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VDE Fachtagung Niederspannungs-Schaltanlagen und -Gerätetechnik Nachweis der Grenzübertemperaturen in TSK-Anlagen Seite 1 Nachweis der Grenzübertemperaturen in typgeprüften Niederspannungs - Schaltgerätekombinationen (TSK-Schaltfelder) Inhalt Seite 1. Lichtbogenstörungen in Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen 2 2. Grundlagen der Prüfungen und zulässige Grenzübertemperaturen 3 3. Erwärmungsprüfungen 7 4. Partiell typgeprüfte Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen 12 5. Nachweis der Kurzschlussfestigkeit 14 6. Zusammenfassung 15 . Literaturangaben 16 Referent: Dipl.-Ing. Jürgen Vogler Firma: Institut „Prüffeld für elektrische Hochleistungstechnik“ GmbH Abt. Niederspannungsprüffeld Adresse: Landsberger Allee 378 12681 Berlin Telefon: 030 54960331 Telefax: 030 54960402 Email: [email protected]

Nachweis der Grenzübertemperaturen in typgeprüften

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Niederspannungs-Schaltanlagen und -Gerätetechnik

Nachweis der Grenzübertemperaturen in TSK-Anlagen

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1

Nachweis der Grenzübertemperaturen in typgeprüften

Niederspannungs - Schaltgerätekombinationen

(TSK-Schaltfelder)

Inhalt Seite

1. Lichtbogenstörungen in Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen 2

2. Grundlagen der Prüfungen und zulässige Grenzübertemperaturen 3

3. Erwärmungsprüfungen 7

4. Partiell typgeprüfte Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen 12

5. Nachweis der Kurzschlussfestigkeit 14

6. Zusammenfassung 15

. Literaturangaben 16

Referent: Dipl.-Ing. Jürgen Vogler Firma: Institut „Prüffeld für elektrische Hochleistungstechnik“ GmbH Abt. Niederspannungsprüffeld Adresse: Landsberger Allee 378 12681 Berlin Telefon: 030 54960331 Telefax: 030 54960402 Email: [email protected]

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1. Lichtbogenstörungen in Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen

Bild 1: Störlichtbogen in einer NS-Anlage

Eine Situation, die nie auftreten dürfte! Der Störlichtbogen bei einer Spannung von

400 V und einem unbeeinflussten Kurzschlusswechselstrom von 25 kA bei der

Anwesenheit einer Person (Dummy) an einer geöffneten Niederspannungs-

Schaltgeräte Kombination.

Die Ursachen der leider doch auftretenden tragischen Ereignisse sind Handlungen von

Personen im zulässigen aber auch unzulässigen Bereich, Fehler von Bauteilen,

Qualitätsprobleme, mangelhafte Betriebsführung und Wartung, Bau- und

Projektierungsfehler, aber im wesentlichem eine Unterschätzung der physikalischen

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Wirkung des Lichtbogens bei Kurzschlussströmen mit einen unbeeinflussten

Kurzschlusswechselstrom > 5 kA.

Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen dem Störlichtbogen in Anwesenheit

einer Person am geöffnetem, unter Spannung stehendem Schaltfeld, das statistisch

häufigste Ereignis, und einem Lichtbogen im geschlossenen Schaltfeld.

Im ersten Fall kann mit großer Sicherheit von einer Handlung ausgegangen werden. Diese

Fehler sind nur durch Schulung und einer Sensibilisierung der handelnden Personen

für die sehr kritischen Gefahren im Umgang mit leistungsstarken Niederspannungsnetzen

vermeidbar.

Lichtbogenstörungen in geschlossenen Systemen haben seltener Personenschäden zur

Folge, sondern verursachen hohen materiellen Schaden, und werden meist durch Fehler

ausgelöst, die in der Konstruktion der Schaltanlage und des nicht sachgemäßen

Einsatzes der Bauteile liegen. Zur Eingrenzung der Schadenshäufigkeit sollten daher

grundsätzlich nur nach DIN VDE 0660 Teil 500 typgeprüfte Niederspannungs-

Schaltgerätekombinationen bei der Errichtung von Neuanlagen eingesetzt werden.

2. Grundlagen der Prüfung von Niederspannungs-

Schaltgerätekombinationen und zulässige Grenzübertemperaturen

Das Institut „Prüffeld für elektrische Hochleistungstechnik“ GmbH (IPH Berlin) ist 1956 als

zentrales Hochleistungsprüffeld der DDR gegründet worden und führt seit dem

Entwicklungs- und Typprüfungen auf dem gesamten Gebiet der Nieder-, Mittel- und

Hochspannungstechnik für die nationale und internationale Industrie durch. 1990 wurde

das Prüffeld privatisiert und ist seit 1996 eine 100%tige Tochter der BEWAG AG Berlin.

Die DATECH- und PEHLA- Akkreditierung erfolgt 1991. Das IPH Berlin ist zur Zeit das

größte, neutrale und unabhängige Hochleistungsprüffeld Deutschlands mit einem breiten

internationalen Kundenkreis.

Seit 1979 beteiligte sich das IPH Berlin im Rahmen des Forschungsverbandes der

Industrie, aktiv an der Weiterentwicklung typgeprüfter Niederspannungs-

Schaltgerätekombinationen, wobei durch den Autor besonders der Problemkreis der

Entstehung und Auswirkung des Störlichtbogens in Niederspannungs-Schaltanlagen auf

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Personen und Anlagen bearbeitet wurde. Im Rahmen dieser Tätigkeit und aus der jetzigen

Tätigkeit als Prüfingenieur für Anlagen und der gutachtlichen Ermittlung der Ursachen von

Störungen, im besonderem von Lichtbogenstörungen in Mittel- und Nieder-

Spannungsanlagen, wurden häufig Erwärmungsprobleme von Bauteilen der Schaltgeräte-

Kombinationen als Störquelle ermittelt.

Die Entwicklung der Schaltgerätekombination ist ein Spiegelbild des allgemeinen Trends

der Technik zu kleineren, zuverlässigeren und leistungsstärkeren Elementen, die

kostengünstig an einem globalen Ort gebaut werden. Ein Hauptproblem dieser globalen

Entwicklung ist die Sicherung der Qualität und Zuverlässigkeit. Der allgemein anerkannte

Maßstab dafür sind die in den IEC-Vorschriften und den daraus abgeleiteten nationalen

Standards niedergelegten Prüfparameter zum Nachweis der Funktion.

Die Schwerpunkte der Typprüfung der Schaltgerätekombination, die grundsätzlich nur

aus typgeprüften Bauteilen (Schaltgeräten, Stromwandlern u.s.w. ) aufgebaut werden

dürfen [1], liegen bei dem Nachweis der Einhaltung der Grenzübertemperaturen und

dem Nachweis der Kurzschlussfestigkeit für die Hauptstromkreise und dem

Schutzleiterstromkreis.

Für die Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen sind die Kriterien für die Nachweis

der Parameter in der IEC 60439-1 Ausgabe 1999 (VDE 0660 Teil 500, Ausgabe August

2000) - Niederspannungs-Schaltgerätekombination; Teil 1: Typgeprüfte und partiell

typgeprüfte Kombinationen - [1] festgeschrieben.

Die in der VDE 0660 Teil 500 [1] genannten Temperaturerhöhungen an den Anschlüssen

der Einbauelemente (Schalter, Sicherungen, Kabel usw.) und die Berührungs-

temperaturen an den Wänden und Bedienelementen sind in der folgenden Tabelle

wiedergegeben. Leider sind diese Werte für die Typprüfung von Niederspannungs-

Schaltgerätekombinationen nicht ausreichend und korrekt genug. Sie bieten

interpretierbaren Spielraum und dieser wird auch von einigen Herstellern, entgegen den

allgemein anerkannten physikalischen Erkenntnissen [2], genutzt.

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Bild 2: Tabelle 2 aus VDE 066 Teil 500 Formal sind mit den Werten der Tabelle alle Grenzwerte definiert. In der täglichen

Prüfpraxis berufen sich jedoch einige Hersteller auf die Formulierung „ nach Angaben des

Herstellers“ und definieren ihre eigenen Grenzübertemperaturen auf der Basis der

Eigenschaften des umgebenen Isoliermaterials, mit dem Hinweis ihre Bauteile und Geräte

sind für diese höheren Werte geeignet. Bedacht wird in diesen Zusammenhang nicht,

dass z.B. die mechanische Festigkeit des Leiterwerkstoffes Kupfer durch Verschiebungen

im kristallinen Aufbau, sich bereits bei einer Temperatur von 125 °C [2] verändert und

somit die Güte und Lebensdauer einer Verbindung negativ beeinflusst wird [3].

Spielraum und Unsicherheit bieten auch die unterschiedlichen Grenzübertemperaturwerte

in den Vorschriften der Bauteile und Geräte. In der folgenden Tabelle sind aus Platz- und

Übersichtlichkeitsgründen die Grenzübertemperaturen nur einige Bauteile, die für die

Niederspannungs-Schaltgerätekombination verwendet werden, zusammengestellt und mit

den zulässigen Werten der Vorschrift der Mittel -und Hochspannungsanlagen IEC 60694

(VDE 0670 Teil 1000) [4] und der IEC 60943 [2] verglichen. Auffällig ist, dass noch nicht

einmal in der Vorschriftengruppe VDE 0660 eine einheitliche Festlegung der

Grenzübertemperaturen vorliegt. Vergleicht man diese Werte mit den der Mittel- und

Tabelle 2 aus VDE 0660 Teil 500 - Grenzübertemperaturen -

Teile der Schaltgerätekombination Grenzübertemperaturen [ K ]

Eingebaute Betriebsmittel Entsprechend den für sie geltenden Bestimmungen, soweit vorhanden, oder entsprechend den Angaben des Herstellers unter Berücksichtigung der Innentemperatur der Schaltgerätekombination.

Anschlüsse für von außeneingeführte isolierte Leiter

70

Sammelschienen und Leiter, Steckkontakte von herausnehmbaren Teilen oder Einschübe zum Anschluss an Sammelschienen

Begrenzt durch: - mechanische Festigkeit der Leiterwerkstoffe; - möglichen Einfluss auf benachbarte Betriebsmittel; - zulässige Grenzübertemperatur des Isolierstoffes, den der Leiter berührt; - Rückwirkung der Leitertemperatur auf die angeschlossenen Geräte; - Art und Oberfläche des Kontaktmaterials bei Steckkontakten.

Bedienteile

aus Metall aus Isolierstoff

15 25

Berührbare Außenflächen von Gehäusen oder Verkleidungen

aus Metall aus Isolierstoff

30 40

Steckverbindungen Begrenzt durch die Werte der zugehörigen Betriebsmittel, deren Bestandteil sie sind.

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Hochspannungsanlagen, so ist zu erkennen, dass für die Neugestaltung der IEC 60439

ein erheblicher qualitativer Nachholbedarf besteht. Eine qualitative Verbesserung ist auch

für die Gruppe der IEC 60947 notwendig. Nur die Angabe eines Grenzwertes für die

Anschlusstemperatur z.B. eines Niederspannungsleistungsschalters in Einschubbauform

ohne Nachweis der Übertemperatur der Steckkontakte und inneren Verbindungen ist

keine ausreichender Nachweis einer Zuverlässigkeit der geforderten Lebensdauer.

Bild 3: Zusammenstellung der zulässigen Grenzübertemperaturen für verschiedene Bauteile

3. Erwärmungsprüfungen Die Niederspannungs-Schaltgerätekombination ist im allgemeinen ein Schranksystem,

das Schaltgeräte , Stromschienen und zusätzliche Einbaugeräte enthält. Wird diese

Schaltgerätekombination von einem Bemessungsstrom durchflossen, so entsteht nach

den physikalischen Gesetzmäßigkeiten eine Verlustwärme, die über die Wärmeleitung,

Konvektion und Lüftung abgeführt werden muss.

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Bild 4: Aufbau einer Niederspannungs-Schaltgerätekombination

Bild 5: Belastung einer Niederspannungs-Schaltgerätekombination Gemäß der Definition der VDE 0660 Teil 500 wird eine Niederspannungs-

Schaltgerätekombination in der Einspeisung mit dem Bemessungsstrom Ie und dem

Bemessungsbelastungsfaktor = 1 belastet. In der Hauptsammelschiene fliest je nach

Gestaltung der Anlage der Bemessungs- oder Teilstrom. Die Verteilschiene eines

Abgangsfeldes wird mit ihrem Bemessungsstrom und dem Bemessungsbelastungsfaktor

1 belastet. Die einzelnen Abgänge dieses Feldes mit dem Bemessungsstrom des

Abganges multipliziert mit dem Bemessungsbelastungsfaktor gemäß Tabelle 1 der VDE

0660

Teil 500 [1]. Ist die Summe der Abgangsströme größer als der Bemessungsstrom der

Verteilschiene, so wird nur ein Teil der Abgänge belastet. Die gewählte Kombination soll

immer den kritischsten Belastungsfall nachbilden. Verluste zusätzlicher Bauteile ( Spulen

I 0

Schaltgeräte

Steuergeräte Meßgeräte

Meldegeräte Regelgeräte

Stromschienen

Schutzgeräte I 0

Bemessungs-Strom

äußere Umgebungstemperatur max 35 °C

Strahlung

Lüftung

g

Konvektion

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von Schützen, elektronische Geräte u.s.w.) können mit Heizwiderstände nachgebildet

werden. In der Prüfpraxis hat sich jedoch herausgestellt, dass der Einsatz von realen

Bauteilen günstiger ist, da die genaue Nachbildung des Wärmeaustausches bei z.B.

kleinräumigen MCC-Einschüben mit Heizwiderständen nicht möglich ist und eher

negativere Prüfergebnisse hervorbringt. Auch die Nachbildung von Leistungsabgängen in

Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen ist zwar nach der Vorschrift unter

Beachtung gewisser Bedingungen [5] möglich, sollte jedoch nicht angewendet werden, da

die tatsächlich auftretenden kritischen Punkte an den Verbindungen und Anschlüssen

damit nicht erfasst werden.

Das Hauptproblem für den Anlagenbauer liegt in dem Umstand, das die zulässigen

Grenztemperaturen für die Schaltgeräte und Bauteile nach derengeltender Norm in freier

Luft mit Meter langen, schwarz gestrichenen Schienenpaket ermittelt werden und im

Schaltfeld nur wenige Zentimeter bis zur nächsten Verbindung zur Verfügung stehen,

zusätzlich die Luftbewegung durch die Packungsdichte und Schutzartforderung begrenzt

ist.

Bild 6: Prüfanordnung der Erwärmungsprüfung der Niederspannung - Leistungs- Schalter und NH Sicherungsleisten

70 K

3 m

2 m

Einspeisung

Kurzschluß

Leistungsschalter

Cu-Schienen, schwarz gestrichen

Cu-Schienen blank , 1m

70 K

Kurzschluß

Einspeisung

Kabel 3 m

70 K Anschluß

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In dem folgendem Bild sind die Messpunkte zum Nachweis der Grenzübertemperaturen in

einem typischen Schaltfeld für 2500 A dargestellt.

Bild 7: Anordnung der Temperaturmessstellen zum Nachweis der Grenzüber- temperaturen

Bei der Bewertung der Messergebnisse werden die Grenzübertemperaturen der Tabelle 2

der VDE 0660 Teil 500 zugrunde gelegt [1]. Fehlende Angaben z.B. für den

Leistungsschalter werden aus den Vorschriften ( IEC 60947-2; VDE 0660 Teil 101) der

Bauteile entnommen. Für die Stromschienenverbindung hat sich auf Grund der fehlenden

Grenzwertangaben in der VDE 0660 Teil 500 [1] in der Praxis die Verwendung der DIN

43671 als günstig - und von den meisten Schaltanlagenbauer auch akzeptiert –

herausgestellt. Wichtig für den Nachweis der Grenzübertemperaturen ist die Kontrolle der

Übertemperaturen der Wicklungen der eingebauten Stromwandler. Hier hat sich in der

Prüfpraxis herausgestellt, das der Einsatz der Stromwandler in der realen Schaltanlage

von den Prüfbedingungen des Stromwandlers in freier Luft stark abweicht und eine

Überschreitung der zulässigen Wicklungstemperaturen um >20 % und mehr nicht selten

ist.

Wandler

Leiter- Anschlußtemperatur Umgebungsluft berührbare Flächen - Bedienelement

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Endwerte der Temperaturerhöhung 2500 A Originalzustand

40

50

60

70

80

90

100

Kabel-Anschluß Vebindung SS Stromwandler Leistungsschalter

unten

Leistungsschalter

oben

SS-Verbindung Sammelschiene

Meßpunkte längs des Stromweges

Te

mp

era

ture

rhö

hu

ng

[ K

]

Leiter 1 Leiter 2 Leiter 3 zulässiger Wert

Endwerte der Temperaturerhöhung 2500 A, veränderte Schienenführung und Lüftung

40

50

60

70

80

90

100

Kabel-Anschluß Vebindung SS Stromwandler Leistungsschalter

unten

Leistungsschalter

oben

SS-Verbindung Sammelschiene

Meßpunkte längs des Stromweges

Te

mp

era

ture

rhö

hu

ng

[ K

]

Leiter 1 Leiter 2 Leiter 3 zulässiger Wert

Bild 8: Ergebnisse der Erwärmungsprüfung im Entewicklungszustand und der

Endausführung

In dem Ergebnisdiagrammen ist die typische Temperaturverteilung in einem Einspeisfeld

für ein Neukonstruktion wiedergegeben. Auffällig und technisch auch gut erklärbar ist die

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abweichende Temperaturerhöhung an dem oberen Anschluss Leiter L2 des

Leistungsschalters. Der Konstrukteur einer neuen Niederspannungs-Schaltgeräte-

kombination geht von einer gleichmäßigen Temperaturverteilung an den

Leistungsschalteranschlüssen aus und setzt für seine Schienendimensionierung die vom

Schalterhersteller veröffentlichte Verlustleistung und die allgemeine Strombelastbarkeit

der Sammelschienen nach DIN 43671 an. Tatsächlich ergeben sich aber schon bei der

Erwärmung des Leistungsschalters im Normprüfaufbau in freier Luft in dem Leiter L2

erhöhte Temperaturwerte, die physikalisch auch logisch sind, da bei dem kompaktem

Aufbau der Leistungsschalter die mittlere Strombahn von den beiden äußeren Leitern

zusätzlich erwärmt wird und sie durch die Randlage eine bessere Kühlung erhalten. Im

Schaltfeld, wo konstruktiv bedingt der Leistungsschalter im allgemeinem mit einer

Flachschienenverbindung mit der Sammelschiene verbunden ist, wird die für die Kühlung

der Anschlussfahnen notwendige Luftströmung durch die unteren Anschlüsse behindert,

so das für den oberen Anschluss des Leiters 2 die geringste Kühlung vorhanden ist.

Besonders kritisch wird es, wenn zusätzlich, wie von den Anwendern oft gefordert,

Stromwandler direkt nach dem Leistungsschalter angeordnet werden. Sie behindern

zusätzlich die notwendig Luftströmung. Für die Lösung dieses Problems ist das Geschick

und die Erfahrung des Konstrukteurs gefragt.

Für die direkte Umgebungsluft im Innern der Schaltgerätekombination wird in der VDE

0660 Teil 500 ebenfalls kein konkreter Wert vorgegeben. Zentgraf [5] gibt in der VDE-

Schriftenreihe zur VDE 0660 Teil 500 einen Wert von 55°C, also eine Temperatur-

erhöhung von 20K bei einer Umgebungstemperatur von 35 °C an. Dieser Wert entspricht

auch den allgemeinen Angaben der zulässigen maximalen Umgebungstemperatur von

elektrischen Bauteilen. Da der Wert nicht exakt in den Vorschriften festgehalten ist, wird

auch an diesem Punkt zur Erreichung eines positiven Prüfergebnisse oft über einen

höheren Wert diskutiert.

Unkritischer sind die Probleme der zulässigen Temperaturen für die Berührung der

Bedienelemente und der Flächen. Die Ausnahme stellen die Abgangsfelder mit

Sicherungs-Lastschalter oder Sicherungs-Lasttrennschalter dar. Hier ist durch eine zu

kompakte Anordnung der Sicherungsbausteine eine gegenseitige Aufheizung möglich. Die

Aufheizung hat eine Überschreitung der Berührungstemperatur über den zulässigen Wert

von 40 K, aber auch über 50 K für die Inanspruchnahme der Sonderreglung für den Fall,

das bei normalen Betrieb die Flächen nicht berührt werden müssen, zur Folge.

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Hier gilt es auch für den Konstrukteur, den Verlockungen der Werbe- und

Messeprospekten zu wiederstehen und zusätzliche Lüftungsschlitze anzuordnen und

somit die Packungsdichte den tatsächlichen Belastungsgrenzen der zugehörigen

Verteilschiene mit einem vertretbaren Bemessungsbelastungsfaktor für die

Sicherungsabgänge zu realisieren. Im folgendem Bild wird eine Thermovisionsaufnahme

eines Abgangsfeldes wiedergegeben, in dem bewusst die unteren Sicherungsleisten mit

einem höheren Bemessungsfaktor beansprucht wurden.

Bild 9: Thermovisionsaufnahme der mit höheren Bemessungsfaktor belasteten Sicherungsabgänge.

4. Partiell typgeprüfte Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen

In der VDE 0660 Teil 500 ist die Definition der partiell geprüften Niederspannungs-

Schaltgeräte-kombinationen (PTSK) enthalten und in den Teilen 507 und 509 weitere

Erläuterungen zur bedingten Anwendung dieser Verfahren. Die Autoren der Vorschrift sind

bei der Nutzung dieser Verfahren immer von einer konkreten, typgeprüften Kombination

ausgegangen, um auf der Basis der ermittelten Temperaturerhöhungen Interpolationen für

einen veränderten Typ zu ermitteln. In der Praxis hat sich dieses Verfahren aber

verselbstständigt und es werden auf der Basis von Verlustleistungen der Schaltgeräte und

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Bauteile aus Katalogangaben und der ermittelten Abgabeleistung von Schranksystemen

Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen gebaut und installiert. Es muss immer

wieder darauf verwiesen werden, dass dieses Verfahren nur sehr bedingt anwendbar ist

und zum Beispiel für die Angabe der Verlustleistung von Schaltgeräten kein genormtes

Verfahren zur Ermittlung dieser Verlustleistung vorliegt. Auch wird die für die

Langzeitzuverlässigkeit der Anlagen sehr wichtige Anschlusstemperatur der

Betriebsmittel, die sehr stark von der Schienenkonstruktion abhängig ist vernachlässigt.

In den vorangegangenen Ausführungen zu den Typprüfungen der Niederspannungs-

Schaltgerätekombinationen sind die tatsächlich auftretenden Beanspruchungen

dargestellt. Die Heizpunkte, die zu einer Überbeanspruchung der Anschlüsse,

Verbindungen und Kontakte führen und für das frühzeitiges Ausfallen der Gesamtanlage

verantwortlich sind, lassen sich mit einer pauschalen Berechnung der Verlustleistung nicht

ermitteln.

5. Nachweis der Kurzschlussfestigkeit

In der Einleitung wurde bereits darauf verwiesen, dass neben dem Nachweis der

Grenzübertemperaturen der Nachweis der Kurzschlussfestigkeit der Hauptstromkreise

und des Schurzleiterstromkreises zu den Hauptproblemen der partiell und typgeprüften

Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen zählt. Der Nachweis der Kurzschluss-

festigkeit der Hauptleiterstromkreise ist im Allgemeinen kein Problem. Nur der Trend auf

dem Markt tendiert zu immer größeren Kurzschlussströmen, verbunden mit höheren

Packungsdichten und Schutzgrad. Auch hier gilt die oben aufgeführte Problematik des

Nachweises bei der PTSK, wobei besonders der Nachweis der Kurzschlussfestigkeit des

Schutzleiters vernachlässigt wird.

Eine weitere Tendenz ist die Anwendung von Sicherungs-Lasttrennschaltern in

Schaltgeräte-Kombinationen mit einem Kurzschlusswechselstrom > 50 kA. Im

geschlossenem Zustand der Sicherungs-Lasttrennschalter ist es nicht ausgeschlossen,

das diese Schaltgeräte entsprechend den eingesetzten NH-Sicherung in der Lage sind,

fehlerfrei den Durchlassstrom der Sicherung bei einen Kurzschluss zu übertragen. Jedoch

besitzen diese Schaltgeräte nach geltender Prüfvorschrift nur ein Einschaltvermögen von

50 kA unter Ausnutzung der Strombegrenzung der im Schaltgerät eingesetzten NH-

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Sicherung. Sollte eine Person einen Sicherungs-Lasttrennschalter bei einem anstehenden

Kurzschlusswechselstrom von z.B. 80 kA auf einen Kurzschluss schalten, ist mit

Sicherheit mit einer Lichtbogenstörung zu rechnen. Psychologisch wird durch die

Bauweise der Sicherungs-Lasttrennschalter mit klaren Kunststofffenstern vor den NH-

Sicherungen, dem Unwissendem durch den Aufdruck von üblicherweise 120 kA

Schaltvermögen der NH-Sicherung, ein Sicherheitsgefühl vorgetäuscht. Leider wird dieser

Fakt unzureichend in der Fachliteratur diskutiert.

Es ist daher stets darauf zu achten, das die Kurzschlussfestigkeit der Gesamtanlage

durch die Kurzschlussfestigkeit des Einzelelementes bestimmt wird, eine Weisheit, die seit

eher gelehrt wird, in der Praxis aber häufig wieder in Vergessenheit gerät.

Leistungsschalter

Verteilschiene

I cw = 50 kA

(I cw = 80 kA)

I cc = 50 kA

I cw = 50 kA

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6. Zusammenfassung

Die Typprüfung von Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen ist ein sicherer

Instrumentarium eine zuverlässige Schaltanlage mit hoher Zuverlässigkeit und

Lebensdauer zu erhalten. Ein Vergleich der internationalen und nationalen Vorschriften

auf dem Gebiet der Nieder- Mittel- und Hochspannungs-Anlagen zeigt jedoch, dass eine

inhaltlich Angleichung der Parameter für die Beurteilung eines Typprüfergebnisses

dringend notwendig ist. Es ist in der Praxis schwer vermittelbar, warum z.B. in einer

Schwerpunktlast-Station in einem Industriehalle mit einen 10-kV-Einspeisefeld, einem

Trockentransformator 10/0,4 kV und einer Niederspannungs-Schaltgerätekombination

unterschiedliche Temperaturgrenzwerte für die selbe Zuverlässigkeitsforderung

angewendet werden, wobei die räumlichen Bedingungen für die Bauteile gegensätzlich

den zugelassenen Temperaturendwerte sind.

Bedenkenswert ist bei eine Überarbeitung der Vorschriften auch die Prüfanordnung der

Einzelgeräte. Es werden z.B. mehr als 90% der Niederspannungsleistungs-Schalter und

Sicherungs-Lasttrennschalter in Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen eingebaut.

Es ist volkswirtschaftlich nicht verständlich, weshalb für diese und andere Geräte

Prüfanordnungen gewählt werden, die Einbausituationen nachbilden, die seit 30 Jahren

nicht mehr praktiziert werden.

Bei der anstehenden Überarbeitung der IEC 60439-1 sollte dem Problem der Anwendung

der partiell typgeprüften sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet werden.

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Literaturangaben:

[1] Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen

Teil 1 Typgeprüfte und partiell typgeprüfte Kombinationen

(IEC 60439-1:1999)

Deutsche Fassung EN 60439-1:1999

VDE 0600 Teil 500:2000-08

[2] Technical Report

(IEC 60943:1998-01)

Guideconcerning the permissible temperature rise for parts of

electrical equipment, in particulare for terminals

[3] Böhme

Mittelspannungstechnik

Verlag Technik Berlin München

[4] Gemeinsame Bestimmungen für Hochspannungs-Schaltgeräte-

Normen

(IEC 60694:1996)

Deutsche Fassung EN 60694:1996

VDE 0670 Teil 1000:1998-10

[5] Zentgraf

VDE Schriftenreihe Heft 28

Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen

Erläuterung zu DIN EN 60439-1

VDE 0600 Teil 500:1994-04