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Nachweis von Elementarteilchen in Teilchendetektoren Ulrich Jansen 5. August 2005 Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 1 2 Der CMS-Detektor im ¨ Uberblick 1 2.1 Aufbau des CMS Detektors .......................... 1 3 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie 3 3.1 Geladene Teilchen .............................. 3 3.1.1 Energieverlust durch Ionisation, Anregung und Bremsstrahlung .. 3 3.1.2 Szintillation .............................. 5 3.1.3 Cherenkov-Strahlung ......................... 6 3.1.4 ¨ Ubergangsstrahlung ......................... 7 3.1.5 Weitere Verlustmechanismen ..................... 7 3.2 Photonen ................................... 7 3.2.1 Der Photoeffekt ............................ 8 3.2.2 Der Comptoneffekt .......................... 8 3.2.3 Die Paarerzeugung .......................... 9 4 Die Detektorsysteme des CMS 9 4.1 Der Central Tracker .............................. 9 4.1.1 Der Halbleiterz¨ ahler ......................... 9 4.1.2 Der Vertex-Detektor bei CMS .................... 10 4.1.3 Der Silicon-Tracker bei CMS .................... 10 4.2 Das elektromagnetische Kalorimeter ..................... 10 4.3 Das hadronische Kalorimeter ......................... 10 4.4 Die Magnetspule ............................... 11 4.5 Die Myonenkammern ............................. 12 4.5.1 Gasdetektoren ............................ 12 4.5.2 Vieldrahtkammern .......................... 13 4.5.3 Resistive Plate Chambers ....................... 14 4.5.4 Das CMS Myonensystem ...................... 15 5 Zusammenfassung 15

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Nachweis von Elementarteilchen in Teilchendetektoren

Ulrich Jansen

5. August 2005

Inhaltsverzeichnis

1 Motivation 1

2 Der CMS-Detektor im Uberblick 12.1 Aufbau des CMS Detektors. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

3 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie 33.1 Geladene Teilchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

3.1.1 Energieverlust durch Ionisation, Anregung und Bremsstrahlung. . 33.1.2 Szintillation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53.1.3 Cherenkov-Strahlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.1.4 Ubergangsstrahlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.1.5 Weitere Verlustmechanismen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

3.2 Photonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.2.1 Der Photoeffekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83.2.2 Der Comptoneffekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83.2.3 Die Paarerzeugung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4 Die Detektorsysteme des CMS 94.1 Der Central Tracker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4.1.1 Der Halbleiterzahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94.1.2 Der Vertex-Detektor bei CMS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104.1.3 Der Silicon-Tracker bei CMS. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4.2 Das elektromagnetische Kalorimeter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104.3 Das hadronische Kalorimeter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104.4 Die Magnetspule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114.5 Die Myonenkammern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4.5.1 Gasdetektoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124.5.2 Vieldrahtkammern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134.5.3 Resistive Plate Chambers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144.5.4 Das CMS Myonensystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

5 Zusammenfassung 15

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Zusammenfassung

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine Ausarbeitung des Seminarvor-trages

”Nachweis von Elementarteilchen in Teilchendetektoren“.

Die Ausarbeitung orientiert sich an den Komponenten des CMS-Detektors am CERNund wird die meisten der dort verwendeten Detektorsysteme beschreiben. Dazu wer-den zunachst die physikalischen Grundlagen, d.h. Wechselwirkungen von Teilchen mitMaterie erklart. Dabei wird fur geladene Teilchen auf die Wechselwirkungen durchIonisation, Anregung und Bremsstrahlung, auf Cherenkov- undUbergangsstrahlung,sowie auf Szintillation eingegangen. Fur Photonen werden der Compton-Effekt, derPhotoeffekt und die Paarerzeugung erlautert. Auf ungeladene Teilchen wird nur amRande eingegangen.Anschließend werden die einzelnen Detektorsysteme des CMS von innen nach au-ßen erlautert. Dies sind die Systeme des Central Trackers, die Kalorimeter ECAL undHCAL, sowie das Myonensystem. Die dabei angesprochenen Systeme sind Halblei-terzahler, elektromagnetische und hadronische Kalorimeter, Gasdetektoren, Drahtkam-mern, Driftkammern, Mikrostreifendetektoren und Resistive Plate Chambers.

1 Motivation

Der Zweck von Teilchendetektoren ist das Ermitteln gewisser Eigenschaften von Teilchen,die bei Wechselwirkungsprozessen von hochenergetischer Teilchen entstanden sind. Hierzugehoren die EnergieE, die Massem, der Impulsp und die Ladungz, sowie der Entste-hungsortx. Die Bestimmung dieser Großen erfolgtuber eine Kombination verschiedenerMessergebnisse. Den Entstehungsort zeichnet man mit einem so genannten Vertex-Detektornahe am Wechselwirkungspunkt auf. Die Messung des Impulses erfolgt mit Hilfe eines Ma-gnetfelds und einer Spuraufzeichnung. Die Energie von Teilchen, die in Materie innerhalbangemessener Langenskalen zum stehen kommen wird in Kalorimetern aufgezeichnet. Beihoherenergetischen Teilchen, wie z.B. Myonen kann man Impuls und Energie gleichsetzen.

2 Der CMS-Detektor im Uberblick

Der CMS-Detektor ist Teil des LHC-Projekts, das aus einem 27km langen Ringbeschleuni-ger zur Proton-Proton-Kollision und den zwei großen Detektoren CMS und ATLAS, sowieweiteren kleineren Detektoren besteht. Am CMS-Detektor arbeiten z.Zt. 2300 Mitarbeiteraus 159 Instituten aus 36 Landern. Die Große des CMS-Detektors betragt15m im Durch-messer und21.6m in Strahlrichtung. Das Gesamtgewicht betragt12500t [1].Die Ziel des LHC-Projekts ist der Nachweis des Higgs-Teilchens, sowie Untersuchungenzur Supersymmetrie. Des weiteren sollen alte Ergebnisse verifiziert und verbessert werden.Ein weiteres Ziel ist die Erforschung neuer Physik.Zur Realisierung dieser Ziele werden beim LHC Proton-Proton-Kollisionen mit einer Schwer-punktsenergie von14TeV benutzt. Das LHC wird dazu im40MHz-Modus betrieben, d.h.alle 25ns wird ein Bunch mit1011 Teilchen den Wechselwirkungspunkt in jeder Richtungpassieren. Daraus resultieren etwa109 Ereignisse pro Sekunde, was eine enorm hohe An-forderung an das Detektorsystem an sich stellt, aber auch an das anschließende Trigger-System. Das Trigger-System wahlt in mehreren Stufen aus den Ereignissen etwa 100 proSekunde aus, die dann gespeichert werden [2].

2.1 Aufbau des CMS Detektors

In Abbildung 3 ist ein Querschnitt durch den CMS-Detektor senkrecht zur Strahlrichtungzu sehen. Von innen nach außen sind dort die verschiedenen Detektorsysteme aufgefuhrt:

• Silicon Tracker: Bestehend aus einem dreischichtigen Pixeldetektor zur Bestim-mung des Herkunftorts des Teilchen und einem Silizium-Streifen-Detektor, der zu-

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Abbildung 1: Standort des CMS am LHC [1] Abbildung 2: CMS Seitenansicht [1]

Abbildung 3: Querschnitt des CMS senkrecht zur Strahlrichtung. Die verschiedenen mess-baren Teilchen, sowie mogliche Bahnen sind ebenfalls angedeutet [1]

sammen mit dem homogenen Magnetfeld im inneren eine Impulsbestimmung gela-dener Teilchen erlaubt.

• Electromagnetic Calorimeter ECAL: Elektromagnetisches Kalorimeter zur Bestim-mung der Energie von Elektronen und Photonen. Die Große ist so dimensioniert, dassmoglichst alle bei Wechselwirkungsprozessen entstehenden Elektronen und Photonendort absorbiert werden. Das ECAL besteht aus szintillierendenPbWO4-Kristallen.

• Hadron Calorimeter HCAL: Hadronisches Kalorimeter zur Bestimmung der Ener-gie von hadronischen Teilchen. Das HCAL besteht aus Schichten von Messing-Platten,durchsetzt mit Plastik-Szintillatoren.

• Superconducting Solenoid:Supraleitende Magnetspule zur Erzeugung des4T star-ken homogenen Magnetfeldes im inneren (inner barrel) des CMS.

• Muon chambers: Vierteiliges Eisenjoch (in rot) zur Ruckfuhrung des Magnetfelds,so dass in den Myonen-Kammern ein homogenes Magnetfeld von2T anliegt. In denZwischenraumen des Eisenjochs liegen 4 Schichten von Myonen-Kammern zur Be-stimmung des Impulses hochenergetischer Myonen. Die Myonen-Kammern im Bar-rel sind abwechselnd aus Schichten von Drift Tubes (DT) und Resistive Plate Cham-bers (RPC) aufgebaut. In denaußeren Bereichen des CMS (endcap) werden aufgrund

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des inhomogenen Magnetfelds und hoherer Ereignisraten Cathode Strip Chambers(CSC) und RPCs eingesetzt.

In Abbildung3 sieht man die Strahlengange fur einige Teilchensorten angedeutet:Hochenergetische Myonen durchqueren muhelos den gesamten Detektor und hinterlassendabei hauptsachlich eine Spur im Tracker und in den Myonen-Kammern. Ihre Bahn wirddabei durch das Magnetfeld gekrummt, was eine spatere Impulsbestimmung erlaubt. Elek-tronen werden ebenfalls durch das Magnetfeld abgelenkt, hinterlassen eine Spur im Tra-cker und deponieren ihre gesamte Energie im ECAL. Hadronen hinterlassen eine Spur imTracker, durchqueren ohne nennenswerte Energieverluste das ECAL und deponieren ihreEnergie im HCAL. Photonen werden auf die gleiche Weise wie Elektronen nachgewiesen,jedoch ohne vom Magnetfeld beeinflusst zu werden.

3 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie

Zum Verstandnis, wie Detektorsysteme funktionieren, ist es notwendig zu verstehen, wieTeilchen mit Materie wechselwirken und wie man daraus Systeme zum Nachweis dieserTeilchen konstruieren kann. Dabei muss zwischen drei Fallen unterschieden werden:

• Geladene Teilchen:Die wichtigsten Wechselwirkungen von leichten geladenen Teil-chen sind die Ionisation und Anregung, d.h. Energieabgabe an Hullenelektronen. Beischwereren Teilchen und/oder hoheren Energien ist der Effekt der Bremsstrahlungsehr entscheidend. Fur hadronische Teilchen sind auch Kern-Wechselwirkungen aus-schlaggebend. Weitere Effekte, die keinen wesentlichen Beitrag zum Energieverlusthaben, jedoch fur spezielle Detektionsmethoden sehr interessant sind, sind Szintil-lation, Cherenkov- undUbergangsstrahlung. Es gibt noch weitere Effekte, die hierjedoch nicht erlautert werden.

• Photonen: Photonen wechselwirken durch Photoeffekt, Comptoneffekt und Paarer-zeugung. Photonen erzeugen also geladene Teilchen bzw. geben ihre Energie an ge-ladene Teilchen ab und konnen so indirekt nachgewiesen werden.

• Ungeladene Teilchen:Hadronische ungeladene Teilchen erzeugen in Kern-Wechsel-wirkungen Photonen, Elektronen oder Kernfragmente, die dann direkt oderuber wei-tere Wechselwirkungsprozesse nachgewiesen werden konnen. Das Nachweisen vonleichten ungeladenen Teilchen ist sehr schwierig und die Nachweiswahrscheinlich-keit ist so gering, dass der Nachweis von leichten ungeladenen Teilchen in einemkompakten Detektor nicht moglich ist

3.1 Geladene Teilchen

3.1.1 Energieverlust durch Ionisation, Anregung und Bremsstrahlung

Geladene Teilchen verlieren bei nicht- oder moderat relativistischen Energien ihre Energiehauptsachlich durch Anregung oder Ionisation der Atome des Materials, das sie durchque-ren. Bei der Ionisation wird eine Energie an ein Hullenelektron abgegeben, die großer ist,als die Bindungsenergie des Elektrons und das Atom wird ionisiert. Das angestoßene Elek-tron wird Knock-Onoderδ-Elektron genannt. Ein weiterer Effekt, der dabei auftreten kannist derAuger-Effekt. Hierbei ist dasδ-Elektron eines in einem sehr niedrigen Energieniveau.Das frei werdende Niveau wird durch ein hoher gelegenes Elektron besetzt, dass dabei einPhoton abstrahlt. Dieses Photon tragt wiederum genugend Energie, um ein hoher gelegenesElektron soweit anzuregen, dass es den Atomverband verlasst. Dieses Elektron nennt sichAuger-Elektron.Bei der Anregung wird ein Elektron aus einem niedrigeren Energieniveau in ein hoheres

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angehoben. Beim Zuruckkehren in das alte Niveau wird ein Photon emittiert. Dieses Anre-gungsleuchten kann man sich fur den Bau von Teilchendetektoren zunutze machen.Der Energieverlust moderat relativistischer Teilchen (außer Elektronen) durch Anregungund Ionisation wird durch dieBethe-Bloch-Gleichungbeschrieben [3]:

−dE

dx= Kz2 Z

A

1β2

[12

ln2mec

2β2γ2Tmax

I2− β2 − δ

2

](3.1)

Dabei sind:E - Energie des einfallenden TeilchensK/A - 4πNAr2

emec2/A

Z,A - Kernladungs und Massezahl des TargetsNA - Avogadrozahlme - Elektronenmassere - klassischer Elektronenradiusz - Ladung des einfallenden TeilchensT - Maximale kinetische Energie, die an ein freies Elektron bei einer Kollision

abgegeben werden kannβ - Geschwindigkeitv/cγ - LorentzfaktorE/m0c

2

I - Materialspezifische Ionisationskonstanteδ - Konstante fur den Dichte-Effekt

Fur Elektronen oder Positronen als einfallende Teilchen mussen Modifikationen an dieserGleichung vorgenommen werden, die im wesentlichen von der Gleichheit der Massen voneinfallenden und gestoßenen bzw. angeregten Teilchen sowie Abschirmeffekten herruhren[4].

Bei schnellen geladenen Teilchen treten zudem Wechselwirkungseffekte mit dem Coulomb-feld der Kerne auf. Dabei werden die Teilchen abgebremst und strahlen ihre Energie in Formvon Photonen ab. Diese Strahlung wirdBremsstrahlunggenannt. Der Energieverlust durchBremsstrahlung errechnet sich zu [4]:

−dE

dx= 4αNA

Z2

Az2

(1

4πε0· e2

mc2

)2

E ln183Z1/3

(3.2)

Wobei:α - Feinstrukturkonstantem - Masse des einfallenden Teilchens

Fur Elektronen lasst sich dies aufgrund der geringen Elektronenmasse zu

−dE

dx=

E

X0(3.3)

vereinfachen, wobeiX0 die so genannteStrahlungslangedarstellt. Eine Approximation furX0 liefert nach [4]:

X0 =A

4αNAZ2r2e ln(183Z−1/3)

(3.4)

Der Energieverlust−dE/dx nach der Bethe-Bloch-Gleichung und Bremsstrahlung ist inAbbildung 4 fur Myonen in Kupfer dargestellt. Der mittlere Teil des Graphen stellte denEnergieverlust nach Bethe-Bloch dar, der rechte den durch Bremsstrahlung. Man sieht, dasshochenergetische Teilchen ihre Energie sehr schnell in Form von Bremsstrahlung abgebenund danach ein Minimum erreichen, indem die Ionisation pro Wegstrecke minimal ist. Dasheißt, dass Teilchen bei dieser Energie tief in das Material eindringen, bevor sie das Mi-nimum verlassen und dann sehr schnell ihre restliche Energie in Form von Ionisation undAnregung abgeben.

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Abbildung 4: Energieverlust−dE/dx fur Myonen in Kupfer als Funktion desTeilchenimpulses[3]

3.1.2 Szintillation

Bei der Szintillation werden durch Energieverlustmechanismen niederenergetische Photo-nen im sichtbaren bis ultravioletten Bereich erzeugt, die durch einen Photodetektor gemes-sen werden konnen. Dabei ist der Prozess der Szintillation in organischen und anorgani-schen Materialien unterschiedlich.

Organische Szintillatoren: Ein Teilchen, das ein organisches Material durchquert, hin-terlasst eine Spur von angeregten Molekulen, die einen kleinen Teil dieser Energie in Formvon optischen Photonen abgeben. Das Szintillationslicht, das dabei freigesetzt wird, liegtim UV-Bereich und kann das Material selbst nicht durchdringen. Aus diesem Grund mischtman dem szintillierenden Stoff ein fluoreszierendes Material bei, das als Wellenlangenschie-ber dient. Diese Fluoreszene nehmen das Szintillationslicht auf und emittieren dieses dannunter einer großeren Wellenlange. Dieses Licht kann das Material dann wesentlich besserdurchdringen. Um die Ausbeute weiter zu verbessern mischt man ein weiteres Fluoreszenbei, das das bereits wellenlangenverschobene Licht aufnimmt und nochmals in Richtunggroßerer Wellenlange verschiebt. Der Nachteil von organischen Szintillatoren ist eine ge-ringe Lichtausbeute im Vergleich zu anorganischen Szintillatoren. Ein Vorteil von organi-schen Materialien ist jedoch die kurze Lebensdauer der angeregten Zustande imns-Bereich.Daher eignen sich organische Szintillatoren sehr gut fur zeitkritische Anwendungen.

Anorganische Szintillatoren: Fur anorganische Szintillatoren verwendet man dotierteEinkristalle, in denen beim Durchflug geladener Teilchen Elektronen angeregt werden. Oh-ne Storstellen (Dotierung) wurden die Elektronen in ihren alten Zustand zuruckkehren unddabei Photonen emittieren, die erneut ein Elektron anregen wurden. Das Material ware fursein eigenes Szintillationslicht nicht transparent. Durch die Dotierung, d.h. den Einbau vonStorstellen relaxieren die Elektronenuber ein weiteres Energieniveau auf ihr altes Niveau.Fur die dabei emittierten Photonen ist das Material dann transparent.Der Vorteil von anorganischen Szintillatoren liegt in der hohen Photonenausbeute, was sehrgenaue Messungen ermoglicht. Ein weiterer Vorteil ist die hohere Dichte von anorganischenKristallen im Vergleich zu organischen Stoffen. Sie ist i.A. 4 bis 8 mal so hoch [5], was auch

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Abbildung 5: Cherenkov-Effekt [4]Abbildung 6: Skizze zum Cherenkov-Winkel [4]

zu deutlich kleineren StrahlungslangenX0 fuhrt. Ein Nachteil ist die langere Lebensdauerder angeregten Zustande. Bei NaI(Tl) betragt sie etwa250ns.

3.1.3 Cherenkov-Strahlung

Cherenkov-Strahlung tritt dann auf, wenn ein Teilchen Materie mit einer Geschwindigkeitdurchquert, die großer ist, als die Lichtgeschwindigkeit in diesem Medium. Geladene Teil-chen, die Materie durchqueren polarisieren die auf ihrer Bahn liegenden Atome, was zurBildung von Dipolen fuhrt. Fur v < c/n sind diese Dipole symmetrisch um die Bahn an-geordnet und das resultierende Dipolfeld ist gleich Null. Nahe der Lichtgeschwindigkeit imMedium beginnen die Dipole sich asymmetrisch anzuordnen und es bildet sich ein resul-tierendes Dipolfeld (vgl. Abbildung5). Die zeitlicheAnderung dieses Dipolfeldes erzeugtelektromagnetische Strahlung, also Licht. Der Energieverlust durch den Cherenkoveffektbetragt zwischen1% und5% des Energieverlustes durch Ionisation. Der Cherenkoveffektkann auf zwei Arten zur Bestimmung von Teilcheneigenschaften ausgenutzt werden.Dadurch, dass die Geschwindigkeit des Cherenkov-Lichts kleiner ist als die des Teilchens,das das Licht erzeugt, bildet sich ein Kegel mitOffnungswinkelΘC aus.ΘC bestimmt sichdabei zu

cos ΘC =c

nβc=

1nβ

. (3.5)

Die Messung vonΘC ermoglicht eine Bestimmung vonβ. Eine andere Moglichkeit denCherenkov-Effekt zur Teilchenidentifikation einzusetzen, ist das Ausnutzen der Cherenkov-Schwelle. Cherenkov-Strahlung tritt erst auf, wennv > c/n oder wennβ > 1/n. DieseSchwellengeschwindigkeit entspricht einer Schwellenenergie:

γs =1√

1− β2s

=1√

1− 1n2

=Es

m0c2(3.6)

D.h. man kann zwei Teilchen unterschiedlicher Masse, aber gleicher Energie dadurch unter-scheiden, dass das eine Cherenkov-Strahlung erzeugt, das andere jedoch nicht. Vorausset-

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zung hierfur ist jedoch eine genaue Energiemessung und die Moglichkeit den Brechungsin-dex genau einzustellen.

3.1.4 Ubergangsstrahlung

Ubergangsstrahlung tritt auf beimUbergang geladener Teilchen zwischen Stoffen mit un-terschiedlichen dielektrischen Eigenschaften. BeimUbergang von Luft in Materie indu-ziert das Teilchen eine Spiegelladung, mit der sie aufgrund der Teilchenbewegung einenzeitabhangigen Dipol bildet. BeimUbergang zwischen Medien mit unterschiedlichen Di-elektrizitatskonstantenandert sich der D-Feld-Vektor, der E-Feld-Vektor bleibt jedoch kon-stant. Dadurch ergibt sich ebenfalls eine zeitlicheAnderung des Dipolfeldes und Strahlungwird emittiert. Dieser Effekt ist fur Teilchendetektoren sehr interessant, da die abgestrahlteEnergie proportional zum Lorentzfaktor ist [4]. Bei den meisten anderen Messungen wirdβ bestimmt, welches bei hohen Energien sehr nahe bei1 liegt.

3.1.5 Weitere Verlustmechanismen

Weitere Verlustmechanismen sind direkte Paarerzeugunguber virtuelle Photonen und pho-tonukleare Wechselwirkungen mit virtuellen Teilchen, sowie die Vielfachstreuung. Bei derVielfachstreuung werden die Teilchen durch Coulombkrafte, Wechselwirkungsprozesse oderinelastische Prozesse von ihrer Bahn abgelenkt. Ein hochenergetisches Elektron, das in Ma-terial eindringt wird zunachst durch Bremsstrahlung Photonen erzeugen, die ihrerseits durchPaarerzeugung neue Teilchen erzeugen. Dadurch entsteht eine Teilchenkaskade, die sichaufgrund der Vielfachstreuung aufweitet. Die Aufweitung wird durch dieMoliere-Theoriebeschrieben, und eine charakteristische Große fur die Aufweitung ist derMoliere-RadiusRM :

RM = X0ES/EC (3.7)

WobeiES ≈ 21MeV undEC gleich einer materialabhangigen kritischen Energie. In derRegel werden95% der Energie in einem Zylinder mit Radius2RM um die Strahlachsedeponiert. Der Moliere-Radius fur PbWO4 z.B. betragt2.2cm[6]. Bei hadronischen Teil-chen sind die entscheidenden Wechselwirkungen nicht mehr elektromagnetische, sondernKernwechselwirkungen. Wichtig fur den Energieverlust sind hierbei inelastische Prozesse(Wirkungsquerschnittσinel). Die Absorption von hadronischen Teilchen in Materie wirddurch diemittlere AbsorbtionslangeλA gemaß

N = N0e−x/λA (3.8)

beschrieben. Die mittlere Absorbtionslange berechnet sich nach

λA =A

NAρσinel. (3.9)

Typischerweise wirdλA als MassenbelegungλA · ρ angegeben. Werte fur λA · ρ liegen zwi-schen50g/cm2 (Wasserstoff) und200g/cm2 (Uran) [4].

3.2 Photonen

Die drei Effekte, durch die Photonen ihre Energie in Materie verlieren sind Photoeffekt,Compton-Effekt und Paarerzeugung. Abbildung7 zeigt die Wirkungsquerschnitte fur dieverschiedenen Effekte in Abhangigkeit von der Energie in Kohlenstoff und Blei.

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Abbildung 7: Wirkungsquerschnitt fur Photonen als Funktion der Energie in Kohlenstoffund Blei mit Aufteilung in die verschiedenen Prozesse [3]

3.2.1 Der Photoeffekt

Beim Photoeffekt absorbiert ein Hullenelektron eines Atoms die Energie eines Photonsvollstandig. Ist die EnergieEγ des absorbierten Photons großer als die BindungsenergieEB, so erhalt das Elektron dieuberschussige Energie als kinetische Energie. Aus Grundender Impulserhaltung kann der Photoeffekt nur bei Elektronen auftreten, die in einem Atom-verband gebunden sind. Der Kern nimmt dabei den Impulsubertrag auf. Der Wirkungsquer-schnitt fur niedrige Energienε = Eγ/mec

2 und Elektronen in der K-Schale, wo zu ca.80%der Photoeffekt stattfindet, ist nach der nichtrelativistischen Born-Approximation [4]

σKPhoto =

(32ε7

)1/2

α4Z5σeTh (3.10)

mit σeTh = 8

3πr2e = 6.65 · 10−25cm2 Thomson-Wirkungsquerschnitt fur elastische Streu-

ung von Photonen an Elektronen. Bei hoheren Energien (ε 1) verringert sich die Ener-gieabhangigkeit zu

σKPhoto = 4πr2

eZ5α4 · 1

ε(3.11)

In Abbildung7 ist σKPhoto alsσp.e. eingezeichnet, und man erkennt, dass dieser Effekt bei

niedrigen Photon-Energien der dominierende ist, der Wirkungsquerschnitt jedoch mit stei-gender Energie schnell abfallt. Bei hoheren Kernladungszahlen verstarkt sich der Einflussdes Photoeffektes, was durch die hohere Anzahl von fur den Photoeffekt zur Verfugungstehenden Elektronen zu erklaren ist.

3.2.2 Der Comptoneffekt

Der Comptoneffekt beschreibt die elastische Streuung eines Photons an einem schwachgebundenem (quasifreien) Elektron. Der totale Wirkungsquerschnitt fur den Comptoneffektpro Elektronσe

c errechnet sich nach Klein-Nishina [4]:

σec = 2πr2

e

[(1 + ε

ε2

) 2(1 + ε)1 + 2ε

− 1ε

ln(1 + 2ε)

+12ε

ln(1 + 2ε)− 1 + 3ε

(1 + 2ε)2

](3.12)

Der Wirkungsquerschnitt fur Atome ergibt sich durch Multiplikation mitZ, da pro AtomZmogliche Streupartner zur Verfugung stehen:

σCompton = Zσec (3.13)

In Abbildung7 ist der Wirkungsquerschnitt fur den Comptoneffekt alsσCompton dargestellt.

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3.2.3 Die Paarerzeugung

Bei der Paarerzeugung erzeugt das Photon im Coulombfeld eines Kerns ein Elektron-Positron-Paar. Die Nahe zum Kern ist dabei aus Energie- und Impulserhaltungsgrunden notwendig.Dieser Prozess ist erst ab einer Schwellenenergie

Eγ ≥ 2mec2 + 2

m2e

mKernc2 (3.14)

moglich. Der letzte Summand beschreibt die Ruckstoßenergie fur den Kern. Fur große Ener-gien strebt der Paarerzeugungsquerschnitt gegen einen konstanten Wert:

σPaar =79· A

NA· 1X0

(3.15)

In Abbildung7 ist der Wirkungsquerschnitt getrennt fur Paarerzeugung im Kernfeld (κnue)und Paarezeugung im Elektronenfeld (κe) dargestellt. Man erkennt allerdings, dass die Paa-rerzeugung im Elektronenfeld keine wesentliche Rolle spielt.

Aus den drei Effekten lasst sich folgendes Absorptionsgesetz fur Photonen in Materie bil-den:

I = I0e−µx (3.16)

mit µ = NAA (σPhoto + σCompton + σPaar).

4 Die Detektorsysteme des CMS

Im folgenden Abschnitt werden nun einzelne Detektorsysteme und ihre Umsetzung beiCMS beschrieben.Wie bereits in Abschnitt 2.1 erwahnt, besteht der CMS-Detektor aus den Systemen Vertex-Detektor, Tracker, ECAL, HCAL und Myonensytem.

4.1 Der Central Tracker

Der Vertex-Detektor und der Tracker des CMS bestehen aus Silizium-Halbleiterzahlern zurOrts- und Impulsmessung geladener Teilchen. Der Impuls wird dabei mit Hilfe der Bahn-krummung durch das Magnetfeld bestimmt.

4.1.1 Der Halbleiterzahler

Abbildung 8: Siliziumstreifendetektor [4]

Die Funktionsweise eines Halbleiterzahlersahnelt einer Diode, die in Sperrrichtung ge-schaltet ist. Ein durchfliegendes Teilchen hebt eine große Anzahl (105 bis 106 pro cm)

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Elektronen ins Leitungsband, wo sie durch die angelegte Spannung abfließen und in einerspeziellen Elektronik registriert werden. Die Zeit fur diesen Vorgang liegt in der Großenord-nung30ns fur eine etwa300µm dicke Diode. Aufgrund der kleinen Bandlucke (0.5eV bis1.5eV) sind sehr genaue Energiemessungen moglich, da sehr viele Elektronen-Loch-Paareentstehen. Die Temperatur darf dabei nicht zu hoch steigen, da die Bandlucke sonst auchthermischuberwunden werden kann, was zu Rauscheffekten fuhren wurde.Technisch setzt man Halbleiterzahler in Form von Pixeln fur Pixeldetektoren oder in Formvon parallelen Streifen fur Streifendetektoren ein (vgl. Abbildung8).

4.1.2 Der Vertex-Detektor bei CMS

Ziel des Vertex-Detektors beim CMS-Experiment ist das Aufzeichnen der Spur nahe amWechselwirkungspunkt zur Bestimmung der Ursprungsorte der Teilchen. Hierzu werdendrei Schichten Silizium-Pixel-Detektoren an den Radien4.3cm, 7.2cm und 10cm einge-baut. Auf einer Gesamtflache von0.8m2 werden50M Pixel angebracht. Die Auflosungbetragt 15µm in z- und φ-Richtung [7]. Die Anforderungen an den Vertex-Detektor, wasStrahlenvertraglichkeit angeht sind besonders hoch. Man rechnet in der Laufzeit von 10Jahren mit einem Neutronenfluss von1.6 · 1014/cm2 an1MeV-aquivalenten Neutronen.

4.1.3 Der Silicon-Tracker bei CMS

Der Tracker des CMS soll zusammen mit dem4T starken, homogenen Magnetfeld ei-ne genaue Impulsmessung liefern. Hierzu werden 10 konzentrische Schichten Silizium-Streifendetektoren zwischen den Radien20cm und 110cm eingebaut. Auf einer aktivenFlache von200m2 wird der Central Trackeruber10M Kanale verfugen, was zu einer Im-pulsauflosung von

∆pT /pT = 10% · pT /(TeV/c) (4.1)

fuhrt [2].

4.2 Das elektromagnetische Kalorimeter

Ziel eines elektromagnetischen Kalorimeters ist die Bestimmung der Energie von Photo-nen und Elektronen. Dazu werden Absorbermaterialien ausgewahlt, die eine kurze Strah-lungslangeX0, sowie einen geringen Moliere-Radius aufweisen.Bei CMS setzt manPbWO4-Kristalle mitRM = 2.2cm ein. Die laterale Ausdehnung desKalorimeters muss so gewahlt werden, dass die maximal erwartete Photonen oder Elektro-nenenergie absorbiert werden kann. Bei CMS nimmt das elektromagnetische Kalorimeter(ECAL) die Radien110cm bis 148cm ein, was26X0 entspricht [6]. Die Energiemessungerfolgt durch die Messung des imPbWO4 entstehenden Szintillationslichts mit Hilfe vonPhotodetektoren. Die Energieauflosung des ECAL betragt

∆E/E = 155MeV/E ⊕ 2.7%/√

E ⊕ 0.55%. (4.2)

4.3 Das hadronische Kalorimeter

Ziel des hadronischen Kalorimeters ist die Messung der Energie hadronischer Teilchen undJets. Da hadronische Teilchen szintillierendes Material fast ungehindert durchdringen istein Aufbau wie beim ECAL nicht moglich. Die mittlere AbsorbtionslangeλA ist wesent-lich großer alsX0. Daher konstruiert man so genannteSampling-Kalorimeter, bei denenabwechselnd absorbierende Schichten und Schichten mit sensitivem Material angeordnetsind. In den Absorbern finden die Wechselwirkungsprozesse der hadronischen Teilchenstatt, die dann Elektronen, Photonen, Kernfragmente und Hadronen erzeugen; diese werdenwiederum in der anschließenden sensitiven Schicht Szintillationslicht erzeugen. Aus diesem

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Abbildung 9: Aufbau eines CMS Forward Calorimeter Moduls. Diese Module sind fur dieseitlichen Kappen des CMS (siehe Abbildung2) bestimmt. Man erkennt in grau die Ab-sorberschichten, unterbrochen von Szintillatoren. Außerdem erkennt man die unzahligenLichtleiter, die das Szintillationslicht zu den Photodetektoren leiten [8].

Aufbau wird sofort ersichtlich, dass ein Sampling-Kalorimeter nicht wie ein elektromagne-tisches in der Lage ist die Gesamtenergie eines Teilchens oder Jets exakt zu messen, da einTeil der Energie im Absorber selbst verbleiben kann oder auch das Kalorimeter in Form vonTeilchen verlassen kann.Das hadronische Kalorimeter am CMS (HCAL) liegt im inner Barrel zwischenR = 181cmundR = 295cm, was einer Ausdehnung von5.15 Absorptionslangen entspricht. Die Ab-sorber des HCAL sind5cm dicke Messing-Platten, die unterbrochen sind von Plastik-Szintillatoren. Das Gewicht des inneren Teils des HCAL betragt51.4t. Zusammen mit denDaten des ECAL erreicht das HCAL eine Energieauflosung von

∆E/E = 100%/√

E/GeV ⊕ 4.5% (4.3)

uber einen Bereich von30GeV bis1TeV.

4.4 Die Magnetspule

Die inneren Systeme des CMS (inner barrel) sind umgeben von einer5000t schweren su-praleitenden Magnetspule, die im inneren ein homogenes Magnetfeld mit einer Feldstarkevon 4T erzeugt. Zuruckgefuhrt wird das Magnetfeld durch ein vierteiliges,7000t schwe-res Eisenjoch, in das die Myonenkammern eingebettet sind. Imaußeren Teil betragt dieFeldstarke2T.Das Magnetfeld dient zur Impulsbestimmung geladener Teilchen. Durch die Spurbestim-mung im Tracker lasst sich die Krummung der Spur ermitteln und daraus bei bekannterLadung der Impuls des Teilchens. Die Feldstarke ist so hoch gewahlt, um auch den Impulshochenergetischer geladener Teilchen prazise bestimmen zu konnen.

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4.5 Die Myonenkammern

Ein Schwerpunkt beim Design des CMS war die genaue Impulsbestimmung von hochener-getischen Myonen. Dies erfolgt durch die Kombination eines starken Magnetfelds mit einerprazisen Spurbestimmung. Dazu werden die Daten aus dem Central Tracker und den Myo-nenkammern benutzt. Die Myonenkammern im Barrel sind ein Schichtsystem aus zweiunterschiedlichen Detektortypen, den Drift Tubes (DT) und den Resistive Plate Chambers(RPC). Beide Typen sind Gasdetektoren, wobei die DT bessere Ortsauflosungen liefert unddie RPC bessere Zeitauflosungen. In den Endcaps werden Cathode Strip Chambers (CSC)und DTs eingesetzt.

4.5.1 Gasdetektoren

Abbildung 10: Teilchennachweisuber Gas-verstarkung [9]

Abbildung 11: Arbeitsbereiche fur Gasde-tektoren [4]

Bei Gasdektoren verwendet man i.d.R. gasgefullte Kammern, in denen sich ein oder meh-rere Anodendrahte befinden. Die Außenwande der Kammer dienen meist als Kathode. EinTeilchen, das dieses Gas durchquert, wird eine Spur aus Ionen und Elektronen hinterlassen,die dann bei angelegter Spannung in Richtung Anode (Elektronen) oder Kathode (Ionen)abfließen (siehe Abbildung10). Je nach angelegter Spannung gibt es unterschiedliche Ar-beitsbereiche eines Gasdetektors:

• Ionisationskammer: Bei einer Ionisationskammer werdenuber die angelegte Span-nung die entstanden Elektronen und Ionen abgesaugt. Die Spannung ist so gewahlt,dass keine Gasverstarkung stattfindet. Aufgrund dessen benotigen Ionisationskam-mern eine sehr empfindliche Ausleseelektronik bzw. große Energiedepositionen.

• Proportionalzahler: In einem gewissen Spannungsbereich arbeitet die Kammer imProportionalitatsbereich, d.h. das Messsignal ist proportional zur Energie, die dasTeilchen in der Kammer deponiert hat. Im Proportinalbereich findet Gasverstarkungstatt, d.h. Elektronen werden durch das Feld so stark beschleunigt, dass sie genugendEnergie aufnehmen, um selbst erneut zu ionisieren. Dabei geben sie ihren Energiewieder ab und werden erneut beschleunigt. Dadurch entsteht ein Schauer aus Elektro-nen, die in Richtung der Anode fließen. Makroskopisch betrachtet ist die Geschwin-digkeit mit der sich der Schauer zur Anode bewegt bei einem homogenen E-Feld kon-stant. Diese konstante Driftgeschwindigkeit ist interessant zur Positionsbestimmungdes Teilchendurchflugs. In der Nahe der Anode steigt die Feldstarke stark an, was zu

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einer Vervielfachung der Ladungstrager und somit zu einem sehr hohen Messsignalfuhrt.

• Auslosezahler (Geiger-Muller-Z ahler): Ab einer gewissen Spannung arbeitet dieKammer nicht mehr im Proportionalitatsbereich und nach einemUbergangsbereicherreicht man den Bereich des Geiger-Muller-Zahlers (vgl. Abb.11). In diesem Be-reich entstehen zusatzlich zu den durch Gasverstarkung entstehenden LadungstragernPhotonen, die durch den Photoeffekt weitere Ladungstrager erzeugen. Da die Photo-nen isotrop abgestrahlt werden, breitet sich die Gasverstarkung in der ganzen Kam-mer aus. Im Geiger-Muller-Bereich ist es somit nicht mehr moglich aus dem Mess-signal auf die deponierte Energie zu schließen. Außerdem schirmt der langsam zurKathode abfließende Schlauch aus Ionen die Kammer fur eine gewisse Zeit ab, in derdie Kammer nicht in der Lage ist weitere Teilchen zu registrieren.

Der in modernen Detektorsystemen verwendete Arbeitsbereich ist der Proportionalbereich,da es dort einen eindeutigen Zusammenhang zwischen deponierter Energie und Messsignalgibt. Durch das Phanomen der makroskopisch konstanten Driftgeschwindigkeit der Lawinelasst sich der Abstand des Teilchendurchgangs vom Draht bestimmen. Allerdings benotigtman dazu ein externes Triggersignal, da die Kammer selbst nicht in der Lage ist den Zeit-punkt des Teilchendurchgangs festzustellen. Eventuelle Mehrdeutigkeiten, z.B. die Fragean welcher Seite des Drahtes das Teilchen die Kammer passiert hat, lassen sich durch dieversetzte Anordnung mehrerer Kammern auflosenAußer dem Abstand des Teilchendurchgangs vom Draht lasst sich durch die Stromtei-lungsmethode [4] die Position langst des Drahtes mit einer Genauigkeit von bis zu1%der Drahtlange ermitteln. Hierbei wird das Verhaltnis der StromeI1 undI2 an den beidenDrahtenden zum GesamtstromI1 + I2 auf die Langel langs des Drahtesubertragen.

4.5.2 Vieldrahtkammern

Um die Ortsauflosung in Drahtkammern zu erhohen bringt man viele Drahte in eine einzelneKammer ein. Dies kann auf unterschiedlichsten Wegen umgesetzt werden, z.B. paralleleAnodendrahte, die in Schichten orthogonal zu Kathodenstreifen angeordnet sind.

Abbildung 12: Illustration zum Auslesen der Signale in einer Vieldrahtkammer [4]

Eine weitere Methode ist die Verwendung von Anoden und Kathodendrahten in Schichten(vgl. Abb.12).Dieses Prinzip lasst sich miniaturisieren, indem man die Kathoden- und Anodendrahte aufSubstrate oder gar dunne Filme aufdampft (siehe Abb.13). Hierdurch entstehen kleine,hochauflosende Gasdetektoren, die sich gut zur Spurbestimmung in einem Detektor eig-

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Abbildung 13: Aufbau eines Mikrostreifengasdetektors [4]

nen1.Bei einer Vieldrahtkammer erfolgt die Ortsauflosung durch senkrecht zueinander orientier-ten Schichten von Drahten. Wenn man zu dem Messsignal aus dem Draht die Driftzeithinzunimmt, erhalt man eine sehr gute Ortsauflosung. Beim CMS Detektor werden die ein-zelnen Drahte von einer Rohre (engl. tube) umgeben, die von innen mit einer aluminium-beschichteten Mylarfolie ausgekleidet ist. Das Feld in diesendrift tubesbildet sich radialum den Draht aus.

4.5.3 Resistive Plate Chambers

Resistive Plate Chambers (RPCs) stellen ein weiteres Gasdetektor-Konzept dar.

Abbildung 14: Prinzipieller Aufbau einer Resistive Plate Chamber [10]

Der Aufbau der Kammer besteht im wesentlichen aus zwei Kondensatorplatten aus einemMaterial mit hohem spezifischen Widerstand (etwa108 − 1011Ωcm). Zwischen den Plat-ten befindet sich eine isolierende und gasdichte Schicht (z.B. Bakelit) und ein Gas. DerKondensator wird wird mit einer Spannung kurz unterhalb des Durchschlagbereichs auf-geladen. Beim Teilchendurchgang hinterlasst das Teilchen eine leitende Ionenspur im Gas,durch die dann ein lokal stark begrenzter Durchschlag erfolgt. Da die Kondensatorplattenaus einem schlecht leitendem Material bestehen, wird dieser sich nur an der Stelle des Teil-chendurchgangs entladen. Diesen Spannungsabfall registriert man mit leitenden Streifen,die isoliert uberhalb und unterhalb der Platten angebracht sind (X und Y Strips in Abb.14). Das Signal wird durch dabei durch Induktion erzeugt. Die Ortsauflosung erfolgt durcheine zueinander orthogonale Orientierung der X und Y Streifen. Aufgrund des geringen Ab-stands der Platten (∼ 6mm) und der Ablaufgeschwindigkeit der Vorgange ist eine RPC fursehr prazise Zeitmessungen einsetzbar. Die Zeitauflosung erreicht dabei1ns und weniger.Die Ortsauflosung ist mit nur ca.1cm recht limitiert. RPCs eignen sich also sehr gut als

1Tatsachlich hat manuberlegt diesen Typ bei CMS einzusetzen, sich aber letztendlich fur Silizium-Halbleiterdetektoren entschieden.

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Trigger fur andere Systeme. Beim CMS werden die RPCs als Trigger fur die Drift Tubeseingesetzt.

4.5.4 Das CMS Myonensystem

Das Myonensystem des CMS im Barrel besteht aus Kammern, die zwischen den Eisenjo-chen eingebaut werden. Jede dieser Kammern besteht aus je sechs Schichten DT und RPC.Die Ortsauflosung dieses Systems betragt150µm in r- undφ-Richtung und100µm in z-Richtung. Die eigentliche Aufgabe des Myonensystems ist es, die Ergebnisse des CentralTrackers zuzuordnen. Der Central Tracker liefert bereits eine sehr gute Impulsauflosungfur Myonen, jedoch ist der Untergrund bei Proton-Proton-Kollisionen so hoch, dass einesaubere Zuordnung praktisch unmoglich ist. Mit den sehr genauen Zeitinformationen desMyonensystems und einer Impulsauflosung von±10% fur 100GeV/c lassen sich die Si-gnale des Central Trackers zuordnen. Die Gesamtimpulsauflosung mit den Daten aus demCentral Tracker und dem Myonensystem erreicht±2% fur 100GeV/c.

5 Zusammenfassung

In dieser Ausarbeitung wurden einige Detektorsysteme, die beim CMS-Detektor zum Ein-satz kommen, sowie die zugehorigen physikalischen Grundlagen kurz vorgestellt. Zu denphysikalischen Grundlagen gehoren die Wechselwirkungen geladener Teilchen mit Materiewie Ionisation, Anregung, Szintillation, Cherenkov-Strahlung undUbergangsstrahlung. Desweiteren wurden die Wechselwirkungen von Photonen mit Materie (Photoeffekt, Compton-effekt und Paarerzeugung) erlautert.Anhand dieser physikalischen Grundlagen wurden verschiedene Detektor-Konzepte und de-ren Umsetzung bei CMS dargestellt. Dazu gehoren der Halbleiterzahler, der bei CMS imVertex- und Spurdetektor eingesetzt wird, das elektromagnetische Kalorimeter als Konzeptund Umsetzung in Form vonPbWO4-Szintillatoren bei CMS, das hadronische Kalorimeterals Konzept und Umsetzung als Sampling-Kalorimeter mit Kupfer-Absorbern und Plastik-Szintillatoren bei CMS, sowie Gasdektoren in Form von Drift Tubes und Resistive PlateChambers, wie sie beim CMS-Myonensystem im mittleren Teil zum Einsatz kommen.

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Literatur

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Abbildungsverzeichnis

1 CMS am LHC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 CMS Seitenansicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 CMS Querschnitt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Energieverlust−dE/dx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Cherenkov-Effekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Cherenkov-Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Wirkungsquerschnitt fur Photonen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Siliziumstreifendetektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 CMS HCAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1110 Teilchennachweisuber Gasverstarkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1211 Arbeitsbereiche fur Gasdetektoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1212 Auslesen einer Vieldrahtkammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1313 Mikrostreifendetektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1414 Resistive Plate Chamber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

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