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Z. anorg. allg. Chem. 570 (1989) 54-66 VEB J. A. Barth, Leipzig
Nachweis des Phosphino-phosphinidens (Me,C),P- P bei der Umsetzung von [ ( Me,C),P],PLi mit 1,2-Dibromethan durch Abfangreaktionen
G. FRITZ", T. VAAHS, H. FLEISCHER und E. MATERN
K a r l s r u h e , Institut fur Anorganische Chemie der Universitat
I n h a l t s u b e r s i c h t . [(Me,C),P],PLi 1 reagiert mit 1,2-Dibromethan unter Bildung von P,[P(CMe3),14 3, P,[P(CMc,),], 4 und P(CMe,),Br. Die Reaktion verlauft uber die Zwischenstufe 2 (bei -4OOC kristallin isolierbar), deren Weiterreaktion zu (Me,C),PBr, 3 und 4 sich NMR-spektro- skopisch verfolgen I&Ot. Die Zersetzung von Z erfolgt unter Bildung des Phosphinidens (Me,C),P -P, das zu den Cyclophosphanen 3 und 4 weiterreagiert.
(Me,C),P-P wird durch Abfangreaktionen nachgewiesen. Bei der Reaktion von 2 in 1,3-Cyclo- hexadien, Cyclohexen und 2,3-Dimethyl-l, 3-butadien erfolgt die Bildung der entsprechenden Phos- phirane durch Addition des Phosphinidens an eine Doppelbindung. Bei der Umsetzung in 2,3-Di- mrthyl-1,3-butadien bildet sich bevorzugt das Tetrahydro-l,2-diphosphorin-Derivat 9, das durch Addition des Diphosphens (Me,C),P-P=P-P(CMe,), a n das Dien entsteht.
Evidence from Trapping for the Existence of the Phosphinophosphinidene (Mc3C)2P -P in the Reaction of [ (Me8C)2P]2PLi with 1,2-Dibromoethane
Abst rac t . [(Me,C),P],PLi 1 with 1,X-dibromoethane produces P,[P(CMe,),], 3, P,[P(CMe,),], 4, and P(CMe,),Br. The reaction proceeds via the intermediate '2 (isolable at -40°C as a crystalline product). The following rcaction steps yielding (Me,C),PBr, 3 and 4 were monitored by n.m.r. spec- troscopy. Decomposition of 2 forms the phosphinidene (Me,C),P-P which reacts on to yield 3 and 4.
Evidence for (Me,C),P-P comes from trapping reactions. I n reactions of 2 with I, 3-cyclohexa- diene, cyclohexene and 2,3-dimethyl-l, 3-butadiene the corresponding phosphiranes are formed by addition of the phosphinidene to a double bond. I n the case of 2,3-dimethyl-l,3-butadiene the main product is the tetrahydro-l,2-diphosphorin 8 formed by addition of the diphosphene (Me,C),P -P =P -P(CMe,), to the diene.
Einleitung
Untersuchungen zum Aufbsu P-funktioneller Triphosphane ermoglichten die Synthese des (Me,C),P -P(SiMe,) -P(SiMe,), [I], das beim ErwSirmen (65 O C ,
15 h) neben P(SiMe,), undP(SiMe,),CMe, die Cyclophosphane [(Me,C),P -PI, und I] (Me,C),P -PI3 bildet [a]. Dieser Reaktionsablauf weist auf die Ausbildung des Phosphinidens (Me,C) ,P -P als Zwischenstufe hin. Der Nachweis dieses Phosphinidens uber Abfangreaktionen ist ein Ergebnis der jetzt vorliegenden Untersuchung.
G. FRITZ u. a., Nachweis des (Me,C),P-P 55
Ergebnis der Untersuchung 1. Dic Umsetzung yon [(Me&)gP]2PLi 1 rnit 1,2-Dibromethan
In einer vorausgehenden Untersuchung wurde gezeigt, daB sich lithiierte Di- phosphane mit BrH,C -CH,Br in entsprechend silylierte Tetraphosphane uber- fuhren lassen [l]. Diese Reaktion ist nicht auf die Umsetzung von [(Me,C),P],PLi 1 mit 1,2-Dibromethan zu ubertragen. Suspendiert man das Phosphid 1 in Toluol und gibt bei 0°C raech eine konzentrierte Losung von 1,2-Dibromethan in Toluol zu, so entsteht unter Entwicklung von C,H, eine klare, orangerote Losung, die innerhalb von 2 bis 3 d triib und gelb wird. Die Umsetzung verlauft iiber die Zwischenstufe 2, die sich unter Abscheidung von LiBr und Bildung von (Me,C),PBr, P,[P(CMe,),], 3 und P,[P(CMe,),], 4 zersetzt.
Urn diesen komplexen Reaktionsablauf aufzuklken, wurde die Reaktion ein- geleitet und das Reaktionsgemisch nach beendeter Gasentwicklung (C,H,) auf -4OOC abgekiihlt, urn dadurch die weitere Reaktion zu unterbinden. In diesem Stadium der Reaktion bildet sich kein LiBr-Niederschlag. Im (1H) -,lP-NMR- Spektrum (Abb. 1) der jetzt vorliegenden Verbindung 2 erkennt man das do- minierende Auftreten eines AMX-Spinsystems mit ungewohnlichen chemischen Verschiebungen und sehr grol3en Kopplungen. In Tab. 1 sind die NMR-Daten
P'
P3
150 100 50 0 - 50 PPm
Li I
I Br
Abb. 1
setzung von [(Me,C),P],PLi mit C,H,Br, gemessen bei -70°C.
E1H}-31P-NMR-Spektrum der Zwischenstufe 2 (Me3C),P1-P2=P3(Br)(CMe,), aus der Um-
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Tabelle 1 stufe 2
Gegenuberstellung der 31P-iSMR-Werte der Ausgangsverbindung 1 und der Zwischen-
a31P in ppm J(p,p) in Hz
Pl = +59,0 (d) (P', P2) = -330 P2 = -134,O (t) (P', P3) = -330 (Me,C),P1 -P"( Li) - P3( C&k.,),
1 P3 = +59,0 (d)
Li , ,CM% (Me,C)P' -P2 =P3 -Br
CMe, I ' '\
Br
P' = +20,G (dvd) (PI, p2) = - 2 5 2
Pz = --88,9 (dvd) (PI, P3) = 40
P3 = +175,0 (dvd) (P', P3) = -G83
von Edukt 1 und Zwischenprodukt 2 angegeben. Auffallend ist die extreme Tief- feldverschiebung der Resonanz von P3 um 116ppm und die hohe Kopplungs- konstante Jipd,ps) = - 683 Hz im Vergleich zum Phosphid 1. Durch eine 31P-NMR- Aufnahme mit lH-Kopplungen wird deutlich, darj die beiden primaren Phos- phoratome durch Me&-Gruppen substituiert sind, das sekundare P-Atom jedoch weder eine direkte P -H-Kopplung zeigt, noch eine Alkylgruppe tragt. Die Tief- feldverschiebung der Resonanz von P3 kljt sich auf eine Erhohung der Koordina- tionszahl an diesem Phosphoratom zuruckfuhren und der ungewohnlich hohe Be- trag von Jo,,,,, spricht fur einen Mehrfachbindungsanteil zwischen P2 und P3, da alle unbekannten Phosphene diese unwohnlich grol3e Kopplung zeigen.
3 3 - -
I I I I I
150 100 50 0 -50 PPm Abb. 2 {1H)-31P-NMR-Spektrum der Reaktionslosung a m (CMe,),P]2PLi und C,H,Br, nach 24 h
Li I
I Br
bei 20°C 2 (Me3C)2P1-P2=P3(Br)(CMe,)2; 3 P4[P(CMe3)2]4; 4 P,[P(CMe,),],; 5 (Me,C),PBr
G. FRITZ u. a., Nachweis des (Me,C),P-P 57
LaBt man diese Reaktionslosung des Zwischenproduktes 2 auf 20 O C auftauen und verfolgt die Weiterreaktion durch tagliche NMR-Messungen, so wird deut- lich, daB sich das AMX-Spinsystem von 2 langsam umwandelt, wobei eine Trii- bung der Losung durch Preisetzen des LiBr aus Verbindung 2 erfolgt. Abb. 2 zeigt das 31P-NMR-Spektrum der Reaktionslosung nach 24 h bei 2OOC. Danach ist Verbindung 2 in der Losung noch vorhanden, jedoch bilden sich die Signale der Verbindung (Me,C),PBr 5 als Singulett und weitere Signalgruppen fur das Cyclotetraphosphan P,[P(CMe,) ,la 3 und das Cyclotriphosphan P3[P(CMe3) ,I3 4 in dem MaBe aus, in dem die Signale von 2 verschwinden. Dies bedeutet, daB Verbindung 2 unter Bildung definierter Reaktionsprodukte zerfallt. Nach 7 d bei 2OoC ist dieser ProzeB abgeschlossen, so daB nach Abfiltrieren des LiBr und Wechseln des Losungsmittels 3 aus Pentan bei -20 OC umkristallisiert werden kann.
Die Qualitat des Spektrums (Abb. 2) ermoglicht nicht den vollbefriedigenden Nachweis von 4 im Reaktionsgemisch, da drei und nicht vier (oder zwei) Signalgruppen beobachtet werden und das Spektrum eine Integration nicht erlaubt. Nach weiteren Aufnahmen steht in 4 eine P(CMe,),- Gruppe trans zu den iibrigen; 6P1 =67; 6P2 =47 ppm. Im Signal bei 6 = -163 ppm iiberlagern sich die beiden Signalgruppen der endocyclischen P-Atomen. Somit ergeben sich die drei Signal- gruppen im Verhaltnis 1: 2: 3. Sowohl die fur die Cyclotriphosphane charakteristische Ver- schiebung [3] als auch das Fehlen dieser Signale (sowie die des Cyclotetraphosphans 3) im Spektrum des Reaktionsgemisches der Abfangreaktion des (Me,C),P-P mit ?,3-Dimethyl-butadien sprechen fur das Vorliegen der Verbindung 4. Verbindung 4 wurde massenspektrometrisch belegt : M+, P,C,,H,,, gem. 528,2631 (rel. Int. 1G,2%); M+-CMe,, P,C2,H,5, 471,1945 (10,4%); M+-P(CMe,),, P,C,,H,,, 383,1513 (14,9%); M+-P(CMe,),, PSCl2Hz8, 327,0868 (100%).
Fur die Struktur des Bromadduktes 2 bieten sich verschiedene Beschreibungs- moglichkeiten, die im Einklang mit dem Spektrum in Abb. 1 stehen:
Me& Li ,CMe, +
Me&/ ‘CMe, \pl--P2=P3-Br Br- I a) Das Phosphoniumion 2a
Diese berucksichtigt die Tieffeldverschiebung am P3 durch Erhiihung der Koor- dinationszahl. AuBerdem kann ein Mehrfachbindungsanteil zwischen P2 und P3 angenommen werden.
b) 2 laBt sich auch als Phosphinidenoid-Phosphan-Komplex 2 b auffassen (Begriff Phosphinidenoid in Analogie zu den Carbenoiden der Kohlenstoff- chemie).
Me&\ Li ,CM% 2 b pl-p2=p3 -Br
Me$/ Br \CMe,
Der Phosphinidenoid-Phosphan-Komplex 2 b ist analog zu den Yliden durch Grenzstrukturen zu beschreiben, die sowohl den Mehrfachbindungsanteil zwi- schen P2 und P3 als auch die Erhohung der Koordinationszahl beriicksichtigen. Der Strukturvorschlag 2 b macht auch die gute Loslichkeit in unpolaren Losungs- mitteln wie Cyclohexan und Toluol verstandlich.
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c) Verbindung 2 lafit sich auch als ein phosphan-stabilisiertes Phosphino- phosphiniden mit ,,solvatisiertem LiBr" auffassen
Me,C
Fur den Reaktionsablauf ergibt sich somit folgender Weg (Abb. 3) :
(Me Cl P > PBr* LiCH2 - CH2Br (Me3Cl2 p I
+ Li , CMe3
CMe3 Br 2 (Me3C12P- P = P - Br -
\
L - 3 - Abb. 3 Reaktionsweg der Umsetzung von [(Me3C),P],PLi mit BrCH,-CH,Br
2. Isolierung des Bromadduktes 2
Beim Abkuhlen der aus der Umsetzung von [(Me,C)pP],PLi 1 mit 1,2-Di- bromethan sich bildenden Reaktionslosung ( -40 "C, 6 h) auf -78 "C bildet sich nnch 48 h ein gelber, feinkristalliner Niederschlag der Verbinclung 2, der durch Filtration bei -78 O C abgetrennt werden kann. Das NMR-Spektrum dieser Kri- stalle ist identisch mit dem in Abb. 1 wiedergegebenen Spektrum des Reaktions- produktes. Nach Abpumpen des Losungsmittels und Erwarmen des Kristall-
G. FRITZ U. a., Nachweis des (Me,C),P-P 59
pulvers auf 2OoC zeigt das NMR-Spektrum die Bildung von (Me,C),PBr und stimmt mit dem Spektrum uberein, das durch Erwarmen der Reaktionslosung aus der Umsetzung von 1 mit 1,2-Dibromethan erhalten wird und in Abb. 2 dargestellt ist. Dies zeigt, daI3 die Bildung von 3 und 4 uber Verbindung 2 als Zwischenstufe ablauft.
3. Naehweis des Phosphinidens (Me8C)sP -P durch Abfangreaktionen Die vorausgehenden Untersuchungen legen nahe, daI3 die Bildung der Cyclo-
phosphane 3 und 4 uber das Phosphiniden (Me,C),P -P erfolgt. Es wird gezeigt, daI3 sich dieses durch Abfangreaktionen nachweisen 1aBt. Die Umsetzungen wur- den mit 1,3-Cyclohexadien, 2,3-Dimethyl-l, 3-butadien und Cyclohexen durch- gefuhrt (Reaktionsbedingungen : Einwirkung von 2 auf das Abfangreagenz bei 2OoC, Reaktionszeit 5 d).
3.1. Abfangreakt ion m i t 2,3-Dimethyl-1,3-butadien Abb. 4 zeigt das (1H}-31P-NMR-Spektrum der Abfangreaktion. Die Signale
der beiden Cyclophosphane 3 und 4 (Endprodukte der Reaktion ohne Abfang- reagenz) treten im Spektrum nicht mehr auf. Auffallend sind die beiden symme-
I I I I I I I I -50 -100 -150 -200 ppm 150 100 50 0
Abb. 4 aus ‘2 mit 2,3-Dimethyl-l, 3-butadien 5 (Me,C),PBr; 7 [(Me,C),P],PH; 9 , ,pp)?(CMe3)2
{1H}-31P-NMR-Spektrum der Reaktionslosung aus der Abfangreaktion von (Me,C),P-P
I II I
\A /I \I 10 (Me,C),P-P
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trischen Signalgruppen mit jeweils sechs Linien bei +45,3 ppm7 die fur ein AAXX’-Spektrum sprechen, bei dem die beiden AB-Teilspektren entartet sind und ubereinander liegen. Ein solches Spinsystem kann dem Tetrahydro-l,2-di- phosphorin Derivat 9 zugeordnet werden, das durch 4f 2-Cycloaddition eines Di- phosphens an das Dien entsteht. Die Signalgruppe bei tiefem Feld entspricht den beiden exocyclischen, die bei hohem Feld den beiden endocyclischen Phos- phoratomen.
31P-hTMR-Daten von 9: 6P3 und 6P4 = +45,3 ppm; 6P1 nnd SP2 = -48,7 ppm; Jp,, p l = -277 Hz; Jpi,ps = Jpa,pa = -339 Hz; Jpi,p& =z Jpzp, = 65 Hz; Jpa,pa 5 1 Hz.
9 Z(M9C)zP - P & ( M 9 C )zP - P = P - P(CM9)z -
Abb. 6 E1H)-3LP-NMR-Spektr~~m der Verbindung 9
Um die Interpretation zu belegen, wurde das Spektrum der Verbindung 9 (Abb. 5) simuliert und bis zu guter Ubereinstimmung iteriert [4]. Weiterhin treten im Spektrum (Abh. 4) zwei Dubletts bei S = +34,5 ppm und bei S = -189 ppm mit der Kopplungskonstanten J,,,,, = -233 Hz auf. Aufgrund der charakteristischen Hochfeldverschiebung des einen Dubletts kann diese Signal- gruppe dern Phosphiran 10 zugeordnet werden.
Damit wird in einem geringen Umfang die Addition des Phosphinidens an eine der beiden Doppelbindungen des Diens sichtbar. Die auch zu erwartende 1,3- Addition des Phosphinidens an das Dien zum Dihydrophosphol-Derivat konnte nicht beobachtet werden.
Dieses Ergebnis entspricht den Untersuchungen von MATHEY [5], nach denen Phosphiniden-Ubergangsmetallkomplexe mit Dienen primar zu Phosphiran reagieren und sich erst bei hoherer Temperatur aus den Allyl-Phosphiranen die Dihydrophosphole bilden.
E, n
0 .In N I
0 .o N I
0 2
0 0
0 In I
0
0 In
0 12
0 2
0
8
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3 . 2 . Abfangreakt ion mi t Cyclohexen
Abb. 6 zeigt das NMR-Spektrum des Reaktionsproduktes der Abfangreaktjon rnit Cyclohexen. Es 1aOt erkennen, daIj sich im uberwiegenden MaBe die Cyclo- phosphane 3 und 4 bilden. Nur in geringem Anteil entsteht das erwartete Phos- phiran 11, das an den beidenDubletts bei 6= +65,5 und 6= -225 ppm mit der Kopplungskonstanten J(,,,,, = -220 HZ zu erkennen ist.
P'- 6(CMe3J2 1
[P- P(CMe3)2] 3 + [P- P(CMe3)2] 4 IMe3Cl2 P - P
3 . 3 . Abfangreakt ionen i n 1 ,3-Cyclohexadien
Die Reaktionslosung der Umsetzung von 2 in 1,3-Cyclohexadien zeigt das in Abb. 7 wiedergegebene {1H}-31P-NMR-Spektrum.
Daraus geht hervor, daB die bei der Umsetzung ohne Abfangreagenz gebildeten Cyclophosphane 3 und 4 nur noch in geringem Anteil auftreten. Das [ (Me3C) ,P],PH 7 ist auf eine partielle Hydrolyse der Ausgangsverbindung 1 zuruckzufuhren. Eine charakteristische Signalgruppe im (lH} -31P-NMR-Spektrum Abb. 7 sind die beiden Dubletts bei 6 = +57,8 ppm und 6 = -217 ppm rnit einer Kopplungskonstante von JPlpl = - 220 Hz. Diese Resonanzen konnen dem Phosphiran-Derivat zugeordnet werden, das durch Addition des Phosphinidens an eine Doppelbindung des 1,3-Cyclohexadiens entsteht.
Die extreme Hochfeldverschiebung von 6 = -217 ppm ist charakteristisch fur Phosphirane. Das Signal bei 6 = +57,8 ppm kann dem exocyclischen Phosphor- Atom zugeordnet werden. Um eine P -H-Verbindung auszuschliefien, deren Resonanz auch bei iihnlich hohem Feld auftritt, wurde das NMR-Spektrums noch lH-gekoppelt aufgenommen. Dieses zeigt eine Aufspaltung der Linie des Dubletts bei 6 = -217 ppm mit einer Kopplungskonstante von 15 Hz. Eine direkte P -H-Kopplung im Reaktionsprodukt kann daher ausgeschlossen werden. Die beobachtete Aufspaltung in Abb. 7 kann auf die Kopplung der Dreiring- Protonen mit dem Ringphosphor-Atom zuriickgefuhrt werden.
UJdd OSZ-
ooz- OOL-
as - 0
0s 001
OSL ooz
I I
I I
I I
I I
I
P
L
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I m Spektrum Abb. 7 treten vier Dubletts bei 6 = +54,6 ppm (dJ, 6 = +48 ppm (dJ, 6 = -25,7 pprn (d3) und 6 = -28,l ppm (d4) auf, wobei dem Dublett (d,) eine Kopplungskonstante von -275 Hz und (d2), (dJ, (d,) jeweils eine Kopplungskonstante von -258 Hz zukommt. Eine eindeutige Zuordnung dieses Spektrenbereiches war zwar nicht moglich, kann aber mit den denk- baren Produkten 13 oder 14 der Abfangreaktion in Einklang gebracht werden.
13 14
Diskussion der Ergebnisse
Die Umsetzung von [(Me&) ,P],PLi mit I72-Dibromethan fuhrt nicht zu einem Hexaphosphan, sondern zu der bei -4OOC faI3baren Zwischenstufe 2, deren Aufbau sich aus der 31P-NMR-Untersuchung ergibt, und deren Bildung uber den in Abb. 3 angegebenen Reaktionsweg verstandlich wird. Verbindung 2 zersetzt sich unter Bildung von LiBr, (Me,C),PBr und (Me,C),P-P, das zu den Cyclo- phosphanen 3 und 4 weiterreagiert.
Die Abfangreaktionen des Phosphinophosphinidens fuhren durch Addition an eine Doppelbindung zum Nachweis des (Me,C),P -P. Im Spektrum der Reak- tionsprodukte mit 2,3-Dimethyl-l,3-butadjen konnen die Signale hiichster Intensitat dem 3-Hydro-l,2-diphosphoriii-Derivat 9 zugeordnet werden. Bei dieser Reaktion verlauft die Addition unter Bildung von Verbindung 9 offen- sichtlich schneller d s die Oligomerisierung des (Me,C),P -P zu den Cyclophos- phanen 3 und 4, die nicht mehr zu beobachten waren. Bei der Reaktion des Cyclohexens mit 2 kann nur ein geringer Anteil des sich bildenden Phosphinidens abgefangen werden. Der weitaus grol3te Teil oligomerisiert zu den Cyclophospha- nen 3 und 4. Beim Diphenylacetylen unterbleibt die Abfangreaktion vollstandig. Die Reaktivitatsunterschiede des (Me,C),P -P gegenuber dem Mono- und Di- Olefin sowie dem Alkin konnen in Analogie zu dem Verhalten der Phosphinidene R-P (R = H, Et, Ph) nach Untersuchungen von SCHMIDT [6] und MATHEY [5] auf die zu geringe Elektrophilie des Phosphinidens zuruckgefuhrt werden.
Zudem sollte fur (Me,C),P -P wie fur Alkyl- und Aryl-Phosphinidene der Grundzustand ein Triplettzustand sein. Primar entsteht dann das Diphosphen, welches durch 4f2-Cycloaddition an einem Dien leicht abgefangen werden kann. Im Falle des (Me,C),P-P bedeutet dies die Bildung von (Me,C),P -P=P -P(CMe,), und begrhndet damit den hohen Anteil an Tetra- hydro-l,2-diphosphorin-Derivat 9 bei der Reaktion mit 2,3-Dimethyl-I, 3-buta- dien.
G. FRITZ u. a., Nachweis des (Me,C),P-P 65
Experimentelle Einzelheiten 1. Darstellung von [ (Me,C),P] ,PSiMe, 12. In vorausgehenden Untersnchnngen wurde Ver-
bindung 12 in einer dreistnfigen Synthese aufgebaut [l, 21. Die Synthese von 12 llBt sich in einer Eintopfreaktion in besserer Ausbeute auf folgendem Wege durchfuhren: 53,3 g (159 mmol) LiP(SiMe,), . 2 THF werden in 350 ml THF in einem ReaktionsgefaB mit Magnetruhrer und Tropf- trichter vorgelegt und dazu 29,4 g (163 mmol) (Me,C),PCI (gelost in 350 ml THF) innerhalb von 3 h bei 0°C zugetropft. Nach einer Reaktionszeit von 15 h bei 20°C wird das THF abkondensiert, der Ruckstand in Pentan aufgenommen und das ausgefallene LiCl abfiltriert. Nach Einengen der Pentanlosung bilden sich bei - 18 "C farblose Kristalle von 12, die durch fraktionierte Kristallisation gereinigt werden konnen.
Ausbeute: 12,2 g (31 mmol) = 38% von 12 (bezogen auf (Me,C),PCI). Nach fraktionierter Destillation des Filtrats wurden 13 g (52 mmol) (Me,Si),P sowie 2,9 g
Die Bildung von [(Me,C),P],PLi- THF erfolgte nach [l].
2. Synthese des P,[P(CMe,),],. 2,l g (5,25 mmol) [(Me,C),P],PLi THF 1 wurden in 10 ml Toluol aufgeschlammt und dazu bei 0°C rasch 0,98 g (5,25 mmol) 1,2-Dibromethan gegeben. Danach 1aI3t man auf 20°C erwarmen und ruhrt weitere 5 d bei dieser Temperatur. Danach wird das ausge- fallene LiBr abfiltriert. Bei -20°C kristallisiert aus der Losung Verbindung 3 in Form klarer, gelber Kristalle. Smp. 95-98°C (ohne Zersetzung). Ausbeute: 0,5 g = 53%.
(Me,C),P - P( SiMe,), isoliert.
Molekulargewicht : 696 (kryoskopisch in Benzol), ber. 704. Das {1H}-31P-NMR-Spektrum von P41[P2(CMe,),]4 zeigt zwei Signalgruppen 6P1 = - 43 ppm,
Massenspektrometrische Untersuchung: M+, P,C,,H,,, 704,356; M+-P(CMe,),, P,CzaHs4, 559,2389;
3. Umsetzungvon [ (Me2C),P],PLi 1 mit 1,2-Dibromethan zur Bildung von 2.1,3g (3,7 mmol) [(Me,C),P],PLi 1 THF werden in 15 ml Toluol suspendiert und 0,G g (3,2 mmol) 1,2-Dibromethan bei 0 "C zugegeben. Nach Beendigung der Gasentwicklung (Austritt von C,H,) wird die Reaktionslosung weitere 2 h bei -40°C geriihrt. Die Losung wird dabei klar und verfirbt sich von rotorange nach gelb. Nach 2 d bei -78°C fallt ein gelber, feinkristalliner Niederschlag der Verbindung 2 aus, der aus Toluol umkristallisiert wird. Das 31P-NMR-Spektrum dieser Verbindung entspricht Abb. 1. Ausbeute : 0,5 g (1 mmol) = 31%.
4. Abhngreaktionen des Phosphinophosphinidens (Me&P- P. [(Me,C),P],PLi .1,1 THF wird in verschiedenen Liisungsmitteln, die als Phosphiniden-Abfangreagenz reagieren konnen (8. u.) suspendiert und die aquimolare Menge an 1,a-Dibromethan bei 0 "C zugegeben. Die Reaktions- mischung wird 5 d bei 20°C geriihrt. Dabei bildet sich stets eine orange, klare Losung, die sich lang- sam durch Ausfallen des LiBr triibt. Der Salzniederschlag wird abfiltriert und das Filtrat NMR- spektroskopisch untersucht.
Abfangreagenz Menge Menge an 1 Menge an 1,2-Dibromethan
1,3-Cyclohexadien 5 ml 0,7 g (1,70 mmol) 0,31 g (1,7 mrnol) 2,3-Dimethyl- 10 mI 0,5 g (1,21 mmol) 0,22 g (1,21 mmol) 1,3-butadien Cyclohexen 15 ml 1,0 g (2,42 mmol) 0,44 g (2,42 mmol) Diphenylacetylen 295 g 0,5 g ( l , 2 l mmol) 0,22 g (1,21 mmol)
6P2 = f63 ppm.
M+-3 CMe,, P,C,H,,, 533,1407.
Dem Fonds der Chemischen Industrie nnd der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir fur die Forderung. Die Bayer AG, Leverkusen, und die Hans-Heinrich-Hutte, Langelsheim/Harz, unterstutzten uns mit Chemikalien. Herrn Doz. Dr. HANS SCHAFER danken wir fur wertvolle Dis- kussionen, Herrn H. DOMNICK fur die Aufnahme der NMR-Spektren und Herrn Dr. H. SCHEER fur die massenspektrometrische Untersuchung.
66 Z. anorg. allg. Chem. 570 (1989)
Literatur [l] FRITZ, G.; VAAHS, T.: Z. anorg. allg. Chem. 552 (1987) 18. [2] FRITZ, G.; VAAHS, T.: Z. anorg. allg. Chem. 553 (1987) 85. [3] BAUDLER, M.: Pure Appl. Chem. 52 (1980) 755. [4] Programm PANIC (Bruker). [5] &THEY, F.: Angew. Chem. 99 (1987) 285; Angew. Chem. Int. Ed. Engl. 26 (1987) 275;
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Bei der Redaktion eingegangen am 22. Juli 1988.
Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. Dr. h. c. G. FRITZ, Dr. T. VAARS, Dip1.-Chem. H. FLEISCHER und Dr. E. MATERN, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Engesserstr., Geb.-Nr. 30.45 D-7500 Karlsruhe