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61 7 VIII. Nkchricht iiber eirie Quul.zpscutlomorphose; uon W: Hairtinger. Dem k. k. montanistischen Museum wurden von dem Hrn. Stadtphysikus Dr. A. M. Gliickselig in Ellbogen kiirzlich einige interessante Stiicke verehrt, die ihres ei- genthumlichen Ansehens wegen die Aufmerksamkeit des Mineralogen fesseln, wenn auch ihrc Erklarung inner- halb des Kreises derjenigen liegt, welche als Iangst be- kannte bezeichnet werden konnen. Die Stucke, 6 bis 8 Zoll lang und breit, waren von dent k. k. Hrn. Gubernialrath und Kreishauptmann des Ellboguer Kreises, Freiherrn von Karg, in einem Stein- bruche in der Nahe von Kupferberg in Bbhmeu bemerkt iind aufgenommen worden. Auch mehrere andere Stucke m6gen weggebracht worden seyn, aber in kleineres For- mat zerschlagen. Die ersten kleineren Stiicke, welche ich von meinem Bruder Eiigen in Ellbogen erhielt, hat- ten etwa das Ansehen eines Ganges von Chalcedon in stsnglichem Quarz, aber mit der sonderbaren Eigenthiim- lichkeit, dafs die Individuen auf die Chalcedonwande auf- gesetzt erscheinen. Au den grofsen Stucken zeigte sich nun sogleicli der Schliissel zur ErklRrung der Erscheinung. Obwohl nun keine Spur von kohlensaurem Kalk mehr iibrig ist, so hatten doch skalenoedrische Krystalle von Kalkspath Ver- anlassung zu der gegenwartigen Austheilung von Quan- individuen gegeben. Der Durchmesser der in ansehnli- chen Drusen versaininelten Kalkspathkrystalle betragt bis iiber zwei Zoll, wie diets aus den symmetrisch sechs- seitigen Querschnitten geschlossen werden liann , welche aber nun nicht mehr mit Kalkspath, sondern mit halb- durchsichtigeu, deutlich erkeunbaren Quarzindividuen er-

Nachricht über eine Quarzpseudomorphose

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VIII. Nkchricht iiber eirie Quul.zpscutlomorphose; uon W: Hair t inger .

D e m k. k. montanistischen Museum wurden von dem Hrn. Stadtphysikus Dr. A. M. G l i i c k s e l i g in Ellbogen kiirzlich einige interessante Stiicke verehrt, die ihres ei- genthumlichen Ansehens wegen die Aufmerksamkeit des Mineralogen fesseln, wenn auch ihrc Erklarung inner- halb des Kreises derjenigen liegt, welche als Iangst be- kannte bezeichnet werden konnen.

Die Stucke, 6 bis 8 Zoll lang und breit, waren von dent k. k. Hrn. Gubernialrath und Kreishauptmann des Ellboguer Kreises, Freiherrn von K a r g , in einem Stein- bruche in der Nahe von Kupferberg in Bbhmeu bemerkt iind aufgenommen worden. Auch mehrere andere Stucke m6gen weggebracht worden seyn, aber in kleineres For- mat zerschlagen. Die ersten kleineren Stiicke, welche ich von meinem Bruder E i i g e n in Ellbogen erhielt, hat- ten etwa das Ansehen eines Ganges von Chalcedon in stsnglichem Quarz, aber mit der sonderbaren Eigenthiim- lichkeit, dafs die Individuen auf die Chalcedonwande auf- gesetzt erscheinen.

Au den grofsen Stucken zeigte sich nun sogleicli der Schliissel zur ErklRrung der Erscheinung. Obwohl nun keine Spur von kohlensaurem Kalk mehr iibrig ist, so hatten doch skalenoedrische Krystalle von Kalkspath Ver- anlassung zu der gegenwartigen Austheilung von Quan- individuen gegeben. Der Durchmesser der in ansehnli- chen Drusen versaininelten Kalkspathkrystalle betragt bis iiber zwei Zoll, wie diets aus den symmetrisch sechs- seitigen Querschnitten geschlossen werden liann , welche aber nun nicht mehr mit Kalkspath, sondern mit halb- durchsichtigeu, deutlich erkeunbaren Quarzindividuen er-

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ffillt siiid. Die stangliche Structur begiunt, n i c in an- dereii Pseudouiorphoseii, von der eheinaligen Oberflache der Skalenofder.

Ueber der OberNlclic der skalenoedrischeii Kry- stalle folgt eiiie (lurch die ganzen Stucke sehr gleichfilr- inige Lage YOU Chalcedon, zwirchen 2 uiid J Liaien dick. Farbe zwiscbeii milchweifs und siiialtehlau, bin uud wie- der uiit zahlreichen kreisrnnden, bliitrothen Puiikten be- stit. Ueber dieser Lage folgt wieder balbdurchsichtiger Q u a n i i i deutlicheii erkeunbaren Individuen. Diese siud bis 1; Zoll hug, uiid zum Theil in deu wenig glaozen- den Zusalnmeiisetzuiigsfllchen leicht trenubar, zum Theil siud sie zerbroclieii, uiid zeigeu dairii 1il)bcre Grade \*on Fettglanz. Die schimluerndc chene Rruchflache des Chal- ccdoiis bietet iieben den Farbeii auch im Glanze einen sehr ariffalleuden Gegensatz.

Zuiiachst der ursprlinglicheii Oberflache der Kalk- spathkrystalle beioerkt man eine deutliche rothe Farbung von Eisenoxyd, hierauf iur Cbalcedon selbst eine etnas durchsichtigere , dalier duukler erscbeiuende Linie, die jetier Oberfllche cntspricht. Die liufsere Oberflache der Chalcedoiilage ist abgeruudet, wie inan cs VOD deui Durch- schiiitte eiirer nierf6rmigen Gestalt erwarten mufs. Die Fig. 19 Tnf. I , welche ich dein k. k. Hrn. Hauptmiiuz- aints- L’raktikaiiteu E. P i rsch l verdaoke, stellt cines der Stuckc in halber Gri)fse vor. An eirietn kleineren Stlicke setzt der Qiian deotlich gaiigweise durch die zerbro- cheiie Chalcedoiirinde. Hin und wieder geht der Q u a n iii Krystallspitzen aus. Ueber denselben sind noch ab- gesoudert Krystallrindeii von Q u a n siclitbar, welche im Iiiiierii Eindrlicke tler Kalkspathcolnbiuation 4 R’. (I) R, cler bekaiiiiteii sogerianaten Zweckciidrusen, zeigeii.

Versucheii wir iiuii aus tlieser Urkuiide eiu Flag- i i i e i i t der Geschicbte des Gaiiges zu entwickeln, wel- clier sie geliefert hat, so zeigeu sich inelirere verschie- dene Perioden. An uuserefi Stiicken fehlt das Neben- gesteiii. Der Kalkspath ist also bier das erste Glied.

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Er war aber nach aiideren Analogies in einer langeo Zeitperiode der Kuhe auf Drusenraumeii in eioem Gange gebildet, uiid an einem Ende der Krystalle aufgewach- sea. Man hatte dainals scriihie Kalkspathdrusen auf dem Gaoge angetroffen. Die Kalkspathbilduug hatte aufgebort, als die Chalcedonhildutig begatio, indem durch verlnderte Umstaode die Kieselsaure aus der Umgebuug ausgeprefst sich in dem vom M’asser erftillten Gaoge ab- lageru konnte. Ohne Zweifel geschah sie gleichmafsig, und zwar voii gelblicher Farbe durrh Eiseiioxydhydrat sefarbt, also bei niedriger Temperntur ; denii die rothen Eisenaxydpunkte, die rotheo husfiillungeii der Spriinge i n den Chalcedonlagen konnten sich nicht mit denselbeti zugleich aufbauen. Wahrend der Chalcedoobildung blieb der Kalkspath unversehrt. Man wurde uin diese Pe- riode der Gangbildung Kalkspath mit Chalcedon Uber zogen angelroffeii habeu. 1)iefs ist ein Eildungsfortscbritt in elektro-iiegativer Richtung, wie men iho so gewdhii- lich auf (hngen trifft, etwa in der Aufeinanderfolge von Blende, Hleiglanz Spatheisenstein, Kalkspath, krystalli- sirtem Q u a n .

Aber die Bildung des Chalcedons war auch geschlos- sen bevor die des Qunnes begaon, der nun an seiuer Obertlache uiid anslatt des wahrend seiner Bilduiig ver- schwiiideiiden Kalkspaths im Iniierii der Krystallrauine dieses letzteren ahgelagert wurde. Wlihrend dieses Vor- gauges zogen sich die rothen Punkte iin Chalcedon zu- sammen, dieser zersprang biri und wieder, und es schied sich auf deli feineii Kluften Eisenoxyd aus. Man kanii ohnc Zweifel diese Veranderung eiiier Erhdhung der Tem- peratur zuschreiben, die zugleich hiiireichend war, iim die Krystallisation des Quarzes zu begunstigeii. Docli riiiniiit rnaii i n der Farbung der euarzkrystalle wiedcr eineti anogeneit Fortschritt in der Farbe wahr, i d e m die letzteii hbsiitzc roil Eisensiiure blafs violblau gefiirbt siiid, und zuui Theil kleiueu rolhen Eisensteiokugelu iiii

Innerii und an der Oberflache zur Unterlage dienen.

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620 Nach dem krystallisirten Quane folgten nun wieder fla- che rhomboedrische, viel kleinere Kalkspathkrystalle in kugelfijrmigeu Gruppen. Sie durfen wolil als das Pro- duct eiiies Fortsclirittes in elektro-positiver Richtung an- geseheii werden. Aber eine neue anogene oder elektro- negative Bildutig erscheint die Krystallrinde von Q u a n an ilirer Oberflache, deren Bilduug zugleich die ZerstO- rung des Kalkspaths rnit sich bringt.

Zwei Bilduugen von Kalkspath, zwei von krystalli- tiischem Quan, einc von Quarz in verschwindenden In- dividuen, eine vou Eisenoxyd aus Eisenoxydhydrat, zwei Perioden der Zerstbruug von Kalkspath erscheinen deut- lich in dem Handstiicke. Man knnu sie zur Uebersicht in ein Schema orduen, in welchem die Aufeinanderfolge, der elektro - chemische Gegensatz der unmittelbar aufein- ander folgendeo Bildungen und die zu beobachtende Ver- anderung ausgedrtickt sind:

1) Katogen. 2) Anogen. 3) Katogen.

4 ) Anogeu.

5 ) Katogeo.

6 ) Anogen.

+ Kalkspath in Skalenoedern S,. - Chalcedon und Eisenoxydhydrat. + Quan, Eisenoxyd aus dem vorherge-

henden Hydrat, Kalkspath aufgel8st. - Fortselzung der Quarzkrystallisatiou,

in der beginnenden Amethystfarbung. + Kalkspath, in flachen rhomboedrischen

Krystallen +a'. cz R. - Quarzrinde, Kalkspath aufgelilst.

Wie viel Wichtiges sollte nicht das Studium eines Gan- ges dieser Art gewahren, wenn man ihm die Aufmerk- sarnkeit schenken kbnnte, die er verdient, nicht nur in einzeloeti Bruchstiicken, sondern viclmehr im Ganzen, in seiner Lage im Nebengestein, in Bezug auf den chemi- schen Bestand dieses, in seiner Entreckung in's Feld und in die Teufe, um die Richtung der Strijme festzuhalteo, welche voniiglicli in den Fseudomorpbosen ihre uube- zweifelbaren Spuren zurtickgelassen hnben.