28
Fragen und Antworten rund um die Nutzung von Nanotechnologien am Beispiel der deutschen Textilwirtschaft nano textil

NANO A5 20101202 - Nano-Portal DGUVnano.dguv.de/fileadmin/user_upload/documents/textfiles/BGETEM/_8... · 2 nano|textil Lange Zeit war das Mikrometer in der Wirtschaft Maß aller

Embed Size (px)

Citation preview

Fragen und Antworten rund um die Nutzung von

Nanotechnologien am Beispiel der deutschen Textilwirtschaft

nano textil

2

nano|textil

Lange Zeit war das Mikrometer in der Wirtschaft Maß aller Dinge, unter einem

tausendstel Millimeter Größe war kaum etwas vorstellbar. Seit einigen Jahren

erobern nun noch drastisch kleinere Teilchen, Strukturen und abgeleitet davon

neue Technologien in vielen Branchen den Alltag. Das Nanozeitalter ist ange-

brochen – mit Macht. Auch die Textilwirtschaft bedient sich zunehmend der enormen Möglich-

keiten, die modernste wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse aus der Welt

der Millionstel-Milli meter-Strukturen eröffnen.

Mit völlig neuen Chancen gehen jedoch auch neue Fragestellungen und Verunsicherungen

einher: Resultieren aus der kaum vorstellbaren Winzigkeit dieser Teilchen Gefahren? Welche

Risiken birgt ihre Anwendung in Produkten? Welche Vorkehrungen müssen zum Schutz von

Mensch und Umwelt getroffen werden? Und, last but not least: Kann der Mensch die Nanotech-

nologie überhaupt beherrschen?

Wir meinen: Ja.

Wie bei jedem neuen Technologiefeld bedürfen dabei Vor- und Nachteile gründlicher Abwä-

gung. Kein wissenschaftlicher Erkenntnissprung sollte ungeprüft verworfen und damit bereits

im Vorfeld seiner Nutzenpotenziale und Marktchancen beraubt werden. Zugleich müssen

jedoch Risiken frühzeitig erkannt und mögliche Gefährdungen konsequent vermieden werden.

Die Öffentlichkeit hat Anspruch auf volle Teilhabe und maximale Transparenz bei all diesen

Prozessen. Umfassender und verständlicher Information kommt zentrale Bedeutung zu.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband und der Gesamtverband textil+mode haben deshalb

gemeinsam einen Runden Tisch „Nanotechnologien und Textilien“ initiiert. Er bietet Umwelt-

und Verbraucherschutzinstitutionen, Nichtregierungsorganisationen sowie Vertretern von

Wirtschaft und Wissenschaft eine gemeinsame Plattform, sich über Chancen und Risiken der

Anwendung von Nanotechnologien speziell in der Textilindustrie intensiv auszutauschen.

3

Die vorliegende Broschüre entstand als Zusammenfassung der bislang am Runden Tisch disku-

tierten Fragestellungen. Sie soll interessierten Verbrauchern textile Nanoanwendungsfelder

näher vorstellen und zugleich Antworten auf damit verbundene Fragen bieten. Zudem ist das

Heft als informatorische Hilfestellung für all jene gedacht, die in der Lieferkette vom Herstel-

ler bis zum Handel mit entsprechenden Fragestellungen konfrontiert werden.

Das vorliegende Material wurde als „lebendiges“ Dokument mit kontinuierlicher Fortschrei-

bung unter Beteiligung der Öffentlichkeit konzipiert. Ihre Anregungen zu weiteren Betrach-

tungsfeldern und inhaltlichen Aspekten rund um die Nanothematik sind deshalb unter

[email protected] ausdrücklich erwünscht!

Berlin, Januar 2011

Dr. Wolf-Rüdiger Baumann Christina Meßner

Hauptgeschäftsführer Leitung Referat Energie & Umwelt

Gesamtverband textil+mode Gesamtverband textil+mode

nano|textil

Dr. Wolf-Rüdiger Baumann Christina Meßner

4

nano|textil

Inhaltsverzeichnis

1 Nano – Unfassbares begreifen 5

2 Nanotechnologien: Anwendung in der Praxis 10

3 Nutzen der neuen Möglichkeiten im Textilbereich 14

4 Risiken und Nebenwirkungen 19

5 Gesetzliche Vorschriften – ausreichend? 24

6 Weiterführende Informationen 26

7 Glossar 27

8 Impressum 28

5

nano|textil: nano – unfassbares begreifen

Der NameDas Wort Nano leitet sich vom griechischen Begriff nanos, der Zwerg, ab. Es steht synonym für

eine Größenkategorie bzw. Längeneinheit. Ein Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters

(1 nm = 0,000 000 001 m). Ein menschliches Haar hat eine Breite von etwa 80.000 Nanome-

tern (nm), ein rotes Blutkörperchen von 7.000, ein Eiweißmolekül von fünf, und ein Strang

des menschlichen Erbguts DNS1 bringt es sogar nur auf 2,5 nm Durchmesser. Solch geringe

Abmessungen sprengen nahezu unser Vorstellungsvermögen.

1. Nano – Unfassbares begreifen

Die TechnologienDas Bundesforschungsministerium hat

2007 Nanotechnologie als „Untersuchung,

Anwendung und Herstellung von Strukturen,

molekularen Materialien und Systemen mit

einer Dimension oder Fertigungstoleranz

typischerweise unterhalb von 100 Nanome-

tern“ definiert. Aus der extrem geringen Grö-

ße dieser Systemkomponenten ergeben sich

neue Funktionalitäten und Eigenschaften.

Sie erlauben eine Verbesserung bestehender

und die Entwicklung neuer Produkte und

Anwendungsoptionen.

Erst Ende der 90er-Jahre rückte das neue

Technologiefeld zunehmend ins öffentliche

Bewusstsein, wurde Gegenstand einer wach-

senden Berichterstattung in den Medien.

Forschungsergebnisse zu den außergewöhn-

lichen chemischen und physikalischen Eigen-

schaften solcher Strukturen finden nach und

nach Eingang in die wirtschaftliche Praxis

und bereichern sie mit Nanooberflächen,

Plastischer ist da schon folgender Vergleich: Die Größe eines Nanopartikels verhält sich zu der eines Fußballs ungefähr wie der Fußball zur Erdkugel mit ihren 12.700 Kilometern Durchmesser.

1 DNS: Desoxyribonukleinsäure; sie enthält als genetische Information das „Erbgut“ von Zellen.

6

nano|textil: nano – unfassbares begreifen

Nanosilber oder auch -lacken und -fasern.

Unter Experten herrscht Einigkeit, dass

früher oder später wohl jeder Industriezweig

in irgendeiner Form mit Nanostrukturen ar-

beiten wird. Erste Anwendungsfelder sind die

Chemische Industrie, der Maschinenbau, die

Lebensmitteltechnologie – und seit Kurzem

auch die Textilindustrie.

Nano historischUnbewusst hat der Mensch praktische Wir-

kungen nanokleiner Elemente und Struk-

turen bereits vor Jahrhunderten genutzt.

Beispiel Kirchenfenster: Die bis tausend

Jahre alten Scheiben in Klöstern und

Kirchen beeindrucken oft durch rubinroten

Glanz. Die Glaskünstler des Mittelalters

erreichten diese Wirkung durch gezielte

Beigabe winziger Mengen Gold zum Schmelz-

gut. Was sie damals nicht wissen konnten:

Mit diesem Verfahren wurden Cluster, also

Verbünde von Nanopartikeln, erzeugt, die

das herkömmliche Goldgelb des Glases in

strahlendes, tiefes Rot verwandelten.

Wissenschaftlern in Australien gelang sogar

der Nachweis, dass diese uralten „Nano-

produkte“ seit Jahrhunderten eine

sehr spezielle Eigenschaft entfalten:

Fällt Sonnenlicht auf die Glasflächen,

beeindruckt ihr Glanz nicht nur die

Menschen. Vielmehr entwickeln die

enthaltenen Goldpartikel eine Katalysa-

torwirkung – und reinigen so die umgebende

Luft2.

Auch Feldherren haben im Mittelalter von

Nanoteilchen und deren erstaunlicher

Wirkung profitiert. Damaszener Klingen der

Schwerter und Dolche arabischer Krieger gal-

ten seit den Kreuzzügen im Morgenland als

Schrecken christlicher Heere. Das dafür ver-

wendete Material war dem der europäischen

Waffenhersteller weit überlegen; um Härte,

Elastizität und Schärfe der Klingen ranken

Die kunstvollen Darstellungen eines Christus-zyklus in den Ornamentfenstern des Doms zu Havelberg (Sachsen-Anhalt) sind 600 Jahre alt. Das kräftige Rot der Christrose mit Weinstöcken und Trauben ist ein frühes Beispiel für die – damals unbewusste – Nanoteilchen-Nutzung.

2 Huaiyong Zhu, Xi Chen, Zhanfeng Zheng, Xuebin Ke, Esa Jaatinen, Jincai Zhao, Cheng Guo, Tengfeng Xie and Dejun Wang, Mechanism of Supported Gold Nanoparticles as Photocatalysts under Ultraviolet and Visible Light Irradiation. Chem. Commun. 7524–7526. 2009.

7

nano|textil: nano – unfassbares begreifen

sich zahlreiche Legenden. Bis vor wenigen

Jahren war ungeklärt, wie diese Materialei-

genschaften unter den einfachen Produkti-

onsbedingungen des Mittelalters gelingen

konnten. Erst die Untersuchung antiker

Bruchstücke unter dem Elektronenmikroskop

brachte die Erklärung: Beim immer neuen

Falten und Ausschmieden von Stahlrohlin-

gen entstanden offenbar Nanoröhrchen aus

Kohlenstoff. Diese legten sich schützend

um harte Strukturen aus Eisen carbid, denen

die Waffen die gewünschte Härte und ihr

typisches Oberflächen muster verdankten.

Die weichen Kohlenstoffstrukturen wirkten

im Stahl dagegen als Armierung, machten so

die Waffen elastisch und fest zugleich.

Ausschnitt aus einem Damastschwert, Anfang 4. Jahrhundert: Kohlenstoffröhrchen in Nano größe sicherten schon vor Jahrhunderten kon kurrenzlose Qualität.

Nano heuteIm Unterschied zum Mittelalter lassen sich

Objekte und Verbindungen in Nanogröße in

unserer Zeit in Form von Partikeln, Plättchen

und Fasern gezielt erzeugen:

NanoPARTIKEL Objekt mit drei äußeren

Abmessungen im nanoskaligen

1–100-nm-Bereich (Abbildung)

NanoFASER Objekt mit zwei gleich großen,

nanoskaligen und einer deutlich größeren

dritten Dimension

NanoPLÄTTCHEN Objekt mit einer äußeren

Dimension im nanoskaligen Bereich und zwei

deutlich größeren Dimensionen

Ihrer chemischen Natur nach können Nano-

partikel recht unterschiedlich sein; sowohl

anorganische als auch organische Varianten

sind anzutreffen. Die Partikel können dabei

aus nur einem Element, z. B. einem Metall

oder Kohlenstoff, bestehen. In anderen Fäl-

len setzen sie sich aus Elementverbindungen

zusammen.

8

nano|textil: nano – unfassbares begreifen

Am Markt hat sich eine Reihe von Nanopar-

tikeln bereits fest etabliert:

n Titandioxid (TiO2 )

z. B. in Zahn- oder Sonnenschutzcremes

n Siliziumdioxid (SiO2 )

zur Oberflächenmodifizierung; Ziel sind

verbesserte mechanische Eigenschaften

– erhöhte Kratzfestigkeit, gezielte

Zähflüssigkeit einer Rezeptur oder eine

reinigungsfreundliche Funktionalität

(Lotus-Effekt)

n Organische Verbindungen wie Kohlenstoff-

nanoröhren (Carbon Nanotubes – CNT)

Sie kombinieren hohe Wärme- und elek-

trische Leitfähigkeit sowie mechanische

Festigkeit mit chemischer Beständigkeit.

CNT haben das Potenzial, mit bisheriger

Technologie nicht realisierbare, völlig neue

Werkstoffe und Produkte hervorzubringen.

Aussichtsreiche Anwendungsfelder sind

u. a. Energie und Umwelt, Mobilität sowie

Leichtbau.

Untereinander lagern sich Nanopartikel

aufgrund der im Vergleich zu ihrer Masse

extrem großen Oberfläche häufig zusammen,

bilden so genannte Agglomerate. Deshalb

sind sie auch in sehr uneinheitlichen For-

men vorzufinden. Da die Form der Partikel

das Aussehen der jeweiligen Oberfläche

bestimmt, werden die Eigenschaften des

Gesamtsystems aus Partikel und Trägerma-

trix maßgeblich durch die Form der Partikel

beeinflusst. Grundsätzlich verhalten sie sich

wegen ihres besonderen Oberfläche-zu-Mas-

se-Verhältnisses gänzlich anders als größere

Verbünde.

Gehen Nanoobjekte mit anderen Materialien

einen Verbund ein, spricht man von Nano-

kompositen. Solche Verbindungen finden

auch in der Textilwirtschaft Anwendung, um

dem Fasermaterial gezielt bestimmte Eigen-

schaften zu verleihen.

Aber dazu später mehr.

Für die weltweit gültigen exakten Definitionen der neuen Strukturen und Technologien

ist die International Organization for Standardization (ISO) zuständig. Seit Oktober

2010 greifen die von ihr gesetzten Normen ISO/TS 80004-1 und 80004-3; weitere sind

derzeit in Bearbeitung. Seit 2008 gilt zudem bereits die Norm ISO/TS 27687, die Nano-

objekte als in mindestens einer Raumrichtung nanoskalig (1–100 nm) beschreibt.

In der Bundesrepublik beschäftigt sich das Deutsche Institut für Normung (DIN) mit

solchen Definitionen, erarbeitet hierfür entsprechende Standards. Die DIN-Experten

halten einen definitorischen Zusatz für elementar bedeutsam: Aus der Nanoskaligkeit der

Objekte müssen sich auch neue Materialeigenschaften ergeben.

nano|textil: nano – unfassbares begreifen

Nano in der NaturNeben den vom Menschen bewusst er-

zeugten Winzlingen gibt es auch natürlich

vorkommende Nanopartikel, Rauch, Staub

und Aerosole etwa. Sie können, wie auch

Tabakqualm oder Feinstaub aus Druckern

und Dieselmotoren, für Mensch und Umwelt

gefährlich sein.

Weltweit arbeiten Wissenschaftler-Teams

an der Untersuchung denkbarer Gefahren

in beiden Nanoerscheinungsformen. Die

Wirkungsforschung zu künstlich erzeugten

Nanomaterialien wird mit Sicherheit auch

neue Erkenntnisse dazu liefern, wie in der

Umwelt vorkommende ultrafeine Stäube

einzuschätzen sind. Umgekehrt kann von

bereits vorliegenden Studien zur Bewertung

von Feinstaub auf die Wirkung mancher

synthetischer Nanopartikel, etwa im mensch-

lichen Atemtrakt, geschlossen werden.

Auf natürlichem Wege freigesetzte Nanopartikel lassen Risikorückschlüsse auf künstlich erzeugte zu – und umgekehrt.

9

10

nano|textil: nanotechnologien – anwendung in der praxis

Ganz im Kleistschen Sinne liefert uns die

Umwelt perfekte Beispiele für erstaunliche

natürliche Vorgänge, an denen Nanostruk-

turen maßgeblich beteiligt sind. Manchmal

lassen sie sich wissenschaftlich nachempfin-

den und zum Nutzen der Menschen techno-

logisch umsetzen. Wie etwa der berühmte

Lotus-Effekt, der bei Pflanzen und Tieren

eine Selbstreinigung bewirkt: Wassertrop-

fen perlen von der Oberfläche ab, Schmutz

haftet kaum an.

2. Nanotechnologien: Anwendung in der Praxis

Damit diese verblüffende Wirkung zustan-

de kommt, bedarf es einer Kombination

von Nano- und im Vergleich „riesigen“

Mikrostrukturen mit geringer Oberflächen-

spannung. Seitdem die Zusammenhänge

detailliert erforscht sind, lassen sich der Ef-

fekt und seine Auswirkungen durch gezielte

Modifizierung von Oberflächen mittels Nano-

partikeln nutzbringend nachahmen – etwa

bei Autolacken oder Fensterscheiben.

Nach dem gleichen Grundmuster sind auch

andere physikalische und mechanische

Effekte (Verfestigung, Antistatik), optische

Wirkungen (Interferenzfarben, UV-Schutz,

Infrarot-Absorption) oder bioaktive Ergeb-

nisse (antimikrobielle Wirkung) zu erreichen.

Die Art der technologischen Modifizierung

bestimmt dabei das jeweilige Anwendungs-

gebiet. Aufgrund ihrer enorm großen

Oberfläche eignen sich Nanoobjekte zudem

bestens für jede Art chemischer Katalyse. Mit

bestimmten Titandioxid-Nanopartikeln lässt

sich beispielsweise Schmutz auf photokataly-

tischem Wege abbauen.

11

nano|textil: nanotechnologien – anwendung in der praxis

Heutige AnwendungsfelderWegen ihrer vielfältigen Effekte und Funktio-

nalitäten können die neuen Technologien

unseren Alltag und die Gesellschaft als

Ganzes grundlegend verändern. Sie haben

beispielsweise großes Potenzial für die Ent-

„Einen Lehrer gibt es, der ist vortrefflich, wenn wir ihn verstehen – es ist die Natur.“

Heinrich von Kleist | 1777–1811

wicklung ressourcen- und umweltschonender

Produk tionsverfahren oder für eine bessere

medizinische Versorgung. Nachfolgend eini-

ge bereits alltägliche Praxis-Anwendungen:

Automobilbau Mechanische Vorteile u. a. verbesserte Härte, Bruchfestigkeit –

z. B. Nanoklarlack oder Cabon Black in Pkw-Reifen

Elektronische/Magnetische Wirkungen Super kondensatoren als effiziente

Energiespeicher

Optische Effekte Farbe, Fluoreszenz, Transparenz – u. a. Anti-Reflex-Beschich-

tungen

Chemische Funktionalitäten Schutz vor Verschmutzung, Katalysatoren-Wirkung

Kosmetika Sonnenschutzcremes, Lippenstifte, Seifen, Shampoos, Zahnpasta, Zahnbürsten

Hausbedarf Raumsprays, Haushaltstücher, Anti-Schimmel-Mittel, Verpackungsmaterial, Filter

Bekleidung Geruchsbekämpfung, UV-Schutz, wasser-/schmutzabweisende Wirkung

12

Spiegelnder Glanz im Bad – von ganz allein

Im Gegensatz zu herkömmlichen Reinigungs-

mitteln basiert die Selbstreinigungskraft

auf der gezielten Oberflächengestaltung.

Technische Basis ist die erleichterte Bildung

von Wassertropfen und verschlechterte

Benetzungsfähigkeit des jeweiligen Mate-

rials. Perlt das Wasser sehr leicht ab, nimmt

es verunreinigende Partikel einfach mit.

Speziell Oberflächen mit Kontaktwinkel

von über 90 Grad sind hydrophob, also

wasserabweisend. Diese Eigenschaft lässt

sich durch eine Nanobeschichtung mit rauer

Oberfläche bewirken. Das Antihaft- oder

Leichtreinigungsprinzip, sprichwörtlich der

Lotuspflanze abgeschaut, bewährt sich sogar

bei Dachziegeln sowie der Imprägnierung

von Papier und Leder. Material- und Kosten-

aufwand für wiederkehrende Reinigungs-

prozesse schrumpfen so beträchtlich.

3 SIS: Abkürzung (engl.) für Semiconductor-Insulator-Semiconductor

Faser

Nanostruktur Kombination Mikro- und Nanostruktur

SchmutzpartikelSchmutzpartikel

Faser

Umweltentlastung und RessourcenschonungMehr Strom vom Dach

Nano macht eine Mehrausbeute an Energie

möglich, denn speziell funktionalisierte

Oberflächen können auch die Effizienz von

Solarzellen erheblich steigern. Wissen-

schaftler aus Thüringen sind derzeit dabei,

entspiegelte Siliziumwafer (Wafer: Waffel)

mit einer dünnen Barriere und einer transpa-

renten leitfähigen Oxidschicht zu versehen.

Die so entstehenden „SIS-Solarzellen“3

lassen sich nicht nur besonders kostengüns-

tig herstellen: Anti-Reflex-Beschichtungen

können ihren Energieertrag zugleich um bis

zu sechs Prozent erhöhen.

Abwasser sauberer

Die Wirksamkeit von Katalysatoren lässt sich

durch Verwendung nanoskaliger Partikelein-

sätze verbessern. Ihre Herstellung benötigt

Nano- und Mikrostrukturen in einer bestimmten Kombination führen zu Selbstreinigungseffekten auch bei Gebrauchsgütern.

nano|textil: nanotechnologien – anwendung in der praxis

13

dann auch deutlich weniger Edelmetalle als

bisher. Und Abwasserfilter im kommunalen

wie industriellen Bereich reinigen gründ-

licher, wenn sie mit Keramikmembranen

und anderen Materialien ausgestattet

werden, deren Oberflächen mit nanokleinen

Faserelementen bestückt sind. Ähnliche

Mechanismen bewähren sich bereits bei der

Filterung von Reinigungschemikalien aus der

Oberflächenbehandlung, der Entfärbung von

Textilabwässern, der Aufbereitung von Walz-

Hilfsflüssigkeiten oder beim „Herausfischen“

einzelner Zellen bei biologischen Prozessen.

Weniger CO2-Ausstoß

Effiziente Filter können auch die Kohlen-

dioxid-Emission von Pkw senken. Bei einer

Fallstudie4 im Auftrag des Umweltbundes-

amtes zeigte der Wirkungsvergleich eines

Nanofaser-beschichteten Filters mit einem

herkömmlichen Kombinationsfilter eine

erkennbare Überlegenheit des neuartigen

Nanoprodukts sowohl im Bereich Produktion

als auch beim Gebrauch im Pkw. Wenngleich

der Unterschied beim einzelnen Filter über-

schaubar ausfällt, summiert die Wirkung

sich angesichts der großen Zahl auf unseren

Straßen rollender Fahrzeuge zu einer nen-

nenswerten Größenordnung.

Weniger Energieverbrauch zur Klimatisierung

In Gebäuden aus Stahl und Glas ließ sich der

sprichwörtliche „Treibhaus-Effekt“ bisher

nur durch aufwändige Beschattungsanlagen

und Kühlung vermeiden. Kommen jedoch

„intelligente“ Nanobeschichtungen ins Spiel,

braucht man dafür deutlich weniger Energie.

Dabei spielt auf Temperaturänderungen

farblich reagierendes Vanadiumdioxid (VO2)

die Hauptrolle. Es wird direkt in Kunststoff-

fasern (Polyethylenterephthalat PET und

Polypropylen PP) eingebettet, mit denen

man Architekturglas beschichten kann. Die

schwarze Eigenfarbe der VO2-Nanopartikel

führt zur Vergrauung der Polymere und

daraus hergestellter Wärmeschutz-Gewirke.

Folge ist eine starke Lichtabsorption. Physi-

kalisch beruht der Schutzeffekt des Materials

auf der selbstständigen Veränderung einer

bis 68 °C metallischen Struktur in eine (nur)

halbleitende unterhalb dieser Temperatur.

Die Metallstruktur reflektiert einfallende

Wärmestrahlung, die halbleitende lässt sie

dagegen passieren. Durch Kombination mit

anderen Elementen ist der Temperaturwert,

bei dem sich die Strukturen umwandeln,

zudem gezielt einstell-, der klimatisierende

Effekt damit steuerbar.

4 Untersuchung des Einsatzes von Nanomaterialien im Umweltschutz, Umweltbundesamt, 34/2010

nano|textil: nanotechnologien – anwendung in der praxis

14

nano|textil: nutzen im textilbereich

„In der Innovationsbranche Textil werden

immer neue Anwendungsmöglichkeiten des

faserbasierten Werkstoffs entwickelt. Wir

gehören dabei zur Weltspitze. Bei verant-

wortungsbewusstem Herangehen unserer

Forscher und Unternehmer kann auch Nano-

technologie zur weiteren Entwicklung einen

ganz wesentlichen Beitrag leisten.“

Heinz Horn | Präsident des

Gesamtverbands textil+mode

3. Nutzen der neuen Möglichkeiten im Textilbereich

Die deutsche Textil- und Bekleidungsin-

dustrie bietet nach dem tief greifenden

Strukturwandel der letzten zwei Jahrzehnte

rund 400.0005 Mitarbeitern in etwa 1.300

meist mittelständischen Branchenunterneh-

men eine sichere Existenz. Dazu trägt eine

international führende Position im textilen

Hightech-Bereich maßgeblich bei. Hinter

diesem Erfolg stehen hoch spezialisierte und

verantwortungsbewusste Wissenschaftler-

Teams in bundesweit 16 Textilforschungs-

instituten. Sie suchen nach immer neuen

Lösungen und Optimierungsmöglichkeiten

sowohl für Bekleidung als auch für tech-

nische Anwendungen.

Im Bekleidungsbereich betrifft dies etwa

einen noch perfekteren Sitz, verbesserten

Tragekomfort, aber auch völlig neue Eigen-

schaften des Hemds, T-Shirts, der Jeans oder

Socken. So gibt es bereits Kleidungsstücke

und Materialien, die während der Benutzung

medizinische Analysen vornehmen, kosme-

tische oder medizinische Wirkstoffe an die

Haut abgeben, temperaturregulierend oder

sogar leistungssteigernd wirken.

5 Gesamtverband textil+mode, 2010: Von den ca. 400.000 Arbeitsplätzen befinden sich etwa 100.000 im In- und ca. 300.000 im europäischen Ausland.

15

nano|textil: nutzen im textilbereich

In diese Forschungen nach Vorteilen für die

Nutzer fließt das Nanothema direkt ein und

sorgt auch künftig für sichere Arbeitsplätze

in den Herstellerbetrieben. Die winzigen

Teilchen können auch hier bei sinnvoller und

sachgerechter Anwendung großen ökono-

mischen und ökologischen Nutzen bringen.

Bei der Suche nach neuartigen Produkten

oder verbesserten Eigenschaften gehen

die Wissenschaftler drei unterschiedlichen

Ansatzpunkten nach:

Material Funktion AnwendungsbeispieleCyclodextrine Geruchsunterdrückung BekleidungAluminium(hydr)oxide Schutz vor Abrieb,

Brandvorbeugung

Bekleidung und technische

TextilienSilber Gegenwirkung zu mikrobiell

bedingten Gerüchen,

elektrische Leitfähigkeit

Schutzkleidung, Sport bekleidung,

Unterwäsche, Wischtücher

Siliziumdioxid Selbstreinigung, Oberflächen-

modifizierung, verbesserte

Färbbarkeit

Arbeitskleidung

Vanadiumdioxid Wärmeisolierung Vorhänge

1. Erzeugung so genannter nanoskaliger

Fasern, umgangssprachlich „Nanofasern“,

2. dauerhaftes oder zeitweises Einbringen

von Nanopartikeln in textile Verbundwerk-

stoffe (Matrix) sowie

3. Implantierung konkret nutzbarer Material-

eigenschaften durch nanoskalige Funk-

tionsträger in Faseroberflächen.

Noch greifbarer werden die neuen Mög-

lichkeiten mit unmittelbarem Praxisnutzen

durch einige inzwischen bereits alltägliche

Anwendungsbeispiele.

16

nano|textil: nutzen im textilbereich

Nanoanwendungen im AlltagHemden und Blusen, die nach einem langen

Arbeitstag immer noch frisch duften

Eine Utopie? Nein, durchaus nicht!

Zuvor muss das Kleidungsstück mit Cyclo-

dextrine, einer Zuckerlösung auf Maisbasis,

behandelt werden. Dann sind Hemd und

Bluse resistent gegen Feuchtigkeit und

„schlucken“ sogar Nikotin- und Schweißge-

ruch. Der Grund: Die künstlich in das Gewebe

eingebrachten Zuckerelemente wirken

deodorierend – ohne die üblichen Allergiker-

Risiken von Deostiften oder Körpersprays.

Zudem wirkt die Kleidung auch nach zwölf

Stunden optisch noch wie ungetragen. Des

Rätsels Lösung sind nanoskalige Depotstruk-

turen, die bereits bei der Produktion in das

Gewebe eingelagert werden. Die Moleküle

nehmen Feuchtigkeit auf, bis auch das letzte

von ihnen restlos gefüllt ist. Und was pas-

siert beim Waschen? In der Waschmaschine

regenerieren sich die Komponenten dann

aufs Neue und können im Weichspülgang

sogar mit Duftstoffen angereichert werden.

Kleidung in Beruf, Sport und Freizeit,

die so schnell nicht „muffelt“

„Antimikrobielle Ausrüstung“ nennen Exper-

ten die hygienische Optimierung von Sport-,

Freizeit- oder auch Berufsbekleidung. Sie

verhindert bzw. verlangsamt Geruchsbildung

durch das natürliche Wirken von Mikroben

auf der Haut. Eine andere Methode bedient

sich der antimikrobiellen Wirksamkeit von

Silber-Ionen.

Sie unterbindet Geruchswirkung durch

Anlagerung solcher Ionen; beim Waschen

wird dann der Gesamtverbund aus dem Textil

entfernt. Wesentlicher Zusatzeffekt der tech-

nologischen Einflussnahme: Der Faserabbau

wird gebremst, die Gebrauchstüchtigkeit der

Textilien bleibt länger erhalten. Im Rahmen

der Infektionsprävention lässt sich so auch

die Übertragung von Krankheitserregern

erschweren oder sogar unterbinden.

Gebrauchstextilien, die sich selbst vor

Verschmutzung schützen …

Dank gezielter Nutzung von Nanostrukturen

ist das heute schon fast Alltag. Hersteller

von Textilhilfsmitteln haben bereits Produkte

auf den Markt gebracht, bei denen Milliarden

von Nanoteilchen auf dem Textil aneinan-

dergereiht eine stark wasser- bzw. fettab-

weisende Oberfläche erzeugen. Sie sieht aus

wie eine Berg- und Tallandschaft. So liegen

Schmutzpartikel nur auf den Spitzen der

Struktur auf, haben damit auch nur eine sehr

kleine Kontaktfläche. Ergebnis ist der schon

mehrfach zitierte Lotus-Effekt. Der nächste

Regenguss spült die Verunreinigungen ein-

fach fort. Derart selbstreinigend beschichte-

te Markisen, Sonnenschirme und Zelte sind

am Markt inzwischen gängige Produkte.

… oder sich gar selbst reinigen

Ist der Schmutz erst einmal „dran“, kann

auf alternativem Wege immer noch gegenge-

steuert werden – durch Nutzung von Photo-

katalyse-Prozessen auf Basis von Titandioxid

17

nano|textil : nutzen der neuen möglichkeiten im textilbereich

(TiO2). Die anorganische Verbindung absor-

biert Licht und zersetzt organische Verbin-

dungen, beispielsweise Verunreinigungen.

In Japan sind Produkte mit TiO2-Anteil schon

weit verbreitet; es gibt sogar Windeln und

Papiertapeten mit diesen Eigenschaften.

Allerdings wirkten die Katalyseprozesse auch

noch zersetzend gegen das Trägermaterial.

An der RWTH6 wurden deshalb neuartige

Beschichtungen entwickelt, bei denen das

Gewebe selbst nicht mehr angegriffen wird.

Im ersten Schritt binden sie die Schadstoffe

dank einer Schutzschicht aus nanoskaligem

Titandioxid und bauen sie anschließend ab.

Denkbare Einsatzbereiche sind u. a. Zelte,

Filter oder Jalousien. Zwar wird damit das

Reinigen nicht komplett überflüssig, die

insgesamt geringere Verschmutzung lässt

jedoch deutliche Einsparungen beim Wasser-

und Chemikalieneinsatz (z. B. Waschsubstan-

zen) erwarten.

Vorhänge, die Leben retten

40.000 Bundesbürger versterben nach

Expertenschätzungen jährlich an Infektionen

durch multiresistente Keime bei Kranken-

hausaufenthalten. Gardinen oder Vorhänge

bilden für deren Vermehrung ideale Bedin-

gungen. Noch. Denn neuerdings begegnen

manche Kliniken dieser Bedrohung bereits

mit einer weiteren Nanoentwicklung: Sie

setzen beim Sichtschutz vor Fenstern und

Liegen auf desinfizierende Gewebe. Deren

antibakterielle Wirkung resultiert aus Silber-

Ionen, die auf keramischen Trägern in die

molekulare Faserstruktur eingearbeitet sind.

Das Silber hemmt nicht nur das Wachstum

der Bakterien, sondern greift sogar deren

Stoffwechselsysteme an, tötet sie damit

ab. Der Effekt bleibt auch nach mehreren

Waschgängen erhalten; der höhere Anschaf-

fungspreis amortisiert sich durch geringere

Reinigungskosten.

Selbstreinigungseffekt auf textiler Oberfläche

6 Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH)

18

nano|textil: nutzen im textilbereich

Nie wieder Sonnenbrand

Inzwischen gibt es sogar neuartige Texti-

lien – darunter Berufsbekleidung, Shirts,

Bademoden oder auch Schirme und Markisen

– mit integriertem wirksamen UV-Schutz.

Wie werden Chemiefasern resistenter

gegen die Strahlung? Titandioxidpartikel

in Nanogröße, wie sie auch in Pudern und

Nie wieder Sonnenbrand – dank Nano-Titandioxid

Sonnencremes enthalten sind, wirken auf

der Faseroberfläche wie winzige Spiegel.

Sonnenlicht und schädliche Strahlung

werden reflektiert. Minimale Lücken lassen

sich schließen, indem mehrere beschichtete

Gewebelagen übereinander platziert werden.

So bleibt die Haut zuverlässig geschützt.

19

nano|textil: risiken und nebenwirkungen

4. Risiken und Nebenwirkungen„Wer jedes Risiko ausschalten will, der zerstört auch alle Chancen.“

Hans-Olaf Henkel | Wirtschaftspolitiker | 1995–2000 Präsident Bundesverband der Deutschen Industrie

Noch ist die Risikoforschung zu Wirkungen

von Nanoteilchen auf Mensch und Umwelt

international ein junges Forschungsgebiet;

realistische Bewertungen von Risiken und

Nebenwirkungen sind deshalb in manchen

Bereichen bislang nur eingeschränkt mög-

lich. Forschungsteams in Deutschland wie

in aller Welt arbeiten jedoch mit Hochdruck

daran.

Auf und in Textilien lassen sich Nanomate-

rialien auf unterschiedliche Weise applizie-

ren. Sie können direkt bei der Verarbeitung

in die Textilfasern eingebunden, aber auch

nachträglich als Beschichtung auf das fertige

Textil aufgetragen werden (siehe Grafik

rechts oben).

Auf diese Weise entstehen unterschiedliche

Risikopotenziale. Bei Einbettung in die

Faser werden sich Nanoteilchen erheblich

langsamer lösen als bei einer nachträglich

aufgebrachten Beschichtung. Folge sind

unterschiedliche Partikel-Maximalkonzen-

trationen in der jeweiligen Umgebung.

Zudem haben Studien gezeigt, dass einzelne

Nanopartikel nur recht selten herausgelöst

oder -gewaschen werden. In der Regel lösen

sich vielmehr Agglomerate, also größere

Ballun gen von Teilchen, samt Trägerfaser

ab. Der Effekt lässt sich am Beispiel einer

Tafel Nuss schokolade

verdeutlichen. Versu-

chen Sie mal, aus dieser

Tafel eine einzelne Nuss

herauszulösen: Das

funktioniert nicht –

stets bleiben Schokola-

denreste daran haften.

Zu den Technikrisiken gehen manche

Befürch tungen derzeit auf eine mehr oder

weniger einseitige Medienberichterstattung

nach Veröffentlichung eines Hintergrundpa-

piers des Umweltbundesamtes (UBA) zurück.

Entsprechende Pressebeiträge sorgten 2009

Nanodurchmesser

nanostrukturierte Fasern

20

nano|textil: risiken und nebenwirkungen

kurzzeitig für eine intensive öffentliche

Diskussion um reale oder auch nur vermutete

Gefahren im Zusammenhang mit der indus-

triellen Nutzung der Nanotechnologien. Zwar

waren sich Wissenschaftler und Verbrau-

cherschützer absolut einig, dass es in dem

Papier keinerlei neue oder gar alarmierende

Erkenntnisse gegeben hatte. Dennoch löste

das UBA ungewollt eine breite Debatte rund

um Nanothemen aus, die sich inzwischen je-

doch wieder versachlicht hat und weitgehend

konstruktiv verläuft.

Im Zentrum: unsere GesundheitWissenschaftlich lässt sich die Kategorie

„Risiko“ definieren als Produkt aus einer Ge-

fährdung, multipliziert mit dem Umfang, in

dem man ihr ausgesetzt ist. Ob beispielswei-

se eine Substanz die menschliche Gesundheit

beeinträchtigt, hängt also nicht nur von de-

ren konkreten Eigenschaften ab. Bedeutsam

ist vielmehr, ob und welche Mengen davon

überhaupt aufgenommen werden.

In der Praxis hat darauf Einfluss, wie Nano-

partikel verwendet werden. Beispielsweise

kann Nanosilber bereits im Herstellungspro-

zess in eine großmolekulare Keramikmatrix

„eingebacken“ werden, die ein starkes Bin-

devermögen zur Textilfaser hat. Dadurch wird

selbst bei Waschtemperaturen von 60 °C eine

sehr hohe Waschbeständigkeit erzielt. Da das

Silber in den Keramikteilchen fest einge-

schlossen ist, handelt es sich nicht wirklich

Nanosilber – Fluch oder Segen?

Experteninterviews in Ratgeber-Medien, die zumeist pro oder contra und selten ausgewogen geführt werden, lassen den Verbraucher oft mit mehr Unklarheiten als Erkenntnissen zurück. So hinterfragte ein bekanntes Apothekenmagazin Risiken und Nebenwirkungen, die bei der Verwen-dung von Nanosilber-Partikeln auftreten könnten. Der Interviewpartner warnte vor dem Einsatz von Nanosilber in Textilien u. a. mit folgenden Argu-menten:

Ihre industrielle Nutzung könne dazu füh-ren, dass „immer mehr“ Bakterien dagegen Resistenzen entwickeln und der unbestrittene medizinische Nutzen von Silber eingeschränkt würde.

Zudem sei Nanosilber giftig – zumindest für Fische und andere Wasserlebewesen.

Es gäbe, so der Artikel7, noch nicht genug Folgeuntersuchungen; der Verbraucher sei in der Rolle des Versuchs kaninchens.

Sogar ein Einsatzverbot von Nanosilber wäre angebracht.

Soweit die auflagenstark verbreitete Meinung eines Umweltschutzreferenten beim BUND. Was sagt nun die Wissenschaft zu diesen Warnungen? Unmittelbar nach Erscheinen des Beitrags bezog ein Team hochkarätiger Forscher vom Hohenstein Institut für Textilinnovation e. V. (HIT) bzw. vom Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DIT, beide Baden-Württemberg) Stellung. Hier ihre gemeinsame Position:

Eine spezifische Resistenzbildung gegen Silber auf genetischer Ebene ist bislang nicht beobachtet worden. Trotz bestehender Abwehrmechanismen von Bakterien in Form

7 Apotheken Umschau 10/2010, S. 66 f.

pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++

geänderter Aufnahme- bzw. Ausscheidungsme-chanismen für Metall-Ionen (Silber-Ionen) ist die Wahrscheinlichkeit der Resistenzbildung von Bakterien gegen Silber relativ gering. Ab welcher Silberkonzentration dies überhaupt möglich sein könnte, wird von den Hohenstein Instituten derzeit untersucht. Ein direkter Vergleich mit Antibiotika-Resis-tenzen kann jedoch nicht gezogen werden.

Zu einer eventuellen toxischen Wirkung von Nanosilber laufen derzeit zwei Forschungspro-jekte in Hohenstein. Dabei wird eine profunde Risikoabschätzung auf Basis physikalischer, humantoxikologischer und ökotoxikologischer Daten erarbeitet.

Aus abgeschlossenen Forschungsvorhaben ist jedoch bereits bekannt, dass durch Abrieb freisetzbare Nanosilber-Partikel in der Regel keine signifikante Erhöhung der auch so allgegenwärtigen Nanopartikel-Hintergrundbe-lastung bewirken. Wie sich in diesem ITV-Forschungsprojekt ebenfalls zeigte, emittiert beispielsweise eine einzige brennende Kerze eine im Vergleich weitaus höhere Konzentration an Nanopartikeln.

Auch die Wirkung silberhaltiger Textilien auf die menschliche Hautflora ist inzwischen geklärt. Das HIT hatte dazu im Rahmen einer vom Bundeswirtschaftsministerium unterstütz-ten, Placebo-kontrollierten vergleichenden intra-individuellen rechts/links Tragestudie bei 60 Probanden den Einfluss antibakteriel-ler Fasersubstrate auf die Hautflora und das Mikroklima untersucht. Ergebnis: Die Messpara-meter zur Hautflora sowie zum Mikroklima der Haut zeigten sich von den funktionalisierten Chemiefasern unbeeinflusst, eine Beeinträch-tigung der Hautflora war nicht zu verzeichnen. Trotz nachweisbarer – angestrebter – antibak-terieller Aktivität erwiesen sich die Textilien als unbedenklich.

21

um „Nanosilber“, sondern real eher um einen

großmolekularen Composit.

Ebenso wichtig für eine objektive Abwägung:

Der jeweilige Stoff muss in der Umwelt

überhaupt auffind- und nachweisbar sein,

damit im zweiten Schritt möglichst detail-

lierte Erkenntnisse zu seinem Verhalten in

dieser Umwelt gewonnen werden können.

Grundbedingung dafür wiederum ist eine

intensive wissenschaftliche Befassung mit

dem konkreten Gegenstand.

Mit dem Ziel, neue wissenschaftliche Erkennt-

nisse über mögliche gesundheitliche Auswir-

kungen von Nanopartikeln zu erhalten, wurde

bereits 2005 das Projekt NanoCare8 ins Leben

gerufen. Das vom Bundesforschungsmini-

sterium unterstützte, bundesweit vernetzte

Konsortium als Zusammenschluss aus Hoch-

schulen, Forschungseinrichtungen und for-

schenden Unternehmen sollte gesundheits-

relevante Effekte industriell hergestellter und

genutzter Nanopartikel genauer untersuchen

und die breite Öffentlichkeit informieren. Das

Projekt wurde 2009 abgeschlossen, nachdem

Wesentliches erreicht war. Es gelang, für

die Bestimmungen der Partikel belastung

während der Produktion von Nanomaterialien

Messstrategien zu entwickeln und an realen

Arbeitsplätzen in der Industrie zu testen.

Dabei konnten keine Belastungen der Mitar-

beiter nachgewiesen werden.

Weiterhin wurden die Stabilität von Agglo-

meraten sowie die Fähigkeit von Pulvern

nano|textil: risiken und nebenwirkungen

8 http://www.bmbf.de/de/5915.php

pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++ pro + contra +++

22

nano|textil: risiken und nebenwirkungen

zum Freisetzen von Staub untersucht; beides

sind wichtige Parameter der Risikoanalyse.

Damit die Ergebnisse toxikologischer Studien

in Zukunft besser vergleichbar sind, wurden

Standardarbeitsanweisungen formuliert.

Sämtliche Informationen wurden allgemein

zugänglich im Internet publiziert.9

Und die Umwelt?Bei einer Untersuchung und Bewertung des

Verhaltens von Nanopartikeln in der Umwelt

sowie ihrer Wirkung auf darin lebende

Organismen muss wegen gravierender Un-

terschiede in Form, Zusammensetzung und

Wirkung sorgfältig zwischen den verschie-

denen Partikelarten differenziert werden.

Allgemeingültige, summarische Aussagen zu

einem denkbaren Gefährdungspotenzial „der

Nanoteilchen“ sind deshalb auch im Textilbe-

reich nicht möglich.

Als gesichert gilt: Haupteintragsweg von

Nanomaterialien aus Textilien in die Umwelt

ist das Wasser, z. B. über das Waschen. Aus-

breitung und Verweilzeit der Einträge werden

dabei stark von der Wasserchemie (z. B.

pH-Wert oder Vorhandensein natürlicher

organischer Verbindungen) mitbestimmt. So

wurde festgestellt, dass die Auswaschung

von Nanosilber-Partikeln aus Textilien

wesentlich von deren Herstellungsprozess,

vom Gehalt der Partikel im Textil und von der

Wasserqualität abhängt.10 Titandioxid-Nano-

partikel, wie sie im UV-Schutz Anwendung

finden, werden im Wasser unter günstigen

Bedingungen immerhin bis zu zehn Kilo-

meter weit transportiert.11

Gelangen Nanopartikel dann in Kläran la gen,

können sie dem Abwasser durchaus ent-

zogen werden. Erste Studien zeigten, dass

beispielsweise Nanosilber-Partikel sich selbst

bei erhöhtem Gehalt im Abwasser weiter

problemlos entfernen lassen. Studien zur

Wirkung dieser Partikel auf im Boden leben-

de Organismen oder Pflanzen sind dagegen

bisher nicht bekannt.

Um eine mögliche Umweltgefährdung durch

Nanosilber aus Textilien noch genauer ab-

schätzen zu können, haben sich im Rahmen

der Initiative „NanoNature“ des Bundesfor-

schungsministeriums12 mehrere Forschungs-

institute mit Partnern aus der Industrie

9 www.nanopartikel.info | 10 Benn et al. Environmental Science & Technology 42 (2008), pp. 4133-414911 Battin et al. Environmental Science & Technology 44 (2010), pp. 8098-8104

23

nano|textil: risiken und nebenwirkungen

und aus Umweltbehörden in einem bundes-

weiten Verbund zusammengeschlossen. Ihr

gemeinsames Projekt mit dem programma-

tischen Namen „UMSICHT“13 (Abschätzung

der Umweltgefährdung durch Nanosilber-

Materialien: vom chemischen Partikel bis

zum technischen Produkt) soll bis Frühjahr

2013 grundlegende Daten zu Verhalten und

Verbleib dieser Partikel in der Umwelt sowie

zu ihrer Wirkung auf Organismen in Abhän-

gigkeit von den Umgebungsbedingungen

liefern. Interdisziplinär wird so eine Brücke

zwischen Grundlagenforschung und Praxis

geschlagen. Dabei geht es auch um die

Entwicklung von Methoden zum sicheren

Nachweis dieser Partikel. In einem weiteren

Teilprojekt wird aus realen Textilprodukten

Abrieb erzeugt und dessen Verhalten dann

unter möglichst realitätsnahen Bedingungen

in verschiedenen Szenarien untersucht.

Neben einer umfassenden und praxisrele-

vanten Gefährdungsabschätzung streben

die Projektpartner auch Erkenntnisse für die

Entwicklung neuer, sicherer Produkte mit

Nanosilber-Partikeln an.

Die Wissenschaftler können dabei teil-

weise schon auf vorliegende Erkenntnisse

und bewährte Methoden zurückgreifen. So

wurde von DIT-Forschern in Denkendorf mit

SiNaTex14 eine Apparatur entwickelt, die

bereits heute exakte Messungen zur Parti-

kelfreisetzung bei mechanischer Belas tung

von Textilien ermöglicht: Dazu wird in einer

Prüfkammer deren Alltagsbelastung simu-

liert. Ergebnis ist die absolute Häufigkeit

der Teilchen je Kubikzentimeter Luft. Neben

ihrer Größe und Anzahl lassen sich über

Folgeuntersuchungen mittels Rasterkraft-

mikroskopie und Röntgenspektroskopie auch

die Form und chemische Zusammensetzung

analysieren.

12 http://www.bmbf.de/de/5915.php; Bundesministerium für Bildung und Forschung13 http://www.nanopartikel.info/cms/Projekte/umsicht | 14 SiNaTex: Sicherheit nanotechnologischer Textilprodukte

24

nano|textil: gesetzliche vorschriften

5. Gesetzliche Vorschriften – ausreichend?

Nanospezifische, industrieübergreifende

gesetzliche Regelungen existieren bislang

weder in Deutschland noch auf europäischer

oder gar internationaler Ebene. Nur für

bestimmte Branchen, etwa die Lebensmit-

tel- und Kosmetikindustrie, gibt es bereits

spezielle gesetzliche Vorgaben. Chemikalien

(Nanomaterialien gehören dazu) unterliegen

dem Chemikaliengesetz, der Sicherheits- und

Gesundheitsschutz damit befasster Arbeit-

nehmer dem Arbeitsschutzgesetz. Zusätzlich

bietet die europäische Chemikaliengesetz-

gebung REACH15 seit 2007 einen Rahmen,

in dem Nanomaterialien erfasst werden

können.

Deutsche Experten verlangen jedoch, die be-

stehenden Regelungen gezielt an die Nano-

besonderheiten anzupassen; also zunächst

Definitionen festzuschreiben, die dann im

Rahmen der genannten EU-Regelung rechts-

praktische Anwendung finden können.

Nanoregister geplantAußerdem sollten standardisierte Mess-

und Prüfverfahren entwickelt werden, die

konkrete Informationsanforderungen und

Vorgaben für die Risikoermittlung ermögli-

chen. In der Bundesrepublik sowie auf EU-

Ebene wird derzeit ein Nanoproduktregister

diskutiert: Für Hersteller und Importeure als

so genannte Inverkehrbringer sollen Pro-

dukte meldepflichtig werden, die Nanoma-

terialien enthalten. Noch ungeklärt ist, ob

und in welchem Umfang ein solches Register

auch den Verbrauchern zugänglich sein soll.

Unklar ist auch der Verbleib nanover-

setzter Abfälle. In der Schweiz ist derzeit

eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, eine

Handlungsanweisung für entsprechende

betriebliche Abfälle zu erstellen. Um entwick-

lungsbedingte Unsicherheiten in Risiko-Ab-

schätzung und Regulierung bis zur Verab-

schiedung wissenschaftlich untermauerter

Vorgaben überbrücken zu können, haben

Industrie, Wissenschaft und Behörden dort

gemeinsam ein Vorsorgeraster entwickelt.

Die Nanotechnologie insgesamt ist ein junges Forschungs- und Anwendungsfeld.

Eine zentrale Frage für Verbraucher(schützer), Forscher und industrielle Anwender lautet

deshalb auch: Reichen die bestehenden gesetzlichen Regelungen bereits aus und decken

sie alle aus den besonderen Eigenschaften von Nanomaterialien resultierenden

Anforderungen sicher ab?

15 Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung)

25

nano|textil: gesetzliche vorschriften

Es erleichtert den Unternehmen, denkbare

Risiken für die Konsumenten, die Umwelt und

die eigenen Angestellten besser zu bewerten.

Erste Standards gesetztIn Deutschland laufen vergleichbare Aktivi-

täten auf Hochtouren. Schon Ende 2006

startete das Bundesumweltministerium den

NanoDialog. Mithilfe einer speziellen Kom-

mission sollen in diesem Rahmen eine nach-

haltige und zukunftsfähige Entwicklung und

Nutzung der Technologie mit dem Schwer-

punkt Nanomaterialien unterstützt werden.

Dabei arbeiten Wissenschaftler, Fachbehör-

den des Bundes, Vertreter von Umwelt- und

Verbraucherschutzverbänden sowie die In-

dustrie eng zusammen. Daraus resultierende

Arbeitsergebnisse werden Grundlage für die

umfassende Information der Öffentlichkeit

sein und zugleich Handlungsempfehlungen

an die Behörden ermöglichen. 2008 wurde

bereits ein erster Leitfaden zum verantwor-

tungsbewussten Umgang mit Nanotechnolo-

gien veröffentlicht.

Darüber hinaus haben einige Forschungs-

verbünde schon konkrete regulatorische

Vorgaben für die Unternehmen ihrer jewei-

ligen Branchen erstellt. Als erste deutsche

Netzwerke etablierten die Vereine Nano-

BioNet und cc-NanoChemie e. V. 2009 einen

„Verhaltenskodex Nanowissenschaften und

-technologien“ als verbindliche Verpflich-

tung für ihre Mitglieder. Zu ihnen gehören

auch der Gesamtverband textil+mode sowie

das Forschungskuratorium Textil.

Da der Begriff

„Nano“ weder

rechtsverbind-

lich definiert

noch geschützt

ist, haben die

bereits genann-

ten Hohen-

stein Institute

(Bönnigheim)

ein spezielles

Qualitätslabel

für Nanotextilien

entwickelt. Es

wird nur dann

vergeben, wenn ein Endprodukt umfangreiche

Tests und wissenschaftliche Untersuchungen

erfolgreich absolviert hat.

Das vom ITV, Denkendorf, entwickelte Prüf-

siegel „selfcleaning – inspired by nature“

dient Textilherstellern dazu, den Erfolg ihrer

Anstrengungen bei der Entwicklung und

Herstellung selbstreinigender Textilien durch

ein unabhängiges Prüfzertifikat zu unter-

streichen. Das Prüfsiegel weist nach, dass

auf dem Textil die Funktions- und Struktur-

prinzipien der Natur zur Erzielung selbstrei-

nigender Eigenschaften umgesetzt wurden.

26

nano|textil: informationen

6. Weiterführende Informationen

Die vorliegende Broschüre weist den aktuellen Wissensstand zur Nanothematik mit Schwer-

punkt Textilwirtschaft aus. Neuauflagen unter Berücksichtigung aktuellster Erkenntnisse und

Entwicklungen sind geplant. Einen sehr zeitnahen Überblick über die dynamische Entwicklung

auch in anderen Lebens- und Wirtschaftsbereichen bieten zahlreiche Plattformen im Internet.

Hier nur eine Auswahl:

n Verbraucherzentrale Bundesverband unter www.verbraucherbildung.de

n Bundesverband Die Verbraucherinitiative e. V. unter www.verbraucher.org

n Gesamtverband textil+mode e. V. unter www.textil-mode.de

n www.cc-nanochem.de

n www.nanopartikel.info

n www.nanonet.de

n Bundesministerium für Bildung und Forschung unter www.bmbf.de

n Umweltbundesamt unter www.uba.de

27

nano|textil: glossar

7. GlossarAerosol Bezeichnung für Gemisch aus Gasen (z. B. Luft) mit darin verteilten kleinen

festen oder flüssigen Teilchen („Schwebstoffen“) von etwa 1 nm bis 10 μm Durchmesser. A.-partikel entstehen z. B. aus Meersalz, wenn durch Wind Salzwassertröpfchen vom Meer aufgewirbelt werden. Das Wasser verdunstet, zurück bleibt ein Salzpartikel.

Agglomerat Ansammlung schwach miteinander verbundener Partikel, Aggregate oder Kombination derselben

Aggregat Fest gebundene/verschmolzene Partikel, deren resultierende Oberfläche wesentlich kleiner als die Summe der berechneten Oberflächen der Einzelbe-standteile sein kann. Starke Kräfte (kovalente Bindungen oder solche auf Basis von Sintern oder komplexer physikalischer Verhakungen) halten ein A. zusammen.

Kohlenstoff- nano röhrchen

auch CNT (engl.: carbon nanotubes), K. sind mikroskopisch kleine röhren-förmige Gebilde (molekulare Nanoröhren). Ihre Wände bestehen nur aus Kohlenstoff, wobei dessen Atome eine wabenartige Struktur mit Sechsecken und jeweils drei Bindungspartnern einnehmen.

Nanokomposite manchmal auch: Hybrid-Material, N. sind Materialien (oft Polymere), die gut verteilte Nanopartikel oder andere Nanostrukturen (z. B. Nanoporen) ent-halten. Man spricht auch von N., wenn verschiedene Nanopartikel zusammen „nanogranuläres“ Material bilden.

Nanoobjekte Als N. gelten Materialien, die entweder in einer, zwei oder drei äußeren Dimension(en) nanoskalig (ca. 1 bis 100 nm) sind, z. B. Nanopartikel, -fasern und -plättchen.

Nanoprodukte Umgangssprachliche Bezeichnung für mit Nanotechnologie-Hilfe hergestellte Waren/Güter. Dabei meist unerheblich, ob sie nur Effekte verursachen, die bei der Produktion eingesetzter Nanomaterialien entstehen, ob sie selbst Nano-strukturen haben oder aus Nanomaterialien bestehen. Verbindliche internatio-nale Definitionen stehen noch aus.

Nanostrukturierte Materialien

Materialien mit nanoskaliger innerer Struktur, sie treten meist als Verbund-systeme von Nanoobjekten, z. B. Aggregate und Agglomerate, auf.

REACH Abkürzung (engl.: Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals – Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien), EU-Verordnung Nr. 1907/2006. siehe auch: http://echa.europa.eu/legislation/reach_legislation_en.asp

Impressum

1. Auflage 2011

HerausgeberGesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V.Reinhardtstraße 12–14 | 10117 [email protected] | www.textil-mode.de

BildnachweiseSchmitzWerke (Titel) | Hohenstein Institute (S. 2/7 u./12/18/25 o.) | sandra zuerlein + goce risteski/fotolia (5) | Pfarrer Thomas Krispin/Dom zu Havelberg (6) | Deutsches Klingen museum Solingen (7) | Jochen Scheffl/fotolia (9) | BASF SE (10) | Öko-Tex Imagefoto (14) | ITV Denkendorf (17/19 o./25 u./26) | sumners graphicsinc/fotolia (19 u.) | BeteiligungsHolding Hanau (22/23)

Redaktion Christina Meßner | Checkpoint-Media mit Unterstützung von Dr. Volkmar von Arnim, Dr. Jan Beringer, Monika Büning, Dr. Wolfgang Dubbert, Stefan Gierling, Dr. Kathrin Schwirn

Gestaltung Brose Graphik, Berlin | Druck Das Druckteam Berlin Vervielfältigung und Veröffentlichung auch in Auszügen nur mit Genehmigung des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V.