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1 C A P ANORAMA des Centrums für angewandte Politikforschung(CAP ) Ausgabe 2/2004 Bertelsmann Forschungsgruppe Politik Forschungsgruppe Deutschland Forschungsgruppe Europa Forschungsgruppe Jugend und Europa Forschungsgruppe Zukunftsfragen CAProlog Aufbruch zu neuen Ufern 2 CAProgramm Karlspreis-Europa- Forum 2004 in Aachen 4 Politik in Krisenzeiten 5 Die ukrainischen Präsidentschaftswahlen 6 Erfolgsfaktor Konflikt- kompetenz 7 Vierter Transatlantic Editors’ Roundtable 8 Va bene? Italien in Europa 9 Allianz Summer Academy 11 Spuren der Außen- politik der DDR 12 Neue CAP -Homepage 12 CAPersonalia Gäste und Gespräche am CAP 13 CAPublikationen Neuerscheinungen 14 +15 CAPostskriptum Die dreifache Trans- formation des Irak 16 CAPlanung 16 I N H A L T N A C H R I C H T E N Fortsetzung auf Seite 3 Auf dem Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft Der Bertelsmann Transformation Index 2003 I n vielen Ländern der Welt ringen Menschen um Demokratie und eine funktionstüchtige Marktwirtschaft. Der vom C A P und der Bertelsmann Stiftung entwickelte Bertelsmann Transformation Index 2003 (BTI) hat sich die große Aufgabe gestellt, diese Prozesse transparent zu machen und die Bemühungen reformorientierter Gruppen zu unterstützen. Dafür haben Länderexperten für insgesamt 116 Länder den Wandel in Politik und Wirtschaft analysiert. Um detaillierte Aussagen über erfolgreiche Transformationsstrategien oder noch bestehende Hindernisse treffen zu können, führt ein Ranking die umfassenden Länderanalysen zusammen. Für die Untersuchung wurde ein anspruchsvoller policy-orientierter Ansatz gewählt. Die Präsentation des Index im Mai und die Buchveröffentlichung im Juli zogen dementsprechend großes Interesse auf sich. Der Index misst, wie erfolgreich die Ziele Demokratie und Marktwirtschaft bisher erreicht wurden und mit welchem Geschick und mit welcher Glaubwürdigkeit dieser Wandel in den letzten fünf Jahren verfolgt wurde. Die vergleichende Untersuchung der 116 Entwicklungs- und Transformationsländer lässt dabei erfolgreiche Strategien des Wandels erkennen. Die Ergebnisse erlauben eine wichtige Schlussfolgerung: Es gibt keine erfolgreichen Transformationsprozesse ohne förderliches politisches Management. Mit anderen Worten: Politik zählt! Der BTI ist in zwei Unterbereiche gegliedert: Der Status-Index misst den erreichten Stand von Demokratie und Marktwirtschaft, der Management-Index misst die politische Gestaltungs- leistung. 71 der 116 untersuchten Länder sind Demokratien. Während der Erosion oder Konsolidierung – am Ende leisten nur marktwirtschaftliche Demokratien Stabilität und Wohlstand. Wie Staaten dort ankommen, welche Hindernisse drohen und wie diese zu überwinden sind, zeigt der Bertelsmann Transformation Index 2003. Foto: Europäische Kommission

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C•A•PANORAMAd e s C e n t r u m s f ü r a n g e w a n d t e P o l i t i k f o r s c h u n g (C•A•P )

Ausgabe 2/2004

Bertelsmann Forschungsgruppe Politik

Forschungsgruppe Deutschland

Forschungsgruppe Europa

Forschungsgruppe Jugend und Europa

Forschungsgruppe Zukunftsfragen

C•A•Pr o l o g

Aufbruch zu neuen Ufern 2

C•A•Pr o g r a m m

Karlspreis-Europa-Forum 2004 in Aachen 4Politik in Krisenzeiten 5Die ukrainischenPräsidentschaftswahlen 6Erfolgsfaktor Konflikt-kompetenz 7Vierter TransatlanticEditors’ Roundtable 8Va bene? Italien in Europa 9Allianz Summer Academy 11Spuren der Außen-politik der DDR 12Neue C•A•P -Homepage 12

C•A•Pe r s o n a l i a

Gäste und Gesprächeam C•A•P 13

C•A•Pu b l i k a t i o n e n

Neuerscheinungen 14 +15

C•A•Po s t s k r i p t u m

Die dreifache Trans-formation des Irak 16

C•A•Pl a n u n g 16

I N H A L T

N A C H R I C H T E N

Fortsetzung auf Seite 3

Auf dem Weg zu Demokratieund MarktwirtschaftDer Bertelsmann Transformation Index 2003

In vielen Ländern der Welt ringen Menschen um Demokratie und einefunktionstüchtige Marktwirtschaft. Der vom C•A•P und der Bertelsmann

Stiftung entwickelte Bertelsmann Transformation Index 2003 (BTI) hatsich die große Aufgabe gestellt, diese Prozesse transparent zu machen unddie Bemühungen reformorientierter Gruppen zu unterstützen. Dafürhaben Länderexperten für insgesamt 116 Länder den Wandel in Politikund Wirtschaft analysiert. Um detaillierte Aussagen über erfolgreicheTransformationsstrategien oder noch bestehende Hindernisse treffen zu

können, führt ein Ranking die umfassenden Länderanalysen zusammen.Für die Untersuchung wurde ein anspruchsvoller policy-orientierter Ansatzgewählt. Die Präsentation des Index im Mai und die Buchveröffentlichungim Juli zogen dementsprechend großes Interesse auf sich. Der Index misst,wie erfolgreich die Ziele Demokratie und Marktwirtschaft bisher erreichtwurden und mit welchem Geschick und mit welcher Glaubwürdigkeitdieser Wandel in den letzten fünf Jahren verfolgt wurde. Die vergleichendeUntersuchung der 116 Entwicklungs- und Transformationsländer lässtdabei erfolgreiche Strategien des Wandels erkennen. Die Ergebnisseerlauben eine wichtige Schlussfolgerung: Es gibt keine erfolgreichenTransformationsprozesse ohne förderliches politisches Management. Mitanderen Worten: Politik zählt! Der BTI ist in zwei Unterbereiche gegliedert:Der Status-Index misst den erreichten Stand von Demokratie undMarktwirtschaft, der Management-Index misst die politische Gestaltungs-leistung. 71 der 116 untersuchten Länder sind Demokratien. Während der

Erosion oder Konsolidierung – am Ende leisten nur marktwirtschaftliche Demokratien Stabilität undWohlstand. Wie Staaten dort ankommen, welche Hindernisse drohen und wie diese zu überwindensind, zeigt der Bertelsmann Transformation Index 2003. Foto: Europäische Kommission

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C•A•PROLOG

Aufbruch zu neuen Ufern

Das Jahr 2004 ist bisher ereignisreich und schwierig zugleich gewesen –für Deutschland und Europa. Politische Initiativen und Reform-

schritte, wohin man nur blickt. Während sich Deutschland durch dieAgenda 2010, Hartz I bis IV und Innovationsoffensiven aus sklerotischenVerkrustungen zu befreien sucht, bricht mit der unvergleichlichenErweiterung der Europäischen Union ein neues Zeitalter für den altenKontinent an. Und: Europa hat eine Verfassung, die nun einen langenund hier und dort sicherlich dornenreichen Weg ihrer Ratifizierung gehenmuss. Vielen Unkenrufen zum Trotz: Wenn auch im Detail zweifelsohneunvollendet, ist sie historisch einzigartig. Dies zeigen die Analysen desCentrums für angewandte Politikforschung (C•A•P ). Die bisherigenVerträge werden zusammen mit der europäischen Grundrechtecharta ineinen einzigen Text mit vier Teilen und insgesamt ungefähr 460 Artikelnüberführt. Damit bedeutet die in Brüssel erzielte Einigung nach denRegierungskonferenzen von Maastricht, Amsterdam und Nizza in denNeunziger Jahren eine historische Zäsur in der Geschichte der euro-päischen Integration zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Auch wenn der er-zielte Verhandlungskompromiss in einigen Punkten hinter den Vorschlä-gen des Europäischen Konvents vom Juni vergangenen Jahres zurückbleibt, so revidiert das finale Ergebnis die größten Fehlentwicklungen desVertrags von Nizza, erhöht das Integrationsniveau und bindet die Mit-gliedstaaten enger zusammen. Das C•A•P ist dabei, die Verfassung in ihrerpolitischen Substanz umfassend zu prüfen und ihren Werdegang zu doku-mentieren. Zum Jahresende werden wir die Publikation „Die EuropäischeVerfassung in der Analyse“ vorlegen, die eine CD-Rom mit der Verfassungund allen relevanten Dokumenten der Regierungskonferenz und desKonvents enthalten wird. Mit Analyse und Dokumentation führen wirdamit die Politikberatung in Sachen Europa kontinuierlich fort, die seitEnde der Achtziger Jahre fester Bestandteil unserer Arbeit ist.

Das C•A•P wird den weiteren Gang der Verfassung kritisch undsorgfältig im Auge behalten, denn nun muss der Text die wohl höchsteHürde erst noch nehmen. Das Inkrafttreten des neuen europäischenGrundlagendokuments setzt seine Ratifikation in allen Mitgliedstaatenvoraus. Schert ein Land mit einem negativen Votum aus, wird dieVerfassung schnell zur Makulatur. Brisant hierbei ist, dass in einer Reihevon Mitgliedstaaten nationale Referenda stattfinden werden. Zu diesenLändern gehören Belgien, Dänemark, Großbritannien, Irland und – allerVoraussicht nach – auch Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Polen,Portugal und Spanien. Die Erfahrungen von Dänemark und Irland sowiedas zunehmende Gewicht der Euroskeptiker in vielen dieser Staaten nachden jüngsten Europawahlen im Juni lassen nur den Schluss zu, dass einScheitern bei einzelnen Volksabstimmungen keineswegs auszuschließenist.

Doch bei all den Schwierigkeiten im Detail darf man den europäischenKraftakt der Verfassungsgebung nicht herunterreden, so wie das bei vieleneuropapolitischen ,Erbsenzählern’ derzeit zu hören ist. Zusammen mitdem umstrittenen Entschluss der Europäischen Kommission, Beitrittsver-handlungen mit der Türkei zu empfehlen, signalisiert dies einen Aufbruchzu neuen Ufern, die weiter zu befestigen sind. Die Handlungsfähigkeit derEU steht damit als Topthema weiter auf der Agenda. Die Union muss ihreneue Entscheidungsstruktur nach der Ratifikation erproben und ihreSicherheits- und Verteidigungspolitik sowie ihre wirtschaftliche Wettbe-werbsfähigkeit im Rahmen der Lissabon-Strategie energischer als bisherentwickeln. Zu alldem bleibt das C•A•P natürlich weiterhin am Ball.

Jürgen Turek

Jürgen TurekGeschäftsführer des C•A•P

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C•A•PROGRAMM

regionale Vergleich der Demokratien etwa in Mittel- und Osteuropa dieUrteile anderer Untersuchungen meist bestätigt, erlaubt der Blick aufeinzelne Länder ein differenziertes Bild. Das Untersuchungsraster kannerfolgreiche Staaten auch in Regionen entdecken, die oftmals alshoffnungslos gelten. So konnten sich Botswana, Südafrika und Namibiaunter den zwanzig erfolgreichsten Staaten etablieren. Die Untersuchungzeigt zudem eindrucksvoll, dass eine solide Marktwirtschaftund Demokratie Hand in Hand gehen. In autoritär regiertenStaaten waren Fortschritte in Richtung einer leistungs-fähigen marktwirtschaftlichen Ordnung selten zu ver-zeichnen. Dagegen ist die Marktwirtschaft in den fort-geschrittensten Demokratien am gefestigtsten und insti-tutionell abgesichert.

Die politische Gestaltungsleistung auf dem Weg zurmarktwirtschaftlichen Demokratie wird im Management-Index durch fünf Kriterien gemessen: Zielsicherheit, effek-tive Ressourcennutzung, Gestaltungsfähigkeit, Konsensbil-dung und internationale Zusammenarbeit. Beachtet wirdauch der Schwierigkeitsgrad eines Landes. Dies erlaubt, diepolitische Gestaltungsleistung unter Berücksichtigung derjeweiligen Gestaltungsmöglichkeiten zu messen. Der Ma-nagement-Index widerlegt vorgefasste Meinungen hinsicht-lich bestimmter Regionen und Länder deutlich. Wie hochdie politische Gestaltungsfähigkeit eines Landes sein kann – auch wenndies gewöhnlich kaum wahrgenommen wird – beweist etwa Mali. Mali istweltweit eines der ärmsten Länder. Dennoch erreicht es den vierten Platzim Management-Index, da die politische Elite recht erfolgreich ihreMöglichkeiten nutzt.

Die Aktualisierung des Index im zweijährigen Abstand wird positive undnegative Veränderungen sichtbar machen und den Index als dauerhafteInformationsquelle für Wissenschaftler, Akteure der Entwicklungsarbeitund Reformer in den Transformationsstaaten etablieren. Die kontinuier-liche Messung der Entwicklungsprozesse erlaubt es, beobachtete Trends zuüberprüfen und die Effekte der Strategien des Wandels zu ermitteln. DieErgebnisse des BTI werden ausführlich in der Publikation „BertelsmannTransformation Index 2003. Auf dem Weg zur marktwirtschaftlichenDemokratie“ (siehe rechts) vorgestellt. Neben einem weltweiten Überblicküber Demokratietrends, wirtschaftliche Entwicklung und politischeSteuerungsleistungen bietet die Publikation Hintergründe zur Methodikdes Rankings und der Auswertung der Ergebnisse. Auf einer beiliegendenCD-Rom sind alle Ländergutachten zugänglich. Weitere Informationenunter www.cap-lmu.de/aktuell/events/2004/bti_praesentation.php sowieunter www.bertelsmann-transformation-index.de.

Fortsetzung von Seite 1

Der BTI wird im zweijährigen Abstand aktualisiert und damit zur dauerhaften Informationsquelle für Wissenschaftler, Akteure derEntwicklungsarbeit und Reformer in Transformationsstaaten. Links: Die ehemalige Bundestagspräsidentin Professor Rita Süssmuth bei derPräsentation des BTI in Berlin. Rechts: C•A•P-Direktor Professor Weidenfeld und Liz Mohn, stellvertretende Vorsitzende des Präsidiums derBertelsmann Stiftung, zeigen bei einem Besuch in Sofia dem bulgarischen Ministerpräsidenten Simeon Sakskoburggotski die Ergebnisse des BTI.

BERTELSMANN STIFTUNG (HRSG.):Bertelsmann TransformationIndex 2003. Auf dem Weg zurmarktwirtschaftlichen Demo-kratie.Gütersloh 2004, ISBN 3-89204-728-6, 378 Seiten, 40 Euro

Die Rankings des BTI: C•A•P-DirektorProfessor Werner Weidenfeld und JosefJanning, stellvertretender C•A•P-Direktor.

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C•A•PROGRAMM

Die Stärken des großen EuropanutzenKarlspreis-Europa-Forum 2004 in Aachen

Das große Europa nimmt Fahrt auf. Erstmals in der Geschichte desKontinents ziehen nach der EU-Erweiterung nahezu alle europäischen

Staaten an einem Strang, um gemeinsam in eine neue Ära aufzubrechen.Damit befindet sich das große Europa in einer vielversprechenden

Ausgangslage. Dieses Potenzial gilt es nun zunutzen, um den hohen Leistungserwartungender Bürger an das vereinte Europa gerecht zuwerden. Über diese Perspektiven des Inte-grationsprozesses diskutierten am Vorabendder Verleihung des Karlspreises 2004 an denPräsidenten des Europäischen Parlaments, PatCox, achtzig europäische Spitzenvertreter ausPolitik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medienauf Einladung der Bertelsmann Stiftung undder Karlspreisstiftung im historischen Rathausvon Aachen. Nur wenige Tage nach demgrößten Erweiterungsschritt in der Geschichteder Europäischen Union nahmen Teilnehmeraus 15 Ländern am dritten Karlspreis-Europa-Forum teil – unter ihnen der ehemalige

Ministerpräsident der Niederlande, Wim Kok, der irische EuropaministerDick Roche, der rumänische Minister für Europäische IntegrationAlexandru Fárcas sowie der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktionim Europäischen Parlament, Martin Schulz.

Als Grundlage für den Gedankenaustausch diente den Teilnehmern einImpulspapier der Bertelsmann Forschungsgruppe Politik des C•A•P . Darinwerden drei zentrale Prioritäten benannt, die die EU setzen muss, um die

vorhandenen Stärken des großen Europa entfalten zu kön-nen. Zum einen muss die Europäische Union ihre politischeLeistungsfähigkeit effektiver gestalten. Die Verabschiedungder Verfassung markiert dabei noch keineswegs das Ende derReformgeschichte. Die Union der 25 und bald mehr Mit-gliedstaaten erfordert auch ein höheres Maß an aktiver undpolitischer Steuerung, das über die traditionellen Führungs-impulse des deutsch-französischen Tandems hinausgehenmuss. Darüber hinaus gilt es den Lissabon-Prozessumfassend zu reformieren. Mit ihm hat sich die EU auf ihreFahnen geschrieben, bis 2010 die dynamischste undwettbewerbsfähigste wissensbasierte Ökonomie der Welt zuwerden. Im Zuge der für 2005 geplanten Halbzeitbewertungsollten die bestehenden Widersprüche in den Zielvorgabender Lissabon-Agenda eliminiert, realistischere Fristen gesetztund klare strategische Prioritäten festgelegt werden. Zu

guter letzt sollte die Rolle der EU auf europäischer und globaler Ebene neubestimmt werden. Dabei wird es darum gehen, den neuen Herausforderun-gen für die Sicherheit der Europäer mit einer umfassenden Strategie zubegegnen. Um die Synergieeffekte gemeinsamen Handelns ausschöpfen zukönnen und um sich zu einer markanten sicherheitspolitischen Größe zuentwickeln, muss Europa nicht nur ein außen- und sicherheitspolitischesKonzept zu Papier bringen, sondern eine eigene Kultur des weltpolitischenDenkens verinnerlichen. Weitere Informationen unter www.cap-lmu.de/aktuell/events/2004/karlspreis.php. Kontakt: Janis Emmanouilidis, E-Mail:[email protected].

Martin Schulz, Vorsitzender der Sozial-demokratischen Fraktion im EuropäischenParlament, beim Karlspreis-Europa-Forum.

Der Sitzungssaal des historischenRathauses Aachen.

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C•A•PROGRAMM

Strategien zur Zukunft des Irak –Europäisch-irakischer Dialog in München

Um den Gedankenaustausch zwischen europäischen und irakischenEntscheidungsträgern und Experten zu intensivieren und Strategien

für die Zukunft des Irak zu entwickeln, organisierte das C•A•P in Koopera-tion mit der Bertelsmann Stiftung im Frühjahr einen europäisch-irakischen Dialog. Neben europäischen Wissenschaftlern und Diplomatenwaren irakische Repräsentanten aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissen-schaft eingeladen. Die angereisten Gäste repräsentierten ein breites Spek-trum der irakischen Gesellschaft: Schiiten und Sunniten, Araber undKurden, Exilanten und unter dem Regime von Saddam Hussein im IrakGebliebene. Wie wichtig einigen irakischen Gästen die Teilnahme war,wird deutlich, wenn man bedenkt, unter welchen Schwierigkeiten vonmanchen die Anreise aus Bagdad unternommen wurde. Der heterogenenZusammensetzung der Konferenz entsprechend wurde teilweise sehrkontrovers über unterschiedliche Standpunkte und Einschätzungen vonVergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Irak diskutiert. Gerade dieserheftig geführte Dialog ermöglichte vielen der europäischen Teilnehmereinen direkten Einblick in die aktuellen Herausforderungen und Problemeder demokratischen Transformation des Irak.

Ein amerikanischer Soldat zähltkonfiszierte Waffen in Nadschaf. Über dieZukunft des Landes und wie lange diePräsenz amerikanischer Truppen nochnotwendig sein wird ...Foto: US Department of Defense

Politik in Krisenzeiten – Grenzen desEntscheidungsmanagements

Die Grundvoraussetzungen des Regierens in Deutschland sind brüchiggeworden: Tendenzen einer Delegitimierung der Verfassungsorgane,

die Gegenwartsfixierung der Parteien und die Lethargie der Bürger sindnur einige der wichtigsten Symptome. Um über „Politik in Krisenzeiten:Grenzen des Entscheidungsmanagements“ zu diskutieren, trafen sichmehr als dreißig Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Medien im Juni inWildbad Kreuth. Ziel war, nicht allein Krisensymptome zu beschreiben,sondern vielmehr Ansätze zur Überwindung der Politikblockade zu erar-beiten. Ein erstes Panel mit Dr. Manuela Glaab vom C•A•P und dem Frak-tionsvorsitzenden der CSU im Bayerischen Landtag, Joachim Herrmann,setzte sich kritisch mit Auswegszenarien auseinander, die institutionelleReformen eröffnen könnten. Auch die „Machtmakler“ aus Regierungsap-paraten in Bund und Ländern sahen die Krise des Entscheidungsmanage-ments weniger in systemischen als in prozessualen Faktoren begründet. Soverwies Dr. Gerd Mielke, Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, auf Informations-defizite, falsche Lösungsstrategien und Kommunikationsschwierigkeiten.Professor Ulrich Sarcinelli von der Universität Koblenz-Landau identifizier-te denn auch die „Medien als Teil des Problems und der Problemlösung“.Die Fernsehjournalisten Bettina Schausten (ZDF) und Frank Plasberg(WDR) übten Selbstkritik, betonten aber, dass „Journalisten nicht derReparaturbetrieb der Politik“ sein könnten. Dr. Lothar Probst von der Uni-versität Bremen sah schließlich Krisenkomponenten in der politischenKultur in Deutschland. Frage man nämlich, welches Krisenmanagementdie Bürger wollten, so stoße man auf Paradoxien. Konsequentes Festhaltenan Entscheidungen, mehr Transparenz gerade bei Reformdialogen, Profes-sionalität im Umgang mit den Medien, mehr Sach- als Machtpolitik, Rück-besinnung auf die Qualitäten der parlamentarischen Demokratie: Die We-ge aus der Krise sind – wie die Tagung herausarbeitete – selbst in Zeiten derKnappheit zahlreich. Die Forschungsgruppe Deutschland veranstaltete dieTagung zusammen mit Professor Karl-Rudolf Korte von der UniversitätDuisburg-Essen und der Hanns-Seidel-Stiftung. Weitere Informationenunter www.cap-lmu.de/aktuell/events/2004/kreuth_politikkrise.php.

... diskutierten am C•A•P irakische undeuropäische Politiker, Diplomaten,Wissenschaftler und Vertreter derZivilgesellschaft.

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C•A•PROGRAMM

„Expertengruppe ukrainischePräsidentschaftswahlen 2004“

Die ukrainische Bevölkerung bestimmt in zwei Wahlgängen im Oktoberund November einen neuen Präsidenten. Da der Amtsinhaber Leonid

Kutschma nach zwei Amtsperioden qua Verfassung kein drittes Malkandidieren darf, muss es – vorausgesetzt, die Verfassung wird eingehalten– zu einer Neuverteilung der politischen Macht im Land kommen. Mit denPräsidentschaftswahlen verbindet sich die Hoffnung, den unter Kutschmaentstandenen Reformstau überwinden und gezielt einzelne Reformschritteweiterführen zu können. Die derzeitigen Spitzenkandidaten sind deramtierende Premierminister Viktor Janukowitsch sowie der als Reformergeltende Viktor Juschenkow. Wenn es dem neuen Präsidenten gelingt, dieKorruption abzubauen, die Pressefreiheit zu stärken und das institutionelleHandeln zu verbessern, dann eröffnen sich für die Ukraine europäischePerspektiven. Dies würde aber auch bedeuten, die politische Macht stärkeran den Interessen der Bevölkerung auszurichten als an den Herrschafts-interessen mächtiger wirtschaftlicher und regionaler Gruppen.

Während in wissenschaftlichen und politischen Debatten zu Beginn desTransformationsprozesses freie, faire und geheime Wahlen noch als Garantfür erfolgreiche Reformen eingestuft wurden, zeigen sich zehn Jahre späterdie Grenzen dieses „Erfolgsrezeptes“. Wahlen können eben auch zurVerfestigung von Reformdefiziten beitragen, anstatt diese zu beseitigen.

Um die Auswirkungen der ukrainischen Präsi-dentschaftswahlen auf die künftige Transfor-mation einschätzen zu können, hat die Fried-rich-Ebert-Stiftung in Kiew zusammen mit demC•A•P die „Expertengruppe ukrainische Präsi-dentschaftswahlen 2004“ ins Leben gerufen.Zehn ukrainische und deutsche Experten be-obachten seit letztem Dezember den ukraini-schen Wahlkampf. Ihr Fokus richtet sich aufdie gegenwärtigen Debatten, das Wahlsystemzu ändern, aber auch auf den Einfluss vonInteressengruppen, auf die Orientierung unddie Abhängigkeiten der Ukraine von Russlandund vom Westen sowie auf die Ansätze für einleistungsfähigeres Politikmanagement. Ziel der

Arbeitsgruppe ist, dem neuen ukrainischen Präsidenten Politikempfehlun-gen für effektives Reformhandeln überreichen zu können. Diese Empfeh-lungen sollen Anhaltspunkte für weitere marktwirtschaftliche Reformenund für politische Demokratisierung geben. Zusätzlich wird die Experten-gruppe aber auch Empfehlungen für eine ebenso realistische wie effektiveUkrainepolitik des Westens erarbeiten.

Der Marienpalast hoch über dem Ufer desDnjeprs – heute Gästehaus derukrainischen Regierung.

Seit August 1991 ist die Ukraineunabhängig – seit dem zehnjährigenJubiläum wacht die Unabhängigkeitssäuleüber den Dächern der Hauptstadt Kiew.

Roundtable „Rethinking the Balkans“

Wie kann die EU für die Länder des Balkans, die langfristig der EU bei-treten wollen, realistische Zwischenschritte entwickeln, die den ge-

samten Prozess der Stabilisierung, Transformation und Integration unter-stützen und durch konkrete Zielvereinbarungen zu Reformen anspornen?Im Juni trafen sich in Berlin renommierte Politiker, Denker und Beobach-ter aus den Ländern des westlichen Balkans. Bertelsmann Stiftung, C•A•Pund der Planungsstab des Auswärtigen Amtes hatten den Roundtable„Rethinking the Balkans“ als Fortsetzung zweier früherer Konferenzen zustrukturellen und strategischen Fragen der europäischen Balkanpolitikorganisiert. Ein Konferenzbericht erscheint Ende diesen Jahres.

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C•A•PROGRAMM

Erfolgsfaktor Konfliktkompetenz

Konflikte gehören zum beruflichen Alltag. Sie treten regelmäßig und aufallen Hierarchieebenen auf. Der Versuch, sie zu vermeiden, heißt oft

nur, sie zu verdrängen. Die Konsequenz: Schwelende Konflikte blockierendie Kreativität und vermindern die Leistungsfähigkeit. Doch de facto ber-gen Konflikte ein hohes unternehmerisches Potenzial. Werden sie von denMitarbeitern eigenverantwortlich und ebenso bedürfnis- wie lösungs-orientiert angegangen, erhöhen sie nicht nur die persönliche Zufrieden-heit und verbessern damit die Atmosphäre im Team. Sie gewährleistenauch, dass ungewöhnliche Ideen und Verbesserungs-vorschläge die Motivation der Mitarbeiter und diegesamte Produktivität erhöhen.

Die „Akademie Führung & Kompetenz“ am C•A•Pbietet verschiedene Seminarkonzepte an, die eingemeinsames Ziel haben: die Bereitschaft derTeilnehmer zu erhöhen, Konflikte anzusprechen undgemeinsam kreative Lösungen zu finden. DieSeminare beinhalten kognitive, spielerische undbiografische Elemente und setzen auf das Über-raschungsmoment. Methoden der konstruktivis-tischen Erwachsenenbildung und provokativeModeration, die herausfordert, ohne bloßzustellen,erlauben es den Teilnehmern, ihre Deutungs- undHandlungsmuster im Konfliktfall zu erkennen undauf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Welche Mustersind dabei gemeint? Es gibt zum ersten die Gruppe der Teilnehmer, diesehr kompromissbereit ist und im Konfliktfall dazu neigt, sich selbst zusehr einzuschränken. Manche Teilnehmer entscheiden gerne für andere,weil die meisten Leute ja angeblich doch nicht wissen, was sie wollen oderwas gut für sie ist. Wieder andere verhalten sich beiEntscheidungen zu abwartend und riskieren, nicht beteiligtzu werden. Manche Teilnehmer sind bereit, Verantwortungzu übernehmen, fühlen sich aber oft bei der Umsetzungihrer Entscheidungen alleine gelassen. Wieder anderewürden es gerne allen recht machen, scheitern aber anZeitvorgaben oder dem Motivationsmangel der anderen.

Im Juli testete eine Gruppe von Führungskräften ausverschiedenen Branchen ein Seminarkonzept, das dieVorteile der Verknüpfung von Bedürfnis- und Lösungs-orientierung erfahrbar macht. Mit Hilfe der speziellenKonflikt-Dilemma-Methode und dem Vier-Schritte-Modelldes israelischen Adam-Instituts wurden außerdem neue,konkrete Instrumente der Konfliktregelung vorgestellt undeingeübt. Einige Zitate aus dem Antwortbogen zumTestseminar: „Ein spannender Ansatz, der Erkenntnisseüber das eigene Handeln als Individuum und in der Gruppe kombiniert.“ –„Gerade meine Fraktion, die Dominanten, (…) können ab und an maletwas verkraften, was die Akzeptanz für eine andere Meinung schärft.Insbesondere das ,Ausleuchten’ der Ziele der Anderen war für michinteressant.“ – „Der Ansatz, autonom mit Konflikten umzugehen (ohneMediator) passt sehr gut zur Position von Führungskräften, wenn es umBeziehungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter geht. Für Konfliktein Teams könnte ich mir das Training auch vorstellen.“ Das kompletteErgebnis der Evaluation des Testseminars sowie weitere Informationenzum Thema „Erfolgsfaktor Konfliktkompetenz“ und Termine erfahren Sieunter www.cap-akademie.de oder bei Susanne Ulrich, Leiterin der„Akademie Führung & Kompetenz“, Tel. 089 – 2180 1335.

Konfliktverhalten lässt sich in immerwiederkehrende Handlungsmustereinteilen. Susanne Ulrich, Leiterin der„Akademie Führung & Kompetenz“.

Kreative Übung: Die Ressourcen werdenknapp – wie einigen sich die Teilnehmer?

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C•A•PROGRAMM

Vierter Transatlantic Editors’ Roundtable

Zu dem Zeitpunkt, als sich die amerikanische Außenpolitik neuorientierte in Richtung mehr internationale Kooperation, veranstaltete

das Centrum für angewandte Politikforschung zusammen mit der Zeit-schrift „Foreign Affairs“ den vierten Transatlantic Editors’ Roundtable. ImApril trafen sich Herausgeber der führenden Fachzeitschriften über trans-atlantische Beziehungen in New York, um sich über den Dialog und mög-liche Kooperationsformen zwischen den Journalen auszutauschen und umdie brennendsten Punkte der politischen Agenda innerhalb der transatlan-tischen Beziehungen zu diskutieren. Bei der ersten Vortrags- und Diskus-sionsrunde der Konferenz unter der Leitung von James Hoge, Herausgebervon „Foreign Affairs“, und Professor Weidenfeld, Direktor des C•A•P undHerausgeber von „Internationale Politik“, standen dabei die gemeinsameSicherheitspolitik und der Irak im Vordergrund. Innerhalb der folgendenDiskussion um die wirtschaftliche und gesellschaftliche Dimension der Be-ziehungen unterstrichen die Redner die Bedeutung eines gemeinsamenAktionsplanes. Josef Janning, stellvertretender Direktor des C•A•P , mahnteim dritten Panel eine entschieden effektivere Außen- und Sicherheitspoli-tik Europas an, wolle die EU als globaler Akteur ernst genommen werden.

Beim diesjährigen Roundtable im Rahmen des C•A•P -Programms„Improving Responsiveness“ fanden sich Referenten ein von RichardHaass, Präsident des Council on Foreign Relations, bis Gunter Pleuger,deutscher Vertreter bei der UNO und zu diesem Zeitpunkt Präsident desUN-Sicherheitsrates. Der Roundtable war der vierte seiner Art und wirdvom German Marshall Fund unterstützt. Weitere Informationen unterwww.cap-lmu.de/transatlantic/topics/editors4.php.

Keine Resignation: Engagierte Jugend inMittel- und Osteuropa

Dem diesjährigen Renovabis-Kongress „Zwischen Hoffnung undResignation – Jugend in Mittel- und Osteuropa“ ging erstmals ein

Jugendworkshop voraus, der sich mit den Herausforderungen der EU-Integration für junge Menschen in den MOE-Staatenbeschäftigte. Anlass war die Erweiterung der EuropäischenUnion. Die Forschungsgruppe Jugend und Europa (FGJE) amC•A•P erstellte für Renovabis Inhalte und Konzept desWorkshops. Unter dem Titel „Vision Europa“ diskutiertenJugendliche aus Mittel- und Osteuropa ihre Hoffnungen, Zieleund Forderungen für die künftige EU. Nach einer Wocheintensiver Arbeit stellten die Teilnehmer des Workshops ihreErgebnisse zu Beginn des Renovabis-Kongresses in Form einerMultimedia-Präsentation vor. Sie konnten damit wichtigeImpulse für den weiteren Verlauf des Kongresses geben, andem 400 Personen teilnahmen, darunter hochrangigePersonen aus Kirche, öffentlichem Leben und Politik. WeitereHöhepunkte des Kongresses waren die Eingangsrede vonKardinal Meisner und Bundesjugendministerin RenateSchmidt sowie das Schlusswort von Professor WladyslawBartoszewski, dem ehemaligen polnischen Außenminister. Den

Workshop, der dem Renovabis-Kongress vorausging, leiteten Eva Feld-mann und Tamir Sinai von der FGJE. Renovabis ist die Solidaritätsaktionder deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa.Der Kongress fand Anfang September in Freising bei München statt.Weitere Informationen unter www.renovabis.de/aktuell/renovabis_kongress_2004.shtml und unter www.fgje.de.

Der ehemalige polnische AußenministerProfessor Wladyslaw Bartoszewski mitTeilnehmerinnen des Jugendworkshops„Vision Europa“.Foto: Tlinzka

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C•A•PROGRAMM

Va male – schlecht geht’s!

Obwohl Deutschland und Italien Grundsteine der europäischen Inte-gration gelegt haben, steht es unter dem Aspekt der deutsch-italieni-

schen Beziehungen schlecht um Europas Zukunft. Dies stellten Politiker,Journalisten und Wissenschaftler aus Deutschland und Italien auf dem eu-ropapolitischen Strategiedialog „Va bene – Europa verstehen: Italien“ imJuli fest, den die Bundeszentrale für politische Bildung und das C•A•P ge-meinsam veranstalteten. Furio Cerutti, Professor für Politische Philosophiean der Universität Florenz, sah sowohl die italienische als auchdie deutsche Regierung geschwächt: Die Europafeindlichkeit desKoalitionspartners Lega Nord mache europapolitische InitiativenRoms unmöglich, während die Orientierung Berlins an Paris denAufbau einer sicherheitspolitischen Alternative zu den USA ver-hindere. Franco Algieri vom C•A•P identifizierte für Italien undDeutschland eine ungefähr identische Konfliktlandkarte. Füreine erfolgversprechende europäische Sicherheitspolitik setzte erein „Trirectoire“ aus Deutschland, Frankreich und Großbritan-nien voraus. Die EU sei seit der Europäischen Sicherheitsstrategiekeine Zivilmacht mehr, sondern müsse global militärisch aktivwerden können. Für Italien sah Algieri die Gefahr der Marginali-sierung: Die einseitige Bindung an die USA habe Rom in eine si-cherheitspolitische Sackgasse gebracht. Gianni Bonvicini, Direk-tor des Istituto Affari Internazionali in Rom, sagte, in Italien seies schwieriger, die traditionelle Europapolitik weiterzuführen.Der deutsch-französische Unilateralismus während der Irak-Krise habe daseuropapolitische Vertrauensverhältnis weitgehend zerstört und das Poten-zial für neue Initiativen konsumiert. Damit sei der klassische „Integrations-kern Europas zerbrochen“. Weitere Informationen zum Strategiedialogunter www.cap-lmu.de/aktuell/events/2004/vabene.php.

Stagniert die europäische Integration,weil Deutschland und Italien nichtgenügend zusammenarbeiten? FrancoAlgieri vom C•A•P und Gianni Bonvicini,Direktor des Istituto Affari Internazionaliin Rom (v.l.).

„Erneuerung und Geschlossenheit“

Seit 47 Jahren stellt die CSU in Bayern den Ministerpräsidenten. Par-teienforscher Dr. Andreas Kießling von der Forschungsgruppe Deutsch-

land am C•A•P hat jüngst die umfassendste wissenschaftliche Analyse derCSU seit Ende der Siebziger Jahre vorgelegt (siehe Seite 15). C•A•Panoramasprach mit Kießling über die Besonderheiten der Partei.

Was unterscheidet die CSU von anderen Parteien?Der scheinbar immerwährende Wahlerfolg. Jahrzehntelang war dies vor al-lem mit Asymmetrien im bayerischen Parteienwettbewerb zu erklären. DasImage der CSU als der konservativen und christlichen „Staatspartei“ fügtsich nahtlos in das Weltbild der meisten der katholisch geprägten, regionalverwurzelten Bayern ein. Heute gibt es jedoch vermehrt Wechselwähler imFreistaat. CSU-Mehrheiten sind deshalb weniger denn je gottgegeben.

Was sind dann die neuen Erfolgsbedingungen der CSU?Seit dem Tod von Strauß gab es zahlreiche Krisen, etwa den Ansehensver-lust durch die Amigo-Affäre 1993. Was die CSU auszeichnet, ist die enormeSelbstregenerationsfähigkeit durch den Wettbewerb von innerparteilichenMachtzentren, der gleichzeitig von der eigenen Organisationskultur ge-zähmt wird. So sichert sie sich die scheinbar widersprüchlichen Grund-lagen für Wahlerfolge: Innerparteiliche Erneuerung und Geschlossenheit.

Welcher Partei wird der Ministerpräsident in 47 Jahren angehören?Trotz ihrer Vorteile hat die CSU Probleme. Allerdings geht für absehbareZeit von der SPD keine Gefahr aus. Die Grünen sind die eigentlichebayerische Opposition. Insgesamt verfügt die CSU über ausreichendMachtressourcen, so dass sie ihren Erfolg nur selbst gefährden kann. Wiedas geht, ist in München gut zu beobachten.

Parteienforscher Dr. Andreas Kießling vonder Forschungsgruppe Deutschland amC•A•P.

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C•A•PROGRAMM

Europapolitische Bilanz in Kloster Seeon

Zum sechsten Mal versammelte die SommerAkademie Europa mehr alsvierzig Nachwuchsführungskräfte in Kloster Seeon. An fünf Tagen im

August diskutierten die Teilnehmer über eine EU, die vor allem von innen-politischen Krisen gekennzeichnet ist, welche auf europäischer Ebene alspolitische Führungsschwäche durchschlagen. DieEuropäische Union befindet sich in einer Phase derSchwäche und Desorientierung, so ein Ergebnis derSommerAkademie. Auch nach der Irak-Krise und demVerfassungskompromiss ist „Europa machen“ nichtleichter geworden: Die EU entwickelt sich ständigweiter, und dazu gehören auch Konflikte. An derBruchstelle zwischen Gemeinschaftsmethode undintergouvernementalem Regieren kommt es zur of-fenen Konfrontation zwischen den europäischen Or-ganen, wie im Falle des Defizitverfahrens gegeneinige Euro-Staaten. Beim europäischen Verfassungs-vertrag zeigte sich, dass dessen Bedeutung vomjeweiligen Blickwinkel abhängt: Was für die einen einMisserfolg ist, gilt bei anderen als große Chance. DieVerfassung gibt so verschiedenen Akteuren wie der britischen Unterhaus-abgeordneten und ehemaligem Konventspräsidiumsmitglied Gisela Stuartund dem deutschen Konventsvertreter und CDU-BundestagsabgeordnetenPeter Altmaier ein gemeinsames Fundament für Europa. Allerdings wirddas Regieren in der EU 25 komplexer: Es könne, so Gisela Stuart, nichtmehr nur „das Europa sein, was Deutschland und Frankreich machen, solange Großbritannien nichts dagegen sagt.“ Weitere Informationen unterwww.cap-lmu.de/aktuell/events/2004/sommerakademie.php.

Transatlantisches Zwiegespräch

Wie steht es derzeit tatsächlich um die transatlantischen Beziehun-gen? Welche strategischen Herausforderungen gibt es und welche

Positionen beziehen die Gesellschaften in den USA und in Deutschlanddazu? Diese Fragen wurden beim Dialog für junge Transatlantiker amCentrum für angewandte Politikforschung im Mai erörtert. Im Rahmendes Transatlantik-Programms „Improving Responsiveness“ lud das C•A•P

zusammen mit dem amerikanischen Generalkonsulatin München rund vierzig junge Vertreter ausUniversitäten, Unternehmen, Thinktanks und Medienzum Gespräch ein. In Schwung gebracht wurde dieDiskussion durch zwei junge Experten auf dem Gebietder transatlantischen Beziehungen, Julianne Smithvom Center for Strategic and International Studies undKarl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundestags-abgeordneter der CSU. Hochkarätige Diskutantenwaren der amerikanische Botschafter Daniel Coats undder Generalkonsul in München, Matthew Rooney. ImLaufe der Diskussion wurden verschiedene Problembe-reiche der transatlantischen Beziehungen deutlich;eine der Hauptsorgen war dabei die öffentlicheMeinung zur transatlantischen Zusammenarbeit. Dasmangelnde Einwirken der politischen Elite und der

Meinungsbildner zugunsten der transatlantischen Beziehungen stelle fürdie Zukunft der Partnerschaft eine Gefahr dar, da sich die junge Genera-tion durch eine deutlich pragmatischere Herangehensweise auszeichne, soein Ergebnis. Der German Marshall Fund unterstützte die Veranstaltung.

Erfolg oder Misserfolg? Die ehemaligenKonventsmitglieder Peter Altmaier undGisela Stuart diskutieren über deneuropäischen Verfassungsvertrag.

Wie entwickeln sich die transatlantischenBeziehungen? Karl-Theodor Freiherr zuGuttenberg, Bundestagsabgeordneter derCSU, Professor Werner Weidenfeld,Direktor des C•A•P, Julianne Smith vomCenter for Strategic and InternationalStudies und Matthew Rooney,amerikanischer Generalkonsul inMünchen (v.l.).

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C•A•PROGRAMM

Allianz Summer Academy im Kloster Irsee

Zukunftsfragen Europas standen auf dem Programm der Allianz SummerAcademy 2004, die unter der Überschrift „Re-Inventing Europe: New

Generations Set their Agenda“ Ende Juli im schwäbischen Kloster Irseetagte. Studenten der LMU München, der Karls UniversitätPrag, der London School of Economics, des Institutd’Etudes Politiques Paris und der Universität Madrid bau-ten hier ihre Europakompetenz aus. In München bereitetesich das fünfköpfige Team von Studenten des Ge-schwister-Scholl-Instituts für Politische Wissenschaft unterLeitung von Dr. Manuela Glaab vom C•A•P über mehrereMonate intensiv auf die Sommerakademie vor, machte Zu-kunftsfragen aus, präsentierte Positionen und entwickeltePolicy Guidelines. Praxiseinsichten aus Wirtschaft undPolitik brachten Dr. Henning Schulte-Noelle von der Al-lianz Group und Sylvie Goulard von der EuropäischenKommission ein. Defizite erkannten die Studenten vorallem auf dem Gebiet einer europäischen Citizenship: Nurwenn die Bürger näher an Europa herangeführt werden,mithin eine europäische Identität entwickeln, lasse sichder Integrationsprozess erfolgreich fortschreiben. Die Stär-kung der Zivilgesellschaft wurde daher ebenso als notwendig erachtet wiegemeinschaftliche Anstrengungen im Bereich der Bildungs- und Kom-munikationspolitik. Unter Leitung von Professor Robert Picht vom EuropaKolleg Brügge wurden die Arbeitsergebnisse abschließend in eingemeinsames Memorandum gebündelt, abrufbar unter www.allianz-kulturstiftung.de/allianz_dt/bildung/bildung1.htm. Das C•A•P ist Partnerdieses von der Allianz Kulturstiftung geförderten internationalen Forums.

Neue Policy Guidelines: Teilnehmer derAllianz Summer Academy.

„A European Defence Strategy“ – Strategiepapier der Venusberg Gruppe

Wie muss die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)aussehen, damit die EU den globalen Herausforderungen begegnen

kann? Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts des C•A•P mit der Bertels-mann Stiftung stellte die Venusberg GruppeEnde Mai in Brüssel ihr neues sicherheitspoli-tisches Strategiepapier „A European DefenceStrategy“ vor. Aufbauend auf der EuropäischenSicherheitsstrategie wird erklärt, wann, wo,weshalb und wie die EU als umfassender inter-nationaler Akteur wirken soll. Dazu bedarf eseiner eindeutigen militärischen Aufgabenliste,um die ESVP zu einer „strategischen ESVP“auszubauen. Ziel ist es, die EU bis 2015 in dieLage zu versetzen, alle sicherheitspolitischenAufgaben übernehmen zu können. Das Zu-sammenwirken Deutschlands, Frankreichs undGroßbritanniens wird dabei von zentraler Be-deutung sein. Ein neu einzurichtender EU-Sicherheitsrat soll die politischeLegitimität und die sicherheitspolitische Effektivität gewährleisten. DieVenusberg Gruppe hat ihre Ergebnisse auch in Berlin, London undWashington vorgestellt, Paris und Wien folgen. Die bisherigenDiskussionen zeigen, dass eine deutliche Erwartungshaltung hinsichtlichder sicherheitspolitischen Rolle der EU besteht. Dies kann nicht ohneAuswirkungen auf die Nato bleiben. Das Strategiepapier ist online unterwww.cap-lmu.de/publikationen/2004/venusberg.php erhältlich.

„What ,Finalité’ for European Defence“?Julian Lindley-French, John Koenig,Annette Heuser, Christoph Heusgen undFranco Algieri (v.l.).

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C•A•PROGRAMM

Neuer Online-Auftritt des C•A•P

Seit Oktober präsentiert sich das C•A•P online mit neuen Funktionenund in einem neuen Design. Der Internetauftritt des C•A•P wird nun

mit Hilfe eines „Content Management Systems“ erstellt: Dies ermöglichteine strikte Trennung zwischen redaktionellen Inhalten,Layout und Programmierung. Die Website wird auf demWebserver www.cap-lmu.de erst im Moment der Betrachtungdurch den Nutzer dynamisch aus einer Datenbank generiert.Durch die Zuweisung von Kategorien zu Berichten,Meldungen, Positionen, Presseartikeln oder Publikationenvernetzen sich die verschiedenen Rubriken der Website –„Aktuell“, „Themen“, „Projekte“, „Publikationen“, „Über dasC•A•P“ – selbstständig untereinander. So können Themen-dossiers durch Filterung des Datenbestands effizient zusam-mengestellt oder neu eingestellte Analysen automatisch aufder persönlichen Homepage des Autors gelistet werden. Einweiteres Feature: Geschulte Redakteure können via Internetvon jedem Ort und zu jeder Zeit auf die redaktionellen Inhalteder Homepage zugreifen.

Der Umstieg auf ein solches System wurde notwendig, dasich auf der C•A•P -Website seit dem Jahr 2000 mehr alstausend Internet-Dokumente angesammelt haben und bis zu25. 000 User monatlich die Seite besuchen. Letztes Jahrwurden mehr als eine Million Seitenabrufe dokumentiert. DieWebsite des C•A•P ist damit zu einem wichtigen Vermitt-

lungs- und Dokumentationsinstrument im Rahmen der Projektaktivitätendes Instituts geworden. Die neue Website wurde vom MünchnerMedienbüro Teuthorn & Meyer [meteme.de] entwickelt.

Die neue Website des C•A•P:www.cap-lmu.de.

Spuren der Außenpolitik der DDR

Waren die Beziehungen zwischen Bonn und Prag zur Zeit des EisernenVorhangs spannungsreich, so herrschte auch zwischen Ost-Berlin

und Prag niemals ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis. Die Be-ziehungen zwischen der Tschechoslowakei und der DDR waren keinesfalls„sozialistisch brüderlich“. Vor allem der Anspruch der DDR, in allendeutschlandpolitischen Fragen sowie in Fragen der bilateralen Be-ziehungen zwischen Prag und Bonn die Richtung vorzugeben, wurde inder Tschechoslowakei nicht selten als Bevormundung interpretiert. DieSpuren der Außenpolitik der DDR in den gegenwärtigen deutsch-tschechischen Beziehungen zu identifizieren, war Ziel einer von derStiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur geförderten Tagung derForschungsgruppe Deutschland des C•A•P in Zusammenarbeit mit derBrücke/Most-Stiftung Dresden und Prag.

Dass sich die weitere Forschung lohnt, untermauerte Dr. Michael Weiglvon der Forschungsgruppe Deutschland mit dem Hinweis auf eine aktuelleMeinungsumfrage, wonach die Nachbarschaft zu Deutschland bei denEinwohnern der tschechischen Grenzregion zu Sachsen mehr Ängstehervorruft als bei den nahe der bayerischen Grenze lebenden Bürgern.Grund hierfür sei unter anderem, dass das Verhältnis zwischen Sachsenund Tschechen durch rund vierzig Jahre spannungsreicher Nachbarschaftals „sozialistische Bruderstaaten“ getrübt sei, welche für das bayerisch-tschechische Verhältnis keine Rolle spielten. Dass sich im Laufe derNachbarschaft von DDR und Tschechoslowakei auch Vorurteileverfestigten, bedeute eine Hypothek, mit der die sächsisch-tschechischeNachbarschaft belastet sei. Weitere Informationen unter www.cap-lmu.de/aktuell/events/2004/dresden_nachbarschaft.php.

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C•A•PERSONALIA

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Dr. Claus Giering, Leiter des Projekts Systemwandel, und Dr. Wim vanMeurs, Mittel- und Osteuropa-Experte, haben das C•A•P verlassen. ClausGiering verstärkt die Generaldirektion Unternehmen der Europäischen Kom-mission, Wim van Meurs hat an der Radboud-Universität Nimwegen dieDozentur für europäische Zeitgeschichte und Politik inne. Außerdem wurdeer in das Präsidium der Südosteuropa-Gesellschaft in München berufen.Seit Juli arbeitet Simone Dietrich in der Forschungsgruppe Zukunftsfragenam C•A•P zu den Themen Zukunftsforschung und Wandel der Gesellschaft.Seit September ist der Nahost-Experte Professor Giacomo Luciani Gast amC•A•P . Giacomo Luciani ist Professor für politische Ökonomie und Co-Direktor des Mediterranean Programme am European University Institute inFlorenz, außerdem Professional Lecturer an der Johns Hopkins University inBologna. In München wird er ein halbes Jahr über die Beziehungen Europaszum Nahen Osten, insbesondere zu den Staaten der Golfregion, arbeiten.

Der rumänische Staatspräsident Ion Iliescu hat C•A•P -Direktor ProfessorWerner Weidenfeld mit dem „Orden für treue Dienste“ (Ordinal ServiciulCredincios) im Grade eines Kommandeurs ausgezeichnet. Damit werdenseine Verdienste gewürdigt, dem Land nach dem Sturz des Ceaucescu-Regimes wieder in die demokratische Staatenwelt zurück zu helfen.Professor Weidenfeld wirkt bis heute daran mit, ein Netzwerk zwischeninternationalen Kooperationspartnern und der rumänischen Regierung zuschaffen, das die Transformation des Landes zu Marktwirtschaft undDemokratie unterstützt und den Weg in die Europäische Union ebnet.Außerdem ist Professor Weidenfeld seit April Nachfolger von Gerd Schulte-Hillen im Board der Koteret Journalistenschule in Tel Aviv. Die BertelsmannStiftung unterstützt die Schule bei Ausbildung, Management undFinanzierung.

Den Austausch über europäische Fragensuchten in den vergangenen Monaten amC•A•P mehrere Spitzen-Diplomaten:Daniel Coats, Botschafter der USA (sieheSeite 10), der chinesische Botschafter a.D.Professor Zhaorong Mei, der schwedischeBotschafter Carl Tham (siehe Foto untenmit C•A•P-Geschäftsführer Jürgen Turekbeim Eintrag in das C•A•P-Gästebuch)und Ampalavanar Selverajah, Botschafterder Republik Singapur.Als Gäste referierten u.a. Shigeo Katsu(Foto oben), als Vize-Präsident der Welt-bank zuständig für Europa und Zentral-asien, außerdem Dr. Gerhard Sabathil,Leiter der Vertretung der EU-Kommissionin Deutschland, und Eberhard Sinner,Staatsminister für Europaangelegenheitenin der Bayerischen Staatskanzlei.

Die EU wird für die sechs Scheichtümer am Golf – Saudi-Arabien, Kuwait, die Vereinigten ArabischenEmirate, Bahrein, Katar und Oman – als Partner und Modell immer attraktiver. Auf Einladung be-suchten C•A•P-Direktor Professor Werner Weidenfeld und Josef Janning, stellvertretender Direktordes C•A•P, im Frühjahr die Region (Bild links, mit Abdulaziz Sager, Chairman des GRC – GulfResearch Center). Professor Weidenfeld erläuterte am GRC in Dubai die Konturen, Chancen undProbleme der erweiterten Union. C•A•P und GRC beschlossen eine stärkere Zusammenarbeit undkonzipieren ein Modellprojekt zur Ausbildung von Diplomaten.In Peking bauten das C•A•P und das Center for European Studies an der Renmin Universität ihre seitfünf Jahren bestehende Zusammenarbeit weiter aus. Geplant sind ein mehrjähriges gemeinsamesForschungsprojekt, der Aufbau eines neuen Studiengangs zur europäischen Integration sowie diechinesische Neuauflage des Lexikons „Europa von A bis Z“ und erstmals auch eine chinesische Aus-gabe des „Europa-Handbuchs“ (Bild rechts, Professor Weidenfeld, Song Xinning, Direktor des Centerfor European Studies an der Renmin Universität, und Franco Algieri, Asien-Experte am C•A•P). Pro-fessor Weidenfeld, Franco Algieri und Josef Janning hielten Vorträge und führten Gespräche mitWissenschaftlern und Studierenden an der Renmin Universität, am Institut für Weltentwicklung undam China Institute of Contemporary International Relations.

Gäste am C•A•P

C•A•P verstärkt Nahost- und China-Engagement

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WERNER WEIDENFELD / WOLFGANG

WESSELS (HRSG.):Jahrbuch der EuropäischenIntegration 2003/2004Baden-Baden 2004, ISBN 3-8329-0968-0, 524 Seiten, 49 Euro

WERNER WEIDENFELD (HRSG.):Europa-Handbuch.Band 1: Die Europäische Union– Politisches System undPolitikbereiche.Band 2: Die StaatenweltEuropas.Gütersloh 2004, ISBN 3-89204-769-3, 1238 Seiten, 44 Euro

From Alliance to Coalitions – The Future ofTransatlantic Relations

Wer die Welt positiv verändern will, muss transatlantische Potenzialenutzen – die transatlantische Partnerschaft bleibt weiterhin die

entscheidende gestalterische Kraft der Weltpolitik. Dieser Ansatz bildet dieGrundlage der Initiative „Die Zukunft der Transatlantischen Beziehungen“der Bertelsmann Stiftung und des C•A•P . Die in diesem Rahmen initiiertentransatlantischen Strategiegruppen „Sicherheit“ und „Wirtschaft, Handelund Finanzen“ stellen nach zweijähriger intensiver Zusammenarbeit undkontinuierlichen Beratungen konkrete Empfehlungen zur verbessertenKooperation zwischen Europa und den USA vor. Ziel der beiden Arbeits-gruppen ist die kontinuierliche Bearbeitung kritischer Themenfelder inden transatlantischen Beziehungen und die Erarbeitung klarer Lösungs-vorschläge in Form von konkreten Politikempfehlungen. Kernforderungensind die Schaffung eines informellen europäisch-amerikanischen G-2-Steering-Komitees zur Intensivierung und Optimierung der Zusammen-arbeit im wirtschaftlichen Bereich und eine koordinierte Abstimmung imsicherheitspolitischen Bereich zur Überwindung der transatlantischenSpannungen der vergangenen Monate.

Europa-Handbuch

Wer in Europa über Europa mitreden will, braucht fundierteInformationen und Analysen. Das Europa-Handbuch bietet einen

strukturierten Überblick über die zentralen europapolitischen Themen:Band 1 des Handbuchs „Die Europäische Union – Politisches System undPolitikbereiche“ stellt auf 790 Seiten neben dem politischen System undden Politikbereichen die Außenbeziehungen der EU vor: zu Ländern wieden USA, China und Russland und Regionen wie dem Mittelmeerraum,Afrika oder Südostasien. Der Band gibt außerdem mit Aufsätzen über dieErweiterung der Union, Frieden in Europa, den Verfassungskonvent undmögliche politische Ausgestaltungen der EU Ausblicke auf die ZukunftEuropas. Band 2 „Die Staatenwelt Europas“ bietet in 36 Länderbeiträgeneinen detaillierten Überblick über die Staaten des Kontinents – über dieMitgliedstaaten der EU und ihre Rolle in der Union und über möglichekünftige Mitgliedstaaten wie Kroatien oder die Türkei. Zahlen und Datenüber Bevölkerung, Beschäftigung, Wirtschaft und Handel und die Organeder EU ergänzen das Standardwerk. Umfangreiche Register erschließen dasHandbuch und liefern so einen schnellen Zugang zu Akteuren,Handlungsfeldern und Herausforderungen der Europapolitik. Dies ist diedritte, aktualisierte und überarbeitete Auflage des Europa-Handbuchs.

C•A•PUBLIKATIONEN

W. WEIDENFELD / C. KOCH-WESER /C. F. BERGSTEN / W. STÜTZLE / J.HAMRE (HRSG.):From Alliance to Coalitions –The Future of TransatlanticRelations.Gütersloh 2004, ISBN 3-89204-762-6, 349 Seiten, 30 Euro

Jahrbuch der Europäischen Integration

Das Jahrbuch der Europäischen Integration des Instituts für EuropäischePolitik in Berlin dokumentiert und bilanziert seit 1980 zeitnah und

detailliert den europäischen Integrationsprozess. Entstanden ist eineeinzigartige Dokumentation der europäischen Zeitgeschichte. DasJahrbuch der Europäischen Integration 2003/2004 führt diese Traditionfort. In mehr als achtzig Beiträgen zeichnen die Autorinnen und Autorenin ihren jeweiligen Forschungsschwerpunkten die europapolitischenEreignisse des Berichtszeitraums 2003/2004 nach und informieren über dieArbeit der europäischen Institutionen und die Entwicklung der einzelnenPolitikbereiche der EU – von der Agrar- bis zur Wirtschaftspolitik. DieEuropapolitik jedes der 25 Mitgliedstaaten der EU wird nachgezeichnet,ebenso wie Europas Rolle in der Welt. Schwerpunkte dieses Jahrbuchsbilden die beiden großen Themen der EU: die Erweiterung zu einer EU der25 und mehr Mitgliedstaaten sowie die Europäische Verfassung.

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C•A•PUBLIKATIONEN

Die CSU – Machterhalt und -erneuerung

Die CSU ist eine Ausnahmeerscheinung in der Parteienlandschaft. Vieleaktuelle Entwicklungen des Parteiensystems gehen scheinbar spurlos

an ihr vorüber: abnehmende Mitgliederzahlen etwa, oder zunehmendeMachtwechsel. Diesen Befund nur auf besondere politisch-kulturelle Ver-hältnisse zurückzuführen, greift zu kurz. Die Studie rückt die spezifischeninnerparteilichen Mechanismen des Machterhalts und der Machterneu-erung in den Vordergrund und liefert damit eine theoretisch angeleiteteUntersuchung der Machtarchitektur der CSU seit dem Tod von Franz JosefStrauß 1988 bis heute. Ziel ist, Kooperation und Wettbewerb von innerpar-teilichen Machtzentren als Bedingungen für Geschlossenheit und Selbstre-generationsfähigkeit der Partei zu analysieren. Das Augenmerk liegt dabeiauf den Schlüsselentscheidungen: der doppelten Zäsur (Tod von Straußund deutsche Einheit), der Grundsatzkommission als innerparteilichemAufstiegskanal, dem bayerischen Machtwechsel von 1993, der Kontroversein der Doppelspitze Waigel/Stoiber um die Europapolitik sowie der bun-despolitischen Oppositionszeit seit 1998. Grundlage dafür sind vor allemzahlreiche Interviews mit den relevanten Akteuren, so dass die kritischewissenschaftliche Analyse mit Innenansichten der CSU kombiniert wird.

Das junge Europa

Jugendlichen erscheint europäische Politik unverständlich und wenignachvollziehbar. Während der Kontinent vor großen Herausforderun-

gen und erheblichen Umgestaltungen steht, löst die Integration bei vielenjungen Europäern diffuse Gefühle von Furcht und Desinteresse aus. VomGegenentwurf einer aktiven Beteiligung der Bevölkerung, vor allem derjungen Generation, die in einer Situation des Wandels besonders notwen-dig wäre, sind Politik und Zivilgesellschaft weit entfernt. Mit diesem Bandlegt die Forschungsgruppe Jugend und Europa am C•A•P Analysen, Hinter-gründe und Empfehlungen für eine wirksame Jugendbeteiligung in Europavor – Strategien für eine nachhaltige Partizipation und eine zeitgemäßeeuropabezogene Politikdidaktik. Der Band beinhaltet eine politikwissen-schaftliche Situationsanalyse im Spannungsfeld von Jugendpolitik und Ju-gendarbeit, benennt die Verantwortlichkeiten für die politischen Akteureund leitet konkrete Handlungsempfehlungen nicht nur für die Politik,sondern für alle beteiligten Seiten ab.

ANDREAS KIEßLING:Die CSU. Machterhalt undMachterneuerung.Wiesbaden 2004, ISBN 3-531-14380-8, 380 Seiten, 34,90 Euro

FORSCHUNGSGRUPPE JUGEND UND

EUROPA (HRSG.):Das junge Europa. Plädoyer füreine wirksame Jugendpolitik.München 2004, ISBN 3-933456-32-0, 96 Seiten, 9,80 Euro

KATRIN UHL / SUSANNE ULRICH /FLORIAN WENZEL (HRSG.):Evaluation politischer Bildung.Ist Wirkung messbar?Gütersloh 2004, ISBN 3-89204-720-0, 200 Seiten, 25 Euro

Evaluation politischer Bildung

Die Bedeutung von Bildungsprogrammen zur Demokratie- und Tole-ranzerziehung hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. Die

Programme sind eine Reaktion auf die Etablierung einer rechtsextremenJugendkultur in Teilen Deutschlands und der gestiegenen Gewaltbereit-schaft junger Menschen. Wie jedoch ist die Wirkung solcher Programme?Leisten sie die Prävention, die sich Stiftungen, Ministerien, Schulen undandere Bildungseinrichtungen von diesen pädagogischen Interventionenerhoffen? Der Aufsatzband präsentiert auf der Grundlage der Erfahrungen,die in dem Projekt „Erziehung zu Demokratie und Toleranz“ am C•A•Pgesammelt wurden, beispielhaft Methoden, Chancen und Schwierigkeitender Evaluation von Trainingsprogrammen zum sozialen Lernen. Anhandder Evaluation dreier Programme im Bereich Demokratie-Lernen werdenkonkrete Wirkungen politischer Bildung vorgestellt. Der eigene Ansatzeiner „Partizipativen Evaluation“ wird in seiner methodischen Umsetzungerläutert. Da das Themenfeld der Evaluation bisher weder durch eine ein-heitliche universitäre Ausbildung noch durch eine einheitliche Begriffsde-finition gekennzeichnet ist, trägt die Publikation zur Systematisierung bei.

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C•A•POSTSKRIPTUMC•A•PLANUNG

C•A•PANORAMA

erscheint zwei bis drei Mal jährlich und wird herausgegeben vom Centrum für angewandte Politikforschung (C•A•P)Direktor: Prof. Dr. Dr. h.c. Werner WeidenfeldMaria-Theresia-Straße 2181675 MünchenTel.: 089/2180-1300, Fax: 089/2180-1329E-Mail: [email protected]. und Chefredaktion: Jürgen TurekRedaktion und Layout: Dominik Müller-RussellSchlussredaktion: Eva Feldmann, Olaf Hillenbrand,Roman Maruhn, Dominik Müller-RussellDruck: Frühmorgen & Holzmann, Schwindstr. 5,80798 München

Am 26. und 27. Novemberveranstaltet die Alfred HerrhausenGesellschaft für internationalenDialog mit wissenschaftlicher Be-ratung des C•A•P und in Zu-sammenarbeit mit Triad Berlindie erste Impulskonferenz zu denHerausforderungen der Zukunfts-gesellschaft. Ort: C•A•P

19. - 21. November in Wandlitzund 10. - 12. Dezember inBerlin: Erste Ausbildungsrundevon „teamGLOBAL“, einemProjekt zur Globalisierung vonder Bundeszentrale für poli-tische Bildung in Zusammen-arbeit mit der Forschungs-gruppe Jugend und Europa(FGJE) am C•A•P . Junge Mul-tiplikatoren können sichbewerben bei Sascha Meinert,E-Mail: [email protected].

Schulen können sich für dieTeilnahme an der Planspiel-reihe „Europa – eine guteWahl“ bewerben. Es stehenPlätze zur Verfügung fürGruppen von 35 bis 45Schülerinnen und Schülern abder 10. Klasse. Die Terminesind im November undDezember. Bewerbungsunter-lagen unter www.fgje.de. An-sprechpartnerin: Cáit Kinsella,Tel.: 089 – 2180 5951,E-Mail:[email protected].

Die dreifache Transformationdes Irak – eine Zwischenbilanzvon Felix Neugart

Die Aufgabenstellung ist wahrhaft herkulisch: Im Irak wird gegenwärtigjene Transformation in drei Paralleldimensionen angestrebt, deren

Notwendigkeit der Politologe Claus Offe vor über zehn Jahren für Ost-europa diagnostiziert hat. Diese Herausforderung, ungleich komplizierterals in den meisten Staaten Osteuropas, ist durch das eklatante Miss-management der Besatzungsbehörden zusätzlich erschwert worden.

Im Bereich der Staatsbildung muss das Gewaltmonopol des Staates, dasim letzten Jahrzehnt der Herrschaft Saddam Husseins zunehmend erodiertist, auf das gesamte Territorium ausgedehnt werden; zudem müssen diekurdischen Autonomiegebiete in einem föderalen Rahmen behutsam re-integriert werden. Die übereilten Entscheidungen der Besatzungsbehörden,die irakische Armee aufzulösen sowie Funktionäre der Baath-Partei ohneindividuelle Prüfung von öffentlichen Ämtern auszuschließen, haben denStaatsapparat – durch drei Kriege und zehn Sanktionsjahre schwerangeschlagen – völlig kollabieren lassen. Die labile Sicherheitssituation –die Ketten von Angriffen auf die neuen staatlichen Institutionen und vonEntführungen reißen nicht ab – hat sich noch einmal verschlechtert. Ineinigen urbanen Zentren, insbesondere im Nordwesten des Irak, haben dieTruppen der Besatzungskoalition die Kontrolle weitgehend verloren.

Die Demokratisierung des politischen Systems erfordert die Einbe-ziehung aller relevanten Gruppen in einen breiten Übergangsprozess, andessen Ende freie Wahlen und die Ausarbeitung einer neuen Verfassungstehen müssen. Die Besatzungsbehörden haben jedoch durch häufigeKurswechsel und an der amerikanischen Innenpolitik orientierten Zielvor-gaben viel Vertrauen verspielt. Der im August 2003 eingesetzte Proviso-rische Regierungsrat war nur unzureichend repräsentativ und fiel vorallem durch Untätigkeit und Klientelpolitik auf. Der parallel eingeleiteteverfassungsgebende Prozess blieb im Ansatz stecken und wurde auf dasEnde des politischen Prozesses verschoben, während die Abhaltung freierWahlen nach langem Hin und Her auf Januar 2005 terminiert wurde. DieChance, nach der Übergabe der formalen Souveränität mit einer unabhän-gigen Regierung aus Fachleuten durch Sacharbeit dringend benötigte Legi-timität zu gewinnen und die Grundlagen für einen neutralen öffentlichenDienst zu legen, wurde jedoch vertan, als der für seine guten Kontakte zurCIA bekannte Exilpolitiker Ijad ’Allawi zum Premier ernannt wurde.

Der Aufbau einer funktionierenden Marktwirtschaft auf den Resten derineffizienten Staatswirtschaft muss nicht nur den blühenden mafiösenKlientelkapitalimus der späten Saddam-Jahre bekämpfen, sondern gleich-zeitig die einseitige Abhängigkeit vom Ölexport vermindern. Außerdemmuss die faktisch komplette Erosion von Infrastruktur und sozialenSicherungssystemen überwunden werden. Die mit neoliberalen Blaupau-sen angetretenen Besatzungsbehörden haben zwar mit einer drastischenÖffnung der Märkte und einer halbwegs gelungenen Währungsreformeinen Konsumboom ausgelöst, tragfähige Strukturen für ein funktionie-rendes Wirtschaftssystem sind jedoch nicht geschaffen worden. Die großeMehrheit der Iraker ist nach wie vor auf öffentliche Lebensmittelzuteilun-gen angewiesen. Die Grundversorgung ist lückenhaft, die Arbeitslosigkeiterreicht Höhen von bis zu fünfzig Prozent. Die Erfolgschancen für diedreifache Transformation des Irak waren ohnehin gering – durch dieFehlsteuerung der Besatzungsbehörden sind sie weiter gemindert worden.

Der Autor ist Nahost-Experte am C•A•P.