden (vgl ebd 151 f) Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit solcher Modelle ergeben sich in der Praxis zum einen aus der Frage der Planbarkeit die in der Regel nicht in dem Maszlige gegeben ist wie es fuumlr eine flaumlchendeckende Implementierung notwendig waumlre (vgl ebd 153) Zum anderen setzt das Modell voraus dass Arbeitsplaumltze mit sehr unter-schiedlichen Anforderungen existieren

bdquoWenn die Belastungen und deren Houmlhe an den Arbeitsplaumltzen nicht hinreichend unterschiedlich sind ergibt eine berufliche Ver-aumlnderung unter Gesundheitsaspekten wenig Sinn Schwierig wird es auch wenn nur wenige deutlich anders bzw gering belastende Ar-beitsplaumltze zur Verfuumlgung stehen aber viele an denen hohe Belas-tungen herrschenldquo (ebd 154)

Ein solcher an einer lebenslagenorientierten Laufbahnplanung ausgerichte-ter Personaleinsatz ist jedoch nicht nur unter der Perspektive der Gesundheit von Bedeutung sondern vor allem auch im Hinblick auf eine kompetenzori-entierte Personalfoumlrderung Relevant fuumlr alle Altersgruppen sind Moumlglichkei-ten des Job-Enrichments und des Job-Enlargements also der inhaltlichen Aufgabenerweiterung Neben einer solchen Aufwertung der von den einzel-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

nen Mitarbeiterinnen aktuell besetzten Arbeitsplaumltze stellt sich zusaumltzlich die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten wobei einerseits Leitungspositionen anderseits Positionen mit erweiterter fachlicher Verantwortung von Interesse sind

bdquoFuumlr jeden Mitarbeiter sollte ein individueller Entwicklungsplan er-stellt werden Notwendige Bestandteile eines solchen Plans sind vor-handene Faumlhigkeiten Entwicklungspotenziale Weiterbildungsbe-darf und moumlgliche Karrierewege Karriere ist dabei nicht gleichbe-deutend mit Aufstieg sondern meint vor allem Fachkarrierenldquo (BrandenburgDomschke 2007 140)

Abbildung 5 zeigt somit zwei unterschiedliche Karrieremodelle

Betrachtet man die Aussagen der Kita-Beschaumlftigten in den Interviews (vgl Kapitel 32) so zeigt sich ein erhebliches Interesse der Mitarbeiterinnen so-wohl an einer fachlichen Weiterentwicklung im Arbeitsfeld als auch daran bestimmte persoumlnliche Staumlrken und Faumlhigkeiten einbringen zu koumlnnen Vie-le Beschaumlftigte formulieren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und diese Arbeit mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung zu kombinieren Besonders zufrieden sind sie dann wenn sie den Eindruck haben ihre Kompetenzen gut nutzen zu koumlnnen Das Fehlen von beruflichen Entwicklungsperspekti-ven fuumlr Erzieherinnen ist darum auch ein gewichtiger Grund fuumlr deren Aus-

Abbildung 5

Karrieremodelle

Quelle nachLuumlthjeKurylas-Mengs 2015

Karrieremodell

Fuumlhrungskarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Fuumlhrungskompetenz

Fachkarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Expertenwissen

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stieg aus dem Beruf Die Befuumlrchtung man koumlnne bdquomit 60 nicht mehr auf dem Bauteppich sitzenldquo (so die Aussage von Befragten) fuumlhrt dazu dass viele Mitarbeiterinnen vermuten ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausuumlben zu koumlnnen Die Installation von Fachkarrieren koumlnnte im Sinne einer nach-haltigen Personalfoumlrderung darum sowohl unter dem Gesichtspunkt gesund-heitsorientierter Berufswegekorridore als auch als Instrument einer Lauf-bahngestaltung von Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen von ho-her Bedeutung sein

Besonders offenkundig wird die Notwendigkeit der Entwicklung solcher Fachkarrieren fuumlr Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung die als Absolventinnen von den in den letzten Jahren entstandenen kindheitspaumlda-gogischen Studiengaumlngen in wachsendem Maszlige auf den Arbeitsmarkt kom-men (vgl Kapitel 24) Befragungen zeigen dass nur ein Teil der Kindheits-paumldagoginnen Leitungsfunktionen anstrebt vor allem wird von Traumlgern und auch von den Absolventinnen selbst die Notwendigkeit gesehen zu -erst Berufserfahrung zu sammeln statt unmittelbar in eine Leitungsfunktion ein zusteigen (vgl Klaudy et al 2014 12 f) Die Arbeit in der Kita als Mitar-beiterin in der Gruppe betrachten viele von ihnen bislang nur als Durch-gangsstation Wenn sie nach ihren beruflichen Perspektiven gefragt werden nennen sie neben der mittelfristig angedachten Uumlbernahme einer Leitungs-funktion einerseits Positionen auszligerhalb der Kita ndash in der Fachberatung in der Wissenschaft in der Aus- und Fortbildung ndash andererseits geben viele von ihnen an dass sie gern weiterhin unmittelbar mit Kindern in der Kita arbei-ten wuumlrden aber diese Taumltigkeit mit anderen Funktionen kombinieren moumlchten Auch hier werden planerisch-gestaltende Funktionen die Arbeit im Management sowie Beratungs- und Lehrtaumltigkeiten genannt (vgl Alter-mann et al 2015 33 ff) Des Weiteren zeigt sich in der Praxis dass Kindheits-paumldagoginnen etwa vor dem Hintergrund von vertieften entwicklungs-psychologischen Kenntnissen in den Teams teilweise Multiplikatorfunktio-nen wahrnehmen (vgl ebd) Finanziell honoriert wird dies allerdings nicht Die Unzufriedenheit damit trotz einer akademischen Ausbildung keine ent-sprechende Verguumltung zu erhalten traumlgt dazu bei dass viele Kindheitspaumlda-goginnen die Kita nur als Ort fuumlr erste Berufserfahrungen aber nicht fuumlr weiterfuumlhrende Perspektiven ansehen (vgl ebd)

Legt man jedoch die Auswertung der Traumlgerbefragungen zugrunde so zeigt sich dass sich Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Beschaumlftigte in Kindertages-einrichtungen ndash ob nun fuumlr Erzieherinnen oder fuumlr Kindheitspaumldagoginnen ndash im Wesentlichen auf die Uumlbernahme von Leitungspositionen beschraumln-ken Selbst diese Aufstiegsmoumlglichkeit wird fuumlr Erzieherinnen zukuumlnftig

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schwieriger weil der Rechtsrahmen zunehmend z B bereits jetzt in Thuumlrin-gen einen Hochschulabschluss fuumlr diese Funktionen voraussetzt Auch bei einem der befragten Traumlger in NRW werden schon heute in dieser Position nur Akademikerinnen eingesetzt Einige Male wird auch die Stellvertre-tungsposition die Gruppenleitung fuumlr groszlige Einrichtungen die Teamleitung als Aufstiegsmoumlglichkeit von anderen der Wechsel in groumlszligere Einrichtungen genannt ndash von der zweigruppigen bis zur achtgruppigen Einrichtung An-sonsten ist die Reaktion der Personalverantwortlichen auf die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Erzieherinnen selbst bei groszligen Traumlgern eher bedauernd und resignativ bdquoDa muss ich aber ehrlich sagen ich habe nicht viele Stellen Also koumlnnen sie sich nur fuumlr sich selber entwickelnldquo Bei kleinen Traumlgern ist diese Situation besonders perspektivlos fuumlr die Beschaumlftig-ten sind diese Stellen doch immer uumlber Jahre vergeben

Teilzeitkraumlften wird die Uumlbernahme von Leitungsaufgaben ganz uumlber-wiegend verwehrt haumlufig mit der Begruumlndung dass allein die Anwesenheits-erfordernisse eine andere Vorgehensweise ausschlieszligen Eine Teilung der Po-sition wuumlrde zudem zu einem hohen Abstimmungsbedarf und somit einem erhoumlhten Zeitaufwand fuumlhren der nicht geleistet werden koumlnne Ein Auf-stieg ist damit fuumlr Erzieherinnen fast uumlberall nur in Vollzeit moumlglich Im Westen ndash insbesondere in Nordrhein-Westfalen ndash bezieht sich diese Haltung der Personalverantwortlichen manchmal sogar auf die Stellvertreterposition und die Gruppenleitung Selbst in Thuumlringen reicht nur bei zwei der fuumlnf befragten Traumlger fuumlr die Kita-Leitung die vollzeitnahe Sockelarbeitszeit aus Die befragten Traumlgervertreterinnen sehen auszligerdem kaum Moumlglichkeiten dass ihre Mitarbeiterinnen ihre persoumlnlichen Kompetenzen fuumlr eine Fach-karriere also einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktionen nutzen koumlnnen der dann auch finanziell honoriert wuumlrde

bdquoFachkarrierenldquo ndash gerade auch im Sinne eines gruppen- oder auch einrich-tungsuumlbergreifenden Einsatzes spezifischer fachlicher Kompetenzen ndash gibt es somit in der Kindertagesbetreuung faktisch kaum eine berufliche Weiterent-wicklung ist meistens mit einem Wechsel des Arbeitsfeldes verbunden Die Struktur des Arbeitsfeldes setzt der Entwicklung von Berufsfeldkorridoren und Fachkarrieren offenbar Grenzen Die im Hinblick auf die Etablierung von Berufsfeldkorridoren genannte Voraussetzung dass unterschiedliche Ar-beitsplaumltze mit unterschiedlichen Belastungsstrukturen vorhanden sein muumls-sen ist somit in der Kindertageseinrichtung auf den ersten Blick nicht zu er-kennen

Die Organisation der Arbeit in einer Kindertageseinrichtung folgt in der Regel einem Egalitaumltsprinzip nach dem alle Mitarbeiterinnen ndash mit Ausnah-

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me der Leitung ndash bei der Arbeit mit den Kindern dieselben Aufgaben erledi-gen (vgl Abschnitt 316) Wenn Einrichtungen mit festen Gruppenstruktu-ren arbeiten werden Unterschiede ndash wenn uumlberhaupt ndash houmlchstens bezogen auf die Altersstruktur definiert Es gibt altersgemischte Gruppen Gruppen fuumlr unter Dreijaumlhrige und Kindergartengruppen (vgl Kapitel 26) In dieser Struktur kann z B auch nur insofern auf Belastungen reagiert werden als Mitarbeiterinnen mit Ruumlckenproblemen eher im Kindergarten- als im U3-Bereich eingesetzt werden damit sie seltener Kinder heben und tragen muumls-sen

Bei einer offenen Gruppenarbeit sind die Spielraumlume groumlszliger Hier koumln-nen Schwerpunktaufgaben festgelegt werden die sich beispielsweise auf die Betreuung eines bestimmten Bildungsbereichs beziehen Auf diese Weise koumlnnen sowohl Belastungen reduziert als auch Moumlglichkeiten des kompetenz- orientierten Personaleinsatzes geschaffen werden In der Traumlgerbefragung wird deutlich dass die Arbeit mit einem offenen Konzept mit Funk tions-raumlumen wie sie bei den Traumlgern vor allem in Thuumlringen und Baden-Wuumlrt-temberg praktiziert wird den kompetenzorientierten Personaleinsatz ndash etwa durch Uumlbernahme eines Bildungsbereiches ndash foumlrdert Viele Traumlger vertreterinnen weisen darauf hin dass man die besonderen Kompetenzen der einzel-nen Mitarbeiterinnen kennt und ndash wenn moumlglich ndash beruumlcksichtigt Teilwei-se wird explizit darauf hingewiesen dass ein ressourcenorientiertes Konzept verfolgt wird nach dem jeder Beschaumlftigte fuumlr die Aufgaben eingesetzt wird fuumlr die sieer sich interessiert In den meisten Faumlllen verlaumlsst man sich jedoch darauf dass sich dies im Alltagsbetrieb der einzelnen Einrichtung regelt Die-se Verantwortungsteilung erschwert die Schaffung von Funktionsstellen und eine motivationsfoumlrdernde Laufbahngestaltung fuumlr die Mitarbeiterinnen in der Kindertageseinrichtung Manchmal wird darauf verwiesen dass diese Kompetenzen in der Personalakte festgehalten seien eine Auswertung gibt es jedoch in den meisten Faumlllen nicht Systematische Ansaumltze finden sich somit selten Ein Traumlgervertreter berichtet dass er dabei sei Zusatzausbildungen (Motopaumldie Heilpaumldagogik systemische Ausbildungen) systematisch zu er-fassen um zu uumlberlegen wie man diese Mitarbeiterinnen gezielter einset -zen kann und ein weiterer erlaumlutert dass man die besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen erhebt und in einer Datenbank festhaumllt so dass darauf zuruumlckgegriffen werden kann Letztlich ist aber festzuhalten dass der kompe-tenzorientierte Einsatz im Wesentlichen in der einzelnen Einrichtung prak-tiziert wird ndash oder eben nicht

Nur bei einigen Traumlgern gibt es vereinzelt Sonderfunktionen bzw Pro-jekte die die Einrichtung von houmlherwertigen Funktionsstellen ermoumlglichen

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wobei einige Personalverantwortliche mit den wahrgenommenen Karriere-interessen ihrer Mitarbeiterinnen durchaus kreativ umgehen Genannt wird neben noch eher verbreiteten Taumltigkeiten als Beauftragte (Kinderschutz Sicherheit Inklusion Fortbildung oder Qualitaumlt) etwa auch diejenige als in-terne Auditorin zur Qualitaumltssicherung die uumlber eine entsprechende Zusatz-ausbildung verfuumlgt Vereinzelt gibt es noch bdquoein paar Funktionen die man versucht selbst zu erfindenldquo so ein Traumlgervertreter wie z B Fortbildungs-referentinnen oder -koordinatorinnen oder Sprecherinnen in der Pfarrei Angesprochen werden in diesem Zusammenhang auch Foumlrderprogramme wie das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo uumlber das einige Mitarbeiterinnen gruppen- bzw einrichtungsuumlbergreifend arbei-ten Am Beispiel dieses Programmes das im Kasten naumlher dargestellt wird lassen sich Potenziale fuumlr Fachkarrieren durch die Nutzung von Multipli-katortaumltigkeiten verdeutlichen

Das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo13

Bundesweit etwa 4000 Kitas erhielten von 2011 bis 2015 im Rahmen dieses Programms eine finanzielle Foumlrderung bdquoim Umfang einer hal-ben Fachkraftstelle mit herausgehobener und schwieriger verantwor-tungsvoller Taumltigkeit (vergleichbar TVoumlD S8)ldquo Verbuumlnde konnten eine volle Stelle bekommen inklusive der dazugehoumlrigen Sach- und Gemeinkosten (z B Lehr- und Lernmittel Fortbildungen Honorare Coaching) Das Programm zielte vor allem auf die Foumlrderung der all-tagsintegrierten Sprachbildung die folgendermaszligen definiert wurde

bdquoUnter alltagsintegrierter sprachlicher Bildung wird eine umfas-sende systematische Unterstuumltzung und Begleitung der natuumlrlichen Sprachentwicklung aller Kinder in allen Altersstufen verstanden die uumlber die gesamte Verweildauer der Kinder in der Kindertageseinrich-tung das Handeln der paumldagogischen Fachkraumlfte waumlhrend der alltaumlg-lichen paumldagogischen Arbeit bestimmtldquo14

Das Konzept der alltagsintegrierten Sprachbildung beinhaltet somit Anforderungen an alle paumldagogischen Fachkraumlfte einer Einrichtung

13 httpsprach-kitasfruehe-chancendeprogrammueber-das-programmrueckschau-schwer-punkt-kitas (Abruf am 18042016)14 wwwfruehe-chancendeinformationen-fuerschwerpunkt-kitas-sprache-integrati-onschwerpunkt-kitasalltagsintegrierte-sprachliche-bildung (Abruf am 18112015)

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die Aufgabe der zusaumltzlichen Fachkraft besteht nicht darin die Sprach-foumlrderung durchzufuumlhren sondern eine Multiplikatorfunktion im Team wahrzunehmen Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf die Beratung Begleitung und fachliche Unterstuumltzung der Kita-Teams fuumlr die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit und die Zusammenar-beit mit den Familien der Kinder sowie auf eine exemplarische sprach-paumldagogische Arbeit mit Kindern insbesondere unter drei Jahren

Das Beispiel des Bundesprogramms zeigt zweierlei Einerseits sind die Moumlg-lichkeiten zur Schaffung von Funktionsstellen im Arbeitsfeld bdquoKindertages-einrichtungldquo insofern begrenzt als es darum geht dass viele Aufgaben im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsbegleitung von allen Erzieherinnen wahrgenommen werden muumlssen und nicht an Spezialkraumlfte delegiert werden koumlnnen Andererseits besteht offenkundig ein Bedarf an erweiterten Qualifi-kationen die im Sinne einer Multiplikatortaumltigkeit in die Einrichtungen ein-gebracht werden Wenn Mitarbeiterinnen in diesem Sinne Spezialwissen einbringen eroumlffnen sich Chancen sowohl fuumlr die Gestaltung von Fachkarri-eren als auch fuumlr die Weiterentwicklung der Arbeit in der Einrichtung insge-samt

Aumlhnliche Konstellationen koumlnnen sich bei anderen Themenfeldern erge-ben So kann es sinnvoll sein dass eine Fachkraft eine fundierte Fortbildung fuumlr die Arbeit mit unter dreijaumlhrigen Kindern absolviert und die anderen Beschaumlftigten in der Einrichtung entsprechend anleitet und beraumlt Auch bei einer Kinderschutzfachkraft wird es zum einen darum gehen dass sie sich einerseits vor dem Hintergrund ihrer speziellen Qualifikation um akute Pro-blemfaumllle kuumlmmert Andererseits wird sie ndash im Sinne der Praumlvention ndash ein-richtungsintern einen Austausch zu Fragen der Kindeswohlgefaumlhrdung or-ganisieren und alle Mitarbeiterinnen insoweit qualifizieren dass diese in der Lage sind Probleme bei den von ihnen betreuten Kindern zu erkennen Fuumlr alle derartigen Multiplikatorfunktionen sind auch einrichtungsuumlbergreifen-de Einsatzmoumlglichkeiten vorstellbar

Bei einem Konzept offener Arbeit kann es in einigen einzelnen Bildungs-bereichen ausreichen wenn eine Fachkraft uumlber eine bestimmte Qualifika-tion verfuumlgt und dann den entsprechenden Bildungsbereich betreut und fuumlr die Angebote verantwortlich ist Dies koumlnnte beispielsweise fuumlr naturwissen-schaftliche Bildung kuumlnstlerische und musische Angebote oder die Bewe-gungserziehung umgesetzt werden Derartige Aufgabenschwerpunkte sind

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im Uumlbrigen nicht nur im Kontext eines kompetenzorientierten sondern auch eines lebensphasenorientierten Personaleinsatzes von Interesse Sie er-moumlglichen naumlmlich z B auch den Einsatz von Mitarbeiterinnen die (etwa bei einem stufenweisen Wiedereinstieg nach einer bdquoBabypauseldquo) eine Teil-zeitloumlsung mit geringer Stundenzahl wuumlnschen ohne dass die Kontinuitaumlt der Betreuung von Kindern leidet (vgl Abschnitt 431)

Andere Schwerpunktaufgaben sind fuumlr eine Reihe organisatorischer An-forderungen vorstellbar So gibt es unter den Familienzentren in Nordrhein-Westfalen die als Kindertageseinrichtungen erweiterte Angebote zur Bera-tung und Unterstuumltzung von Familien in ihrem Sozialraum vorhalten einige Beispiele dafuumlr dass die fuumlr die Funktionsfaumlhigkeit des Familienzentrums notwendigen Aufgaben auf mehrere Mitarbeiterinnen verteilt werden In ei-ner Befragung von 31 Leitungen von Familienzentren die im Fruumlhjahr 2014 durchgefuumlhrt wurde (Stoumlbe-Blossey 2015b) berichtete ein gutes Drittel der Befragten von einer Aufgaben-Aufteilung innerhalb des Teams (auch wenn die Koordinierung meistens bei der Leitung verbleibt) So sind etwa einige Mitarbeiterinnen fuumlr die Betreuung und Organisation von Elterncafeacutes oder von Ausfluumlgen fuumlr Eltern und Kinder zustaumlndig In einigen ndash wenigen ndash Faumll-len geht die Aufteilung uumlber die Uumlbertragung einzelner Aufgaben hinaus und wird zum Organisationsprinzip das die gesamte Einrichtung umfasst bdquoWir haben uns aufgeteilt jede Kollegin hat Schwerpunktbereiche Die eine Kolle-gin hat die Kindertagespflege Die andere Kollegin hat den Schwerpunkt Be-ratungsstellen [hellip] die verweist dann bei Bedarf und hilft Termine vor Ort zu machen Die eine Kollegin ist im Lesebereich zustaumlndig die Kooperation mit der Buumlcherstube rund ums Buch Alles was mit Sprache zu tun hat Die ande-re Kollegin hat den Bewegungsbereich Dass jeder im Team seinen Schwer-punkt hat um das alles mehr zu vernetzenldquo (Stoumlbe-Blossey 2015b 10)

In einer anderen Einrichtung die nach dem Konzept der offenen Arbeit arbeitet wird die Aufteilung der Zustaumlndigkeiten fuumlr Familienzentrumsauf-gaben mit dem paumldagogischen Konzept verknuumlpft bdquoDass wir Zustaumlndigkeits-bereiche haben [hellip] Zum Beispiel fuumlr den Bewegungsbereich haben wir eine Kollegin die arbeitet fuumlnfzehn Stunden die haben wir sozusagen freigestellt Um auch Feste zu organisieren wir machen auch sehr viele sportliche Feste und das nimmt sie ganz in ihre Hand und spricht nur mit uns Dinge ab Eine hat den Babysitterclub Kolleginnen die zustaumlndig sind fuumlr die Tagespflege Wir haben eine Kollegin die besucht einmal im Monat mit Kindern ein Seni-orenheimldquo (ebd)

Die Beispiele zeigen dass es bei naumlherer Betrachtung durchaus Moumlglich-keiten gibt einen kompetenzorientierten Personaleinsatz auch fuumlr Mitarbei-

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terinnen in Kindertageseinrichtungen systematisch zu gestalten und damit gleichzeitig die Arbeit der Einrichtung qualitativ weiterzuentwickeln Damit eroumlffnen sich nicht nur Chancen fuumlr die Realisierung von Fachkarrieren son-dern auch ndash zumindest partiell ndash von gesundheitsorientierten Berufswegekor-ridoren Wenn beispielsweise die erfahrene Fachkraft die Ruumlckenprobleme hat zur Multiplikatorin fuumlr Sprachbildung wird kann sie zumindest teilwei-se von koumlrperlich anstrengenden Taumltigkeiten entlastet werden Eine Differen-zierung von Aufgaben bietet somit gleichermaszligen Potenziale fuumlr die Perso-nalfoumlrderung und fuumlr die Qualitaumltsentwicklung

Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit derartiger Konzepte ergeben sich zum ei-nen aus der Personaldecke einer Einrichtung Hier muss jederzeit genug Per-sonal fuumlr die allgemeine Alltagsarbeit mit den Kindern zur Verfuumlgung stehen was in der Praxis sowohl die Moumlglichkeiten fuumlr die Weiterqualifizierung von Beschaumlftigten als auch fuumlr die Wahrnehmung von Spezialaufgaben einschraumln-ken kann Zum anderen ist die Frage der Zusammenarbeit im Team zu beach-ten Einerseits aumluszligern in Befragungen viele Mitarbeiterinnen den Wunsch ihre besonderen Kompetenzen einsetzen und sich auf diese Weise beruflich weiterentwickeln zu koumlnnen Andererseits spielt fuumlr die Arbeits zufriedenheit auch das Wohlbefinden im Team eine wichtige Rolle Eine Differenzierung von Aufgaben insbesondere wenn sie mit finanziellen Konsequenzen ver-bunden ist kann die Beziehungen innerhalb eines Teams veraumlndern und Konkurrenzsituationen hervorrufen Dieses (potenzielle) Problemfeld ist zu beachten wenn Aufgabendifferenzierungen eingefuumlhrt werden Insofern steht dieses Handlungsfeld in engem Zusammenhang mit Fragen der Team-fuumlhrung und -entwicklung (vgl dazu Kapitel 42)

414 Leistungsorientierte Bezahlung

Nun sind der kompetenzorientierte Einsatz und die daraus zu entwickelnde Laufbahngestaltung die eine Seite des Themas Die andere Seite betrifft die Nutzung der fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen fuumlr eine wirk-liche Fachkarriere also fuumlr einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktion der dann im Sinne einer leistungsorientierten Bezahlung auch finanziell hono-riert wird

Zunaumlchst bleibt grundsaumltzlich zu uumlberlegen inwieweit ein kompeten z-orientierter Personaleinsatz mit finanziellen Konsequenzen fuumlr die Beschaumlf-tigten verknuumlpft sein kann und soll Zweifellos kann man von einer bdquoFach-karriereldquo nur dann sprechen wenn die persoumlnliche Weiterentwicklung auch

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eine finanzielle Weiterentwicklung mit sich bringt Bei der Planung von gesundheitsorientierten Berufswegekorridoren muss dies hingegen nicht zwangs laumlufig gegeben sein Wenn es um einen kompetenzorientierten Ein-satz geht kann allein die Moumlglichkeit motivationsfoumlrdernd sein sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren zu koumlnnen die man besonders gut be-herrscht fuumlr die man Anerkennung im Team erhaumllt und die man somit gern erledigt Je staumlrker bestimmte Aufgaben jedoch spezielle Qualifikationen er-fordern die manchmal in umfassenden Weiterbildungen erworben wurden desto staumlrker ausgepraumlgt wird auch das Beduumlrfnis der Mitarbeiterinnen nach einer finanziellen Anerkennung ihrer Leistung sein

Dafuumlr gibt es in der Praxis zwei Moumlglichkeiten Zum einen koumlnnen soweit die jeweiligen tariflichen Rahmenbedingungen dies ermoumlglichen Funktionsstellen mit einer entsprechend houmlheren Eingruppierung definiert werden Zum anderen kann das ndash ebenfalls in Tarifvertraumlgen in unterschied-licher Form enthaltene ndash Instrument der Leistungszulagen genutzt werden

Obwohl haumlufig die Moumlglichkeit besteht einen Teil der Gehaltssumme leistungsorientiert zu vergeben (z B 2 Prozent) wird bei den befragten Trauml-gern davon nur selten Gebrauch gemacht Knapp die Haumllfte der befragten Traumlger setzt keine leistungsorientierten Elemente bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen ein Bei sechs der Befragten werden die zur Verfuumlgung ste-henden Mittel nach dem bdquoGieszligkannenprinzipldquo gleichmaumlszligig auf alle Mitar-beiterinnen verteilt also de facto nicht leistungsorientiert genutzt Einige dieser Interviewpartner bedauern die Regelungen wenn diese z B fuumlr alle kommunalen Beschaumlftigten gelten sehen selbst aber keine Moumlglichkeit an diesen Rahmenbedingungen fuumlr das Aufgabenfeld Kindertageseinrichtung etwas zu aumlndern Bei einem Traumlger werden 80 Prozent der fuumlr eine Leistungs-orientierung vorhandenen Mittel in Form einer Sockelpraumlmie gleichverteilt und immerhin die restlichen 20 Prozent als Zusatzpraumlmie fuumlr bdquoallerbeste Mit-arbeiterinnenldquo vergeben In drei Faumlllen gibt es Zulagen z B fuumlr heilpaumldago-gische Taumltigkeiten fuumlr die Arbeitserschwernis in Brennpunkt-Kitas oder fuumlr die Dauer der Beteiligung an einem Projekt Ein Personalverantwortlicher gibt an die zur Verfuumlgung stehenden Mittel nicht fuumlr die Gehaumllter sondern zur Finanzierung von betrieblichen Programmen zu nutzen wie z B fuumlr eine uumlbergangsweise Pflege von Angehoumlrigen oder hauswirtschaftliche Un-terstuumltzung von Mitarbeiterinnen durch traumlgereigene Dienste um damit be-sondere Belastungssituationen eigener Beschaumlftigter gezielt abzufedern

Sechs Personalverantwortliche berichten dass zur Vergabe leistungsori-entierter Mittel eine Personalbeurteilung ndash meistens im Rahmen der regelmauml-szligigen Mitarbeitergespraumlche ndash erfolgt und dazu ein Punktesystem bzw ein

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Kompetenzbeurteilungsbogen genutzt wird Auf dieser Basis werden dann Zulagen z B fuumlr eine Anleitertaumltigkeit gezahlt Die Verfahren sind unter-schiedlich umfangreich gestaltet (zwischen drei und sechzehn Leistungskri-terien) Bei einem Traumlger befindet sich ein solches Verfahren in der Erpro-bungsphase bei einem weiteren wurde die urspruumlnglich geplante Nutzung einer Erzieherinnen-Einschaumltz-Skala aufgegeben Drei Befragte bewerten diese Instrumente sehr kritisch bdquoDas System ist kompliziert und ineffektivldquo bdquoDer Aufwand war gigantischldquo bdquoSelbstverstaumlndlichkeiten anstelle besonderer Leistungen werden nun fuumlr einen Teil der Mitarbeiterinnen zusaumltzlich ho-noriertldquo Lediglich einer der Personalverantwortlichen aumluszligert sich positiver Fuumlr die Vergabe der Praumlmien gebe es zwar nur geringe Spielraumlume denn der Traumlger duumlrfe dadurch nicht mehr Personalkosten verursachen aber bdquoje nach-dem wie jemand agiert kann mehr entlohnt werdenldquo

Die in den Tarifvertraumlgen des Oumlffentlichen Dienstes und der groszligen Trauml-gerverbaumlnde enthaltenen Moumlglichkeiten werden also auf unterschiedliche Weise genutzt Auf ein etwas groumlszligeres Interesse stoszligen Funktionszulagen die nicht auf einer individuellen Leistungsbewertung sondern auf der Uumlbernah-me von besonderen Aufgaben beruhen Im Allgemeinen sehen die befragten Traumlger dafuumlr ebenso wenig Moumlglichkeiten wie fuumlr eine Houmlhergruppierung was nicht erstaunlich ist wenn man sich exemplarisch die Tarifstrukturen im Oumlffentlichen Dienst (vgl Kapitel 25) anschaut Hier hat fast ausschlieszliglich der Aufstieg in Funktionen der Leitung und der stellvertretenden Leitung finanzielle Auswirkungen Die bdquoschwierigen Taumltigkeitenldquo die bisher einen Aufstieg von der Gruppe S6 in die Gruppe S8 und seit Juli 2015 von S8a nach S8b ermoumlglichen sind laut Protokollnotiz eng definiert Sie beziehen sich vor allem auf den Einsatz in Gruppen von Kindern mit unterschiedlichen Formen von Behinderung und besonderem Foumlrderbedarf daruumlber hinaus auf die allein verantwortliche Betreuung von Gruppen beispielsweise in Randzei-ten15 Zustaumlndigkeiten fuumlr bestimmte Schwerpunktaufgaben oder der Einsatz in speziellen Bildungsbereichen sind in der Protokollerklaumlrung nicht erfasst Die Ergebnisse der Tarifauseinandersetzungen 2015 haben an dieser Situati-on nichts geaumlndert sondern im Gegenteil die Differenzen zwischen Erzieherinnen im Allgemeinen und solchen mit bdquoschwieriger Taumltigkeitldquo reduziert Fuumlr Traumlger die unter solchen tariflichen Rahmenbedingungen arbeiten ist die Entwicklung von Fachkarrieren ein schwieriges Unterfangen Hinzu kom-

15 httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsueentgeltordnung-protokollerklaerunghtml (Abruf am 18042016)

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men die finanziellen Rahmenbedingungen der Kita-Gesetze der Bundeslaumln-der Die Refinanzierung der Gehaltskosten uumlber die Zuschuumlsse von Laumlndern und Kommunen sieht in der Regel keinen Spielraum fuumlr Funktionsstellen vor

Insgesamt scheint diese Form der leistungsorientierten Bezahlung bei den im Projekt KONTI befragten Traumlgern keine groszlige Rolle im Sinne einer Motivationsfoumlrderung von Beschaumlftigten zu spielen Im Kontext der Personal-beurteilung wird ihr aus der Sicht von Traumlgern und Beschaumlftigten offenkun-dig nur ein sehr begrenzter Stellenwert zugeschrieben Im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Personaleinsatz koumlnnte nach den hier vorgestellten Uumlberlegungen fuumlr eine Fachkarriere jenseits von Leitungsfunktionen eine Louml-sung darin bestehen dass die Vergabe von tariflich vorgesehenen leistungs-orientierten Entgeltbestandteilen nicht an bestimmte Beurteilungen son-dern an die Uumlbernahme bestimmter Aufgaben geknuumlpft wird In dieser Form koumlnnte sie einen ergaumlnzenden Stellenwert innerhalb eines Personalentwick-lungskonzepts erhalten

42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung

Allgemein wird unter Fuumlhrung die psychologische und soziale Faumlhigkeit ei-ner Person im Umgang mit Menschen verstanden Fuumlhrung kann dabei als Prozess definiert werden bei dem eine Person bestimmte Standards und Er-wartungen formuliert die das Verhalten von Menschen beeinflussen (vgl StremelUlber 2014 62) Fuumlhrung bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Arbeitsbereichen die eine Zusammenarbeit mit Personen erfordert Betrof-fen sind hiervon Personalplanung und -einsatz Personalfuumlhrung und -pflege und ebenso Personalentwicklung und -controlling einzelner Mitarbeiterin-nen sowie des Teams als Ganzes Daruumlber hinaus beinhaltet sie aber auch wei-tere Taumltigkeitsfelder wie z B die paumldagogische Leitung Qualitaumltssicherung Administration und Oumlffentlichkeitsarbeit Von wachsender Bedeutung ist da-bei auch das Gesundheitsmanagement

Die Fuumlhrungsverantwortung im Hinblick auf Kindertageseinrichtungen liegt somit zunaumlchst bei ihrem Traumlger Viele Elemente der Fuumlhrung werden jedoch von den Leitungskraumlften der einzelnen Einrichtungen wahrgenom-men (vgl Kapitel 33) die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist somit Fuumlhrungskraft Ihre Rolle ist daruumlber hinaus im alltaumlglichen Betrieb von be-sonderer Bedeutung Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Traumlgerstruktur um eine Position auf der mittleren Fuumlhrungsebene angesichts der dezentra-len Organisation ist die Kita-Leitung jedoch in der Praxis die zentrale Vertre-

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tung des Arbeitgebers in der einzelnen Einrichtung organisiert den Perso-naleinsatz vor Ort und praumlgt den Alltag im Team Der Traumlger gibt dafuumlr die Rahmenbedingungen vor und hat Fuumlhrungsaufgaben gegenuumlber den Kita-Leitungen wahrzunehmen

In diesem Kapitel werden zunaumlchst einige grundlegende Uumlberlegungen zum Verhaumlltnis zwischen dem Traumlger einerseits und der Einrichtungsleitung als Fuumlhrungskraft auf der mittleren Ebene andererseits angestellt (Ab-schnitt 421) Darauf aufbauend geht es im Anschluss um Fragen der Team-entwicklung (Abschnitt 422) und ein traumlgergestuumltztes Monitoring der Ein-richtungen (Abschnitt 423) Abschlieszligend werden Fragen des Gesundheits-managements als Fuumlhrungsaufgabe thematisiert (Abschnitt 424)

421 Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Einrichtungsleitungen

Eine mitarbeiterorientierte Personalfuumlhrung zielt auf eine moumlglichst hohe Mitarbeiterzufriedenheit und basiert zunaumlchst auf Fuumlhrungsgrundsaumltzen die das Handeln von Fuumlhrungskraumlften entsprechend leiten sollen Wertschaumltzung ist dabei im doppelten Sinne ein wichtiges Element eines ressourcenorien-tierten Fuumlhrungsstils Ziel ist es dabei den Mitarbeiterinnen eine Anerken-nung fuumlr ihre Leistungen zukommen zu lassen die fuumlr die Arbeit motiviert und die persoumlnlichen Staumlrken foumlrdert Dabei geht es sowohl um fachliche An-erkennung als auch um persoumlnliche Wertschaumltzung Daneben ist es im Sinne der Personalbindung fuumlr jedes Unternehmen ndash also auch fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash von Bedeutung die individuellen Werte seiner eigenen Mit-arbeiterinnen zu kennen um potenzielle Konflikte zwischen den Werten des Unternehmens also des paumldagogischen Konzepts der Einrichtung und denen des Traumlgers zu erkennen und Loumlsungen zu suchen

bdquoDie emotionale Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern entsteht dann wenn die gelebten Unternehmenswerte weitgehend identisch sind mit den priorisierten Werten der Mitar-beiter Dieser Effekt wird noch verstaumlrkt wenn die Mitarbeiter einen gewissen Freiraum bei ihrer Arbeit haben und dadurch ihre Werte auch verwirklichen koumlnnenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 85)

Von den Personalverantwortlichen der befragten Traumlger wird die Aufgabe der Personal- und Teamfuumlhrung weitgehend in die Haumlnde der Einrichtungs-

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leitungen gelegt Die Beschaumlftigtenbefragungen zeigen dass dies in den meis-ten Einrichtungen gut funktioniert Wo dies allerdings nicht der Fall ist ent-steht ein hohes Belastungsempfinden so dass die Qualitaumlt der Teamfuumlhrung aus Traumlgerperspektive nicht dem Zufall uumlberlassen werden sollte Insofern er-scheint eine gezielte Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Leitungen als notwendig d h der Traumlger als letztlich Verantwortlicher sollte einerseits Steuerungsmoumlglichkeiten wahrnehmen und andererseits die Fuumlhrungskraumlfte in der Kita ndash auch im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements ndash ge-zielt unterstuumltzen und entlasten

Nach einem Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtun-gen (Fhtenakis et al 2003) gehoumlrt das Personalmanagement zu den originauml-ren Aufgaben des Traumlgers Nach der bdquoTQ-Dimension 4 Personalmanage-mentldquo zaumlhlt dazu neben Personalplanung Personalentwicklung -controlling und -verwaltung auch die Personalfuumlhrung Als Voraussetzung fuumlr ein gelin-gendes Personalmanagement wird dort ein Personalkonzept angesehen das verbindliche Formen der Kompetenzverteilung zwischen dem Traumlger der Leitung und dem Mitarbeiterteam definiert und die Zusammenarbeit zwi-schen Beteiligten regelt (vgl Oberhuemer et al 2003 33) Der Traumlger ist dar-um gefordert seine Fuumlhrungskraumlfte bei der Ausuumlbung der Personalverant-wortung in den Kitas vor Ort zu unterstuumltzen Die Beispiele im Kasten koumln-nen diese Aufgabe naumlher veranschaulichen

Unterstuumltzungsbedarfe der Fuumlhrungskraft (Lange 2015)

ndash einschlaumlgiges Wissen und anwendungsfaumlhige Kenntnisse in den Bereichen Teamentwicklung Kommunikation Moderation und Konfliktloumlsung

ndash ausreichende Zeitressourcen fuumlr die Teamentwicklung Betroffen sind davon insbesondere bdquonicht freigestellteldquo Leitungen Ihnen fehlt es besonders dann an Zeit fuumlr die Teamentwicklung wenn sie etwa wegen eines hohen Krankenstandes als bdquoVertretungs-kraftldquo in den Gruppen fungieren

ndash Schutz und Unterstuumltzung durch den Traumlger in krisenhaften Situ-ationen

ndash professioneller Reflexionsrahmen zur Entlastung Absicherung Staumlrkung von Rollen-Klarheit und Vorbildfunktion etwa durch Einzel- oder Gruppensupervision kollegiale Beratung oder Inter-vision bzw austauschbasierte Fortbildungen

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In der Leitungsbefragung im Projekt KONTI zeigt sich jedoch (vgl im Fol-genden Koumlhling 2015) nur knapp die Haumllfte der Befragten sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung durch den Traumlger die anderen Befragten haben unter-schiedliche Einschaumltzungen von bdquomit Einschraumlnkungen gut unterstuumltztldquo bis hin zu bdquonicht ausreichend unterstuumltztldquo Lediglich hinsichtlich der Bereitstel-lung von Fachinformationen undoder Konzepten fuumlhlen sich die meisten Befragten gut ausgestattet Eine besondere Unterstuumltzungsfunktion uumlber-nimmt hier das Qualitaumltsmanagement das vor allem von Traumlgern mit meh-reren Einrichtungen und von privat-gewerblichen Traumlgern genutzt wird und uumlber das viele Materialien zur Strukturierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt werden Als wichtige Bedingungen fuumlr eine gute Zusammenarbeit werden von den befragten Fuumlhrungskraumlften in den Einrichtungen vor allem genannt ndash eine klareDefinitionvonAufgabenundBefugnissen innerhalb derer Leitun-

gen flexibel handeln koumlnnen dies wird von ca drei Vierteln der befragten Leitungen als wichtig fuumlr ihre Arbeit erachtet

ndash eine guteAnsprechbarkeitdesTraumlgers die regelmaumlszligige Termine als auch in-dividuelle Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme mit der Moumlglichkeit zur Kommunikation und Information genauso umfasst wie die Moumlglichkeit zum Austausch bei Treffen mit anderen Leitungen

ndash die BereitschaftzumZuhoumlren inklusive Verstaumlndnis und Wertschaumltzung fuumlr die geleistete Arbeit

ndash kurze Verwaltungs- bzw Entscheidungswege mit Einhalten von Terminen und Absprachen (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern da stehen um-fallenldquo) bzw allgemein Ruumlckhalt durch den Traumlger (bdquoWenn der Traumlger nicht hinter mir steht bei einer Entscheidung oder einer Aussage die ich treffe dann geh ich hier unterldquo)

ndash UnterstuumltzungdurchfinanzielleRessourcenAusstattungService bdquoMehr Per-sonal und mehr Handlungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Un-terstuumltzungldquo

Aus den bei den Befragungen im Projekt KONTI genannten Problemen und Defiziten lassen sich Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen ablei-ten Sie reichen von klarer definierten Traumlgerprofilen und -zustaumlndigkeiten auf der einen und Leitungsprofile und Arbeitsplatzbeschreibungen auf der anderen Seite uumlber eher bdquoweicheldquo ndash aber sehr zentrale ndash Faktoren einer besse-ren Anerkennung und Wertschaumltzung der Arbeit von Leitungen allgemein

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und insbesondere auch durch den jeweiligen Traumlger bis hin zu professionelle-ren Vorstaumlnden die uumlber die Belange von Kindertageseinrichtungen infor-miert sind Geeignete Loumlsungsansaumltze des Traumlgers bieten sich hier vor allem in Form von Fortbildungen an die im Sinne einer gezielten und kontinuier-lichen Personalentwicklung fuumlr Leitungen zur Unterstuumltzung der Taumltigkeit insgesamt und insbesondere eines qualifizierten Fuumlhrungsverhaltens beitra-gen koumlnnen

Einige Traumlger bieten ihren Leitungskraumlften entsprechende Schulungs-maszlignahmen an bei einigen ist dies sogar mit einer Teilnahmeverpflichtung verbunden So gibt es bei einem kommunalen Traumlger beispielsweise eine Fortbildungsreihe zum systemischen Fuumlhren die ihren Ursprung in der Er-kenntnis hat dass sich (stellvertretende) Leitungskraumlfte durch das Fuumlhren und Leiten ihrer Mitarbeiterinnen sehr belastet fuumlhlen Bei einem anderen kommunalen Traumlger gibt es einmal im Vierteljahr einen Leitungslehrgang mit sechs Modulen deren Umsetzungserfahrungen im Abstand von sechs Wochen durch eine zweitaumlgige Supervision zur Bearbeitung und Reflexion ergaumlnzt werden

Des Weiteren koumlnnen insbesondere ndash aber nicht nur ndash bei Leitungen die die Bedeutung von Sozialkompetenzen in den Mittelpunkt stellen Stellen- und Aufgabenbeschreibungen zu den Inhalten einer Leitungstaumltigkeit zur Schaumlrfung des Selbstbildes beitragen Bei vielen Traumlgern existieren allgemei-ne Stellenbeschreibungen fuumlr die Erzieherinnen bzw Leitungsstellen Im Sinne einer Aufgabenbeschreibung werden sie aber kaum genutzt obwohl sie den Blick fuumlr die Vielfalt der Aufgaben und Kompetenzbereiche weiten und damit zur Professionalisierung der Arbeit beitragen koumlnnen Auf diesem Weg kann eine Klaumlrung des Leitungsprofils fuumlr alle Beteiligten unterstuumltzt werden damit solchen Aussagen die Grundlage entzogen wird bdquoMir wird manchmal unterstellt Was machst Du denn den ganzen Tag Da krieg ich dann echt ein schlechtes Gewissen Ich kann nichts vorzeigen manchmal ich bin immer in Aktionldquo

Das Anforderungsprofil fuumlr Leitungen von Kindertageseinrichtungen eines der im Projekt KONTI befragten kommunalen Traumlger in NRW bein-haltet beispielsweise folgende Kompetenzbereiche Personalfuumlhrungs kom - pe tenz persoumlnliche Kompetenz (Integritaumlt und Grundhaltung) soziale Kompetenz (Kommunikations- und Interaktionskompetenz) Veraumlnderungs-kompetenz strategische Kompetenz Fach- Dienstleistungs- und Marketing-kompetenz Andere Traumlger gehen nicht von Kompetenzen aus sondern defi-nieren konkrete Aufgaben wie die folgende Stellenbeschreibung fuumlr die Lei-tung einer Kita in kirchlicher Traumlgerschaft zeigt Nach dieser Beschreibung

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umfasst die Leitungstaumltigkeit nachfolgende Aufgabenbereiche die jeweils durch eine Reihe von Unterpunkten spezifiziert werden16

1 Fuumlhrungsverantwortung und Personalentwicklung2 administrative Taumltigkeiten3 Konzeptions- und Qualitaumltsentwicklung4 Zusammenarbeit mit den Eltern5 Zusammenarbeit mit dem Traumlger6 Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde7 Oumlffentlichkeitsarbeit8 Gebaumlude Inventar und Arbeitssicherheit9 hauswirtschaftliche Aufgaben

Werden Anforderungen an die Leitungsfunktion in dieser Weise deutlich ge-macht kann das Selbstmanagement unterstuumltzt werden Es kann z B deut-lich werden wo Fortbildungsbedarf besteht um den Anforderungen gerecht werden zu koumlnnen wo eventuell das eigene Fuumlhrungsverhalten (weiter)ent-wickelt werden muss um unterschiedlichen Erwartungen begegnen zu koumln-nen oder welche physischen und psychischen Beanspruchungen bestehen und welche Gesundheits-Maszlignahmen ggf ergriffen werden sollten um die eigene Leistungsfaumlhigkeit zu erhalten

Zur Klaumlrung des eigenen Selbstbilds bei der Wahrnehmung der Leitungs-funktion koumlnnen daruumlber hinaus eine Analyse der eigenen Ressourcen (Moti-vation Ziele Belastungsempfinden etc) und der vorhandenen Rahmenbe-dingungen (Traumlger Kinder Personal Finanzen Raumlumlichkeiten Leitbilder etc) sowie der damit verbundenen Aufgaben beitragen Zu Ersterem der Vergewisserung eigener Ressourcen und Moumlglichkeiten koumlnnen Leitungs-schulungen dienen die sinnvollerweise bereits vor der Uumlbernahme einer ent-sprechenden Taumltigkeit erfolgen sollten Fuumlr den Traumlger haben derartige Schu-lungen daneben den Vorteil dass damit eine gezielte Auswahl von Leitungs-kraumlften sowie eine laumlngerfristige Personalplanung unterstuumltzt werden koumln-nen

Der Leitungslehrgang eines der im Projekt KONTI befragten kommuna-len Traumlger der als Zielgruppen neben Leitungskraumlften und ihren Stellvertre-tungen auch Personen einbezieht die an der Leitungsfunktion interessiert sind umfasst beispielsweise neun Module mit ein- bis zweitaumlgigen Work-

16 httpkitas-kgvdefileadminredakteure1_Familie_und_KinderpdfStellenbeschreibung_Leitung_KGV-Kitapdf (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

shops im Abstand von sechs Wochen Die Module enthalten folgende In-halte1 erfolgreiches Fuumlhren2 Gespraumlche konstruktiv gestalten und das Foumlrder- und Beratungsgespraumlch

als Chance nutzen3 souveraumlne Steuerung von Besprechungen und Moderationen4 Zeitmanagement und Verwaltungsorganisation5 Dienstplangestaltung6 die Beurteilung als Fuumlhrungsinstrument und ihre rechtliche Wirkung7 Erziehungspartnerschaft mit Eltern8 Grundzuumlge des Personalrechts9 Ziele Strategien und Strukturen des Jugendamtes

Leitungsschulungen unterstuumltzen durch die Aneignung von Wissen und Methoden zu Mitarbeiterfuumlhrung Personalentwicklungs- oder Qualitaumlts-sicherungsinstrumenten aber nicht allein die Kompetenzentwicklung der Fuumlhrungskraumlfte selbst sondern bieten auf diesem Wege auch Moumlglichkeiten Personalentwicklungsmaszlignahmen fuumlr das Mitarbeiterinnen-Team zu uumlber-pruumlfen und ggf zu verbessern

422 Teamfoumlrderung und Teamentwicklung

Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen erfolgt in Teams Von einem Team wird gesprochen wenn alle Mitglieder einer Grup-pe auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind und jedes Teammitglied entsprechend seiner Faumlhigkeiten bzw seiner zugeschriebenen Rolle einen Teilbeitrag zum Ganzen leistet (vgl Birker 2000 154) Die Teamarbeit wird besonders in Arbeitsfeldern sozialer Dienstleistungen favorisiert da die Be-schaumlftigten dem jeweiligen Arbeitsauftrag z B vor dem Hintergrund einer gestiegenen Komplexitaumlt von Prozessen wachsender Anforderungen an Fle-xibilitaumlt sowie der notwendig gewordenen Koordination von zunehmend spezialisiertem Wissen im Team besser gerecht werden koumlnnen als dies in traditionell hierarchischen Organisationsstrukturen moumlglich ist Gerade auch bei einem erhoumlhten Effektivitaumlts- und Effizienzdruck hervorgerufen durch Sparmaszlignahmen bei gleichzeitigem Anstieg an Qualitaumltsanforderungen wird der Gemeinschaft von Mitarbeiterinnen ein groszliges koordinierendes Potenzial zugeschrieben da durch die enge Zusammenarbeit eine emotional bindende und den Einzelnen anspornende Wirkung entsteht (vgl BalzSpieszlig

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

2009 14) Studien zur Evaluation der Qualitaumlt fruumlhpaumldagogischer Angebote belegen daruumlber hinaus dass die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen mit der Kooperation im Team Auswirkungen auch auf die Qualitaumlt der paumldagogi-schen Angebote die Interaktionsqualitaumlt mit den Kindern und auf die Grup-penatmosphaumlre hat (vgl Honig et al 2004)

Die Aufgabe der Leitung von Kindertageseinrichtungen liegt somit nicht nur in der Fuumlhrung der einzelnen Mitarbeiterinnen sondern vor allem in der Fuumlhrung ihres gesamten Teams Dabei hat sie zunaumlchst sicherzustellen dass der paumldagogische Auftrag fachgerecht umgesetzt wird Damit die dazu erforderlichen Aufgaben von ihren Mitarbeiterinnen gut und verlaumlsslich er-ledigt werden hat sie gleichzeitig dafuumlr Sorge zu tragen dass eine foumlrderliche Arbeitssituation und Arbeitsatmosphaumlre entstehen kann Dies bestaumltigte sich gerade auch bei der Beschaumlftigtenbefragung im Projekt KONTI (vgl Ab-schnitt 324) Arbeitsmotivation und -zufriedenheit in der Kindertagesein-richtung steht und faumlllt mit einer guten Zusammenarbeit im Team und ei-nem guten Verhaumlltnis der Mitarbeiterinnen zur Leitung Auf dieser Basis ist der Arbeitsalltag ndash bei allen auftretenden Schwierigkeiten ndash von allen gut zu bewaumlltigen Das Zusammengehoumlrigkeitsgefuumlhl staumlrkt daruumlber hinaus die Identifikation mit der Einrichtung den eigenen Arbeitsaufgaben und nicht zuletzt mit den Kindern und deren Familien Die Teamfuumlhrung nimmt dar-um ndash auch aus der Sicht der Leitungskraumlfte selbst ndash im Alltag den groumlszligten Raum im Arbeitsfeld der Kita-Leitung ein

In diesem Sinne ist es auch Aufgabe von Leitung alle Mitarbeiterinnen zu beteiligen die individuellen Beduumlrfnisse der Einzelnen zu beruumlcksichtigen und dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen Hier stets einen gerechten Interessenausgleich herbeizufuumlhren wird zu einer sensiblen Aufgabe die viel Empathie und Fingerspitzengefuumlhl erfor-dert Teamfuumlhrung benoumltigt regelmaumlszligig komplexe Abstimmungsprozesse und transparente Entscheidungen mit denen die Teammitglieder in ihrem Arbeits- und Familienleben gut zurechtkommen und mit denen Konflikte im Vorfeld vermieden werden koumlnnen

Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass die Teams in Kindertageseinrichtun-gen durch eine wachsende Heterogenitaumlt gekennzeichnet sind Im Projekt berichteten Leitungen von einer Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Al-tersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Faumlhigkeiten Berufen Kompeten-zen bis hin zu unterschiedlichen Ausbildungen und Einstiegsvoraussetzun-gen in den Beruf (z B Erstberuf und Quereinstieg) sowie unterschiedlichen Nationalitaumlten und Familiensituationen Eine groszlige Vielfalt im Team wird von den befragten Leitungskraumlften uumlberwiegend als besonderer Vorteil fuumlr

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die Arbeit mit Kindern angesehen die fuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen benoumltigen

Die Vielfalt im Team kann andererseits z B durch eine breite Altersmi-schung eine multiprofessionelle Zusammensetzung oder partielle Akademi-sierung Konflikte aufwerfen die sich etwa in Hierarchiedenken Konkurrenz und unklarer Arbeitsteilung aumluszligern Der professionelle Umgang mit den da-raus resultierenden Konflikten sowie der Entwicklung und Foumlrderung des Personals und des Teams setzt nicht nur ein Wissen uumlber die jeweils spezifi-schen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten voraus sondern fordert von der Perso-nal- und Teamfuumlhrung auch besondere Kompetenzen um unter Beruumlcksich-tigung der verschiedenen Beduumlrfnisse und Ansichten der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen auf dem Wege der Aushandlung Win-Win-Situationen zu gestalten Je heterogener ein Team zusammengesetzt ist desto wichtiger wer-den darum Kommunikationskultur Konzeptionsentwicklung Personalorga-nisation und Qualitaumltssicherung

Im Hinblick auf eine demografiesensible Personalwirtschaft wird unter dem Aspekt der Vielfalt im Team vor allem die Bildung von altersgemischten Teams diskutiert (vgl BrandenburgDomschke 2007 185) damit juumlngere Be-schaumlftigte von den Erfahrungen der Aumllteren und Aumlltere von dem neuen Wis-sen und den neuen Ideen Juumlngerer profitieren koumlnnen (vgl Deller et al 2008 81 f) Im Zusammenhang mit der Teamentwicklung entstehen hier aber auch Herausforderungen im Umgang mit aumllteren Mitarbeiterinnen Vorur-teile sind oft weit verbreitet (vgl ebd 80)

Waumlhrend die Leistungsfaumlhigkeit mit zunehmendem Alter in manchen Bereichen (z B koumlrperliche Leistungsfaumlhigkeit Geschwindigkeit der Infor-mationsaufnahme und Risikobereitschaft) eher abnimmt zeigen sich auch Bereiche in denen sie gleich bleibt (z B Leistungs- und Zielorientierung Entscheidungsfaumlhigkeit und psychisches Durchhaltevermoumlgen) oder sogar zunimmt Beispiele sind Expertenwissen Urteilsfaumlhigkeit und Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein (vgl Bruggemann 2000)

Auf der anderen Seite zeigt sich im Alltag der Arbeit auch dass die Aus-uumlbung des Erzieherinnen-Berufs groszlige Freiraumlume und vielfaumlltige Entwick-lungsmoumlglichkeiten bietet die uumlber die Jahre und in der Summe positive Auswirkungen haben koumlnnen Gerade der Zuwachs an persoumlnlichen und be-ruflichen Erfahrungen sowie an Sicherheit kann einen Gewinn fuumlr das ge-samte Team darstellen

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bdquoWenn die Verschiedenheiten ndash persoumlnlich und fachlich ndash auf der Basis relevanter Gemeinsamkeiten stattfinden kann wird ein alters-gemischtes Team als Bereicherung fuumlr alle Beteiligten erlebt Das Verstaumlndnis fuumlr die Lebenssituation und Arbeitsweise des jeweils an-deren kann helfen individuelle Staumlrken zielfoumlrdernd einzusetzenldquo (Weiser 2013)

Dabei korrespondiert die Einschaumltzung der Leistungsfaumlhigkeit und Belastbar-keit von aumllteren Mitarbeiterinnen auch mit der jeweiligen Unternehmens-kultur (vgl BrandenburgDomschke 2007 112) Deshalb muumlssen bdquoUnterneh-mensleitung Fuumlhrungskraumlfte und Arbeitnehmervertretung [hellip] im Rahmen einer wertschaumltzenden Unternehmenskultur deutlich machen dass auch aumllte-re Mitarbeiter im Unternehmen unverzichtbar und fuumlr das Unternehmen wertvoll sindldquo (ebd) Diese Forderungen betreffen unterschiedliche Ebenen

ndash bdquoBewusstseinsschaffungSensibilisierung bei Management (Fuumlhrungskraumlf-ten) und Arbeitnehmervertretung

ndash Staumlrkung des Selbstbewusstseins aumllterer Mitarbeiter ndash Korrektur von Erwartungshaltungen bei aumllteren Mitarbeiternldquo (Branden-

burgDomschke 2007 112)

Als Leitungs- und Traumlgeraufgabe ergibt sich daraus die Anforderung fuumlr eine Atmosphaumlre und Haltung im Team zu sorgen in der die entsprechenden In-teressen Staumlrken sowie Schwaumlchen von jungen und aumllteren Mitarbeiterinnen offen angesprochen werden koumlnnen und daruumlber hinaus die Zeit- und Arbeitsorganisation so zu gestalten dass sie diese Unterschiedlichkeit be-ruumlcksichtigt Diese Leitvorstellung gilt letztlich auch fuumlr den Umgang mit an-deren Formen von Heterogenitaumlt insbesondere im Umgang mit unterschied-lichen Qualifikationen undoder Familiensituationen

Teams uumlbernehmen nicht nur gemeinschaftlich die Verantwortung fuumlr alle Aufgaben der Kindertageseinrichtung sondern sie regeln dazu auch ge-meinsam die Aufgaben(ver)teilung Im Idealfall werden Entscheidungen die die Einrichtung und das Arbeitsfeld betreffen von allen Teammitglie-dern partizipativ in einem demokratischen Verfahren getroffen Dabei wer-den Wissen und Erfahrung untereinander ausgetauscht Die Basis fuumlr diese Arbeit ergibt sich aus Vertrauen Offenheit und einem der gemeinsamen Sache verpflichteten Engagement Als zentrale Aufgabe der Leitung wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis in Form vielfaumlltiger Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch angesehen die gleich-zeitig das Wohlfuumlhlen im Team und in der Kindertageseinrichtung foumlrdern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und somit zur Personalbindung beitragen soll Beispiele dafuumlr die in der KONTI-Befragung angesprochen wurden sind ndash morgendliche Rituale zur Begruumlszligung damit sich die Mitarbeiterinnen

zumindest einmal am Tag persoumlnlich gesehen und gesprochen haben ndash unterschiedliche gemeinsame Pausenregelungen zur persoumlnlichen Aus-

sprache ndash gemeinsame dienstliche und private Aktionen z B Studientage oder

bdquoKochaktionenldquo ndash die Schaffung von Raumlumen die besonders den Anforderungen von Er-

wachsenen mit z B entsprechend gemuumltlichen Sitzecken die zum Ver-weilen und zum Austausch auffordern

Der Aufbau einer wertschaumltzenden und belastbaren Teamkultur stellt einen entscheidenden Aspekt von Teamentwicklung dar Teams werden hier vor eine groszlige Herausforderung gestellt da eine kritische Auseinandersetzung und die Akzeptanz von Fehlern und Konflikten noumltig werden Im Umgang mit Konflikten wird in einigen der befragten Einrichtungen eine eigene Kon-fliktloumlsungskultur entwickelt und gelebt die bis zur Umsetzung geeigneter Problemloumlsungen einen organisatorischen Rahmen vorgibt und Mediations-verfahren einschlieszligt Gut ein Drittel der befragten Einrichtungsleitungen erwartet dazu von den Mitarbeiterinnen zunaumlchst einen offensiven aber gleichermaszligen verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem ent-standenen Problem In anderen Faumlllen sehen Leitungen zwar Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinandersetzung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) In zwei Faumlllen wird von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team be-richtet die vor allem dadurch ausgeloumlst sind dass die Leitung versucht Ver-aumlnderungen umzusetzen (bdquoSie haben Angst sie fuumlhlen sich belastet durch diese Veraumlnderungenldquo) Eine der beiden betroffenen Leiterinnen plant des-halb einen Arbeitsplatzwechsel

Gerade Teamentwicklung kann dazu beitragen dass Energien aus der vorhandenen Heterogenitaumlt der Mitarbeiterinnen mobilisiert werden in-dem das Team lernt konstruktiv und offen mit Konflikten umzugehen und vorhandene Potenziale auszuschoumlpfen Dabei ist es fuumlr den Prozess der Team-entwicklung notwendig von Beginn an vorhandenen Aumlngsten durch den Aufbau von Sicherheit entgegenzuwirken und die (unterschiedlichen) Hal-tungen im Team zu thematisieren und zu uumlberpruumlfen Fuumlr die Moderation dieser Prozesse ist die Leitung zustaumlndig die im besonderen Maszlige vom Pro-zess betroffen ist Sie stellt nicht nur einen entscheidenden Wegbereiter dar

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sondern uumlbernimmt auch Vorbildfunktion z B fuumlr die Haltung zu Partizipa-tion den Umgang mit Kritik eigenen Fehlern sowie Abgrenzungserforder-nissen Dazu benoumltigt sie insbesondere ein ausgeglichenes Verhaumlltnis von Naumlhe und Distanz zum Team um professionell auf Prozesse und Team-Mit-glieder einwirken zu koumlnnen Ein zielgerichtetes und selbstreflektiertes Fuumlh-rungs- und Handlungsverstaumlndnis ist Voraussetzung dafuumlr dass die Leis-tungsfaumlhigkeit des Teams und gleichzeitig das Team- und Arbeitsklima durch Teamentwicklung und -fuumlhrung verbessert werden koumlnnen Die Moderation der Prozesse erfordert Kenntnisse uumlber Methoden und Arbeitstechniken so-wie uumlber deren moumlgliche Wirkungen

In den Leitungsinterviews werden verschiedene Maszlignahmen zur Personal-entwicklung genannt die teilweise auf individuellen teilweise auf traumlger-spezifischen Entwicklungskonzepten beruhen So gibt es in einer Einrich-tung zu Jahresbeginn sogenannte bdquoStartgespraumlcheldquo zwischen Leitung und Mitarbeiterinnen in denen Bedarfe und Probleme thematisiert werden koumlnnen oder es gibt Zielvereinbarungs- bzw Mitarbeitergespraumlche Allge-mein wird von ausreichenden Fortbildungsmoumlglichkeiten fuumlr das Team be-richtet Sie reichen von traumlgerinternen Schulungsangeboten zwischen einem und drei Tagen oder regelmaumlszligig stattfindenden Qualitaumltszirkeln zum intensi-

Hauptweichen fuumlr die Teamentwicklung (Lange 2015)

Eine gemeinsam entwickelte Team-Matrix gibt den Team-Mitglie-dern Orientierung uumlber Ziele Aufgaben Rollen und Positionen so-wie Verfahrens- und Verhaltensregeln Sie stellt die Grundlage fuumlr die Identifikation mit der Kindertageseinrichtung dar und gilt als eine der Hauptvoraussetzungen fuumlr die Bildung einer bdquolernenden Organisationldquo wenn die Mitarbeiterinnen bereit sind voneinander zu lernen und sich zu veraumlndern

Der Einsatz zielfuumlhrender Arbeitstechniken stellt neben ausrei-chenden Zeitressourcen und einschlaumlgigem Methodenwissen einen wesentlichen Eckpfeiler dar ndash um an Haltungen und fachlichen Kompetenzen im Team zu ar-

beiten und ndash um eine wertschaumltzende und belastbare Teamkultur aufzubauen

in der die Anspruumlche an Psychohygiene und psychischer Entlas-tung der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ven fachlichen Austausch uumlber Teamqualifikationen z T mit externen Refe-rentinnen bis hin zu einem dreitaumlgigen Einarbeitungsworkshop fuumlr neue Mitarbeiterinnen welcher der traumlgerspezifischen konzeptionellen und be-trieblichen Einweisung dient Wie bereits dargestellt (vgl Abschnitt 421) gehoumlrt die Unterstuumltzung der Teamentwicklung durch den Traumlger mit zu sei-nem Aufgabenprofil (vgl Oberhuemer 2003 61) Leitungskraumlfte bestaumltigen dies teilweise in den im Projekt KONTI durchgefuumlhrten Interviews Neben der Bereitstellung von Zeitressourcen berichten einige von ndash unterschiedlichen Formen von traumlgerinternen und -spezifischen Leitungs-

qualifikationen im Umfang mehrerer Tage oder in Form von Schulungs-reihen mit verschiedenen Modulen bzw Bausteinen

ndash Angeboten zur berufsbegleitenden Qualifikation fuumlr die Leitungstaumltig-keit in Form von Studium oder Weiterbildungen

ndash Teamentwicklungstagen und -workshops mit externer oder traumlgerinter-nen Moderation zur intensiven Auseinandersetzung mit Strukturen Rol-len- und Aufgabenverteilungen

ndash Patenschaften durch andere Leitungskraumlfte zur kollegialen Unterstuumlt-zung und Reflexion der Prozesse

ndash regelmaumlszligig bzw bei Bedarf stattfindender Supervision undoder Coaching fuumlr Leitungskraumlfte oder auch fuumlr ganze Teams

ndash Unterstuumltzung der Teams durch externe Moderation bei Konflikten

423 Monitoring der Mitarbeiterzufriedenheit

Ein funktionsfaumlhiges Beschwerdemanagement Mitarbeitergespraumlche und Mit arbeiterbefragungen gehoumlren zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten einer mitarbeiterorientierten Personalfuumlhrung Regelmaumlszligige Personalgespraumlche gibt es nach den Befragungen im Projekt KONTI bei den meisten Kita-Traumlgern Dabei ist mehrheitlich die Einrichtungsleitung fuumlr die Durchfuumlhrung zustaumlndig Gespraumlche mit der Leitung selbst erfolgen in der Regel durch Traumlgervertreterinnen wie z B die Fachberatungen oder die Personalverantwortlichen Zum Teil werden einheitliche Leitfaumlden zugrun-de gelegt Eine systematische Dokumentation der Ergebnisse konkrete Ziel-vereinbarungen auf der Grundlage der Gespraumlche oder eine uumlbergreifende Auswertung auf der Ebene des Traumlgers finden sich jedoch nur selten Neben solchen individuellen Mitarbeitergespraumlchen bietet sich die Nutzung von Beschaumlftigtenbefragungen an denn

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bdquoEine wesentliche Voraussetzung gelungener Organisations- und Personalentwicklung (in Kindertageseinrichtungen) ist es zielge-richtet und passgenau zu handeln ndash also eine konkrete Zielsetzung zu formulieren vor dem Hintergrund eines moumlglichst genauen und aktuellen Bildes der Erfordernisse und Bedarfe einer Organisation und des Personals Der erste Schritt im Prozess ist demnach eine Untersuchung des Ist-Zustandes z B des Gesundheitsstatus der Beschaumlftigten der Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden Eltern und Kindernldquo (Franz 2015a)

Vor diesem Hintergrund erweisen sich Kombinationen von Beschaumlftigten- und Elternbefragungen als sinnvolle Instrumente Beachtet werden muss da-bei dass Befragungen nicht allein aus Selbstzweck erfolgen Vielmehr muss mit den Ergebnissen gearbeitet werden Dazu gehoumlrt zum einen dass sie in den Teams kommuniziert werden wobei identifizierte Probleme diskutiert und zum Ausgangspunkt fuumlr die Erarbeitung von Loumlsungsvorschlaumlgen ge-nommen werden Zum anderen muss sich die Fuumlhrungsebene mit den Er-gebnissen auseinandersetzen und Schlussfolgerungen im Sinne der Planung von geeigneten Maszlignahmen daraus ziehen Werden Befragungen regelmaumlszligig wiederholt koumlnnen Veraumlnderungen im Zeitverlauf gemessen und damit auch der Erfolg der eingesetzten Maszlignahmen evaluiert werden (vgl Franz 2015a) Letztlich sind die Befragungen nur so gut wie ihre Einbindung in ei-nen Planungs- Entwicklungs- und Umsetzungsprozess An einer solchen sys-tematischen ndash vollstaumlndigen wie einrichtungsuumlbergreifenden ndash Analyse und zielorientierten Interpretation der Ergebnisse fehlt es haumlufig in der Praxis auch wenn Mitarbeiterbefragungen inzwischen von einer Reihe von Traumlgern eingesetzt werden Das Verfahren eines solchen Monitorings als eine Kom-bination von Fragen an Beschaumlftigte einerseits und an Eltern andererseits wird nachfolgend am Beispiel eines kommunalen Traumlgers vorgestellt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Monitoring in Kindertageseinrichtungen bei GeKita (BornJonassohn 2015)

GeKita (wwwgekitade) ist der Traumlger der staumldtischen Kindertages-einrichtungen in Gelsenkirchen Gemeinsam mit KCR (Konkret Consult Ruhr wwwkcr-netde) wurden 2013 und 2015 Beschaumlftig-ten- und Elternbefragungen in allen 65 Kitas durchgefuumlhrt Der Fra-gebogen wurde in einem eigens dafuumlr gebildeten Steuerungskreis (Abteilungsleitungen Kita-Leitungen Fachberatungen Mitarbeiterinnen Personalrat) entwickelt Die Befragungskonzeption wurde in einer Leitungskonferenz vorgestellt um die Kita-Leitungen als Multi-plikatorinnen zu gewinnen die dazu beitragen sollten Mitarbeiterinnen und Eltern fuumlr die Teilnahme an der Befragung zu motivieren Die Gesamtergebnisse der Befragungen wurden in Leitungskonferen-zen vorgestellt und im Steuerungskreis diskutiert Zusaumltzlich erhielt jede Leitung die Ergebnisse fuumlr ihre Einrichtung um sie in ihrem Team vorzustellen In kritischen Faumlllen gab es Gespraumlche mit der Fachberatung und Zielvereinbarungen uumlber Verbesserungsmoumlglich-keiten

Die Beschaumlftigtenbefragungen enthielten Fragen zur Mitarbeiter-zufriedenheit und zu Themen wie beispielsweise Fuumlhrung Informa-tion Mitarbeiterorientierung Organisation Team Fortbildung Ar-beitssituation und Work Life Balance In der Elternbefragung wurde die Kundenzufriedenheit abgefragt verbunden mit Bewertungsfra-gen zur Qualitaumlt der paumldagogischen Arbeit der Oumlffnungszeiten und der Atmosphaumlre in der Kita Auf diese Weise konnten sowohl (anony-misierte) Rankings der Einrichtungen im Hinblick auf die Mitarbei-ter- und die Elternzufriedenheit erstellt als auch Einrichtungen mit kritischen Ergebnissen identifiziert werden Des Weiteren konnte der Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Zufriedenheit in und mit allen Kindertageseinrichtungen des Traumlgers ermittelt werden Bei den Beschaumlftigten zeigte sich beispielsweise dass es das Team ist das den groumlszligten Einfluss auf die Zufriedenheit hat Daruumlber hinaus wurden die Ergebnisse der Jahre 2013 und 2015 miteinander verglichen Da-bei stellte sich heraus dass es insgesamt sowohl bei den Ergebnissen der Beschaumlftigten- als auch bei denen der Elternbefragung Verbesse-rungen erzielt worden sind und dass in denjenigen Einrichtungen in denen die Werte in der Erstbefragung problematisch gewesen waren

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

424 Gesundheitsmanagement

Wenn bereits juumlngere Beschaumlftigte haumlufig uumlber gesundheitliche Probleme be-richten und viele die Befuumlrchtung haben die Arbeit nicht bis zum Rentenal-ter schaffen zu koumlnnen besteht hier offenkundiger Handlungsbedarf Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlr-derung sind darum aus der Sicht der Personalverantwortlichen der Kita-Trauml-ger inzwischen zu wichtigen Handlungsfeldern geworden denen man in der naumlchsten Zeit noch mehr Aufmerksamkeit widmen moumlchte und im Kontext der Personalfuumlhrung eine wachsende Bedeutung zumisst Bislang allerdings ist ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement fuumlr Kindertages-einrichtungen noch nicht sehr weit verbreitet In der STEGE-Studie werden die diesbezuumlglichen Ergebnisse im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen folgen-dermaszligen zusammengefasst

auf der Grundlage der Gespraumlche und Zielvereinbarungen Veraumlnde-rungen zum Positiven erzielt werden konnten

Von Interesse war auch der Vergleich zwischen den Beschaumlftigten- und den Elternbefragungen Insgesamt wurde ein Zusammenhang zwischen Beschaumlftigten- und Elternzufriedenheit festgestellt So be-fanden sich 2015 unter den zwoumllf Einrichtungen mit der houmlchsten Mitarbeiterzufriedenheit auch sechs mit der houmlchsten Elternzufrie-denheit umkehrt gehoumlrten von den zwoumllf Einrichtungen mit der ge-ringsten Mitarbeiterzufriedenheit auch fuumlnf zur Schlussgruppe in der Elternzufriedenheit Es gab jedoch auch Abweichungen in beide Richtungen wobei eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei geringer Elternzufriedenheit haumlufiger vorkam als umgekehrt Wenn die Mit-arbeiterzufriedenheit deutlich houmlher ist als die Elternzufriedenheit so kann dies darauf hindeuten dass die Beschaumlftigten Wege gefunden haben sich selbst zu entlasten aber die Beduumlrfnisse der Familien nicht hinreichend wahrnehmen der umgekehrte Fall koumlnnte ein In-diz dafuumlr sein dass das Team sich zu sehr unter Druck setzt Hohe Differenzen zwischen Mitarbeiter- und Elternzufriedenheit waren so-mit Anlass fuumlr Diskussionen in und mit den Teams

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

bdquoKonkrete Interventionen zum BGM werden sehr selten in den Ein-richtungen angeboten Workshops zu Zeitmanagement werden in 198 Prozent der Einrichtungen mit oumlffentlicher und 134 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft angeboten Ruumlckenschule oder Ruumlckentraining in 189 Prozent der oumlffentlichen und 43 Pro-zent der freien Einrichtungen und WorkshopsKurse zu Entspan-nungstechniken wie bspw Yoga Autogenes Training oder Progres-sive Muskelentspannung in 169 Prozent der Einrichtungen in oumlf-fentlicher und 50 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft Betriebsaumlrztliche Untersuchungen fuumlr ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten 327 Prozent der freien und 356 Prozent der oumlf-fentlichen Einrichtungen an Impfungen finden in 399 Prozent der freien und 520 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen statt Die Methode der Gesundheitszirkel wenden 288 Prozent der freien und 325 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen anldquo (ViernickelVoss 2013 77)

Im Sommer 2015 wurde auf Bundesebene das sogenannte Praumlventionsgesetz (Gesetz zur Staumlrkung der Gesundheitsfoumlrderung und der Praumlvention vom 15072015)17 beschlossen das zur Verwirklichung einer bdquoerweiterten Praumlven-tionskulturldquo (Richter 2015 7) beitragen und neben anderen Praumlventionsmaszlig-nahmen nicht zuletzt die Gesundheitsfoumlrderung im Betrieb verbessern soll Zur Gesundheitsfoumlrderung gehoumlrt neben der Arbeitsergonomie und dem Arbeitsschutz auch die Praumlvention um gesundheitlichen Belastungen und Gefaumlhrdungen am Arbeitsplatz nicht nur entgegenzuwirken sondern auch vorzubeugen Letztere beinhaltet eine Vielfalt von Maszlignahmen Vorsorge-untersuchungen Beratungsangebote Betriebssport und die Foumlrderung in-dividueller Aktivitaumlten der Mitarbeiterinnen (vgl BrandenburgDomschke 2007 190 ff) Entscheidend ist dass die Gesundheitsfoumlrderung nicht erst bei aumllteren Beschaumlftigten einsetzt sondern zum betrieblichen Alltag gehoumlrt

bdquoJe gesundheitsgerechter die Arbeit gestaltet ist desto leichter kann ein Mitarbeiter seine Taumltigkeit ausuumlben Lern- und gesundheitsfoumlr-derliche Arbeitsgestaltung ist alternsgerechte Arbeitsgestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 178)

17 wwwbmgbunddeministeriummeldungen2015praeventionsgesetzhtml (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Dabei geht es sowohl um bdquoVerhaltenspraumlventionldquo also um die Staumlrkung ei-nes gesundheitsfoumlrdernden Verhaltens der Individuen als auch um eine bdquoVerhaumlltnispraumlventionldquo also um eine gesundheitsfoumlrdernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen (vgl FalkensteinGajewski 2015)

Bei vielen Traumlgern wird gerade hier eine Weiterentwicklung angestrebt Dabei geht es sowohl um Verhaumlltnis- als auch um Verhaltenspraumlvention Im Hinblick auf die Verhaumlltnispraumlvention sind verschiedene Themenfelder rele-vant von denen einige an anderer Stelle angesprochen werden ndash dies gilt bei-spielsweise fuumlr die Ermoumlglichung von gesundheitsorientierten Berufswege-korridoren (vgl Abschnitt 413) und fuumlr den Umgang mit Zeitressourcen (vgl Abschnitt 432) Dieser Hinweis zeigt dass ein betriebliches Gesund-heitsmanagement letztlich eine Querschnittsaufgabe darstellt bei der unter-schiedliche Handlungsfelder unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit beruumlcksichtigt werden muumlssen In der STEGE-Studie wird dies-bezuumlglich zwischen vier Ebenen unterschieden Handlungsbedarf und Hand-lungsoptionen bestehen im Hinblick auf die Rahmenbedingungen (Politik und Gesellschaft) bei dem jeweiligen Traumlger der Kita-Leitung und der Fach-kraft selbst (ViernickelVoss 2013 180)

Ein zentraler Aspekt in diesem Kontext ist eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung die in der Praxis uumlber Investitionen in ergonomisches Mobiliar (Erzieher-StuumlhleWickeltische mit Aufstiegen) und in den Laumlrm-schutz angegangen wird Einige Befragte berichten in der KONTI-Traumlger-befragung dass sie gerade hier nach Loumlsungsmoumlglichkeiten suchen Beide Bereiche finden durch Neubauten und Sanierungen vor allem beim (U3-)Ausbau Beruumlcksichtigung bdquowenn ruumlckenschonende Maszlignahmen in den Ein-richtungen baulich initiiert werdenldquo Der Aus- und Umbau der letzten Jahre hat darum gerade hier einiges moumlglich gemacht und der Zustand dieser Ein-richtungen hat sich durch diese Investitionen deutlich verbessert gerade auch fuumlr die Mitarbeiterinnen Trotzdem wird mehrfach darauf hingewie-sen dass solche Maszlignahmen einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und die Finanzierung oft schwierig sei Gleichzeitig wird festgestellt dass diese Maszlignahmen wirken jedoch im Altbestand der Gebaumlude haumlufig nicht umgesetzt werden koumlnnen

Ein weiteres wichtiges Thema ist Bewegung zur Praumlvention bzw Linde-rung von Ruumlckenbeschwerden Hier bietet eine Reihe von Traumlgern ndash groszlige wie kleine ndash unterschiedlichste Angebote im Sport- und Therapiebereich wie z B Mitgliedschaften oder Trainingszeiten im FitnessstudioSportver-ein gymnastische UumlbungenRuumlckenschule PhysiotherapieMassage Lauf-treff oder Fahrradtour

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Genannt werden daruumlber hinaus Themen wie Desinfektion Hygiene und Infektionsschutz (insbesondere fuumlr juumlngere Mitarbeiterinnen) und die Aus-gestaltung der Wiedereingliederung nach laumlngeren Erkrankungen (insbeson-dere bei aumllteren Mitarbeiterinnen) Zum Themenspektrum gehoumlren dane-ben (psychische) Belastungen und Belastungssituationen durch die Arbeit oder die Arbeitszeiten in den Einrichtungen Wiedereingliederungsmaszlig-nahmen und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (individuell und im Team) mit dem Ziel einer angepassten Arbeitsplatzgestaltung der Um-setzung von Entlastungsmaszlignahmen oder der Befreiung von bestimmten Aufgaben werden von einigen Befragten als Instrumente angesehen die sich zunehmend etablieren

Einige Traumlger wuumlnschen sich von ihren Mitarbeiterinnen mehr Selbst-fuumlrsorge und Eigeninitiative ndash bdquoeinen anderen Blick auf sich selbstldquo Nicht nur bdquoeine Kultur der gegenseitigen Offenheitldquo solle zum Thema vorhanden sein sondern die Mitarbeiterinnen sollten auch bdquomehr auf die eigene Ge-sundheit achtenldquo Sie bieten darum Fachtagungen und Fortbildungen zum Thema an auf denen z B auch Uumlbungen gezeigt werden bei einem Traumlger demnaumlchst auch web-basiert und als E-Learning Auch fuumlr Leitungen werden vereinzelt praumlventive Angebote zum (systemischen) Fuumlhren zum Zeit- und Stressmanagement und zur Supervision gemacht unter dem Blickwinkel dass gerade das Fuumlhren von Teams und Einrichtungen eine besonders an-spruchsvolle Taumltigkeit ist die zu besonderen Belastungen fuumlhren kann Re-gelmaumlszligige Betriebsarztbesuche werden ebenfalls haumlufiger als Angebote ge-nannt aber von einigen Mitarbeiterinnen als nutzlos bewertet

Ein weiterer groszliger Traumlger hat eine Mitarbeiterbefragung zu gesund-heitlichen Fragen durchgefuumlhrt mit dem Ergebnis dass er nun seine Beschaumlf-tigten im individuellen Umgang mit festgestellten Belastungen unterstuumlt - zen will und sie zu einer gesundheitsfoumlrderlichen Haltung anregen moumlchte Ziel ist es dabei zu einem bewussten Umgang mit Arbeitsbelastungen und -anforderungen und damit auch zur Mitarbeiterzufriedenheit beizutragen

Die institutionelle Verankerung des Themas Gesundheit erfolgt bei den Traumlgern in eigens dafuumlr eingerichteten Arbeitsgruppen Gesundheitszirkeln oder Work-Life-Gruppen in der Personalabteilung einer Fachstelle einer AG Personal oder der Betriebs- bzw Personalversammlung Zwei der befrag-ten Traumlger verfuumlgen uumlber ein betriebliches Gesundheitsmanagement bei ei-nem weiteren besuchen zwei Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildun-gen Ein Traumlger weist darauf hin dass er in Zukunft Personal in Form einer Fachkraft fuumlr Gesundheitsschutz einbringen wird Haumlufig erfolgt die Aus-einandersetzung mit dem Thema projektfoumlrmig haumlufiger dabei auch in Ko-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

operation mit Dritten wie Gesundheitsamt Krankenkassen Gewerkschaften oder Universitaumlten

Betrachtet man die Ergebnisse der Beschaumlftigteninterviews (vgl Ab-schnitt 321) bei denen bei den befragten Erzieherinnen einerseits eine sehr hohe persoumlnliche Motivation und Identifikation mit ihrer Arbeit fest-gestellt wurde die allerdings andererseits mit einem wenig professionellen Selbstbild ihres Berufs verbunden sind so wird deutlich dass insbesonde- re stressreduzierende Maszlignahmen von zentraler Bedeutung sind Neben den wachsenden Anforderungen im Arbeitsfeld und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung ergibt sich offensichtlich zusaumltzlich ein Uumlberforderungs-potenzial das in der eigenen Haltung der Beschaumlftigten gegenuumlber ihrem eigenen z T persoumlnlich unzureichend definierten Leistungsvorstellungen als Erzieherin begruumlndet ist Bezogen auf die Verhaltenspraumlvention geht es darum vor allem um den individuellen Umgang der einzelnen Beschaumlftigten mit Stresssituationen Beide Aspekte haumlngen eng miteinander zusammen

bdquoArbeit ist gesundheitsfoumlrderlich wenn sie die Arbeitenden befaumlhigt und ermaumlchtigt in ihrer Bewaumlltigung der Anforderungen der Ar-beitswelt eine Balance zwischen den eigenen Moumlglichkeiten und Zielvorstellungen und ihren Arbeitsbedingungen herzustellenldquo (Richter 2015 8 vgl auch Beck 2011 15 ff)

Ein Beispiel fuumlr die Weiterentwicklung von Verhaltenspraumlvention das diese Herausforderungen aufgreift stellt der Ansatz eines haltungs- und gesund-heitsorientierten Qualitaumltsmanagements (HGQM)18 dar (vgl Esch 2015ab) Das HGQM legt seinen Fokus auf die kontinuierliche Reflexion der eigenen inneren Haltung der Beteiligten d h der Mitarbeiterinnen ebenso wie der Fuumlhrungskraumlfte und geht davon aus dass die Uumlbereinstimmung des taumlgli-chen Handelns mit der inneren Haltung und den persoumlnlichen Werten von hoher Bedeutung dafuumlr ist inwieweit Beanspruchungen ndash negativ ndash als Be-lastungen empfunden werden (vgl Kapitel 1) und wie sie sich somit auf die fuumlr die psychosoziale Gesundheit auswirken Der psychosozialen Gesundheit der Mitarbeiterinnen wiederum wird ein wesentlicher Einfluss auf die Pro-zessqualitaumlt zugeschrieben Fuumlr ein gelingendes Qualitaumltsmanagement ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig dass sich die Mitwirkenden immer wieder ihrer eigenen inneren Haltung insbesondere zu fach- und gesell-

18 httpwwwhg-qmde (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schaftspolitisch zentralen Themen der Kita-Arbeit bewusst werden Das HGQM konzipiert daher ein mehrstufiges Verfahren das in einem auf etwa drei Jahre angelegten Zyklus verschiedene Elemente kombiniert Mitarbei-ter- und Elternbefragungen bilden die Basis zur Informationsgewinnung ein spezielles Coaching uumlber alle Hierarchieebenen hinweg zielt auf die Reflexi-on von Arbeitssituationen und der inneren Haltung Qualitaumltszirkel der Ein-richtungsleitungen dienen dem Austausch und dem gemeinsamen Lernen in Teamtagen wird in den einzelnen Einrichtungen mit den Befragungser-gebnissen gearbeitet bei jaumlhrlichen Strategietagen erfolgt die Weiterentwick-lung des Verfahrens auf der Fuumlhrungsebene des Traumlgers Ein Beispiel fuumlr die Umsetzung dieses Ansatzes fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung ist das Projekt bdquoGesund arbeitenldquo (GesA) des Kita-Zweckverbands Essen

Das Projekt Gesund arbeiten (bdquoGesA bdquo) im KiTa Zweckverband Essen19

Der KiTa Zweckverband im Bistum Essen fuumlhrte 201314 das Projekt GesA (Gesund Arbeiten) im Rahmen der Initiative bdquoGleichstellung von Frauen in der Wirtschaftldquo des Bundesministeriums fuumlr Arbeit und Soziales durch Das Projekt basierte auf dem Ansatz des gesund-heits- und haltungsorientierten Qualitaumltsmanagements Ziel war die Realisierung einer individuellen Gesundheitsfoumlrderung angeleitet durch die Fragestellung bdquoWie kann es vor dem Hintergrund stei-gender Anforderungen und Belastungen gelingen gute Arbeit zu machen und gesund zu bleibenldquo Es ging also darum durch eine bdquoHaltungspraumlventionldquo die Resilienz der paumldagogischen Fachkraumlfte zu staumlrken und damit Belastungen bdquoabzupuffernldquo Das Projekt enthielt vier Elemente (Newsletter 12013 und 22013)20

1 SchriftlicheBefragung allerMitarbeiterinnen Bei der schriftlichen Befragung ging es um die Erhebung der Ausgangssituation in Form einer Arbeits-Belastungs-Ressourcen-Analyse Mit einem an-onymen Fragebogen wurden die Beschaumlftigten um Auskunft bei-spielsweise uumlber Gesundheit und Erholung Arbeitszeitregelun-

19 httpwwwkita-zweckverband-gesade (Abruf am 18042016)20 httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684352pdf und httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684198pdf (Abruf am 18042016)

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gen sowie Kommunikation und soziale Unterstuumltzung gebeten Bei 2835 Frageboumlgen wurde eine Ruumlcklaufquote von 49 Prozent realisiert Aus der Befragung wurden gleichzeitig Anregungen fuumlr konkrete Maszlignahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entnommen

2 Entwicklung und Durchfuumlhrung eines Fortbildungsprogramms Ein auf den Befragungsergebnissen und dem Haltungsansatz basierendes Fortbildungsprogramm (bdquoGesA-Gesundheitszirkelldquo) wurde entwi-ckelt und umgesetzt Dabei ging es beispielsweise um Themen wie Stressmanagement sowie Krisen- und Konfliktmanagement Im ersten Modul stand die Schaumlrfung des professionellen Selbstbilds im Mittelpunkt bdquoDabei ging es u a um das Entdecken der eigenen Wertehierarchie und den Umgang mit Veraumlnderungen Durch die systematische Reflexion der eigenen Haltung und der damit ver-bundenen ndash vielleicht bisher nicht wahrgenommenen ndash Ressour-cen konnten die Teilnehmerinnen zielgerichtet an der positiven Entwicklung ihres Selbstbilds arbeitenldquo (Newsletter 22013 1) Um moumlglichst vielen Beschaumlftigten die Gelegenheit zur Teilnah-me an den Fortbildungen zu geben und um das Projekt uumlber die Laufzeit hinaus weiterfuumlhren zu koumlnnen wurden einige Mitar-beiterinnen und Leitungskraumlfte als Multiplikatorinnen fuumlr die Durchfuumlhrung von Gesundheitszirkeln qualifiziert

3 E-Learning-Plattform als Ergaumlnzung zum Fortbildungsprogramm Mit-hilfe einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte des Fortbil-dungsprogramms nachhaltig fuumlr alle Beschaumlftigten nutzbar ge-macht Auch diejenigen die nicht am Fortbildungsprogramm teilgenommen haben koumlnnen auf diese Weise das darin vermittel-te Wissen erwerben

4 Evaluation des Projekts In der zweiten Haumllfte des Jahres wurde eine Nachbefragung durchgefuumlhrt die einen Vergleich mit den Ergeb-nissen der Erstbefragung ermoumlglichte Dabei wurde die Entwick-lung des Belastungsempfindens von Beschaumlftigten die am Fortbil-dungsprogramm teilgenommen hatten mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmenden verglichen Diese Evaluation zeigte deutliche Effekte So war beispielsweise bei den Teilnehmerinnen der Anteil derjenigen die angaben dass es ihnen oft schwerfaumlllt nach der Arbeit abzuschalten deutlich gesunken (Franz 2015b)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Fasst man die verschiedenen Aspekte eines Gesundheitsmanagements fuumlr die Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen zusammen so lassen sich drei zentrale Ebenen fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung identifizie-ren ndash Bei der materiellen Ausstattung der Einrichtungen sind vor allem Fragen

des Laumlrmschutzes und ein ergonomisches Mobiliar von Bedeutung ndash Aufgrund der koumlrperlichen Belastungen besteht ein Bedarf an Praumlventi-

onsangeboten Dazu gehoumlren sowohl Maszlignahmen die in den betriebli-chen Ablauf integriert werden (wie beispielsweise Besuche von Physio-therapeutinnen in der Einrichtung) als auch die Foumlrderung privater Ei-geninitiative der Beschaumlftigten (wie die Unterstuumltzung der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio)

ndash Fuumlr die Reduzierung von Stress bewaumlhren sich Fortbildungsangebote die auf die Staumlrkung von Resilienz setzen Die Arbeit an der eigenen Haltung bietet hier erhebliche Potenziale

Gesundheitsfoumlrderung in diesem Sinne darf allerdings nicht als Ersatz fuumlr eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verstanden werden ndash etwa nach dem Motto bdquoWenn die Beschaumlftigten lernen mit Belastungen besser umzu-gehen muumlssen die Belastungen nicht mehr reduziert werdenldquo Michael Nie-haus (2015) spricht in diesem Kontext von bdquoorganisationaler Beschaumlftigungs-faumlhigkeitldquo die er folgendermaszligen definiert

bdquoOrganisationale Beschaumlftigungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit einer Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten dass die Wertschoumlp-fungsprozesse mit den verfuumlgbaren Potenzialen der Beschaumlftigten realisiert werden und damit die Existenz der Organisation gesichert wirdldquo (Niehaus 2015 51)

Gesundheitsfoumlrderung im Sinne einer solchen gleichermaszligen organisationa-len wie individuellen Beschaumlftigungsfaumlhigkeit stellt eine Fuumlhrungsaufgabe dar und muss somit als ein integraler Bestandteil einer insgesamt auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Personalwirtschaft verstanden werden

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43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Eine nachhaltige Personalpolitik die auf Personalbindung und damit auf eine dauerhafte Beschaumlftigung von Mitarbeiterinnen setzt muss sich letzt-lich auch an den persoumlnlichen Potenzialen der Beschaumlftigten in deren Lebens-verlauf ausrichten Uumlbergeordnetes Ziel einer solchen personalpolitischen Strategie ist die Foumlrderung einer Work-Life-Balance fuumlr Beschaumlftigte die ne-ben ihrem Beruf familiaumlre Verpflichtungen zu bewaumlltigen haben In diesem Feld typischerweise eingesetzte Instrumente betreffen zum einen Arbeits-zeitkonzepte und zwar sowohl zur Gestaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten (Abschnitt 431) als auch zum Zeitmanagement im Rahmen der Personaleinsatzplanung und Dienstplangestaltung (Abschnitt 432) Zum anderen geht es um die Unterstuumltzung der Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Familienaufgaben (Abschnitt 433)

431 Teilzeitarbeit und Teilzeitkonzepte

Work-Life-Balance bedeutet bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen heute zunaumlchst und nahezu selbstverstaumlndlich das Angebot zur Stundenre-duktion Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita ist darum ndash wie in vielen anderen Branchen auch ndash ein weit verbreitetes personalwirtschaftliches Instrument (vgl im Folgenden Micheel 2015) Nicht nur beim Ausmaszlig der Teilzeitar-beit sondern gerade auch bei der Haltung der Personalverantwortlichen und Leitungskraumlfte gegenuumlber diesem Instrument zeigten sich im Projekt aller-dings starke regionale Unterschiede die sich mit den verschiedenen Beweg-gruumlndungen fuumlr seinen Einsatz und den damit verbundenen spezifischen Gestaltungsmerkmalen erklaumlren lassen

In den westlichen Bundeslaumlndern wird in der Traumlgerbefragung auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (2011) hingewiesen die zu befolgen sind und deren Ziel es ist die bdquoTeilzeitarbeit zu foumlrdern die Voraus-setzungen fuumlr die Zulaumlssigkeit befristeter Arbeitsvertraumlge festzulegen und die Diskriminierung teilzeitbeschaumlftigten und befristet beschaumlftigten Arbeit-nehmern zu verhindernldquo (vgl BMAS 2011) Nicht zuletzt aufgrund die - ses Rechtsanspruchs hat Teilzeitbeschaumlftigung bei den befragten Traumlgern im Westen vor allem die Funktion erhalten die Work-Life-Balance von Mitar-beiterinnen mit Familienpflichten zu erleichtern

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dabei meistens im persoumlnlichen Ge-spraumlch zwischen dem Traumlger (z T in Kooperation mit der Einrichtungslei-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

tung) und der jeweiligen Mitarbeiterindem jeweiligen Mitarbeiter bei dem der individuelle Wochenstundenumfang und die Arbeitswoche vereinbart werden Die vielfach einzige Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) entspricht dabei dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen mit eigenen Kindern nach einer Halbtags-stelle Bestandteil des Gespraumlchsergebnisses ist daneben haumlufig die Zusage des Arbeitgebers zur Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange der Mit-arbeiterindes Mitarbeiters insbesondere bei der Festlegung der konkreten Arbeitszeiten im Dienstplan Teilzeit-Beschaumlftigung ist damit bei der Mehr-heit der befragten Traumlger in den westlichen Bundeslaumlndern das Ergebnis ei-nes individuellen Aushandlungsprozesses und ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und Personalbindung geworden

Grundsaumltzlich sind die im KONTI-Projekt befragten in Teilzeit arbei-tenden Erzieherinnen in den meisten Faumlllen mit ihrer Arbeits(zeit)situation zufrieden wird die Stundenreduktion doch immer auch als persoumlnliche Ent-lastung im Berufsalltag empfunden Verlaumlssliche Arbeitszeiten und ein ge-wisses Maszlig an Flexibilitaumlt ndash Rahmenbedingungen die ihnen in der Ein-richtung meistenteils gewaumlhrt werden ndash tragen sehr zur Zufriedenheit bei Unzufriedenheit oder sogar Konflikte entstehen allerdings wenn die Verein-barkeit von Beruf und Familie mit der Leitung nicht geklaumlrt werden kann

Dennoch herrscht im Westen oft der Eindruck vor dass Teilzeitbeschaumlf-tigung fuumlr Kinderbetreuungsbetrieb und Arbeitgeber als Belastung wahr-genommen wird Die angewachsene Zahl an klassischen Halbtagsstellen in der Kita mit festen Arbeitszeiten moumlglichst nur am Vormittag ist hier aus der Sicht von Leitungen und Personalverantwortlichen mit einer Reihe von Problemen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb behaftet und wird darum uumlber-wiegend kritisch gesehen Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlh-ren nach Meinung vieler Personalverantwortlicher zu viele Teilzeitkraumlfte (auf Vormittagsstellen) in einer Einrichtung zu Problemen Aufgrund der eige-nen Familiensituation der Mitarbeiterinnen koumlnnen diese beispielsweise nicht alle Dienste im Schichtbetrieb uumlbernehmen die Dienstplangestaltung wird komplizierter Wenn es viele Teilzeit-Kolleginnen in einem Team gibt wird dies haumlufig von den Vollzeitkraumlften als zusaumltzliche Belastung wahrge-nommen Bei den Teilzeitlerinnen selbst fuumlhrt die Stundenreduktion ndash trotz hoher Motivation ndash oft zu Umgewoumlhnungsschwierigkeiten Das Gefuumlhl dass man nicht mehr alles schafft wird als Druck Stress und Uumlberforderung empfunden Nur selten ist fuumlr die befragten Teilzeitkraumlfte eine Verringerung des Arbeitspensums oder eine Reduzierung des Aufgabenspektrums verein-bart worden Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur

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seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Mit der kuumlrzeren Praumlsenzzeit in der Kita fehlt Zeit fuumlr die noumltigen Absprachen und den erforderlichen Austausch aber auch fuumlr die umfassende Begleitung der Entwicklungsprozesse der Kin-der und fuumlr Elterngespraumlche Oft fuumlhlen sie sich deshalb nicht mehr als voll-wertiges Teammitglied nicht zuletzt auch wegen der eingeschraumlnkten Parti-zipationsmoumlglichkeiten Um die Funktionsfaumlhigkeit der Teams fuumlr alle Betei-ligten zu sichern ist es darum wichtig Kommunikationsstrukturen fuumlr die Teams durch entsprechende zeitliche Ressourcen zu schaffen und Regelun-gen zu finden die sowohl den Belangen der einzelnen Mitarbeiterinnen als auch des Gesamtteams gerecht werden Daruumlber hinaus bedarf es Regelun-gen des Traumlgers die Moumlglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit definie-ren und hier konkrete Vorgaben zur Orientierung geben

Bei den am Projekt beteiligten Traumlgern in Thuumlringen wird Teilzeitarbeit in der Kindertageseinrichtung nach den Befragungsergebnissen zu urteilen anders bewertet Hier ist sie weitgehend etabliert und wird akzeptiert wurde das Instrument der Arbeitszeitreduktion doch in den 1990er Jahren zunaumlchst eingesetzt um Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden Seither stellt Teilzeitarbeit in diesem Bundesland quasi das Standard-Angebot der Traumlger an ihre Fachkraumlfte in der Kita dar Allerdings handelt es sich dort ganz uumlber-wiegend nicht um die klassische Halbtagsstelle sondern um vollzeitnahe Be-schaumlftigung auf der Basis von Sockelarbeitsvertraumlgen mit 30 oder 32 Wochen-stunden

Aus der Sicht der befragten Personalverantwortlichen dort sind diese Re-gelungen mit vielen Vorteilen fuumlr den Betreuungsbetrieb verbunden Einer-seits verbessert sich die Personalsituation in der Einrichtung weil die Arbeit auf mehr Mitarbeiterinnen verteilt wird auch kurzfristige Personalausfaumllle koumlnnen durch die bessere Besetzung gut aufgefangen werden Daneben er-gibt sich durch den Einsatz des Instruments die Moumlglichkeit auf die unter-jaumlhrigen Schwankungen im Betreuungs- und damit Personalbedarf einer Kindertageseinrichtung zu reagieren Im Sinne einer Flexibilitaumltsreserve koumln-nen sowohl die saisonalen Schwankungen im Betreuungsbedarf (kontinuier-licher Anstieg der betreuten Kinder im Verlauf des Kindergartenjahres bis zum naumlchsten Einschulungstermin) bzw in der Personaldecke (Erkrankun-gen Schwangerschaften Elternzeiten Fortbildungen) ausgeglichen werden Auf der Basis eines zusaumltzlich zum Teilzeitvertrag vereinbarten flexiblen Stundendeputats oder mithilfe einer bdquoAnordnung von Mehrarbeitldquo wird dazu je nach Arbeitsanfall und Personalsituation in der Kita die Wochen-arbeitszeit von Mitarbeiterinnen hoch- und spaumlter wieder zuruumlckgefahren Die Sockelarbeitszeitmodelle fuumlhren somit zu mehr personeller Stabilitaumlt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und Kontinuitaumlt in den Teams und letztlich auch zu mehr Beschaumlftigungs- und Planungssicherheit fuumlr den Traumlger Fuumlr die Beschaumlftigten bieten sie einer-seits den Vorteil dass die als belastend empfundene Personalknappheit bei kurzzeitigem Betreuungsmehrbedarf oder durch unvorhergesehene Perso-nalausfaumllle reduziert wird ohne dass fuumlr diese begrenzten Zeitraumlume neue Mitarbeiterinnen befristet eingestellt und eingearbeitet werden muumlssten Andererseits sind diese Konzepte mit Schwankungen im Einkommen und der persoumlnlich verfuumlgbaren Zeit verbunden

Teilzeitarbeit ist im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch in der Weise zu organisieren dass sie nicht zu einer Diskriminierung der Teil-zeitarbeitenden im Hinblick auf Einsatz- und Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlhrt Mit Blick auf die vor der Familienphase bereits ausgefuumlllten Positionen faumlllt im Rahmen der Ergebnisse der Beschaumlftigtenbefragung insbesondere bei den Erzieherinnen aus Nordrhein-Westfalen auf dass ihre Ruumlckkehr in den Beruf mehrheitlich mit einem Abstieg verbunden war Uumlberwiegend sind sie nun lediglich als Ergaumlnzungs- bzw Zweitkraft beschaumlftigt obwohl sie zuvor min-destens die Gruppenleitungs- manche sogar (stellvertretende) Leitungsfunk-tionen innehatten Dieser Ruumlckschritt erfolgte z T auf eigenen Wunsch weil sie sich aufgrund ihrer familiaumlren Situation den damit verbundenen zeitli-chen Flexibilitaumltserfordernissen nicht gewachsen sahen Grundsaumltzlich ist bei den Teilzeitkraumlften die eigene Kinder zu versorgen haben aber durchaus eine Karriereorientierung (Aufstieg oder Spezialisierung) festzustellen Auf-grund der damit verbundenen Vollzeitarbeit und notwendigen Weiterbil-dung wird jedoch auch diese Perspektive von mehreren zunaumlchst im Interes-se der eigenen Familie zuruumlckgestellt Teilzeitarbeit in der Kita wirkt damit zusaumltzlich zu einem bereits erfolgten Ruumlckschritt beim Wiedereinstieg auch mittel- bis langfristig als Karrierebremse ndash auf nun niedrigerer Position

Vor dem Hintergrund der Projektergebnisse kann Teilzeitarbeit in der Kita gelingen wenn zunaumlchst eine systematische Auseinandersetzung mit ih-ren Wirkungen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb und damit eine umfassen-de Reflexion uumlber den bisherigen Einsatz des Instruments erfolgt bei der die eigenen Praxiserfahrungen zusammengetragen und bewertet werden Auf dieser Basis koumlnnen grundsaumltzliche Entscheidungen zur Gestaltung getroffen werden Dies kann als Aufgabe gezielten Personalmanagements aber auch als Dienstvereinbarung in Kooperation mit Personalraumlten und Mitarbeiter-vertretungen erfolgen (vgl DGB-Bundesvorstand 2014 Buumlntgen 2013) Be-standteile eines solchen Teilzeitkonzepts sind neben Gestaltungsoptionen zunaumlchst auch Ziele und Motive fuumlr seinen Einsatz Letztlich gilt es dem Rechtsanspruch auf Teilzeit gerecht zu werden und dabei die mit dem Instru-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

ment verbundenen Chancen zu nutzen sowie moumlgliche Nachteile zu vermei-den

Grundsaumltzliche Aufgabe eines solchen Personalkonzepts ist es fuumlr einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und gleichzeitig die unterschiedlichen Inter-essen aller Beteiligten in eine Balance zu bringen Dazu gilt es zunaumlchst den erforderlichen Handlungsrahmen aus Sicht des Traumlgers zu definieren und im Interesse der betrieblichen Belange zu begrenzen Dabei ist zu beruumlcksichti-gen dass sich letztlich stets das Beduumlrfnis nach Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt fuumlr Betriebe und Mitarbeiterinnen einerseits und die im betrieblichen und priva-ten Alltag notwendige Flexibilitaumlt andererseits gegenuumlberstehen Weitere zen-trale Elemente eines solchen Konzepts koumlnnen beispielsweise folgende sein ndash Wochenarbeitszeitmodelledefinieren Fuumlr die Verteilung der Arbeitszeit auf

die Wochentage koumlnnen unterschiedliche Modelle angeboten werden die den unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiterinnen entsprechen wie z B Zweieinhalb- Vier-Tage- oder Fuumlnf-Tage-Woche (halbtags) etc Auch kleine Teilzeiten finden sich in der Praxis etwa als Minijobs fuumlr El-ternzeitlerinnen (6ndash8 Stunden) fuumlr gezielte Aufgaben (Springer Vertre-tung individuelle Foumlrderung oder Aumlhnliches)

ndash RegelungenfuumlreinebdquogerechteldquoVerteilungvonTeilzeitstellenuumlberdieEinrich-tungen Verschiedene Formen von Teilzeitarbeit (z B klassische Vormit-tagsstellen) sollten nach nachvollziehbaren Kriterien auf die Einrichtun-gen verteilt sein damit sie mit dem Kinderbetreuungsbetrieb vertraumlglich sind ndash eine Maszlignahme uumlbrigens die bereits haumlufig Anwendung findet z B indem nur begrenzte Anzahlen von klassischen Vormittagsstellen pro Kita oder nur eine Stellenteilung pro Gruppe vorgesehen werden

ndash Flexibilitaumltserwartungen des Traumlgers transparent machen und im Gegenzug Verlaumlsslichkeit und Planbarkeit zusichern Auch Teilzeitkraumlfte identifizieren sich mit dem was sie tun und tun moumlchten um als vollwertiger Mitar-beiterin wahrgenommen zu werden Sie uumlbernehmen gerne bestimmte Aufgaben ndash etwa saisonale Mehrarbeit oder auszligerplanmaumlszligige Arbeiten ndash wenn sie eigenverantwortlich planbar sind und ins persoumlnliche Zeitraster eingepasst werden koumlnnen

ndash Arbeitsplatzbeschreibungen fuumlr die verschiedenen Teilzeitmodelle entwickeln Weniger Bezugskinder und weniger Dokumentationspflichten sind die bislang einzigen uumlblichen Maszlignahmen zur Entlastung von Teilzeitkraumlf-ten Sinnvoller erscheint es anhand einer Arbeitsanfall-Analyse das ge-samte Arbeitspensum in der Kita zu definieren und daraus Arbeitsplatz-beschreibungen unter Beruumlcksichtigung der Teilzeitstellen abzuleiten (vgl Abschnitt 432)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash Partizipation und Austausch durch geeignete Maszlignahmen ermoumlglichen Zeit-liche Ressourcen fuumlr die notwendige Abstimmung im Team koumlnnen z B durch ein Uumlbergabe-Management oder durch mehr Verfuumlgungszeit fuumlr Teilzeitkraumlfte geschaffen werden (vgl LSJV 2005)

ndash BeruflicheFortbildungvonTeilzeitkraumlftenfoumlrdernErwerbstaumltige Muumltter stel-len ihre eigenen beruflichen Interessen oft zugunsten ihrer eigenen Kin-der zuruumlck was mittel- und langfristig mit negativen Folgen fuumlr die eige-ne Motivation die Qualitaumlt und die Identifikation mit der Arbeit (und damit fuumlr den gesamten Betrieb) verbunden sein kann Im Sinne der In-tention von Teilzeitarbeit als Instrument der Personalbindung wirkt die-se Haltung darum eher kontraproduktiv Die Foumlrderung der beruflichen Fortentwicklung fuumlr Teilzeitkraumlfte kann in Form von Fachkarrieren etwa im Sinne einer Spezialisierung oder durch die Entwicklung von Zusatz-kompetenzen erfolgen (vgl Abschnitt 413)

ndash Modelle fuumlr Leitung in Teilzeit entwickeln Weibliche Fuumlhrungskraumlfte ndash in der Wirtschaft insgesamt immer noch wenig verbreitet ndash sind ein beson-deres Kennzeichen von Kitas Zu selten noch wird die Uumlbernahme der Leitungsposition jedoch in Teilzeit gedacht Geeignete Leitungsmodel-le ndash fuumlr groszlige Einrichtungen auch fuumlr die Stellvertreter-Position ndash lassen sich entwickeln z B als Jobsharing-Modelle als vollzeitnahe Varianten oder als Phasen-Modelle (Vollzeitphase uumlber mehrere Monate im Wech-sel mit Teilzeitphasen vgl BMFSFJ 2008 27 ff)Diese grundsaumltzlichen Uumlberlegungen lassen sich am Praxisbeispiel des

Teilzeitkonzeptes des Jugendamtes Duumlsseldorf veranschaulichen

Teilzeitkonzept als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo (Jugendamt Duumlsseldorf 2011a)

Bestandteil eines Konzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo der Stadt Duumlsseldorf ist ein Teilzeitkonzept im Rahmen verschiede-ner Maszlignahmen zur bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo Die bdquoEmpfehlungen zur Teilzeit im Jugendamtldquo verfolgen das Ziel einen ordnenden Rahmen zu schaffen Hiermit soll eine Balance zwischen den betrieblichen Interessen einerseits und andererseits den Wuumln-schen der voll- und teilzeitbeschaumlftigten Mitarbeiterinnen hergestellt werden Die angestrebte Uumlberschaubarkeit wird mithilfe von vier Zeitfenstern (vgl Abbildung 6) und einer Anzahl von organisatori-schen Angaben und Regelungen hergestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mithilfe der Zeitfenster wird einerseits zwischen horizontaler und vertikaler Teilzeit unterschieden Nach Absprachen und unter Be-ruumlcksichtigung betrieblicher Erfordernisse ist eine taumlglich stattfinden-de Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der unterschiedlich vertrag-lich vereinbarten Wochenarbeitszeit in Form von Teilzeit bdquoklassischldquo und bdquopurldquo ebenso moumlglich wie die Umsetzung an einzelnen Wochen-tagen in Form der bdquokurzen Wocheldquo und bdquoTeilzeit plusldquo

Die Moumlglichkeit zur weitgehend individuellen Handhabung und Umsetzung der Zeitfenster fuumlhrt dazu dass ca 80 verschiedene Teil-zeitvarianten umgesetzt werden Zudem erweist sich die bdquokurze Teil-zeitldquo bei der die Wochenarbeitszeit auch unter 10 Stunden liegen kann als sinnvoll da hiermit bestimmte Aufgabenbereiche z B spe-zielle Angebote in der Kita durch Erzieherinnen in der Elternzeit ab-gedeckt werden die ihnen die Moumlglichkeit zur Erwerbsarbeit bieten und sich zudem foumlrderlich auf den Wiedereinstieg auswirken

Abbildung 6

Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell

Quelle Jugendamt Duumlsseldorf 2011a

Kurze Woche19ndash21 Std

3 Tage

24ndash30 Std

3ndash5 Tage

Kurze Teilzeit (fuumlr Mitarbeiterinnen) Spezialaufgaben auch unter 10 Std Wochenarbeitszeit

19ndash21 Std

5 Tage

12ndash15 Std

2ndash3 TageTeilzeit plus

Teilzeit klassisch

Teilzeit pur

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Eine weitere Orientierung und ebenso Verbindlichkeit zum Um-gang mit Teilzeit wird durch unterschiedliche Regelungen erzielt Zu den grundsaumltzlichen Regelungen gehoumlren z B Stellenbeschreibun-gen die Einbindung in die Kommunikationsstruktur der Einrich-tung Service- und Oumlffnungszeiten Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausschlieszligliche Taumltigkeit am Vormittag und die Notwendigkeit zum Vorhandensein der Bereitschaft zu wechselnden Dienstzeiten

Regelungen zu Teilzeit in Leitungsfunktion verweisen auf die grundsaumltzliche Teilbarkeit aller Fuumlhrungspositionen

Abteilungsspezifische Regelungen nehmen zudem Bezug auf die Anforderungen der unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsge-biete Fuumlr die Abteilung Kindertageseinrichtungen beziehen sich die-se z B auf ndash Moumlglichkeit zur Realisierung des Teilzeitwunsches in einer ande-

ren Kita ndash keine Reduzierung des Stundenbudgets der Einrichtung durch

Teilzeit ndash zeitnahe Besetzung von Reststunden die bei der Realisierung

eines Teilzeitwunschs nicht mehr abgedeckt sind ndash maximale Erhoumlhung der Anzahl der Mitarbeiterinnen einer

Gruppe durch eine Person ndash Vorgabe zur Zahl der Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung die

nicht houmlher sein soll als die der Vollzeitkraumlfte ndash Grenzen von Teilzeit z B Ausschluss der Gruppenleitung einer

Familiengruppe mit vielen unter Dreijaumlhrigen ndash Bereitstellung von 05 Stunden woumlchentlich pro geteilter Vollzeit-

stelle zur Durchfuumlhrung von Besprechungen ndash Anleitung von Praktikantinnen nur durch Vollzeitkraumlfte

Nach einer zweijaumlhrigen Pilotphase mit Zustimmung des Personal-rates wurde die Umsetzung des Teilzeitprojektes 2011 entschieden Zur Sensibilisierung der Leitungskraumlfte erfolgte uumlber mehrere Jahre eine Leitungsschulung zur Dienstplangestaltung Eine Clearingstel - le wurde zur Unterstuumltzung und Loumlsung strittiger Faumllle eingerichtet die eingeschaltet werden kann wenn sich keine einvernehmlichen Loumlsungen finden lassen (vgl Jugendamt Duumlsseldorf 2011b)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

432 Zeitmanagement und Dienstplangestaltung

Beim Management und im Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen wird es zunehmend wichtiger Zeitspielraumlume zu finden und die Personal-einsatzplanung so zu gestalten dass Kontinuitaumlt und Verlaumlsslichkeit fuumlr die Bildungsprozesse der Kinder und gleichzeitig ein moumlglichst groszliges Maszlig an Flexibilitaumlt fuumlr die Ablaumlufe in der Einrichtung gewaumlhrleistet werden Im Fol-genden geht es um die Anforderungen an einen Dienstplan der sich bei der Personaleinsatzplanung an den Aufgaben der Kindertageseinrichtung orien-tiert und gleichzeitig Flexibilitaumlt fuumlr die Fachkraumlfte zulaumlsst (vgl im Folgenden Klaudy 2015)

Flexible Arbeitszeitkonzepte wie sie bereits seit laumlngerem in vielen an-deren Branchen erfolgreich praktiziert werden verfolgen grundsaumltzlich das Ziel die individuelle Arbeitszeit von der Betriebszeit abzukoppeln um somit zu einer besseren Auslastung der Zeit- bzw Betriebskapazitaumlten zu gelangen (vgl Olfert 2010 197 ff) Bei Beschaumlftigten tragen sie dazu bei unterschiedli-che Vereinbarkeitsbedarfe die sich im Lebensverlauf ergeben koumlnnen reali-sieren zu koumlnnen und somit uumlber mehr Zeitsouveraumlnitaumlt verfuumlgen zu koumlnnen (vgl Hoffmann 2015 25 f) Den Arbeitgeber kann eine Flexibilisierung da-bei unterstuumltzen neben der Orientierung an vorhersehbaren laumlngerfristigen Bedarfen auch unvorhersehbare Schwankungen und kurzfristige Bedarfs-aumlnderungen auffangen zu koumlnnen Das Instrument bdquoArbeitszeitkontoldquo kann eine solche Flexibilisierung von Arbeitszeiten unterstuumltzen (vgl Kirschten 2014 216 f) Die Zeitbewirtschaftung flexibler Gestaltungsformen von Ar-beitszeit z B Teilzeit gleitende Arbeitszeit Vertrauensarbeitszeit und Lang-zeitmodelle (z B Jahresarbeitszeit) erfolgt dabei uumlber die Erfassung von Ab-weichungen in Form von Mehrarbeitsstunden (transitorische Uumlberstunden) die durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden (vgl Zapf 2012 10) Derar-tige Arbeitszeitmodelle eroumlffnen erweiterte Moumlglichkeiten fuumlr die flexible und bedarfsorientierte Gestaltung von Dienst- und Schichtplaumlnen Entschei-dend dabei ist dass bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen ein Gleich-gewicht gefunden wird zwischen den Flexibilitaumltsbedarfen die sich aus den Aufgaben im jeweiligen Arbeitsfeld ergeben und den Beduumlrfnissen der Be-schaumlftigen nach Verlaumlsslichkeit und Work-Life-Balance Dann kann eine soge-nannte Win-Win-Situation also ein fuumlr alle Beteiligten zufriedenstellender Ausgleich der Interessen beim Umgang mit Zeitressourcen entstehen

Im Alltag vieler Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass es immer wie-der zu personellen Engpaumlssen kommt und ein Wechsel zwischen Zeiten statt-findet zu denen im Vergleich zur Anwesenheit der Kinder relativ viele Fach-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

kraumlfte anwesend sind und solchen Zeiten in denen es zu wenige sind Wie die Interviews gezeigt haben (vgl Abschnitt 322) stellen diese immer wie-der auftretenden Belastungsspitzen einen wesentlichen Stressfaktor dar Um eine gute Bildungsqualitaumlt fuumlr die Kinder und eine gute Work-Life-Balance fuumlr die Fachkraumlfte zu gewaumlhrleisten liegt die besondere Anforderung fuumlr die Personaleinsatzplanung darin hier eine moumlglichst gute Passung von Aufga-ben und Personal mit der Anzahl der anwesenden Kinder herzustellen und somit zu einer optimalen Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Zeitressour-cen beizutragen

Angesichts dieser Problemwahrnehmung wird bei vielen der befragten Traumlger versucht die Teams durch geeignete Maszlignahmen zu unterstuumltzen Haumlu figer eingesetzte Instrumente zum Umgang mit Personal(bedarfs)-schwan kungen sind z B Springerpools die bei Kurzzeit-Erkrankungen oder bis zur Einstellung einer Vertretung genutzt werden Da viele Traumlger in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht haben dass es unterjaumlhrig schwierig ist qualifiziertes Personal zu gewinnen legen einige Personalverantwortli -che einen Bewerberpool an auf den sie kurzfristig zugreifen koumlnnen um Personalausfaumllle moumlglichst sofort auffangen zu koumlnnen Bei einigen anderen Traumlgern werden zu Beginn des Kindergartenjahres Mitarbeiterinnen bdquoauf Vorratldquo eingestellt um Ausfaumllle und Schwankungen im Bedarf im Laufe des Jahres intern ausgleichen zu koumlnnen

Wenngleich flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten in der Kita bis-lang keine uumlblichen Instrumente sind zeigte sich jedoch in den Leitungs-interviews aber auch in einigen Gespraumlchen mit Personalverantwortlichen dass sich in der betrieblichen Praxis bereits viele unterschiedliche Ansaumltze ndash z T in einer Erprobungsphase ndash finden allerdings auch mit unterschiedli-chem Erfolg Im Rahmen der Beschaumlftigtenbefragung berichteten einige Erzieherinnen in der Familienphase dass sie flexible Arbeitszeiten und eine flexible Arbeitsorganisation nutzen und als gute Unterstuumltzung empfinden (vgl auch BMFSFJ 2010 6 ff) Eine Mitarbeiterin beschrieb sehr positiv ein Monats- und Schichtarbeitszeitmodell mit Zielvorgaben mit vier bis fuumlnf Mitarbeiterinnen in der Gruppe die alle mit ihren Zeiten flexibel umge -hen koumlnnen So sei es moumlglich die zeitlichen Anforderungen der Kita mit den Anforderungen der eigenen Familie in eine Balance zu bringen Auch ein Jahresarbeitszeitmodell sorge fuumlr eine bdquofast reibungslose Vereinbarkeitldquo

In Kindertageseinrichtungen erfolgt die Personaleinsatzplanung mithilfe des Dienstplanes Dieser hat zunaumlchst die Funktion die Taumltigkeit der Fach-kraumlfte so zu koordinieren dass fuumlr alle erforderlichen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt die notwendige Mindestanzahl an paumldagogischen Fachkraumlften zum

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Einsatz kommt dass also weder eine Unter- noch eine Uumlberbesetzung erfolgt Daruumlber hinaus soll er durch seine schriftliche Fixierung eine vorausschauen-de Wirkung herstellen die wichtig fuumlr die weiteren Planungstaumltigkeiten von Leitung und paumldagogischen Fachkraumlften ist Die Ausgangsbasis des Dienst-planes stellt die Fachkraft-Kind-Relation dar die entsprechend des Alters und der Anwesenheit der Kinder in den Landesausfuumlhrungsgesetzen der Bundes-laumlnder unterschiedlich ausfaumlllt (vgl Viernickel et al 2013 21 ff)

Wenn alle Fachkraumlfte anwesend sind ergeben sich bei Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschluumlssels keine erhoumlhten Anforderungen Proble-me stellen sich dann ein wenn bei der Erfassung der Fachkraft-Kind-Relation die anteiligen Fehl- oder Ausfallzeiten der Fachkraumlfte fuumlr Urlaub Krankheit Fortbildungstage etc nicht ausreichend Beruumlcksichtigung finden Dies kann anhand einer Netto-Arbeitszeitberechnung verdeutlicht werden Unter der Netto-Arbeitszeit wird die tatsaumlchlich real anfallende Arbeitszeit verstanden d h aus den Brutto-Arbeitszeiten werden die bdquoAusfallzeitenldquo der Mitarbei-terinnen fuumlr die Arbeitszeit mit dem Kind herausgerechnet Hierbei wird von einer Jahresarbeitszeit von 50 Arbeitswochen ausgegangen da fuumlr die ge-setzlichen Feiertage im Durchschnitt zwei Wochen von den 52 Wochen ab-zurechnen sind Von diesen 50 Wochen sind im Durchschnitt etwa 10 Wo-chen abzuziehen in denen die Beschaumlftigten nicht zur Verfuumlgung stehen ndash etwa sechs Wochen fuumlr Urlaub zwei Wochen fuumlr Krankheit eine Woche fuumlr Fortbildung eine Woche fuumlr Mehrstundenausgleich Statt 50 Arbeitswochen betraumlgt die reale jaumlhrliche Arbeitszeit also nur 40 Arbeitswochen ndash 20 Prozent der Jahresarbeitszeit sind somit bei der Planung von vornherein abzuziehen Diese Zahl multipliziert sich mit der Anzahl der Fachkraumlfte und fuumlhrt dazu dass rein rechnerisch bei fuumlnf Fachkraumlften (mit insgesamt 50 Wochen Ar-beitsausfall) davon auszugehen ist dass immer eine Fachkraft fehlt

Wie jede planbare und anspruchsvolle Arbeit erfordert auch die qualitaumlts-orientierte Bildungsarbeit eine angemessene Zeit fuumlr eine sorgfaumlltige Vor- und Nachbereitung Waumlhrend die Fachkraft-Kind-Relation die Betreuungssitua-tion fuumlr die unmittelbare paumldagogische Arbeit mit den Kindern beschreibt beruumlcksichtigt der Personalschluumlssel daruumlber hinaus auch die mittelbare also paumldagogische Arbeitszeit ohne direkten Kontakt mit den Kindern (vgl Viernickel et al 2013 32 ff) Mittelbare Arbeitszeiten dienen der Vor- und Nachbereitung von Taumltigkeiten einer paumldagogischen Fachkraft die zur um-fassenden Erfuumlllung des Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrages von Kindertageseinrichtungen notwendig sind Dazu gehoumlren Zeiten fuumlr ndash die Beobachtung und Dokumentation der Entwicklungsverlaumlufe und der

Sprachentwicklung von Kindern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash die Festlegung und Erarbeitung des individuellen Foumlrderbedarfs einzel-ner Kinder

ndash die Taumltigkeiten im Sinne der Qualitaumltsentwicklung und -sicherung z B Qualitaumltsmanagement und Konzeptionsarbeit

ndash die Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten Elternbeirat Trauml-ger Schulen und Einrichtungen der Familienbildung etc

ndash die Anleitung von Praktikantinnen Zusammenarbeit mit den Fach-schulen

ndash den Austausch mit Fachdiensten wie z B Logopaumldinnen Ergothera-peutinnen und Heilpaumldagoginnen

ndash die Dienstbesprechungen ndash die Fachliteratur und Medienvorbereitung und nicht zuletzt ndash Reflexion Besprechung und Auswertung gezielter kollegialer (Team-)Be-

ratungen Supervision sowie den fachlichen kollegialen Austausch

Der Anteil der mittelbaren Arbeitszeit von der Gesamtarbeitszeit einer Fach-kraft ist in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt und wird z B in pro-zentualen Anteilen oder Stunden vorgegeben (vgl Statistisches Bundesamt 2014) Wenn 10 Prozent der Arbeitszeit einer Fachkraft wie beispielsweise fuumlr Nordrhein-Westfalen geregelt fuumlr die mittelbare Arbeitszeit eingeplant werden ergibt sich zusammen mit einer Ausfallzeit von 20 Prozent eine reale Arbeitszeit mit den Kindern im Umfang von nur 70 Prozent Ein Dienst-plan der die Ausfallzeiten und mittelbaren Arbeitszeiten nicht beruumlck-sichtigt uumlberschaumltzt somit die Zeitpotenziale der Fachkraumlfte Immer wieder-kehrende Personalengpaumlsse die Zeiten der Uumlber- und Unterbelastung bei den Fachkraumlften hervorrufen sind das unausweichliche Resultat

Neben der real zur Verfuumlgung stehenden Arbeitszeit ist fuumlr einen optima-len Personaleinsatzplan die genaue Kenntnis uumlber den tatsaumlchlich erforderli-chen Betreuungsbedarf (Laumlnge der Oumlffnungszeiten und anwesende Kinder) notwendig Die Bewertung setzt eine Analyse des Ist-Zustandes voraus um hier eine Abstimmung der Anwesenheit der Kinder mit dem Personaleinsatz vorzunehmen Durch eine Nutzerfrequenzanalyse werden die Bring- und Ab-holzeiten der Kinder mit dem Ziel dokumentiert verlaumlssliche Angaben daruuml-ber zu erhalten an welchen Tagen und zu welchen Zeiten wie viele Kinder anwesend sind Die Nutzerfrequenzanalyse verfolgt das Ziel ndash die Oumlffnungszeitbedarfe besser einschaumltzen zu koumlnnen ndash Zeit- bzw Qualitaumltsreserven zu ermitteln und ndash Verbesserungshinweise zu Oumlffnungszeiten und Arbeitsorganisation zu er-

halten

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Nach der Auswertung liegen als Ergebnis genaue Angaben zum Verhaumlltnis von Gruppenstaumlrke und Personaleinsatz vor Die zeitlichen Verlaumlufe und Gruppenzusammensetzungen werden exakt abgebildet so dass sie fuumlr eine Uumlberpruumlfung oder Optimierung zur Gestaltung der an den konkreten Bedarf angelehnten Oumlffnungszeiten sowie fuumlr eine bedarfsgerechte Personaleinsatz-planung genutzt werden koumlnnen Da sich die familiaumlren Bedarfe hinsichtlich der Betreuungszeiten aumlndern koumlnnen empfiehlt es sich das Verfahren in re-gelmaumlszligigen Abstaumlnden zu wiederholen

Neben der Anwesenheit der Kinder bilden die Aufgaben den Rahmen fuumlr die Gestaltung des Dienstplans In vielen Kindertageseinrichtungen erfolgt die Arbeitsorganisation anhand der zur Verfuumlgung stehenden Personenzahl Die Orientierung an den Aufgaben zielt demgegenuumlber auf einen bedarfsori-entierten Personaleinsatz ab wobei die zu erfuumlllenden Aufgaben und deren zeitlicher Erfuumlllungsbedarf ermittelt und ins Verhaumlltnis zueinander gebracht werden muumlssen Dazu werden alle regelmaumlszligigen und einmal zu verrichten-den Taumltigkeiten neben den Betreuungszeiten (mit festgeschriebenem Perso-nal-Kind-Schluumlssel) in Form einer Bestandsaufnahme gesammelt und einer kritischen Pruumlfung unterzogen Die Aufgaben werden hinsichtlich ihrer Not-wendigkeit und ihres Zeitaufwandes bewertet Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnen unter anderem folgende Fragen geklaumlrt und im Team neu und ver-bindlich geregelt werden ndash Zu welcher Zeit muumlssen welche Taumltigkeit verrichtet werden die z B der

Vorbereitung von Tagesroutinen wie Oumlffnung und Schlieszligung der Grup-pen oder Einrichtung Vorbereitung von Mahlzeiten etc dienen

ndash Wie wichtig sind die unterschiedlichen Aufgaben Welche Prioritaumlt ha-ben sie

ndash Wer verrichtet welche Taumltigkeiten wo wann und in welcher Zeit

Durch eine kritische Betrachtung dieser Art koumlnnen bdquoliebgewonnene Ge-wohnheitenldquo identifiziert und auf ihre Sinnhaftigkeit hin hinterfragt wer -den So koumlnnen bdquoZeitfresserldquo ebenso gefunden werden wie Taumltigkeiten und Situationen die zu bestimmten Zeiten den Einsatz von mehr Personal erfor-dern Demgegenuumlber stehen aber auch solche Taumltigkeiten und Situationen die zwar Zeit beanspruchen dafuumlr aber das gute Arbeitsklima staumlrken und den Teamzusammenhalt foumlrdern und fuumlr die deshalb zeitliche Ressourcen be reitgestellt werden sollten Die Ergebnisse einer solchen Analyse koumlnnen auch dazu dienen dass bestimmten Diensten auch bestimmte Aufgaben zu-geschrieben werden Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnte so geklaumlrt wer -den welche Taumltigkeiten in der Zeit von Oumlffnung der Kita bis zum Eintreffen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

des naumlchsten Dienstes zu verrichten sind und wie sich die Aufgaben auftei -len

Besonders in bdquooffenldquo und bdquoteiloffenldquo arbeitenden Kindertageseinrichtun-gen erfolgt eine gemeinsame Orientierung der Mitarbeiterinnen auf alle Kinder Fachkraumlfte in Einrichtungen die nach dem bdquoGruppenprinzipldquo arbei-ten haben nicht selten nur ihre Gruppe mit ihren Kindern im Blick Eine Flexibilisierung der Dienstplaumlne erfordert jedoch den Blick uumlber die Gruppe hinaus und die kritische Uumlberpruumlfung des teilweise noch vorherrschenden Prinzips in Kindertageseinrichtungen bdquoIch und du und unsere Kinderldquo Mehr Flexibilitaumlt wird moumlglich wenn sich mehrere Fachkraumlfte fuumlr mehrere Kinder verantwortlich fuumlhlen Daruumlber hinaus haben z B feste Zustaumlndigkeiten von vier Fachkraumlften fuumlr zwei Gruppen zur Folge dass Kinder auch das Personal aus der anderen Gruppe kennen wodurch eine Vertretung erleichtert wird Die Orientierung an den Aufgaben und Verlagerung von Zustaumlndigkeiten uumlber die Gruppengrenzen hinaus sind weitere wesentliche Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten

Moumlglichkeiten der Umsetzung bieten sich z B in der Form an dass die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten uumlber einen laumlngeren Zeitraum von den tatsaumlchlich geleisteten Arbeitszeiten entkoppelt werden Dazu wird ein Arbeitszeitkorridor als Rahmen festgelegt der vorgibt in welchem Zeit-raum die abzuleistende Arbeitszeit erfuumlllt sein muss z B monatlich oder jaumlhrlich Die individuelle Arbeitszeit wird dann in Form von individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Die Fuumlhrung eines solchen Zeitkontos erfolgt durch die Fachkraumlfte selbst das Controlling durch die Leitung Der Einsatz dieses Instruments und die zusaumltzlich erforderlichen Regelungen werden grundsaumltzlich in Abstimmung mit dem Traumlger und der Personalvertretung vereinbart Ein Beispiel fuumlr eine solche dezentralisierte Dienstplangestaltung findet sich im Kasten

Das Monats-Arbeitszeitmodell im Reggio-Kinderhaus Gotha (Smudel 2015)

Das Reggio-Kinderhaus in Gotha ist eine kommunale Kita mit 200 Plaumltzen fuumlr ein- bis sechsjaumlhrige Kinder Jeweils zwei Gruppen mit insgesamt 36 Kindern bilden einen bdquoMini-Kindergartenldquo fuumlr den ein Klein-Team von Erzieherinnen zustaumlndig ist Dieses Klein-Team stimmt seine Dienstzeiten zunaumlchst intern und bei Bedarf auch grup-penuumlbergreifend ab die Kita-Leitung greift nur bei Unterstuumltzungs-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bedarf ein Da das Klein-Team den besten Uumlberblick uumlber die Anwe-senheitszeiten bdquoseinerldquo Kinder hat kann unkompliziert auf Schwan-kungen in der Auslastung reagiert werden

Die geleistete Arbeitszeit wird in individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Ein Uumlber- bzw Unterschreiten der vereinbarten regelmaumlszligigen woumlchentlichen Arbeitszeit ist moumlglich wobei maximal 24 Stunden als Plus- oder Minusstunden in den Folgemonat uumlbernommen wer-den duumlrfen Bei houmlheren Stundenkontingenten (max 40 Stunden) ist die Zustimmung der Kita-Leitung erforderlich Bei einem entspre-chend hohen Arbeitszeitguthaben besteht die Moumlglichkeit einer stun-denweisen oder ganztaumlgigen Freistellung (fuumlr maximal drei freie Tage im Monat auch in Verbindung mit Urlaub) Im Vorgriff auf kuumlnftige Plusstunden koumlnnen ebenfalls maximal drei freie Tage genommen werden

Bei den Erzieherinnen setzt dieses Modell Flexibilitaumlt und Eigen-verantwortlichkeit und die Bereitschaft sowohl zur Mehrarbeit als auch zum Uumlberstundenabbau voraus Die Kita-Leitung wird durch die Dezentralisierung entlastet die Mitarbeiterinnen koumlnnen in Ab-stimmung mit dem Team private Belange beruumlcksichtigen

Ausgangspunkt fuumlr die Gesamtplanung sollte die reale Arbeitszeit fuumlr jeden Mitarbeiterin sein Nach erfolgter Aufgabenorientierung kann dann mit Be-ruumlcksichtigung der jeweiligen kinderfreien Arbeitszeiten zur Vor- und Nach-bereitung ein Basisdienstplan erstellt werden Die reale Umsetzung geschieht dezentral durch die Mitarbeiterinnen Abweichungen von der tatsaumlchlichen Arbeitszeit undoder Aufgabenerledigung durch dienstliche oder private Be-darfsaumlnderungen werden in den individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Bei Bedarf kann im Abgleich mit privaten Zeiten eine woumlchentliche Mehrarbeit (Plus-Stunden) erfolgen oder bei weniger Arbeitsanfall koumlnnen bdquoReservezei-tenldquo (Minus-Stunden) entstehen von Zeiten also die zunaumlchst privat genutzt werden und erst spaumlter z B bei Personalengpaumlssen eingebracht werden Die individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit bleibt davon unberuumlhrt und wird in dem vereinbarten Zeitkorridor erreicht In der Praxis von Kindertagesein-richtungen werden flexible Arbeitszeiten in unterschiedlichen Modellen ein-gesetzt ndash Kleine Loumlsungen durch bdquoDepotstundenldquo oder bdquoStundenkontingentmo-

delleldquo die meist im Umfang bis zu monatlichen 10 Plus- und 10 Minus-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stunden umgesetzt werden dienen der Personalsicherung bei unvorher-sehbarem Bedarf Elternabenden Aktionen etc um Mehrarbeitsstunden entgegenzuwirken

ndash Moumlglichkeiten der monatlichen Uumlbertragung von 25 Plus- und 25 Mi -nus-Stunden erfassen einen groumlszligeren Flexibilisierungsumfang fuumlr Mitar-beiterinnen und bilden eine houmlhere Zeitreserve bei Personalengpaumlssen ab

ndash Jahresarbeitszeitmodelle haben den Vorteil dass sie saisonale und jah-reszeitliche Personal(bedarfs)schwankungen die sich z B durch Ferien-zeiten Bruumlckentage sowie Eingewoumlhnung zu Beginn eines Kita-Jahres ergeben in der Personaleinsatzplanung beruumlcksichtigen koumlnnen

Bei der Umsetzung muss das Ausmaszlig der Entkopplung der woumlchentlichen Arbeitszeit vom vertraglich vereinbarten Volumen gepruumlft werden Je houmlher die Zeitanteile sind mit denen das vertraglich vereinbarte Volumen in einem Zeitraum unter- oder uumlberschritten werden kann desto kritischer muss ge-pruumlft werden wo die Flexibilitaumltsgrenzen im Hinblick auf die Work-Life- Balance der Beschaumlftigten liegen Je groumlszliger die Zeitraumlume geplant werden umso wichtiger wird das Zusammenspiel zwischen Traumlger und Personalver-tretung in Form der Erstellung einer Dienstvereinbarung zur rechtlichen Ab-sicherung der Arbeitszeitkonten Letzteres ist vor allem dann relevant wenn man sich fuumlr Loumlsungen entscheidet die uumlber mehrere Jahre reichen Ange-sichts dessen dass Schwankungen im Personalbedarf der Kitas vor allem im Verlauf eines Kita-Jahres auftreten duumlrften mehrjaumlhrige Loumlsungen jedoch in der Praxis von geringer Relevanz sein

Bei aller Flexibilisierung und Optimierung des Personaleinsatzes muss beruumlcksichtigt werden dass sich nicht immer alle Personalengpaumlsse durch flexible Dienstplaumlne beseitigen lassen Grundsaumltzlich sind bei personellen Ausfaumlllen zum einen die gesetzlich vorgegebenen Mindestbesetzungen zu beachten die sich am Wohl des Kindes orientieren zum anderen ist zu be-ruumlcksichtigen dass das vorhandene Personal nicht unzumutbar belastet wer-den darf Traumlger und Fuumlhrungskraumlfte tragen hier Verantwortung und sollten Notfallplaumlne bzw Leitfaumlden zum Umgang mit Personalengpaumlssen entwi-ckeln und bereitstellen die Angaben zur Vorbeugung und zur Bewaumlltigung des Personalnotstandes regeln Sie haben den Vorteil dass der Umgang mit unvorhergesehenen Personalausfaumlllen auch in Abwesenheit der Leitung und fuumlr alle verbindlich geregelt ist Alle notwendigen Maszlignahmen koumlnnen zu je-der Zeit schnell eingeleitet werden

Verbunden damit sollten die Organisation und der Einsatzzeitpunkt von

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Vertretungskraumlften durch den Traumlger geregelt sein Gaumlngige Beispiele aus der Praxis zur Vorbeugung von Personalengpaumlssen sind ndash Aufstockung von Teilzeitvertraumlgen ndash Einrichtung eines Springer-Vertretungspools zur Aushilfe der z B aus

ehemaligen Beschaumlftigten oder Beschaumlftigten aus Nachbareinrichtungen besteht

ndash Kontaktpflege zu (spaumlteren) Berufsruumlckkehrerinnen waumlhrend der Fami-lienzeit

Daruumlber hinaus sind Regelungen sinnvoll die genau festlegen ab welchem Personalbestand in der Einrichtung z B Angebotsveraumlnderungen und Grup-penzusammenlegungen zu erfolgen haben

Die Einfuumlhrung von flexiblen Dienstplaumlnen verfolgt zum einen uumlber eine Bedarfsorientierung und Optimierung von Ablaumlufen das Ziel einer Effizienz- und Effektivitaumltssteigerung im Umgang mit den zur Verfuumlgung stehenden Zeitressourcen Gleichzeitig leisten sie einen groszligen Beitrag fuumlr das Ziel der Mitarbeiterorientierung koumlnnen sie doch grundsaumltzlich auch zu einer besse-ren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den beschaumlftigten Erzieherinnen beitragen Die Erarbeitung und erfolgreiche Umsetzung eines sol -chen Modells koumlnnen jedoch nur dann gelingen wenn ein Konsens zwischen Traumlger und im Team hergestellt wird und die notwendigen Veraumlnderungen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten erfolgen So traumlgt die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen in entscheidendem Maszlige zur Qualitaumlt der Dienstleistung bei und ihre Beteiligung erhoumlht die Bereit-schaft fuumlr Veraumlnderungsprozesse

433 Familienunterstuumltzende Maszlignahmen

Fuumlr die Mitarbeiterinnen die eigene Kinder versorgen oder eigene Angehouml-rige pflegen erweist es sich oft als sinnvoll und notwendig geeignete Maszlig-nahmen bereitzustellen und die Beschaumlftigten bei ihrem Bemuumlhen um eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und FamiliePflege zu unterstuumltzen So koumlnnen sie ndash im betrieblichen wie im eigenen beruflichen Interesse ndash ihren persoumlnlichen Handlungsspielraum erweitern (vgl DIHKBMFSFJ 2015 31 ff)

Zusaumltzlich zum Angebot an flexiblen Arbeitszeiten uumlbernehmen Unter-nehmen immer haumlufiger Beratungs- und Vermittlungsfunktionen ndash vielfach in Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Dienstleistern ndash oder halten ei-gene auf die spezifischen Beduumlrfnisse der eigenen Mitarbeiterinnen und des

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Unternehmens angepasste Betreuungsangebote vor Der Handlungsspielraum flexibler Arbeitszeitmodelle laumlsst sich von berufstaumltigen Muumlttern naumlmlich erst dann ausschoumlpfen wenn gleichzeitig bedarfsgerechte und flexible Kinder-betreuungsmoumlglichkeiten zur Verfuumlgung stehen (vgl Esch et al 2005 79 ff) ndash so wie es einige privat-gewerbliche Anbieter seit vielen Jahren sowohl fuumlr ihre Kundinnen als auch fuumlr ihre Beschaumlftigten erfolgreich praktizieren Im Bereich einer solchen unternehmensnahen Kinder tagesbetreuung fuumlr Be-schaumlftigte mit eigenen Kindern sind vor allem Ange bote der Notfallbetreu-ung betriebliche Kindertageseinrichtungen und die Nutzung von Belegplaumlt-zen in Kindertageseinrichtungen zu nennen (vgl dazu z B Kirschten 2014 222 ff)

Der Bedarf an solchen zusaumltzlichen Maszlignahmen auch bei Traumlgern von Kindertageseinrichtungen wurde im Projekt KONTI offenkundig Haumlufig wird von Beschaumlftigten Leitungen und Personalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlff-nungszeiten von Schule und Kita z B Fruumlh- oder Spaumltdienste nicht wahrge-nommen werden koumlnnen Auch Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferienzeiten der eigenen Kinder sind ein typisches Problem Von den befragten Erzieherinnen wird darauf hingewiesen dass es fuumlr sie be-sonders wichtig sei dass die eigene Kinderbetreuung gut funktioniere nur dann sei der Kopf frei fuumlr die Arbeit Entsprechende Probleme werden als Belastung wahrgenommen Auch wird daruumlber berichtet dass die Erzieherinnen bei Erkrankung des eigenen Kindes oder bei regelmaumlszligigen Arzttermi-nen auf das Verstaumlndnis der Leitung angewiesen seien Besonders dankbar sind diese Mitarbeiterinnen wenn Kinderbetreuungsmoumlglichkeiten beim ei-genen Traumlger verfuumlgbar sind oder das Kind in besonderen Situationen auch schon mal in die eigene Einrichtung mitgenommen werden kann

Grundsaumltzlich unterscheiden sich damit die Anforderungen an die Ge-staltung derartiger Angebote fuumlr die beschaumlftigten Erzieherinnen nicht von denjenigen Anforderungen in anderen Branchen Traumlger von Kindertagesein-richtungen verfuumlgen jedoch aufgrund ihres eigenen Betreuungsangebotes im Vergleich uumlber einige zusaumltzliche Moumlglichkeiten um ihre Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer familiaumlren Pflichten zu unterstuumltzen

Bei einigen der befragten Traumlger wird dieses zusaumltzliche Potenzial entspre-chend genutzt So stellen viele Traumlger ihren Mitarbeiterinnen Betreuungs-plaumltze fuumlr deren Kinder zur Verfuumlgung Um Rollenkonflikte zu verhindern geschieht dies vorzugsweise nicht in der Einrichtung in der die betroffenen Beschaumlftigten selbst arbeiten sondern in anderen Einrichtungen des Traumlgers Bei einigen anderen Traumlgern wird es den Mitarbeiterinnen ndash oft auf infor-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mellem Weg ndash ermoumlglicht ihre eigenen Kinder in besonderen Situationen oder zu Randzeiten etwa zum Fruumlhdienst mit in die Einrichtung zu bringen

Daruumlber hinausgehende Angebote unternehmensnaher Kinderbetreuung auszligerhalb der klassischen Oumlffnungszeiten von Tageseinrichtung und Schule die auf die spezifischen Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Arbeits-zeiterfordernisse der Mitarbeiterinnen zugeschnitten sind (vgl DIHKBMFSFJ 2015 53 ff) finden sich jedoch bei Traumlgern von Kindertagesbe-treuung nur sehr selten obwohl gerade hier ein groszliger Bedarf zu sehen ist Wer lange Oumlffnungszeiten abdecken und im Schichtdienst arbeiten muss kann seine Kinder mit dem traditionellen Angebot nicht vollstaumlndig be-treuen lassen und benoumltigt hier zusaumltzliche Unterstuumltzung Im Rahmen des Projektes KONTI wurde jedoch nur bei einem (privaten) Traumlger eine Back-up-Betreuung vorgefunden Ein kommunaler Traumlger bietet in jedem Stadtteil eine Randzeitenbetreuung an die auch seinen eigenen Mitarbeiterinnen zur Verfuumlgung steht In beiden Faumlllen empfinden es die Befragten als groszlige Hilfe dass sie bei Bedarf darauf zugreifen koumlnnen Zielfuumlhrend ist es darum traumlgerspezifische Betreuungsangebote fuumlr die Kinder der eigenen Mitarbeiterinnen ndash dabei insbesondere auch fuumlr Schulkinder bis zu etwa zwoumllf oder vierzehn Jahren ndash zu entwickeln damit die als Erzieherinnen beschaumlftigten Muumltter keine Sonderbehandlung bei der Bewaumlltigung ihres Berufsalltags be-noumltigen (vgl IAQ 2011) mit Betreuungsmoumlglichkeiten zu Randzeiten am Wochenende und fuumlr die (Schul-)Ferienzeiten

Das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist (zurzeit noch) bdquoin der Praxis von geringer Relevanzldquo (KuumlmmerlingBaumlcker 2012 328) Das Bewusstsein fuumlr die Problematik ist zwar teilweise vorhanden aber es gibt bislang nur wenige spezifische Maszlignahmen die sich explizit auf die Unterstuumltzung bei diesem Vereinbarkeitsbedarf beziehen Dazu gehoumlren z B Be ratungs- und Informationsservices von Betrieben Reduzierung von Ar-beitszeiten und vor allem informelle Regelungen die Ruumlcksicht auf die Nichtvorhersehbarkeit von Pflegesituationen nehmen (vgl Kuumlmmerling Baumlcker 2012 327) Auch das bestaumltigte sich im Projekt KONTI Beispielswei-se werden von einzelnen der befragten Traumlger die neben der Kindertagesbe-treuung noch weitere soziale Dienstleistungen anbieten diese Potenziale auch fuumlr eigene Mitarbeiterinnen genutzt indem etwa traumlgereigene Pflege-dienstleistungen vermittelt werden

Ein weiterer der befragten privaten Traumlger hat sich darauf eingestellt dass Work-Life-Balance mit individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen und Problemlagen verbunden ist und die Angebote an familienunterstuumltzen-den Dienstleistungen dementsprechend vielfaumlltig sein muumlssen Er stellt des-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

halb fuumlr seine Beschaumlftigten nicht nur sein komplettes Spektrum an flexiblen Angeboten der Kindertagesbetreuung bereit sondern hat daruumlber hinaus eine bdquoMitarbeiter-Agenturldquo gegruumlndet die Beratungs- und Unterstuumltzungsan-gebote fuumlr die Beschaumlftigten buumlndelt und individuelle Loumlsungen vermittelt

Die Mitarbeiter-Agentur als Ansprechpartner der Beschaumlftigten (KirsteinWaimann 2015)

Die Kinderhaus Rasselbande gGmbH hat sich zum Ziel gesetzt ihren Mitarbeiterinnen ganzheitlich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Seite zu stehen Entstanden ist daraus die KIRA-Mitar-beiter-Agentur die zu allen Fragestellungen auf Wunsch anonym be-raumlt ganz konkret und individuell Loumlsungsstrategien entwickelt und bei der Umsetzung unterstuumltzt Alle Mitarbeiterinnen koumlnnen sich telefonisch oder per E-Mail an die KIRA-Ansprechpartnerinnen wen-den und ihre Anliegen vorbringen Auch die Vereinbarung von per-soumlnlichen Terminen zu denen auch betroffene Angehoumlrige mitge-bracht werden koumlnnen ist jederzeit moumlglich Die Fragestellungen die die Mitarbeiter-Agentur erreichen sind vielfaumlltig Im Folgenden ein paar Beispiele ndash Die Groszligmutter von Mitarbeiterin Kathrin S21 ist seit einigen

Jahren verwitwet und lebte bisher allein in ihrer Wohnung Der Gesundheitszustand der 87-jaumlhrigen Dame hat in den letzten Mo-naten stark nachgelassen so dass sie nicht mehr allein bleiben kann Kathrin S und ihre Familie moumlchten ihre Groszligmutter aber nicht in einem Pflegeheim unterbringen Die Mitarbeiter-Agen-tur unterstuumltzt Kathrin S bei der Beantragung einer Pflegestufe und recherchiert Unterstuumltzungsangebote am Wohnort der Groszlig-mutter Schlieszliglich gelingt es der Mitarbeiter-Agentur fuumlr die Groszligmutter eine Pflegekraft zu organisieren die in den Haushalt mit einzieht

ndash Mitarbeiter Ralf D und seine Frau haben vor ein paar Monaten Zwillinge bekommen und ihre aktuelle Wohnung platzt aus allen Naumlhten Sie wuumlrden gern eine groumlszligere Wohnung in einem an-deren Stadtteil mieten kommen aber nicht dazu sich darum zu

21 Alle Namen sind geaumlndert

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

kuumlmmern Die Mitarbeiter-Agentur trifft sich mit Familie D und nimmt die Wuumlnsche auf recherchiert Wohnungsangebote und legt sie der Familie vor Nachdem Ralf D und seine Frau die Fa-voriten ausgewaumlhlt haben vereinbart die Mitarbeiter-Agentur Be-sichtigungstermine fuumlr die Familie Die Betreuung der Zwillinge uumlbernimmt in der Zeit die Kinderhaus Rasselbande gGmbH

ndash Die Tochter von Mitarbeiterin Sonja D hat zunehmend Proble-me im Franzoumlsisch-Unterricht und benoumltigt Nachhilfe Da Sonja D mit klassischen Nachhilfe-Anbietern keine guten Erfahrungen gemacht hat wuumlnscht sie sich fuumlr ihre Tochter eine Einzelbetreu-ung zu Hause Die Mitarbeiter-Agentur macht Aushaumlnge an Uni-versitaumlten im naumlheren Umfeld sortiert Bewerbungen vor und fuumlhrt erste Gespraumlche mit den Bewerberinnen Schlieszliglich stellt sie Sonja D drei potenzielle Nachhilfelehrerinnen vor Frau D stellt eine junge Frau auf Minijob-Basis bei sich an und die Noten ihrer Tochter verbessern sich deutlich

ndash Der Vater von Mitarbeiter Joumlrn K ist ploumltzlich verstorben Seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht und zieht sich von ihrem Sohn zuruumlck Er weiszlig nicht wie es ihm gelingen kann dass sie wieder am Leben teilnimmt Die Mitarbeiter-Agentur findet fuumlr die Mutter von Joumlrn K eine Trauergruppe in der sie einen Kreis von gleichaltrigen Frauen findet die ihr eine neue Perspek-tive geben

Ergaumlnzt wird das Beratungsangebot durch bdquoKIRA-Vor Ortldquo-Termine die dreimal im Jahr in den Einrichtungen der Kinderhaus Rasselban-de gGmbH stattfinden Zu diesen Terminen bringen die Ansprech-partnerinnen ein spezielles Thema mit z B Vorsorgevollmacht und Patientenverfuumlgung das neue ElterngeldPlus oder Ferienbetreuungs-angebote vor Ort

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen

Wenn das Personalmanagement fuumlr Kindertageseinrichtungen nachhaltig sein soll muss es verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert sein Daher muss von den in den Beschaumlftigten-befragungen zutage getretenen Befunden zu deren Motivationsstrukturen Wuumlnschen und Schwierigkeiten ausgegangen werden So ist z B bei den Mitarbeiterinnen ein hohes Maszlig an intrinsischer Motivation und an inhalt-licher Identifikation mit ihrem Beruf und ihrer Taumltigkeit vorzufinden Die Beanspruchungen durch die berufliche Taumltigkeit werden vor allem dann als zu hoch empfunden wenn Rahmenbedingungen dazu fuumlhren dass die Ar-beit nicht in der selbst gewuumlnschten Qualitaumlt erledigt werden kann Schwan-kungen im Personalbedarf einerseits und im Personalbestand andererseits stellen dabei ein zentrales Problem dar so dass dem Personaleinsatz und ins-besondere dem Zeitmanagement eine besondere Bedeutung zukommt

Ressourcen zum Umgang mit Belastungen ergeben sich fuumlr die Mitarbei-terinnen vor allem aus der Arbeit im Team und der Moumlglichkeit ihre inhalt-lichen Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln zu koumlnnen Der hohe Stellenwert den die Beschaumlftigten sowohl einem guten Teamklima als auch den Inhalten ihrer Arbeit beimessen bedeutet auch dass sie es als besonders belastend erleben wenn es Konflikte im Team gibt oder die eigenen Anspruuml-che an die inhaltliche Arbeit nicht hinreichend erfuumlllt werden koumlnnen

Eine nachhaltige Personalwirtschaft umfasst vor diesem Hintergrund un-terschiedliche Handlungsfelder die miteinander verzahnt und unter dem Gesichtspunkt der Lebensphasenorientierung betrachtet werden muumlssen Be-zogen auf die in diesem Band diskutierten Handlungsfelder zeigt sich dass die Lebensphasenorientierung als bdquoroter Fadenldquo in allen Elementen der Per-sonalwirtschaft zu beruumlcksichtigen ist

In der Personalplanung geht es um eine systematische Analyse der Alters-struktur um quantitative und qualitative Anforderungen an die Sicherung der Nachfolge beim Ausscheiden von Beschaumlftigten ableiten zu koumlnnen Die Personalentwicklung zielt darauf ab fuumlr Mitarbeiterinnen in unterschiedli-chen Lebensphasen geeignete Angebote bereitzuhalten Die Gestaltung von Karrierepfaden ist dabei in doppeltem Sinne von Bedeutung ndash hier geht es so-wohl um Aufstiegsmoumlglichkeiten die fuumlr juumlngere Beschaumlftigte einen Anreiz bilden im Arbeitsfeld zu bleiben und sich dort inhaltlich weiterentwickeln zu koumlnnen als auch um Loumlsungen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte damit sie sowohl ihr Erfahrungswissen einbringen als auch gesundheitliche Belastungen redu-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

zieren koumlnnen Eine leistungsorientierte Verguumltung kann bei einer entspre-chend geeigneten Ausgestaltung ein begleitendes Instrument fuumlr die Imple-mentierung von Karrierepfaden darstellen

Bei der Personalfuumlhrung und der Teamentwicklung ist zu beruumlcksichti-gen dass Teams heterogen strukturiert sind und die Altersmischung die im Hinblick auf eine kontinuierliche Sicherung des Personalbestandes wuumln-schenswert ist auch Herausforderungen mit sich bringt Um die Zusammen-arbeit zwischen juumlngeren und aumllteren Mitarbeiterinnen produktiv zu ge-stalten und allen die Moumlglichkeit zu geben ihre spezifischen Kompetenzen fuumlr das Team nutzbar zu machen muumlssen Konflikte erkannt und geloumlst sowie eine Kultur der wechselseitigen Wertschaumltzung aufgebaut werden Der Team-entwicklung kommt somit eine hohe Bedeutung zu Gesundheitsfoumlrderung darf sich nicht auf die Schaffung von Bedingungen fuumlr bdquoaltersgerechtesldquo Ar-beiten beschraumlnken sondern muss lebensphasenbegleitend und praumlventiv angelegt sein und von Anfang an die Resilienz foumlrdern Die Verknuumlpfung von Teamentwicklung und praumlventiv angelegter Gesundheitsfoumlrderung stellt daher einen Schluumlsselfaktor fuumlr eine zukunftsorientierte Personalwirtschaft dar

Ein Arbeitszeitmanagement kann in der Weise gestaltet werden dass es einen Beitrag dazu leistet die in unterschiedlichen Lebensphasen wech-selnden zeitlichen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten im Sinne einer Work-Life-Balance mit den betrieblichen Anforderungen fuumlr eine qualitativ hochwer-tige Kindertagesbetreuung weitgehend in Einklang zu bringen Wenn das Ar-beitszeitmanagement nachhaltig sein soll muss es darauf ausgerichtet sein dass fuumlr die Erledigung der erforderlichen Aufgaben immer eine angemes-sene Personalausstattung bereitsteht Dazu gehoumlren zum einen Arbeitszeit-modelle die individuelle Teilzeitloumlsungen ermoumlglichen und gleichzeitig den Bedarf in den Einrichtungen an Kontinuitaumlt Aufgabenverteilung und Zeit fuumlr Abstimmung im Team einbeziehen Zum anderen muss die Dienstplan-gestaltung so geregelt werden dass sie die notwendige Flexibilitaumlt im Perso-naleinsatz verlaumlssliche Planbarkeit fuumlr die Beschaumlftigten und Partizipation verbindet Betriebliche Unterstuumltzungsangebote fuumlr unterschiedliche fami-liale Lebenslagen der Mitarbeiterinnen koumlnnen einen ergaumlnzenden Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik leisten und damit die Personalbindung zusaumltzlich foumlrdern

Bei der Einfuumlhrung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten fuumlr Kindertageseinrichtungen ist die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten Der Traumlger ist hier fuumlr die Setzung der Rahmenbedingungen zustaumlndig die Umsetzung im Alltag erfolgt bdquovor Ortldquo

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

in den einzelnen Einrichtungen Dabei kommt der Einrichtungsleitung und Fuumlhrung der Einrichtung insgesamt eine hohe Bedeutung zu Grundsaumltzlich wichtig ist dabei passende traumlgerinterne Loumlsungen zu entwickeln die dazu beitragen koumlnnen konstruktiv mit (moumlglichen) Spannungsfeldern zwischen den Steuerungsleistungen des Traumlgers und der Umsetzungsautonomie in den einzelnen Einrichtungen umzugehen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass die Rahmenbedingungen die fuumlr den Betrieb einer Einrichtung noumltig sind kritisch hinterfragt und op-timiert werden sollten Dieser Prozess sollte im Zusammenspiel von Traumlger Leitung und Mitarbeiterinnen erfolgen um bei der Entwicklung von nach-haltigen Loumlsungen die Interessen aller Beteiligten zu beruumlcksichtigen Ein Vorgehen in diesem Sinne hat die Konkretisierung und Sicherung der Qua-litaumlt von Bildung Erziehung und Betreuung in der Kindertageseinrichtung zum Ziel und unterstuumltzt in gleicher Weise auch die Personal- und Team-entwicklung Damit werden sowohl eine zukunftsorientierte Entwicklung der Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen als auch die Umsetzung kuumlnftiger Qualitaumltsanforderungen gefoumlrdert

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sonal in Kindertageseinrichtungen was die Traumlger vor groszlige Herausforderungen

stellt Im Fokus des Projekts steht daher die Frage wie geeignete personalwirt-

schaftliche Konzepte gestaltet werden koumlnnen um den Herausforderungen an-

gemessen zu begegnen Als Ergebnis der Analysen werden Handlungsfelder fuumlr

eine nachhaltige Personalwirtschaft vorgestellt die sich fuumlr die Akteure in der

Praxis als besonders dringlich erweisen

WWWBOECKLERDE

ISBN 978-3-86593-244-0

  • Abbildung 1
    • Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
      • Abbildung 2
        • Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
          • Abbildung 3
            • Anforderungen an die Kita-Leitung
              • Abbildung 4
                • Fach- und personale Kompetenzen
                  • Abbildung 5
                    • Karrieremodelle
                      • Abbildung 6
                        • Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell
                          • 1 Einfuumlhrung
                          • 2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends
                            • 21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung
                            • 22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung
                            • 23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf
                            • 24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe
                            • 25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung
                            • 26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze
                            • 27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen
                            • 28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen
                              • 3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen
                                • 31 Die Perspektive der Kita-Traumlger
                                • 32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen
                                • 33 Die Perspektive der Kita-Leitungen
                                  • 4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft
                                    • 41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands
                                    • 42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung
                                    • 43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen
                                    • 44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen
                                      • Literatur
Page 6: Nachhaltige Personalwirtschaft für Kindertageseinrichtungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 57

Abbildung 2 Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen 58

Abbildung 3 Anforderungen an die Kita-Leitung 61

Abbildung 4 Fach- und personale Kompetenzen 66

Abbildung 5 Karrieremodelle 81

Abbildung 6 Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell 120

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1 EINFUumlHRUNG

Die Anforderungen an das Personal von Kindertageseinrichtungen ndash und da-mit auch an die Personalwirtschaft der Traumlger ndash sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen Einerseits wurde und wird ein erheblicher gesellschaftli-cher Bedarf nach einer qualitativen wie auch quantitativen Weiterentwick-lung des Arbeitsfeldes wahrgenommen andererseits wird inzwischen viel-fach Kritik an den bestehenden Arbeitsbedingungen artikuliert Daruumlber hin-aus laumlsst der demografische Wandel der in vielen Wirtschaftsbranchen be-reits heute mit einem steigendem Fachkraumlftemangel verbunden ist auch fuumlr diesen Dienstleistungsbereich wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und er-fahrenem Personal erwarten Er stellt damit die Traumlger von Kindertagesein-richtungen vor zusaumltzliche Herausforderungen

Die Veraumlnderungen auf dem Arbeitsmarkt erfordern personalwirt - s chaftliche Strategien die staumlrker als bisher auf Nachhaltigkeit und damit auf Personalbindung ausgerichtet sind Zentraler Anknuumlpfungspunkt fuumlr das zukuumlnftige Personalmanagement ist darum dass es sich verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert und Personal(entwicklungs)maszlignahmen beinhaltet die deren Lebenslauf be-ruumlcksichtigen Auf diese Weise koumlnnen kontinuierliche Erwerbsbiografien der Mitarbeiterinnen ermoumlglicht und gefoumlrdert und eine kontinuierliche Be-schaumlftigung bei dem Traumlger gesichert werden

Das Projekt bdquoKontinuierliche Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbe - treu ungldquo (KONTI) hat sich dieser Problematik gestellt Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens das von der Abteilung bdquoBildung und Erziehung im Strukturwandelldquo (BEST) des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitaumlt Duisburg-Essen zwischen 2013 und 2015 mit Foumlrderung der Hans-Boumlckler-Stiftung durchgefuumlhrt wurde stand die Frage wie geeignete personalwirtschaftliche Konzepte fuumlr Kindertageseinrichtungen gestaltet wer-den koumlnnen um den demografischen Herausforderungen angemessen begeg-nen zu koumlnnen

Ausgangspunkt des Projektes war dabei die Diskussion um eine demogra-fiegerechte Personalwirtschaft die in Deutschland seit einigen Jahren bran-chenuumlbergreifend intensiv gefuumlhrt wird das Arbeitsfeld der Kindertages-einrichtungen bislang jedoch weitgehend ausgeblendet hat Im Mittelpunkt solcher Personalstrategien standen zunaumlchst vor allem spezielle Maszlignahmen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte inzwischen besteht in der Fachwelt grundsaumltzlich Konsens daruumlber dass diese Fokussierung nicht zielfuumlhrend ist sondern dass

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

geeignete Konzepte fuumlr alle Mitarbeiterinnen und damit grundsaumltzlich prauml-ventiv ausgerichtet sein muumlssen So machte ein Befund von 2008 deutlich dass die Voraussetzungen fuumlr die Beschaumlftigungsfaumlhigkeit im Alter im Laufe der Berufsbiografie geschaffen werden in der Studie konnte ein Zusam-menhang zwischen der in einer Berufsgruppe subjektiv wahrgenommenen Qua litaumlt der Arbeit und den Arbeitsunfaumlhigkeits- und Fruumlhinvaliditaumltsraten sta tistisch nachgewiesen werden (vgl Priester 2008) Damit ist ein staumlrker ganzheitliches und umfassendes Verstaumlndnis von einer lebenslangen Beschaumlf-tigungsfaumlhigkeit in den Fokus der Uumlberlegungen geruumlckt das die Erwerbs-biografien aller Mitarbeiterinnen in der Belegschaft eines Betriebes beruumlck-sichtigt Es geht damit im Rahmen einer demografiesensiblen Personal politik nicht mehr nur um altersgerechtes Arbeiten am Ende sondern um alterns ge-rechtes Arbeiten waumlhrend des gesamten Erwerbslebens So wichtig spezielle altersspezifische Maszlignahmen sind so wenig reichen sie aus um kontinuier-liche Erwerbstaumltigkeit und damit Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt in der Personal-situation von Betrieben zu foumlrdern

In der wissenschaftlichen Literatur wird diese Lebenslaufperspektive da-rum sowohl als Analyseansatz als auch als Leitbild fuumlr die Politik des Wohl-fahrtsstaates verwendet (vgl Anxo et al 2010) Im Gleichstellungsbericht der Bundesregierung etwa wurde sie zugrunde gelegt um herauszuarbeiten wie unterschiedlich Lebenslaumlufe durch verschiedene Institutionen geformt wer-den welche kritischen Lebensereignisse und Uumlbergaumlnge dabei relevant sind welche Unterschiede es zwischen den Geschlechtern gibt und wo demzu-folge eine Gleichstellungspolitik ansetzen muss (vgl BMFSFJ 2011 insb 39 ff) Die Lebenslaufperspektive kann schlieszliglich ebenso als Orientierungs-rahmen fuumlr die Politik von Organisationen gelten z B hinsichtlich der Ge-staltung von Arbeitszeiten in unterschiedlichen Lebensphasen (vgl beispiels-weise ScheierHildebrandt 2010)

Ein personalwirtschaftliches Konzept das diese Erkenntnisse zugrunde legt sollte darum nicht nur eine generelle Orientierung am Lebenslauf bein-halten sondern vor allem auch die unterschiedlichen Schwellen und Uumlber-gaumlnge (beispielsweise Berufseinstieg nach der Ausbildung Familiengruumln-dung Pflege Angehoumlriger) im Lebensverlauf der Mitarbeiterinnen eines Be-triebes in den Blick nehmen lassen sich doch gerade diese Schwellen haumlufig als kritische Lebensphasen charakterisieren Sie erfordern darum jeweils spe-zifische UnterstuumltzungsangeboteVor dem Hintergrund arbeitspsychologischer Erkenntnisse ist daruumlber hin-aus zu beruumlcksichtigen dass der Unterstuumltzungsbedarf von Beschaumlftigten houmlchst unterschiedlich sein kann In der neueren arbeitspsychologischen For-

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1 Einfuumlhrung

schung wird nicht nur nach allgemeinen betrieblichen Rahmenbedingungen gefragt die die Arbeitsmotivation foumlrdern oder behindern koumlnnen sondern diese Rahmenbedingungen werden stets im Kontext individueller Merkmale betrachtet Bedingungen fuumlr die Arbeitszufriedenheit ergeben sich demnach aus Merkmalen der Person und aus Merkmalen der Arbeit (vgl Nerdinger et al 2008 432) d h jeder Mensch ist durch spezifische Motive (also Werte-dispositionen und Haltungen) gepraumlgt Motivation entsteht somit als bdquoPro-dukt aus individuellen Merkmalen von Menschen ihren Motiven und den Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation in der Anreize auf die Motive einwirken und sie aktivierenldquo (Nerdinger et al 2008 427 vgl auch Heckhau-senHeckhausen 2005)

Des Weiteren hat sich in der Arbeitspsychologie schon seit langem die Unterscheidung zwischen bdquoBelastungenldquo (als objektive Faktoren die auf den Menschen einwirken) und bdquoBeanspruchungenldquo (als individuell durchaus un-terschiedliche Auswirkungen dieser Faktoren auf den Menschen)1 etabliert Bestimmte Belastungen fuumlhren also nicht automatisch bei jeder Mitarbeite-rin oder jedem Mitarbeiter zu den gleichen Beanspruchungen Vielmehr wir-ken hier unterschiedliche Einflussfaktoren zusammen Dazu gehoumlren auf der einen Seite individuelle Faktoren etwa persoumlnliche Werthaltungen oder die familiaumlre Situation aus der sich sowohl unterstuumltzende Ressourcen als auch zusaumltzliche Belastungen ergeben koumlnnen Auf der anderen Seite beeinflusst auch die (spezifische) Gestaltung jeder Organisation die Wirkungsweise von Belastungen und damit das Beanspruchungsempfinden Jede Institution kann darum auch Ressourcen zum Umgang mit Belastungen bereitstellen ndash etwa durch Qualifizierungsangebote oder die Foumlrderung der Zusammenar-beit im Team

Es gibt inzwischen eine Reihe von Initiativen die an genau diesen Er-kenntnissen ansetzen Neben verschiedenen laumlnderspezifischen Ansaumltzen ist hier bundesweit vor allem die INQA2 zu nennen eine seit 2002 bestehen- de Gemeinschaftsinitiative von Bund Laumlndern Sozialversicherungstraumlgern Gewerkschaften Unternehmen und Stiftungen INQA bietet Tools zur Be-standsaufnahme und Handlungshilfen sowie Beratungs- und Auditierungs-programme um die Qualitaumlt der Arbeit fuumlr Unternehmen und Beschaumlftigte zu verbessern

1 vgl dazu grundlegend RohmertRutenfranz 1975 zusammenfassend beispielsweise Ulich 19912005 insbesondere Kapitel 72 INQA = Initiative fuumlr eine neue Qualitaumlt der Arbeit wwwinqade (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bdquoEs werden kuumlnftig nur Unternehmen innovativ wettbewerbsfaumlhig und erfolgreich sein denen es gelingt qualifizierte Fachkraumlfte zu ge-winnen sowie ihre Beschaumlftigten zu motivieren an sich zu binden und ihre Leistungsfaumlhigkeit zu erhaltenldquo3

Das Bundesministerium fuumlr Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundes-ministerium fuumlr Bildung und Forschung haben in den letzten Jahren ver-schiedene Programme zu diesem Themenfeld aufgelegt So hat das BMBF beispielsweise den Foumlrderschwerpunkt bdquoInnovationsfaumlhigkeit im demogra-fischen Wandelldquo4 initiiert mit dem vor allem die anwendungsorientierte Forschung gefoumlrdert wurde und wird und aus denen Publikationen (vgl bei-spielsweise BMBF 2010) und Internet-Plattformen5 hervorgegangen sind Mit der Forschungsagenda der Bundesregierung fuumlr den demografischen Wandel bdquoDas Alter hat Zukunftldquo6 hat die Bundesregierung im November 2011 ein ressortuumlbergreifendes Forschungskonzept beschlossen Die Vielfalt der Ini-tiativen kann als Indikator fuumlr den Handlungsdruck und die Bedeutung des Themas gewertet werden ndash aber auch dafuumlr dass es nach wie vor an Hand-lungswissen und noch mehr an seiner Umsetzung mangelt

Das Arbeitsfeld der sozialen Dienstleistungen und dabei insbesondere auch das der Kindertagesbetreuung findet in den bisherigen Publikationen Programmen und Initiativen zur Personalwirtschaft im demografischen Wandel kaum Beachtung Dieser geringe Stellenwert steht jedoch in einem deutlichen Missverhaumlltnis sowohl zur gesellschaftlichen Bedeutung der sozia-len Dienstleistungen als auch zum aktuellen Problemdruck in diesem Sektor

An dieser Ausgangssituation setzte das Projekt KONTI an Fuumlr die Studie wurden zunaumlchst die Rahmenbedingungen fuumlr das Personal in der Kinderta-gesbetreuung analysiert und sowohl nach bereits vorhandenen personalwirt-schaftlichen Konzepten der Traumlger von Kindertageseinrichtungen als auch nach Problemen Motiven und Beduumlrfnissen aus der Sicht der Beschaumlftigten gefragt Eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit so die erste Grundannahme im Projekt liegt sowohl im Interesse der Traumlger (die qualifiziertes Personal benoumltigen) als auch der Beschaumlftigten (aufgrund ihrer persoumlnlichen Motivati-

3 wwwinqadeDEMitmachen-Die-InitiativeUeber-unsDie-Initiative-kompaktdie-initiative-kom-pakthtml (Abruf am 18042016)4 wwwbmbfdefoerderungen15043php (Abruf am 18042016)5 wwwdemowerkzeugede (Abruf am 18042016) 6 wwwdas-alter-hat-zukunftde (Abruf am 18042016)

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1 Einfuumlhrung

on und ihrer sozialen Absicherung) Personalwirtschaftliche Konzepte zur Foumlrderung kontinuierlicher Erwerbstaumltigkeit so die zweite Grundannahme muumlssen daher die Aufgaben Anforderungen und Entwicklungstrends im Arbeitsfeld ebenso beruumlcksichtigen wie die Motivationsstrukturen Wuumlnsche und Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten

Der Ansatz einer solchen lebensphasenorientierten Personalwirtschaft muss dabei bdquoden unterschiedlichen Altersgruppen im Betrieb mit ihren je le-bensphasenspezifischen Anforderungen gerecht werdenldquo (Schilling 2008 90) und erfordert darum ein entsprechendes bdquobetriebliches Gesamtkonzeptldquo (ebd) das im Idealfall von einem Wissen uumlber den jeweils individuellen Be-darf aller seiner Beschaumlftigten d h uumlber deren persoumlnlichen Merkmale Wer-te Einstellungen und Motive ausgeht Erst auf dieser Basis kann es zielge-richtete Ressourcen zum Umgang mit vorgefundenen Belastungsfaktoren bereitstellen Ausgangspunkt eines solchen Ansatzes muss darum immer die jeweils spezifische Organisation und Personalsituation eines Betriebes und die Struktur und Zusammensetzung seiner Belegschaft sein Darum kann es grundsaumltzlich kein auf alle Betriebe uumlbertragbares personalwirtschaftliches Konzept geben Vielmehr ist es nur moumlglich eine Auswahl geeigneter Maszlig-nahmen zusammenzustellen aus denen die fuumlr jeden Betrieb erforderlichen Instrumente immer wieder neu kombiniert werden koumlnnen

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden zunaumlchst die Strukturen und Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes Kindertagesbetreuung darge-stellt (Kapitel 2) und anschlieszligend die Ergebnisse der drei empirischen Erhe-bungen im Projekt KONTI zusammengefasst Dabei werden die Sichtweise von Personalverantwortlichen der beteiligten Traumlger die Einstellungen von beschaumlftigten Erzieherinnen in unterschiedlichen Lebensphasen sowie von Berufsaussteigerinnen und die Perspektive von Leitungskraumlften vorgestellt (Kapitel 3) Als Ergebnis der Analyse wurden einige zentrale Handlungs-felder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die sich fuumlr die Akteure in der Praxis als besonders dringlich herausgestellt haben Dazu wur-den im weiteren Projektverlauf Beispiele guter Praxis aufgearbeitet und Moumlg-lichkeiten zu deren Weiterentwicklung mit Expertinnen diskutiert Die Er-gebnisse der empirischen Untersuchung sowie die Diskussionsergebnisse zu diesen ausgewaumlhlten und ganz unterschiedlichen Instrumenten mit denen die Personalwirtschaft von Kindertageseinrichtungen auf die demografische Entwicklung der naumlchsten Jahre reagieren und damit zur Personalbindung in ihren Kinderbetreuungsbetrieben beitragen kann bilden den Schwerpunkt dieser Publikation (Kapitel 4)

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2 DAS ARBEITSFELD ndash STRUKTUREN UND ENTWICKLUNGSTRENDS

Ein funktionsfaumlhiges System der Kindertagesbetreuung ist von hoher gesell-schaftlicher und oumlkonomischer Bedeutung Auf der einen Seite ist es eine wichtige Voraussetzung fuumlr eine altersangemessene Bildung Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum Schulalter auf der anderen Seite ist es eine bedeutende Bedingung fuumlr die Erwerbstaumltigkeit von Eltern Dementspre-chend haben sich sowohl die Zahl der betreuten Kinder als auch deren indi-viduelle Betreuungszeiten in den letzten Jahren erhoumlht Diese Entwicklung war gleichzeitig mit einem Anstieg des eingesetzten Personals in diesem Ar-beitsfeld verbunden Ein erheblicher Schub fuumlr diesen quantitativen Ausbau ergab sich vor allem aus dem im Jahre 2008 beschlossenen Kinderfoumlrderungs-gesetz mit dem fuumlr Kinder im Alter von zwoumllf Monaten bis unter drei Jahren ein subjektiver Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung eingefuumlhrt wurde (Art 1 Nr 7 und 8 KifoumlG sect 24 SGB VIII) der zum 01082013 in Kraft trat

Auf der qualitativen Ebene sind Kindertageseinrichtungen mit gesell-schaftlichen Entwicklungen konfrontiert die mit einem Anstieg sozialer Dis-paritaumlten und mit Veraumlnderungen der familiaumlren Strukturen einhergehen Zu nennen sind beispielsweise die steigende Zahl an Ein-Eltern- und soge-nannten Patchwork-Familien die angesichts wachsender Mobilitaumlt abneh-menden Unterstuumltzungsstrukturen der traditionellen Groszligfamilie oder auch die immer oumlfter festzustellende Uumlberforderung vieler Familien mit den Er-ziehungsaufgaben Ein besonders gravierendes Problem von Familien mit Kindern ist die wachsende Bedeutung von Armut (vgl ButterweggeKlundtZeng 2008) Ihr Anstieg ist bei Kindern und Jugendlichen deutlicher aus-gepraumlgt als bei Erwachsenen die regionalen Unterschiede sind erheblich (vgl Chasseacute 2014 411 f) Zusammenfassend muss festgestellt werden dass der Anteil an Kindern die aufgrund ihrer Entwicklungsbedingungen als bdquobil-dungsbenachteiligtldquo gelten muumlssen seit Jahren gewachsen ist Diese und an-dere Entwicklungen fuumlhren dazu dass der Familienfoumlrderung und damit gerade auch der Bildung Erziehung und Betreuung im Rahmen der Kinder-tagesbetreuung eine verstaumlrkt kompensatorische Funktion zukommt (vgl beispielsweise BuumlchnerSpieszlig 2007 SpieszligBuumlchelWagner 2003) Nach einer zusammenfassenden Analyse von Studien in verschiedenen Laumlndern bdquobele-gen vor allem die methodisch aufwaumlndigen Laumlngsschnittstudien der letzten Jahre kurz- und mittelfristig positive Effekte des Besuchs einer vorschulischen

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Einrichtung sofern diese eine hohe Betreuungsqualitaumlt aufweistldquo (AndersRoszligbach 2014 344) Vor allem als Folge der Debatten um die PISA-Studie ist in den letzten Jahren wieder staumlrker in den Mittelpunkt der oumlffentlichen Dis-kussion getreten was fachlich schon seit langem gefordert wird naumlmlich vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Erkenntnisse die fruumlhkind-liche Bildung aufzuwerten und der fruumlhen Foumlrderung von Kindern eine weit houmlhere Bedeutung zuzumessen als dies lange Zeit der Fall war Kindertages-einrichtungen und ihr Auftrag sind damit verstaumlrkt in das Zentrum des oumlf-fentlichen Interesses getreten

21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen fuumlr die fruumlhkindliche Bildung Foumlrde-rung und Betreuung werden in Deutschland durch das Kinder- und Jugend-hilfegesetz (KJHG bzw 8 Buch des Sozialgesetzbuchs SGB VIII) gesetzt Konkretisiert wird dieser Rahmen durch die Ausfuumlhrungsgesetze der ein-zelnen Bundeslaumlnder Inhaltlich beschraumlnkt sich das SGB VIII auf einige program matische Formulierungen zur Funktion von Kindertagesbetreuung (sect 22 Grundsaumltze der Foumlrderung)

bdquo(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen in denen sich Kinder fuumlr einen Teil des Tages oder ganztaumlgig aufhalten und in Gruppen gefoumlrdert werden [hellip] (2) Tageseinrichtungen fuumlr Kinder und Kin-dertagespflege sollen 1 die Entwicklung des Kindes zu einer eigen-verantwortlichen und gemeinschaftsfaumlhigen Persoumlnlichkeit foumlrdern 2 die Erziehung und Bildung in der Familie unterstuumltzen und er-gaumlnzen 3 den Eltern dabei helfen Erwerbstaumltigkeit und Kinder-erziehung besser miteinander vereinbaren zu koumlnnen (3) Der Foumlr-derungsauftrag umfasst Erziehung Bildung und Betreuung des Kin-des und bezieht sich auf die soziale emotionale koumlrperliche und geistige Entwicklung des Kindes Er schlieszligt die Vermittlung orien-tierender Werte und Regeln ein Die Foumlrderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand an den sprachlichen und sonstigen Faumlhig-keiten an der Lebenssituation sowie an den Interessen und Beduumlrf-nissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Her-kunft beruumlcksichtigenldquo

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

In sect 26 ist festgeschrieben dass das bdquoNaumlhere uumlber Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungenldquo durch Landesrecht bestimmt wird Die Ausfuumlhrungsgesetze der Laumlnder7 regeln insbesondere die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen die Mindeststandards im Hin-blick auf Personaleinsatz und Gruppengroumlszligen sowie moumlgliche Betreuungs-formen und -zeiten Daruumlber hinaus konkretisieren sie in unterschiedlicher Weise den Bildungsauftrag und Fragen der Qualitaumltsentwicklung Die Rah-menbedingungen fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen unterscheiden sich also je nach Bundesland erheblich insbesondere im Hinblick auf Finan-zierungsstrukturen und Personalbemessung aber auch bezuumlglich der inhalt-lichen Konkretisierung des Bildungsauftrags

22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung

Auf der Grundlage der Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes liegt die Ver-antwortung fuumlr die Sicherstellung der Kindertagesbetreuung im Wesentli-chen bei den oumlrtlichen Jugendaumlmtern also bei den Staumldten und Kreisen wo-bei die Leistungserbringung nicht allein durch die Kommune selbst sondern nach dem Subsidiaritaumltsprinzip (vgl sect 4 SGB VIII) haumlufig durch Traumlger der freien Jugendhilfe erfolgt Freie Traumlger sind vor allem die Kirchen und die groszligen Wohlfahrtsverbaumlnde daruumlber hinaus Elterninitiativen und ndash je nach Bundesland unterschiedlich ndash vereinzelt auch privatwirtschaftliche Anbieter Der Anteil der Beschaumlftigten die bei freien Traumlgern taumltig sind ist dabei von 58 Prozent im Jahr 1998 auf 68 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 20) Dieser Anstieg ist vor allem durch die Entwicklung in Ostdeutschland bedingt wo sich die Struktur nach und nach an die der westlichen Bundeslaumlnder angeglichen hat In den neuen Bundeslaumlndern ist der Anteil der Beschaumlftigten bei oumlffentlichen Traumlgern von 61 Prozent im Jahr 1998 auf 37 Prozent im Jahr 2014 gesunken (vgl ebd)

Das Traumlgerspektrum ist sehr heterogen Viele groszligstaumldtische Jugendaumlmter stellen eine Vielzahl von eigenen Einrichtungen bereit wobei diese in einigen Kommunen in eigenbetriebsaumlhnlichen Strukturen zu einem Gesamt betrieb zusammengefasst sind Eigene Jugendaumlmter gibt es nur in kreisfreien Staumldten und groumlszligeren kreisangehoumlrigen Kommunen so dass viele kleine Kommunen

7 vgl wwwbildungsserverdezeigenhtmlseite=1899 (Abruf am 18042016)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

uumlber Kindertageseinrichtungen aber nicht uumlber ein Jugendamt als fachlich steuernde Instanz verfuumlgen Manchmal haben kleine Kommunen nur eini - ge wenige eigene Einrichtungen wobei es Regionen gibt in denen (fast) die gesamte Infrastruktur durch freie Traumlger angeboten wird Im kirchlichen Bereich unterhalten zum einen die groszligen Verbaumlnde (Caritas und Diakonie) eigene Einrichtungen zum anderen gibt es nach wie vor eigene Kindergaumlrten von Kirchengemeinden die den Gemeindepfarrerinnen und den ehrenamt-lichen Leitungsstrukturen der Gemeindegremien unterstehen In einigen Re-gionen wurden in den letzten Jahren Zweckverbaumlnde gebildet in denen die Einrichtungen der oumlrtlichen Kirchengemeinden zusammengefasst wurden und nun zentral verwaltet werden Die Arbeiterwohlfahrt und das Deutsche Rote Kreuz sind als Wohlfahrtsverbaumlnde regional oder auf der Ebene von Bundeslaumlndern organisiert so dass die Kindertageseinrichtungen wie bei Diakonie und Caritas einen Teil ihres Angebotsspektrums neben anderen sozialen Dienstleistungen bilden Der Deutsche Paritaumltische Wohlfahrtsver-band ist nicht selbst Traumlger von Einrichtungen sondern ist ein Dachverband von zumeist kleinen Traumlgern (beispielsweise Elterninitiativen) der seinen Mitgliedern bestimmte Dienstleistungen und Beratungsangebote zur Verfuuml-gung stellt Privat-gewerbliche Anbieter sowie betriebliche Kindertagesein-richtungen als eigene Angebote privater oder oumlffentlicher Wirtschaftsunter-nehmen spielen mit 22 Prozent der Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte barometer 2014 21) nach wie vor nur eine marginale Rolle Leicht angestiegen ist in den letzten Jahren der Anteil sonstiger juristischer Per-sonen und Vereinigungen zu denen beispielsweise private Initiativen (mit vielfach innovativen Angebotsformen) gehoumlren die zwar eine gemeinnuumltzige Rechtsform (beispielsweise gGmbH) besitzen aber keinem Verband ange-schlos sen sind (vgl Stoumlbe-Blossey 2015a 113 ff) Das Spektrum der Arbeit-geber im Bereich der Kindertagesbetreuung ist somit sehr differenziert und reicht von groszligen Verwaltungen und ndash teilweise spezialisierten ndash Verbaumlnden bis hin zu ehrenamtlich geleiteten Einzeleinrichtungen

23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf

Waumlhrend noch vor wenigen Jahren angesichts der demografischen Entwick-lung ein Ruumlckgang des Personalbedarfs in der Kindertagesbetreuung be-fuumlrchtet wurde (und damit die Arbeitslosigkeit von Fachkraumlften) ist inzwi-schen ein quantitativer Ausbau zu beobachten (vgl SellKersting 2010) Der

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Zuwachs der Beschaumlftigtenzahlen war in den letzten Jahren erheblich Zwi-schen 2006 und 2014 kamen bundesweit rund 195000 Beschaumlftigte im Arbeits-feld der Kindertageseinrichtungen hinzu wobei der Anstieg in Westdeutsch-land besonders stark war (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 17) Damit war in diesem Arbeitsfeld im Jahr 2014 ein (vorlaumlufiger) Houmlchststand von 609900 Beschaumlftigten zu verzeichnen (vgl ebd) Umgerechnet in Voll-zeitaumlquivalente bedeutet dies eine Zunahme von gut 281600 Arbeitsplaumltzen im Jahr 2006 auf etwa 424800 im Jahr 2014 (vgl ebd 19) Die Zahl der Ar-beitslosen mit einer entsprechenden Qualifikation hat seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen vom Houmlchststand 1997 mit rund 63000 re-gistrierten Arbeitslosen ist sie bis 2013 auf etwa 16000 zuruumlckgegangen (vgl ebd 48) An der geschlechtsspezifischen Aufteilung hat sich in den letzten Jahren hingegen nichts geaumlndert der Anteil der Maumlnner in diesem Arbeits-feld bleibt mit 48 Prozent extrem gering (vgl ebd 26)

Die Differenz zwischen Beschaumlftigtenzahlen und Vollzeitaumlquivalenten weist bereits auf die hohe Bedeutung der Teilzeitarbeit in Kindertageseinrich-tungen hin Der Anteil der Vollzeitbeschaumlftigten in diesem Arbeitsfeld ist von 52 Prozent der Beschaumlftigten im Jahr 1998 auf etwa 40 Prozent im Jahr 2014 kontinuierlich gesunken Waumlhrend die Anzahl der Vollzeitstellen in diesem Zeitraum um 22 Prozent anstieg hat sich die Menge der Teilzeit-stellen nahezu verdoppelt Dieser Anstieg betraf alle Formen der Teilzeit-arbeit also sowohl Teilzeitstellen mit einer Wochenarbeitszeit unter 21 Stun-den als auch Stellen mit einem Umfang von 21 bis unter 32 Stunden und vollzeitnahe Stellen mit zwischen 32 und 385 Stunden Wenn auch dieser Trend bundesweit zu beobachten ist so stellt sich die Entwicklung im Wes-ten und im Osten dennoch unterschiedlich dar In Ostdeutschland waren in den 1990er Jahren im Zuge des Stellenabbaus viele Vollzeitstellen in voll-zeitnahe Stellen umgewandelt worden sodass dort der Anteil der Vollzeit-stellen bereits 1998 unter der 25-Prozent-Marke gelegen hatte Seit diesem Zeitpunkt blieb er ndash nach einem Einbruch in 2006 ndash konstant (vgl Autoren-gruppe Fachkraumlftebarometer 2014 29) Im Westen ist der Anteil an Vollzeit-stellen zwischen 1998 und 2014 von 59 Prozent auf 44 Prozent zuruumlckgegan-gen (vgl ebd 30) In der Vergangenheit wurde vielfach die Auffassung ver-treten dass eine Teilzeittaumltigkeit ndash insbesondere fuumlr die Gruppenleitungen ndash nicht moumlglich waumlre weil sie die Kontinuitaumlt der Betreuungspersonen fuumlr die Kinder gefaumlhrden wuumlrde Ein gewisses Umdenken hat hier zum einen der Anstieg der Anzahl von Ganztagsplaumltzen mit laumlngeren Betreuungszeiten mit sich gebracht die zur Abdeckung des gesamten Zeitvolumens eine Kombi-nation von Vollzeit- und Teilzeitstellen erforderte Zum anderen wuchs mit

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

dem steigenden Fachkraumlftebedarf die Bereitschaft der Traumlger auf Arbeitszeit-wuumlnsche von Mitarbeiterinnen einzugehen die aus familiaumlren Gruumlnden ihre Arbeitszeit reduzieren wollten

Die Unterschiede zwischen den westlichen und oumlstlichen Bundeslaumln - dern zeigen sich auch bei der Frage ob es sich bei der Teilzeitbeschaumlftigung um eine erwuumlnschte oder unfreiwillige Teilzeit handelt Eine Analyse von Eva Strunz (2015) auf der Basis des Mikrozensus 2011 bestaumltigt dass fuumlr west-deutsche Erzieherinnen die weniger als 32 Stunden arbeiten vor allem fa-miliaumlre Gruumlnde ausschlaggebend sind 36 Prozent geben als Motiv die Be-treuung von Kindern Pflegebeduumlrftigen oder Menschen mit Behinderungen und weitere 33 Prozent sonstige persoumlnliche oder familiale Gruumlnde an 37 Prozent der ostdeutschen Erzieherinnen in Teilzeitbeschaumlftigung er-klaumlrten hingegen dass sie keine Vollzeitstelle finden konnten Betreuungs- oder sonstige persoumlnliche oder familiale Verpflichtungen waren hier nur fuumlr 26 Prozent der Befragten von Bedeutung (vgl Autorengruppe Fachkraumlfte-barometer 2014 30)

24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe

Die dominierende Berufsgruppe in Kindertageseinrichtungen sind Erzieherinnen Sie werden an Fachschulen bzw Fachakademien nach landesrechtlich unterschiedlichen faktisch aber relativ aumlhnlichen Regelungen auf der Basis einer Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK 2002) ausge-bildet Voraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss Bei der Ausbildung zur Erzieherinzum Erzieher lassen sich grundsaumltzlich zwei Modelle unter-scheiden ndash das additive Modell als eine zweijaumlhrige uumlberwiegend fachtheoretische

Ausbildung mit anschlieszligendem einjaumlhrigem Berufspraktikum sowie ndash das integrative Modell als eine dreijaumlhrige Ausbildung an der Fachschule

inklusive Praxisphasen

Daruumlber hinaus existiert in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen eine bdquoPraxisintegrierte Ausbildungldquo (PIA) in der fachtheoretische Inhalte Praktika und Anerkennungsjahr miteinander staumlrker verzahnt wurden Mit dem Traumlger der Kindertageseinrichtung wird dazu ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen der auch eine Verguumltung vorsieht (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 67 ff)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Im Deutschen Qualifikationsrahmen fuumlr Lebenslanges Lernen (DQR)8 wird die Erzieherinnen-Ausbildung an einer Fachschule auf demselben Niveau (Stufe 6) wie ein Bachelor-Studium eingestuft In den neuen Bundeslaumlndern verfuumlgten im Jahr 2014 ca 87 Prozent der Beschaumlftigten uumlber einen derar-tigen Berufsbildungsabschluss im Westen waren es 66 Prozent Im Westen besaszligen 16 Prozent einen Abschluss als Kinderpflegerin oder aumlhnliche un-terhalb des Niveaus der Erzieherinnen angesiedelte Qualifikationen Diese spielen im Osten praktisch keine Rolle Etwa 10 Prozent der Beschaumlftigten hatten im Jahr 2014 eine andere Ausbildung befanden sich noch in der Ausbildung oder waren ohne Abschluss (vgl ebd 31) Entgegen anderslau-tenden Befuumlrchtungen hat sich der Ausbau der Kindertagesbetreuung somit bislang nicht auf Kosten der Fachlichkeit des Personals vollzogen

Der Anteil der Beschaumlftigten mit Hochschulabschluss lag bundesweit ndash mit leicht steigender Tendenz ndash bei ca 5 Prozent Darunter befanden sich gut 3000 Absolventinnen von speziell auf die fruumlhe Bildung bezogenen kindheitspaumldagogischen Studiengaumlngen Die Anzahl der Kindheitspaumldagoginnen hat sich somit seit 2012 dem ersten Jahrgang in dem sie in der Sta-tistik separat ausgewiesen sind verdreifacht (vgl ebd 34) In den letzten Jahren sind zahlreiche und sehr unterschiedlich konzipierte Studiengaumlnge entstanden die ndash als Erstausbildung oder Weiterbildung ndash eine akademische Qualifikation fuumlr die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vermitteln9

Im Jahr 2003 wurde erstmals in Deutschland ndash damals noch umstritten ndash ein fruumlhpaumldagogischer Studiengang an der Alice-Salomon-Hochschule in Ber-lin eingerichtet Angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeit fuumlr die fruumlh-kindliche Bildung und der Existenz einer akademischen Ausbildung in den meisten europaumlischen Laumlndern wurde die Akademisierung fruumlhpaumldagogi-scher Fachkraumlfte in Kindertageseinrichtungen in der Folgezeit zu einem zen-tralen Thema in der bundesdeutschen Diskussion um die Weiterentwicklung von fruumlhkindlicher Bildung Erziehung und Betreuung Daruumlber hinaus be-schleunigte der parallel einsetzende Bologna-Prozess zur Internationalisie-rung und Modularisierung von Studiengaumlngen den Ausbau von Studien-gaumlngen zur Fruumlhen Kindheit enorm Fuumlr die (Fach)Hochschulen ergaben sich aus diesem Prozess sowohl die Moumlglichkeiten als auch wettbewerbliche

8 Der DQR wurde zum Zweck der Vergleichbarkeit der historisch gewachsenen Sektoren des deut-schen Bildungssystems konzipiert Er besteht aus einer umfangreichen sektorenuumlbergreifenden Matrix die der Einordnung von Qualifikationen dient9 Zur Entwicklung der Studiengaumlnge vgl KlaudySchuumltzStoumlbe-Blossey 2014

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Anreize neue Studiengaumlnge mit unterschiedlicher Spezialisierung zu entwi-ckeln (vgl zusammenfassend Speth 2010 169 ff) Nach der Einrichtung des ersten Studiengangs in Berlin im Jahr 2003 entstanden bis zum Jahr 2010 etwa 60 kindheitspaumldagogische Studiengaumlnge bis zum Jahr 2015 hat sich die Anzahl auf 118 (an 82 Standorten) nahezu verdoppelt (vgl Altermann et al 2015 10) Ein Teil dieser Studiengaumlnge ist grundstaumlndig angelegt andere bauen als konsekutive Studiengaumlnge auf einer abgeschlossenen Erzieherin-nen-Ausbildung auf Zwar zeigt sich dass die Absolventinnen keineswegs immer in einer Kindertageseinrichtung arbeiten wollen (vgl ebd 33 ff) je-doch kommt seit einiger Zeit wie die zitierten Zahlen zeigen nach und nach eine wachsende Zahl an Kindheitspaumldagoginnen auf den Arbeitsmarkt In einem Feld das traditionell durch eine fachschulische Ausbildung gepraumlgt ist stellt die Pluralisierung der Qualifizierungswege eine Innovation dar die von Konflikten Unsicherheiten und Ambivalenzen begleitet wird

25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung

Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen in kommunaler Traumlgerschaft wer-den nach dem Tarifvertrag fuumlr den oumlffentlichen Dienst (TVoumlD) der Kom mu-nen fuumlr Sozial- und Erziehungsdienste bezahlt Freie Traumlger haben groumlszligte n-teils eigene Tarifvertraumlge die sich allerdings oft am TVoumlD orientieren (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 59) Nach Berechnungen auf der Grundlage der Entgeltstatistik der Bundesagentur fuumlr Arbeit verdienten die Beschaumlftigten in Kindertageseinrichtungen im Jahr 2014 auf einer Vollzeit-stelle mit durchschnittlich 2630 Euro pro Monat etwa 300 Euro weniger als der Durchschnitt aller maumlnnlichen Arbeitnehmer ndash allerdings 300 Euro mehr als der Durchschnitt aller weiblichen Beschaumlftigten (vgl Autorengruppe Fach-kraumlftebarometer 2014 59)

Das Bruttogehalt einer in die Entgeltgruppe S2 eingruppierten Beschaumlf-tigten die die Taumltigkeit einer Kinderpflegerin ausuumlbt lag nach der bis zum 30062015 geltenden Fassung des TVoumlD10 im Jahr 2015 in der Eingangsstu - fe bei 1960 Euro monatlich eine Leiterin einer sehr groszligen Einrichtung (mit mindestens 180 Plaumltzen) konnte in der Endstufe der Gruppe S17 4749 Euro erhalten Staatlich anerkannte Kinderpflegerinnen (S3) starteten mit 2043 Euro monatlich Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung (S6)

10 vgl zu den folgenden Angaben httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsue (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mit 2367 Euro in den Endstufen kamen sie auf 2679 bzw 3289 Euro Er-zieherinnen mit besonders schwierigen fachlichen Taumltigkeiten konnten in der Gruppe S8 mit 2478 Euro monatlich beginnen und in der Endstufe bis zu 3732 Euro erhalten Wenn eine Erzieherin fachlich schwierige Taumltigkei-ten von mindestens drei Beschaumlftigten der Gruppe S8 koordiniert waren in der Gruppe S9 je nach Stufe zwischen 2579 und 3750 Euro erreichbar Als besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten werden vor allem die Arbeit mit Kindern mit Behinderungen sowie einrichtungsuumlbergreifende und koordi-nierende Aufgaben definiert

Als Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen im Jahr 2015 wurden fuumlr Kin derpflegerinnen die monatlichen Entgelte erhoumlht so erhaumllt eine staatlich anerkannte Kinderpflegerin in der Eingangsstufe der Gruppe S3 seitdem ein um 61 Euro erhoumlhtes Monatsgehalt Die Taumltigkeitsmerkmale von Erzieherinnen wurden aus der Gruppe S6 in die neu geschaffene Gruppe S8a uumlber-fuumlhrt was in der Eingangsstufe eine Steigerung des Gehalts um 93 Euro mo-natlich bedeutet In den Endstufen fallen die Anstiege mit 112 bzw 138 Euro monatlich etwas houmlher aus Fuumlr die Taumltigkeitsmerkmale der in S8 eingrup-pierten Erzieherinnen wurde eine neue Gruppe S8b geschaffen deren Ent-gelt nun identisch mit der Gruppe S9 ist Die Anstiege sind geringer als fuumlr Erzieherinnen im Allgemeinen und machen sich schwerpunktmaumlszligig in den houmlheren Dienstaltersstufen bemerkbar

Bei einem Aufstieg zur Leitung einer Einrichtung begann das Gehalt bis 2015 in der Gruppe S7 mit 2406 Euro und steigerte sich je nach Anzahl der Plaumltze in der Einrichtung Ab 40 Plaumltzen kam die Stufe 10 mit einem Ein-gangsgehalt von 2590 Euro zur Anwendung bei 70 Plaumltzen die Stufe 13 mit 2880 Euro bei 100 Plaumltzen S 15 mit 2913 Euro bei 130 Plaumltzen S 16 mit 3025 Euro und bei 180 Plaumltzen schlieszliglich S 17 mit 3103 Euro Das End-gehalt lag jeweils um gut 50 Prozent uumlber dem Anfangsgehalt der jeweili gen Stufe Stellvertretende Leitungen wurden ab einer Einrichtungsgroumlszlige von 70 Plaumltzen jeweils in die Entgeltgruppe von Leitungen der naumlchstkleineren Einrichtungsgroumlszlige eingruppiert Mit dem Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen wurden die beschriebenen Stufenzuordnungen veraumlndert Die Leitung einer kleinen Einrichtung wird nun statt nach Stufe 7 nach Stufe 9 bezahlt was in der Eingangsstufe einen Anstieg um 74 Euro monatlich be-deutet Die Leitungen und die Stellvertretungen der groumlszligeren Einrichtungen steigen jeweils in die Stufe die vorher der naumlchsthoumlheren Groumlszligenklasse vorbehalten war so dass beispielsweise die Leitung einer Einrichtung mit 40 bis 69 Plaumltzen nun in Stufe 13 in der Eingangsstufe ein um 290 Euro houmlheres Gehalt erhaumllt Besonders groszlig ist die Differenz fuumlr Leitungen einer sehr gro-

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

szligen Einrichtung die nun in S18 eingruppiert sind und in der Eingangsstufe 342 Euro mehr erhalten als vorher und in der Endstufe 5197 Euro monatlich bekommen Fuumlr die Leitungen der anderen Groumlszligenklassen fallen die Erhouml-hungen geringer aus

Ein Aufstieg ist somit in begrenztem Maszlige uumlber besonders schwierige fachliche Taumltigkeiten moumlglich im Wesentlichen ist jedoch die Uumlbernahme von Leitungsfunktionen die Voraussetzung fuumlr eine finanzielle Weiterent-wicklung Dies gilt im Uumlbrigen auch fuumlr Kindheitspaumldagoginnen mit Ba-chelor-Abschluss die in der Regel auf Erzieherinnen-stellen eingesetzt wer-den An dieser Situation hat sich durch das Ergebnis der Tarifauseinander-setzungen nichts geaumlndert

Neben dem Gehalt gehoumlrt zum Thema der Arbeitsbedingungen noch die Frage der Befristung Im Jahr 2014 waren 16 Prozent der Erzieherinnen und 18 Prozent der Kinderpflegerinnen befristet beschaumlftigt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 56) Im Vergleich zum Jahr 2011 bedeutet dies eine Steigerung um 3 bzw 4 Prozentpunkte Damit liegen die Anteile befris-teter Beschaumlftigungsverhaumlltnisse uumlber dem Durchschnitt sowohl der Frauen (11 Prozent) als auch der Maumlnner (8 Prozent vgl ebd 57)

26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze

Nach Prognosen aus dem Jahr 2014 werden bis zum Jahr 2025 etwa 200000 Fachkraumlfte das Arbeitsfeld verlassen Dies haumlngt zunaumlchst mit der Altersstruk-tur zusammen die sich zwischen 1998 und 2014 deutlich veraumlndert hat 1998 lag der Anteil der Fachkraumlfte im Alter von uumlber 45 Jahren bei rund 22 Pro-zent 2014 betrug er 41 Prozent (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebarometer 2014 26) Daher wird zum einen die Anzahl derjenigen die wegen Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen in den naumlchsten Jahren erheblich steigen Zum anderen basieren die Prognosen darauf dass auf der Grund - la ge der Erfahrungen vergangener Jahre viele Beschaumlftigte das Arbeitsfeld vor-zeitig verlassen werden ndash mit einer Erwerbsminderungsrente oder aus ande-ren Gruumlnden

Im Jahr 2011 erreichten nur 18 Prozent der Beschaumlftigten die im Ar-beitsfeld Kindertageseinrichtung in Rente gingen die Regelaltersgrenze von 65 Jahren Fast 40 Prozent der uumlberwiegend weiblichen Beschaumlftigten be-zogen bereits zum (damals) fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt mit 60 Jahren ihre Rente Damit verlassen Beschaumlftigte in Kindertageseinrichtungen ihr Arbeits-feld deutlich fruumlher als Frauen in anderen Berufen Im Jahr 2011 hatten ins-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

gesamt 42 Prozent der Frauen bei ihrem Renteneintritt die Regelaltersgrenze erreicht Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten an allen Rentenzugaumlngen ist bei Beschaumlftigen in Kindertageseinrichtungen um 25 Prozent houmlher als bei den erwerbstaumltigen Frauen insgesamt (vgl Autorengruppe Fachkraumlftebaro-meter 2014 52)

Das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung ist somit bei rentennahen Jahr-gaumlngen in besonderem Maszlige vom vorzeitigen Berufsausstieg seiner Beschaumlf-tigten betroffen Aber auch im Hinblick auf juumlngere Beschaumlftigte wird immer wieder darauf hingewiesen dass sie oft schon nach wenigen Jahren den Be -ruf wieder verlassen ndash genaue Zahlen daruumlber liegen allerdings nicht vor Gruumlnde dafuumlr koumlnnen in gesundheitlichen Belastungen durch den Beruf lie-gen So kommt das Projekt bdquoSTEGE ndash Strukturqualitaumlt und Erzieher_innen-gesundheit in Kindertageseinrichtungenldquo in dem 2744 Kita-Beschaumlftigte in Nordrhein-Westfalen befragt wurden zu dem Ergebnis dass Erzieherinnen ihren Gesundheitszustand im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen mit gleicher Bildung in der deutschen Bevoumllkerung im Durchschnitt als deutlich schlech-ter empfinden und haumlufiger durch gesundheitliche Belastungen dauerhaft im Alltag eingeschraumlnkt sind (ViernickelVoss 2013 8) Daruumlber hinaus sind einer GEW-Studie (Fuchs-Rechlin 2007) zufolge ca zwei Drittel der befrag-ten Erzieherinnen mit der gesellschaftlichen Anerkennung des Berufes un-zufrieden knapp 54 Prozent mit der Bezahlung und gut 60 Prozent mit den beruflichen Aufstiegsmoumlglichkeiten (vgl Fuchs-Rechlin 2007 34)

Legt man die eingangs beschriebene Lebenslaufperspektive zugrunde so lassen sich anhand der Beruumlcksichtigung von kritischen Lebensereignissen und Uumlbergaumlngen drei zentrale Schwellen identifizieren an denen gehaumluft Be-rufsausstiege stattfinden ndash Ausbildung und Berufsintegration Vielfach verlassen gerade qualifizierte

Mitarbeiterinnen bereits unmittelbar oder kurz nach der Ausbildung ihr Taumltigkeitsfeld um sich weiterzuqualifizieren Diese Weiterqualifizierun-gen fuumlhren bislang in der Regel in andere Berufe und nicht in eine houmlher-wertige Taumltigkeit in der Kindertagesbetreuung

ndash Familiengruumlndung Eine zweite Schwelle fuumlr Beschaumlftigte in der Kinderta-gesbetreuung steht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Familienfreundliche Arbeitszeit- und Dienstplanmodelle stellten ebenso wie an den Bedarfen der Beschaumlftigten orientierte Teil-zeitmodelle lange Zeit eine Ausnahme dar (vgl Klaudy 2010) Viele Be-schaumlftigte kehren deshalb nach einer Berufsunterbrechung nicht in ih - ren Beruf zuruumlck sondern uumlbernehmen beispielsweise Spielgruppen und an dere Angebote auf Honorarbasis oder in geringfuumlgiger Beschaumlftigung

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

die mit einer Dequalifizierung verbunden sind und zu Einbuszligen bei der Alterssicherung dieser Beschaumlftigten fuumlhren

ndash Alter Die dritte Schwelle schlieszliglich betrifft den vorzeitigen Berufsaus-stieg im Alter und somit das Themenfeld der nachhaltigen und alternsge-rechten Arbeitsgestaltung Die quantitative Bedeutung dieses Problems waumlchst angesichts des gestiegenen Anteils an aumllteren Beschaumlftigten Zu-saumltzlich verschaumlrft wird sie durch eine andere Form von Reproduktions-verpflichtungen naumlmlich durch die Konfrontation vieler aumllterer Mitar-beiterinnen mit der Pflegebeduumlrftigkeit von Angehoumlrigen vor allem der eigenen Eltern

27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen

Mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veraumlnderungen gehen eine steigende Vielfalt etwa an Lebensstilen und Kulturen und damit auch ein Wandel der Kindheit einher ndash mit neuen Anforderungen auch an die Fami-lien Gerade Kindertageseinrichtungen muumlssen hierauf in vielfaumlltiger Weise reagieren Neben einer bedarfsgerechten Gestaltung der Angebote muumlssen sie auch Organisation und Management der Kinderbetreuungsbetriebe an-passen Anpassungserfordernisse ergeben sich z B mit Blick auf

ndash die Groumlszlige der Einrichtungen und das Alter der Kinder Ausgehend vom Alter der Kinder werden diese von 4 Monaten bis hinein ins schulpflichtige Alter in Kindertageseinrichtungen betreut Die Groumlszlige der Einrichtungen reicht von einer Gruppe mit beispielsweise 15 Kindern bis zu Einrichtun-gen mit mehr als sieben Gruppen und uumlber 160 Kindern Dabei werden Kinder in altershomogenen und altersheterogenen Gruppen mit einem unterschiedlichen Stundenvolumen betreut wobei die zeitlichen Moumlg-lichkeiten in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt sind Mit dem Ausbau der U3-Betreuung werden viele Einrichtungen erweitert und es kommen zunehmend juumlngere Kinder hinzu

ndash die innereOumlffnungderKindertageseinrichtungen Waumlhrend der bdquoklassische Kindergartenldquo die Arbeit in Gruppen vorsah wird seit Ende der 1970er Jahre der bdquooffene Kindergartenldquo (vgl RegelKuumlhne 2001) zunehmend be-liebter Seither werden vielfaumlltige Formen der bdquoinneren Oumlffnungldquo prakti-ziert z B werden offene teiloffene und gruppenuumlbergreifende Angebote und Projekte und ebenso ein offenes Arbeiten in Bildungs- und Funktions-bereichen angeboten Dieser Entwicklung werden einerseits groszlige Chan-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

cen zugeschrieben da der Ansatz dem selbstbestimmten und selbstorga-nisierten Lernen von Kindern entgegenkommt und auch den paumldagogi-schen Fachkraumlften Moumlglichkeiten fuumlr einen kompetenzorientierten Ar-beitseinsatz bietet Andererseits wird den Oumlffnungskonzepten kritisch entgegengehalten dass sie sich wegen des fehlenden Gruppenzusammen-halts negativ auf die kindliche Entwicklung insbesondere sehr junger Kinder auswirken Haumlufig bestehen Bedenken und auch Aumlngste im Zu-sammenhang mit erhoumlhten Anforderungen an die organisatorische und inhaltliche Abstimmung sowie die Zusammenarbeit im Team insgesamt Daruumlber hinaus fuumlhrt die bdquoOumlffnungldquo zu neuen Zustaumlndigkeiten und Ver-antwortlichkeiten im Team Festzuhalten bleibt dass die offene Arbeit nicht nur mehr Abstimmung und Zusammenarbeit erfordert sondern auch transparentere Strukturen die bewirken dass die Arbeit der einzel-nen Erzieherinnen oumlffentlicher wird (vgl Doumlrfler 1994 108 ff)

ndash die Zusammensetzung der Teams hin zur Multiprofessionalitaumlt (vgl Froumlhlich-Gildhoff et al 2014) Erkenntnisse der Hirnforschung belegen dass in den ersten Lebensjahren entscheidende Weichen fuumlr das Lernen und den persoumlnlichen Bildungserfolg eines Menschen gestellt werden Als Folge wird in Kitas den Bildungsaufgaben mehr Aufmerksamkeit geschenkt Erzieherinnen werden zu Expertinnen fuumlr fruumlhkindliche Bildung die die individuellen Entwicklungspotenziale der Kinder erkennen und best-moumlglich foumlrdern sollen Weitere Anforderungen wie z B die Zunahme von bdquoFamilienzentrenldquo (Stoumlbe-Blossey 2010) der hohe Anteil von Famili-en mit Migrationshintergrund und die Entwicklung hin zu inklusiv ar-beitenden Einrichtungen fuumlhren dazu dass auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Fachkraumlfte im Umbruch sind Multiprofessionali-taumlt wird als Schlagwort fuumlr die Zusammenarbeit unterschiedlichster Fach-richtungen verwendet und meint ein Verstaumlndnis der fachuumlbergreifenden Zusammen arbeit verschiedener Professionen bei der unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen die Bearbeitung und Loumlsung komplexer Arbeitsanforderungen Probleme oder Faumllle ermoumlglichen (vgl Rannen-berg-Schwerin 2012 20) In der Praxis der Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen uumlbli-cher wird So arbeiten mittlerweile z B neben den Erzieherinnen und anderen sozial paumldagogischen Fachkraumlften auch Heilpaumldagoginnen Psy-chologinnen und andere Expertinnen in einer Kindertageseinrich-tung Quereinsteigerinnen mit anderem Berufshintergrund sowie die zu-nehmende Vernetzung und Kooperation mit externen Fachleuten und Diensten bereichern zudem die Fachlichkeit in der Kita

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

ndash das Management der Einrichtungen das ein zunehmendes Maszlig an Professi-onalitaumlt erfordert um den unterschiedlichen Anforderungen und Vor-aussetzungen mit einer guten Qualitaumlt in der Angebotsgestaltung gerecht werden zu koumlnnen ∙ Kindertageseinrichtungen werden sowohl geleitet von Erzieherinnen

mit und ohne entsprechende zusaumltzliche Qualifikation als auch von Fachkraumlften mit (Fach)Hochschulabschluss Ergebnisse der Expertise bdquoSchluumlssel zu guter Bildung Erziehung und Betreuungldquo zeigen dass inzwischen ca 19 Prozent der Leitungen uumlber einen akademischen Abschluss verfuumlgen (vgl Viernickel et al 2013 42)

∙ Leitungskraumlfte erfuumlllen ihre Leitungsaufgaben mit oder ohne (Teil)Freistellung von der paumldagogischen Arbeit und werden nur z T durch Stellvertreterinnen ebenfalls mit oder ohne (Teil)Freistellung unter-stuumltzt oder in Abwesenheit vertreten

∙ die Organisation von Fuumlhrung und Leitung der Kinderbetreuungs-betriebe erfolgt daneben z B in groumlszligeren Einrichtungen durch zu-saumltzliche bdquoTeamleitungenldquo Bei einigen Traumlgern wird inzwischen mit bdquoVerbund-ldquo oder bdquoGebietsleitungenldquo gearbeitet die fuumlr zwei oder mehr Kindertageseinrichtungen zustaumlndig sind Hier gibt es innerhalb jeder Einrichtung lediglich Ansprechpartnerinnen oder stellvertretende Lei-tungen die nur z T uumlber eine eigene (Teil)Freistellung verfuumlgen

Diese exemplarische Zusammenstellung zum Anpassungsbedarf der Orga-nisation von Kindertageseinrichtungen verdeutlicht die Komplexitaumlt des notwendigen Anpassungsaufwands wenn eine tragfaumlhige und qualitativ an-spruchsvolle Antwort auf die unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen gefunden werden soll Die dargestellte Vielfalt erhoumlht als Folge auch die Anforderungen an das Team und die Leitung und nicht zuletzt auch an die Unterstuumltzung durch den Traumlger

28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen

Die gesellschaftlichen Anforderungen denen die Kindertagesbetreuung ge-genuumlbersteht und die steigende Aufmerksamkeit fuumlr den Stellenwert fruumlh-kindlicher Bildung haben zu einer quantitativen wie qualitativen Erweite-rung des Aufgabenspektrums der Beschaumlftigten gefuumlhrt So haben vor dem Hin tergrund des steigenden Bedarfs an fruumlher Foumlrderung alle Bundeslaumlnder

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Bildungsleitlinien fuumlr Kindertageseinrichtungen verabschiedet Konzepte zur Vorbereitung und Begleitung des Uumlbergangs vom Kindergarten in die Grund-schule formuliert und Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Fruumlherkennung und Entwicklungsbegleitung eingefuumlhrt (vgl Stoumlbe-Blossey Torluumlmke 2010) Festzustellen ist weiterhin eine ndash von den einzelnen Bun-deslaumlndern in unterschiedlicher Weise politisch geforderte und gefoumlrderte ndash Funktionserweiterung von Kindertageseinrichtungen als Zentren fuumlr Kinder und Familien und als niedrigschwellige Instanz zur Buumlndelung von Bera-tungs- und Familienbildungsangeboten im Sozialraum (Stoumlbe-Blossey 2010) Gleichzeitig laumlsst sich eine Verdichtung von Taumltigkeiten feststellen In Kin-dertageseinrichtungen fuumlhrten die Entwicklungen z B bei den Fachkraumlften zu einem weitgehenden Wegfall von Vor- und Nachbereitungszeiten fuumlr die paumldagogische Arbeit mit den Kindern (vgl AGJ 2011 10)

Neue Anforderungen hervorgerufen beispielsweise durch das neue Bil-dungsverstaumlndnis in der Fruumlhpaumldagogik Bildungsleitlinien oder ein neues Bild von der Zusammenarbeit mit Eltern haben Einfluss auf die gesellschaft-lichen Erwartungen an die Erzieherinnen und auf ihr eigenes Selbstver-staumlndnis Vor diesem Hintergrund sind Erzieherinnen von Rollenunsicher-heit und -konflikten betroffen die sich in ihren Werten und ihrer Haltung gegenuumlber Kindern Eltern und Mitarbeiterinnen aumluszligern Neue Anforde-rungen kollidieren mit alten Rollen und Haltungen (vgl MienertVorholz 2007) Wichtig ist dieser Aspekt vor allem vor dem Hintergrund arbeitspsy-chologischer Erkenntnisse denn aus dem Rollenverstaumlndnis und der Hal-tung koumlnnen sich entweder persoumlnliche Ressourcen fuumlr einen konstruktiven Umgang mit Belastungen oder aber eine Verstaumlrkung der wahrgenommenen Beanspruchung ergeben In der Forschung wird darauf verwiesen dass Er-zieherinnen aufgrund ihrer eigenen beruflichen Leitbilder und ihrer fach-lichen Orientierungen auch selbst einen entsprechend hohen Anspruch an ihre Arbeit stellen ndash ihr praktisches Handeln jedoch bleibt bdquodeutlich ndash auch wegen des selbstgesetzten hohen ideellen Maszligstabes notgedrungen ndash hinter diesen Anspruumlchen zuruumlckldquo (Dippelhofer-Stiem 2006 363)

In einigen Studien werden die steigenden Anforderungen an die Arbeit in Kindertageseinrichtungen thematisiert (vgl z B Fuchs-Rechlin 2007) Da-ruumlber hinaus wurde das subjektive Belastungsempfinden also die persoumlnliche Beanspruchung der Fachkraumlfte untersucht Dabei hat sich herausgestellt dass beispielsweise Personal- und Zeitmangel sowie ein hoher Geraumluschpegel als besonders belastend empfunden werden (vgl BGWDAK 2001 FuchsTrischler 2008 Fuchs-Rechlin 2007 VossViernickel 2013 zusammenfassend Hirsch 2011 109 f)

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2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends

Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in Kindertageseinrichtun-gen werden in zunehmendem Maszlige als Problem erkannt Darum foumlrderte die Hans-Boumlckler-Stiftung bereits vor einigen Jahren eine Untersuchung zum Thema bdquoBelastungsmanagement bei Erzieherinnenldquo um genauere Erkennt-nisse uumlber die Belastungsfaktoren zu erhalten und Instrumente zur Gefaumlhr-dungsbeurteilung zu entwickeln (vgl Rudow 2007) Die groszlige Bedeutung die Erzieherinnen dem Thema selbst beimessen wurde 2009 durch die gro-szlige Beteiligung an Streiks fuumlr mehr Gesundheitsschutz im Rahmen eines ge-sonderten Gesundheits-Tarifvertrages deutlich11

Personalverantwortliche der Traumlger muumlssen vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen und wissenschaftlichen Ergebnisse reagieren indem sie ihre personalwirtschaftlichen Konzepte im Arbeitsfeld der Kin-dertagesbetreuung angemessen weiterentwickeln Bislang gibt es dazu in der fachwissenschaftlichen Diskussion jedoch nur wenige Ansaumltze Zu nennen ist hier beispielsweise die Arbeit von Andreas Hirsch (2011) der als Ergebnis einer Online-Befragung (110 Fachkraumlfte) einige Uumlberlegungen zur Verbesse-rung von Weiterbildungsmoumlglichkeiten (unter Einschluss von Fragen kom-munikativer Kompetenz) und zu den Moumlglichkeiten einer staumlrkeren Spezia-lisierung von Fachkraumlften sowohl bei der Weiterentwicklung eigener Kom-petenzen als auch bei der Arbeitsverteilung im Team ableitet Daruumlber hinaus weist er darauf hin dass ein systematischer Einsatz etwa von gesundheits-diagnostischen Verfahren oder von Instrumenten zur Analyse von Arbeits-motivation und -zufriedenheit erforderlich ist (vgl Hirsch 2011 161 ff) Fuumlr die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung derartiger Ansaumltze besteht bislang noch ein erheblicher Entwicklungsbedarf Die im Folgenden darge-stellten Forschungsergebnisse aus dem Projekt KONTI greifen darum einige dieser Fragestellungen auf

11 httpdereuterscomarticledeutschland-erzieher-warnstreiks-idDEBEE5450GS20090506 (Abruf am 18042016)

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3 HERAUSFORDERUNGEN AUS DER PERSPEKTIVE VON TRAumlGERN MITARBEITERINNEN UND LEITUNGEN

Personalwirtschaftliche Konzepte die zu einer nachhaltigen Foumlrderung kon-tinuierlicher Erwerbstaumltigkeit beitragen sollen koumlnnen nicht allgemein - guumlltig gestaltet werden sondern muumlssen passgenau die jeweils spezifischen betrieblichen Belange des Arbeitsfeldes beruumlcksichtigen sind doch die personal wirtschaftlichen Gegebenheiten je nach Branche und Unternehmen sehr verschieden Die Unterschiede ergeben sich dabei sowohl aus den zu bewaumll tigenden Aufgaben und deren Rahmenbedingungen als auch aus dem pro fessionellen Hintergrund und den Motivationsstrukturen der Beschaumlf-tigten Letztlich muumlssen in einem solchen Konzept die Interessen mehrerer Per sonenkreise ndash Personalverantwortliche Fuumlhrungskraumlfte und Mitarbeiterinnen ndash wahrgenommen werden

Vor diesem Hintergrund wurden im Projekt bdquoKONTIldquo zwischen 2013 und 2015 qualitative Befragungen zur Arbeitssituation von Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen durchgefuumlhrt die zum Themenkomplex sowohl die Sichtweisen von Traumlgern und damit Arbeitgebern als auch die Sichtwei-sen von Beschaumlftigten und damit Arbeitnehmerinnen einfangen sollten Die Sicht von Kita-Leitungen die einerseits selbst Mitarbeiterinnen und andererseits gleichzeitig Personalverantwortliche in ihrer Einrichtung sind wurde wegen dieser bdquoSandwich-Positionldquo explizit zusaumltzlich erhoben Die folgende Darstellung fasst die Ergebnisse der Befragungen von Traumlgern (Ka-pitel 31) Mitarbeiterinnen (Kapitel 32) und Kita-Leitungen (Kapitel 33) zusammen und greift dabei Themen auf die sich im Laufe des Projektes als wichtige Handlungsfelder herauskristallisiert haben Sie bieten damit erste ausgewaumlhlte Anknuumlpfungspunkte fuumlr nachhaltige personalwirtschaftliche Konzepte die eine dauerhafte Beschaumlftigung von Erzieherinnen bei Trauml gern von Kindertageseinrichtungen unterstuumltzen koumlnnen Ergaumlnzend zu den pro-jektspezifischen Erkenntnissen wird auf einige Befunde einer im Rahmen der AQUA-Studie (Schreyer et al 2014) etwa zeitgleich vom Staatsinstitut fuumlr Fruumlhpaumldagogik (Muumlnchen) durchgefuumlhrten quantitativen Befragung hin ge-wiesen die in vieler Hinsicht zu aumlhnlichen Ergebnissen gekommen ist

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

31 Die Perspektive der Kita-Traumlger

Im Zeitraum von August bis Dezember 2013 wurden insgesamt 22 leitfaden-gestuumltzte Face-to-Face-Interviews mit Personalverantwortlichen von Traumlgern von Kindertageseinrichtungen gefuumlhrt davon fuumlnf in Baden-Wuumlrttemberg zwoumllf in Nordrhein-Westfalen und fuumlnf in Thuumlringen Die Gespraumlche dien-ten zum einen dazu Daten zur Personalsituation und zum Personalmanage-ment zu erheben Im zweiten Teil ging es darum Informationen zur traumlger-spezifischen Gestaltung der Arbeitsbedingungen fuumlr Erzieherinnen zu er-mitteln Unter den befragten Anbietern befanden sich acht in kommunaler zwoumllf in frei-gemeinnuumltziger einer in privat-gemeinnuumltziger und einer in privat-gewerblicher Traumlgerschaft Vier Traumlger beschaumlftigten zum Zeitpunkt des Interviews weniger als 100 paumldagogische Mitarbeiterinnen in Kinder-tageseinrichtungen und drei mehr als 1000 Bei zehn der befragten Traumlger waren zwischen 100 und 500 bei den uumlbrigen drei Traumlgern zwischen 500 und 1000 paumldagogische Fachkraumlfte angestellt

Die folgende Darstellung der Befragungsergebnisse fasst Informatio nen zur Entwicklung der Personalsituation (Abschnitt 311) zur Personalstruktur (Abschnitt 312) und zu Personalengpaumlssen und Personalbedarfsschwankun-gen (Abschnitt 313) zusammen Ergebnisse zur konkreten Arbeitssituation in den Kindertageseinrichtungen werden unter den Aspekten Arbeitsbedin-gungen (Abschnitt 314) und Teilzeitarbeit (Abschnitt 315) sowie Organi-sation und Management (Abschnitt 316) bzw Personal- und Teamfuumlhrung (Abschnitt 317) vorgestellt

311 Die Entwicklung der Personalsituation

Die Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen wird zum Zeitpunkt des Interviews aus Sicht der befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlrin-gen und Nordrhein-Westfalen mehrheitlich als gut zumindest nicht als an-gespannt bewertet Nach Aussage der meisten Befragten waren die regulaumlren Stellen dort durchweg besetzt Der beste Zeitpunkt fuumlr Neueinstellungen so einige befragte Personalverantwortliche sei zu Beginn des Kindergarten-jahres da dann genuumlgend Schulabsolventinnen vorhanden sind

Jedoch hat es in den Jahren zuvor in Thuumlringen auch schon andere Erfah-rungen gegeben Waumlhrend die Personaldecke dort bis 200506 relativ stabil war haben Gesetzesnovellierungen danach zu einem massiven Personalbe-darf gefuumlhrt 2010 gab es durch den erweiterten Rechtsanspruch und eine

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Verbesserung des Personalschluumlssels eine erneute Ausweitung des Personal-bedarfs von ca 2000 Stellen im Land bdquoDa war der Erzieherinnen-Markt schnell leergefegtldquo berichten mehrere Gespraumlchspartner Zum Zeitpunkt des Interviews habe sich die Situation jedoch wieder entspannt

Zufriedenstellend wird die Situation in NRW auch von den drei Ge-spraumlchspartnern kommunaler Traumlger eingeschaumltzt Sie geben an dass bislang immer alle ausgeschriebenen langfristigen Stellen rechtzeitig mit geeigne - ten Fachkraumlften besetzt werden konnten und es dabei keinerlei Stellenbe-setzungsprobleme gegeben habe weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht Gut ausgebildete Fachkraumlfte seien vorhanden bdquoTaumlglich gehen neue (Initiativ-)Bewerbungen einldquo Auch fuumlr den durch den U3-Ausbau verursach-ten zusaumltzlichen Personalbedarf konnte geeignetes Personal rechtzeitig ver-pflichtet werden

Einige andere Personalverantwortliche aus NRW bewerten die Situation etwas problematischer und berichten dass man sich fruumlh genug bemuumlhen und schon im Anerkennungsjahr beginnen muss zu rekrutieren Die Aus-wahl sei nicht mehr so groszlig wie fruumlher so dass der hohe Bedarf an Fach-kraumlften nicht mehr jederzeit gedeckt werden koumlnne es bestehe eher ein Uumlberhang an Ergaumlnzungskraumlften (Kinderpflegerinnen) Wieder andere erle-ben die Stellenbesetzungssituation als bdquomerklich angespannterldquo sagen aber bdquoWir kommen gerade noch hinldquo Einzelne andere sehen hingegen Schwie-rigkeiten weil es zu wenige Bewerbungen gebe bdquoFruumlher haben sich die Leu-te bei uns beworben heute bewerben wir uns bei den Leutenldquo

Daneben weisen einige Traumlgervertreterinnen vor allem in NRW und Thuumlringen daraufhin dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist Im laumlndlichen Raum aber auch in einigen Ruhrgebietsstaumldten gebe es eher Schwierigkeiten ausreichend Personal einzustellen In Staumldten in denen Aus-bildungsstaumltten angesiedelt sind sei es oft leichter geeignete Fachkraumlfte zu finden Auch die Qualitaumlt der Ausbildungsinstitutionen und damit auch die Ausbildungsqualitaumlt der Bewerberinnen seien regional sehr verschieden Zudem finden sich die heutigen Anforderungen immer noch nicht vollstaumln-dig in den Ausbildungsinhalten wieder Darum muumlsse haumlufig nachqualifi-ziert werden selbst bei Jahrespraktikantinnen bdquoWas sie mitbringen reicht auf keinen Fall fuumlr den paumldagogischen Alltagldquo Probleme bei der Stellenbe-setzung werden somit oft eher in qualitativer Hinsicht gesehen

In Baden-Wuumlrttemberg scheint der Arbeitsmarkt fuumlr Erzieherinnen zum Zeitpunkt des Interviews bereits deutlich enger geworden zu sein Hier wer-den von den Gespraumlchspartnerinnen erste Anzeichen eines Fachkraumlfte-mangels angesprochen Drei der fuumlnf Befragten geben an dass zu Beginn des

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Kindergartenjahres bdquonicht mehr alle Stellen besetztldquo worden seien Insgesamt muumlsse bei den Traumlgern inzwischen ein hoher Stellenbesetzungsaufwand fuumlr Akquise und Bewerbungsgespraumlche betrieben werden Ein Gespraumlchspartner berichtet dass Stellenausschreibungen zweimal erfolgen mussten Zudem muumlsse schnell reagiert werden weil andere Traumlger als Konkurrenten wahrge-nommen werden Auch der Einarbeitungs- und Nachqualifizierungsaufwand fuumlr das neue Personal sei gestiegen Zwar koumlnne die formale Qualitaumlt noch eingehalten werden passgenauer Einsatz sei jedoch nur uumlber Nachschulun-gen moumlglich z B fuumlr den U3-Bereich Um die Stellen uumlberhaupt noch beset-zen zu koumlnnen werden die Anforderungen bei der Einstellung manchmal ge-senkt Auch komme es heutzutage vor dass Mitarbeiterinnen wieder ab-springen weil ihnen das Traumlger- bzw Einrichtungskonzept nicht zusagt

Zusammenfassend laumlsst sich schlussfolgern dass sich bei den Traumlgerbe-fragungen im Projekt KONTI trotz einer bislang insgesamt durchaus (noch) zufriedenstellenden Personal- und Stellenbesetzungssituation Probleme in qualitativer wie in regionaler Hinsicht zeigen Sie lassen sich als Anzeichen eines enger werdenden Fachkraumlftemarktes und eines sich verschaumlrfenden Wettbewerbs zwischen den Anbietern interpretieren der sich bis zur Veroumlf-fentlichung der Studie fortgesetzt und verstaumlrkt haben duumlrfte Vergleichbare Tendenzen werden von den Autorinnen der quantitativ angelegten AQUA-Studie wahrgenommen auch die kuumlnftigen Entwicklungen werden aumlhnlich eingeschaumltzt (vgl Schreyer et al 2014 178 ff)

312 Personalstruktur

In der Struktur der Belegschaften lassen sich bei den befragten Traumlgern z T deutliche Unterschiede ausmachen Allerdings liegen nicht allen Personal-verantwortlichen zu den persoumlnlichen Merkmalen ihrer Mitarbeiterinnen wie Geschlecht Qualifikation und Alter vollstaumlndige bzw ausreichend diffe-renzierte Daten vor Eindeutig ist dass die Frauenquote in den Einrichtun-gen der befragten Traumlger erwartungsgemaumlszlig sehr hoch ist Sie liegt bei allen die hierzu Angaben gemacht haben bei mindestens 80 Prozent (18 Befragte) bei dreizehn von diesen sogar uumlber 90 Prozent und bei elf von diesen wieder-um uumlber 95 Prozent Dabei weisen alle Thuumlringer Traumlger einen Frauenanteil von uumlber 90 Prozent auf

Hinsichtlich der Qualifikationen wird von den Befragten grundsaumltzlich erlaumlutert dass auf den dafuumlr ausgewiesenen Fachkraftstellen gemaumlszlig den ge-setzlichen Vorgaben Mitarbeiterinnen mit dem Berufsabschluss der Erziehe-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

rindes Erziehers eingesetzt werden Manchmal sind Erzieherinnen-Stel - len auch mit Sozialpaumldagoginnen manchmal mit Kinderpflegerinnen ndash als Ergaumlnzungskraumlfte in NRW ndash besetzt In Baden-Wuumlrttemberg ndash wo der gesetzliche Rahmen dies erlaubt ndash sind einige wenige andere Professionen vertreten

Zur Altersstruktur der Mitarbeiterinnen hat fast die Haumllfte der befragten Traumlger keine konkreten Angaben gemacht Bei denjenigen denen entspre-chende Daten vorliegen ergibt sich ein durchaus heterogenes Bild Einige weisen eine ausgeglichene Altersstruktur auf (4 Traumlger) daneben gibt es im Kreis der Befragten durchaus Traumlger mit einer ausgesprochen jungen Beleg-schaft (3 Traumlger) mehrheitlich ist jedoch ein uumlberproportional hoher Anteil aumllterer Beschaumlftigter uumlber 50 Jahren festzustellen (6 Traumlger) Insbesondere im Osten geben alle Befragten eine hohe Uumlberalterung ihrer Belegschaften mit einem Altersdurchschnitt von 50 Jahren oder sogar daruumlber an Die Situation wird von vielen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen und als Ergebnis des Stellenabbaus nach der Wende gewertet Vor allem viele Leitungen stehen kurz vor dem Ruhestand Seit zwei Jahren sei ein Generationenwechsel im Gange der zu einem sinkenden Durchschnittsalter fuumlhre Folge ist dass in-zwischen sehr viele aumlltere Mitarbeiterinnen sehr vielen juumlngeren gegenuumlber-stehen bdquoIn der Mitte gibt es ein Lochldquo Einige Personalverantwortliche ndash und nicht nur in Thuumlringen ndash bewerten das hohe Durchschnittsalter ihrer Beleg-schaften als bdquodie erste Herausforderung in der Personalsituationldquo und sehen an dieser Stelle Handlungsbedarf Konkrete Ansaumltze wie beispielsweise eine Altersstrukturanalyse oder eigene Nachwuchskonzepte fuumlr ihre Fuumlhrungs-kraumlfte um der bevorstehenden massiven Verrentung von Kita-Leitungen ent-gegenzutreten finden sich bislang jedoch nur selten

Im Kontext der Entwicklung der Altersstruktur wird oft das Thema Ge-sundheit aufgeworfen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlrderung sind nach Meinung der befragten Personalverantwortlichen Aufgabenfelder die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben und in Zukunft wei - ter an Bedeutung gewinnen werden Zwar geben nur drei der Befragten an uumlber ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement zu verfuumlgen oder eines einzufuumlhren aber gleichzeitig berichten nur zwei Befragte dass sie keine entsprechenden Maszlignahmen zum Gesundheitsschutz bzw zur Ge-sundheitsfoumlrderung umsetzen bdquoSolche Aktivitaumlten sind schon gewuumlnscht Das steht in Zusammenhang mit den personellen Ressourcenldquo erlaumlutert dazu ein Interviewpartner Die Auseinandersetzung mit dem Thema gene -rell erfolgt aber unterschiedlich intensiv Die Spannweite der Bewertungen liegt zwischen bdquoein riesenhaftes Themaldquo bdquonoch zu wenigldquo bdquozu wenig syste-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

matischldquo bdquozu wenig konzeptionellldquo bis hin zu bdquowollen wir jetzt angehenldquo Das Thema Gesundheit steht dabei in engem Zusammenhang mit den Fehl-zeiten die bei einer Reihe von Traumlgern Grund zur Sorge sind und als Problem wahrgenommen werden ndash vor allem die haumlufigen laumlngeren Abwesenheiten durch Schwangerschaften bei juumlngeren und Dauererkrankungen insbeson-dere bei aumllteren langjaumlhrigen Mitarbeiterinnen

313 Personalengpaumlsse und Personalbedarfsschwankungen

Ein zentrales Problem fuumlr den betrieblichen Alltag in Kindertageseinrichtun-gen ist der Umgang mit Personalbedarfsschwankungen Der Personalbedarf in den Einrichtungen veraumlndert sich im Laufe des Kindergartenjahres weil Abgaumlnge aus den Kitas vor allem im Sommer zur Einschulung zu verzeich-nen Zugaumlnge aber laufend moumlglich sind z B weil der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift oder Eltern zu unterschiedlichen Zeiten eine Erwerbstaumltigkeit aufnehmen Auch die unterschiedlichen Personalschluumlssel je nach Alter des Kindes fuumlhren im Verlauf des Kindergartenjahres zu Schwankungen im Personalbedarf der Einrichtungen ndash einerseits kommen juumlngere Kinder hinzu andererseits ist fuumlr aumlltere Kinder ein niedrigerer Per-sonalschluumlssel umzusetzen Zusaumltzlich ist es aufgrund der jaumlhrlichen Jugend-hilfeplanung und der Schwankungen in der Elternnachfrage im Hinblick auf die Betreuungsbedarfe notwendig den Personalbedarf fuumlr das folgende Kindergartenjahr entsprechend anzupassen Diese Vorgaben fuumlhren bei den Anbietern von Kinderbetreuung dazu dass sie Spielraumlume in der Personalde-cke also Personalreserven benoumltigen um angemessen reagieren zu koumlnnen

Durch Fluktuation ergeben sich weitere unterjaumlhrige Veraumlnderungen in der Personalsituation der Einrichtungen Dabei stellt externe Fluktuation bei den befragten Traumlgern zum Zeitpunkt der Interviews kein groszliges Problem dar Sie wird von den Personalverantwortlichen mehrheitlich als gering manchmal als mittel und nur vereinzelt als hoch eingeschaumltzt Insbesondere im Osten scheint sie wenig ausgepraumlgt zu sein bdquoWer kommt der bleibtldquo Als Beispiele fuumlr Fluktuation werden der Wegzug der Familie oder der Ruumlckzug aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ndash oft gesundheitsbedingt vor Errei-chen der Altersgrenze ndash genannt Bei einigen Traumlgern bemuumlht man sich dar-um die Arbeitssituation altgedienter Leiterinnen alternsgerecht zu gestalten und entlastet sie z B von einigen Aufgaben oder schafft Assistenzen oder Stellvertretungen Uumlber moumlgliche weitere Gruumlnde fuumlr einen Berufsausstieg ist den Befragten wenig bekannt

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Bei der internen Fluktuation durch Fehlzeiten sieht das Urteil anders aus Nur bei einem Traumlger wird die krankheitsbedingte Ausfallquote als gering bewertet 17 Befragte bezeichnen sie als mittel zwei sogar als hoch Einige Personalverantwortliche stellen in der letzten Zeit eine steigende Tendenz fest Dabei gibt es saisonale Unterschiede Aufgrund der Ansteckungsgefahr ist insbesondere der Winter haumlufig gepraumlgt von Krankheitswellen die durch-aus die gesamte Gruppe oder gar Einrichtung erfassen koumlnnen Auffaumlllig ist fuumlr eine Reihe von Befragten auch dass insbesondere die Juumlngeren unter den Fachkraumlften noch wenig immunisiert sind und bdquovon jeder Infektion in der Kita mitgerissen werdenldquo Daneben berichten einige Personalverantwortli-che dass die Fehlzeiten in den Einrichtungen houmlchst unterschiedlich aus-gepraumlgt seien und stellen einen Zusammenhang zur sonstigen Belastungs-situation in der Einrichtung her Wenn eine Kita von vielen laumlngerfristigen Personalausfaumlllen betroffen sei wirke sich das auch auf das Betriebsklima aus was wiederum mehr Fehlzeiten bei den uumlbrigen Mitarbeiterinnen provozie-re und dann durchaus auch zu externer Fluktuation fuumlhren koumlnne

Laumlngerfristige Fehlzeiten stellen somit ein schwerwiegendes Problem dar Ursaumlchlich dafuumlr sind bei Traumlgern mit einem hohen Altersdurchschnitt vor allem Langzeiterkrankungen Bei den Traumlgern mit vielen juumlngeren Mit-arbeiterinnen also auch dort wo sich ein Generationenwechsel vollzieht sind dies in erster Linie Schwangerschaften die bei den Erzieherinnen mit einem Beschaumlftigungsverbot in den Einrichtungen einhergehen In Verbin-dung mit Mutterschutz Elternzeit und den anstehenden Kinderkrankheiten der eigenen Kinder kaumlme es nach Einschaumltzung der Personalverantwort-lichen bei diesen Fachkraumlften aufgrund ihrer familiaumlren Situation erst in ei-nem Alter von ca 35 Jahren wieder zu einem stabileren Einsatz Die Dauer der familienbedingten Auszeiten (Elternzeit und ggf anschlieszligende Beurlau-bung) ist unterschiedlich lang In Thuumlringen berichten die meisten befragten Personalverantwortlichen dass die Mitarbeiterinnen immer noch schnell wieder zuruumlckkehren Die Traumlger aus den beiden westlichen Bundeslaumlndern stellen uumlbereinstimmend fest dass auch hier die Erziehungszeiten inzwi-schen kuumlrzer werden und oft bei ca einem bis zwei Jahren liegen Es gibt aber auch immer noch sehr lange Beurlaubungen von zehn bis zwoumllf Jahren die aus der Sicht der betroffenen Personalverantwortlichen eine Reihe von Problemen aufwerfen

Als besonders problematisch wird die Situation immer dann einge-schaumltzt wenn bei Schwangerschaften und den damit verbundenen Beschaumlfti-gungsverboten fuumlr Mutterschutz und Elternzeit und bei Langzeiterkrankun-gen waumlhrend des laufenden Kindergartenjahres Vertretungskraumlfte benoumltigt

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

werden was bei vielen Aumllteren und vielen Juumlngeren in einigen Belegschaften relativ haumlufig vorkommt Dann gelinge es nicht immer sofort Ersatz zu fin-den Der kurzfristige Markt sei ziemlich leer bdquoDas ist ein Dauerproblem bei dem angespannten Marktldquo Arbeitsuchende Erzieherinnen koumlnnen dann auswaumlhlen wo sie hinwollen Einige Anzeichen sprechen dafuumlr dass insbe-sondere wenn erst im Winter Fachkraumlfte benoumltigt werden die Qualitaumlt nicht stimmt bdquoDann ist es besser wenn die Stellen frei bleibenldquo Der Auslesepro-zess in der Sommerferienzeit und zu Beginn des Kitajahres fuumlhre dazu dass die uumlbrig Gebliebenen dann nicht mehr den Anforderungen entsprechen bdquoAlle guten Erzieherinnen haben dann meist bereits eine (neue) Stelleldquo Ei-nige Traumlgervertreterinnen berichten daruumlber dass es insbesondere schwieri-ger geworden ist Leitungsstellen mit geeigneten Fachkraumlften zu besetzen bdquoErgaumlnzungskraumlfte sind schon eher zu finden aber houmlher qualifiziertes Perso-nal steht dann nur sehr wenig bereitldquo Laumlngerfristige Personalausfaumllle fuumlhren in vieler Hinsicht auch zu zusaumltzlichen Belastungen bei den Kolleginnen Nach Einschaumltzung von Personalverantwortlichen muumlssen insbesondere die Vollzeitkraumlfte die Situation durch eigene Mehrarbeit auffangen und werden dadurch staumlrker belastet als Teilzeitkraumlfte

Insgesamt betrachtet ist das Arbeitsfeld der Kindertagesbetreuung in be-sonderem Maszlige durch unterjaumlhrige Schwankungen sowohl im Personal-bedarf als auch im Personalbestand gekennzeichnet Individuell unterschied-liche Zeitpunkte des Eintritts in den Kindergarten einerseits und einheitliche Einschulungstermine andererseits bringen im Verlauf des Kindergartenjah-res Veraumlnderungen bei der Anzahl der zu betreuenden Kinder mit sich Der hohe Frauenanteil in den Einrichtungen ist verbunden mit Schwangerschaft Mutterschutz und Elternzeit der hohe Anteil an aumllteren Beschaumlftigten mit Langzeiterkrankungen Die unterjaumlhrige Stellenneubesetzung insbesondere fuumlr Vertretungskraumlfte gehoumlrt damit zum Alltagsgeschaumlft der Personalverant-wortlichen Diese Aufgabe des Personalmanagements wird jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation mehrheitlich als besondere Herausforderung be-trachtet

314 Arbeitsbedingungen

Die Verguumltung der Mitarbeiterinnen erfolgt bei den kommunalen Traumlgern nach dem Tarifvertrag des oumlffentlichen Dienstes (TVoumlD 8 Traumlger) bei den frei- bzw privat-gemeinnuumltzigen Traumlgern in Anlehnung an den TVoumlD (13 Trauml-ger) dabei meistens entweder nach einem entsprechenden kirchlichen oder

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verbandseigenen Tarif Der in der Befragung vertretene privat-gewerbliche Traumlger verfuumlgt uumlber ein eigenes Verguumltungssystem Die Verguumltung orientiert sich somit weitgehend an den Rahmenbedingungen die in Kapitel 25 darge-stellt werden

Ein genereller Anstieg des Stellenwerts befristeter Arbeitsvertraumlge konn te in der Befragung nicht festgestellt werden Von den befragten Personal-verantwortlichen wird im paumldagogischen Bereich grundsaumltzlich eine Festan-stellung ihrer Mitarbeiterinnen bevorzugt Ein Groszligteil der Beschaumlftigten besitzt darum einen unbefristeten Vertrag Dennoch gehoumlren auch Befristun-gen zur gaumlngigen Praxis Dabei bewegen sich die Befristungsgruumlnde zwischen bdquoGrundsatz bei Neueinstellungenldquo und bdquoSachgrundldquo uumlberwiegend fuumlr An-erkennungspraktikantinnen und Vertretungen wegen Schwangerschaft Elternzeit bzw Langzeiterkrankungen

Allerdings gibt es hier regionale Unterschiede Waumlhrend die Befristung neuer Arbeitsvertraumlge in Baden-Wuumlrttemberg und Nordrhein-Westfalen von allen befragten Traumlgern eingesetzt wird ist sie in Thuumlringen ein wenig ver-breitetes Instrument Im Westen werden Neueinstellungen von sieben der befragten NRW-Traumlger und drei Traumlgern in Baden-Wuumlrttemberg zunaumlchst fuumlr ein oder zwei Jahre befristet vorgenommen damit man als Arbeitgeber flexibel bleibe oder nicht uumlber Bedarf eingestellt werde weil beispielsweise Fluktuation nicht vorausgesehen werden koumlnne In erster Linie fuumlhre die jaumlhrliche Jugendhilfeplanung zu einem solchen Flexibilitaumltsbedarf Befristete Neueinstellungen seien damit vor allem eine Absicherung fuumlr die unbefristet Beschaumlftigten Mit der Begruumlndung der nach Meinung vieler Traumlgervertreterinnen heute vorgefundenen unzureichenden Qualitaumlt neueingestellter Mit-arbeiterinnen geraumlt die bisherige Ablehnung des Befristungsinstruments bei den in Thuumlringen befragten Traumlgern inzwischen ins Wanken

Als haumlufiger Sachgrund fuumlr eine Befristung von einem Jahr werden in allen beteiligten Bundeslaumlndern Schwangerschafts- und Elternzeitvertretun-gen genannt um den in Elternzeit gegangenen Mitarbeiterinnen die Ruumlck-kehr zu ermoumlglichen Auch Projektarbeit im Bedarfsfall gehoumlrt bei eini - gen Traumlgern dazu Das Beschaumlftigungsverhaumlltnis laumluft dann nach Ablauf des Vertrages aus Einige Personalverantwortliche weisen darauf hin dass Sachgrundbefristungen in nicht unerheblichem Umfang eingesetzt werden (muumlssen) Fuumlr die Einrichtungen stellen sie nach Meinung vieler Interview-partner ein Problem dar bdquoda sie in der angespannten Arbeitsmarktsituation dazu fuumlhren dass immer wieder gute Mitarbeiterinnen den Traumlger wech-seln wenn sie (von Konkurrenten) unbefristete Vertraumlge angeboten bekom-menldquo

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Bei der Mehrheit der Befragten gilt der Grundsatz bdquoguteldquo Mitarbeiterin-nen moumlglichst schnell in eine unbefristete Anstellung zu uumlbernehmen Das betrifft z T auch Vertretungskraumlfte Nach Ablauf der Elternzeitvertretung werde versucht die neue Mitarbeiterin oder den neuen Mitarbeiter zu uumlber-nehmen bdquoentweder in der jeweiligen Einrichtung oder einer anderen so - fern sie gut ist und passtldquo und bdquoweil immer irgendwo eine Mitarbeiterin gesucht wirdldquo Bei einem Traumlger gibt es selbst fuumlr die Vertretungskraumlfte keine Sachgrundbefristungen sondern einen fuumlr ein Jahr befristeten Vertrag mit der Perspektive der anschlieszligenden Entfristung

Fuumlr die Uumlbernahme werden unterschiedliche Verfahren genutzt Am haumlu figsten wird nach einer festgelegten Zeitspanne von einem Jahr oder zwei oder sogar fuumlnf Jahren in ein unbefristetes Anstellungsverhaumlltnis uumlbernom-men Gesagt wird aber auch dass die Entfristung erfolgt wenn derdie Beschaumlftigte bdquonicht unterdurchschnittlichldquo beurteilt wird bdquosobald klar ist dass die Stelle erhalten bleibtldquo oder bdquosobald Stellen frei werdenldquo In einem Fall wird diese dann bdquoan die Mitarbeiterin gegeben die am laumlngsten darauf wartetldquo Bei einem anderen wird unter Beteiligung der Personalvertretung ein gemeinsam festgelegtes Auswahlverfahren eingesetzt mit schriftlichen Be-werbungen Leistungsbeurteilungen auf der Basis von Personalgespraumlchen Auswahlgespraumlchen anhand eines Anforderungsprofils und von weiteren Kriterien wie Alter Familienstand oder betrieblicher Zugehoumlrigkeit

Insgesamt wird ein groszliges Interesse der Personalverantwortlichen an ei-ner Dauerbeschaumlftigung ihrer Mitarbeiterinnen deutlich um fuumlr eine perso-nelle Stabilitaumlt in den Teams der Kindertageseinrichtungen zu sorgen Die aufgrund der haumlufig zu verzeichnenden Personalausfaumllle notwendige Einstel-lung von Vertretungskraumlften wird bei vielen mit der Perspektive vorgenom-men auch diese Mitarbeiterinnen in die Stammbelegschaft zu uumlberfuumlhren

315 Der Einsatz von Teilzeitarbeit

Der hohe Anteil an weiblichen Fachkraumlften bringt im Ergebnis einen hohen Bedarf an Teilzeitarbeit mit sich denn diese ist haumlufig das Beschaumlftigungs-modell fuumlr Mitarbeiterinnen in der Familienphase Daneben ist es heute bei vielen der befragten Traumlger auch dann fuumlr Mitarbeiterinnen moumlglich Stun-den zu reduzieren wenn sie sich den beruflichen Anforderungen nicht mehr voll gewachsen fuumlhlen Bei den Teilzeitquoten zeigen sich starke regionale Unterschiede Waumlhrend sie bei den befragten Traumlgern in Nordrhein-Westfa-len und Baden-Wuumlrttemberg lediglich zwischen etwa einem Viertel und zwei

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Dritteln der Beschaumlftigten liegen (NRW zwischen 24 Prozent und 57 Pro-zent Baden-Wuumlrttemberg zwischen 31 Prozent und 71 Prozent) weisen die Traumlger in Thuumlringen eine Quote zwischen 40 Prozent und uumlber 95 Prozent auf Hier liegt der Anteil bei drei der fuumlnf befragten Personalverantwortli-chen sogar uumlber 85 Prozent

Moumlglicherweise lassen sich diese Disparitaumlten mit den unterschiedlichen Beweggruumlnden fuumlr das Angebot an Teilzeitarbeit in Ost und West erklaumlren (vgl im Folgenden Micheel 2015) Von den Personalverantwortlichen im Westen wird sie ganz uumlberwiegend mit dem Rechtsanspruch auf Teilzeit be-gruumlndet (bdquoweil es die gesetzlichen Regelungen vorgeben und wir nicht anders koumlnnenldquo) Nicht zuletzt darum wird bei den meisten der Befragten versucht den Wuumlnschen der berufstaumltigen Muumltter zu entsprechen bdquoDeshalb muss hier nach Loumlsungen geschaut werdenldquo Zur Umsetzung gibt es jedoch haumlufig keine weiteren konkreten Vereinbarungen das Angebot an die Wiederein-steigerinnen zur Stundenreduktion ist vielfach lediglich mit der Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) verbunden

Daneben wird die Entwicklung zu mehr Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita auch von den geaumlnderten Finanzierungsstrukturen beguumlnstigt Durch die 2008 erfolgte Umstellung der Kita-Finanzierung auf eine Kindpauschale in Nordrhein-Westfalen setzt sich der Personalbedarf aus der Summe der auf der Grundlage der geltenden Personalvereinbarung erforderlichen Stellenan-teile zusammen die sich nicht immer auf eine Vollzeitstelle aufaddieren las-sen Als Folge der veraumlnderten Rahmenbedingungen hat sich bei den befrag-ten Traumlgern ein Eigeninteresse an Teilzeitbeschaumlftigung entwickelt Wurde sie dort in der Kita fruumlher mit paumldagogischen Gruumlnden rundweg abgelehnt werden heute bei Neubesetzungen sogar Teilzeitstellen ausgeschrieben

In Thuumlringen dagegen wird den Mitarbeiterinnen schon seit der Wende uumlberwiegend gar keine Vollzeitstelle angeboten Teilzeit-Beschaumlftigung ist ndash wie in allen oumlstlichen Bundeslaumlndern ndash das Standard-Angebot der Traumlger und die (nahezu) einzige Beschaumlftigungsmoumlglichkeit fuumlr Erzieherinnen in der Kita Hauptmotiv fuumlr das Angebot an Teilzeitbeschaumlftigung im Osten war da-mals das Argument der Beschaumlftigungssicherheit und der sozialvertraumlglichen Gestaltung des Abbaus von Kapazitaumlten Allerdings gibt es dort ganz uumlber-wiegend auch keine klassischen Halbtagsstellen sondern uumlber Sockelarbeits-vertraumlge vollzeitnahe Beschaumlftigung mit einem Umfang von 30 (Fuumlnf-Tage-Woche agrave 6 Stunden) oder 32 (Vier-Tage-Woche agrave 8 Stunden) Wochenstunden

Die Personalverantwortlichen der Traumlger legen mit den jeweiligen Mit-arbeiterinnen haumlufig nur den individuellen Wochenstundenumfang und

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die Arbeitswoche also die grobe Lage der persoumlnlichen Arbeitszeiten fest Die konkrete Umsetzung dieser Vorabsprachen in der Dienstplangestaltung erfolgt vor Ort durch die Kita-Leitungen Dabei wird es in den in die Be-fragung einbezogenen westlichen Bundeslaumlndern aus der Sicht von vielen Personalverantwortlichen als problematisch fuumlr den Kinderbetreuungsbe-trieb bewertet dass sich insbesondere teilzeitbeschaumlftigte Muumltter uumlberwie-gend die klassische Halbtagsstelle am Vormittag wuumlnschen Aufgrund der durch die verlaumlngerten Oumlffnungszeiten notwendig gewordenen Schichtplauml -ne mit rotierenden Diensten sind zwar uumlberwiegend eine Zwei- Drei- oder Vier-Tage-Woche und damit auch freie Tage moumlglich Grundsaumltzlich feste Arbeitszeiten werden dagegen haumlufig zum Problem So wird von den Per-sonalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlffnungszeiten von Schule und Kita bestimmte Dienste nicht wahrgenommen werden koumlnnen Der Fruumlhdienst wird hier genauso genannt wie Spaumltdienste Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferien zeiten der eigenen Kinder Lange Anfahrtswege verhindern daruumlber hinaus oft einen Acht-Stunden-Arbeitstag von Teilzeit-Beschaumlftigten die nur an einem Teil der Wochentage arbeiten

Der Dienstplangestaltung kommt damit fuumlr die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima einerseits eine zentrale Bedeutung zu Interessenkolli-sionen im Team treten hier besonders deutlich zutage Es werde zunehmend schwieriger und eher zur bdquoQuadratur des Kreisesldquo all diesen Interessen ge-recht zu werden Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlhren nicht zuletzt darum zu viele Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung zu Problemen Teamfuumlhrung erweist sich aus diesem Grund insbesondere an dieser Stelle oft als schwierig Die daraus resultierenden Probleme der Leitungen mit der Dienstplangestaltung werden von den Personalverantwortlichen durchaus wahrgenommen allerdings meistens eher auf der Basis informeller Ruumlck-meldungen Nur einer der befragten Traumlger uumlberwacht das Verfahren in den Einrichtungen indem er Einsicht und Genehmigung des festgelegten Dienst-plans einfordert Nur in wenigen Faumlllen gibt es fuumlr die Dienstplangestaltung eine professionelle Begleitung und Unterstuumltzung

Neben der Arbeitszeitregelung werden fuumlr die Umsetzung der Teilzeitar-beit in den Einrichtungen mit den Mitarbeiterinnen meistens keine weiteren Vereinbarungen getroffen etwa eine Reduzierung des Aufgabenspektrums Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Daraus entstehen in den Einrichtungen haumlufig weitere Probleme Teilzeitarbeit erfordere einerseits mehr Kommunikation geringere Verfuumlgungszeiten erschweren aber gleichzeitig die noumltigen Abspra-

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chen und den erforderlichen Austausch weil diese viel Zeit binden Selbst Terminabsprachen fuumlr Elterngespraumlche werden schwieriger Wird gewuumlnscht dass Teilzeitkraumlfte dennoch regelmaumlszligig an allen Teamsitzungen oder El-ternabenden teilnehmen fuumlhrt dies zu vielen Uumlberstunden Demgegenuumlber schraumlnkt ein Verzicht auf die (regelmaumlszligige) Teilnahme Partizipationsmoumlg-lichkeiten ein so dass bei Teilzeitkraumlften oft das Gefuumlhl entsteht dass sie nur mitlaufen und nicht als vollwertiges Team-Mitglied anerkannt werden

Wenn es in einer Einrichtung viele Teilzeit-Kolleginnen gibt sehen viele Vollzeitkraumlfte eine zusaumltzliche Belastung Sie geben an dass sie nicht nur unliebsame Schichten und (Zusatz)Aufgaben uumlbernehmen muumlssen son-dern auch regelmaumlszligig ndash z T laumlngerfristig ndash Personalausfaumllle kompensieren bis eine Vertretungsloumlsung gefunden ist So entsteht haumlufig das Gefuumlhl dass sie alles auffangen muumlssen waumlhrend ihre Kolleginnen dazu nicht flexibel genug seien Dass die Grenzen der Belastbarkeit hier oftmals bereits uumlber-schritten sind und Vollzeitkraumlfte haumlufiger uumlber gesundheitliche Beschwerden (wie z B Schlafstoumlrungen) berichten als ihre Teilzeit-Kolleginnen stellte ein Traumlger in einer Beschaumlftigtenbefragung mit Besorgnis fest

Obwohl sich berufstaumltige Muumltter auch bei vollzeitnaher Teilzeit feste Arbeitszeiten wuumlnschen wird die bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo von den befragten Personalverantwortlichen aus Thuumlringen kaum thematisiert bdquoDie Muumltter wollen gar keinen Sonderstatusldquo Mit dem Arbeitgeber wird dort zunaumlchst grundsaumltzlich geklaumlrt welche Variante des vollzeitnahen So-ckelarbeitszeitmodells dieder Beschaumlftigte wuumlnscht Zusaumltzlich stehen bei einigen der Traumlger flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten zur Verfuuml-gung Beim Personaleinsatz im Kinderbetreuungsbetrieb wird von den Mit-arbeiterinnen einerseits deutlich eine gewisse Flexibilitaumlt erwartet ihnen aber gleichzeitig Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange bei der Dienst-plangestaltung zugesichert bdquoAufgrund der verschiedenen Arbeitszeitmodelle ist man da sehr flexibelldquo Jede Einrichtung sorgt selbst fuumlr einen bedarfs-gerechten Einsatz Dies ist aus der Sicht der Traumlger sehr wichtig bdquoWenn Ar-beitszeiten nicht in die persoumlnliche bzw familiaumlre Situation passen gibt es Unzufriedenheitldquo

Veraumlnderungen in der Personalstruktur der letzten Jahre werden von den Personalverantwortlichen nur wenig wahrgenommen Waumlhrend in Thuumlringen von einigen Gespraumlchspartnern festgestellt wird dass sich die So ckel arbeitszeiten auf 35 bis zu 38 () Stunden erhoumlht haben berichten die Per sonalverantwortlichen aus NRW und Baden-Wuumlrttemberg dass es im Ver gleich heute mehr Festanstellungen fruumlhzeitigere Entfristungen und mehr Teilzeitbeschaumlftigte aufgrund von Elternzeiten (mit geringerem Stun-

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denumfang als fruumlher) gibt Einige begruumlnden diese Entwicklung mit der er-forderlichen Personalbindung um als Traumlger attraktiv zu bleiben Aber auch der Ausbau bzw der Rechtsanspruch fuumlhre zu mehr neuen Stellen und damit auch zu mehr Teilzeitbedarf durch juumlngere Mitarbeiterinnen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass Teilzeitarbeit in der Kita aus verschiedenen Motiven heraus eingesetzt und unterschiedlich gestaltet wer-den kann Das Instrument entfaltet dann jeweils spezifische Wirkungen auf die Kita Insbesondere als klassische Halbtagsstelle fuumlhrt es zu einer Reihe von Problemen und zwar nicht nur fuumlr die betrieblichen Ablaumlufe und die Dienstplangestaltung sondern auch fuumlr die Fuumlhrung und die Zusammenar-beit im Team Die mit Teilzeitarbeit verbundenen betriebswirtschaftlichen Vorteile werden von Traumlgern nicht uumlberall gleich wahrgenommen und ge-nutzt Neben der Unterstuumltzung einer Work-Life-Balance fuumlr die Beschaumlf-tigten laumlsst sich das Instrument zur Schaffung von Flexibilitaumltsreserven bei Schwankungen im Personalbedarf einsetzen Eine besondere Herausforde-rung besteht vor allem darin die individuellen Zeit-Interessen der einzelnen Beschaumlftigten und die Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen mit-einander in Einklang zu bringen

316 Organisation und Management in der Kita

Die Gesamtverantwortung fuumlr Organisation und Management der Kinder-tageseinrichtungen ist bei allen befragten Traumlgern an die Kita-Leitungen de-legiert die grundsaumltzlich fuumlr einen reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sorgen haben Daneben ist die Kita-Leitung in der Praxis die zentrale Vertre-tung des Arbeitgebers in der Einrichtung und uumlbernimmt an dieser Stelle eine wichtige Schnittstellenfunktion Sie organisiert den Personaleinsatz und praumlgt damit den Alltag im Team und in der Einrichtung insgesamt Dienst-plangestaltung Arbeitsorganisation im Sinne einer Aufgabengestaltung und Arbeitsverteilung sind hier aus personalwirtschaftlicher Sicht wichtige Hand-lungsfelder Auch fuumlr den Ausgleich von Personalausfaumlllen muss sie sorgen Die Personalfuumlhrung ist damit ndash auch im Sinne der Teamleitung ndash ihre zent-rale und umfassendste Aufgabe

Der fachliche Arbeitseinsatz der paumldagogischen Mitarbeiterinnen er -folgt bei den befragten Traumlgern gemaumlszlig den gesetzlichen Vorgaben und dem Konzept des Traumlgers Das wesentliche Taumltigkeitsfeld der Erzieherinnen ist entsprechend ihrer Qualifikation die paumldagogische Gruppenarbeit Haumlufig liegt dazu eine Stellenbeschreibung fuumlr Erzieherinnen zu ihren Funktionen

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in der Kita und zu ihren Gruppenaufgaben fuumlr (stellvertretende) Leitungs-kraumlfte auch zu deren Fuumlhrungsaufgaben zugrunde

In der praktischen Arbeit der Einrichtungen werden generell keine (gro-szligen) Unterschiede im Einsatz der Mitarbeiterinnen gemacht Allgemeine Leitvorstellung ist hier bdquoAlle machen das Gleicheldquo Insbesondere in Baden-Wuumlrttemberg wird darauf hingewiesen dass alle paumldagogischen Fachkraumlfte als gleichberechtigte Mitarbeiterinnen in den Teams mit gleichen Aufgaben fuumlr alle zusammenarbeiten Der Arbeitsanfall auszligerhalb der bdquopaumldagogischen Arbeit am Kindldquo wird grundsaumltzlich auf den Teambesprechungen verteilt Dabei gibt es aus den Gespraumlchen mit den Personalverantwortlichen nur we-nige Informationen daruumlber ob und wie die Aufgaben zugeschnitten bzw gestaltet und auf welche Weise sie unter den Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden

Die Entscheidungen uumlber den fachlichen und zeitlichen Personalein - satz also uumlber die Arbeitsorganisation und Dienstplangestaltung werden von Kita-Leitungen uumlberwiegend in Kooperation oder zumindest in Abspra-che mit ihrem Team getroffen Bei der Gestaltung dieser Aufgaben gibt es nur vereinzelt konzeptionelle Unterstuumltzung durch die Fachberatung In (sehr) groszligen Einrichtungen existieren bei einigen groszligen Traumlgern Arbeits-gruppen zu Ablaumlufen in der Einrichtung und zur Aufgabenverteilung Im Groszligen und Ganzen erfolgt damit die Organisation des Personaleinsatzes dezentral in den Einrichtungen Wichtige wenn nicht die wichtigsten Auf-gaben im Rahmen der Personalfuumlhrung sind damit von den Personalverant-wortlichen der Traumlger an ihre Fuumlhrungskraumlfte vor Ort delegiert Nur beim raumlumlichen Einsatz seines Personals also im Hinblick auf die Verteilung der Mitarbeiterinnen auf die Einrichtungen behaumllt sich der Traumlger die Entschei-dung uumlber den konkreten Einsatzort vor faumlllt diese dann aber fast immer in Koopera tion mit der zustaumlndigen Leitung

Viele Traumlger lassen ihren Leiterinnen bei der Personal- und Betriebs-fuumlhrung somit weitgehend freie Hand Alles ist moumlglich solange die betrieb-lichen Belange dem nicht entgegenstehen Die praktische Umsetzung liege bdquoin der gestalterischen Freiheit jeder Einrichtungldquo Einiges sei verpflichtend vorgegeben daneben seien die Einrichtungen und Mitarbeiterinnen frei und selbststaumlndig in der Entscheidung bdquoWie das im Einzelnen aussieht da halte ich mich rausldquo ist eine weit verbreitete Meinung unter den Befragten Die Erfahrung zeige dass auf diese Weise alles am besten funktioniere

Im Detail wissen darum die befragten Traumlgervertreterinnen auch oft we-nig uumlber die konkreten Vorgehensweisen in ihren Betrieben Trotzdem verfuuml-gen sie im Allgemeinen uumlber den Austausch mit ihren Leitungskraumlften uumlber

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

einen umfassenden und differenzierten Gesamteindruck zur personellen Si-tuation in den einzelnen Einrichtungen So werden Belastungen in den Ein-richtungen durch Personalbedarfsschwankungen und Personalausfaumllle oder Konflikte in den Teams wahrgenommen

Insgesamt betrachtet tragen die Leitungen in den Einrichtungen die Verantwortung fuumlr ein groszliges und vielfaumlltiges Aufgabengebiet nicht nur im paumldagogischen Sinne Dazu sind sie von den Traumlgern mit einer groszligen Handlungsautonomie ausgestattet Im praktischen Arbeitsalltag sind sie so-mit die wichtigsten Akteure die uumlber die konkreten Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen vor Ort entscheiden und sie gestalten (koumlnnen)

317 Personal- und Teamfuumlhrung

Sehr deutlich wird in den Gespraumlchen dass von den Personalverantwortli-chen Mitarbeiterorientierung als Leitbild fuumlr die Personalfuumlhrung gewuumlnscht wird Mehrheitlich wird ein partizipativer Fuumlhrungsstil befuumlrwortet Wichtig ist vielen Gespraumlchspartnerinnen dass dabei die individuellen Interessen am Arbeitsplatz wahr- und ernst genommen sowie nach Moumlglichkeit auch die persoumlnlichen Wuumlnsche und Belange der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden z B bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Vielfach haben die Beschaumlftigten ein Mitspracherecht etwa bei der Aufgabenverteilung oder der Festlegung der eigenen Dienstzeiten Oft erfolgen diese Absprachen in und mit dem gesamten Team Haumlufig wird aber auch darauf hingewiesen dass man bdquonicht jeden Wunsch erfuumlllenldquo koumlnne Die Interessenvielfalt im Kreis der Mitarbeiterinnen waumlchst nicht zuletzt durch die Veraumlnderungen in den Personalstrukturen der Traumlger Work-Life-Balance oder Generationen-wechsel werden hier genannt Aus den Interviews gibt es nur wenige In-formationen daruumlber wie der dazu notwendige Interessenausgleich immer wieder hergestellt wird meistenteils scheint er innerhalb der Einrichtungen zu funktionieren wo dies aber nicht der Fall ist entstehen aus den Interes-senkollisionen nicht selten massive Konflikte

Viele der befragten Personalverantwortlichen weisen auf die hohe Bedeu-tung einer guten Teamzusammenarbeit und des Teamgeists fuumlr die Arbeits-zufriedenheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen in den Einrich-tungen hin Zentrale Leitungsaufgabe ist es darum fuumlr die erforderliche gute Arbeitsatmosphaumlre und ein gutes Betriebsklima zu sorgen Dennoch wird von den Befragten der Aufgabe der Teamentwicklung eine unterschiedlich groszlige Bedeutung beigemessen In einigen wenigen Faumlllen wird zum Thema aus-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

schlieszliglich auf die Zustaumlndigkeit der jeweiligen Leitung hingewiesen Bei vie-len anderen Traumlgern stehen dafuumlr zusaumltzliche Ressourcen zur Verfuumlgung mit denen etwa eine Unterstuumltzung durch die Fachberatung ermoumlglicht wird oder Angebote zum Konfliktmanagement zur Supervision oder zum Coaching gemacht werden Nur in Einzelfaumlllen wird jedoch noch mehr getan z B jaumlhr-lich ein extern moderierter Teamentwicklungstag zur Foumlrderung der Zusam-menarbeit durchgefuumlhrt an dem die Einrichtung geschlossen ist

Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator fuumlr die Beurteilung der Qualitaumlt der Arbeitsbedingungen Genaues Wissen daruumlber ist unter den Personalverantwortlichen allerdings relativ wenig ausgepraumlgt Die Einschaumlt-zungen reichen von der Aussage dass es keine Informationen uumlber die Zu-friedenheit gibt uumlber verschiedene Mutmaszligungen zu Zusammenhaumlngen mit verschiedenen Rahmenbedingungen wie etwa der Personalausstattung dem Fuumlhrungsverhalten der Leitung der entgegengebrachten Wertschaumltzung fuumlr die Arbeitsleistungen der Bezahlung den Aufstiegsmoumlglichkeiten sowie der Arbeitsbelastungen bis hin zu der Meinung dass momentan gemessen an-hand der geringen Fluktuation eine hohe Zufriedenheit herrschen muumlsse

Das Wissen um die Mitarbeiterzufriedenheit scheint wenn uumlberhaupt eher in dezentralisierter Form bei den Kita-Leitungen vorhanden zu sein denn sie sind es in der Regel die regelmaumlszligig Personalgespraumlche mit ihren Mitarbeiterinnen durchfuumlhren Meistens auf der Grundlage vorgegebener Verfahrensweisen seitens des Traumlgers fragen sie dabei verschiedene The-menbereiche ab die persoumlnliche Situation genauso wie Arbeitsbelastungen Wertschaumltzung Motivation Aufgreifen von Ideen und Veraumlnderungswuumln-schen bzw Weiterentwicklung Entwicklungspotenziale Fortbildungsop-tionen oder die Qualitaumlt der Arbeit Manchmal faumlllt auch die Entscheidung uumlber den Arbeitseinsatz im Personalgespraumlch Dabei wird deutlich dass die einzelnen Mitarbeiterinnen ihr Befinden und ihre Wuumlnsche im Mittelpunkt der durchgefuumlhrten Personalgespraumlche stehen Im Wesentlichen dienen die Gespraumlche also zur Abklaumlrung der Mitarbeiterzufriedenheit Sie gehoumlren damit zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten mit denen Informationen uumlber die Mitarbeiterinteressen uumlber Belastungen und ge sund-heit liche Leistungsfaumlhigkeit bzw uumlber individuelle Anspruumlche an eine Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusammenge-tragen werden Umfang und Qualitaumlt der Gespraumlche liegen jedoch nahezu ausschlieszliglich bei den Einrichtungen vor Ort bdquoWir wissen dass es laumluft mehr nichtldquo Dokumentiert werden die Ergebnisse durch die Leitungen haumlu-figer an die Traumlger (in anonymisierter Form) weitergegeben jedoch nur sel-ten systematisch ausgewertet werden sie kaum

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Neben der Ermittlung der Mitarbeiterzufriedenheit dienen die bei fast allen Traumlgern etablierten Personalgespraumlche mehrheitlich auch der persoumln-lichen und fachlichen Weiterentwicklung der Beschaumlftigten Haumlufig wird der individuelle Fortbildungsbedarf erfragt persoumlnliche Wuumlnsche koumlnnen dabei geaumluszligert werden Gemeinsam wird nach Umsetzungswegen gesucht oder es wird vereinbart die individuellen Interessen z B in Beratungen des Traumlgers zum Fortbildungsbedarf oder zur Aufnahme in das Fortbildungsprogramm weiterzuleiten Mitarbeitergespraumlche haben somit meistens gleichzeitig den Charakter von Personalentwicklungsgespraumlchen Personalentwicklungskon-zepte gibt es allerdings bei der Haumllfte der befragten Traumlger nicht Sie sind zum Zeitpunkt des Interviews also keine Selbstverstaumlndlichkeit

Die Personalverantwortlichen nehmen die Mitarbeiterzufriedenheit zwar als wichtigen Indikator fuumlr die Personalbindung wahr Uumlber die Erwartungs-haltung gegenuumlber ihren Leitungskraumlften hinaus die durch einen partizipati-ven Fuumlhrungsstil fuumlr eine foumlrderliche Arbeitsatmosphaumlre in der Kita sorgen sollen uumlbernehmen sie dabei bislang allerdings mehrheitlich eine konkrete Unterstuumltzungsfunktion nur wenn Konfliktsituationen offenkundig werden Sie vertrauen darauf und haben uumlberwiegend die Erfahrung gemacht dass sich ein Teamgeist und die persoumlnliche Identifikation der Erzieherinnen mit bdquoihrerldquo Einrichtung durch die taumlgliche Zusammenarbeit einstellen Eine sys-tematische und regelmaumlszligige Uumlberwachung der Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen gibt es auf Traumlgerebene nur sehr selten

32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen

Im Zeitraum von Maumlrz bis Juli 2014 wurden 75 leitfadengestuumltzte Telefon-interviews mit Erzieherinnen durchgefuumlhrt Dabei wurden vier Gruppen unterschieden naumlmlich Berufseinsteigerinnen (19 Befragte mit max zwei Jahren Berufserfahrung) Beschaumlftigte in der Familienphase (20 Befragte) langjaumlhrig und somit aumlltere Beschaumlftigte (18 Befragte ab 50 Jahren) und Be-rufsaussteigerinnen (18 Befragte) Ziel der Interviews war es vor allem In-formationen uumlber die Motive der Berufswahl und das Selbstverstaumlndnis im Beruf (Abschnitt 321) die berufliche Situation und die Bewertung des Ar-beitsalltags (Abschnitte 322 bis 324) sowie die beruflichen Perspektiven zu gewinnen (Abschnitte 325 und 326) um auf dieser Basis Handlungsfelder fuumlr personalwirtschaftliche Konzepte abzuleiten Die nachfolgende Darstel-lung beruumlcksichtigt die Gespraumlchsergebnisse aller Teilgruppen und bezieht dabei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede ein

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321 Das Selbstverstaumlndnis im Beruf

Zentrales Motiv fuumlr die Wahl des Erzieherinnen-Berufs ist der Wunsch mit Kindern zu arbeiten Weitere Motive sind die familiaumlre Praumlgung z B durch den Beruf der Mutter oder durch fruumlhe eigene Erfahrungen mit dem Be-aufsichtigen von Nachbarskindern oder juumlngeren Geschwistern und als Baby-sitter Auch Praktika Freiwilligendienste und die Berufsberatung spielen in einigen Faumlllen eine Rolle Haumlufig sagen die Erzieherinnen dass sie sich bdquoschon immerldquo fuumlr diesen Beruf interessiert bdquonie etwas anderes gewolltldquo oder den Beruf als bdquoTraumberufldquo gewaumlhlt haben

Hinsichtlich der Bewertung der eigenen Ausbildung gibt es heterogene Antworten die von positiven Einschaumltzungen bis zur Benennung von Defizi-ten reichen Viele langjaumlhrig Beschaumlftigte weisen darauf hin dass das Wissen aus der Ausbildung nicht mehr ausreicht den (neuen) Anforderungen ge-recht zu werden Eine Erzieherin betont bdquoDie Gesellschaft veraumlndert sich und mit ihr auch die Kinder deshalb muss man flexibel sein und kann nicht jahrzehntelang mit alten Methoden arbeiten Es ist wichtig immer wieder Neues zu lernenldquo

Es gibt jedoch auch die Einschaumltzung dass die Ausbildung zur Erziehe-rinzum Erzieher eine sehr gute Grundlage fuumlr die Arbeit in anderen Berufen darstellt So fuumlhrt eine Berufsaussteigerin an dass sie in ihrer aktuellen Taumltig-keit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr stark von ihrer Ausbildung pro-fitiert z B im Koordinieren und Vermitteln bdquowenn ich da die Ausbildung nicht haumltte saumlhe es anders aus d h ich profitiere unglaublich von diesem Ausbildungsberuf und das sollte man ja vielleicht mal zur Staumlrke machen so dass das nicht nur in der Einbahnstraszlige Erzieher muumlndetldquo

Der uumlberwiegende Teil der langjaumlhrig Beschaumlftigten schaumltzt den Einfluss ihrer Berufs- und Lebenserfahrung als sehr wichtig und positiv fuumlr den Beruf ein da er zu einer persoumlnlichen Staumlrkung zu mehr Gelassenheit im Alltag und einem stabileren Selbstbild fuumlhrt bdquoMan hat einen groszligen Erfahrungs-schatz und da wirft einen nichts so schnell aus der Bahn Viele Anforderun-gen werden auch kritischer gesehen und es besteht das Selbstbewusstsein Kritik auch zu aumluszligernldquo

Hinsichtlich der Eigenschaften die eine Erzieherin besitzen sollte wer-den hauptsaumlchlich persoumlnliche Merkmale und Einstellungen angesprochen insbesondere Sozialkompetenzen wie kommunikative Faumlhigkeiten Team-faumlhigkeit Respekt und Toleranz Geduld Aufgeschlossenheit fuumlr neue Ide en Belastbarkeit oder Zuverlaumlssigkeit Sehr haumlufig wird das Stichwort bdquoEmpa-thieldquo genannt Es gehe um bdquoZuneigung Zuwendung und Vertrauenldquo es sei

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

wichtig ein bdquoGefuumlhl fuumlr Kinderldquo zu haben man muumlsse bdquoliebevollldquo bdquooffen und herzlichldquo sein und bdquoKinder annehmen so wie sie sindldquo Konkrete Aufga-ben und paumldagogische Zielsetzungen werden selten benannt ebenso wenig wie fachliche Qualifikationen uumlber die eine Erzieherinein Erzieher verfuumlgen sollte

Insgesamt laumlsst sich also bei den Befragten eine hohe inhaltliche Identi-fikation mit dem Erzieherinnen-Beruf feststellen fuumlr dessen Ausuumlbung so-zialen Kompetenzen und persoumlnlichen Erfahrungen eine hohe Bedeutung beigemessen wird

322 Belastungen im Arbeitsalltag

Als zentrale Bedingungen die sowohl Qualitaumlt als auch Zufriedenheit mit der Arbeit beeinflussen werden von groszligen Teilen aller Befragten der Perso-nalschluumlssel und die Groumlszlige der Gruppen genannt Bei der Personalausstat-tung wird meist zwischen generellem Personalmangel z B durch Unter-besetzung und anderweitigen Personalausfaumlllen unterschieden die durch Krankheit Schwangerschaften Urlaub oder Fortbildungen entstehen Die dadurch erzeugten Probleme werden als starker Belastungsfaktor und als be-sonders negativ eingeschaumltzt Es gebe bdquoZeitdruck immer Stress im Nackenldquo so dass es bdquonur noch darum geht den Alltag aufrechtzuerhaltenldquo was in der Folge zum bdquoVerwalten der Kinder Verwalten des Tagesablaufsldquo fuumlhre Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte fasst die Auswirkungen so zusammen bdquoZu viele gleichzeitige Anforderungen und man hat das Gefuumlhl der Situation nicht mehr gerecht werden zu koumlnnenldquo

Als besonders belastend werden haumlufig vorkommende Beeintraumlchtigun-gen durch kurzfristige Personalausfaumllle angesehen Dies fuumlhrt zu Stress und Unzufriedenheit insbesondere wenn eigene Planungen davon betroffen werden Eine aktuelle Untersuchung zu Stressbelastungen und Burnout-Ri-siko bei Erzieherinnen in Kindertagesstaumltten zeigt als Auswirkungen dieser Belastungen dass ein hoher Anteil der befragten Erzieherinnen ein erhoumlhtes Stressniveau aufweist und fast ein Fuumlnftel als Hochrisiko-Gruppe fuumlr Burnout angesehen werden kann

bdquoAls zentrale Stressquelle konnte die mangelhafte Personalausstat-tung in vielen Einrichtungen identifiziert werden einhergehend mit zu groszligen Gruppen einem unzureichenden Betreuungsschluumlssel Zeitdruck und sbquoMulti-Taskinglsquoldquo (JungbauerEhlen 2015 418)

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Auch die STEGE-Studie die auf einer Repraumlsentativbefragung von Erzieherinnen in Nordrhein-Westfalen basiert bestaumltigt die hohe Bedeutung von Personalmangel (ViernickelVoss 2013 156) sowie von Zeitdruck als Belas-tungsfaktoren (ebd 64 ff) Die von Traumlgern wahrgenommenen Probleme im Hinblick auf den Krankenstand (vgl Abschnitt 313) finden hier Erklaumlrun-gen

Zu groszlige Gruppen werden insbesondere von juumlngeren Mitarbeiterinnen als Problem beschrieben sie fuumlhlen sich uumlberfordert und koumlnnen dann haumlufig den eigenen Anspruumlchen nicht gerecht werden Bei (zu) vollen Gruppen wird beispielsweise sehr viel Zeit und Energie fuumlr Alltagssituatio-nen benoumltigt z B beim Anziehen der Kinder oder Zaumlhneputzen nach den Mahlzeiten Dann kann der Eindruck entstehen bdquokeine Zeit (mehr) fuumlr die Kinder zu habenldquo was zur Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit fuumlhrt bdquodann wird man keinem Kind gerecht und das ist dann auch unerfuumlllend fuumlr einen selbstldquo Diese Aussagen sind vor allem vor dem Hintergrund zu betrachten dass Erzieherinnen es nach den Ergebnissen der AQUA-Studie fuumlr die wichtigste Bedingung ihrer Arbeit halten bdquogenuumlgend Zeit fuumlr gute pauml-dagogische Arbeit zu habenldquo (vgl Schreyer et al 2014 49)

Auf die Frage nach einer Veraumlnderung von Arbeitsbelastungen im Zeit-verlauf geben je nach Befragtengruppe (ohne Berufseinsteigerinnen) zwei Drittel bis drei Viertel an dass diese im Zeitverlauf zugenommen haumltten bdquoEs muss immer mehr immer mehr immer schneller immer besser seinldquo Als Faktoren fuumlr den Belastungsanstieg werden zum einen konzeptionelle Aufga-ben wie die zeitintensive Bildungsbeobachtung und -dokumentation sowie die jaumlhrlichen Entwicklungsgespraumlche genannt zum zweiten Aspekte der Ar-beitsorganisation etwa zunehmende Schichtdienste ein unzureichender Er-zieher-Kind-Schluumlssel oder das bdquoStundenauffangenldquo bei Personalausfall sowie allgemein eine Zunahme an administrativen Aufgaben die Zeit in Anspruch nehmen die bei der Arbeit mit den Kindern fehlt Auch die Betreuung im-mer juumlngerer Kinder (U3) die viel mehr und veraumlnderte Anforderungen mit sich bringt wird genannt Von einigen wird vermutet dass sich neben einem realen Anstieg der Belastungen auch das Belastungsempfinden geaumlndert hat bdquoEs wurde mir dann einfach zu viel der Tag wurde dann auch immer laumln-ger hellip Daran habe ich gemerkt Ich brauch mal eine Auszeitldquo Auch die AQUA-Studie bestaumltigt dass die wachsenden Aufgaben dazu fuumlhren dass sich immer mehr Fachkraumlfte stark belastet fuumlhlen ndash bdquobis hin zum Risiko eines beruflichen Burnoutsldquo (Schreyer et al 2014 78)

Auch die aus Sicht der Befragten gestiegenen Anforderungen durch El-tern tragen zur Belastung bei Einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

die Anspruumlche von Seiten der Eltern und der Wunsch dass bdquodie Erzieherin alles regeltldquo uumlber die Jahre immer mehr zugenommen haben bdquosie fordern fordern fordernldquo Fruumlher waumlren die Kinder ermahnt worden lieb zu sein und sich nicht zu zanken aber heute heiszlige es bdquoSei der King und lass dir nichts gefallenldquo Eine andere Befragte fasst zusammen bdquoDie Eltern sehen nur noch ihr eigenes Kind und nicht mehr dass es auch noch andere Kinder in der Gruppe gibtldquo Als eine Ursache wird von einer Befragten angemerkt dass bdquoviele Eltern mit der Erziehung voumlllig uumlberfordert sind man muss sie an die Hand nehmen ihnen immer mehr Hilfestellung gebenldquo Langjaumlhrig Be-schaumlftigte haben Strategien zum Umgang mit Anforderungen durch Eltern entwickelt aber von den juumlngeren Beschaumlftigten werden die Anspruumlche der Eltern oft als starke Belastung wahrgenommen z T deshalb da sie sich durch (bislang) fehlende eigene Kinder in einer schwierigen Position gegen-uumlber Eltern sehen bdquoDas hat ein bisschen gedauert bis man sich so ausdruuml-cken konnte und sich ein bisschen Respekt verschaffen konnteldquo Beschaumlftigte in der Familienphase geben an dass sie durch eigene Kinder eine deutlich verbesserte Position gegenuumlber den Eltern bekommen haben Jedoch merkt eine Befragte aus dieser Gruppe auch an bdquoEltern koumlnnen die Arbeit sehr gut behindernldquo

Bei vielen Beschaumlftigten nehmen physische Beeintraumlchtigungen einen groszligen Raum ein Selbst bei den Berufseinsteigerinnen gibt uumlber die Haumllfte der Befragten berufsbedingte Gesundheitsprobleme an vor allem haumlufige In-fekte aber auch schon Ruumlckenprobleme Bei den anderen Befragtengruppen werden ebenso verschiedenste Belastungen angefuumlhrt die sich auf das physi-sche und psychische Wohlbefinden auswirken wie z B wenig ergonomische Moumlblierung Heben und Tragen von Kindern ein hoher Laumlrmpegel aber auch Konflikte oder Mobbing Die personelle Unterbesetzung spielt eine er-hebliche Rolle bdquoEs geht sehr an die Substanz wenn man alleine istldquo Und auch die Anforderung dass man die bdquoSicherheit gewaumlhrleistenldquo muss jedoch der Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachkommen kann wenn man allein in der Gruppe ist wirkt sich negativ auf die eigene Befindlichkeit aus

Als Auswirkungen werden unterschiedlichste teilweise multiple Erkran-kungen koumlrperlicher Art angefuumlhrt die von einigen Befragten auch auf eine Verquickung physischer und psychischer Problemlagen zuruumlckgefuumlhrt wer-den Partiell stehen jedoch auch psychische Auswirkungen von Belastungen im Vordergrund die von Befindlichkeitsstoumlrungen wie Schlafproblemen oder Erschoumlpfungszustaumlnden bis hin zu schweren Erkrankungen wie Depres-sionen und Burnout reichen bdquoIch bin dann auf der Arbeit umgekipptldquo Bei den Berufsaussteigerinnen fuumlhren fast die Haumllfte der Befragten psychische

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Probleme oder Erkrankungen an die teilweise zunaumlchst nicht beachtet bzw verdraumlngt wurden (bdquoDas war ein schleichender Prozessldquo) letztlich aber zum Ausstieg aus dem Beruf beigetragen haben oder sogar der zentrale Grund wa-ren Die Daten der AQUA-Studie bestaumltigen zudem dass Arbeitsstress zur Folge haben kann dass Fachkraumlfte uumlber einen Stellenwechsel nachdenken und eine geringere Bindung an Beruf und Traumlger aufweisen (vgl Schreyer et al 2014 79)

Den meisten Befragten scheint die Problematik bewusst zu sein und sie sind daran interessiert etwas fuumlr ihre Gesundheit zu tun Viele geben an mehr oder weniger regelmaumlszligig Sport zu treiben (Fitness-Studio Walken Gymnastik Radfahren Yoga etc) um ihre Probleme zu reduzieren bzw fit zu bleiben Daruumlber hinaus wird groszliger Wert auf Entspannung und Freizeit-beschaumlftigung bdquozum Abschaltenldquo gelegt Gezielte Angebote von Seiten ihrer Arbeitgeber zur Gesundheitsfoumlrderung und zum Umgang mit Stress gibt es jedoch nur fuumlr wenige Befragte das Engagement fuumlr die Gesundheit findet im Wesentlichen im Privatbereich statt

Insgesamt werden von den Befragten also vielfaumlltige und ansteigende Be-lastungen und Belastungssituationen wahrgenommen die sich neben ge-sellschaftlichen Veraumlnderungen und konzeptionellen Entwicklungen in der Kindertagesbetreuung aus einer allgemein als unzureichend wahrgenomme-nen Personalausstattung ergeben Die Situation wird zusaumltzlich durch die Anforderung erschwert kurzfristige Schwankungen in der Personalsituation bewaumlltigen zu muumlssen Angesichts der wahrgenommenen Gesundheitsstouml-rungen erhaumllt eine praumlventive Gesundheitsfoumlrderung fuumlr die Beschaumlftigten eine wachsende Bedeutung die vor allem einen individuellen Umgang mit persoumlnlichen Belastungssituationen und damit eine verbesserte Selbstfuumlrsor-ge vermittelt

323 Die Arbeitszeit

Beim Blick auf die Arbeitszeiten zeigt sich dass die uumlberwiegende Zahl der Befragten mit ihren Arbeitszeiten zufrieden ist Von den Teilzeitbeschaumlftig-ten wird als Vorteil eine gewisse Zeitflexibilitaumlt angefuumlhrt die auch die Ver-einbarkeit von Beruf und Familie unterstuumltzt Bei den vollzeitbeschaumlftigten Berufsanfaumlngerinnen und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten geben allerdings einige Befragte an dass sie lieber weniger arbeiten wuumlrden (bdquoIch bin an der Grenze meiner Kraumlfteldquo) sich dies aber aus finanziellen Gruumlnden nicht leisten koumlnnen Und einige aumlltere Befragte wuumlrden den Beruf auch gern vor dem of-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

fiziellen Renteneintrittsalter aufgeben koumlnnen das aber ebenfalls aus finanzi-ellen Gruumlnden nicht umsetzen (bdquoWenn ich die Moumlglichkeit haumltte etwas an-deres zu machen dann wuumlrde ich es tunldquo) Bei den vollzeitbeschaumlftigten Er-zieherinnen gibt es teilweise Unzufriedenheit mit der Arbeitsorganisation wenn sie unliebsame Arbeiten oder Arbeitszeiten uumlbernehmen oder unvor-hergesehene bzw laumlngerfristige Personalausfaumllle auffangen muumlssen weil die Teilzeitbeschaumlftigten dies nicht leisten koumlnnen oder wollen

Bei der Lage der Arbeitszeiten laumlsst sich mehrheitlich eine groszlige Zufrie-denheit feststellen denn die Absprachen zur Arbeitszeitgestaltung in den Einrichtungen funktionieren uumlberwiegend gut Beschaumlftigte die ein Arbeits-zeitkonto nutzen koumlnnen sind besonders zufrieden Allerdings ist dieses we-nig verbreitet Werden die Erwartungen hinsichtlich der Lage der Arbeitszei-ten durch die Gestaltung des Dienstplans jedoch nicht erfuumlllt und wird damit die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben gestoumlrt wird das als sehr belas-tend empfunden Eine Berufsaussteigerin gibt an dass sie den Beruf aus Gruumlnden fehlender Teilzeitmodelle aufgegeben hat und weitere vier Befragte in dieser Gruppe sagen dass die Vereinbarkeit selten klappte Schwierigkei-ten bei der Gestaltung der Arbeitszeiten gehoumlren somit zu den Faktoren die zu einem Berufsausstieg beitragen

324 Das Team als zentrale Ressource

Mit Blick auf das Wohlfuumlhlen am Arbeitsplatz laumlsst sich festhalten dass sich ein groszliger Teil der Befragten bdquoimmerldquo oder bdquomeistensldquo wohlfuumlhlt ein Be-fund den auch die AQUA-Studie bestaumltigt (vgl Schreyer et al 2014 125 ff) Auch die STEGE-Studie kommt zu dem Ergebnis dass die Zusammenarbeit in den Teams im Allgemeinen sehr gut laumluft (vgl ViernickelVoss 2913 74) In den Befragungen im KONTI-Projekt gibt sogar bei den Berufsaussteigerinnen mehr als die Haumllfte an sich meistens am Arbeitsplatz wohlgefuumlhlt zu haben Als positive Faktoren werden von ihnen wie auch von den anderen Befragten neben dem bdquoSpaszlig am Berufldquo sehr haumlufig ein gutes Betriebsklima sowie die gute Zusammenarbeit im Team und mit der Leitung genannt Es laumlsst sich vermuten dass diese Faktoren miteinander korrelieren wobei sich jedoch kein klarer Ursache-Wirkungs-Zusammenhang festlegen laumlsst

In der AQUA-Studie wurde festgestellt dass fast alle teilnehmenden Fachkraumlfte ein gutes Teamklima als absolut wichtig oder zumindest sehr wichtig einschaumltzen (vgl ebd 97) Auch dieses ist ein Befund der in der KONTI-Befragung bestaumltigt wird Aussagen wie bdquoDas Team ist halt super-

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wichtig und ausschlaggebend fuumlr die Arbeitldquo oder bdquoEine gute Leiterin ein gu-tes Team das ist wichtigldquo sind typische Antworten Ein gutes Betriebsklima wird als Quelle persoumlnlicher Bestaumltigung und Anerkennung gesehen und bdquohat einen positiven Einfluss auf die Psycheldquo Teilweise wird der Arbeitsplatz als zweites Zuhause bezeichnet bdquoNach 38 Jahren bin ich hier zu Hause mei-ne Gruppe ist mein Wohnzimmer der Schlafraum ist mein Schlafzimmer nur die Moumlbel sind etwas kleinldquo Als Defizit wird jedoch von einer Berufsaus-steigerin angefuumlhrt dass Problemloumlsungen haumlufig nur dann funktionieren wenn Menschen sich gut verstehen das sei aber zu wichtig um es dem Zufall zu uumlberlassen es muumlssten strukturelle Loumlsungen fuumlr eine gute Kooperation gefunden werden

Da dem Team hohe Bedeutung zugesprochen wird werden Probleme unter den Kolleginnen in besonderem Maszlige als negativ und belastend ein-geschaumltzt Zu Konflikten tragen fehlende oder schlechte Absprachen bzw allgemein Unstimmigkeiten oder Streit bei (bdquoWenn die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen nicht funktioniert die Kolleginnen nicht sbquoHand in Hand arbeitenlsquo und Absprachen missachten belastet das sehrldquo) aber es werden auch Mobbingsituationen benannt Fuumlr eine Berufsaussteigerin stellt Mob-bing durch die Kolleginnen das in einen Burnout muumlndete den zentralen Ausstiegsgrund dar Herausforderungen fuumlr die Teamsituation ergeben sich auch durch Veraumlnderungen wie z B die Einfuumlhrung der offenen Arbeit Umstrukturierungen durch den U3-Ausbau eine neue Kollegin oder den Ausfall eines oder gar mehrerer Teammitglieder durch Krankheit oder Ur-laub Eine langjaumlhrig Beschaumlftigte betont wenn bereits morgens Spannungen entstehen fuumlhle sie sich nicht mehr wohl da sie dann bdquozwischen den Stuumlhlen sitztldquo Aber es gibt auch die Einschaumltzung dass Auseinandersetzungen zur Klaumlrung von Positionen sein mussten und bdquodanach warrsquos wieder in Ord-nungldquo

Auch Generationenkonflikte werden angesprochen Langjaumlhrig Beschaumlf-tigte berichten dass eine Uumlberforderung juumlngerer Kolleginnen ndash eine Erfah-rung die von dieser Befragtengruppe durchaus ebenso thematisiert wird ndash zu Unruhe in den Ablaumlufen und zu Spannungen fuumlhren kann bdquoIn aumllteren Jah-ren hat man eher den Uumlberblick und die Umsicht uumlber das Geschehen was den juumlngeren Kolleginnen haumlufig noch fehltldquo Jedoch fuumlhlen sich aumlltere Be-schaumlftigte von den Juumlngeren auf Grund ihres Alters teilweise nicht anerkannt und beklagen Stoumlrungen in der Kita die durch eine aus ihrer Sicht schlechte Ausbildungsqualitaumlt verursacht seien Auch von Seiten der juumlngeren Befrag-ten werden Konflikte mit aumllteren Kolleginnen und daraus resultierende Pro-bleme im Team angefuumlhrt So berichten Einsteigerinnen dass sie sich von

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

aumllteren Kolleginnen bdquoausgebremstldquo oder bdquonicht ernst genommenldquo fuumlhlen oder dass sie eine Offenheit fuumlr Veraumlnderung und neue Ideen vermissen

Aber es wird z T auch betont dass die Mischung von juumlngeren und aumll-teren Mitarbeiterinnen durchaus sinnvoll sein kann da es zu einer Ver-knuumlpfung unterschiedlicher Erfahrungen und Sichtweisen kommt die die Qualitaumlt der Arbeit steigert und dass aumlltere Kolleginnen in der Berufsein-stiegsphase als Ratgeberinnen fungieren koumlnnen Einige juumlngere Befragte berichten von Unterstuumltzung durch aumlltere Kolleginnen die ihnen aufgrund noch fehlender Erfahrungen wichtig ist Und einige langjaumlhrig Beschaumlftigte geben an dass es ihnen gut tut bestimmte Taumltigkeiten (z B Bewegungserzie-hung) an die juumlngeren Kolleginnen abgeben zu koumlnnen Auch seien diese durch ihre Ausbildung besser auf neue Taumltigkeiten beispielsweise das Erstel-len von Bildungsdokumentationen vorbereitet Haumlufiger allerdings werden Konflikte erwaumlhnt

Unter dem Aspekt einer Personalbindung stellt somit ndash insgesamt be-trachtet ndash eine gute Zusammenarbeit im Team fuumlr die Beschaumlftigten eine wichtige Ressource dar Aufgrund der wachsenden Heterogenitaumlt in den Teams wird die Aufgabe der Leitung fuumlr eine gute Arbeitsatmosphaumlre zu sor-gen jedoch zunehmend komplexer Die Vielfalt bietet zunaumlchst fuumlr den Arbeitsalltag und insbesondere auch fuumlr die Arbeit mit den Kindern viele Vorteile die auch wahrgenommen werden Daneben wird es aber schwieri-ger und erfordert nicht nur ein Empathievermoumlgen der Leitung sondern auch spezifische Kompetenzen um stets fuumlr einen gerechten Interessenaus-gleich in der Einrichtung sorgen zu koumlnnen

325 Aufgaben und Aufstiegsmoumlglichkeiten

Mit Blick auf das Erleben des eigenen Arbeitsalltags wird es von allen Be-fragtengruppen als positiv empfunden wenn individuelle Interessen sowie eigene Faumlhigkeiten eingebracht werden koumlnnen Es werden sehr unterschied-liche Situationen bzw Bereiche genannt in denen je nach eigener Inte-ressenlage und Faumlhigkeiten Aufgaben gut erledigt werden koumlnnen Einige gehen gern mit den Kindern nach drauszligen andere finden die Betreuung ih-res Funktionsbereichs in der offenen Arbeit interessant eine weitere nennt die Kinderkonferenz eine bdquopositive Herausforderungldquo der sie sich gern stellt eine sportliche Mitarbeiterin freut sich Spaszlig an Bewegung vermitteln zu koumlnnen und eine Berufseinsteigerin bringt gern ihre Medienkompetenz ins Team ein

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Die Vielfalt der Beispiele zeigt einerseits dass es individuell sehr unter-schiedlich ist welche Aktivitaumlten die Befragten als besonders befriedigend ansehen Zum anderen wird deutlich dass es den Einzelnen sehr wichtig ist sich mit ihren spezifischen Kompetenzen an der bdquorichtigen Stelleldquo einbrin-gen zu koumlnnen Als Aufgabenfelder mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen zeigen sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit Eltern oder der Umgang mit bdquoschwierigen Kindernldquo was von einigen als groszlige Belastung empfun - den wird waumlhrend es bei anderen zur Befriedigung beitraumlgt diese Aufgaben gut bewaumlltigt zu haben Hier wird einerseits deutlich dass bestimmte Auf-gaben individuell unterschiedlich bewertet werden andererseits zeigt sich dass die Erfahrung Herausforderungen zu meistern zur Zufriedenheit bei-traumlgt Insgesamt betrachtet traumlgt damit die Moumlglichkeit die eigenen Kom-petenzen einbringen zu koumlnnen wesentlich zur Arbeitszufriedenheit der Be-fragten bei

Bei der Zufriedenheit mit der Entlohnung gibt es graduelle Unterschie-de insgesamt aber mit der Tendenz zur Unzufriedenheit die bei langjaumlhrig Beschaumlftigten am groumlszligten ausfaumlllt Hier sind viele der Meinung dass das Ge-halt nicht der hohen Verantwortung Beanspruchung und dem Bildungsauf-trag entspricht Von einigen wird der Gehaltsunterschied im Vergleich zu Lehrkraumlften kritisiert Bei den anderen Befragtengruppen fuumlhlt sich jeweils die Haumllfte nicht angemessen entlohnt einige sind sich unsicher ob sie die Be-zahlung als angemessen empfinden

Hinsichtlich potenzieller Aufstiegsmoumlglichkeiten im Erzieherinnen-Be-ruf gibt es differenzierte Antworten Zwei Drittel der Berufseinsteigerinnen und Befragten in der Familienphase sehen Aufstiegsmoumlglichkeiten dagegen nur ein Viertel der langjaumlhrig Beschaumlftigten bei denen jeweils knapp die Haumllfte angibt entweder keine Moumlglichkeiten oder kein Interesse (mehr) zu haben Bei den anderen Befragtengruppen sind nur einzelne Personen nicht an einem Aufstieg interessiert Bei den Aussteigerinnen wird von der Haumllfte der Befragten angefuumlhrt dass mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten ndash neben der Entlohnung ndash mit dazu beigetragen haben den Beruf aufzugeben Dieser Befund wird in der AQUA-Studie gestuumltzt wenn festgestellt wird dass Be-zahlung und Entwicklungsmoumlglichkeiten mit zu den Bereichen gehoumlren mit denen Fachkraumlfte eher unzufrieden sind (vgl Schreyer et al 2014 132)

Als Aufstiegsmoumlglichkeiten werden Gruppen- bzw Teamleitung (stell-vertretende) Leitungsfunktionen sowie die Kombination von Leitungsauf-gaben mit einer Referententaumltigkeit oder der Uumlbernahme spezieller Fachauf-gaben genannt Es faumlllt auf dass auch Personen die kein Interesse an einem Aufstieg haben den Wunsch nach Spezialisierungen oder einem fachuumlber-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

greifenden Einsatz aumluszligern Hinsichtlich der Taumltigkeitsoptionen fuumlr aumlltere Er-zieherinnen gibt es die Aufforderung an die Traumlger dass sie sich bdquowenn man es ernst meint mit der Mitarbeiterpflege und der Verantwortungldquo Gedanken daruumlber machen muumlssen welche Optionen sie den Mitarbeiterinnen anbie-ten koumlnnen

Bei der Frage nach Fortbildungsmoumlglichkeiten ergibt sich ein differen-ziertes Bild das zwischen den Befragtengruppen variiert Als Hindernisse fuumlr die Verwirklichung von Fortbildungswuumlnschen werden mehrfach zu hohe Kosten genannt aber auch die Tatsache dass Arbeitgeber nur interne Fortbildungen zulassen oder Fortbildungen (zu) schnell ausgebucht sind Teilweise wird auch angefuumlhrt dass eine angespannte Personalsituation die Teilnahme an Fortbildungen unmoumlglich macht Von Seiten der Berufsaus-steigerinnen werden bessere Qualifizierungs- bzw Weiterbildungsmoumlglich-keiten als Voraussetzung fuumlr Entwicklungsperspektiven angesprochen Zu-saumltzlich wird angemahnt dass dann auch Konsequenzen gezogen werden muumlssen (bdquoIst ja schoumln dass Sie die Fortbildung besucht haben aber wir ma-chen weiter wie gewohntldquo) Ein weiterer Wunsch bezieht sich darauf dass bdquoder Beruf aus dem Sackgassenberuf herauskommt dass es noch andere Pers-pektiven gibtldquo auch jenseits der Leitungsposition denn das sei nicht fuumlr jede geeignet und wuumlnschenswert

Die Beschaumlftigten aumluszligern ein hohes Interesse an beruflichen Entwick-lungsmoumlglichkeiten ndash nicht nur an einem hierarchischen Aufstieg sondern vor allem auch an fachlichen Perspektiven Unzufriedenheit mit der aktuel-len Entlohnung spielt in diesem Kontext vielfach eine Rolle jedoch wird der Wunsch nach Aufstiegsmoumlglichkeiten nicht auf finanzielle Verbesserungen reduziert

326 Der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf

Hinsichtlich der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit und dem Beruf zeigt sich bei den Gruppen (ohne Aussteigerinnen) dass der groumlszligte Teil der Befragten bdquovoumllligldquo oder bdquoweitgehend zufriedenldquo ist Bei den Aussteigerinnen stellt sich das erwartungsgemaumlszlig anders dar denn hier gibt nur knapp die Haumllfte der Be-fragten an dass sie voumlllig bzw weitgehend zufrieden waren Dabei bezieht sich Unzufriedenheit meistens auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Arbeit (Dienstplan Arbeitsvertrag Aufstiegsmoumlglichkeiten etc)

Trotz der grundsaumltzlich hohen Identifikation mit dem Beruf sind nur we-nige der juumlngeren Befragten und derjenigen in der Familienphase der Mei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

nung dass sie ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben werden Als Fak-toren die zu einem vorzeitigen Ausstieg bzw Taumltigkeitswechsel beitragen koumlnnten wird vor allem Skepsis bezuumlglich der koumlrperlichen Fitness bei stei-gendem Alter angesprochen Bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten sieht die Ein-schaumltzung anders aus (vielleicht weil diejenigen die fruumlher aus dem Beruf aussteigen wollten nicht mehr bis in diese Phase gekommen sind vielleicht auch weil nicht alle eine moumlglicherweise fruumlher geaumluszligerte Ausstiegsoption realisiert haben) Mit Ausnahme einer Befragten geben alle langjaumlhrig Be-schaumlftigten an ihren Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben zu wollen bzw zu muumlssen wenn die koumlrperliche Verfassung es zulaumlsst Vier Befragte begruumlnden dies damit dass sie auf das Gehalt angewiesen seien eine verweist darauf dass mehr Angebote fuumlr Teilzeit eine laumlngere Arbeitsdauer ermoumlglichen wuumlr-den Als Argumente fuumlr den langjaumlhrigen Verbleib im Beruf werden von den meisten vor allem die Freude an der Arbeit mit Kindern genannt und von ei-nigen das gute Betriebsklima und die Vertrautheit mit der Einrichtung

Eine aktuelle Untersuchung zu Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastun gen und ihren Folgen fuumlr Erzieherinnen zeigt dass der Wunsch nach vorzeiti-gem Ruhestand bei dieser Gruppe houmlher ist als bei anderen Berufen (Abbil-dung 1) Bei uumlber der Haumllfte der befragten Erzieherinnen wird als Haupt-grund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand angefuumlhrt dass die Ar-beit sehr anstrengend ist (Abbildung 2) Es faumlllt im Vergleich mit anderen Berufen auf dass dieser Grund dort eher nachrangig ist und von weniger als einem Viertel der Befragten angefuumlhrt wird

Die Frage ob sie sich einen Wechsel des Taumltigkeitsfeldes vorstellen koumlnn-ten bejahen 18 von 20 der Befragten in der Familienphase bei den Berufsein-steigerinnen sind es ca zwei Drittel und bei den langjaumlhrig Beschaumlftigten ca ein Drittel Dabei werden sowohl Taumltigkeiten innerhalb als auch auszliger-halb von Kitas genannt Zu Letzterem gehoumlren paumldagogische Taumltigkeiten mit aumllteren Kindern und Jugendlichen in Hort Heim oder Schulen aber auch Kombinationsloumlsungen in denen die Arbeit in einer Kita-Gruppe mit Taumltig-keiten im Jugendamt in Fachberatung Familienhilfe oder Fruumlhfoumlrderung verbunden wird Einige Befragte koumlnnen sich auch Taumltigkeiten auszligerhalb pauml-dagogischer Arbeitsfelder vorstellen

Bei den Berufsaussteigerinnen faumlllt auf dass weniger als die Haumllfte der Befragten weiterhin paumldagogische Taumltigkeiten wie z B in der Behinderten- oder Altenarbeit als Spielgruppenleitung oder Lehrerin in der Erzieher innen-Ausbildung ausuumlben Als nicht-paumldagogische Taumltigkeiten nach dem Berufsausstieg werden sehr unterschiedliche Felder angefuumlhrt wissenschaft-liche Mitarbeiterin an einer Universitaumlt Verwaltungsfachangestellte Bank-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

kauffrau Tischler Verkaumluferin oder Politesse Insgesamt hat mehr als die Haumllfte der Befragten die beim Berufsausstieg gewuumlnschte berufliche und per-soumlnliche Weiterentwicklung durch ein Studium bzw durch eine Ausbildung unterstuumltzt waumlhrend die anderen Befragten eher geringfuumlgige Weiterquali-fizierungen wahrgenommen haben In der Arbeitsmarktberichterstattung der Bundesagentur fuumlr Arbeit (BA) heiszligt es dass es im Jahresdurchschnitt 13000 Arbeitslose gibt die (wieder) in der Kinderbetreuung und -erziehung arbeiten moumlchten (vgl BA 2014 16) es jedoch bdquoim Schnitt der letzten zwoumllf Monate 8600 arbeitslose Personen [gab] die zwar uumlber eine entsprechende

Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten

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Abbildung 1

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Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter Quelle nach HallLeppelmeier 2015 25

wuumlrde gern uumlber das regulaumlre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wuumlrde gern bis zum regulaumlren Renteneintrittsalter arbeiten wuumlrde gern vorzeitig in Ruhestand gehen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Ausbildung als Erzieherin (4200) oder Kinderpflegerin (3500) verfuumlgtenldquo (ebd) aber eine andere berufliche Taumltigkeit anstrebten

Fuumlr den Berufsausstieg ist in allen Faumlllen nicht ein einzelner Grund sondern ein ganzes Buumlndel von Faktoren ursaumlchlich Ein Motivbuumlndel ist das Ziel der persoumlnlichen undoder beruflichen Weiterentwicklung das von mehr als der Haumllfte der Befragten genannt wird Zusaumltzlich fuumlhren fast alle mangelnde Aufstiegsmoumlglichkeiten und schlechte Entlohnung als weitere

Abbildung 2

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

Anmerkung abhaumlngig Beschaumlftigte im Alter von 45 Jahren oder aumllter von 100 abweichende Summe der Prozentwerte ist rundungsbedingt Quelle nach HallLeppelmeier 2015 26

aus sonstigen Gruumlnden um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus gesundheitlichen Gruumlnden weil die Arbeit sehr anstrengend ist

Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen

weil die Arbeit sehr anstrengend ist

aus gesundheitlichen Gruumlnden

um Zeit fuumlr private Interessen zu haben aus sonstigen Gruumlnden

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Erzieherinnen andere Berufe

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Gruumlnde an Gleichzeitig werden aber auch von fast der Haumllfte der Befragten gesundheitliche Gruumlnde Stress oder Uumlberforderung angesprochen Bei eini-gen sind Erkrankungen sogar der zentrale Ausstiegsgrund In der Arbeits-marktberichterstattung heiszligt es dass die Gruumlnde fuumlr die Suche nach einer alternativen Taumltigkeit vielschichtig sind dass jedoch gesundheitliche Aspek -te oder veraumlnderte Interessen oft dazu gehoumlren (vgl ebd 16)

Einige Aussteigerinnen weisen dezidiert darauf hin dass sie keinen Ruumlck halt bei ihrem Traumlger bzw kein Entgegenkommen gegenuumlber ihren Wuumlnschen erlebt haben was zumindest teilweise mit zu ihrer Entscheidung beigetragen hat Und mehr als zwei Drittel geben an dass sie den Ausstieg aus dem Beruf nicht bedauert haben

Insgesamt steht bei den befragten Berufsaussteigerinnen der grundsaumltz-lich hohen Identifikation mit dem Beruf zum einen ein hohes Interesse an Veraumlnderungen des Taumltigkeitsfeldes gegenuumlber zum anderen eine weit ver-breitete Skepsis daruumlber ob sich der Beruf bis zum Rentenalter ausuumlben laumlsst Wenn tatsaumlchlich ein Berufsausstieg erfolgt liegen dieser Entscheidung in der Regel mehrere Motive zugrunde

33 Die Perspektive der Kita-Leitungen

Die Aufgabenbereiche der Leitung einer Kindertagesstaumltte sind umfangreich und mit unterschiedlichsten Anforderungen verbunden Dies ist auf ihre Position an der Schnittstelle zwischen Traumlger Mitarbeiterinnen Kindern Eltern und dem Sozialraum zuruumlckzufuumlhren womit teilweise mehrfache Rollenwechsel im Laufe eines Arbeitstages verbunden sein koumlnnen Weil die verschiedenen Personen(gruppen) heterogene Wuumlnsche und Bedarfe ha-ben existieren Gegensaumltze und Spannungsfelder denen sich Leitungen stel-len muumlssen

Vor dem Hintergrund dieser Schnittstellenposition von Kita-Leitungen ist deren Perspektive von wesentlicher Bedeutung fuumlr die Personalfuumlhrung in und fuumlr Kindertageseinrichtungen Im Zeitraum von Januar bis Maumlrz 2015 wurden deshalb 15 Interviews mit Leitungskraumlften kommunaler frei-gemein-nuumltziger und privater Traumlger in den beteiligten Bundeslaumlndern gefuumlhrt Das Ziel der Interviewreihe bestand darin die Funktion der Leitung an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiterinnen und Traumlger naumlher zu beleuchten (vgl dazu auch Koumlhling 2015) Zum Zeitpunkt der Befragung war gut die Haumllfte der Interviewpartnerinnen uumlber 50 und drei Leitungen waren etwa 30 Jahre alt das Alter der anderen Personen befand sich zwischen diesen bei-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

den Altersgruppen Fuumlr ihre Leitungstaumltigkeit waren neun Befragte vollstaumln-dig die anderen teilweise freigestellt eine Befragte verfuumlgte uumlber keine Frei-stellung

Um die Interviewaussagen der befragten Leiterinnen besser einordnen zu koumlnnen werden zunaumlchst die Aufgabenbereiche einer Kita-Leitung an-hand eines Schaubildes im Uumlberblick vorgestellt (Abbildung 3) Das Schau-bild verdeutlicht die Aufgabenbereiche einer Leitung mit dem Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrag auf der einen und der Betriebsfuumlhrung auf der anderen Seite sowie den damit jeweils verbundenen Handlungsan-forderungen

Im Folgenden werden Aussagen und Einschaumltzungen aufgezeigt die der Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit mit dem Team zu-gerechnet werden koumlnnen (Abschnitt 331) Daran anschlieszligend steht die Betriebsfuumlhrung als Teilbereich der vielfaumlltigen Aufgaben im Mittelpunkt (Abschnitt 332) waumlhrend Aufgaben die der direkten paumldagogischen Arbeit zuzurechnen sind nur begleitend thematisiert werden da sie nicht im Fo - kus des KONTI-Projektes standen Im Weiteren werden dann Kompetenz - an for de rungen an Leitungen (Abschnitt 333) sowie die Themenbereiche Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungsmoumlglichkeiten als Voraussetzungen bzw Bedingungen fuumlr gute Arbeit in den Blick genommen (Abschnitt 334) Abschlieszligend wird der Aufgabenbereich der Zusammenar-beit mit dem Traumlger als wichtige Rahmenbedingung fuumlr effektives Arbeiten vorgestellt (Abschnitt 335)

331 Mitarbeiterfuumlhrung und Gestaltung der Zusammenarbeit

Die befragten Leitungen berichten von einer groszligen Vielfalt in ihren Teams ndash z B durch unterschiedliche Altersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Kompetenzen Ausbildungen und Nationalitaumlten ndash die durchgaumlngig positiv betrachtet wird Aus dieser Heterogenitaumlt ergeben sich nach Meinung der Interviewpartnerinnen besonders fuumlr die Arbeit mit Kindern Vorteile weil diese bdquofuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen be-noumltigenldquo Im Allgemeinen haben die befragten Leitungen auch Einwirkungs-moumlglichkeiten auf die Zusammensetzung des Teams da sie in der Regel an der Auswahl neuer Mitarbeiterinnen beteiligt sind Grundsaumltzlich ist zwar der Traumlger zustaumlndig der z T auch die Vorauswahl trifft im Prinzip erfolgt jedoch bei den meisten Traumlgern eine enge Zusammenarbeit mit den Leitun-gen So koumlnnen die Leitungen Wuumlnsche aumluszligern sind bei Vorstellungsgesprauml-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

chen anwesend oder duumlrfen sich nach der Vorauswahl durch den Traumlger dieden neuen Mitarbeiterin aussuchen (zur Zusammenarbeit mit dem Traumlger vgl auch Abschnitt 335)

Mehrheitlich sehen sich die Leitungen in der Rolle eines Motors fuumlr das Funktionieren und die Weiterentwicklung der paumldagogischen Arbeit in der Einrichtung und fuumlr eine gute Zusammenarbeit im und mit dem Team Dazu gehoumlre auch dass die Leistungen der Mitarbeiterinnen durch Aner-kennung unterstuumltzt werden bdquoEine Leitung muss auch wertschaumltzen und loben koumlnnen und erkennen wo gute Arbeit geleistet wirdldquo Zudem wirken sich nach Wahrnehmung der Leitungen ein positives Arbeitsklima und ein guter Teamzusammenhalt positiv auf die Leistungsbereitschaft der Mitar-beiterinnen aus Als zentrale Leitungsaufgabe wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch gesehen Einige Leitungen betonen auch dass transparente Strukturen und Zustaumlndigkeiten das Wohlfuumlhlen im Team und die Fairness untereinander befoumlrdern Als bedeutsam wird zudem die Vor-bildfunktion der Leitungen angesehen die die Motivation der Mitarbeiterinnen durch eigenen fachlichen Input Initiativen neue Ideen aber auch durch die Bereitstellung von Raum zum Experimentieren unterstuumltzen kann Von einzelnen nicht vollstaumlndig freigestellten Leitungen wird die Mitarbeit in den Gruppen als wichtiger Praxisbezug bewertet um die Belange der Mit-arbeiterinnen verstehen zu koumlnnen Einzelne Befragte erwaumlhnen zudem dass der Einsatz neuer Methoden oder Instrumente fuumlr einige Mitarbeiterin-nen nachvollziehbarer wird bzw sie sich erst dann darauf einlassen wenn die Leitung eigene Erfahrungen mit der Umsetzbarkeit vorweisen kann bdquoAlles was nicht bewiesen wird ist erst einmal Theorie auf die sie sich nicht ein-lassen Beweise erhoumlhen die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung garantieren diese jedoch nichtldquo

Mit Konflikten zwischen den Beschaumlftigten wird in einigen Einrichtun-gen offensiv umgegangen indem eine Konfliktloumlsungskultur gelebt wird die den Rahmen fuumlr die Umsetzung geeigneter Loumlsungen vorgibt und Mediati-onsverfahren einschlieszligt Ein Teil der Befragten erwartet von den Mitarbei-terinnen zunaumlchst einen offensiven verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem Problem und eine zeitnahe Problemloumlsung Einige wenige sehen hingegen Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinanderset-zung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) Als Misserfolg fuumlr die Leitungstaumltigkeit wird z B angesehen wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden die ge-meinsam getroffen wurden (bdquoDas sind Misserfolge da gelingt es mir nichtldquo)

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Vereinzelt wird auch von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team berichtet die nach Einschaumltzung der Befragten vor allem dadurch aus-geloumlst werden dass die Leitungen versuchen Veraumlnderungen einzuleiten Mitarbeiterinnen jedoch Sorge vor zusaumltzlichen Belastungen haben bdquoEs fehlt das Gefuumlhl wir machenrsquos gemeinsam Ich habe immer das Gefuumlhl ich muumlsste einen Waggon anschieben Dann laumluft er wieder ein bisschen und dann steht er wieder und dann muss ich ihn wieder anschieben Und da habe ich keine Lust mehr zu ich lass ihn stehenldquo Eine Unterstuumltzung durch den Traumlger erfolgt in solchen Faumlllen oft nicht Insgesamt sehen sich die Leitun -gen als verantwortlich fuumlr das Funktionieren der Einrichtung und die Team-Zusammenarbeit Dieses Ziel koumlnnen sie verwirklichen wenn das Team mit-wirkt und auftretende Konflikte in angemessener Form bearbeitet werden

Im Hinblick auf die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiterinnen ndash was z T ebenfalls zum Aufgabenbereich der Leitungen gehoumlrt ndash werden verschie-dene individuelle und traumlgerspezifische Entwicklungskonzepte erwaumlhnt In einigen Einrichtungen wird dazu dem Motto gefolgt Mitarbeiterinnen zu foumlrdern und zu fordern Dazu werden z B jaumlhrliche Zielvereinbarungs- oder Mitarbeitergespraumlche oder zu Jahresbeginn individuelle bdquoStartgespraumlcheldquo ein-gesetzt Eine Einrichtung fuumlhrt fuumlr alle neuen Mitarbeiterinnen einen drei-taumlgigen Einarbeitungs-Workshop zur traumlgerspezifischen fachlichen konzep-tionellen und betrieblichen Einweisung durch

Alle Leitungen berichten in den Interviews von ausreichenden Fort-bildungsmoumlglichkeiten wobei es teils traumlgerinterne Schulungsangebote gibt wie beispielsweise regelmaumlszligig stattfindende Qualitaumltszirkel oder -werkstaumlt-ten aber es wird teilweise auch auf externe Angebote zuruumlckgegriffen wie beispielsweise bei Teamqualifikationen mit externen Referentinnen Eine Leitung verweist darauf dass zunehmend Fortbildungsangebote in groumlszligeren Staumldten auf Interesse stoszligen da sich diese von den uumlblichen Themen abhe-ben und neue Anforderungen an Kitas staumlrker beruumlcksichtigen wuumlrden Die Traumlger beteiligen sich in unterschiedlichem Umfang an den Fortbildungskos-ten vereinzelt werden die Kosten ganz uumlbernommen teilweise muumlssen Fort-bildungen jedoch auch durch die Mitarbeiterinnen allein finanziert werden

332 Organisation betrieblicher Ablaumlufe

Die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe beinhaltet verschiedene Aufga-benbereiche mit unterschiedlichen Methoden und Instrumenten In den In-terviews werden insbesondere die Bereiche Dienstplangestaltung sowie Per-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

sonaleinsatz thematisiert In seiner Gesamtheit wird das Aufgabenfeld der Betriebsfuumlhrung von den Leitungen haumlufig nicht als ein wichtiges Steue-rungsinstrument erachtet obwohl sie partiell durchaus professionelle Ma-nagementinstrumente wie Zielvereinbarungen oder Checklisten einsetzen Insbesondere Leitungskraumlfte ohne (umfangreiche) Freistellung vom Grup-pendienst und ohne Unterstuumltzung durch eine Stellvertretung sehen die Betriebsfuumlhrung teilweise als eine laumlstige und unliebsame Zusatzaufgabe die viel Zeit und Energie neben der paumldagogischen Taumltigkeit in der Gruppe er-fordert Nach Angabe einiger Befragter erfolgt die Erledigung dieser Auf-gaben vereinzelt auszligerhalb der Dienstzeit da eine ungestoumlrte konzentrierte Arbeit waumlhrend der Kita-Oumlffnungszeiten z T nicht gewaumlhrleistet werden kann In den meisten Einrichtungen gibt es jedoch Vertretungen fuumlr die Leitungs kraumlfte zum einen stellvertretende Leitungen teilweise mit und teil-weise ohne anteilige Freistellung fuumlr ihre betrieblichen Aufgaben zum an-deren Abwesenheitsvertretungen die nicht uumlber Freistellungen verfuumlgen In der Regel berichten die Leitungskraumlfte dort wo die Zusammenarbeit mit der stellvertretenden Leitung gut verlaumluft uumlber eine wichtige und unterstuumltzende Entlastung

Insgesamt ist die Fuumllle der Arbeitsanforderungen aus Sicht der Leiterin-nen stark angestiegen was nach ihrer Einschaumltzung zu einer teilweise erheb-lichen Beeintraumlchtigung der Qualitaumlt ihrer Taumltigkeit fuumlhrt Ein Groszligteil der Befragten gibt an dass der Aufwand fuumlr die Organisation der betrieblichen Ablaumlufe extrem gestiegen sei und sich negativ auf Teamfuumlhrung Anleitung Beratung sowie die paumldagogisch-konzeptionelle Weiterentwicklung der An-gebote auswirke Wenn zu wenig Zeit zur guten Vorbereitung inhaltlicher Aspekte und Fuumlhrungsaufgaben besteht entsteht Unzufriedenheit Schwie-rigkeiten und Probleme dieser Art werden insbesondere von Leitungen ge-schildert die keine oder nur eine geringe Freistellung haben

Die Erstellung von Dienstplaumlnen ist meistens Aufgabe der Leitung oder Stellvertretung Die Traumlger behalten sich nur in Einzelfaumlllen die Genehmi-gung vor nehmen durch das Setzen der Rahmenbedingungen aber eine wichtige Rolle ein So halten einige Traumlger Springer vor oder bieten bezahlte Stundenaufstockungen fuumlr Teilzeitkraumlfte an um Personalausfaumllle auszuglei-chen In knapp der Haumllfte der Einrichtungen gibt es zudem unterschiedliche Formen von Notfallplaumlnen die den Umgang mit Personalengpaumlssen definie-ren In allen Einrichtungen muss bei der Erstellung der Dienstplaumlne ein mehr oder weniger hoher Anteil an Teilzeitbeschaumlftigten beruumlcksichtigt werden was von einigen als Herausforderung im Hinblick auf Kommunikation und Information von anderen aber auch als Vorteil fuumlr den Gesamtbetrieb gese-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

hen wird Zu Vorteilen werden beispielsweise mehr Flexibilitaumlt bei Perso-nalengpaumlssen durch Aufstockungsmoumlglichkeiten oder eine houmlhere Vielfalt im Angebot durch mehr Personen mit unterschiedlichen Schwerpunkten ge-zaumlhlt

Die Personaleinsatzplanung ist unterschiedlich geregelt wobei die Orga-nisationsform der Gruppenoumlffnung groszlige Bedeutung fuumlr die Verteilung der Aufgaben aufweist Bei offener und teiloffener Arbeit erfolgt uumlberwiegend eine interessen- und kompetenzorientierte Personaleinsatzplanung Zum Teil werden dabei feste Zeitraumlume (z B ein bis zwei Jahre) fuumlr die Zustaumlndig-keit von Aufgaben oder Bildungsraumlumen durch die Leitung vorgegeben oder es werden im Rahmen von Aufgaben- oder Projektorientierung kurzfristige Wechsel durch verbindliche Absprachen ermoumlglicht in anderen Faumlllen wird die Aufgabenverteilung an besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen orientiert und dauerhaft angelegt Zusaumltzlich zu den paumldagogischen Schwer-punkten werden in einzelnen Einrichtungen auch Aufgaben der Betriebsfuumlh-rung (z B Dienstplangestaltung und Finanzbuchhaltung) an entsprechend interessierte und kompetente Mitarbeiterinnen delegiert Fuumlr die Bearbei-tung wird uumlberwiegend ein Zeitkontingent zur Verfuumlgung gestellt und im Dienstplan beruumlcksichtigt Dazu eine Leitung bdquoIm Groszligteil bin ich erst ein-mal fuumlrs Management zustaumlndig Ich bin nicht dafuumlr zustaumlndig alle Auf-gaben im Kindergarten alleine zu loumlsen in meiner Personldquo

333 Kompetenzanforderungen an Leitungen

Das Leiten einer Kindertageseinrichtung ist eng mit der Persoumlnlichkeit der Leitungskraft und ihrem Auftreten verbunden Ihr Verstaumlndnis von Aufga-benspektrum Fuumlhrungsstil und Haltung wirken sich auf die Arbeitsat-mosphaumlre in der Kita aus auf den Umgang der Teammitglieder untereinan-der das Verhaumlltnis zu Kindern Eltern und in den Sozialraum sowie auf die Art der Bildungskultur (vgl Rannenberg-Schwerin 2012 2) In der Vier-Saumlu-len-Struktur des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) werden im Zu-sammenhang mit der Frage nach notwendigen Faumlhigkeiten einer Leitung bdquoFachkompetenzldquo und bdquopersonale Kompetenzldquo genannt (Abbildung 4 vgl AK DQR 2011 7)

Bei den Leitungsinterviews werden auf die Frage uumlber welche Kompe-tenzen eine Leitung verfuumlgen muss uumlberwiegend personale Kompetenzen ndash und dabei insbesondere Sozialkompetenzen ndash benannt Haumlufig angesprochen werden Empathie (bdquoSie braucht eine hohe Empathie fuumlr Kinder Eltern und

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mitarbeiterinnenldquo) und die Faumlhigkeit zu motivieren (bdquoEine gute Leitung mo-tiviert wenn es Motivation braucht hat Freude am Tun und bringt eigene Motivation mit die dann auch anstecktldquo) aber auch die Bereitstellung einer guten Kommunikationsbasis oder Fuumlhrungsfaumlhigkeiten wie Fairness und Ge-rechtigkeit (bdquoIch versuche auch schon sehr fair zu sein dass jeder das Gefuumlhl hat dass er genauso behandelt wird wie der andereldquo) Aussagen zur Selbst-kompetenz werden unabhaumlngig von Traumlger demografischen Faktoren und der Ausbildung der Befragten in eher geringem Umfang thematisiert Be-nannt werden reflexive Faumlhigkeiten wie das Verstaumlndnis von Zusammenhaumln-gen um beispielsweise Sach- und Beziehungsverhaumlltnisse trennen zu koumln-nen Konfliktfaumlhigkeit sowie ein guter Umgang mit Enttaumluschungen (bdquoMan muss auch schon mal was aushalten koumlnnen dass man nicht zu sehr in die Emotionalitaumlt geht wobei das sehr schwierig ist manchmalldquo)

Fachkompetenzen werden von den Befragten dagegen nur in sehr einge-schraumlnktem Maszlige bzw eher unspezifisch benannt (bdquoDie gesamte Organisa-tion und das Management der Einrichtung ist der Dreh- und Angelpunkt d h darauf zu achten dass das Tagesgeschaumlft immer laumluft Mail checken dass die Eltern angesprochen werden und der Elternbeirat laumluftldquo) Einige Leitun-gen verweisen darauf dass vielfaumlltige Faumlhigkeiten benoumltigt werden um eine Kita zu leiten wie betriebswirtschaftliche Kompetenzen oder Methodenviel-falt damit sie bdquoz B zu einem aktuellen Thema einen Qualitaumltszirkel bilden und das konzeptionelle Arbeiten vorantreiben kannldquo Fachwissen wird zur Staumlrkung der Vorgesetztenfunktion als bedeutsam erachtet denn es sei wich-

Abbildung 4

Fach- und personale Kompetenzen

Quelle nach DJIWiFF 2014 119

Fachkompetenz

Wissen Fertigkeiten

Tiefe und instrumentale Breite und systemische Fertigkeiten Beurteilungs - faumlhigkeit

Sozial- Selbstkompetenz kompetenz

Team- Eigenstaumlndigkeit Fuumlhrungsfaumlhig- Verantwortung keit Mitge- Reflexivitaumlt staltung und Lernkompetenz Kommunikation

Personale Kompetenz

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

tig dass bdquoeine Leiterin aus der Praxis kommt damit sie weiszlig wovon sie redet um auch ernst genommen zu werdenldquo Nur wenige benennen konkrete Auf-gaben bdquoMeine Aufgabe sehe ich darin dass ich ein guter Chef bin nicht der beste Fachmann fuumlr die Paumldagogik sondern der Vorgesetzte der fuumlr die Rah-menbedingungen einsteht und der die Arbeitsbedingungen schafft der das Haus gut nach auszligen repraumlsentiert und eine gute Personalauswahl trifftldquo

Als Kernkompetenzen fuumlr Leitungskraumlfte werden somit uumlberwiegend per-sonale Kompetenzen genannt Die Benennung von Fachkompetenzen zur Betriebsfuumlhrung erfolgt hingegen gar nicht oder nur sehr allgemein Das Lei-tungsverstaumlndnis kann auch mit der Verortung der Leitungen in der Kinder-tageseinrichtung variieren denn einige sind von der Arbeit in den Gruppen freigestellt andere nicht bzw nur z T freigestellt Leitungen die gleichzeitig in der Gruppenarbeit taumltig sind befinden sich in einer Doppelrolle Waumlhrend sich die Funktionen im Rahmen der Gruppenarbeit nicht von denen der Mitarbeiterinnen unterscheiden ist auf der anderen Seite zusaumltzlich die Ver-antwortung fuumlr die Betriebsfuumlhrung und das Funktionieren der Einrichtung insgesamt vorhanden Innerhalb eines Tages werden teilweise mehrfache Wechsel zwischen unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten not-wendig Deshalb verwundert es nicht wenn sich einige teilfreigestellte Lei-tungen und vor allem diejenigen die die Leitungsposition nicht als gezielte Entscheidung gesucht haben (vgl Abschnitt 334) als bdquonormalesldquo Team-Mit-glied ohne hierarchische Position definieren im Sinne von bdquoWir sind ein Ganzesldquo oder bdquoIch bin Kollegin und fertigldquo Nur vereinzelt wird ein um-fassenderes professionelleres Leitungsverstaumlndnis beschrieben bdquoLeiterin zu sein bedeutet fuumlr mich nicht sbquonurlsquo ein Teammitglied zu seinldquo sie stehe bdquovor neben oder hinter dem Teamldquo Insgesamt werden also groszlige individuelle Unterschiede im Leitungsverstaumlndnis deutlich die sich z T auf verschieden-artige Einbindung in den Gruppendienst und mehrfachen Rollentausch so-wie auf unterschiedliche Verortung der eigenen Position in Bezug auf das Team zuruumlckfuumlhren lassen

334 Berufsmotivation Arbeitszufriedenheit und Entwicklungs-moumlglichkeiten

Die Uumlbernahme der Leitungsfunktion kann im Prinzip zwei Wegen zugeord-net werden der bewussten eigenen Entscheidung und dem von auszligen an die Befragten herangetragenen Wunsch teilweise sind auch mehrere Gruumlnde ausschlaggebend Nur ein gutes Drittel der Befragten hat bewusst und gezielt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

die Position der Leitung und den damit verbundenen Fuumlhrungsanspruch an-gestrebt Bei dieser Gruppe spielt vor allem der Wunsch nach neuen Heraus-forderungen und einem groumlszligeren Handlungs- und Gestaltungsspielraum eine Rolle (bdquoIch brauche andere Anspruumlche ich moumlchte mich selber weiter-entwickeln ich brauche andere Aufgabenldquo) aber auch Gruumlnde wie das Ge-fuumlhl der Unterforderung im Gruppendienst oder das Ziel mit Erwachsenen arbeiten zu wollen Bei den anderen Befragten ist es keine gezielte Entschei-dung sondern der Wunsch nach Uumlbernahme der Leitungsposition wurde an die Befragten herangetragen z B durch die eigene Familie oder auch durch Kolleginnen die moumlgliche Veraumlnderungen durch eine neue Leitung scheu-ten (bdquoAllen war wichtig dass nicht jemand Neues von auszligen kommt und die Stelle besetzt da befuumlrchtet wurde dass dadurch die offene Arbeit und der Charakter des Hauses zerstoumlrt werden koumlnnteldquo) Bei den meisten Befragten erfolgte der Uumlbergang in die Leitungsposition im Rahmen eines Aufstiegs von der paumldagogischen Fachkraft oder Gruppenleitung Dabei handelt es sich oft nicht um eine bewusste Entscheidung fuumlr die Fuumlhrungsrolle Erzieherin-nen scheinen haumlufig eher zufaumlllig in die Leitungsfunktion zu geraten

Die subjektiv empfundene Arbeitszufriedenheit stellt sich insgesamt als hoch dar Alle befragten Leitungen fuumlhlen sich am Arbeitsplatz zumindest meistens wohl Entscheidend dafuumlr ist das Gefuumlhl den eigenen fachlichen Anspruumlchen gerecht werden zu koumlnnen was unter Rahmenbedingungen wie ausreichender Ressourcen sowie guter Kommunikation mit dem Traumlger den Mitarbeiterinnen und Eltern am ehesten gelingt Eine Leitung druumlckt das folgendermaszligen aus bdquoIch bin am zufriedensten wenn die Kolleginnen und die Eltern zufrieden sind weil das meine Arbeit widerspiegelt Das sind mei-ne persoumlnlichen Erfolgeldquo Auch die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitgestal-tung faumlllt hoch aus was damit begruumlndet wird dass man einen groszligen Ein-fluss und Freiraum auf die Lage der Arbeitszeit habe Bei uumlber zwei Dritteln entspricht der Dienstplan immer oder meistens den eigenen Beduumlrfnissen nur wenige machen hier Einschraumlnkungen indem sie z B sagen bdquoEs passt halt nicht immerldquo Die AQUA-Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis dass es eine insgesamt hohe Arbeitszufriedenheit bei den Leitungen gibt (vgl Schreyer et al 2014 126)

Alle befragten Leitungskraumlfte fuumlhlen sich den inhaltlichen Anforderun-gen die mit der Leitungsrolle verknuumlpft sind immer oder zumindest meis-tens gewachsen Allerdings wirken sich ebenso wie bei den befragten Be-schaumlftigten unvorhergesehene Stoumlrungen oder zu viele Anforderungen auf einmal bei zusaumltzlicher Zeitknappheit negativ auf die Zufriedenheit und das Belastungsempfinden aus Als Auswirkungen von Belastungen werden z B

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

Erschoumlpfungserscheinungen genannt oder die weitere Berufsausuumlbung wird hinterfragt wie beispielsweise bei einer Leitung (43 Jahre) bdquoIch denke schon mal daruumlber nach wie lange ich das noch schaffeldquo In der AQUA-Studie zeigt sich dass der Anteil der Personen die sich beruflich belastet fuumlhlen bei Leitungen mit 867 Prozent deutlich houmlher ist als bei Nicht-Leitungen mit 671 Prozent (vgl ebd 69) Dieses Belastungsempfinden schlaumlgt sich in der Gruppe der Personen die sich in einer Gratifikationskrise12 befinden in bdquoho-her Kuumlndigungsabsichtldquo (Schreyer et al 2014 77) nieder Zum Teil wird ge-genuumlber solchen Belastungen aber auch eine grundsaumltzlich andere persoumlnli-che Haltung entwickelt wie etwa bei einer Leitungskraft die die Einstellung vertritt dass Stoumlrfaktoren mit zur Arbeit gehoumlren und darum mit einem An-teil von ca 20 Prozent in die eigene Arbeitszeit eingeplant werden bdquoda es oft nicht so kommt wie ich es willldquo

Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Leitungskraumlfte werden vom uumlberwiegenden Teil der Befragten nicht gesehen Nur zwei Gespraumlchspartnerinnen berich-ten uumlber entsprechende traumlgerspezifische Sonderformen fuumlr die berufliche Weiterentwicklung Einige andere Befragte koumlnnen sich aber durchaus beruf-liche Veraumlnderungen vorstellen z B durch einen Wechsel des Taumltigkeitsfel-des Genannt werden hier uumlbergeordnete Taumltigkeiten beim Traumlger beispiels-weise als Bezirksleitung oder einrichtungsuumlbergreifende Taumltigkeiten im Rah-men von Kooperationen und Vernetzungen oder Stadtteilentwicklungen Weitere halten es fuumlr moumlglich neben der Leitungsfunktion zusaumltzliche Auf-gabenbereiche zu uumlbernehmen Ein knappes Drittel der befragten Leitungen gibt an aus familiaumlren oder altersbedingten Gruumlnden kein Interesse (mehr) an einem Aufstieg zu haben

335 Zusammenarbeit mit dem Traumlger

Die Zusammenarbeit mit den Traumlgern gestaltet sich bei den befragten Lei-tungskraumlften unterschiedlich Nur knapp die Haumllfte der Leitungskraumlfte ist sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung und der groumlszligere Teil fuumlhlt sich entwe-der bdquonicht besonders gutldquo bis zu bdquonicht ausreichendldquo unterstuumltzt Als wichtig fuumlr die Zusammenarbeit werden die Kommunikations- und Informations-prozesse angesehen Leitungskraumlfte die sich gut unterstuumltzt fuumlhlen berichten

12 Eine Gratifikationskrise kann als ein wahrgenommenes Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung definiert werden (ebd)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

von gutem Kontakt mit unterschiedlichen Moumlglichkeiten zur gegenseitigen Information wie z B festen Sprechzeiten Dagegen wird in Einzelfaumlllen be-richtet dass zustaumlndige Ansprechpartnerinnen uumlber laumlngere Zeit nicht er-reichbar sind die Kontaktaufnahme sich umstaumlndlich und zeitaufwendig gestaltet und auch die Erreichbarkeit in Notsituationen nicht verlaumlsslich ge-regelt ist Von einer teilweise muumlhsamen Zusammenarbeit wird berichtet wenn die Ansprechpartner die sich um die Belange in der Kindertagesein-richtung kuumlmmern nicht (ausreichend) qualifiziert sind bdquoDer Traumlger setzt sich nur aus Ehrenamtlichen zusammen Auf den jaumlhrlichen Kirchenvor-standswahlen werden Verantwortliche gewaumlhlt die nach Einarbeitung bei der kommenden Wahl den Vorstand theoretisch und praktisch wieder ver-lassenldquo

Rahmenbedingungen dieser Art werden von den Leitungen als belastend und kraftraubend empfunden Gleiches gilt wenn Absprachen oder verein-barte Termine nicht eingehalten werden (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern dastehen umfallenldquo) Die AQUA-Studie kommt zu dem Ergebnis dass Lei-tungen die wenig Unterstuumltzung vom Traumlger erhalten und bei denen keine klaren Absprachen mit dem Traumlger vorhanden sind eher in eine Gratifika-tionskrise geraten und dass eine staumlrkere Burnout-Gefaumlhrdung besteht als bei Leitungen die viel Unterstuumltzung erhalten und bei denen klare Absprachen mit dem Traumlger bestehen (vgl Schreyer et al 2014 72 f)

Als weiteres Defizit stellt sich aus Sicht mancher Leitungen die mangeln-de Bereitschaft einiger Traumlgervertreterinnen dar zuzuhoumlren sowie Verstaumlnd-nis und Wertschaumltzung zu zeigen Probleme dieser Art werden vermehrt bei kommunalen Traumlgern genannt wo z B ein (haumlufig erfolgter) Personalwech-sel zu Unzuverlaumlssigkeit Motivationsabfall und fehlender Transparenz fuumlhrt Verwaltungswege und -entscheidungen werden als teilweise nicht nachvoll-ziehbar eingeschaumltzt und belasten die Leitungen bei ihrer Taumltigkeit In der AQUA-Studie findet sich ein aumlhnliches Ergebnis Leitungen die bei kommu-nalen und kirchlichen Traumlgern angestellt sind fuumlhlen sich in geringerem Maszlige durch den Traumlger unterstuumltzt als Leitungen von Kitas anderer freier Traumlger (vgl ebd 42)

Um Reibungsverluste zu vermeiden sollten aus Sicht vieler Leitungen die Aufgaben und Befugnisse fuumlr die Leitung durch den Traumlger klar definiert und fixiert werden Im Rahmen dieser Handlungsfreiraumlume wuumlnschen sie sich insbesondere Flexibilitaumlt Moumlglichkeiten fuumlr eigene Entscheidungen und freie Zeiteinteilung Fuumlr einen Groszligteil der befragten Leitungen stellt dies eine wichtige Arbeitsgrundlage dar und mehr als die Haumllfte fuumlhlt sich dies-

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3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen

bezuumlglich von ihren Traumlgern ausreichend ausgestattet Einige Leitungen se-hen sich dagegen in ihrem eigenen Handeln eingeschraumlnkt oder gar daran gehindert eigene Entscheidungen zu treffen Verantwortlich werden Traumlger-vorgaben gemacht die als umstaumlndlich empfunden werden und deren Ein-haltung kontrolliert wird was als Behinderung der Leitungstaumltigkeit an ge se-hen wird (bdquoEr pfeift mich immer wieder zuruumlckldquo) Zwei Leitungen berichten jedoch auch von einem (fast) uneingeschraumlnkten Handlungsfreiraum der zwar als sehr foumlrderlich fuumlr die Umsetzung der Ziele von Leitungen und Mit-arbeiterinnen angesehen wird jedoch auch als sehr belastend da sich die Leitungen in der Verantwortung alleingelassen fuumlhlen Aspekte der Traumlger-qualitaumlt (Fthenakis et al 2003) scheinen hier in einem hohen Maszlige an die Leitungen delegiert zu werden Insgesamt stellt sich die Zusammenarbeit mit den Traumlgern aus unterschiedlichen Gruumlnden haumlufig als problematisch dar eine Bedingung die sich auf Wohlbefinden und Gesundheit der Leitungen auswirken kann

Neben dem Austausch mit den Traumlgervertreterinnen sind auch Moumlglich-keiten zum kollegialen Austausch und zur Beratung mit anderen Leitungen von Bedeutung Regelmaumlszligig stattfindende Leitungsrunden und -konferenzen finden mit Ausnahme eines Traumlgers der nur eine Einrichtung betreibt bei al-len statt Hinsichtlich der Bereitstellung von Fachinformation und Konzep-ten fuumlhlt sich der Groszligteil der Befragten gut versorgt Mehrfach wird eine Vernetzung inhaltlicher Art uumlber das Intranet mit Literatur bzw einer Bib-liothek zur internen einrichtungsuumlbergreifenden Information genannt Im Rahmen des Qualitaumltsmanagements werden vielfaumlltige Materialien zur Struk-turierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt wie z B Einarbeitungskonzepte fuumlr neue Mitarbeiterinnen Gespraumlchsleitfaumlden fuumlr Mitarbeitergespraumlche etc Solche Angebote finden sich vor allem bei Traumlgern mit mehreren Einrichtun-gen bei den in die Befragung einbezogenen privaten Traumlgern und dort wo es einen qualifizierten Ansprechpartnerin fuumlr paumldagogische und fachliche Be-lange einer Kindertageseinrichtung gibt Diese Angebote werden in der Re-gel ndash besonders von neuen Leitungen ohne hinreichende Praxiserfahrungen und unabhaumlngig von ihrer Qualifikation ndash als sehr hilfreich empfunden Ein-schraumlnkend wird jedoch auch angemerkt dass ein Zuviel an Informationen auch belastend sein kann

Nur ein kleinerer Teil der befragten Leitungen fuumlhlt sich im Hinblick auf die Ausstattung gut unterstuumltzt insbesondere bezogen auf das Raumangebot und die Raumausstattung auf Elektronik und Moderationsmaterial Bei der Mehrheit der Leitungen gibt es zumindest teilweise Kritik z B an baulichen Problemen und fehlender Ausstattung der Kita Des Weiteren werden Ver-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

fahrensfragen bemaumlngelt denn einige Leiterinnen beklagen dass alles was Ressourcen betrifft schwierig sei und von aufwendigen Verhandlungen be-gleitet werde Gewuumlnscht wird deshalb bdquomehr Personal und mehr Hand-lungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Unterstuumltzungldquo Hinsichtlich der notwendigen Ausstattung der Kitas und der jeweiligen Verfahren zur Be-reitstellung und dem Einsatz von Ressourcen sehen viele Kita-Leitungen ei-nen Nachholbedarf

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4 HANDLUNGSFELDER EINER NACHHALTIGEN PERSONALWIRTSCHAFT

Im Projekt KONTI wurden unter drei verschiedenen Gesichtspunkten Hand-lungsfelder fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft ausgewaumlhlt die geeignet sind eine kontinuierliche Erwerbstaumltigkeit im Arbeitsfeld Kindertagesein-richtungen zu foumlrdern Erstens wurden branchenuumlbergreifend diskutierte und erprobte Strategien auf ihre Uumlbertragbarkeit hin ausgewertet und unter dem Blickwinkel diskutiert ob und inwieweit sie fuumlr den Betrieb von Kinder-tageseinrichtungen nutzbar sind und wie sie den spezifischen Bedarfen ent-sprechend angepasst werden koumlnnen Zweitens wurden die aktuellen Anfor-derungen analysiert die sich aus dem Aufgabenfeld Kindertagesbetreuung ergeben und von den Traumlgern im Sinne der Sicherung und Weiterentwick-lung ihres Angebotes zur Bildung Erziehung und Betreuung von Kindern beruumlcksichtigt werden muumlssen Drittens wurde die Perspektive der Beschaumlf-tigten in den Mittelpunkt gestellt und gefragt was aus ihrer Sicht eine bdquogute Arbeitldquo ausmacht

Dabei wurde zunaumlchst von der These ausgegangen dass eine dauerhafte Beschaumlftigung der Mitarbeiterinnen bei Traumlgern von Kindertageseinrich-tungen durch eine gute Personalbindung erzielt werden kann Diese basiert grundsaumltzlich auf einer groszligen Arbeitszufriedenheit die sich zum einen aus einer hohen (intrinsischen) Motivation der Beschaumlftigten fuumlr das Arbeitsfeld und zum zweiten durch Arbeitsbedingungen ergibt die sich motivations-foumlrdernd auswirken Die (Weiter)Entwicklung guter Arbeitsbedingungen ndash und zwar sowohl in persoumlnlicher fachlicher zeitlicher und raumlumlicher Hin-sicht ndash steht darum im Fokus einer nachhaltigen und demografiesensiblen Personalarbeit So kann eine hohe Identifikation mit dem Arbeitsplatz Kin-dertageseinrichtung und dem Traumlger als Arbeitgeber gefoumlrdert werden

Vorgestellt werden im Folgenden konzeptionelle Uumlberlegungen und Pra-xiserfahrungen die im Sinne solcher nachhaltigen Personalkonzepte durch Traumlger und Personalverantwortliche nutzbar gemacht werden koumlnnen Die dazu ausgewaumlhlten Ansatzpunkte sind ndash Personalbestandsentwicklung (Kapitel 41) ndash Personal- und Teamfuumlhrung (Kapitel 42) ndash Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen (Kapitel 43)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands

Aufgabe des Personalmanagements ist es den Personalbestand einer Organi-sation zu erhalten und den betrieblichen Bedarfen entsprechend quantitativ wie qualitativ weiterzuentwickeln Eine solche mittel- und langfristige Ent-wicklung zielt dabei grundsaumltzlich darauf ab sowohl das fuumlr die Aufgaben-wahrnehmung erforderliche Personal kontinuierlich und dauerhaft bereitzu-stellen als auch den Beschaumlftigten selbst Entwicklungsmoumlglichkeiten zu bie-ten weil diese wiederum motivationsfoumlrdernd und damit personalbindend wirken (koumlnnen) also ein wichtiges Instrument der Personalbestandspflege sind In diesem Kapitel wird zunaumlchst allgemein auf Fragen der Personal-planung (Abschnitt 411) und der Personalentwicklung (Abschnitt 412) eingegangen Dann erfolgt eine Auseinandersetzung mit Moumlglichkeiten und Grenzen der Gestaltung von Karrierepfaden (Abschnitt 413) und einer leis-tungsorientierten Verguumltung (Abschnitt 414)

411 Strategische Personalplanung und Altersstrukturanalyse

Ziel einer zusaumltzlich auf Nachhaltigkeit angelegten Personalentwicklung ist es eine moumlglichst ausgewogene Altersstruktur zu schaffen um Karrierestaus die sich aus einer Dominanz bestimmter Altersgruppen ergeben ebenso zu vermeiden wie den Verlust von Wissen der entsteht wenn viele aumlltere Be-schaumlftigte gleichzeitig in den Ruhestand gehen (vgl BrandenburgDomschke 2007 115 ff) Insofern wird eine mittel- und langfristige Personalplanung nicht nur zu einem wichtigen Instrument zur Entwicklung des Personal-bestands sondern erhaumllt ndash gerade auch in Kombination mit einer an den In-teressen der Mitarbeiterinnen orientierten Personalfoumlrderung ndash zugleich eine bdquostrategische Komponenteldquo (ebd 122)

Als notwendige Grundlage fuumlr eine demografiesensible Personalwirtschaft wird allgemein eine Altersstrukturanalyse betrachtet die anhand von Perso-naldaten zu Merkmalen wie Alter Geschlecht Qualifikation oder Einsatzort erstellt wird Sie verschafft zunaumlchst einen differenzierten Uumlberblick uumlber den aktuellen Personalbestand Daruumlber hinaus kann mithilfe mittel- und lang-fristiger Prognosen ndash etwa in Fuumlnf- bis Zehn-Jahres-Schritten ndash festgestellt werden wann und in welchem Umfang ein zukuumlnftiger Personalbedarf ent-stehen wird Zu einer solchen Analyse gehoumlrt auch eine Beobachtung der Personalfluktuation Werden derartige Daten erfasst und ausgewertet erge-ben sich dadurch nicht nur quantitative Hinweise auf eventuell entstehende

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Luumlcken sondern auch Hinweise darauf in welchen Phasen der Berufsbiogra-fie in besonderem Maszlige Abgaumlnge zu verzeichnen sind (vgl beispielsweise Deller et al 2008 28 ff)

Differenzierte Auswertungen einer solchen Altersstrukturanalyse schaffen somit die Basis fuumlr eine strategische Personalbedarfsplanung z B mit Blick auf die eigene Nachwuchssicherung da bdquoeine fruumlhzeitige Planung der Kapa-zitaumlten es wahrscheinlicher macht den richtigen Mitarbeiter am richtigen Platz zu habenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 40 f) Eine strategische Per-sonalplanung bietet daruumlber hinaus nicht nur Potenzial fuumlr eine passgenaue Personalfoumlrderung sondern auch fuumlr die Personalakquise der in Zeiten eines prognostizierten Fachkraumlftemangels eine besondere Bedeutung zukommt Auf der Basis der Analyseergebnisse lassen sich Stellenausschreibungen ent-wickeln die sowohl die entsprechenden Anforderungsprofile als auch At-traktivitaumltsmerkmale fuumlr die Arbeit im Unternehmen beinhalten bdquoFuumlr die Gewinnung von guten Mitarbeitern ist es [hellip] von Bedeutung eine attrakti -ve Unternehmenskultur mit gelebten Unternehmenswerten nach auszligen zu kommunizieren sowie Arbeitsplatzsicherheit und verantwortungsvolle Be-schaumlftigungsmoumlglichkeiten zu bietenldquo (ebd 41) In einem strategisch aus-gerichteten Entwicklungskonzept fuumlr den Personalbestand werden somit Personalakquise und auch Personalmarketing als Einheit betrachtet Als ge-eignete Maszlignahmen sind hier Imagepflege Zusammenarbeit mit einschlauml-gigen Bildungseinrichtungen Angebot von Praktikumsplaumltzen und Praumlsenz bei Ausbildungs- und Jobmessen zu nennen

In der Traumlgerbefragung des Projekts KONTI hat sich herausgestellt dass die fuumlr eine Altersstrukturanalyse notwendigen Personaldaten (Alter Qualifi-kation aktueller Einsatzort) haumlufig vorliegen eine systematische Aufberei-tung und Auswertung jedoch ganz uumlberwiegend ndash selbst bei groszligen Trauml-gern ndash nicht erfolgt Die meisten Befragten verstehen im Gespraumlch unter einer Personalbedarfsplanung die gesetzlich vorgeschriebene Personalpla-nung anhand des ermittelten Betreuungsbedarfs fuumlr das folgende Kinder-gartenjahr die jaumlhrlich oder alle zwei Jahre in einem Fall sogar monatlich durchgefuumlhrt wird Eine mittel- oder gar langfristige Personalplanung daruuml-ber hinaus besteht in den meisten Faumlllen nicht in Thuumlringen wird sie sogar dreimal in NRW viermal explizit verneint bdquoEinen ausgesprochenen Pla-nungsansatz gibt es nichtldquo

Haumlufig wird daruumlber berichtet dass Planung ein schwieriges Thema und praktisch unmoumlglich sei Es gebe zwar einige planbare Groumlszligen wie z B ei-nen Mehrbedarf an Personal aufgrund des U3-Ausbaus der Einrichtung neu-er Gruppen und Kitas oder auch von Veraumlnderungen der Gruppenstruktur

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bzw einen Minderbedarf aufgrund von Einrichtungs- oder Gruppenschlie-szligungen Auf Verrentungen und dabei insbesondere auf die Neubesetzung von Leitungspositionen koumlnne man sich durch Planung einstellen Aber nur ein Interviewpartner berichtet dass bei seinem Traumlger dazu ndash als wichtige Ba-sis fuumlr die zweijaumlhrigen Leitungsfortbildungen ndash bdquosehr strukturierte Datenldquo vorliegen Wegen der vielen nicht planbaren Groumlszligen wie etwa Schwanger-schaften Wohnortwechsel Beurlaubungen Elternzeitlerinnen oder Lang-zeiterkrankungen entstehen nach Ansicht der meisten Befragten groszlige Prob-leme fuumlr eine realistische Planung Der Gespraumlchspartner eines groszligen kom-munalen Traumlgers aus NRW berichtet von uumlber vierzig Personalvorgaumlngen woumlchentlich mehr als in der gesamten restlichen Kommunalverwaltung

Nur bei zwei kommunalen Traumlgern wird von einer mittel- oder langfristi-gen Planung des Personalbedarfs gesprochen davon bei einem gezielt auch fuumlr den zukuumlnftigen Umgang mit der demografischen Entwicklung Dem an-deren Personalverantwortlichen fehlt gerade dieser Aspekt in den Planungs-daten Bei weiteren Traumlgern hat man bdquodie mittel- bis langfristige Personalbe-darfsplanung im Blickldquo existiert ein aumlmteruumlbergreifender Arbeitskreis bdquokom-munaler Personalbedarfldquo oder wird eine Software bdquoStellenplanerldquo des Land-schaftsverbandes genutzt die angibt bdquowo Stellen frei sind und welche Stellen zu besetzen sindldquo Lediglich ein Personalverantwortlicher aus Thuumlringen be-richtet uumlber die Ergebnisse einer Altersstrukturanalyse In Form einer Dip-lomarbeit wurde beim Traumlger die Betreuungsbedarfsentwicklung mit den an-stehenden Verrentungen fuumlr die naumlchsten Jahre verglichen Daruumlber hinaus gibt es bei diesem Anbieter auch eine langfristige Betreuungsbedarfsabschaumlt-zung mit den Gemeinden um Tendenzen und regionale Unterschiede zu er-mitteln

In den meisten Faumlllen beschraumlnkt sich jedoch eine Personalplanung auf das jeweils kommende Kindergartenjahr Zwar werden daneben z B mit Blick auf anstehende Renteneintritte verschiedene Instrumente zur Entwick-lung des Personalbestands etwa zur Nachwuchssicherung eingesetzt So be-treiben einige groumlszligere Traumlger eine gezielte Nachfolgeplanung fuumlr Leitungs-positionen und bieten entsprechende Qualifizierungsprogramme fuumlr Mit-arbeiterinnen aus den eigenen Reihen an Bei einem anderen Traumlger wer - den Leitungsstellen fuumlr einen Uumlbergangszeitraum doppelt besetzt damit die nachfolgende Leitung sich einarbeiten und von den Erfahrungen der aus-scheidenden Leitung profitieren bzw diese in der Schlussphase ihres Berufs-lebens gleichzeitig entlastet werden kann Eine mittel- und langfristige und strategisch ausgerichtete Personal(bedarfs)planung auf der Basis einer Alters-strukturanalyse ist bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen nach den

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Befragungsergebnissen im Projekt bislang kein gaumlngiges Instrument obwohl sie eine solidere Grundlage fuumlr eine nachhaltige Personalwirtschaft bilden koumlnnte als der Einsatz einzelner Maszlignahmen Hier zeigt sich darum ein gro-szliges Potenzial um sich als Traumlger fuumlr die Zukunft gut aufzustellen

412 Nachhaltige Personalfoumlrderung und Personalentwicklung

Aufgabe der Personalfoumlrderung ist es Potenziale von Individuen zu erken-nen und ihre Nutzung zu foumlrdern sowohl im Sinne der individuellen Ent-wicklungsmoumlglichkeiten als auch zur Deckung des Personalbedarfs im Hin-blick auf die betrieblichen Anforderungen Auch sie wird damit zu einem wichtigen Instrument einer strategischen Personalplanung Wesentliche Grundlage einer solchen auf Nachhaltigkeit und Personalbindung ausgerich-teten Personalfoumlrderung ist es die erforderlichen Kompetenzen zunaumlchst zu definieren (vgl BrandenburgDomschke 2007 149 ff) Nur dann koumlnnen bei Potenzialanalysen Personalbeurteilungen und Fortbildungsangeboten ndash bei den Instrumenten also die im Kontext der Personalfoumlrderung eingesetzt wer-den ndash diejenigen Aspekte beruumlcksichtigt werden die fuumlr die Organisation als Ganzes wichtig sind Entscheidend ist weiterhin dass weder Analysen und Beurteilungen noch Qualifizierungen lediglich aus Selbstzweck erstellt wer-den Vielmehr sollten die Maszlignahmen und Instrumente als Grundlage fuumlr eine persoumlnliche Karriereplanung aller Mitarbeiterinnen dienen die allen Individuen passende Aufstiegsmoumlglichkeiten eroumlffnet

Im Idealfall basiert darum die Personalfoumlrderung auf einem auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Gesamtkonzept zur Personalentwicklung und folgt dabei einem Leitbild mit dem die Ziele des Traumlgers und seiner Kindertages-einrichtungen sowohl gegenuumlber der Oumlffentlichkeit als auch gegenuumlber den Mitarbeiterinnen kommuniziert werden Aus einem solchen Leitbild lassen sich zum einen Anforderungen des Traumlgers an seine Beschaumlftigten ableiten zum anderen wird geklaumlrt welche Erwartungen die Mitarbeiterinnen an ih-ren Arbeitgeber stellen koumlnnen Auf dieser Grundlage koumlnnen Fortbildungs-moumlglichkeiten und Angebote der persoumlnlichen Weiterentwicklung aufge-baut werden Ein derartiges Gesamtkonzept uumlbernimmt nicht nur eine wich-tige Funktion fuumlr die Personalfoumlrderung sondern bildet daruumlber hinaus die Basis fuumlr ein erfolgreiches Personalmarketing Als exemplarisch fuumlr einen solchen Ansatz wird das im Kasten dargestellte Beispiel von bdquoKonzept-eldquo vor-gestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Leitbilder als Grundlage fuumlr die Personalfoumlrderung ndash das Beispiel von bdquoKonzept-eldquo (KammerlanderRehn 2015)

Das bdquoKonzept-eldquo-Netzwerk ist ein privater Traumlger von gut dreiszligig Kindertagesstaumltten und zwei freien Grundschulen Das Leitbild des Unternehmens wird mit dem Markennamen bdquoElement-ildquo uumlberschrie-ben der sich zusammensetzt aus bdquoElementar(-Paumldagogik)ldquo und dem Ele men taren der Paumldagogik des Unternehmens naumlmlich dem Leit-satz bdquoMenschen bilden sich individuell auf der Grundlage ihrer In-teressen und in Interaktion mit Anderenldquo (die drei Irsquos) Aus einem Leitbild das das Beduumlrfnis von Menschen nach Anerkennung in der Gemeinschaft einerseits und nach Selbstbestimmung andererseits in den Mittelpunkt stellt werden fuumlnf Leitziele abgeleitet ndash Gesundheit als physisches und psychisches Wohlbefinden ndash Autonomie als Einheit von Aufgaben Kompetenz und Verant-

wortung (bdquoAKV-Prinzipldquo) ndash Verbundenheit mit dem Unternehmen als Ganzes im Sinne ge-

genseitiger Hilfe und der Einhaltung von vereinbarten Struktu-ren

ndash Resilienz mit einer offenen und ehrlichen Kommunikations- und Feedback-Kultur

ndash Freude am Vorwaumlrtskommen und an Leistung sowie an intelli-gentem Arbeiten mit flexiblen Problemloumlsungen

Dabei wird davon ausgegangen dass eine gute Qualitaumlt der Arbeit nur mit intrinsisch motivierten und affektiv gebundenen Mitarbeiterinnen realisierbar ist Die Organisationsstrukturen des Unterneh-mens zielen deshalb darauf ab Raum fuumlr leistungsbereite und enga-gierte Teams zu bieten in denen persoumlnliche Verantwortungsuumlber-nahme und Selbstverpflichtung verknuumlpft werden mit dem Gewinn von Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit jedes Einzelnen

Das Unternehmen arbeitet mit individuellen Zielvereinbarun-gen wobei gemaumlszlig dem AKV-Prinzip Wert darauf gelegt wird dass jeder Mitarbeiterin vereinbarte Aufgaben uumlbernimmt dafuumlr uumlber die noumltigen persoumlnlichen und fachlichen Kompetenzen die erforder-lichen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse sowie uumlber personel-le und materielle Ressourcen verfuumlgt und die Verantwortung fuumlr die

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

413 Kompetenzorientierter Personaleinsatz und Karrierepfade

Personalfoumlrderung ist letztlich vor allem dann wirkungsvoll wenn es Ein-satzorte gibt in denen die hinzugewonnenen Kompetenzen genutzt und die eigenen Faumlhigkeiten entfaltet werden koumlnnen Im Idealfall wird der Perso-naleinsatz so gestaltet dass er die Entwicklungsmoumlglichkeiten des Individu-ums gleichzeitig fordert und foumlrdert Personalfoumlrderung und Personaleinsatz stehen damit in einem wechselseitigen Verhaumlltnis zueinander Mit Blick auf eine demografiesensible Personaleinsatzplanung wird in diesem Zusammen-hang in der Literatur auf die Bedeutung einer bdquoalternsgerechte[n] Laufbahn-gestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 139) hingewiesen die einerseits bestehende Kompetenzen nutzt und weiterentwickelt und andererseits Fehl-beanspruchungen verhindert Das Konzept geht dabei von verschiedenen

Umsetzung uumlbernimmt ndash oder im Falle von Problemen rechtzeitig Unterstuumltzung einfordert

Fuumlr die Erzieherinnen bedeutet dies dass sie ndash im Rahmen eines Konzepts der offenen Gruppenarbeit ndash als gleichberechtigtes Team zusammenarbeiten und bdquoBezugskinderldquo haben bei denen sie fuumlr Auf-gaben wie Eingewoumlhnung Beobachtung Dokumentation oder El-terngespraumlche zustaumlndig sind Daruumlber hinaus sind die Erzieherin-nen nach dem AKV-Prinzip fuumlr weitergehende Aufgaben verantwort-lich so z B fuumlr die Zuteilung der Neuaufnahmen zu Bezugserzieherinnen die Erstellung von Dienstplaumlnen oder als Expertinnen fuumlr einzelne Bildungsbereiche

Fuumlr die Mitarbeiterinnen gibt es ein umfassendes Coaching- und Fortbildungsprogramm das mit dreitaumlgigen Einarbeitungswork-shops und der Begleitung durch einen Patenin in den ersten drei Monaten beginnt Darauf baut eine verbindliche Fortbildungsreihe auf die sieben eintaumlgige Bausteine zu den Leitzielen der Kinderhaumlu-ser und den Bildungsplaumlnen des jeweiligen Bundeslandes enthaumllt An-geboten werden des Weiteren Seminare die eine Spezialisierung fuumlr bestimmte Themen und die Uumlbernahme einer Multiplikatorfunktion ermoumlglichen Teamentwicklungstage in Form von viertaumlgigen Work-shops mit externen Referentinnen und Hospitationen in anderen Kinderhaumlusern des Traumlgers zur Foumlrderung des Austauschs

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Arbeitsplatztypen aus (Einstiegs- Umstiegs- Aufstiegs- Verweil- sowie Aus-stiegsarbeitsplaumltze) denen die vorhandenen Arbeitsplaumltze zugeordnet wer-den Je nach persoumlnlichen Bedarfen und aktuellen Lebenssituationen die auf Basis von bdquoMitarbeiterbeurteilungen Mitarbeitergespraumlchen Entwicklungs-plaumlnen und betriebsaumlrztlichen Empfehlungenldquo (ebd) erhoben werden soll entschieden werden welcher Arbeitsplatz fuumlr die einzelnen Mitarbeiterin-nen geeignet ist

Von besonderer Bedeutung fuumlr aumlltere Beschaumlftigte mit gesundheitlichen Einschraumlnkungen ist es Einsatzmoumlglichkeiten zu schaffen an denen sie so-wohl ihre persoumlnlichen Belastungen reduzieren als auch ihre Kompetenzen zur Geltung bringen koumlnnen In diesem Kontext wird uumlber bdquogesundheitsori-entierte Berufswegekorridoreldquo als Instrument betrieblicher Gesundheitspoli-tik diskutiert (Juumlrgenhake 2015) Hier geht es im Sinne der Praumlvention dar-um Erkrankungen und Leistungsminderungen dadurch vorzubeugen dass den Beschaumlftigten rechtzeitig die Moumlglichkeit geboten wird die eigene Taumltig-keit innerhalb des Unternehmens zu veraumlndern oder den Arbeitsplatz zu wechseln so dass Belastungen reduziert werden Je nach Struktur der Arbeits-plaumltze kann ein solcher bdquoBerufswegekorridorldquo innerhalb einer Organisations-einheit oder uumlbergreifend geplant werden (vgl ebd 151 f) Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit solcher Modelle ergeben sich in der Praxis zum einen aus der Frage der Planbarkeit die in der Regel nicht in dem Maszlige gegeben ist wie es fuumlr eine flaumlchendeckende Implementierung notwendig waumlre (vgl ebd 153) Zum anderen setzt das Modell voraus dass Arbeitsplaumltze mit sehr unter-schiedlichen Anforderungen existieren

bdquoWenn die Belastungen und deren Houmlhe an den Arbeitsplaumltzen nicht hinreichend unterschiedlich sind ergibt eine berufliche Ver-aumlnderung unter Gesundheitsaspekten wenig Sinn Schwierig wird es auch wenn nur wenige deutlich anders bzw gering belastende Ar-beitsplaumltze zur Verfuumlgung stehen aber viele an denen hohe Belas-tungen herrschenldquo (ebd 154)

Ein solcher an einer lebenslagenorientierten Laufbahnplanung ausgerichte-ter Personaleinsatz ist jedoch nicht nur unter der Perspektive der Gesundheit von Bedeutung sondern vor allem auch im Hinblick auf eine kompetenzori-entierte Personalfoumlrderung Relevant fuumlr alle Altersgruppen sind Moumlglichkei-ten des Job-Enrichments und des Job-Enlargements also der inhaltlichen Aufgabenerweiterung Neben einer solchen Aufwertung der von den einzel-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

nen Mitarbeiterinnen aktuell besetzten Arbeitsplaumltze stellt sich zusaumltzlich die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten wobei einerseits Leitungspositionen anderseits Positionen mit erweiterter fachlicher Verantwortung von Interesse sind

bdquoFuumlr jeden Mitarbeiter sollte ein individueller Entwicklungsplan er-stellt werden Notwendige Bestandteile eines solchen Plans sind vor-handene Faumlhigkeiten Entwicklungspotenziale Weiterbildungsbe-darf und moumlgliche Karrierewege Karriere ist dabei nicht gleichbe-deutend mit Aufstieg sondern meint vor allem Fachkarrierenldquo (BrandenburgDomschke 2007 140)

Abbildung 5 zeigt somit zwei unterschiedliche Karrieremodelle

Betrachtet man die Aussagen der Kita-Beschaumlftigten in den Interviews (vgl Kapitel 32) so zeigt sich ein erhebliches Interesse der Mitarbeiterinnen so-wohl an einer fachlichen Weiterentwicklung im Arbeitsfeld als auch daran bestimmte persoumlnliche Staumlrken und Faumlhigkeiten einbringen zu koumlnnen Vie-le Beschaumlftigte formulieren den Wunsch mit Kindern zu arbeiten und diese Arbeit mit einer fachlichen Schwerpunktsetzung zu kombinieren Besonders zufrieden sind sie dann wenn sie den Eindruck haben ihre Kompetenzen gut nutzen zu koumlnnen Das Fehlen von beruflichen Entwicklungsperspekti-ven fuumlr Erzieherinnen ist darum auch ein gewichtiger Grund fuumlr deren Aus-

Abbildung 5

Karrieremodelle

Quelle nachLuumlthjeKurylas-Mengs 2015

Karrieremodell

Fuumlhrungskarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Fuumlhrungskompetenz

Fachkarriere

Zunahme von Fuumlhrungsverantwortung durch Entwicklung von Expertenwissen

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stieg aus dem Beruf Die Befuumlrchtung man koumlnne bdquomit 60 nicht mehr auf dem Bauteppich sitzenldquo (so die Aussage von Befragten) fuumlhrt dazu dass viele Mitarbeiterinnen vermuten ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausuumlben zu koumlnnen Die Installation von Fachkarrieren koumlnnte im Sinne einer nach-haltigen Personalfoumlrderung darum sowohl unter dem Gesichtspunkt gesund-heitsorientierter Berufswegekorridore als auch als Instrument einer Lauf-bahngestaltung von Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen von ho-her Bedeutung sein

Besonders offenkundig wird die Notwendigkeit der Entwicklung solcher Fachkarrieren fuumlr Mitarbeiterinnen mit akademischer Ausbildung die als Absolventinnen von den in den letzten Jahren entstandenen kindheitspaumlda-gogischen Studiengaumlngen in wachsendem Maszlige auf den Arbeitsmarkt kom-men (vgl Kapitel 24) Befragungen zeigen dass nur ein Teil der Kindheits-paumldagoginnen Leitungsfunktionen anstrebt vor allem wird von Traumlgern und auch von den Absolventinnen selbst die Notwendigkeit gesehen zu -erst Berufserfahrung zu sammeln statt unmittelbar in eine Leitungsfunktion ein zusteigen (vgl Klaudy et al 2014 12 f) Die Arbeit in der Kita als Mitar-beiterin in der Gruppe betrachten viele von ihnen bislang nur als Durch-gangsstation Wenn sie nach ihren beruflichen Perspektiven gefragt werden nennen sie neben der mittelfristig angedachten Uumlbernahme einer Leitungs-funktion einerseits Positionen auszligerhalb der Kita ndash in der Fachberatung in der Wissenschaft in der Aus- und Fortbildung ndash andererseits geben viele von ihnen an dass sie gern weiterhin unmittelbar mit Kindern in der Kita arbei-ten wuumlrden aber diese Taumltigkeit mit anderen Funktionen kombinieren moumlchten Auch hier werden planerisch-gestaltende Funktionen die Arbeit im Management sowie Beratungs- und Lehrtaumltigkeiten genannt (vgl Alter-mann et al 2015 33 ff) Des Weiteren zeigt sich in der Praxis dass Kindheits-paumldagoginnen etwa vor dem Hintergrund von vertieften entwicklungs-psychologischen Kenntnissen in den Teams teilweise Multiplikatorfunktio-nen wahrnehmen (vgl ebd) Finanziell honoriert wird dies allerdings nicht Die Unzufriedenheit damit trotz einer akademischen Ausbildung keine ent-sprechende Verguumltung zu erhalten traumlgt dazu bei dass viele Kindheitspaumlda-goginnen die Kita nur als Ort fuumlr erste Berufserfahrungen aber nicht fuumlr weiterfuumlhrende Perspektiven ansehen (vgl ebd)

Legt man jedoch die Auswertung der Traumlgerbefragungen zugrunde so zeigt sich dass sich Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr Beschaumlftigte in Kindertages-einrichtungen ndash ob nun fuumlr Erzieherinnen oder fuumlr Kindheitspaumldagoginnen ndash im Wesentlichen auf die Uumlbernahme von Leitungspositionen beschraumln-ken Selbst diese Aufstiegsmoumlglichkeit wird fuumlr Erzieherinnen zukuumlnftig

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schwieriger weil der Rechtsrahmen zunehmend z B bereits jetzt in Thuumlrin-gen einen Hochschulabschluss fuumlr diese Funktionen voraussetzt Auch bei einem der befragten Traumlger in NRW werden schon heute in dieser Position nur Akademikerinnen eingesetzt Einige Male wird auch die Stellvertre-tungsposition die Gruppenleitung fuumlr groszlige Einrichtungen die Teamleitung als Aufstiegsmoumlglichkeit von anderen der Wechsel in groumlszligere Einrichtungen genannt ndash von der zweigruppigen bis zur achtgruppigen Einrichtung An-sonsten ist die Reaktion der Personalverantwortlichen auf die Frage nach Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlr ihre Erzieherinnen selbst bei groszligen Traumlgern eher bedauernd und resignativ bdquoDa muss ich aber ehrlich sagen ich habe nicht viele Stellen Also koumlnnen sie sich nur fuumlr sich selber entwickelnldquo Bei kleinen Traumlgern ist diese Situation besonders perspektivlos fuumlr die Beschaumlftig-ten sind diese Stellen doch immer uumlber Jahre vergeben

Teilzeitkraumlften wird die Uumlbernahme von Leitungsaufgaben ganz uumlber-wiegend verwehrt haumlufig mit der Begruumlndung dass allein die Anwesenheits-erfordernisse eine andere Vorgehensweise ausschlieszligen Eine Teilung der Po-sition wuumlrde zudem zu einem hohen Abstimmungsbedarf und somit einem erhoumlhten Zeitaufwand fuumlhren der nicht geleistet werden koumlnne Ein Auf-stieg ist damit fuumlr Erzieherinnen fast uumlberall nur in Vollzeit moumlglich Im Westen ndash insbesondere in Nordrhein-Westfalen ndash bezieht sich diese Haltung der Personalverantwortlichen manchmal sogar auf die Stellvertreterposition und die Gruppenleitung Selbst in Thuumlringen reicht nur bei zwei der fuumlnf befragten Traumlger fuumlr die Kita-Leitung die vollzeitnahe Sockelarbeitszeit aus Die befragten Traumlgervertreterinnen sehen auszligerdem kaum Moumlglichkeiten dass ihre Mitarbeiterinnen ihre persoumlnlichen Kompetenzen fuumlr eine Fach-karriere also einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktionen nutzen koumlnnen der dann auch finanziell honoriert wuumlrde

bdquoFachkarrierenldquo ndash gerade auch im Sinne eines gruppen- oder auch einrich-tungsuumlbergreifenden Einsatzes spezifischer fachlicher Kompetenzen ndash gibt es somit in der Kindertagesbetreuung faktisch kaum eine berufliche Weiterent-wicklung ist meistens mit einem Wechsel des Arbeitsfeldes verbunden Die Struktur des Arbeitsfeldes setzt der Entwicklung von Berufsfeldkorridoren und Fachkarrieren offenbar Grenzen Die im Hinblick auf die Etablierung von Berufsfeldkorridoren genannte Voraussetzung dass unterschiedliche Ar-beitsplaumltze mit unterschiedlichen Belastungsstrukturen vorhanden sein muumls-sen ist somit in der Kindertageseinrichtung auf den ersten Blick nicht zu er-kennen

Die Organisation der Arbeit in einer Kindertageseinrichtung folgt in der Regel einem Egalitaumltsprinzip nach dem alle Mitarbeiterinnen ndash mit Ausnah-

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me der Leitung ndash bei der Arbeit mit den Kindern dieselben Aufgaben erledi-gen (vgl Abschnitt 316) Wenn Einrichtungen mit festen Gruppenstruktu-ren arbeiten werden Unterschiede ndash wenn uumlberhaupt ndash houmlchstens bezogen auf die Altersstruktur definiert Es gibt altersgemischte Gruppen Gruppen fuumlr unter Dreijaumlhrige und Kindergartengruppen (vgl Kapitel 26) In dieser Struktur kann z B auch nur insofern auf Belastungen reagiert werden als Mitarbeiterinnen mit Ruumlckenproblemen eher im Kindergarten- als im U3-Bereich eingesetzt werden damit sie seltener Kinder heben und tragen muumls-sen

Bei einer offenen Gruppenarbeit sind die Spielraumlume groumlszliger Hier koumln-nen Schwerpunktaufgaben festgelegt werden die sich beispielsweise auf die Betreuung eines bestimmten Bildungsbereichs beziehen Auf diese Weise koumlnnen sowohl Belastungen reduziert als auch Moumlglichkeiten des kompetenz- orientierten Personaleinsatzes geschaffen werden In der Traumlgerbefragung wird deutlich dass die Arbeit mit einem offenen Konzept mit Funk tions-raumlumen wie sie bei den Traumlgern vor allem in Thuumlringen und Baden-Wuumlrt-temberg praktiziert wird den kompetenzorientierten Personaleinsatz ndash etwa durch Uumlbernahme eines Bildungsbereiches ndash foumlrdert Viele Traumlger vertreterinnen weisen darauf hin dass man die besonderen Kompetenzen der einzel-nen Mitarbeiterinnen kennt und ndash wenn moumlglich ndash beruumlcksichtigt Teilwei-se wird explizit darauf hingewiesen dass ein ressourcenorientiertes Konzept verfolgt wird nach dem jeder Beschaumlftigte fuumlr die Aufgaben eingesetzt wird fuumlr die sieer sich interessiert In den meisten Faumlllen verlaumlsst man sich jedoch darauf dass sich dies im Alltagsbetrieb der einzelnen Einrichtung regelt Die-se Verantwortungsteilung erschwert die Schaffung von Funktionsstellen und eine motivationsfoumlrdernde Laufbahngestaltung fuumlr die Mitarbeiterinnen in der Kindertageseinrichtung Manchmal wird darauf verwiesen dass diese Kompetenzen in der Personalakte festgehalten seien eine Auswertung gibt es jedoch in den meisten Faumlllen nicht Systematische Ansaumltze finden sich somit selten Ein Traumlgervertreter berichtet dass er dabei sei Zusatzausbildungen (Motopaumldie Heilpaumldagogik systemische Ausbildungen) systematisch zu er-fassen um zu uumlberlegen wie man diese Mitarbeiterinnen gezielter einset -zen kann und ein weiterer erlaumlutert dass man die besonderen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen erhebt und in einer Datenbank festhaumllt so dass darauf zuruumlckgegriffen werden kann Letztlich ist aber festzuhalten dass der kompe-tenzorientierte Einsatz im Wesentlichen in der einzelnen Einrichtung prak-tiziert wird ndash oder eben nicht

Nur bei einigen Traumlgern gibt es vereinzelt Sonderfunktionen bzw Pro-jekte die die Einrichtung von houmlherwertigen Funktionsstellen ermoumlglichen

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wobei einige Personalverantwortliche mit den wahrgenommenen Karriere-interessen ihrer Mitarbeiterinnen durchaus kreativ umgehen Genannt wird neben noch eher verbreiteten Taumltigkeiten als Beauftragte (Kinderschutz Sicherheit Inklusion Fortbildung oder Qualitaumlt) etwa auch diejenige als in-terne Auditorin zur Qualitaumltssicherung die uumlber eine entsprechende Zusatz-ausbildung verfuumlgt Vereinzelt gibt es noch bdquoein paar Funktionen die man versucht selbst zu erfindenldquo so ein Traumlgervertreter wie z B Fortbildungs-referentinnen oder -koordinatorinnen oder Sprecherinnen in der Pfarrei Angesprochen werden in diesem Zusammenhang auch Foumlrderprogramme wie das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo uumlber das einige Mitarbeiterinnen gruppen- bzw einrichtungsuumlbergreifend arbei-ten Am Beispiel dieses Programmes das im Kasten naumlher dargestellt wird lassen sich Potenziale fuumlr Fachkarrieren durch die Nutzung von Multipli-katortaumltigkeiten verdeutlichen

Das Bundesprogramm bdquoSchwerpunkt-Kitas Sprache amp Integrationldquo13

Bundesweit etwa 4000 Kitas erhielten von 2011 bis 2015 im Rahmen dieses Programms eine finanzielle Foumlrderung bdquoim Umfang einer hal-ben Fachkraftstelle mit herausgehobener und schwieriger verantwor-tungsvoller Taumltigkeit (vergleichbar TVoumlD S8)ldquo Verbuumlnde konnten eine volle Stelle bekommen inklusive der dazugehoumlrigen Sach- und Gemeinkosten (z B Lehr- und Lernmittel Fortbildungen Honorare Coaching) Das Programm zielte vor allem auf die Foumlrderung der all-tagsintegrierten Sprachbildung die folgendermaszligen definiert wurde

bdquoUnter alltagsintegrierter sprachlicher Bildung wird eine umfas-sende systematische Unterstuumltzung und Begleitung der natuumlrlichen Sprachentwicklung aller Kinder in allen Altersstufen verstanden die uumlber die gesamte Verweildauer der Kinder in der Kindertageseinrich-tung das Handeln der paumldagogischen Fachkraumlfte waumlhrend der alltaumlg-lichen paumldagogischen Arbeit bestimmtldquo14

Das Konzept der alltagsintegrierten Sprachbildung beinhaltet somit Anforderungen an alle paumldagogischen Fachkraumlfte einer Einrichtung

13 httpsprach-kitasfruehe-chancendeprogrammueber-das-programmrueckschau-schwer-punkt-kitas (Abruf am 18042016)14 wwwfruehe-chancendeinformationen-fuerschwerpunkt-kitas-sprache-integrati-onschwerpunkt-kitasalltagsintegrierte-sprachliche-bildung (Abruf am 18112015)

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die Aufgabe der zusaumltzlichen Fachkraft besteht nicht darin die Sprach-foumlrderung durchzufuumlhren sondern eine Multiplikatorfunktion im Team wahrzunehmen Ihre Aufgaben beziehen sich vor allem auf die Beratung Begleitung und fachliche Unterstuumltzung der Kita-Teams fuumlr die alltagsintegrierte sprachliche Bildungsarbeit und die Zusammenar-beit mit den Familien der Kinder sowie auf eine exemplarische sprach-paumldagogische Arbeit mit Kindern insbesondere unter drei Jahren

Das Beispiel des Bundesprogramms zeigt zweierlei Einerseits sind die Moumlg-lichkeiten zur Schaffung von Funktionsstellen im Arbeitsfeld bdquoKindertages-einrichtungldquo insofern begrenzt als es darum geht dass viele Aufgaben im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsbegleitung von allen Erzieherinnen wahrgenommen werden muumlssen und nicht an Spezialkraumlfte delegiert werden koumlnnen Andererseits besteht offenkundig ein Bedarf an erweiterten Qualifi-kationen die im Sinne einer Multiplikatortaumltigkeit in die Einrichtungen ein-gebracht werden Wenn Mitarbeiterinnen in diesem Sinne Spezialwissen einbringen eroumlffnen sich Chancen sowohl fuumlr die Gestaltung von Fachkarri-eren als auch fuumlr die Weiterentwicklung der Arbeit in der Einrichtung insge-samt

Aumlhnliche Konstellationen koumlnnen sich bei anderen Themenfeldern erge-ben So kann es sinnvoll sein dass eine Fachkraft eine fundierte Fortbildung fuumlr die Arbeit mit unter dreijaumlhrigen Kindern absolviert und die anderen Beschaumlftigten in der Einrichtung entsprechend anleitet und beraumlt Auch bei einer Kinderschutzfachkraft wird es zum einen darum gehen dass sie sich einerseits vor dem Hintergrund ihrer speziellen Qualifikation um akute Pro-blemfaumllle kuumlmmert Andererseits wird sie ndash im Sinne der Praumlvention ndash ein-richtungsintern einen Austausch zu Fragen der Kindeswohlgefaumlhrdung or-ganisieren und alle Mitarbeiterinnen insoweit qualifizieren dass diese in der Lage sind Probleme bei den von ihnen betreuten Kindern zu erkennen Fuumlr alle derartigen Multiplikatorfunktionen sind auch einrichtungsuumlbergreifen-de Einsatzmoumlglichkeiten vorstellbar

Bei einem Konzept offener Arbeit kann es in einigen einzelnen Bildungs-bereichen ausreichen wenn eine Fachkraft uumlber eine bestimmte Qualifika-tion verfuumlgt und dann den entsprechenden Bildungsbereich betreut und fuumlr die Angebote verantwortlich ist Dies koumlnnte beispielsweise fuumlr naturwissen-schaftliche Bildung kuumlnstlerische und musische Angebote oder die Bewe-gungserziehung umgesetzt werden Derartige Aufgabenschwerpunkte sind

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im Uumlbrigen nicht nur im Kontext eines kompetenzorientierten sondern auch eines lebensphasenorientierten Personaleinsatzes von Interesse Sie er-moumlglichen naumlmlich z B auch den Einsatz von Mitarbeiterinnen die (etwa bei einem stufenweisen Wiedereinstieg nach einer bdquoBabypauseldquo) eine Teil-zeitloumlsung mit geringer Stundenzahl wuumlnschen ohne dass die Kontinuitaumlt der Betreuung von Kindern leidet (vgl Abschnitt 431)

Andere Schwerpunktaufgaben sind fuumlr eine Reihe organisatorischer An-forderungen vorstellbar So gibt es unter den Familienzentren in Nordrhein-Westfalen die als Kindertageseinrichtungen erweiterte Angebote zur Bera-tung und Unterstuumltzung von Familien in ihrem Sozialraum vorhalten einige Beispiele dafuumlr dass die fuumlr die Funktionsfaumlhigkeit des Familienzentrums notwendigen Aufgaben auf mehrere Mitarbeiterinnen verteilt werden In ei-ner Befragung von 31 Leitungen von Familienzentren die im Fruumlhjahr 2014 durchgefuumlhrt wurde (Stoumlbe-Blossey 2015b) berichtete ein gutes Drittel der Befragten von einer Aufgaben-Aufteilung innerhalb des Teams (auch wenn die Koordinierung meistens bei der Leitung verbleibt) So sind etwa einige Mitarbeiterinnen fuumlr die Betreuung und Organisation von Elterncafeacutes oder von Ausfluumlgen fuumlr Eltern und Kinder zustaumlndig In einigen ndash wenigen ndash Faumll-len geht die Aufteilung uumlber die Uumlbertragung einzelner Aufgaben hinaus und wird zum Organisationsprinzip das die gesamte Einrichtung umfasst bdquoWir haben uns aufgeteilt jede Kollegin hat Schwerpunktbereiche Die eine Kolle-gin hat die Kindertagespflege Die andere Kollegin hat den Schwerpunkt Be-ratungsstellen [hellip] die verweist dann bei Bedarf und hilft Termine vor Ort zu machen Die eine Kollegin ist im Lesebereich zustaumlndig die Kooperation mit der Buumlcherstube rund ums Buch Alles was mit Sprache zu tun hat Die ande-re Kollegin hat den Bewegungsbereich Dass jeder im Team seinen Schwer-punkt hat um das alles mehr zu vernetzenldquo (Stoumlbe-Blossey 2015b 10)

In einer anderen Einrichtung die nach dem Konzept der offenen Arbeit arbeitet wird die Aufteilung der Zustaumlndigkeiten fuumlr Familienzentrumsauf-gaben mit dem paumldagogischen Konzept verknuumlpft bdquoDass wir Zustaumlndigkeits-bereiche haben [hellip] Zum Beispiel fuumlr den Bewegungsbereich haben wir eine Kollegin die arbeitet fuumlnfzehn Stunden die haben wir sozusagen freigestellt Um auch Feste zu organisieren wir machen auch sehr viele sportliche Feste und das nimmt sie ganz in ihre Hand und spricht nur mit uns Dinge ab Eine hat den Babysitterclub Kolleginnen die zustaumlndig sind fuumlr die Tagespflege Wir haben eine Kollegin die besucht einmal im Monat mit Kindern ein Seni-orenheimldquo (ebd)

Die Beispiele zeigen dass es bei naumlherer Betrachtung durchaus Moumlglich-keiten gibt einen kompetenzorientierten Personaleinsatz auch fuumlr Mitarbei-

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terinnen in Kindertageseinrichtungen systematisch zu gestalten und damit gleichzeitig die Arbeit der Einrichtung qualitativ weiterzuentwickeln Damit eroumlffnen sich nicht nur Chancen fuumlr die Realisierung von Fachkarrieren son-dern auch ndash zumindest partiell ndash von gesundheitsorientierten Berufswegekor-ridoren Wenn beispielsweise die erfahrene Fachkraft die Ruumlckenprobleme hat zur Multiplikatorin fuumlr Sprachbildung wird kann sie zumindest teilwei-se von koumlrperlich anstrengenden Taumltigkeiten entlastet werden Eine Differen-zierung von Aufgaben bietet somit gleichermaszligen Potenziale fuumlr die Perso-nalfoumlrderung und fuumlr die Qualitaumltsentwicklung

Grenzen fuumlr die Umsetzbarkeit derartiger Konzepte ergeben sich zum ei-nen aus der Personaldecke einer Einrichtung Hier muss jederzeit genug Per-sonal fuumlr die allgemeine Alltagsarbeit mit den Kindern zur Verfuumlgung stehen was in der Praxis sowohl die Moumlglichkeiten fuumlr die Weiterqualifizierung von Beschaumlftigten als auch fuumlr die Wahrnehmung von Spezialaufgaben einschraumln-ken kann Zum anderen ist die Frage der Zusammenarbeit im Team zu beach-ten Einerseits aumluszligern in Befragungen viele Mitarbeiterinnen den Wunsch ihre besonderen Kompetenzen einsetzen und sich auf diese Weise beruflich weiterentwickeln zu koumlnnen Andererseits spielt fuumlr die Arbeits zufriedenheit auch das Wohlbefinden im Team eine wichtige Rolle Eine Differenzierung von Aufgaben insbesondere wenn sie mit finanziellen Konsequenzen ver-bunden ist kann die Beziehungen innerhalb eines Teams veraumlndern und Konkurrenzsituationen hervorrufen Dieses (potenzielle) Problemfeld ist zu beachten wenn Aufgabendifferenzierungen eingefuumlhrt werden Insofern steht dieses Handlungsfeld in engem Zusammenhang mit Fragen der Team-fuumlhrung und -entwicklung (vgl dazu Kapitel 42)

414 Leistungsorientierte Bezahlung

Nun sind der kompetenzorientierte Einsatz und die daraus zu entwickelnde Laufbahngestaltung die eine Seite des Themas Die andere Seite betrifft die Nutzung der fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen fuumlr eine wirk-liche Fachkarriere also fuumlr einen Aufstieg jenseits der Leitungsfunktion der dann im Sinne einer leistungsorientierten Bezahlung auch finanziell hono-riert wird

Zunaumlchst bleibt grundsaumltzlich zu uumlberlegen inwieweit ein kompeten z-orientierter Personaleinsatz mit finanziellen Konsequenzen fuumlr die Beschaumlf-tigten verknuumlpft sein kann und soll Zweifellos kann man von einer bdquoFach-karriereldquo nur dann sprechen wenn die persoumlnliche Weiterentwicklung auch

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eine finanzielle Weiterentwicklung mit sich bringt Bei der Planung von gesundheitsorientierten Berufswegekorridoren muss dies hingegen nicht zwangs laumlufig gegeben sein Wenn es um einen kompetenzorientierten Ein-satz geht kann allein die Moumlglichkeit motivationsfoumlrdernd sein sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren zu koumlnnen die man besonders gut be-herrscht fuumlr die man Anerkennung im Team erhaumllt und die man somit gern erledigt Je staumlrker bestimmte Aufgaben jedoch spezielle Qualifikationen er-fordern die manchmal in umfassenden Weiterbildungen erworben wurden desto staumlrker ausgepraumlgt wird auch das Beduumlrfnis der Mitarbeiterinnen nach einer finanziellen Anerkennung ihrer Leistung sein

Dafuumlr gibt es in der Praxis zwei Moumlglichkeiten Zum einen koumlnnen soweit die jeweiligen tariflichen Rahmenbedingungen dies ermoumlglichen Funktionsstellen mit einer entsprechend houmlheren Eingruppierung definiert werden Zum anderen kann das ndash ebenfalls in Tarifvertraumlgen in unterschied-licher Form enthaltene ndash Instrument der Leistungszulagen genutzt werden

Obwohl haumlufig die Moumlglichkeit besteht einen Teil der Gehaltssumme leistungsorientiert zu vergeben (z B 2 Prozent) wird bei den befragten Trauml-gern davon nur selten Gebrauch gemacht Knapp die Haumllfte der befragten Traumlger setzt keine leistungsorientierten Elemente bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen ein Bei sechs der Befragten werden die zur Verfuumlgung ste-henden Mittel nach dem bdquoGieszligkannenprinzipldquo gleichmaumlszligig auf alle Mitar-beiterinnen verteilt also de facto nicht leistungsorientiert genutzt Einige dieser Interviewpartner bedauern die Regelungen wenn diese z B fuumlr alle kommunalen Beschaumlftigten gelten sehen selbst aber keine Moumlglichkeit an diesen Rahmenbedingungen fuumlr das Aufgabenfeld Kindertageseinrichtung etwas zu aumlndern Bei einem Traumlger werden 80 Prozent der fuumlr eine Leistungs-orientierung vorhandenen Mittel in Form einer Sockelpraumlmie gleichverteilt und immerhin die restlichen 20 Prozent als Zusatzpraumlmie fuumlr bdquoallerbeste Mit-arbeiterinnenldquo vergeben In drei Faumlllen gibt es Zulagen z B fuumlr heilpaumldago-gische Taumltigkeiten fuumlr die Arbeitserschwernis in Brennpunkt-Kitas oder fuumlr die Dauer der Beteiligung an einem Projekt Ein Personalverantwortlicher gibt an die zur Verfuumlgung stehenden Mittel nicht fuumlr die Gehaumllter sondern zur Finanzierung von betrieblichen Programmen zu nutzen wie z B fuumlr eine uumlbergangsweise Pflege von Angehoumlrigen oder hauswirtschaftliche Un-terstuumltzung von Mitarbeiterinnen durch traumlgereigene Dienste um damit be-sondere Belastungssituationen eigener Beschaumlftigter gezielt abzufedern

Sechs Personalverantwortliche berichten dass zur Vergabe leistungsori-entierter Mittel eine Personalbeurteilung ndash meistens im Rahmen der regelmauml-szligigen Mitarbeitergespraumlche ndash erfolgt und dazu ein Punktesystem bzw ein

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Kompetenzbeurteilungsbogen genutzt wird Auf dieser Basis werden dann Zulagen z B fuumlr eine Anleitertaumltigkeit gezahlt Die Verfahren sind unter-schiedlich umfangreich gestaltet (zwischen drei und sechzehn Leistungskri-terien) Bei einem Traumlger befindet sich ein solches Verfahren in der Erpro-bungsphase bei einem weiteren wurde die urspruumlnglich geplante Nutzung einer Erzieherinnen-Einschaumltz-Skala aufgegeben Drei Befragte bewerten diese Instrumente sehr kritisch bdquoDas System ist kompliziert und ineffektivldquo bdquoDer Aufwand war gigantischldquo bdquoSelbstverstaumlndlichkeiten anstelle besonderer Leistungen werden nun fuumlr einen Teil der Mitarbeiterinnen zusaumltzlich ho-noriertldquo Lediglich einer der Personalverantwortlichen aumluszligert sich positiver Fuumlr die Vergabe der Praumlmien gebe es zwar nur geringe Spielraumlume denn der Traumlger duumlrfe dadurch nicht mehr Personalkosten verursachen aber bdquoje nach-dem wie jemand agiert kann mehr entlohnt werdenldquo

Die in den Tarifvertraumlgen des Oumlffentlichen Dienstes und der groszligen Trauml-gerverbaumlnde enthaltenen Moumlglichkeiten werden also auf unterschiedliche Weise genutzt Auf ein etwas groumlszligeres Interesse stoszligen Funktionszulagen die nicht auf einer individuellen Leistungsbewertung sondern auf der Uumlbernah-me von besonderen Aufgaben beruhen Im Allgemeinen sehen die befragten Traumlger dafuumlr ebenso wenig Moumlglichkeiten wie fuumlr eine Houmlhergruppierung was nicht erstaunlich ist wenn man sich exemplarisch die Tarifstrukturen im Oumlffentlichen Dienst (vgl Kapitel 25) anschaut Hier hat fast ausschlieszliglich der Aufstieg in Funktionen der Leitung und der stellvertretenden Leitung finanzielle Auswirkungen Die bdquoschwierigen Taumltigkeitenldquo die bisher einen Aufstieg von der Gruppe S6 in die Gruppe S8 und seit Juli 2015 von S8a nach S8b ermoumlglichen sind laut Protokollnotiz eng definiert Sie beziehen sich vor allem auf den Einsatz in Gruppen von Kindern mit unterschiedlichen Formen von Behinderung und besonderem Foumlrderbedarf daruumlber hinaus auf die allein verantwortliche Betreuung von Gruppen beispielsweise in Randzei-ten15 Zustaumlndigkeiten fuumlr bestimmte Schwerpunktaufgaben oder der Einsatz in speziellen Bildungsbereichen sind in der Protokollerklaumlrung nicht erfasst Die Ergebnisse der Tarifauseinandersetzungen 2015 haben an dieser Situati-on nichts geaumlndert sondern im Gegenteil die Differenzen zwischen Erzieherinnen im Allgemeinen und solchen mit bdquoschwieriger Taumltigkeitldquo reduziert Fuumlr Traumlger die unter solchen tariflichen Rahmenbedingungen arbeiten ist die Entwicklung von Fachkarrieren ein schwieriges Unterfangen Hinzu kom-

15 httpoeffentlicher-dienstinfotvoedsueentgeltordnung-protokollerklaerunghtml (Abruf am 18042016)

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men die finanziellen Rahmenbedingungen der Kita-Gesetze der Bundeslaumln-der Die Refinanzierung der Gehaltskosten uumlber die Zuschuumlsse von Laumlndern und Kommunen sieht in der Regel keinen Spielraum fuumlr Funktionsstellen vor

Insgesamt scheint diese Form der leistungsorientierten Bezahlung bei den im Projekt KONTI befragten Traumlgern keine groszlige Rolle im Sinne einer Motivationsfoumlrderung von Beschaumlftigten zu spielen Im Kontext der Personal-beurteilung wird ihr aus der Sicht von Traumlgern und Beschaumlftigten offenkun-dig nur ein sehr begrenzter Stellenwert zugeschrieben Im Hinblick auf einen kompetenzorientierten Personaleinsatz koumlnnte nach den hier vorgestellten Uumlberlegungen fuumlr eine Fachkarriere jenseits von Leitungsfunktionen eine Louml-sung darin bestehen dass die Vergabe von tariflich vorgesehenen leistungs-orientierten Entgeltbestandteilen nicht an bestimmte Beurteilungen son-dern an die Uumlbernahme bestimmter Aufgaben geknuumlpft wird In dieser Form koumlnnte sie einen ergaumlnzenden Stellenwert innerhalb eines Personalentwick-lungskonzepts erhalten

42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung

Allgemein wird unter Fuumlhrung die psychologische und soziale Faumlhigkeit ei-ner Person im Umgang mit Menschen verstanden Fuumlhrung kann dabei als Prozess definiert werden bei dem eine Person bestimmte Standards und Er-wartungen formuliert die das Verhalten von Menschen beeinflussen (vgl StremelUlber 2014 62) Fuumlhrung bezieht sich dabei auf eine Vielzahl von Arbeitsbereichen die eine Zusammenarbeit mit Personen erfordert Betrof-fen sind hiervon Personalplanung und -einsatz Personalfuumlhrung und -pflege und ebenso Personalentwicklung und -controlling einzelner Mitarbeiterin-nen sowie des Teams als Ganzes Daruumlber hinaus beinhaltet sie aber auch wei-tere Taumltigkeitsfelder wie z B die paumldagogische Leitung Qualitaumltssicherung Administration und Oumlffentlichkeitsarbeit Von wachsender Bedeutung ist da-bei auch das Gesundheitsmanagement

Die Fuumlhrungsverantwortung im Hinblick auf Kindertageseinrichtungen liegt somit zunaumlchst bei ihrem Traumlger Viele Elemente der Fuumlhrung werden jedoch von den Leitungskraumlften der einzelnen Einrichtungen wahrgenom-men (vgl Kapitel 33) die Leitung einer Kindertageseinrichtung ist somit Fuumlhrungskraft Ihre Rolle ist daruumlber hinaus im alltaumlglichen Betrieb von be-sonderer Bedeutung Zwar handelt es sich dabei im Sinne der Traumlgerstruktur um eine Position auf der mittleren Fuumlhrungsebene angesichts der dezentra-len Organisation ist die Kita-Leitung jedoch in der Praxis die zentrale Vertre-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

tung des Arbeitgebers in der einzelnen Einrichtung organisiert den Perso-naleinsatz vor Ort und praumlgt den Alltag im Team Der Traumlger gibt dafuumlr die Rahmenbedingungen vor und hat Fuumlhrungsaufgaben gegenuumlber den Kita-Leitungen wahrzunehmen

In diesem Kapitel werden zunaumlchst einige grundlegende Uumlberlegungen zum Verhaumlltnis zwischen dem Traumlger einerseits und der Einrichtungsleitung als Fuumlhrungskraft auf der mittleren Ebene andererseits angestellt (Ab-schnitt 421) Darauf aufbauend geht es im Anschluss um Fragen der Team-entwicklung (Abschnitt 422) und ein traumlgergestuumltztes Monitoring der Ein-richtungen (Abschnitt 423) Abschlieszligend werden Fragen des Gesundheits-managements als Fuumlhrungsaufgabe thematisiert (Abschnitt 424)

421 Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Einrichtungsleitungen

Eine mitarbeiterorientierte Personalfuumlhrung zielt auf eine moumlglichst hohe Mitarbeiterzufriedenheit und basiert zunaumlchst auf Fuumlhrungsgrundsaumltzen die das Handeln von Fuumlhrungskraumlften entsprechend leiten sollen Wertschaumltzung ist dabei im doppelten Sinne ein wichtiges Element eines ressourcenorien-tierten Fuumlhrungsstils Ziel ist es dabei den Mitarbeiterinnen eine Anerken-nung fuumlr ihre Leistungen zukommen zu lassen die fuumlr die Arbeit motiviert und die persoumlnlichen Staumlrken foumlrdert Dabei geht es sowohl um fachliche An-erkennung als auch um persoumlnliche Wertschaumltzung Daneben ist es im Sinne der Personalbindung fuumlr jedes Unternehmen ndash also auch fuumlr Kindertages-einrichtungen ndash von Bedeutung die individuellen Werte seiner eigenen Mit-arbeiterinnen zu kennen um potenzielle Konflikte zwischen den Werten des Unternehmens also des paumldagogischen Konzepts der Einrichtung und denen des Traumlgers zu erkennen und Loumlsungen zu suchen

bdquoDie emotionale Bindung zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern entsteht dann wenn die gelebten Unternehmenswerte weitgehend identisch sind mit den priorisierten Werten der Mitar-beiter Dieser Effekt wird noch verstaumlrkt wenn die Mitarbeiter einen gewissen Freiraum bei ihrer Arbeit haben und dadurch ihre Werte auch verwirklichen koumlnnenldquo (FlatoReinbold-Scheible 2008 85)

Von den Personalverantwortlichen der befragten Traumlger wird die Aufgabe der Personal- und Teamfuumlhrung weitgehend in die Haumlnde der Einrichtungs-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

leitungen gelegt Die Beschaumlftigtenbefragungen zeigen dass dies in den meis-ten Einrichtungen gut funktioniert Wo dies allerdings nicht der Fall ist ent-steht ein hohes Belastungsempfinden so dass die Qualitaumlt der Teamfuumlhrung aus Traumlgerperspektive nicht dem Zufall uumlberlassen werden sollte Insofern er-scheint eine gezielte Verantwortungsteilung zwischen Traumlger und Leitungen als notwendig d h der Traumlger als letztlich Verantwortlicher sollte einerseits Steuerungsmoumlglichkeiten wahrnehmen und andererseits die Fuumlhrungskraumlfte in der Kita ndash auch im Sinne eines nachhaltigen Personalmanagements ndash ge-zielt unterstuumltzen und entlasten

Nach einem Qualitaumltshandbuch fuumlr Traumlger von Kindertageseinrichtun-gen (Fhtenakis et al 2003) gehoumlrt das Personalmanagement zu den originauml-ren Aufgaben des Traumlgers Nach der bdquoTQ-Dimension 4 Personalmanage-mentldquo zaumlhlt dazu neben Personalplanung Personalentwicklung -controlling und -verwaltung auch die Personalfuumlhrung Als Voraussetzung fuumlr ein gelin-gendes Personalmanagement wird dort ein Personalkonzept angesehen das verbindliche Formen der Kompetenzverteilung zwischen dem Traumlger der Leitung und dem Mitarbeiterteam definiert und die Zusammenarbeit zwi-schen Beteiligten regelt (vgl Oberhuemer et al 2003 33) Der Traumlger ist dar-um gefordert seine Fuumlhrungskraumlfte bei der Ausuumlbung der Personalverant-wortung in den Kitas vor Ort zu unterstuumltzen Die Beispiele im Kasten koumln-nen diese Aufgabe naumlher veranschaulichen

Unterstuumltzungsbedarfe der Fuumlhrungskraft (Lange 2015)

ndash einschlaumlgiges Wissen und anwendungsfaumlhige Kenntnisse in den Bereichen Teamentwicklung Kommunikation Moderation und Konfliktloumlsung

ndash ausreichende Zeitressourcen fuumlr die Teamentwicklung Betroffen sind davon insbesondere bdquonicht freigestellteldquo Leitungen Ihnen fehlt es besonders dann an Zeit fuumlr die Teamentwicklung wenn sie etwa wegen eines hohen Krankenstandes als bdquoVertretungs-kraftldquo in den Gruppen fungieren

ndash Schutz und Unterstuumltzung durch den Traumlger in krisenhaften Situ-ationen

ndash professioneller Reflexionsrahmen zur Entlastung Absicherung Staumlrkung von Rollen-Klarheit und Vorbildfunktion etwa durch Einzel- oder Gruppensupervision kollegiale Beratung oder Inter-vision bzw austauschbasierte Fortbildungen

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In der Leitungsbefragung im Projekt KONTI zeigt sich jedoch (vgl im Fol-genden Koumlhling 2015) nur knapp die Haumllfte der Befragten sehr zufrieden mit der Unterstuumltzung durch den Traumlger die anderen Befragten haben unter-schiedliche Einschaumltzungen von bdquomit Einschraumlnkungen gut unterstuumltztldquo bis hin zu bdquonicht ausreichend unterstuumltztldquo Lediglich hinsichtlich der Bereitstel-lung von Fachinformationen undoder Konzepten fuumlhlen sich die meisten Befragten gut ausgestattet Eine besondere Unterstuumltzungsfunktion uumlber-nimmt hier das Qualitaumltsmanagement das vor allem von Traumlgern mit meh-reren Einrichtungen und von privat-gewerblichen Traumlgern genutzt wird und uumlber das viele Materialien zur Strukturierung der Arbeit zur Verfuumlgung gestellt werden Als wichtige Bedingungen fuumlr eine gute Zusammenarbeit werden von den befragten Fuumlhrungskraumlften in den Einrichtungen vor allem genannt ndash eine klareDefinitionvonAufgabenundBefugnissen innerhalb derer Leitun-

gen flexibel handeln koumlnnen dies wird von ca drei Vierteln der befragten Leitungen als wichtig fuumlr ihre Arbeit erachtet

ndash eine guteAnsprechbarkeitdesTraumlgers die regelmaumlszligige Termine als auch in-dividuelle Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme mit der Moumlglichkeit zur Kommunikation und Information genauso umfasst wie die Moumlglichkeit zum Austausch bei Treffen mit anderen Leitungen

ndash die BereitschaftzumZuhoumlren inklusive Verstaumlndnis und Wertschaumltzung fuumlr die geleistete Arbeit

ndash kurze Verwaltungs- bzw Entscheidungswege mit Einhalten von Terminen und Absprachen (bdquoDer Buumlrgermeister sollte zu den Sachen stehen die er mit mir ausmacht und dann nicht wenn fuumlnf Eltern da stehen um-fallenldquo) bzw allgemein Ruumlckhalt durch den Traumlger (bdquoWenn der Traumlger nicht hinter mir steht bei einer Entscheidung oder einer Aussage die ich treffe dann geh ich hier unterldquo)

ndash UnterstuumltzungdurchfinanzielleRessourcenAusstattungService bdquoMehr Per-sonal und mehr Handlungsfaumlhigkeit Moumlglichkeiten dass Erfordernisse im Haus auch umgesetzt werden koumlnnen und eine bessere finanzielle Un-terstuumltzungldquo

Aus den bei den Befragungen im Projekt KONTI genannten Problemen und Defiziten lassen sich Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Bereichen ablei-ten Sie reichen von klarer definierten Traumlgerprofilen und -zustaumlndigkeiten auf der einen und Leitungsprofile und Arbeitsplatzbeschreibungen auf der anderen Seite uumlber eher bdquoweicheldquo ndash aber sehr zentrale ndash Faktoren einer besse-ren Anerkennung und Wertschaumltzung der Arbeit von Leitungen allgemein

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und insbesondere auch durch den jeweiligen Traumlger bis hin zu professionelle-ren Vorstaumlnden die uumlber die Belange von Kindertageseinrichtungen infor-miert sind Geeignete Loumlsungsansaumltze des Traumlgers bieten sich hier vor allem in Form von Fortbildungen an die im Sinne einer gezielten und kontinuier-lichen Personalentwicklung fuumlr Leitungen zur Unterstuumltzung der Taumltigkeit insgesamt und insbesondere eines qualifizierten Fuumlhrungsverhaltens beitra-gen koumlnnen

Einige Traumlger bieten ihren Leitungskraumlften entsprechende Schulungs-maszlignahmen an bei einigen ist dies sogar mit einer Teilnahmeverpflichtung verbunden So gibt es bei einem kommunalen Traumlger beispielsweise eine Fortbildungsreihe zum systemischen Fuumlhren die ihren Ursprung in der Er-kenntnis hat dass sich (stellvertretende) Leitungskraumlfte durch das Fuumlhren und Leiten ihrer Mitarbeiterinnen sehr belastet fuumlhlen Bei einem anderen kommunalen Traumlger gibt es einmal im Vierteljahr einen Leitungslehrgang mit sechs Modulen deren Umsetzungserfahrungen im Abstand von sechs Wochen durch eine zweitaumlgige Supervision zur Bearbeitung und Reflexion ergaumlnzt werden

Des Weiteren koumlnnen insbesondere ndash aber nicht nur ndash bei Leitungen die die Bedeutung von Sozialkompetenzen in den Mittelpunkt stellen Stellen- und Aufgabenbeschreibungen zu den Inhalten einer Leitungstaumltigkeit zur Schaumlrfung des Selbstbildes beitragen Bei vielen Traumlgern existieren allgemei-ne Stellenbeschreibungen fuumlr die Erzieherinnen bzw Leitungsstellen Im Sinne einer Aufgabenbeschreibung werden sie aber kaum genutzt obwohl sie den Blick fuumlr die Vielfalt der Aufgaben und Kompetenzbereiche weiten und damit zur Professionalisierung der Arbeit beitragen koumlnnen Auf diesem Weg kann eine Klaumlrung des Leitungsprofils fuumlr alle Beteiligten unterstuumltzt werden damit solchen Aussagen die Grundlage entzogen wird bdquoMir wird manchmal unterstellt Was machst Du denn den ganzen Tag Da krieg ich dann echt ein schlechtes Gewissen Ich kann nichts vorzeigen manchmal ich bin immer in Aktionldquo

Das Anforderungsprofil fuumlr Leitungen von Kindertageseinrichtungen eines der im Projekt KONTI befragten kommunalen Traumlger in NRW bein-haltet beispielsweise folgende Kompetenzbereiche Personalfuumlhrungs kom - pe tenz persoumlnliche Kompetenz (Integritaumlt und Grundhaltung) soziale Kompetenz (Kommunikations- und Interaktionskompetenz) Veraumlnderungs-kompetenz strategische Kompetenz Fach- Dienstleistungs- und Marketing-kompetenz Andere Traumlger gehen nicht von Kompetenzen aus sondern defi-nieren konkrete Aufgaben wie die folgende Stellenbeschreibung fuumlr die Lei-tung einer Kita in kirchlicher Traumlgerschaft zeigt Nach dieser Beschreibung

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umfasst die Leitungstaumltigkeit nachfolgende Aufgabenbereiche die jeweils durch eine Reihe von Unterpunkten spezifiziert werden16

1 Fuumlhrungsverantwortung und Personalentwicklung2 administrative Taumltigkeiten3 Konzeptions- und Qualitaumltsentwicklung4 Zusammenarbeit mit den Eltern5 Zusammenarbeit mit dem Traumlger6 Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde7 Oumlffentlichkeitsarbeit8 Gebaumlude Inventar und Arbeitssicherheit9 hauswirtschaftliche Aufgaben

Werden Anforderungen an die Leitungsfunktion in dieser Weise deutlich ge-macht kann das Selbstmanagement unterstuumltzt werden Es kann z B deut-lich werden wo Fortbildungsbedarf besteht um den Anforderungen gerecht werden zu koumlnnen wo eventuell das eigene Fuumlhrungsverhalten (weiter)ent-wickelt werden muss um unterschiedlichen Erwartungen begegnen zu koumln-nen oder welche physischen und psychischen Beanspruchungen bestehen und welche Gesundheits-Maszlignahmen ggf ergriffen werden sollten um die eigene Leistungsfaumlhigkeit zu erhalten

Zur Klaumlrung des eigenen Selbstbilds bei der Wahrnehmung der Leitungs-funktion koumlnnen daruumlber hinaus eine Analyse der eigenen Ressourcen (Moti-vation Ziele Belastungsempfinden etc) und der vorhandenen Rahmenbe-dingungen (Traumlger Kinder Personal Finanzen Raumlumlichkeiten Leitbilder etc) sowie der damit verbundenen Aufgaben beitragen Zu Ersterem der Vergewisserung eigener Ressourcen und Moumlglichkeiten koumlnnen Leitungs-schulungen dienen die sinnvollerweise bereits vor der Uumlbernahme einer ent-sprechenden Taumltigkeit erfolgen sollten Fuumlr den Traumlger haben derartige Schu-lungen daneben den Vorteil dass damit eine gezielte Auswahl von Leitungs-kraumlften sowie eine laumlngerfristige Personalplanung unterstuumltzt werden koumln-nen

Der Leitungslehrgang eines der im Projekt KONTI befragten kommuna-len Traumlger der als Zielgruppen neben Leitungskraumlften und ihren Stellvertre-tungen auch Personen einbezieht die an der Leitungsfunktion interessiert sind umfasst beispielsweise neun Module mit ein- bis zweitaumlgigen Work-

16 httpkitas-kgvdefileadminredakteure1_Familie_und_KinderpdfStellenbeschreibung_Leitung_KGV-Kitapdf (Abruf am 18042016)

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shops im Abstand von sechs Wochen Die Module enthalten folgende In-halte1 erfolgreiches Fuumlhren2 Gespraumlche konstruktiv gestalten und das Foumlrder- und Beratungsgespraumlch

als Chance nutzen3 souveraumlne Steuerung von Besprechungen und Moderationen4 Zeitmanagement und Verwaltungsorganisation5 Dienstplangestaltung6 die Beurteilung als Fuumlhrungsinstrument und ihre rechtliche Wirkung7 Erziehungspartnerschaft mit Eltern8 Grundzuumlge des Personalrechts9 Ziele Strategien und Strukturen des Jugendamtes

Leitungsschulungen unterstuumltzen durch die Aneignung von Wissen und Methoden zu Mitarbeiterfuumlhrung Personalentwicklungs- oder Qualitaumlts-sicherungsinstrumenten aber nicht allein die Kompetenzentwicklung der Fuumlhrungskraumlfte selbst sondern bieten auf diesem Wege auch Moumlglichkeiten Personalentwicklungsmaszlignahmen fuumlr das Mitarbeiterinnen-Team zu uumlber-pruumlfen und ggf zu verbessern

422 Teamfoumlrderung und Teamentwicklung

Die Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindertageseinrichtungen erfolgt in Teams Von einem Team wird gesprochen wenn alle Mitglieder einer Grup-pe auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind und jedes Teammitglied entsprechend seiner Faumlhigkeiten bzw seiner zugeschriebenen Rolle einen Teilbeitrag zum Ganzen leistet (vgl Birker 2000 154) Die Teamarbeit wird besonders in Arbeitsfeldern sozialer Dienstleistungen favorisiert da die Be-schaumlftigten dem jeweiligen Arbeitsauftrag z B vor dem Hintergrund einer gestiegenen Komplexitaumlt von Prozessen wachsender Anforderungen an Fle-xibilitaumlt sowie der notwendig gewordenen Koordination von zunehmend spezialisiertem Wissen im Team besser gerecht werden koumlnnen als dies in traditionell hierarchischen Organisationsstrukturen moumlglich ist Gerade auch bei einem erhoumlhten Effektivitaumlts- und Effizienzdruck hervorgerufen durch Sparmaszlignahmen bei gleichzeitigem Anstieg an Qualitaumltsanforderungen wird der Gemeinschaft von Mitarbeiterinnen ein groszliges koordinierendes Potenzial zugeschrieben da durch die enge Zusammenarbeit eine emotional bindende und den Einzelnen anspornende Wirkung entsteht (vgl BalzSpieszlig

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2009 14) Studien zur Evaluation der Qualitaumlt fruumlhpaumldagogischer Angebote belegen daruumlber hinaus dass die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen mit der Kooperation im Team Auswirkungen auch auf die Qualitaumlt der paumldagogi-schen Angebote die Interaktionsqualitaumlt mit den Kindern und auf die Grup-penatmosphaumlre hat (vgl Honig et al 2004)

Die Aufgabe der Leitung von Kindertageseinrichtungen liegt somit nicht nur in der Fuumlhrung der einzelnen Mitarbeiterinnen sondern vor allem in der Fuumlhrung ihres gesamten Teams Dabei hat sie zunaumlchst sicherzustellen dass der paumldagogische Auftrag fachgerecht umgesetzt wird Damit die dazu erforderlichen Aufgaben von ihren Mitarbeiterinnen gut und verlaumlsslich er-ledigt werden hat sie gleichzeitig dafuumlr Sorge zu tragen dass eine foumlrderliche Arbeitssituation und Arbeitsatmosphaumlre entstehen kann Dies bestaumltigte sich gerade auch bei der Beschaumlftigtenbefragung im Projekt KONTI (vgl Ab-schnitt 324) Arbeitsmotivation und -zufriedenheit in der Kindertagesein-richtung steht und faumlllt mit einer guten Zusammenarbeit im Team und ei-nem guten Verhaumlltnis der Mitarbeiterinnen zur Leitung Auf dieser Basis ist der Arbeitsalltag ndash bei allen auftretenden Schwierigkeiten ndash von allen gut zu bewaumlltigen Das Zusammengehoumlrigkeitsgefuumlhl staumlrkt daruumlber hinaus die Identifikation mit der Einrichtung den eigenen Arbeitsaufgaben und nicht zuletzt mit den Kindern und deren Familien Die Teamfuumlhrung nimmt dar-um ndash auch aus der Sicht der Leitungskraumlfte selbst ndash im Alltag den groumlszligten Raum im Arbeitsfeld der Kita-Leitung ein

In diesem Sinne ist es auch Aufgabe von Leitung alle Mitarbeiterinnen zu beteiligen die individuellen Beduumlrfnisse der Einzelnen zu beruumlcksichtigen und dabei gleichzeitig die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen Hier stets einen gerechten Interessenausgleich herbeizufuumlhren wird zu einer sensiblen Aufgabe die viel Empathie und Fingerspitzengefuumlhl erfor-dert Teamfuumlhrung benoumltigt regelmaumlszligig komplexe Abstimmungsprozesse und transparente Entscheidungen mit denen die Teammitglieder in ihrem Arbeits- und Familienleben gut zurechtkommen und mit denen Konflikte im Vorfeld vermieden werden koumlnnen

Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass die Teams in Kindertageseinrichtun-gen durch eine wachsende Heterogenitaumlt gekennzeichnet sind Im Projekt berichteten Leitungen von einer Vielfalt im Sinne von unterschiedlichen Al-tersgruppen Persoumlnlichkeiten Interessen Faumlhigkeiten Berufen Kompeten-zen bis hin zu unterschiedlichen Ausbildungen und Einstiegsvoraussetzun-gen in den Beruf (z B Erstberuf und Quereinstieg) sowie unterschiedlichen Nationalitaumlten und Familiensituationen Eine groszlige Vielfalt im Team wird von den befragten Leitungskraumlften uumlberwiegend als besonderer Vorteil fuumlr

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die Arbeit mit Kindern angesehen die fuumlr ihre individuelle Entwicklung auch unterschiedliche Menschen benoumltigen

Die Vielfalt im Team kann andererseits z B durch eine breite Altersmi-schung eine multiprofessionelle Zusammensetzung oder partielle Akademi-sierung Konflikte aufwerfen die sich etwa in Hierarchiedenken Konkurrenz und unklarer Arbeitsteilung aumluszligern Der professionelle Umgang mit den da-raus resultierenden Konflikten sowie der Entwicklung und Foumlrderung des Personals und des Teams setzt nicht nur ein Wissen uumlber die jeweils spezifi-schen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten voraus sondern fordert von der Perso-nal- und Teamfuumlhrung auch besondere Kompetenzen um unter Beruumlcksich-tigung der verschiedenen Beduumlrfnisse und Ansichten der unterschiedlichen Mitarbeiterinnen auf dem Wege der Aushandlung Win-Win-Situationen zu gestalten Je heterogener ein Team zusammengesetzt ist desto wichtiger wer-den darum Kommunikationskultur Konzeptionsentwicklung Personalorga-nisation und Qualitaumltssicherung

Im Hinblick auf eine demografiesensible Personalwirtschaft wird unter dem Aspekt der Vielfalt im Team vor allem die Bildung von altersgemischten Teams diskutiert (vgl BrandenburgDomschke 2007 185) damit juumlngere Be-schaumlftigte von den Erfahrungen der Aumllteren und Aumlltere von dem neuen Wis-sen und den neuen Ideen Juumlngerer profitieren koumlnnen (vgl Deller et al 2008 81 f) Im Zusammenhang mit der Teamentwicklung entstehen hier aber auch Herausforderungen im Umgang mit aumllteren Mitarbeiterinnen Vorur-teile sind oft weit verbreitet (vgl ebd 80)

Waumlhrend die Leistungsfaumlhigkeit mit zunehmendem Alter in manchen Bereichen (z B koumlrperliche Leistungsfaumlhigkeit Geschwindigkeit der Infor-mationsaufnahme und Risikobereitschaft) eher abnimmt zeigen sich auch Bereiche in denen sie gleich bleibt (z B Leistungs- und Zielorientierung Entscheidungsfaumlhigkeit und psychisches Durchhaltevermoumlgen) oder sogar zunimmt Beispiele sind Expertenwissen Urteilsfaumlhigkeit und Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein (vgl Bruggemann 2000)

Auf der anderen Seite zeigt sich im Alltag der Arbeit auch dass die Aus-uumlbung des Erzieherinnen-Berufs groszlige Freiraumlume und vielfaumlltige Entwick-lungsmoumlglichkeiten bietet die uumlber die Jahre und in der Summe positive Auswirkungen haben koumlnnen Gerade der Zuwachs an persoumlnlichen und be-ruflichen Erfahrungen sowie an Sicherheit kann einen Gewinn fuumlr das ge-samte Team darstellen

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bdquoWenn die Verschiedenheiten ndash persoumlnlich und fachlich ndash auf der Basis relevanter Gemeinsamkeiten stattfinden kann wird ein alters-gemischtes Team als Bereicherung fuumlr alle Beteiligten erlebt Das Verstaumlndnis fuumlr die Lebenssituation und Arbeitsweise des jeweils an-deren kann helfen individuelle Staumlrken zielfoumlrdernd einzusetzenldquo (Weiser 2013)

Dabei korrespondiert die Einschaumltzung der Leistungsfaumlhigkeit und Belastbar-keit von aumllteren Mitarbeiterinnen auch mit der jeweiligen Unternehmens-kultur (vgl BrandenburgDomschke 2007 112) Deshalb muumlssen bdquoUnterneh-mensleitung Fuumlhrungskraumlfte und Arbeitnehmervertretung [hellip] im Rahmen einer wertschaumltzenden Unternehmenskultur deutlich machen dass auch aumllte-re Mitarbeiter im Unternehmen unverzichtbar und fuumlr das Unternehmen wertvoll sindldquo (ebd) Diese Forderungen betreffen unterschiedliche Ebenen

ndash bdquoBewusstseinsschaffungSensibilisierung bei Management (Fuumlhrungskraumlf-ten) und Arbeitnehmervertretung

ndash Staumlrkung des Selbstbewusstseins aumllterer Mitarbeiter ndash Korrektur von Erwartungshaltungen bei aumllteren Mitarbeiternldquo (Branden-

burgDomschke 2007 112)

Als Leitungs- und Traumlgeraufgabe ergibt sich daraus die Anforderung fuumlr eine Atmosphaumlre und Haltung im Team zu sorgen in der die entsprechenden In-teressen Staumlrken sowie Schwaumlchen von jungen und aumllteren Mitarbeiterinnen offen angesprochen werden koumlnnen und daruumlber hinaus die Zeit- und Arbeitsorganisation so zu gestalten dass sie diese Unterschiedlichkeit be-ruumlcksichtigt Diese Leitvorstellung gilt letztlich auch fuumlr den Umgang mit an-deren Formen von Heterogenitaumlt insbesondere im Umgang mit unterschied-lichen Qualifikationen undoder Familiensituationen

Teams uumlbernehmen nicht nur gemeinschaftlich die Verantwortung fuumlr alle Aufgaben der Kindertageseinrichtung sondern sie regeln dazu auch ge-meinsam die Aufgaben(ver)teilung Im Idealfall werden Entscheidungen die die Einrichtung und das Arbeitsfeld betreffen von allen Teammitglie-dern partizipativ in einem demokratischen Verfahren getroffen Dabei wer-den Wissen und Erfahrung untereinander ausgetauscht Die Basis fuumlr diese Arbeit ergibt sich aus Vertrauen Offenheit und einem der gemeinsamen Sache verpflichteten Engagement Als zentrale Aufgabe der Leitung wird die Bereitstellung einer guten kommunikativen Basis in Form vielfaumlltiger Moumlglichkeiten zum privaten und fachlichen Austausch angesehen die gleich-zeitig das Wohlfuumlhlen im Team und in der Kindertageseinrichtung foumlrdern

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und somit zur Personalbindung beitragen soll Beispiele dafuumlr die in der KONTI-Befragung angesprochen wurden sind ndash morgendliche Rituale zur Begruumlszligung damit sich die Mitarbeiterinnen

zumindest einmal am Tag persoumlnlich gesehen und gesprochen haben ndash unterschiedliche gemeinsame Pausenregelungen zur persoumlnlichen Aus-

sprache ndash gemeinsame dienstliche und private Aktionen z B Studientage oder

bdquoKochaktionenldquo ndash die Schaffung von Raumlumen die besonders den Anforderungen von Er-

wachsenen mit z B entsprechend gemuumltlichen Sitzecken die zum Ver-weilen und zum Austausch auffordern

Der Aufbau einer wertschaumltzenden und belastbaren Teamkultur stellt einen entscheidenden Aspekt von Teamentwicklung dar Teams werden hier vor eine groszlige Herausforderung gestellt da eine kritische Auseinandersetzung und die Akzeptanz von Fehlern und Konflikten noumltig werden Im Umgang mit Konflikten wird in einigen der befragten Einrichtungen eine eigene Kon-fliktloumlsungskultur entwickelt und gelebt die bis zur Umsetzung geeigneter Problemloumlsungen einen organisatorischen Rahmen vorgibt und Mediations-verfahren einschlieszligt Gut ein Drittel der befragten Einrichtungsleitungen erwartet dazu von den Mitarbeiterinnen zunaumlchst einen offensiven aber gleichermaszligen verantwortungsbewussten und fairen Umgang mit dem ent-standenen Problem In anderen Faumlllen sehen Leitungen zwar Konflikte im Team vermeiden aber eine Auseinandersetzung damit (bdquoVieles erledigt sich von alleinldquo oder bdquoIch habe gelernt nicht mehr auf alles zu reagierenldquo) In zwei Faumlllen wird von massiven Konflikten zwischen Leitung und Team be-richtet die vor allem dadurch ausgeloumlst sind dass die Leitung versucht Ver-aumlnderungen umzusetzen (bdquoSie haben Angst sie fuumlhlen sich belastet durch diese Veraumlnderungenldquo) Eine der beiden betroffenen Leiterinnen plant des-halb einen Arbeitsplatzwechsel

Gerade Teamentwicklung kann dazu beitragen dass Energien aus der vorhandenen Heterogenitaumlt der Mitarbeiterinnen mobilisiert werden in-dem das Team lernt konstruktiv und offen mit Konflikten umzugehen und vorhandene Potenziale auszuschoumlpfen Dabei ist es fuumlr den Prozess der Team-entwicklung notwendig von Beginn an vorhandenen Aumlngsten durch den Aufbau von Sicherheit entgegenzuwirken und die (unterschiedlichen) Hal-tungen im Team zu thematisieren und zu uumlberpruumlfen Fuumlr die Moderation dieser Prozesse ist die Leitung zustaumlndig die im besonderen Maszlige vom Pro-zess betroffen ist Sie stellt nicht nur einen entscheidenden Wegbereiter dar

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sondern uumlbernimmt auch Vorbildfunktion z B fuumlr die Haltung zu Partizipa-tion den Umgang mit Kritik eigenen Fehlern sowie Abgrenzungserforder-nissen Dazu benoumltigt sie insbesondere ein ausgeglichenes Verhaumlltnis von Naumlhe und Distanz zum Team um professionell auf Prozesse und Team-Mit-glieder einwirken zu koumlnnen Ein zielgerichtetes und selbstreflektiertes Fuumlh-rungs- und Handlungsverstaumlndnis ist Voraussetzung dafuumlr dass die Leis-tungsfaumlhigkeit des Teams und gleichzeitig das Team- und Arbeitsklima durch Teamentwicklung und -fuumlhrung verbessert werden koumlnnen Die Moderation der Prozesse erfordert Kenntnisse uumlber Methoden und Arbeitstechniken so-wie uumlber deren moumlgliche Wirkungen

In den Leitungsinterviews werden verschiedene Maszlignahmen zur Personal-entwicklung genannt die teilweise auf individuellen teilweise auf traumlger-spezifischen Entwicklungskonzepten beruhen So gibt es in einer Einrich-tung zu Jahresbeginn sogenannte bdquoStartgespraumlcheldquo zwischen Leitung und Mitarbeiterinnen in denen Bedarfe und Probleme thematisiert werden koumlnnen oder es gibt Zielvereinbarungs- bzw Mitarbeitergespraumlche Allge-mein wird von ausreichenden Fortbildungsmoumlglichkeiten fuumlr das Team be-richtet Sie reichen von traumlgerinternen Schulungsangeboten zwischen einem und drei Tagen oder regelmaumlszligig stattfindenden Qualitaumltszirkeln zum intensi-

Hauptweichen fuumlr die Teamentwicklung (Lange 2015)

Eine gemeinsam entwickelte Team-Matrix gibt den Team-Mitglie-dern Orientierung uumlber Ziele Aufgaben Rollen und Positionen so-wie Verfahrens- und Verhaltensregeln Sie stellt die Grundlage fuumlr die Identifikation mit der Kindertageseinrichtung dar und gilt als eine der Hauptvoraussetzungen fuumlr die Bildung einer bdquolernenden Organisationldquo wenn die Mitarbeiterinnen bereit sind voneinander zu lernen und sich zu veraumlndern

Der Einsatz zielfuumlhrender Arbeitstechniken stellt neben ausrei-chenden Zeitressourcen und einschlaumlgigem Methodenwissen einen wesentlichen Eckpfeiler dar ndash um an Haltungen und fachlichen Kompetenzen im Team zu ar-

beiten und ndash um eine wertschaumltzende und belastbare Teamkultur aufzubauen

in der die Anspruumlche an Psychohygiene und psychischer Entlas-tung der Mitarbeiterinnen beruumlcksichtigt werden

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ven fachlichen Austausch uumlber Teamqualifikationen z T mit externen Refe-rentinnen bis hin zu einem dreitaumlgigen Einarbeitungsworkshop fuumlr neue Mitarbeiterinnen welcher der traumlgerspezifischen konzeptionellen und be-trieblichen Einweisung dient Wie bereits dargestellt (vgl Abschnitt 421) gehoumlrt die Unterstuumltzung der Teamentwicklung durch den Traumlger mit zu sei-nem Aufgabenprofil (vgl Oberhuemer 2003 61) Leitungskraumlfte bestaumltigen dies teilweise in den im Projekt KONTI durchgefuumlhrten Interviews Neben der Bereitstellung von Zeitressourcen berichten einige von ndash unterschiedlichen Formen von traumlgerinternen und -spezifischen Leitungs-

qualifikationen im Umfang mehrerer Tage oder in Form von Schulungs-reihen mit verschiedenen Modulen bzw Bausteinen

ndash Angeboten zur berufsbegleitenden Qualifikation fuumlr die Leitungstaumltig-keit in Form von Studium oder Weiterbildungen

ndash Teamentwicklungstagen und -workshops mit externer oder traumlgerinter-nen Moderation zur intensiven Auseinandersetzung mit Strukturen Rol-len- und Aufgabenverteilungen

ndash Patenschaften durch andere Leitungskraumlfte zur kollegialen Unterstuumlt-zung und Reflexion der Prozesse

ndash regelmaumlszligig bzw bei Bedarf stattfindender Supervision undoder Coaching fuumlr Leitungskraumlfte oder auch fuumlr ganze Teams

ndash Unterstuumltzung der Teams durch externe Moderation bei Konflikten

423 Monitoring der Mitarbeiterzufriedenheit

Ein funktionsfaumlhiges Beschwerdemanagement Mitarbeitergespraumlche und Mit arbeiterbefragungen gehoumlren zu den wichtigen personalwirtschaftlichen Instrumenten einer mitarbeiterorientierten Personalfuumlhrung Regelmaumlszligige Personalgespraumlche gibt es nach den Befragungen im Projekt KONTI bei den meisten Kita-Traumlgern Dabei ist mehrheitlich die Einrichtungsleitung fuumlr die Durchfuumlhrung zustaumlndig Gespraumlche mit der Leitung selbst erfolgen in der Regel durch Traumlgervertreterinnen wie z B die Fachberatungen oder die Personalverantwortlichen Zum Teil werden einheitliche Leitfaumlden zugrun-de gelegt Eine systematische Dokumentation der Ergebnisse konkrete Ziel-vereinbarungen auf der Grundlage der Gespraumlche oder eine uumlbergreifende Auswertung auf der Ebene des Traumlgers finden sich jedoch nur selten Neben solchen individuellen Mitarbeitergespraumlchen bietet sich die Nutzung von Beschaumlftigtenbefragungen an denn

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bdquoEine wesentliche Voraussetzung gelungener Organisations- und Personalentwicklung (in Kindertageseinrichtungen) ist es zielge-richtet und passgenau zu handeln ndash also eine konkrete Zielsetzung zu formulieren vor dem Hintergrund eines moumlglichst genauen und aktuellen Bildes der Erfordernisse und Bedarfe einer Organisation und des Personals Der erste Schritt im Prozess ist demnach eine Untersuchung des Ist-Zustandes z B des Gesundheitsstatus der Beschaumlftigten der Zufriedenheit von Mitarbeitenden und Kunden Eltern und Kindernldquo (Franz 2015a)

Vor diesem Hintergrund erweisen sich Kombinationen von Beschaumlftigten- und Elternbefragungen als sinnvolle Instrumente Beachtet werden muss da-bei dass Befragungen nicht allein aus Selbstzweck erfolgen Vielmehr muss mit den Ergebnissen gearbeitet werden Dazu gehoumlrt zum einen dass sie in den Teams kommuniziert werden wobei identifizierte Probleme diskutiert und zum Ausgangspunkt fuumlr die Erarbeitung von Loumlsungsvorschlaumlgen ge-nommen werden Zum anderen muss sich die Fuumlhrungsebene mit den Er-gebnissen auseinandersetzen und Schlussfolgerungen im Sinne der Planung von geeigneten Maszlignahmen daraus ziehen Werden Befragungen regelmaumlszligig wiederholt koumlnnen Veraumlnderungen im Zeitverlauf gemessen und damit auch der Erfolg der eingesetzten Maszlignahmen evaluiert werden (vgl Franz 2015a) Letztlich sind die Befragungen nur so gut wie ihre Einbindung in ei-nen Planungs- Entwicklungs- und Umsetzungsprozess An einer solchen sys-tematischen ndash vollstaumlndigen wie einrichtungsuumlbergreifenden ndash Analyse und zielorientierten Interpretation der Ergebnisse fehlt es haumlufig in der Praxis auch wenn Mitarbeiterbefragungen inzwischen von einer Reihe von Traumlgern eingesetzt werden Das Verfahren eines solchen Monitorings als eine Kom-bination von Fragen an Beschaumlftigte einerseits und an Eltern andererseits wird nachfolgend am Beispiel eines kommunalen Traumlgers vorgestellt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Monitoring in Kindertageseinrichtungen bei GeKita (BornJonassohn 2015)

GeKita (wwwgekitade) ist der Traumlger der staumldtischen Kindertages-einrichtungen in Gelsenkirchen Gemeinsam mit KCR (Konkret Consult Ruhr wwwkcr-netde) wurden 2013 und 2015 Beschaumlftig-ten- und Elternbefragungen in allen 65 Kitas durchgefuumlhrt Der Fra-gebogen wurde in einem eigens dafuumlr gebildeten Steuerungskreis (Abteilungsleitungen Kita-Leitungen Fachberatungen Mitarbeiterinnen Personalrat) entwickelt Die Befragungskonzeption wurde in einer Leitungskonferenz vorgestellt um die Kita-Leitungen als Multi-plikatorinnen zu gewinnen die dazu beitragen sollten Mitarbeiterinnen und Eltern fuumlr die Teilnahme an der Befragung zu motivieren Die Gesamtergebnisse der Befragungen wurden in Leitungskonferen-zen vorgestellt und im Steuerungskreis diskutiert Zusaumltzlich erhielt jede Leitung die Ergebnisse fuumlr ihre Einrichtung um sie in ihrem Team vorzustellen In kritischen Faumlllen gab es Gespraumlche mit der Fachberatung und Zielvereinbarungen uumlber Verbesserungsmoumlglich-keiten

Die Beschaumlftigtenbefragungen enthielten Fragen zur Mitarbeiter-zufriedenheit und zu Themen wie beispielsweise Fuumlhrung Informa-tion Mitarbeiterorientierung Organisation Team Fortbildung Ar-beitssituation und Work Life Balance In der Elternbefragung wurde die Kundenzufriedenheit abgefragt verbunden mit Bewertungsfra-gen zur Qualitaumlt der paumldagogischen Arbeit der Oumlffnungszeiten und der Atmosphaumlre in der Kita Auf diese Weise konnten sowohl (anony-misierte) Rankings der Einrichtungen im Hinblick auf die Mitarbei-ter- und die Elternzufriedenheit erstellt als auch Einrichtungen mit kritischen Ergebnissen identifiziert werden Des Weiteren konnte der Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf die Zufriedenheit in und mit allen Kindertageseinrichtungen des Traumlgers ermittelt werden Bei den Beschaumlftigten zeigte sich beispielsweise dass es das Team ist das den groumlszligten Einfluss auf die Zufriedenheit hat Daruumlber hinaus wurden die Ergebnisse der Jahre 2013 und 2015 miteinander verglichen Da-bei stellte sich heraus dass es insgesamt sowohl bei den Ergebnissen der Beschaumlftigten- als auch bei denen der Elternbefragung Verbesse-rungen erzielt worden sind und dass in denjenigen Einrichtungen in denen die Werte in der Erstbefragung problematisch gewesen waren

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

424 Gesundheitsmanagement

Wenn bereits juumlngere Beschaumlftigte haumlufig uumlber gesundheitliche Probleme be-richten und viele die Befuumlrchtung haben die Arbeit nicht bis zum Rentenal-ter schaffen zu koumlnnen besteht hier offenkundiger Handlungsbedarf Die Gesundheit der Mitarbeiterinnen Gesundheitsschutz und Gesundheitsfoumlr-derung sind darum aus der Sicht der Personalverantwortlichen der Kita-Trauml-ger inzwischen zu wichtigen Handlungsfeldern geworden denen man in der naumlchsten Zeit noch mehr Aufmerksamkeit widmen moumlchte und im Kontext der Personalfuumlhrung eine wachsende Bedeutung zumisst Bislang allerdings ist ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement fuumlr Kindertages-einrichtungen noch nicht sehr weit verbreitet In der STEGE-Studie werden die diesbezuumlglichen Ergebnisse im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen folgen-dermaszligen zusammengefasst

auf der Grundlage der Gespraumlche und Zielvereinbarungen Veraumlnde-rungen zum Positiven erzielt werden konnten

Von Interesse war auch der Vergleich zwischen den Beschaumlftigten- und den Elternbefragungen Insgesamt wurde ein Zusammenhang zwischen Beschaumlftigten- und Elternzufriedenheit festgestellt So be-fanden sich 2015 unter den zwoumllf Einrichtungen mit der houmlchsten Mitarbeiterzufriedenheit auch sechs mit der houmlchsten Elternzufrie-denheit umkehrt gehoumlrten von den zwoumllf Einrichtungen mit der ge-ringsten Mitarbeiterzufriedenheit auch fuumlnf zur Schlussgruppe in der Elternzufriedenheit Es gab jedoch auch Abweichungen in beide Richtungen wobei eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit bei geringer Elternzufriedenheit haumlufiger vorkam als umgekehrt Wenn die Mit-arbeiterzufriedenheit deutlich houmlher ist als die Elternzufriedenheit so kann dies darauf hindeuten dass die Beschaumlftigten Wege gefunden haben sich selbst zu entlasten aber die Beduumlrfnisse der Familien nicht hinreichend wahrnehmen der umgekehrte Fall koumlnnte ein In-diz dafuumlr sein dass das Team sich zu sehr unter Druck setzt Hohe Differenzen zwischen Mitarbeiter- und Elternzufriedenheit waren so-mit Anlass fuumlr Diskussionen in und mit den Teams

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

bdquoKonkrete Interventionen zum BGM werden sehr selten in den Ein-richtungen angeboten Workshops zu Zeitmanagement werden in 198 Prozent der Einrichtungen mit oumlffentlicher und 134 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft angeboten Ruumlckenschule oder Ruumlckentraining in 189 Prozent der oumlffentlichen und 43 Pro-zent der freien Einrichtungen und WorkshopsKurse zu Entspan-nungstechniken wie bspw Yoga Autogenes Training oder Progres-sive Muskelentspannung in 169 Prozent der Einrichtungen in oumlf-fentlicher und 50 Prozent der Einrichtungen in freier Traumlgerschaft Betriebsaumlrztliche Untersuchungen fuumlr ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten 327 Prozent der freien und 356 Prozent der oumlf-fentlichen Einrichtungen an Impfungen finden in 399 Prozent der freien und 520 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen statt Die Methode der Gesundheitszirkel wenden 288 Prozent der freien und 325 Prozent der oumlffentlichen Einrichtungen anldquo (ViernickelVoss 2013 77)

Im Sommer 2015 wurde auf Bundesebene das sogenannte Praumlventionsgesetz (Gesetz zur Staumlrkung der Gesundheitsfoumlrderung und der Praumlvention vom 15072015)17 beschlossen das zur Verwirklichung einer bdquoerweiterten Praumlven-tionskulturldquo (Richter 2015 7) beitragen und neben anderen Praumlventionsmaszlig-nahmen nicht zuletzt die Gesundheitsfoumlrderung im Betrieb verbessern soll Zur Gesundheitsfoumlrderung gehoumlrt neben der Arbeitsergonomie und dem Arbeitsschutz auch die Praumlvention um gesundheitlichen Belastungen und Gefaumlhrdungen am Arbeitsplatz nicht nur entgegenzuwirken sondern auch vorzubeugen Letztere beinhaltet eine Vielfalt von Maszlignahmen Vorsorge-untersuchungen Beratungsangebote Betriebssport und die Foumlrderung in-dividueller Aktivitaumlten der Mitarbeiterinnen (vgl BrandenburgDomschke 2007 190 ff) Entscheidend ist dass die Gesundheitsfoumlrderung nicht erst bei aumllteren Beschaumlftigten einsetzt sondern zum betrieblichen Alltag gehoumlrt

bdquoJe gesundheitsgerechter die Arbeit gestaltet ist desto leichter kann ein Mitarbeiter seine Taumltigkeit ausuumlben Lern- und gesundheitsfoumlr-derliche Arbeitsgestaltung ist alternsgerechte Arbeitsgestaltungldquo (BrandenburgDomschke 2007 178)

17 wwwbmgbunddeministeriummeldungen2015praeventionsgesetzhtml (Abruf am 18042016)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Dabei geht es sowohl um bdquoVerhaltenspraumlventionldquo also um die Staumlrkung ei-nes gesundheitsfoumlrdernden Verhaltens der Individuen als auch um eine bdquoVerhaumlltnispraumlventionldquo also um eine gesundheitsfoumlrdernde Gestaltung der Arbeitsbedingungen (vgl FalkensteinGajewski 2015)

Bei vielen Traumlgern wird gerade hier eine Weiterentwicklung angestrebt Dabei geht es sowohl um Verhaumlltnis- als auch um Verhaltenspraumlvention Im Hinblick auf die Verhaumlltnispraumlvention sind verschiedene Themenfelder rele-vant von denen einige an anderer Stelle angesprochen werden ndash dies gilt bei-spielsweise fuumlr die Ermoumlglichung von gesundheitsorientierten Berufswege-korridoren (vgl Abschnitt 413) und fuumlr den Umgang mit Zeitressourcen (vgl Abschnitt 432) Dieser Hinweis zeigt dass ein betriebliches Gesund-heitsmanagement letztlich eine Querschnittsaufgabe darstellt bei der unter-schiedliche Handlungsfelder unter dem Aspekt ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit beruumlcksichtigt werden muumlssen In der STEGE-Studie wird dies-bezuumlglich zwischen vier Ebenen unterschieden Handlungsbedarf und Hand-lungsoptionen bestehen im Hinblick auf die Rahmenbedingungen (Politik und Gesellschaft) bei dem jeweiligen Traumlger der Kita-Leitung und der Fach-kraft selbst (ViernickelVoss 2013 180)

Ein zentraler Aspekt in diesem Kontext ist eine gesundheitsschonende Arbeitsplatzgestaltung die in der Praxis uumlber Investitionen in ergonomisches Mobiliar (Erzieher-StuumlhleWickeltische mit Aufstiegen) und in den Laumlrm-schutz angegangen wird Einige Befragte berichten in der KONTI-Traumlger-befragung dass sie gerade hier nach Loumlsungsmoumlglichkeiten suchen Beide Bereiche finden durch Neubauten und Sanierungen vor allem beim (U3-)Ausbau Beruumlcksichtigung bdquowenn ruumlckenschonende Maszlignahmen in den Ein-richtungen baulich initiiert werdenldquo Der Aus- und Umbau der letzten Jahre hat darum gerade hier einiges moumlglich gemacht und der Zustand dieser Ein-richtungen hat sich durch diese Investitionen deutlich verbessert gerade auch fuumlr die Mitarbeiterinnen Trotzdem wird mehrfach darauf hingewie-sen dass solche Maszlignahmen einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten und die Finanzierung oft schwierig sei Gleichzeitig wird festgestellt dass diese Maszlignahmen wirken jedoch im Altbestand der Gebaumlude haumlufig nicht umgesetzt werden koumlnnen

Ein weiteres wichtiges Thema ist Bewegung zur Praumlvention bzw Linde-rung von Ruumlckenbeschwerden Hier bietet eine Reihe von Traumlgern ndash groszlige wie kleine ndash unterschiedlichste Angebote im Sport- und Therapiebereich wie z B Mitgliedschaften oder Trainingszeiten im FitnessstudioSportver-ein gymnastische UumlbungenRuumlckenschule PhysiotherapieMassage Lauf-treff oder Fahrradtour

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Genannt werden daruumlber hinaus Themen wie Desinfektion Hygiene und Infektionsschutz (insbesondere fuumlr juumlngere Mitarbeiterinnen) und die Aus-gestaltung der Wiedereingliederung nach laumlngeren Erkrankungen (insbeson-dere bei aumllteren Mitarbeiterinnen) Zum Themenspektrum gehoumlren dane-ben (psychische) Belastungen und Belastungssituationen durch die Arbeit oder die Arbeitszeiten in den Einrichtungen Wiedereingliederungsmaszlig-nahmen und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (individuell und im Team) mit dem Ziel einer angepassten Arbeitsplatzgestaltung der Um-setzung von Entlastungsmaszlignahmen oder der Befreiung von bestimmten Aufgaben werden von einigen Befragten als Instrumente angesehen die sich zunehmend etablieren

Einige Traumlger wuumlnschen sich von ihren Mitarbeiterinnen mehr Selbst-fuumlrsorge und Eigeninitiative ndash bdquoeinen anderen Blick auf sich selbstldquo Nicht nur bdquoeine Kultur der gegenseitigen Offenheitldquo solle zum Thema vorhanden sein sondern die Mitarbeiterinnen sollten auch bdquomehr auf die eigene Ge-sundheit achtenldquo Sie bieten darum Fachtagungen und Fortbildungen zum Thema an auf denen z B auch Uumlbungen gezeigt werden bei einem Traumlger demnaumlchst auch web-basiert und als E-Learning Auch fuumlr Leitungen werden vereinzelt praumlventive Angebote zum (systemischen) Fuumlhren zum Zeit- und Stressmanagement und zur Supervision gemacht unter dem Blickwinkel dass gerade das Fuumlhren von Teams und Einrichtungen eine besonders an-spruchsvolle Taumltigkeit ist die zu besonderen Belastungen fuumlhren kann Re-gelmaumlszligige Betriebsarztbesuche werden ebenfalls haumlufiger als Angebote ge-nannt aber von einigen Mitarbeiterinnen als nutzlos bewertet

Ein weiterer groszliger Traumlger hat eine Mitarbeiterbefragung zu gesund-heitlichen Fragen durchgefuumlhrt mit dem Ergebnis dass er nun seine Beschaumlf-tigten im individuellen Umgang mit festgestellten Belastungen unterstuumlt - zen will und sie zu einer gesundheitsfoumlrderlichen Haltung anregen moumlchte Ziel ist es dabei zu einem bewussten Umgang mit Arbeitsbelastungen und -anforderungen und damit auch zur Mitarbeiterzufriedenheit beizutragen

Die institutionelle Verankerung des Themas Gesundheit erfolgt bei den Traumlgern in eigens dafuumlr eingerichteten Arbeitsgruppen Gesundheitszirkeln oder Work-Life-Gruppen in der Personalabteilung einer Fachstelle einer AG Personal oder der Betriebs- bzw Personalversammlung Zwei der befrag-ten Traumlger verfuumlgen uumlber ein betriebliches Gesundheitsmanagement bei ei-nem weiteren besuchen zwei Mitarbeiterinnen entsprechende Fortbildun-gen Ein Traumlger weist darauf hin dass er in Zukunft Personal in Form einer Fachkraft fuumlr Gesundheitsschutz einbringen wird Haumlufig erfolgt die Aus-einandersetzung mit dem Thema projektfoumlrmig haumlufiger dabei auch in Ko-

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operation mit Dritten wie Gesundheitsamt Krankenkassen Gewerkschaften oder Universitaumlten

Betrachtet man die Ergebnisse der Beschaumlftigteninterviews (vgl Ab-schnitt 321) bei denen bei den befragten Erzieherinnen einerseits eine sehr hohe persoumlnliche Motivation und Identifikation mit ihrer Arbeit fest-gestellt wurde die allerdings andererseits mit einem wenig professionellen Selbstbild ihres Berufs verbunden sind so wird deutlich dass insbesonde- re stressreduzierende Maszlignahmen von zentraler Bedeutung sind Neben den wachsenden Anforderungen im Arbeitsfeld und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung ergibt sich offensichtlich zusaumltzlich ein Uumlberforderungs-potenzial das in der eigenen Haltung der Beschaumlftigten gegenuumlber ihrem eigenen z T persoumlnlich unzureichend definierten Leistungsvorstellungen als Erzieherin begruumlndet ist Bezogen auf die Verhaltenspraumlvention geht es darum vor allem um den individuellen Umgang der einzelnen Beschaumlftigten mit Stresssituationen Beide Aspekte haumlngen eng miteinander zusammen

bdquoArbeit ist gesundheitsfoumlrderlich wenn sie die Arbeitenden befaumlhigt und ermaumlchtigt in ihrer Bewaumlltigung der Anforderungen der Ar-beitswelt eine Balance zwischen den eigenen Moumlglichkeiten und Zielvorstellungen und ihren Arbeitsbedingungen herzustellenldquo (Richter 2015 8 vgl auch Beck 2011 15 ff)

Ein Beispiel fuumlr die Weiterentwicklung von Verhaltenspraumlvention das diese Herausforderungen aufgreift stellt der Ansatz eines haltungs- und gesund-heitsorientierten Qualitaumltsmanagements (HGQM)18 dar (vgl Esch 2015ab) Das HGQM legt seinen Fokus auf die kontinuierliche Reflexion der eigenen inneren Haltung der Beteiligten d h der Mitarbeiterinnen ebenso wie der Fuumlhrungskraumlfte und geht davon aus dass die Uumlbereinstimmung des taumlgli-chen Handelns mit der inneren Haltung und den persoumlnlichen Werten von hoher Bedeutung dafuumlr ist inwieweit Beanspruchungen ndash negativ ndash als Be-lastungen empfunden werden (vgl Kapitel 1) und wie sie sich somit auf die fuumlr die psychosoziale Gesundheit auswirken Der psychosozialen Gesundheit der Mitarbeiterinnen wiederum wird ein wesentlicher Einfluss auf die Pro-zessqualitaumlt zugeschrieben Fuumlr ein gelingendes Qualitaumltsmanagement ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig dass sich die Mitwirkenden immer wieder ihrer eigenen inneren Haltung insbesondere zu fach- und gesell-

18 httpwwwhg-qmde (Abruf am 18042016)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

schaftspolitisch zentralen Themen der Kita-Arbeit bewusst werden Das HGQM konzipiert daher ein mehrstufiges Verfahren das in einem auf etwa drei Jahre angelegten Zyklus verschiedene Elemente kombiniert Mitarbei-ter- und Elternbefragungen bilden die Basis zur Informationsgewinnung ein spezielles Coaching uumlber alle Hierarchieebenen hinweg zielt auf die Reflexi-on von Arbeitssituationen und der inneren Haltung Qualitaumltszirkel der Ein-richtungsleitungen dienen dem Austausch und dem gemeinsamen Lernen in Teamtagen wird in den einzelnen Einrichtungen mit den Befragungser-gebnissen gearbeitet bei jaumlhrlichen Strategietagen erfolgt die Weiterentwick-lung des Verfahrens auf der Fuumlhrungsebene des Traumlgers Ein Beispiel fuumlr die Umsetzung dieses Ansatzes fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung ist das Projekt bdquoGesund arbeitenldquo (GesA) des Kita-Zweckverbands Essen

Das Projekt Gesund arbeiten (bdquoGesA bdquo) im KiTa Zweckverband Essen19

Der KiTa Zweckverband im Bistum Essen fuumlhrte 201314 das Projekt GesA (Gesund Arbeiten) im Rahmen der Initiative bdquoGleichstellung von Frauen in der Wirtschaftldquo des Bundesministeriums fuumlr Arbeit und Soziales durch Das Projekt basierte auf dem Ansatz des gesund-heits- und haltungsorientierten Qualitaumltsmanagements Ziel war die Realisierung einer individuellen Gesundheitsfoumlrderung angeleitet durch die Fragestellung bdquoWie kann es vor dem Hintergrund stei-gender Anforderungen und Belastungen gelingen gute Arbeit zu machen und gesund zu bleibenldquo Es ging also darum durch eine bdquoHaltungspraumlventionldquo die Resilienz der paumldagogischen Fachkraumlfte zu staumlrken und damit Belastungen bdquoabzupuffernldquo Das Projekt enthielt vier Elemente (Newsletter 12013 und 22013)20

1 SchriftlicheBefragung allerMitarbeiterinnen Bei der schriftlichen Befragung ging es um die Erhebung der Ausgangssituation in Form einer Arbeits-Belastungs-Ressourcen-Analyse Mit einem an-onymen Fragebogen wurden die Beschaumlftigten um Auskunft bei-spielsweise uumlber Gesundheit und Erholung Arbeitszeitregelun-

19 httpwwwkita-zweckverband-gesade (Abruf am 18042016)20 httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684352pdf und httpwwwkita-zweckverband-gesadedownloaddl1438684198pdf (Abruf am 18042016)

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gen sowie Kommunikation und soziale Unterstuumltzung gebeten Bei 2835 Frageboumlgen wurde eine Ruumlcklaufquote von 49 Prozent realisiert Aus der Befragung wurden gleichzeitig Anregungen fuumlr konkrete Maszlignahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entnommen

2 Entwicklung und Durchfuumlhrung eines Fortbildungsprogramms Ein auf den Befragungsergebnissen und dem Haltungsansatz basierendes Fortbildungsprogramm (bdquoGesA-Gesundheitszirkelldquo) wurde entwi-ckelt und umgesetzt Dabei ging es beispielsweise um Themen wie Stressmanagement sowie Krisen- und Konfliktmanagement Im ersten Modul stand die Schaumlrfung des professionellen Selbstbilds im Mittelpunkt bdquoDabei ging es u a um das Entdecken der eigenen Wertehierarchie und den Umgang mit Veraumlnderungen Durch die systematische Reflexion der eigenen Haltung und der damit ver-bundenen ndash vielleicht bisher nicht wahrgenommenen ndash Ressour-cen konnten die Teilnehmerinnen zielgerichtet an der positiven Entwicklung ihres Selbstbilds arbeitenldquo (Newsletter 22013 1) Um moumlglichst vielen Beschaumlftigten die Gelegenheit zur Teilnah-me an den Fortbildungen zu geben und um das Projekt uumlber die Laufzeit hinaus weiterfuumlhren zu koumlnnen wurden einige Mitar-beiterinnen und Leitungskraumlfte als Multiplikatorinnen fuumlr die Durchfuumlhrung von Gesundheitszirkeln qualifiziert

3 E-Learning-Plattform als Ergaumlnzung zum Fortbildungsprogramm Mit-hilfe einer E-Learning-Plattform werden die Inhalte des Fortbil-dungsprogramms nachhaltig fuumlr alle Beschaumlftigten nutzbar ge-macht Auch diejenigen die nicht am Fortbildungsprogramm teilgenommen haben koumlnnen auf diese Weise das darin vermittel-te Wissen erwerben

4 Evaluation des Projekts In der zweiten Haumllfte des Jahres wurde eine Nachbefragung durchgefuumlhrt die einen Vergleich mit den Ergeb-nissen der Erstbefragung ermoumlglichte Dabei wurde die Entwick-lung des Belastungsempfindens von Beschaumlftigten die am Fortbil-dungsprogramm teilgenommen hatten mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmenden verglichen Diese Evaluation zeigte deutliche Effekte So war beispielsweise bei den Teilnehmerinnen der Anteil derjenigen die angaben dass es ihnen oft schwerfaumlllt nach der Arbeit abzuschalten deutlich gesunken (Franz 2015b)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Fasst man die verschiedenen Aspekte eines Gesundheitsmanagements fuumlr die Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen zusammen so lassen sich drei zentrale Ebenen fuumlr die betriebliche Gesundheitsfoumlrderung identifizie-ren ndash Bei der materiellen Ausstattung der Einrichtungen sind vor allem Fragen

des Laumlrmschutzes und ein ergonomisches Mobiliar von Bedeutung ndash Aufgrund der koumlrperlichen Belastungen besteht ein Bedarf an Praumlventi-

onsangeboten Dazu gehoumlren sowohl Maszlignahmen die in den betriebli-chen Ablauf integriert werden (wie beispielsweise Besuche von Physio-therapeutinnen in der Einrichtung) als auch die Foumlrderung privater Ei-geninitiative der Beschaumlftigten (wie die Unterstuumltzung der Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio)

ndash Fuumlr die Reduzierung von Stress bewaumlhren sich Fortbildungsangebote die auf die Staumlrkung von Resilienz setzen Die Arbeit an der eigenen Haltung bietet hier erhebliche Potenziale

Gesundheitsfoumlrderung in diesem Sinne darf allerdings nicht als Ersatz fuumlr eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verstanden werden ndash etwa nach dem Motto bdquoWenn die Beschaumlftigten lernen mit Belastungen besser umzu-gehen muumlssen die Belastungen nicht mehr reduziert werdenldquo Michael Nie-haus (2015) spricht in diesem Kontext von bdquoorganisationaler Beschaumlftigungs-faumlhigkeitldquo die er folgendermaszligen definiert

bdquoOrganisationale Beschaumlftigungsfaumlhigkeit ist die Faumlhigkeit einer Organisation Arbeitskontexte so zu gestalten dass die Wertschoumlp-fungsprozesse mit den verfuumlgbaren Potenzialen der Beschaumlftigten realisiert werden und damit die Existenz der Organisation gesichert wirdldquo (Niehaus 2015 51)

Gesundheitsfoumlrderung im Sinne einer solchen gleichermaszligen organisationa-len wie individuellen Beschaumlftigungsfaumlhigkeit stellt eine Fuumlhrungsaufgabe dar und muss somit als ein integraler Bestandteil einer insgesamt auf Nach-haltigkeit ausgerichteten Personalwirtschaft verstanden werden

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen

Eine nachhaltige Personalpolitik die auf Personalbindung und damit auf eine dauerhafte Beschaumlftigung von Mitarbeiterinnen setzt muss sich letzt-lich auch an den persoumlnlichen Potenzialen der Beschaumlftigten in deren Lebens-verlauf ausrichten Uumlbergeordnetes Ziel einer solchen personalpolitischen Strategie ist die Foumlrderung einer Work-Life-Balance fuumlr Beschaumlftigte die ne-ben ihrem Beruf familiaumlre Verpflichtungen zu bewaumlltigen haben In diesem Feld typischerweise eingesetzte Instrumente betreffen zum einen Arbeits-zeitkonzepte und zwar sowohl zur Gestaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten (Abschnitt 431) als auch zum Zeitmanagement im Rahmen der Personaleinsatzplanung und Dienstplangestaltung (Abschnitt 432) Zum anderen geht es um die Unterstuumltzung der Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer Familienaufgaben (Abschnitt 433)

431 Teilzeitarbeit und Teilzeitkonzepte

Work-Life-Balance bedeutet bei den Traumlgern von Kindertageseinrichtungen heute zunaumlchst und nahezu selbstverstaumlndlich das Angebot zur Stundenre-duktion Teilzeitbeschaumlftigung in der Kita ist darum ndash wie in vielen anderen Branchen auch ndash ein weit verbreitetes personalwirtschaftliches Instrument (vgl im Folgenden Micheel 2015) Nicht nur beim Ausmaszlig der Teilzeitar-beit sondern gerade auch bei der Haltung der Personalverantwortlichen und Leitungskraumlfte gegenuumlber diesem Instrument zeigten sich im Projekt aller-dings starke regionale Unterschiede die sich mit den verschiedenen Beweg-gruumlndungen fuumlr seinen Einsatz und den damit verbundenen spezifischen Gestaltungsmerkmalen erklaumlren lassen

In den westlichen Bundeslaumlndern wird in der Traumlgerbefragung auf die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (2011) hingewiesen die zu befolgen sind und deren Ziel es ist die bdquoTeilzeitarbeit zu foumlrdern die Voraus-setzungen fuumlr die Zulaumlssigkeit befristeter Arbeitsvertraumlge festzulegen und die Diskriminierung teilzeitbeschaumlftigten und befristet beschaumlftigten Arbeit-nehmern zu verhindernldquo (vgl BMAS 2011) Nicht zuletzt aufgrund die - ses Rechtsanspruchs hat Teilzeitbeschaumlftigung bei den befragten Traumlgern im Westen vor allem die Funktion erhalten die Work-Life-Balance von Mitar-beiterinnen mit Familienpflichten zu erleichtern

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt dabei meistens im persoumlnlichen Ge-spraumlch zwischen dem Traumlger (z T in Kooperation mit der Einrichtungslei-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

tung) und der jeweiligen Mitarbeiterindem jeweiligen Mitarbeiter bei dem der individuelle Wochenstundenumfang und die Arbeitswoche vereinbart werden Die vielfach einzige Vorgabe eines Mindestumfangs von 50 Prozent der Normalarbeitszeit (inzwischen auch darunter) entspricht dabei dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen mit eigenen Kindern nach einer Halbtags-stelle Bestandteil des Gespraumlchsergebnisses ist daneben haumlufig die Zusage des Arbeitgebers zur Ruumlcksichtnahme auf die familiaumlren Belange der Mit-arbeiterindes Mitarbeiters insbesondere bei der Festlegung der konkreten Arbeitszeiten im Dienstplan Teilzeit-Beschaumlftigung ist damit bei der Mehr-heit der befragten Traumlger in den westlichen Bundeslaumlndern das Ergebnis ei-nes individuellen Aushandlungsprozesses und ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterorientierung und Personalbindung geworden

Grundsaumltzlich sind die im KONTI-Projekt befragten in Teilzeit arbei-tenden Erzieherinnen in den meisten Faumlllen mit ihrer Arbeits(zeit)situation zufrieden wird die Stundenreduktion doch immer auch als persoumlnliche Ent-lastung im Berufsalltag empfunden Verlaumlssliche Arbeitszeiten und ein ge-wisses Maszlig an Flexibilitaumlt ndash Rahmenbedingungen die ihnen in der Ein-richtung meistenteils gewaumlhrt werden ndash tragen sehr zur Zufriedenheit bei Unzufriedenheit oder sogar Konflikte entstehen allerdings wenn die Verein-barkeit von Beruf und Familie mit der Leitung nicht geklaumlrt werden kann

Dennoch herrscht im Westen oft der Eindruck vor dass Teilzeitbeschaumlf-tigung fuumlr Kinderbetreuungsbetrieb und Arbeitgeber als Belastung wahr-genommen wird Die angewachsene Zahl an klassischen Halbtagsstellen in der Kita mit festen Arbeitszeiten moumlglichst nur am Vormittag ist hier aus der Sicht von Leitungen und Personalverantwortlichen mit einer Reihe von Problemen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb behaftet und wird darum uumlber-wiegend kritisch gesehen Bei einer ohnehin zu duumlnnen Personaldecke fuumlh-ren nach Meinung vieler Personalverantwortlicher zu viele Teilzeitkraumlfte (auf Vormittagsstellen) in einer Einrichtung zu Problemen Aufgrund der eige-nen Familiensituation der Mitarbeiterinnen koumlnnen diese beispielsweise nicht alle Dienste im Schichtbetrieb uumlbernehmen die Dienstplangestaltung wird komplizierter Wenn es viele Teilzeit-Kolleginnen in einem Team gibt wird dies haumlufig von den Vollzeitkraumlften als zusaumltzliche Belastung wahrge-nommen Bei den Teilzeitlerinnen selbst fuumlhrt die Stundenreduktion ndash trotz hoher Motivation ndash oft zu Umgewoumlhnungsschwierigkeiten Das Gefuumlhl dass man nicht mehr alles schafft wird als Druck Stress und Uumlberforderung empfunden Nur selten ist fuumlr die befragten Teilzeitkraumlfte eine Verringerung des Arbeitspensums oder eine Reduzierung des Aufgabenspektrums verein-bart worden Im Unterschied zur Vollzeitkraft sind Teilzeitbeschaumlftigte nur

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seltener bzw kuumlrzer in der Einrichtung Mit der kuumlrzeren Praumlsenzzeit in der Kita fehlt Zeit fuumlr die noumltigen Absprachen und den erforderlichen Austausch aber auch fuumlr die umfassende Begleitung der Entwicklungsprozesse der Kin-der und fuumlr Elterngespraumlche Oft fuumlhlen sie sich deshalb nicht mehr als voll-wertiges Teammitglied nicht zuletzt auch wegen der eingeschraumlnkten Parti-zipationsmoumlglichkeiten Um die Funktionsfaumlhigkeit der Teams fuumlr alle Betei-ligten zu sichern ist es darum wichtig Kommunikationsstrukturen fuumlr die Teams durch entsprechende zeitliche Ressourcen zu schaffen und Regelun-gen zu finden die sowohl den Belangen der einzelnen Mitarbeiterinnen als auch des Gesamtteams gerecht werden Daruumlber hinaus bedarf es Regelun-gen des Traumlgers die Moumlglichkeiten und Grenzen von Teilzeitarbeit definie-ren und hier konkrete Vorgaben zur Orientierung geben

Bei den am Projekt beteiligten Traumlgern in Thuumlringen wird Teilzeitarbeit in der Kindertageseinrichtung nach den Befragungsergebnissen zu urteilen anders bewertet Hier ist sie weitgehend etabliert und wird akzeptiert wurde das Instrument der Arbeitszeitreduktion doch in den 1990er Jahren zunaumlchst eingesetzt um Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu vermeiden Seither stellt Teilzeitarbeit in diesem Bundesland quasi das Standard-Angebot der Traumlger an ihre Fachkraumlfte in der Kita dar Allerdings handelt es sich dort ganz uumlber-wiegend nicht um die klassische Halbtagsstelle sondern um vollzeitnahe Be-schaumlftigung auf der Basis von Sockelarbeitsvertraumlgen mit 30 oder 32 Wochen-stunden

Aus der Sicht der befragten Personalverantwortlichen dort sind diese Re-gelungen mit vielen Vorteilen fuumlr den Betreuungsbetrieb verbunden Einer-seits verbessert sich die Personalsituation in der Einrichtung weil die Arbeit auf mehr Mitarbeiterinnen verteilt wird auch kurzfristige Personalausfaumllle koumlnnen durch die bessere Besetzung gut aufgefangen werden Daneben er-gibt sich durch den Einsatz des Instruments die Moumlglichkeit auf die unter-jaumlhrigen Schwankungen im Betreuungs- und damit Personalbedarf einer Kindertageseinrichtung zu reagieren Im Sinne einer Flexibilitaumltsreserve koumln-nen sowohl die saisonalen Schwankungen im Betreuungsbedarf (kontinuier-licher Anstieg der betreuten Kinder im Verlauf des Kindergartenjahres bis zum naumlchsten Einschulungstermin) bzw in der Personaldecke (Erkrankun-gen Schwangerschaften Elternzeiten Fortbildungen) ausgeglichen werden Auf der Basis eines zusaumltzlich zum Teilzeitvertrag vereinbarten flexiblen Stundendeputats oder mithilfe einer bdquoAnordnung von Mehrarbeitldquo wird dazu je nach Arbeitsanfall und Personalsituation in der Kita die Wochen-arbeitszeit von Mitarbeiterinnen hoch- und spaumlter wieder zuruumlckgefahren Die Sockelarbeitszeitmodelle fuumlhren somit zu mehr personeller Stabilitaumlt

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

und Kontinuitaumlt in den Teams und letztlich auch zu mehr Beschaumlftigungs- und Planungssicherheit fuumlr den Traumlger Fuumlr die Beschaumlftigten bieten sie einer-seits den Vorteil dass die als belastend empfundene Personalknappheit bei kurzzeitigem Betreuungsmehrbedarf oder durch unvorhergesehene Perso-nalausfaumllle reduziert wird ohne dass fuumlr diese begrenzten Zeitraumlume neue Mitarbeiterinnen befristet eingestellt und eingearbeitet werden muumlssten Andererseits sind diese Konzepte mit Schwankungen im Einkommen und der persoumlnlich verfuumlgbaren Zeit verbunden

Teilzeitarbeit ist im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch in der Weise zu organisieren dass sie nicht zu einer Diskriminierung der Teil-zeitarbeitenden im Hinblick auf Einsatz- und Aufstiegsmoumlglichkeiten fuumlhrt Mit Blick auf die vor der Familienphase bereits ausgefuumlllten Positionen faumlllt im Rahmen der Ergebnisse der Beschaumlftigtenbefragung insbesondere bei den Erzieherinnen aus Nordrhein-Westfalen auf dass ihre Ruumlckkehr in den Beruf mehrheitlich mit einem Abstieg verbunden war Uumlberwiegend sind sie nun lediglich als Ergaumlnzungs- bzw Zweitkraft beschaumlftigt obwohl sie zuvor min-destens die Gruppenleitungs- manche sogar (stellvertretende) Leitungsfunk-tionen innehatten Dieser Ruumlckschritt erfolgte z T auf eigenen Wunsch weil sie sich aufgrund ihrer familiaumlren Situation den damit verbundenen zeitli-chen Flexibilitaumltserfordernissen nicht gewachsen sahen Grundsaumltzlich ist bei den Teilzeitkraumlften die eigene Kinder zu versorgen haben aber durchaus eine Karriereorientierung (Aufstieg oder Spezialisierung) festzustellen Auf-grund der damit verbundenen Vollzeitarbeit und notwendigen Weiterbil-dung wird jedoch auch diese Perspektive von mehreren zunaumlchst im Interes-se der eigenen Familie zuruumlckgestellt Teilzeitarbeit in der Kita wirkt damit zusaumltzlich zu einem bereits erfolgten Ruumlckschritt beim Wiedereinstieg auch mittel- bis langfristig als Karrierebremse ndash auf nun niedrigerer Position

Vor dem Hintergrund der Projektergebnisse kann Teilzeitarbeit in der Kita gelingen wenn zunaumlchst eine systematische Auseinandersetzung mit ih-ren Wirkungen fuumlr den Kinderbetreuungsbetrieb und damit eine umfassen-de Reflexion uumlber den bisherigen Einsatz des Instruments erfolgt bei der die eigenen Praxiserfahrungen zusammengetragen und bewertet werden Auf dieser Basis koumlnnen grundsaumltzliche Entscheidungen zur Gestaltung getroffen werden Dies kann als Aufgabe gezielten Personalmanagements aber auch als Dienstvereinbarung in Kooperation mit Personalraumlten und Mitarbeiter-vertretungen erfolgen (vgl DGB-Bundesvorstand 2014 Buumlntgen 2013) Be-standteile eines solchen Teilzeitkonzepts sind neben Gestaltungsoptionen zunaumlchst auch Ziele und Motive fuumlr seinen Einsatz Letztlich gilt es dem Rechtsanspruch auf Teilzeit gerecht zu werden und dabei die mit dem Instru-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

ment verbundenen Chancen zu nutzen sowie moumlgliche Nachteile zu vermei-den

Grundsaumltzliche Aufgabe eines solchen Personalkonzepts ist es fuumlr einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und gleichzeitig die unterschiedlichen Inter-essen aller Beteiligten in eine Balance zu bringen Dazu gilt es zunaumlchst den erforderlichen Handlungsrahmen aus Sicht des Traumlgers zu definieren und im Interesse der betrieblichen Belange zu begrenzen Dabei ist zu beruumlcksichti-gen dass sich letztlich stets das Beduumlrfnis nach Kontinuitaumlt und Stabilitaumlt fuumlr Betriebe und Mitarbeiterinnen einerseits und die im betrieblichen und priva-ten Alltag notwendige Flexibilitaumlt andererseits gegenuumlberstehen Weitere zen-trale Elemente eines solchen Konzepts koumlnnen beispielsweise folgende sein ndash Wochenarbeitszeitmodelledefinieren Fuumlr die Verteilung der Arbeitszeit auf

die Wochentage koumlnnen unterschiedliche Modelle angeboten werden die den unterschiedlichen Interessen der Mitarbeiterinnen entsprechen wie z B Zweieinhalb- Vier-Tage- oder Fuumlnf-Tage-Woche (halbtags) etc Auch kleine Teilzeiten finden sich in der Praxis etwa als Minijobs fuumlr El-ternzeitlerinnen (6ndash8 Stunden) fuumlr gezielte Aufgaben (Springer Vertre-tung individuelle Foumlrderung oder Aumlhnliches)

ndash RegelungenfuumlreinebdquogerechteldquoVerteilungvonTeilzeitstellenuumlberdieEinrich-tungen Verschiedene Formen von Teilzeitarbeit (z B klassische Vormit-tagsstellen) sollten nach nachvollziehbaren Kriterien auf die Einrichtun-gen verteilt sein damit sie mit dem Kinderbetreuungsbetrieb vertraumlglich sind ndash eine Maszlignahme uumlbrigens die bereits haumlufig Anwendung findet z B indem nur begrenzte Anzahlen von klassischen Vormittagsstellen pro Kita oder nur eine Stellenteilung pro Gruppe vorgesehen werden

ndash Flexibilitaumltserwartungen des Traumlgers transparent machen und im Gegenzug Verlaumlsslichkeit und Planbarkeit zusichern Auch Teilzeitkraumlfte identifizieren sich mit dem was sie tun und tun moumlchten um als vollwertiger Mitar-beiterin wahrgenommen zu werden Sie uumlbernehmen gerne bestimmte Aufgaben ndash etwa saisonale Mehrarbeit oder auszligerplanmaumlszligige Arbeiten ndash wenn sie eigenverantwortlich planbar sind und ins persoumlnliche Zeitraster eingepasst werden koumlnnen

ndash Arbeitsplatzbeschreibungen fuumlr die verschiedenen Teilzeitmodelle entwickeln Weniger Bezugskinder und weniger Dokumentationspflichten sind die bislang einzigen uumlblichen Maszlignahmen zur Entlastung von Teilzeitkraumlf-ten Sinnvoller erscheint es anhand einer Arbeitsanfall-Analyse das ge-samte Arbeitspensum in der Kita zu definieren und daraus Arbeitsplatz-beschreibungen unter Beruumlcksichtigung der Teilzeitstellen abzuleiten (vgl Abschnitt 432)

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash Partizipation und Austausch durch geeignete Maszlignahmen ermoumlglichen Zeit-liche Ressourcen fuumlr die notwendige Abstimmung im Team koumlnnen z B durch ein Uumlbergabe-Management oder durch mehr Verfuumlgungszeit fuumlr Teilzeitkraumlfte geschaffen werden (vgl LSJV 2005)

ndash BeruflicheFortbildungvonTeilzeitkraumlftenfoumlrdernErwerbstaumltige Muumltter stel-len ihre eigenen beruflichen Interessen oft zugunsten ihrer eigenen Kin-der zuruumlck was mittel- und langfristig mit negativen Folgen fuumlr die eige-ne Motivation die Qualitaumlt und die Identifikation mit der Arbeit (und damit fuumlr den gesamten Betrieb) verbunden sein kann Im Sinne der In-tention von Teilzeitarbeit als Instrument der Personalbindung wirkt die-se Haltung darum eher kontraproduktiv Die Foumlrderung der beruflichen Fortentwicklung fuumlr Teilzeitkraumlfte kann in Form von Fachkarrieren etwa im Sinne einer Spezialisierung oder durch die Entwicklung von Zusatz-kompetenzen erfolgen (vgl Abschnitt 413)

ndash Modelle fuumlr Leitung in Teilzeit entwickeln Weibliche Fuumlhrungskraumlfte ndash in der Wirtschaft insgesamt immer noch wenig verbreitet ndash sind ein beson-deres Kennzeichen von Kitas Zu selten noch wird die Uumlbernahme der Leitungsposition jedoch in Teilzeit gedacht Geeignete Leitungsmodel-le ndash fuumlr groszlige Einrichtungen auch fuumlr die Stellvertreter-Position ndash lassen sich entwickeln z B als Jobsharing-Modelle als vollzeitnahe Varianten oder als Phasen-Modelle (Vollzeitphase uumlber mehrere Monate im Wech-sel mit Teilzeitphasen vgl BMFSFJ 2008 27 ff)Diese grundsaumltzlichen Uumlberlegungen lassen sich am Praxisbeispiel des

Teilzeitkonzeptes des Jugendamtes Duumlsseldorf veranschaulichen

Teilzeitkonzept als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo (Jugendamt Duumlsseldorf 2011a)

Bestandteil eines Konzeptes zur bdquoChancengleichheit im Jugendamtldquo der Stadt Duumlsseldorf ist ein Teilzeitkonzept im Rahmen verschiede-ner Maszlignahmen zur bdquoVereinbarkeit von Beruf und Familieldquo Die bdquoEmpfehlungen zur Teilzeit im Jugendamtldquo verfolgen das Ziel einen ordnenden Rahmen zu schaffen Hiermit soll eine Balance zwischen den betrieblichen Interessen einerseits und andererseits den Wuumln-schen der voll- und teilzeitbeschaumlftigten Mitarbeiterinnen hergestellt werden Die angestrebte Uumlberschaubarkeit wird mithilfe von vier Zeitfenstern (vgl Abbildung 6) und einer Anzahl von organisatori-schen Angaben und Regelungen hergestellt

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Mithilfe der Zeitfenster wird einerseits zwischen horizontaler und vertikaler Teilzeit unterschieden Nach Absprachen und unter Be-ruumlcksichtigung betrieblicher Erfordernisse ist eine taumlglich stattfinden-de Arbeitszeitreduzierung im Rahmen der unterschiedlich vertrag-lich vereinbarten Wochenarbeitszeit in Form von Teilzeit bdquoklassischldquo und bdquopurldquo ebenso moumlglich wie die Umsetzung an einzelnen Wochen-tagen in Form der bdquokurzen Wocheldquo und bdquoTeilzeit plusldquo

Die Moumlglichkeit zur weitgehend individuellen Handhabung und Umsetzung der Zeitfenster fuumlhrt dazu dass ca 80 verschiedene Teil-zeitvarianten umgesetzt werden Zudem erweist sich die bdquokurze Teil-zeitldquo bei der die Wochenarbeitszeit auch unter 10 Stunden liegen kann als sinnvoll da hiermit bestimmte Aufgabenbereiche z B spe-zielle Angebote in der Kita durch Erzieherinnen in der Elternzeit ab-gedeckt werden die ihnen die Moumlglichkeit zur Erwerbsarbeit bieten und sich zudem foumlrderlich auf den Wiedereinstieg auswirken

Abbildung 6

Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell

Quelle Jugendamt Duumlsseldorf 2011a

Kurze Woche19ndash21 Std

3 Tage

24ndash30 Std

3ndash5 Tage

Kurze Teilzeit (fuumlr Mitarbeiterinnen) Spezialaufgaben auch unter 10 Std Wochenarbeitszeit

19ndash21 Std

5 Tage

12ndash15 Std

2ndash3 TageTeilzeit plus

Teilzeit klassisch

Teilzeit pur

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Eine weitere Orientierung und ebenso Verbindlichkeit zum Um-gang mit Teilzeit wird durch unterschiedliche Regelungen erzielt Zu den grundsaumltzlichen Regelungen gehoumlren z B Stellenbeschreibun-gen die Einbindung in die Kommunikationsstruktur der Einrich-tung Service- und Oumlffnungszeiten Nichtbestehen eines Anspruchs auf ausschlieszligliche Taumltigkeit am Vormittag und die Notwendigkeit zum Vorhandensein der Bereitschaft zu wechselnden Dienstzeiten

Regelungen zu Teilzeit in Leitungsfunktion verweisen auf die grundsaumltzliche Teilbarkeit aller Fuumlhrungspositionen

Abteilungsspezifische Regelungen nehmen zudem Bezug auf die Anforderungen der unterschiedlichen Abteilungen und Arbeitsge-biete Fuumlr die Abteilung Kindertageseinrichtungen beziehen sich die-se z B auf ndash Moumlglichkeit zur Realisierung des Teilzeitwunsches in einer ande-

ren Kita ndash keine Reduzierung des Stundenbudgets der Einrichtung durch

Teilzeit ndash zeitnahe Besetzung von Reststunden die bei der Realisierung

eines Teilzeitwunschs nicht mehr abgedeckt sind ndash maximale Erhoumlhung der Anzahl der Mitarbeiterinnen einer

Gruppe durch eine Person ndash Vorgabe zur Zahl der Teilzeitkraumlfte in einer Einrichtung die

nicht houmlher sein soll als die der Vollzeitkraumlfte ndash Grenzen von Teilzeit z B Ausschluss der Gruppenleitung einer

Familiengruppe mit vielen unter Dreijaumlhrigen ndash Bereitstellung von 05 Stunden woumlchentlich pro geteilter Vollzeit-

stelle zur Durchfuumlhrung von Besprechungen ndash Anleitung von Praktikantinnen nur durch Vollzeitkraumlfte

Nach einer zweijaumlhrigen Pilotphase mit Zustimmung des Personal-rates wurde die Umsetzung des Teilzeitprojektes 2011 entschieden Zur Sensibilisierung der Leitungskraumlfte erfolgte uumlber mehrere Jahre eine Leitungsschulung zur Dienstplangestaltung Eine Clearingstel - le wurde zur Unterstuumltzung und Loumlsung strittiger Faumllle eingerichtet die eingeschaltet werden kann wenn sich keine einvernehmlichen Loumlsungen finden lassen (vgl Jugendamt Duumlsseldorf 2011b)

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

432 Zeitmanagement und Dienstplangestaltung

Beim Management und im Umgang mit den vorhandenen Zeitressourcen wird es zunehmend wichtiger Zeitspielraumlume zu finden und die Personal-einsatzplanung so zu gestalten dass Kontinuitaumlt und Verlaumlsslichkeit fuumlr die Bildungsprozesse der Kinder und gleichzeitig ein moumlglichst groszliges Maszlig an Flexibilitaumlt fuumlr die Ablaumlufe in der Einrichtung gewaumlhrleistet werden Im Fol-genden geht es um die Anforderungen an einen Dienstplan der sich bei der Personaleinsatzplanung an den Aufgaben der Kindertageseinrichtung orien-tiert und gleichzeitig Flexibilitaumlt fuumlr die Fachkraumlfte zulaumlsst (vgl im Folgenden Klaudy 2015)

Flexible Arbeitszeitkonzepte wie sie bereits seit laumlngerem in vielen an-deren Branchen erfolgreich praktiziert werden verfolgen grundsaumltzlich das Ziel die individuelle Arbeitszeit von der Betriebszeit abzukoppeln um somit zu einer besseren Auslastung der Zeit- bzw Betriebskapazitaumlten zu gelangen (vgl Olfert 2010 197 ff) Bei Beschaumlftigten tragen sie dazu bei unterschiedli-che Vereinbarkeitsbedarfe die sich im Lebensverlauf ergeben koumlnnen reali-sieren zu koumlnnen und somit uumlber mehr Zeitsouveraumlnitaumlt verfuumlgen zu koumlnnen (vgl Hoffmann 2015 25 f) Den Arbeitgeber kann eine Flexibilisierung da-bei unterstuumltzen neben der Orientierung an vorhersehbaren laumlngerfristigen Bedarfen auch unvorhersehbare Schwankungen und kurzfristige Bedarfs-aumlnderungen auffangen zu koumlnnen Das Instrument bdquoArbeitszeitkontoldquo kann eine solche Flexibilisierung von Arbeitszeiten unterstuumltzen (vgl Kirschten 2014 216 f) Die Zeitbewirtschaftung flexibler Gestaltungsformen von Ar-beitszeit z B Teilzeit gleitende Arbeitszeit Vertrauensarbeitszeit und Lang-zeitmodelle (z B Jahresarbeitszeit) erfolgt dabei uumlber die Erfassung von Ab-weichungen in Form von Mehrarbeitsstunden (transitorische Uumlberstunden) die durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden (vgl Zapf 2012 10) Derar-tige Arbeitszeitmodelle eroumlffnen erweiterte Moumlglichkeiten fuumlr die flexible und bedarfsorientierte Gestaltung von Dienst- und Schichtplaumlnen Entschei-dend dabei ist dass bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen ein Gleich-gewicht gefunden wird zwischen den Flexibilitaumltsbedarfen die sich aus den Aufgaben im jeweiligen Arbeitsfeld ergeben und den Beduumlrfnissen der Be-schaumlftigen nach Verlaumlsslichkeit und Work-Life-Balance Dann kann eine soge-nannte Win-Win-Situation also ein fuumlr alle Beteiligten zufriedenstellender Ausgleich der Interessen beim Umgang mit Zeitressourcen entstehen

Im Alltag vieler Kindertageseinrichtungen zeigt sich dass es immer wie-der zu personellen Engpaumlssen kommt und ein Wechsel zwischen Zeiten statt-findet zu denen im Vergleich zur Anwesenheit der Kinder relativ viele Fach-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

kraumlfte anwesend sind und solchen Zeiten in denen es zu wenige sind Wie die Interviews gezeigt haben (vgl Abschnitt 322) stellen diese immer wie-der auftretenden Belastungsspitzen einen wesentlichen Stressfaktor dar Um eine gute Bildungsqualitaumlt fuumlr die Kinder und eine gute Work-Life-Balance fuumlr die Fachkraumlfte zu gewaumlhrleisten liegt die besondere Anforderung fuumlr die Personaleinsatzplanung darin hier eine moumlglichst gute Passung von Aufga-ben und Personal mit der Anzahl der anwesenden Kinder herzustellen und somit zu einer optimalen Nutzung der zur Verfuumlgung stehenden Zeitressour-cen beizutragen

Angesichts dieser Problemwahrnehmung wird bei vielen der befragten Traumlger versucht die Teams durch geeignete Maszlignahmen zu unterstuumltzen Haumlu figer eingesetzte Instrumente zum Umgang mit Personal(bedarfs)-schwan kungen sind z B Springerpools die bei Kurzzeit-Erkrankungen oder bis zur Einstellung einer Vertretung genutzt werden Da viele Traumlger in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht haben dass es unterjaumlhrig schwierig ist qualifiziertes Personal zu gewinnen legen einige Personalverantwortli -che einen Bewerberpool an auf den sie kurzfristig zugreifen koumlnnen um Personalausfaumllle moumlglichst sofort auffangen zu koumlnnen Bei einigen anderen Traumlgern werden zu Beginn des Kindergartenjahres Mitarbeiterinnen bdquoauf Vorratldquo eingestellt um Ausfaumllle und Schwankungen im Bedarf im Laufe des Jahres intern ausgleichen zu koumlnnen

Wenngleich flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitkonten in der Kita bis-lang keine uumlblichen Instrumente sind zeigte sich jedoch in den Leitungs-interviews aber auch in einigen Gespraumlchen mit Personalverantwortlichen dass sich in der betrieblichen Praxis bereits viele unterschiedliche Ansaumltze ndash z T in einer Erprobungsphase ndash finden allerdings auch mit unterschiedli-chem Erfolg Im Rahmen der Beschaumlftigtenbefragung berichteten einige Erzieherinnen in der Familienphase dass sie flexible Arbeitszeiten und eine flexible Arbeitsorganisation nutzen und als gute Unterstuumltzung empfinden (vgl auch BMFSFJ 2010 6 ff) Eine Mitarbeiterin beschrieb sehr positiv ein Monats- und Schichtarbeitszeitmodell mit Zielvorgaben mit vier bis fuumlnf Mitarbeiterinnen in der Gruppe die alle mit ihren Zeiten flexibel umge -hen koumlnnen So sei es moumlglich die zeitlichen Anforderungen der Kita mit den Anforderungen der eigenen Familie in eine Balance zu bringen Auch ein Jahresarbeitszeitmodell sorge fuumlr eine bdquofast reibungslose Vereinbarkeitldquo

In Kindertageseinrichtungen erfolgt die Personaleinsatzplanung mithilfe des Dienstplanes Dieser hat zunaumlchst die Funktion die Taumltigkeit der Fach-kraumlfte so zu koordinieren dass fuumlr alle erforderlichen Aufgaben zu jedem Zeitpunkt die notwendige Mindestanzahl an paumldagogischen Fachkraumlften zum

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Einsatz kommt dass also weder eine Unter- noch eine Uumlberbesetzung erfolgt Daruumlber hinaus soll er durch seine schriftliche Fixierung eine vorausschauen-de Wirkung herstellen die wichtig fuumlr die weiteren Planungstaumltigkeiten von Leitung und paumldagogischen Fachkraumlften ist Die Ausgangsbasis des Dienst-planes stellt die Fachkraft-Kind-Relation dar die entsprechend des Alters und der Anwesenheit der Kinder in den Landesausfuumlhrungsgesetzen der Bundes-laumlnder unterschiedlich ausfaumlllt (vgl Viernickel et al 2013 21 ff)

Wenn alle Fachkraumlfte anwesend sind ergeben sich bei Einhaltung des vorgeschriebenen Personalschluumlssels keine erhoumlhten Anforderungen Proble-me stellen sich dann ein wenn bei der Erfassung der Fachkraft-Kind-Relation die anteiligen Fehl- oder Ausfallzeiten der Fachkraumlfte fuumlr Urlaub Krankheit Fortbildungstage etc nicht ausreichend Beruumlcksichtigung finden Dies kann anhand einer Netto-Arbeitszeitberechnung verdeutlicht werden Unter der Netto-Arbeitszeit wird die tatsaumlchlich real anfallende Arbeitszeit verstanden d h aus den Brutto-Arbeitszeiten werden die bdquoAusfallzeitenldquo der Mitarbei-terinnen fuumlr die Arbeitszeit mit dem Kind herausgerechnet Hierbei wird von einer Jahresarbeitszeit von 50 Arbeitswochen ausgegangen da fuumlr die ge-setzlichen Feiertage im Durchschnitt zwei Wochen von den 52 Wochen ab-zurechnen sind Von diesen 50 Wochen sind im Durchschnitt etwa 10 Wo-chen abzuziehen in denen die Beschaumlftigten nicht zur Verfuumlgung stehen ndash etwa sechs Wochen fuumlr Urlaub zwei Wochen fuumlr Krankheit eine Woche fuumlr Fortbildung eine Woche fuumlr Mehrstundenausgleich Statt 50 Arbeitswochen betraumlgt die reale jaumlhrliche Arbeitszeit also nur 40 Arbeitswochen ndash 20 Prozent der Jahresarbeitszeit sind somit bei der Planung von vornherein abzuziehen Diese Zahl multipliziert sich mit der Anzahl der Fachkraumlfte und fuumlhrt dazu dass rein rechnerisch bei fuumlnf Fachkraumlften (mit insgesamt 50 Wochen Ar-beitsausfall) davon auszugehen ist dass immer eine Fachkraft fehlt

Wie jede planbare und anspruchsvolle Arbeit erfordert auch die qualitaumlts-orientierte Bildungsarbeit eine angemessene Zeit fuumlr eine sorgfaumlltige Vor- und Nachbereitung Waumlhrend die Fachkraft-Kind-Relation die Betreuungssitua-tion fuumlr die unmittelbare paumldagogische Arbeit mit den Kindern beschreibt beruumlcksichtigt der Personalschluumlssel daruumlber hinaus auch die mittelbare also paumldagogische Arbeitszeit ohne direkten Kontakt mit den Kindern (vgl Viernickel et al 2013 32 ff) Mittelbare Arbeitszeiten dienen der Vor- und Nachbereitung von Taumltigkeiten einer paumldagogischen Fachkraft die zur um-fassenden Erfuumlllung des Bildungs- Erziehungs- und Betreuungsauftrages von Kindertageseinrichtungen notwendig sind Dazu gehoumlren Zeiten fuumlr ndash die Beobachtung und Dokumentation der Entwicklungsverlaumlufe und der

Sprachentwicklung von Kindern

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

ndash die Festlegung und Erarbeitung des individuellen Foumlrderbedarfs einzel-ner Kinder

ndash die Taumltigkeiten im Sinne der Qualitaumltsentwicklung und -sicherung z B Qualitaumltsmanagement und Konzeptionsarbeit

ndash die Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten Elternbeirat Trauml-ger Schulen und Einrichtungen der Familienbildung etc

ndash die Anleitung von Praktikantinnen Zusammenarbeit mit den Fach-schulen

ndash den Austausch mit Fachdiensten wie z B Logopaumldinnen Ergothera-peutinnen und Heilpaumldagoginnen

ndash die Dienstbesprechungen ndash die Fachliteratur und Medienvorbereitung und nicht zuletzt ndash Reflexion Besprechung und Auswertung gezielter kollegialer (Team-)Be-

ratungen Supervision sowie den fachlichen kollegialen Austausch

Der Anteil der mittelbaren Arbeitszeit von der Gesamtarbeitszeit einer Fach-kraft ist in den Bundeslaumlndern unterschiedlich geregelt und wird z B in pro-zentualen Anteilen oder Stunden vorgegeben (vgl Statistisches Bundesamt 2014) Wenn 10 Prozent der Arbeitszeit einer Fachkraft wie beispielsweise fuumlr Nordrhein-Westfalen geregelt fuumlr die mittelbare Arbeitszeit eingeplant werden ergibt sich zusammen mit einer Ausfallzeit von 20 Prozent eine reale Arbeitszeit mit den Kindern im Umfang von nur 70 Prozent Ein Dienst-plan der die Ausfallzeiten und mittelbaren Arbeitszeiten nicht beruumlck-sichtigt uumlberschaumltzt somit die Zeitpotenziale der Fachkraumlfte Immer wieder-kehrende Personalengpaumlsse die Zeiten der Uumlber- und Unterbelastung bei den Fachkraumlften hervorrufen sind das unausweichliche Resultat

Neben der real zur Verfuumlgung stehenden Arbeitszeit ist fuumlr einen optima-len Personaleinsatzplan die genaue Kenntnis uumlber den tatsaumlchlich erforderli-chen Betreuungsbedarf (Laumlnge der Oumlffnungszeiten und anwesende Kinder) notwendig Die Bewertung setzt eine Analyse des Ist-Zustandes voraus um hier eine Abstimmung der Anwesenheit der Kinder mit dem Personaleinsatz vorzunehmen Durch eine Nutzerfrequenzanalyse werden die Bring- und Ab-holzeiten der Kinder mit dem Ziel dokumentiert verlaumlssliche Angaben daruuml-ber zu erhalten an welchen Tagen und zu welchen Zeiten wie viele Kinder anwesend sind Die Nutzerfrequenzanalyse verfolgt das Ziel ndash die Oumlffnungszeitbedarfe besser einschaumltzen zu koumlnnen ndash Zeit- bzw Qualitaumltsreserven zu ermitteln und ndash Verbesserungshinweise zu Oumlffnungszeiten und Arbeitsorganisation zu er-

halten

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Nach der Auswertung liegen als Ergebnis genaue Angaben zum Verhaumlltnis von Gruppenstaumlrke und Personaleinsatz vor Die zeitlichen Verlaumlufe und Gruppenzusammensetzungen werden exakt abgebildet so dass sie fuumlr eine Uumlberpruumlfung oder Optimierung zur Gestaltung der an den konkreten Bedarf angelehnten Oumlffnungszeiten sowie fuumlr eine bedarfsgerechte Personaleinsatz-planung genutzt werden koumlnnen Da sich die familiaumlren Bedarfe hinsichtlich der Betreuungszeiten aumlndern koumlnnen empfiehlt es sich das Verfahren in re-gelmaumlszligigen Abstaumlnden zu wiederholen

Neben der Anwesenheit der Kinder bilden die Aufgaben den Rahmen fuumlr die Gestaltung des Dienstplans In vielen Kindertageseinrichtungen erfolgt die Arbeitsorganisation anhand der zur Verfuumlgung stehenden Personenzahl Die Orientierung an den Aufgaben zielt demgegenuumlber auf einen bedarfsori-entierten Personaleinsatz ab wobei die zu erfuumlllenden Aufgaben und deren zeitlicher Erfuumlllungsbedarf ermittelt und ins Verhaumlltnis zueinander gebracht werden muumlssen Dazu werden alle regelmaumlszligigen und einmal zu verrichten-den Taumltigkeiten neben den Betreuungszeiten (mit festgeschriebenem Perso-nal-Kind-Schluumlssel) in Form einer Bestandsaufnahme gesammelt und einer kritischen Pruumlfung unterzogen Die Aufgaben werden hinsichtlich ihrer Not-wendigkeit und ihres Zeitaufwandes bewertet Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnen unter anderem folgende Fragen geklaumlrt und im Team neu und ver-bindlich geregelt werden ndash Zu welcher Zeit muumlssen welche Taumltigkeit verrichtet werden die z B der

Vorbereitung von Tagesroutinen wie Oumlffnung und Schlieszligung der Grup-pen oder Einrichtung Vorbereitung von Mahlzeiten etc dienen

ndash Wie wichtig sind die unterschiedlichen Aufgaben Welche Prioritaumlt ha-ben sie

ndash Wer verrichtet welche Taumltigkeiten wo wann und in welcher Zeit

Durch eine kritische Betrachtung dieser Art koumlnnen bdquoliebgewonnene Ge-wohnheitenldquo identifiziert und auf ihre Sinnhaftigkeit hin hinterfragt wer -den So koumlnnen bdquoZeitfresserldquo ebenso gefunden werden wie Taumltigkeiten und Situationen die zu bestimmten Zeiten den Einsatz von mehr Personal erfor-dern Demgegenuumlber stehen aber auch solche Taumltigkeiten und Situationen die zwar Zeit beanspruchen dafuumlr aber das gute Arbeitsklima staumlrken und den Teamzusammenhalt foumlrdern und fuumlr die deshalb zeitliche Ressourcen be reitgestellt werden sollten Die Ergebnisse einer solchen Analyse koumlnnen auch dazu dienen dass bestimmten Diensten auch bestimmte Aufgaben zu-geschrieben werden Am Beispiel des Fruumlhdienstes koumlnnte so geklaumlrt wer -den welche Taumltigkeiten in der Zeit von Oumlffnung der Kita bis zum Eintreffen

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

des naumlchsten Dienstes zu verrichten sind und wie sich die Aufgaben auftei -len

Besonders in bdquooffenldquo und bdquoteiloffenldquo arbeitenden Kindertageseinrichtun-gen erfolgt eine gemeinsame Orientierung der Mitarbeiterinnen auf alle Kinder Fachkraumlfte in Einrichtungen die nach dem bdquoGruppenprinzipldquo arbei-ten haben nicht selten nur ihre Gruppe mit ihren Kindern im Blick Eine Flexibilisierung der Dienstplaumlne erfordert jedoch den Blick uumlber die Gruppe hinaus und die kritische Uumlberpruumlfung des teilweise noch vorherrschenden Prinzips in Kindertageseinrichtungen bdquoIch und du und unsere Kinderldquo Mehr Flexibilitaumlt wird moumlglich wenn sich mehrere Fachkraumlfte fuumlr mehrere Kinder verantwortlich fuumlhlen Daruumlber hinaus haben z B feste Zustaumlndigkeiten von vier Fachkraumlften fuumlr zwei Gruppen zur Folge dass Kinder auch das Personal aus der anderen Gruppe kennen wodurch eine Vertretung erleichtert wird Die Orientierung an den Aufgaben und Verlagerung von Zustaumlndigkeiten uumlber die Gruppengrenzen hinaus sind weitere wesentliche Voraussetzungen fuumlr die Umsetzung von flexiblen Arbeitszeiten

Moumlglichkeiten der Umsetzung bieten sich z B in der Form an dass die vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten uumlber einen laumlngeren Zeitraum von den tatsaumlchlich geleisteten Arbeitszeiten entkoppelt werden Dazu wird ein Arbeitszeitkorridor als Rahmen festgelegt der vorgibt in welchem Zeit-raum die abzuleistende Arbeitszeit erfuumlllt sein muss z B monatlich oder jaumlhrlich Die individuelle Arbeitszeit wird dann in Form von individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Die Fuumlhrung eines solchen Zeitkontos erfolgt durch die Fachkraumlfte selbst das Controlling durch die Leitung Der Einsatz dieses Instruments und die zusaumltzlich erforderlichen Regelungen werden grundsaumltzlich in Abstimmung mit dem Traumlger und der Personalvertretung vereinbart Ein Beispiel fuumlr eine solche dezentralisierte Dienstplangestaltung findet sich im Kasten

Das Monats-Arbeitszeitmodell im Reggio-Kinderhaus Gotha (Smudel 2015)

Das Reggio-Kinderhaus in Gotha ist eine kommunale Kita mit 200 Plaumltzen fuumlr ein- bis sechsjaumlhrige Kinder Jeweils zwei Gruppen mit insgesamt 36 Kindern bilden einen bdquoMini-Kindergartenldquo fuumlr den ein Klein-Team von Erzieherinnen zustaumlndig ist Dieses Klein-Team stimmt seine Dienstzeiten zunaumlchst intern und bei Bedarf auch grup-penuumlbergreifend ab die Kita-Leitung greift nur bei Unterstuumltzungs-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

bedarf ein Da das Klein-Team den besten Uumlberblick uumlber die Anwe-senheitszeiten bdquoseinerldquo Kinder hat kann unkompliziert auf Schwan-kungen in der Auslastung reagiert werden

Die geleistete Arbeitszeit wird in individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Ein Uumlber- bzw Unterschreiten der vereinbarten regelmaumlszligigen woumlchentlichen Arbeitszeit ist moumlglich wobei maximal 24 Stunden als Plus- oder Minusstunden in den Folgemonat uumlbernommen wer-den duumlrfen Bei houmlheren Stundenkontingenten (max 40 Stunden) ist die Zustimmung der Kita-Leitung erforderlich Bei einem entspre-chend hohen Arbeitszeitguthaben besteht die Moumlglichkeit einer stun-denweisen oder ganztaumlgigen Freistellung (fuumlr maximal drei freie Tage im Monat auch in Verbindung mit Urlaub) Im Vorgriff auf kuumlnftige Plusstunden koumlnnen ebenfalls maximal drei freie Tage genommen werden

Bei den Erzieherinnen setzt dieses Modell Flexibilitaumlt und Eigen-verantwortlichkeit und die Bereitschaft sowohl zur Mehrarbeit als auch zum Uumlberstundenabbau voraus Die Kita-Leitung wird durch die Dezentralisierung entlastet die Mitarbeiterinnen koumlnnen in Ab-stimmung mit dem Team private Belange beruumlcksichtigen

Ausgangspunkt fuumlr die Gesamtplanung sollte die reale Arbeitszeit fuumlr jeden Mitarbeiterin sein Nach erfolgter Aufgabenorientierung kann dann mit Be-ruumlcksichtigung der jeweiligen kinderfreien Arbeitszeiten zur Vor- und Nach-bereitung ein Basisdienstplan erstellt werden Die reale Umsetzung geschieht dezentral durch die Mitarbeiterinnen Abweichungen von der tatsaumlchlichen Arbeitszeit undoder Aufgabenerledigung durch dienstliche oder private Be-darfsaumlnderungen werden in den individuellen Arbeitszeitkonten erfasst Bei Bedarf kann im Abgleich mit privaten Zeiten eine woumlchentliche Mehrarbeit (Plus-Stunden) erfolgen oder bei weniger Arbeitsanfall koumlnnen bdquoReservezei-tenldquo (Minus-Stunden) entstehen von Zeiten also die zunaumlchst privat genutzt werden und erst spaumlter z B bei Personalengpaumlssen eingebracht werden Die individuell vereinbarte Wochenarbeitszeit bleibt davon unberuumlhrt und wird in dem vereinbarten Zeitkorridor erreicht In der Praxis von Kindertagesein-richtungen werden flexible Arbeitszeiten in unterschiedlichen Modellen ein-gesetzt ndash Kleine Loumlsungen durch bdquoDepotstundenldquo oder bdquoStundenkontingentmo-

delleldquo die meist im Umfang bis zu monatlichen 10 Plus- und 10 Minus-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stunden umgesetzt werden dienen der Personalsicherung bei unvorher-sehbarem Bedarf Elternabenden Aktionen etc um Mehrarbeitsstunden entgegenzuwirken

ndash Moumlglichkeiten der monatlichen Uumlbertragung von 25 Plus- und 25 Mi -nus-Stunden erfassen einen groumlszligeren Flexibilisierungsumfang fuumlr Mitar-beiterinnen und bilden eine houmlhere Zeitreserve bei Personalengpaumlssen ab

ndash Jahresarbeitszeitmodelle haben den Vorteil dass sie saisonale und jah-reszeitliche Personal(bedarfs)schwankungen die sich z B durch Ferien-zeiten Bruumlckentage sowie Eingewoumlhnung zu Beginn eines Kita-Jahres ergeben in der Personaleinsatzplanung beruumlcksichtigen koumlnnen

Bei der Umsetzung muss das Ausmaszlig der Entkopplung der woumlchentlichen Arbeitszeit vom vertraglich vereinbarten Volumen gepruumlft werden Je houmlher die Zeitanteile sind mit denen das vertraglich vereinbarte Volumen in einem Zeitraum unter- oder uumlberschritten werden kann desto kritischer muss ge-pruumlft werden wo die Flexibilitaumltsgrenzen im Hinblick auf die Work-Life- Balance der Beschaumlftigten liegen Je groumlszliger die Zeitraumlume geplant werden umso wichtiger wird das Zusammenspiel zwischen Traumlger und Personalver-tretung in Form der Erstellung einer Dienstvereinbarung zur rechtlichen Ab-sicherung der Arbeitszeitkonten Letzteres ist vor allem dann relevant wenn man sich fuumlr Loumlsungen entscheidet die uumlber mehrere Jahre reichen Ange-sichts dessen dass Schwankungen im Personalbedarf der Kitas vor allem im Verlauf eines Kita-Jahres auftreten duumlrften mehrjaumlhrige Loumlsungen jedoch in der Praxis von geringer Relevanz sein

Bei aller Flexibilisierung und Optimierung des Personaleinsatzes muss beruumlcksichtigt werden dass sich nicht immer alle Personalengpaumlsse durch flexible Dienstplaumlne beseitigen lassen Grundsaumltzlich sind bei personellen Ausfaumlllen zum einen die gesetzlich vorgegebenen Mindestbesetzungen zu beachten die sich am Wohl des Kindes orientieren zum anderen ist zu be-ruumlcksichtigen dass das vorhandene Personal nicht unzumutbar belastet wer-den darf Traumlger und Fuumlhrungskraumlfte tragen hier Verantwortung und sollten Notfallplaumlne bzw Leitfaumlden zum Umgang mit Personalengpaumlssen entwi-ckeln und bereitstellen die Angaben zur Vorbeugung und zur Bewaumlltigung des Personalnotstandes regeln Sie haben den Vorteil dass der Umgang mit unvorhergesehenen Personalausfaumlllen auch in Abwesenheit der Leitung und fuumlr alle verbindlich geregelt ist Alle notwendigen Maszlignahmen koumlnnen zu je-der Zeit schnell eingeleitet werden

Verbunden damit sollten die Organisation und der Einsatzzeitpunkt von

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

Vertretungskraumlften durch den Traumlger geregelt sein Gaumlngige Beispiele aus der Praxis zur Vorbeugung von Personalengpaumlssen sind ndash Aufstockung von Teilzeitvertraumlgen ndash Einrichtung eines Springer-Vertretungspools zur Aushilfe der z B aus

ehemaligen Beschaumlftigten oder Beschaumlftigten aus Nachbareinrichtungen besteht

ndash Kontaktpflege zu (spaumlteren) Berufsruumlckkehrerinnen waumlhrend der Fami-lienzeit

Daruumlber hinaus sind Regelungen sinnvoll die genau festlegen ab welchem Personalbestand in der Einrichtung z B Angebotsveraumlnderungen und Grup-penzusammenlegungen zu erfolgen haben

Die Einfuumlhrung von flexiblen Dienstplaumlnen verfolgt zum einen uumlber eine Bedarfsorientierung und Optimierung von Ablaumlufen das Ziel einer Effizienz- und Effektivitaumltssteigerung im Umgang mit den zur Verfuumlgung stehenden Zeitressourcen Gleichzeitig leisten sie einen groszligen Beitrag fuumlr das Ziel der Mitarbeiterorientierung koumlnnen sie doch grundsaumltzlich auch zu einer besse-ren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei den beschaumlftigten Erzieherinnen beitragen Die Erarbeitung und erfolgreiche Umsetzung eines sol -chen Modells koumlnnen jedoch nur dann gelingen wenn ein Konsens zwischen Traumlger und im Team hergestellt wird und die notwendigen Veraumlnderungen in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit allen Beteiligten erfolgen So traumlgt die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen in entscheidendem Maszlige zur Qualitaumlt der Dienstleistung bei und ihre Beteiligung erhoumlht die Bereit-schaft fuumlr Veraumlnderungsprozesse

433 Familienunterstuumltzende Maszlignahmen

Fuumlr die Mitarbeiterinnen die eigene Kinder versorgen oder eigene Angehouml-rige pflegen erweist es sich oft als sinnvoll und notwendig geeignete Maszlig-nahmen bereitzustellen und die Beschaumlftigten bei ihrem Bemuumlhen um eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und FamiliePflege zu unterstuumltzen So koumlnnen sie ndash im betrieblichen wie im eigenen beruflichen Interesse ndash ihren persoumlnlichen Handlungsspielraum erweitern (vgl DIHKBMFSFJ 2015 31 ff)

Zusaumltzlich zum Angebot an flexiblen Arbeitszeiten uumlbernehmen Unter-nehmen immer haumlufiger Beratungs- und Vermittlungsfunktionen ndash vielfach in Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Dienstleistern ndash oder halten ei-gene auf die spezifischen Beduumlrfnisse der eigenen Mitarbeiterinnen und des

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Unternehmens angepasste Betreuungsangebote vor Der Handlungsspielraum flexibler Arbeitszeitmodelle laumlsst sich von berufstaumltigen Muumlttern naumlmlich erst dann ausschoumlpfen wenn gleichzeitig bedarfsgerechte und flexible Kinder-betreuungsmoumlglichkeiten zur Verfuumlgung stehen (vgl Esch et al 2005 79 ff) ndash so wie es einige privat-gewerbliche Anbieter seit vielen Jahren sowohl fuumlr ihre Kundinnen als auch fuumlr ihre Beschaumlftigten erfolgreich praktizieren Im Bereich einer solchen unternehmensnahen Kinder tagesbetreuung fuumlr Be-schaumlftigte mit eigenen Kindern sind vor allem Ange bote der Notfallbetreu-ung betriebliche Kindertageseinrichtungen und die Nutzung von Belegplaumlt-zen in Kindertageseinrichtungen zu nennen (vgl dazu z B Kirschten 2014 222 ff)

Der Bedarf an solchen zusaumltzlichen Maszlignahmen auch bei Traumlgern von Kindertageseinrichtungen wurde im Projekt KONTI offenkundig Haumlufig wird von Beschaumlftigten Leitungen und Personalverantwortlichen daruumlber berichtet dass von den Teilzeit-Mitarbeiterinnen wegen der starren Oumlff-nungszeiten von Schule und Kita z B Fruumlh- oder Spaumltdienste nicht wahrge-nommen werden koumlnnen Auch Abend- und Wochenendveranstaltungen und die Ferienzeiten der eigenen Kinder sind ein typisches Problem Von den befragten Erzieherinnen wird darauf hingewiesen dass es fuumlr sie be-sonders wichtig sei dass die eigene Kinderbetreuung gut funktioniere nur dann sei der Kopf frei fuumlr die Arbeit Entsprechende Probleme werden als Belastung wahrgenommen Auch wird daruumlber berichtet dass die Erzieherinnen bei Erkrankung des eigenen Kindes oder bei regelmaumlszligigen Arzttermi-nen auf das Verstaumlndnis der Leitung angewiesen seien Besonders dankbar sind diese Mitarbeiterinnen wenn Kinderbetreuungsmoumlglichkeiten beim ei-genen Traumlger verfuumlgbar sind oder das Kind in besonderen Situationen auch schon mal in die eigene Einrichtung mitgenommen werden kann

Grundsaumltzlich unterscheiden sich damit die Anforderungen an die Ge-staltung derartiger Angebote fuumlr die beschaumlftigten Erzieherinnen nicht von denjenigen Anforderungen in anderen Branchen Traumlger von Kindertagesein-richtungen verfuumlgen jedoch aufgrund ihres eigenen Betreuungsangebotes im Vergleich uumlber einige zusaumltzliche Moumlglichkeiten um ihre Mitarbeiterinnen bei der Wahrnehmung ihrer familiaumlren Pflichten zu unterstuumltzen

Bei einigen der befragten Traumlger wird dieses zusaumltzliche Potenzial entspre-chend genutzt So stellen viele Traumlger ihren Mitarbeiterinnen Betreuungs-plaumltze fuumlr deren Kinder zur Verfuumlgung Um Rollenkonflikte zu verhindern geschieht dies vorzugsweise nicht in der Einrichtung in der die betroffenen Beschaumlftigten selbst arbeiten sondern in anderen Einrichtungen des Traumlgers Bei einigen anderen Traumlgern wird es den Mitarbeiterinnen ndash oft auf infor-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

mellem Weg ndash ermoumlglicht ihre eigenen Kinder in besonderen Situationen oder zu Randzeiten etwa zum Fruumlhdienst mit in die Einrichtung zu bringen

Daruumlber hinausgehende Angebote unternehmensnaher Kinderbetreuung auszligerhalb der klassischen Oumlffnungszeiten von Tageseinrichtung und Schule die auf die spezifischen Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Arbeits-zeiterfordernisse der Mitarbeiterinnen zugeschnitten sind (vgl DIHKBMFSFJ 2015 53 ff) finden sich jedoch bei Traumlgern von Kindertagesbe-treuung nur sehr selten obwohl gerade hier ein groszliger Bedarf zu sehen ist Wer lange Oumlffnungszeiten abdecken und im Schichtdienst arbeiten muss kann seine Kinder mit dem traditionellen Angebot nicht vollstaumlndig be-treuen lassen und benoumltigt hier zusaumltzliche Unterstuumltzung Im Rahmen des Projektes KONTI wurde jedoch nur bei einem (privaten) Traumlger eine Back-up-Betreuung vorgefunden Ein kommunaler Traumlger bietet in jedem Stadtteil eine Randzeitenbetreuung an die auch seinen eigenen Mitarbeiterinnen zur Verfuumlgung steht In beiden Faumlllen empfinden es die Befragten als groszlige Hilfe dass sie bei Bedarf darauf zugreifen koumlnnen Zielfuumlhrend ist es darum traumlgerspezifische Betreuungsangebote fuumlr die Kinder der eigenen Mitarbeiterinnen ndash dabei insbesondere auch fuumlr Schulkinder bis zu etwa zwoumllf oder vierzehn Jahren ndash zu entwickeln damit die als Erzieherinnen beschaumlftigten Muumltter keine Sonderbehandlung bei der Bewaumlltigung ihres Berufsalltags be-noumltigen (vgl IAQ 2011) mit Betreuungsmoumlglichkeiten zu Randzeiten am Wochenende und fuumlr die (Schul-)Ferienzeiten

Das Thema der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist (zurzeit noch) bdquoin der Praxis von geringer Relevanzldquo (KuumlmmerlingBaumlcker 2012 328) Das Bewusstsein fuumlr die Problematik ist zwar teilweise vorhanden aber es gibt bislang nur wenige spezifische Maszlignahmen die sich explizit auf die Unterstuumltzung bei diesem Vereinbarkeitsbedarf beziehen Dazu gehoumlren z B Be ratungs- und Informationsservices von Betrieben Reduzierung von Ar-beitszeiten und vor allem informelle Regelungen die Ruumlcksicht auf die Nichtvorhersehbarkeit von Pflegesituationen nehmen (vgl Kuumlmmerling Baumlcker 2012 327) Auch das bestaumltigte sich im Projekt KONTI Beispielswei-se werden von einzelnen der befragten Traumlger die neben der Kindertagesbe-treuung noch weitere soziale Dienstleistungen anbieten diese Potenziale auch fuumlr eigene Mitarbeiterinnen genutzt indem etwa traumlgereigene Pflege-dienstleistungen vermittelt werden

Ein weiterer der befragten privaten Traumlger hat sich darauf eingestellt dass Work-Life-Balance mit individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen und Problemlagen verbunden ist und die Angebote an familienunterstuumltzen-den Dienstleistungen dementsprechend vielfaumlltig sein muumlssen Er stellt des-

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

halb fuumlr seine Beschaumlftigten nicht nur sein komplettes Spektrum an flexiblen Angeboten der Kindertagesbetreuung bereit sondern hat daruumlber hinaus eine bdquoMitarbeiter-Agenturldquo gegruumlndet die Beratungs- und Unterstuumltzungsan-gebote fuumlr die Beschaumlftigten buumlndelt und individuelle Loumlsungen vermittelt

Die Mitarbeiter-Agentur als Ansprechpartner der Beschaumlftigten (KirsteinWaimann 2015)

Die Kinderhaus Rasselbande gGmbH hat sich zum Ziel gesetzt ihren Mitarbeiterinnen ganzheitlich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur Seite zu stehen Entstanden ist daraus die KIRA-Mitar-beiter-Agentur die zu allen Fragestellungen auf Wunsch anonym be-raumlt ganz konkret und individuell Loumlsungsstrategien entwickelt und bei der Umsetzung unterstuumltzt Alle Mitarbeiterinnen koumlnnen sich telefonisch oder per E-Mail an die KIRA-Ansprechpartnerinnen wen-den und ihre Anliegen vorbringen Auch die Vereinbarung von per-soumlnlichen Terminen zu denen auch betroffene Angehoumlrige mitge-bracht werden koumlnnen ist jederzeit moumlglich Die Fragestellungen die die Mitarbeiter-Agentur erreichen sind vielfaumlltig Im Folgenden ein paar Beispiele ndash Die Groszligmutter von Mitarbeiterin Kathrin S21 ist seit einigen

Jahren verwitwet und lebte bisher allein in ihrer Wohnung Der Gesundheitszustand der 87-jaumlhrigen Dame hat in den letzten Mo-naten stark nachgelassen so dass sie nicht mehr allein bleiben kann Kathrin S und ihre Familie moumlchten ihre Groszligmutter aber nicht in einem Pflegeheim unterbringen Die Mitarbeiter-Agen-tur unterstuumltzt Kathrin S bei der Beantragung einer Pflegestufe und recherchiert Unterstuumltzungsangebote am Wohnort der Groszlig-mutter Schlieszliglich gelingt es der Mitarbeiter-Agentur fuumlr die Groszligmutter eine Pflegekraft zu organisieren die in den Haushalt mit einzieht

ndash Mitarbeiter Ralf D und seine Frau haben vor ein paar Monaten Zwillinge bekommen und ihre aktuelle Wohnung platzt aus allen Naumlhten Sie wuumlrden gern eine groumlszligere Wohnung in einem an-deren Stadtteil mieten kommen aber nicht dazu sich darum zu

21 Alle Namen sind geaumlndert

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

kuumlmmern Die Mitarbeiter-Agentur trifft sich mit Familie D und nimmt die Wuumlnsche auf recherchiert Wohnungsangebote und legt sie der Familie vor Nachdem Ralf D und seine Frau die Fa-voriten ausgewaumlhlt haben vereinbart die Mitarbeiter-Agentur Be-sichtigungstermine fuumlr die Familie Die Betreuung der Zwillinge uumlbernimmt in der Zeit die Kinderhaus Rasselbande gGmbH

ndash Die Tochter von Mitarbeiterin Sonja D hat zunehmend Proble-me im Franzoumlsisch-Unterricht und benoumltigt Nachhilfe Da Sonja D mit klassischen Nachhilfe-Anbietern keine guten Erfahrungen gemacht hat wuumlnscht sie sich fuumlr ihre Tochter eine Einzelbetreu-ung zu Hause Die Mitarbeiter-Agentur macht Aushaumlnge an Uni-versitaumlten im naumlheren Umfeld sortiert Bewerbungen vor und fuumlhrt erste Gespraumlche mit den Bewerberinnen Schlieszliglich stellt sie Sonja D drei potenzielle Nachhilfelehrerinnen vor Frau D stellt eine junge Frau auf Minijob-Basis bei sich an und die Noten ihrer Tochter verbessern sich deutlich

ndash Der Vater von Mitarbeiter Joumlrn K ist ploumltzlich verstorben Seine Mutter kommt mit der Situation nicht zurecht und zieht sich von ihrem Sohn zuruumlck Er weiszlig nicht wie es ihm gelingen kann dass sie wieder am Leben teilnimmt Die Mitarbeiter-Agentur findet fuumlr die Mutter von Joumlrn K eine Trauergruppe in der sie einen Kreis von gleichaltrigen Frauen findet die ihr eine neue Perspek-tive geben

Ergaumlnzt wird das Beratungsangebot durch bdquoKIRA-Vor Ortldquo-Termine die dreimal im Jahr in den Einrichtungen der Kinderhaus Rasselban-de gGmbH stattfinden Zu diesen Terminen bringen die Ansprech-partnerinnen ein spezielles Thema mit z B Vorsorgevollmacht und Patientenverfuumlgung das neue ElterngeldPlus oder Ferienbetreuungs-angebote vor Ort

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen

Wenn das Personalmanagement fuumlr Kindertageseinrichtungen nachhaltig sein soll muss es verstaumlrkt an den Beduumlrfnissen und Anforderungen der Mitarbeiterinnen orientiert sein Daher muss von den in den Beschaumlftigten-befragungen zutage getretenen Befunden zu deren Motivationsstrukturen Wuumlnschen und Schwierigkeiten ausgegangen werden So ist z B bei den Mitarbeiterinnen ein hohes Maszlig an intrinsischer Motivation und an inhalt-licher Identifikation mit ihrem Beruf und ihrer Taumltigkeit vorzufinden Die Beanspruchungen durch die berufliche Taumltigkeit werden vor allem dann als zu hoch empfunden wenn Rahmenbedingungen dazu fuumlhren dass die Ar-beit nicht in der selbst gewuumlnschten Qualitaumlt erledigt werden kann Schwan-kungen im Personalbedarf einerseits und im Personalbestand andererseits stellen dabei ein zentrales Problem dar so dass dem Personaleinsatz und ins-besondere dem Zeitmanagement eine besondere Bedeutung zukommt

Ressourcen zum Umgang mit Belastungen ergeben sich fuumlr die Mitarbei-terinnen vor allem aus der Arbeit im Team und der Moumlglichkeit ihre inhalt-lichen Kompetenzen einsetzen und weiterentwickeln zu koumlnnen Der hohe Stellenwert den die Beschaumlftigten sowohl einem guten Teamklima als auch den Inhalten ihrer Arbeit beimessen bedeutet auch dass sie es als besonders belastend erleben wenn es Konflikte im Team gibt oder die eigenen Anspruuml-che an die inhaltliche Arbeit nicht hinreichend erfuumlllt werden koumlnnen

Eine nachhaltige Personalwirtschaft umfasst vor diesem Hintergrund un-terschiedliche Handlungsfelder die miteinander verzahnt und unter dem Gesichtspunkt der Lebensphasenorientierung betrachtet werden muumlssen Be-zogen auf die in diesem Band diskutierten Handlungsfelder zeigt sich dass die Lebensphasenorientierung als bdquoroter Fadenldquo in allen Elementen der Per-sonalwirtschaft zu beruumlcksichtigen ist

In der Personalplanung geht es um eine systematische Analyse der Alters-struktur um quantitative und qualitative Anforderungen an die Sicherung der Nachfolge beim Ausscheiden von Beschaumlftigten ableiten zu koumlnnen Die Personalentwicklung zielt darauf ab fuumlr Mitarbeiterinnen in unterschiedli-chen Lebensphasen geeignete Angebote bereitzuhalten Die Gestaltung von Karrierepfaden ist dabei in doppeltem Sinne von Bedeutung ndash hier geht es so-wohl um Aufstiegsmoumlglichkeiten die fuumlr juumlngere Beschaumlftigte einen Anreiz bilden im Arbeitsfeld zu bleiben und sich dort inhaltlich weiterentwickeln zu koumlnnen als auch um Loumlsungen fuumlr aumlltere Beschaumlftigte damit sie sowohl ihr Erfahrungswissen einbringen als auch gesundheitliche Belastungen redu-

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Nachhaltige Personalwirtschaft fuumlr Kinder tageseinrichtungen

zieren koumlnnen Eine leistungsorientierte Verguumltung kann bei einer entspre-chend geeigneten Ausgestaltung ein begleitendes Instrument fuumlr die Imple-mentierung von Karrierepfaden darstellen

Bei der Personalfuumlhrung und der Teamentwicklung ist zu beruumlcksichti-gen dass Teams heterogen strukturiert sind und die Altersmischung die im Hinblick auf eine kontinuierliche Sicherung des Personalbestandes wuumln-schenswert ist auch Herausforderungen mit sich bringt Um die Zusammen-arbeit zwischen juumlngeren und aumllteren Mitarbeiterinnen produktiv zu ge-stalten und allen die Moumlglichkeit zu geben ihre spezifischen Kompetenzen fuumlr das Team nutzbar zu machen muumlssen Konflikte erkannt und geloumlst sowie eine Kultur der wechselseitigen Wertschaumltzung aufgebaut werden Der Team-entwicklung kommt somit eine hohe Bedeutung zu Gesundheitsfoumlrderung darf sich nicht auf die Schaffung von Bedingungen fuumlr bdquoaltersgerechtesldquo Ar-beiten beschraumlnken sondern muss lebensphasenbegleitend und praumlventiv angelegt sein und von Anfang an die Resilienz foumlrdern Die Verknuumlpfung von Teamentwicklung und praumlventiv angelegter Gesundheitsfoumlrderung stellt daher einen Schluumlsselfaktor fuumlr eine zukunftsorientierte Personalwirtschaft dar

Ein Arbeitszeitmanagement kann in der Weise gestaltet werden dass es einen Beitrag dazu leistet die in unterschiedlichen Lebensphasen wech-selnden zeitlichen Beduumlrfnisse der Beschaumlftigten im Sinne einer Work-Life-Balance mit den betrieblichen Anforderungen fuumlr eine qualitativ hochwer-tige Kindertagesbetreuung weitgehend in Einklang zu bringen Wenn das Ar-beitszeitmanagement nachhaltig sein soll muss es darauf ausgerichtet sein dass fuumlr die Erledigung der erforderlichen Aufgaben immer eine angemes-sene Personalausstattung bereitsteht Dazu gehoumlren zum einen Arbeitszeit-modelle die individuelle Teilzeitloumlsungen ermoumlglichen und gleichzeitig den Bedarf in den Einrichtungen an Kontinuitaumlt Aufgabenverteilung und Zeit fuumlr Abstimmung im Team einbeziehen Zum anderen muss die Dienstplan-gestaltung so geregelt werden dass sie die notwendige Flexibilitaumlt im Perso-naleinsatz verlaumlssliche Planbarkeit fuumlr die Beschaumlftigten und Partizipation verbindet Betriebliche Unterstuumltzungsangebote fuumlr unterschiedliche fami-liale Lebenslagen der Mitarbeiterinnen koumlnnen einen ergaumlnzenden Beitrag zur Verbesserung der Work-Life-Balance im Sinne einer familienorientierten Personalpolitik leisten und damit die Personalbindung zusaumltzlich foumlrdern

Bei der Einfuumlhrung und Optimierung von personalwirtschaftlichen Konzepten fuumlr Kindertageseinrichtungen ist die dezentrale Struktur in der Kindertagesbetreuung zu beachten Der Traumlger ist hier fuumlr die Setzung der Rahmenbedingungen zustaumlndig die Umsetzung im Alltag erfolgt bdquovor Ortldquo

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4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

in den einzelnen Einrichtungen Dabei kommt der Einrichtungsleitung und Fuumlhrung der Einrichtung insgesamt eine hohe Bedeutung zu Grundsaumltzlich wichtig ist dabei passende traumlgerinterne Loumlsungen zu entwickeln die dazu beitragen koumlnnen konstruktiv mit (moumlglichen) Spannungsfeldern zwischen den Steuerungsleistungen des Traumlgers und der Umsetzungsautonomie in den einzelnen Einrichtungen umzugehen

Zusammenfassend laumlsst sich feststellen dass die Rahmenbedingungen die fuumlr den Betrieb einer Einrichtung noumltig sind kritisch hinterfragt und op-timiert werden sollten Dieser Prozess sollte im Zusammenspiel von Traumlger Leitung und Mitarbeiterinnen erfolgen um bei der Entwicklung von nach-haltigen Loumlsungen die Interessen aller Beteiligten zu beruumlcksichtigen Ein Vorgehen in diesem Sinne hat die Konkretisierung und Sicherung der Qua-litaumlt von Bildung Erziehung und Betreuung in der Kindertageseinrichtung zum Ziel und unterstuumltzt in gleicher Weise auch die Personal- und Team-entwicklung Damit werden sowohl eine zukunftsorientierte Entwicklung der Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen als auch die Umsetzung kuumlnftiger Qualitaumltsanforderungen gefoumlrdert

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Smudel M 2015 Monats-Arbeitszeitmodell in der Kita Vortrag auf der Fachtagung bdquoKontinuierli-che Erwerbstaumltigkeit in der Kindertagesbetreuung Konzepte fuumlr nachhaltige Personalstrategien in Kindertageseinrichtungenldquo am 16062015 an der Universitaumlt Duisburg-Essen Online unter wwwiaquni-duedeaktuellveransta201520150616_Smudel-Monats-Arbeitszeitmodellpdf (Download am 18042016)

Speth C 2010 Akademisierung der Erziehrin-nenausbildung Wiesbaden

Spieszlig KBuumlchel FWagner GG 2003 Childrenrsquos school placement in Germany does Kindergarten attendance matter Berlin

Statistisches Bundesamt 2014 Der Personal-schluumlssel in Kindertageeinrichtungen 2014 Methodische Grundlagen und aktuelle Ergebnisse Wiesbaden

143

4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft

Stoumlbe-Blossey S 2015a Familienfoumlrderung und Tagesbetreuung von Kindern In Jordan EMaykus SStuckstaumltte E C (Hg) Kinder- und Jugendhilfe Einfuumlhrung in Geschichte und Handlungsfelder Organisationsformen und ge - sellschaftliche Problemlagen 4 uumlberarb Aufl WeinheimBasel 101ndash144

Stoumlbe-Blossey S 2015b Familienzentren in Nordrhein-Westfalen Aktuelle Entwicklungen Internet-Dokument Duisburg Inst Arbeit und Qualifikation IAQ-Report Nr 201501 Online unter wwwiaquni-duedeiaq-report2015report2015-01pdf (Download am 18042016)

Stoumlbe-Blossey S 2010 Zum Funktionswandel von Kindertageseinrichtungen Das Beispiel bdquoFamilienzentrumldquo In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsentwicklung Wiesbaden 95ndash119

Stoumlbe-Blossey STorluumlmke A 2010 Neue Anforderungen in der fruumlhkindlichen Bildung In Stoumlbe-Blossey S (Hg) Kindertagesbetreuung im Wandel Perspektiven fuumlr die Organisationsent-wicklung Wiesbaden 121ndash153

Stremel PUlber D 2014 Fachwissenschaftli-cher Hintergrund In Deutsches JugendinstitutWeiterbildungsinitiative Fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte (Hg) Leitung von Kindertageseinrich-tungen Grundlagen fuumlr die Kompetenzorientierte Weiterbildung WIFF Wegweiser Weiterbildung Band 10 Muumlnchen 13ndash95

Strunz E 2015 Kindertagesbetreuung vor Ort Der Betreuungsatlas 2014 Forschungsverbund DJITU Dortmund (Hg) Dortmund

Ulich E 1991 Arbeitspsychologie 6 uumlberarbeitete und erweiterte Auflage 2005 Stuttgart

Viernickel SNentwig-Gesemann INicolai KSchwarz SZenker L 2013 Schluumlssel zu guter Bildung und Betreuung Bildungsaufgaben Zeitkontingente und strukturelle Rahmenbedin-gungen in Kindertageseinrichtungen Berlin

Viernickel SVoss A 2013 Macht die Kita Erzieherinnen und Erzieher krank STEGE ndash Struk-turqualitaumlt und Erzieherinnengesundheit in Kindertageseinrichtungen Dresden

Weiser P 2013 Aumllterwerden in der Kita Uumlber die Belastungen der Erzieherinnen im Beruf In bbz ndash unsere Berliner Bildungszeitschrift 062013 Berlin Online unter wwwgew-berlinde7_902php (Abruf am 18042016)

Zapf I 2012 Flexibilitaumlt am Arbeitsmarkt durch Uumlberstunden und Arbeitszeitkonten Messkonzep-te Datenquellen und Ergebnisse im Kontext der IAB-Arbeitszeitrechnung Nuumlrnberg

Zu erwarten sind wachsende Engpaumlsse bei qualifiziertem und erfahrenem Per-

sonal in Kindertageseinrichtungen was die Traumlger vor groszlige Herausforderungen

stellt Im Fokus des Projekts steht daher die Frage wie geeignete personalwirt-

schaftliche Konzepte gestaltet werden koumlnnen um den Herausforderungen an-

gemessen zu begegnen Als Ergebnis der Analysen werden Handlungsfelder fuumlr

eine nachhaltige Personalwirtschaft vorgestellt die sich fuumlr die Akteure in der

Praxis als besonders dringlich erweisen

WWWBOECKLERDE

ISBN 978-3-86593-244-0

  • Abbildung 1
    • Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
      • Abbildung 2
        • Hauptgrund fuumlr den Wunsch nach vorzeitigem Ruhestand bei Erzieherinnen
          • Abbildung 3
            • Anforderungen an die Kita-Leitung
              • Abbildung 4
                • Fach- und personale Kompetenzen
                  • Abbildung 5
                    • Karrieremodelle
                      • Abbildung 6
                        • Zeitfenster fuumlr Teilzeit im Duumlsseldorfer Modell
                          • 1 Einfuumlhrung
                          • 2 Das Arbeitsfeld ndash Strukturen und Entwicklungstrends
                            • 21 Aufgaben und Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung
                            • 22 Traumlgerstrukturen ndash die Arbeitgeber in der Kindertagesbetreuung
                            • 23 Die Entwicklung der Beschaumlftigtenzahlen ndash Anstieg und wachsender Bedarf
                            • 24 Die Qualifikation der Beschaumlftigten ndash Erzieherinnen als dominierende Berufsgruppe
                            • 25 Arbeitsbedingungen ndash Verguumltung und Befristung
                            • 26 Berufsausstieg ndash oft vor der Altersgrenze
                            • 27 Gesellschaftliche oumlkonomische und organisatorische Anforderungen an Kindertageseinrichtungen
                            • 28 Belastungen im Arbeitsalltag ndash steigende Anforderungen bei knappen Ressourcen
                              • 3 Herausforderungen aus der Perspektive von Traumlgern Mitarbeiterinnen und Leitungen
                                • 31 Die Perspektive der Kita-Traumlger
                                • 32 Die Perspektive der Mitarbeiterinnen
                                • 33 Die Perspektive der Kita-Leitungen
                                  • 4 Handlungsfelder einer nachhaltigen Personalwirtschaft
                                    • 41 Nachhaltige Entwicklung des Personalbestands
                                    • 42 Nachhaltige Personal- und Teamfuumlhrung
                                    • 43 Work-Life-Balance und Management von Zeitressourcen
                                    • 44 Fazit Perspektiven fuumlr die Personalwirtschaft in Kindertageseinrichtungen
                                      • Literatur
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