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Nanotechnologie Kleine Teile – grosse Zukunft? Risk Perception

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NanotechnologieKleine Teile – grosse Zukunft?

Risk Perception

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NanotechnologieKleine Teile – grosse Zukunft?

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Inhalt

Vorwort 3

1 Einführung 5

2 Nanotechnologie – primär eine Grössenbezeichnung 112.1 Kleine Partikel mit grosser Oberfläche 122.2 Natürliche und künstliche Nanopartikel 13

3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut? 15

3.1 Einatmung von Nanopartikeln 153.2 Partikelaufnahme durch die Haut 183.3 Partikelaufnahme über den Magen-Darm-Trakt 193.4 Nanopartikel im Körper 203.5 Interaktion mit biologischen Prozessen 24

4 Nanopartikel in der Umwelt 27

5 Berufskrankheiten («occupational hazards») 33

6 Regulatives Umfeld 36

7 Auswirkungen auf die Versicherung 397.1 Asbest – ein zulässiger Vergleich? 427.2 Das Risk Management der Versicherer 447.3 Herausforderung für die Risikokommunikation 447.4 «Lesson learnt» 457.5 Das Vorsorgeprinzip («precautionary principle») 477.6 Die Assekuranz als Partner 48

Anhang 50

Quellen 53

Weitere Publikationen in der Reihe «Risk Perception» 55

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Vorwort

Nanotechnologie ist eine grundlegend neue Entwicklung in der industriellenProduktion: Sie widerspiegelt den allgemeinen Trend der Verkleinerung und Minia-turisierung. Strukturen und massgeschneiderte Partikel von wenigen MillionstelMillimetern Grösse können kontrolliert hergestellt werden und ermöglichen dieHerstellung von zum Beispiel schnelleren Computerchips, effizienteren Batterien,«Fähren» für Arzneien oder hauchdünnen Beschichtungen mit vielfältigen Eigen-schaften.

All das klingt sehr positiv. Und doch führen neue Technologien immer auch zuneuen Schadensbildern. Der zunehmend kommerzielle Einsatz dieser Technik hatdeshalb in letzter Zeit zu einer kontroversen Diskussion in Expertenkreisen überdie potenziellen Vor- und Nachteile der Nanotechnologie geführt, und so tauchtdas Schlagwort «Nano» immer häufiger in den Medien und der Öffentlichkeit auf.

Wie ist die Nanotechnologie nun zu bewerten? Sind die unsichtbaren Partikel, dieman zur Geruchsneutralisation in die Raumluft gibt, für unsere Atmung ungefähr-lich oder nicht? Können Nanopartikel in Sonnencremes ihren Weg über die Hautin den Körper finden und Schaden anrichten? Noch ist zu wenig über diese Artvon Risiken bekannt, und so macht die dünne Datenlage viel Platz für undifferen-zierte Schreckensszenarien und Ängste.

Da nanotechnologisch bearbeitete Materialien in der Industrie und im Konsum-güterbereich bereits vermehrt Anwendung finden, muss sich die Assekuranz einBild von potenziellen Risiken und Nutzen verschaffen. Um so früh wie möglich aufneue oder sich verändernde Risiken aufmerksam zu werden, hat Swiss Re deshalbin den vergangenen Jahren Expertenteams aufgebaut, die sich den unterschied-lichsten Themen widmen – Nanotechnologie ist eines davon.

Für die Rückversicherung ist es wichtig zu wissen, welche Schäden eine neueTechnologie verursachen kann und wie das Ausmass und die Häufigkeit solcherSchäden sein werden. Können die Eckwerte einigermassen bestimmt werden, istdie künftige Schadenlast abschätzbar, und man kann eine risikoadäquate Prämieberechnen und Versicherungsschutz gewähren.

Hinsichtlich der vielfältigen Nutzen der Nanotechnologie sucht Swiss Re denoffenen Risikodialog mit allen beteiligten Parteien – Industrie, Wissenschaft,Regulierungsbehörden und Assekuranz –, um die damit einhergehenden Risikenund Chancen zu thematisieren. Wenn die Versicherungsindustrie in der Lage ist,das Risiko zu bewerten, kann sie definieren, was als Schaden zu gelten hat, undentscheiden, wie dieser optimal zu bewältigen ist.

Chief Risk Officer, Swiss Re

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Fullerene C60 Moleküle, Auflösung 10 NanometerMit dem Scanner-Tunnel-Mikroskop (STM) können Moleküle im Vakuum zurLichtemission angeregt werden.

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1 Einführung

Der Begriff «Nanotechnologie» leitet sich von dem griechischen Wort «nanos» ab,das «Zwerg» bedeutet. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter, oder in anderenWorten, ein Millimeter enthält eine Million Nanometer. Diese Grössenverhältnissesind nur schwer vorstellbar; im Vergleich dazu beträgt die Grösse eines roten Blut-körperchens zirka 7000 nm. Bakterien sind mit etwa 1000 nm nochmals kleiner,während ein kugelförmiges Virus nur noch gerade zwischen 60 und 100 nm misst.Ein Floh dagegen ist mit einer Million nm geradezu riesig.

Die Nanotechnologie ist Thema der neuesten Technologiedebatte, die in letzterZeit mehr und mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt ist. Dabei ist dieNanotechnologie weniger eine Technologie als vielmehr ein Überbegriff für eineVielzahl von Anwendungen und Produkten, die kleinste Partikel enthalten unddadurch ganz spezielle Eigenschaften bekommen. Nanopartikel sind mit demblossen Auge nicht sichtbar; sie sind so klein, dass man ein menschliches Haar 80 000 Mal spalten müsste, bis es ein Nanometer dünn wäre.

Die Tendenz, Produkte zu verkleinern, ist nichts Neues: Viele Alltagsgegenständewie zum Beispiel der portable Computer oder das Mobiltelefon sind mit der tech-nischen Weiterentwicklung laufend verkleinert worden, während die Leistungs-fähigkeit sehr oft markant gesteigert werden konnte. Denken wir zurück: Konnteman mit dem ersten Grossrechner Anfang der Fünfzigerjahre nur einfache Rechen-übungen erledigen, so arbeitet man heute mit extrem schnellen PCs, die bequemauf einen Schreibtisch passen und viel komplexere Aufgaben erledigen als reineRechenoperationen. Obwohl wir mittlerweile mit dem Computer auch Bilder an-schauen oder bearbeiten sowie Musik hören können – die Basisfunktion ist immernoch die gleiche geblieben: nämlich die der digitalisierten Datenverarbeitung.

Hier liegt der fundamentale Unterschied zur Nanotechnologie: In dieser neuenDisziplin hat die Verkleinerung eine gewisse Schallgrenze überschritten, nach derdie alten Gesetze nicht mehr unbedingt zutreffen. Ein beliebiges Material, das aufdie Grösse von Nanopartikeln reduziert wird, kann sich auf einmal ganz andersverhalten als vorher. So zeigen zum Beispiel elektrisch isolierende Stoffe plötzlichein leitendes Verhalten, und nicht lösliche Stoffe werden auf einmal löslich. Andereändern ihre Farbe oder werden durchsichtig – völlig neue Eigenschaften, die Tür und Tor für neue Anwendungen und Produkte öffnen und damit sowohl für dieWirtschaft als auch für die Gesellschaft äusserst interessant werden.

Die Palette der neuen Produkte ist breit. Von selbstreinigenden Fensterscheiben,Trinkgläsern oder Flugzeugsitzen bis hin zu massgeschneiderten Medikamenten,Kosmetika, Verpackungsmaterialien, Lebensmittelzusätzen oder Elektronikpro-dukten und Haushaltswaren ist alles denkbar – und teilweise auch schon auf demMarkt. Seit einiger Zeit haben nanotechnologisch hergestellte Produkte ohnebesondere Kennzeichnung durch den Gesetzgeber ihren Weg in die Lädengefunden; häufig ohne vom Konsumenten als solche erkannt zu werden. ImRennen um neue Marktsegmente und Patente kämpfen weltweit nicht nur zahl-reiche kleinere Firmen und Forschungsinstitute, sondern auch viele der «Fortune500»-Unternehmen.

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1 Einführung

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Eine industrielle Revolution?Einige Experten halten den Einzug der Nanotechnologie für eine industrielle Re-volution, die – ähnlich wie die Erfindung der Elektrizität – massive Auswirkungenauf Gesellschaft, Wirtschaft und das Leben insgesamt haben wird. Dabei folgt dieNano- der Bio- und Informationstechnologie, wobei die Grenzen fliessend ineinanderübergehen und sich die Disziplinen gegenseitig ergänzen. Auf der atomaren Ebeneverschmelzen die Gesetzmässigkeiten der Physik, Chemie oder Biologie und ermög-lichen dadurch interdisziplinäre Entwicklungen, die alle bisherigen Errungenschaftenin den Schatten stellen sollen. Von diesen Veränderungen betroffen sind so ziemlichalle denkbaren Industriezweige, angefangen bei der Luft- und Raumfahrttechnik,über die Automobilindustrie, Chemie, Medizin, Elektronik, Computertechnik, Optikund den Maschinenbau bis hin zur Feinmechanik.

Nach dem E-Business wird die Nanotechnologie in der Industrie bereits als dernächste «Quantensprung» gefeiert und mit ihr die Chancen und Potenziale ge-priesen. Wie viel Aufmerksamkeit der Technologie tatsächlich beigemessen wird,zeigt sich in den rasant steigenden Forschungsgeldern aus Wirtschaft und Politik.Nach Schätzungen summierten sich 2003 alleine die öffentlichen Forschungs-gelder weltweit auf mehr als 3 Milliarden US-Dollar – mit steigender Tendenz imHinblick auf die kommenden Jahre. Allgemein wird davon ausgegangen, dass dieWirtschaft im selben Zeitraum mindestens den gleichen Betrag investiert hat. DerUmsatz mit nanotechnologisch hergestellten Produkten erreicht heute schon einenzweistelligen Milliardenbetrag und soll nach Hochrechnungen bis 2010 dreistel-lige und bis 2015 sogar vierstellige Milliardenbeträge generieren. Dabei wider-spiegelt diese rasante Entwicklung einen Trend, der nicht nur in einzelnen Ländernzu beobachten ist, sondern in der gesamten industrialisierten Welt.

Was sich heute Nanotechnologie nennt, wurde schon vor vielen Jahren in einigenProduktionsverfahren angewendet, nur war man sich dessen nicht unbedingtbewusst. Als in den Zwanzigerjahren zum Beispiel die ersten Reifen mit amorphemKohlenstoff («carbon black») hergestellt wurden, um den Abrieb auf der Strasse zureduzieren, wusste man noch nicht, dass die verbesserte Reifenqualität den bei-gefügten ultrakleinen Partikeln zu verdanken war. Weder liess sich zu jener Zeiteine bestimmte Partikelgrösse konstant herstellen noch verstand man die ursäch-lichen Zusammenhänge. Neu ist also heute die systematische Nutzung und Mani-pulation von einzelnen Nanopartikeln, die erst durch die Erfindung speziellerWerkzeuge wie dem Rastertunnel- und dem Rasterkraftmikroskop (AFM, AtomicForce Mikroscope) und deren Weiterentwicklungen in den Achtzigerjahrenmöglich wurden. Erst die fortgeschrittenen Visualisierungs- und gezielten Manipu-lationsmöglichkeiten machten es möglich, das breite Potenzial einzuschätzen undvermehrt in der Produktion umzusetzen.

Nach einer relativ kurzen Forschungs- und Entwicklungsphase ist eine Vielzahl vonneuen Nanoprodukten schnell im Markt eingeführt worden. Zu schnell? Nun liegtes an allen beteiligten Parteien, Erfahrungen zu sammeln und Daten zu analy-sieren, um die langfristigen Eigenschaften und die generelle Zuverlässigkeit dieserProdukte sowie ihre Wirkung auf Verbraucher und Umwelt zu ermitteln. Denn wiebei jeder neuen technologischen Entwicklung haben Spezialisten noch keinfundiertes Wissen aus der Vergangenheit und keine geeignete Methode, um dieFolgen möglicher Veränderungen für die Zukunft definitiv abschätzen zu können.

«Jede Nation der Welt betrachtet die Nanotechnologie als Zukunfts-technologie, die ihre Wettbewerbs-fähigkeit in der Weltwirtschaftbeflügelt.»Neal Lane, Professor für Physik, Rice University1

1 Thayer, Ann (2002): «Nanotech meets market realities» in: Chemical & Engineering News, S. 17.

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Überraschungen, die durch die Verkleinerung von Material auf Nanopartikelgrösseentstehen, gibt es einige: Möglich ist nicht nur eine Veränderung im Verhalten derkleinen Partikel, sondern auch in ihrer Mobilität. Im Gegensatz zu den grösserenMikropartikeln haben Nanopartikel fast unbeschränkten Zugang zum mensch-lichen Körper. Die Möglichkeit einer Aufnahme über die Haut wird derzeit disku-tiert, während der Eintritt von gewissen Nanopartikeln in die Blutbahn durch dasEinatmen über die Lunge als gesichert gilt. Auch über den Verdauungstrakt könnenmanche der winzigen Partikel in den Körper gelangen. Einmal in der Blutbahn,bewegen sie sich praktisch ungehindert im gesamten Körper. Auch sonst schwerüberwindbare Schranken wie die Blut-Hirn-Schranke (siehe Seite 23) scheinen kein grösseres Problem darzustellen. Im Gehirn lassen sich einige der zuvor zu Test-zwecken verabreichten Partikel laut Laborberichten bereits nach kurzer Zeit nach-weisen.

In der Umwelt können beschichtete Nanopartikel äusserst mobil sein. Einmal inder Luft, vermögen sie sich quasi endlos weiterzubewegen, da sie sich – andersals grössere Partikel – nicht auf Oberflächen absetzen, sondern erst zum Stillstandkommen, wenn sie beispielsweise eingeatmet oder in ihrer Verbreitung ein-geschränkt werden. Auf dem Land, in der Erde oder im Wasser zeigt sich ein ähnli-ches Bild: Kleinste Partikel werden durch verschiedene Erdschichten geschwemmtund verteilen sich ungehindert im flüssigen Medium – und passieren dadurch die meisten gängigen Filtermethoden. Bei der üblichen Trinkwasseraufbereitungwürden Nanopartikel zum Beispiel nur unvollständig herausgefiltert.

Nun stellt die blosse Präsenz der Partikel, auch wenn sie überall auftreten sollten,noch keine Bedrohung dar. Erst wenn sich gewisse Eigenschaften der Partikel fürden Menschen oder die Umwelt als schädlich herausstellen sollten, könnte manvon einer Gefahr sprechen. Ob und inwiefern Nanopartikel oder damit hergestellteProdukte eine konkrete Gefahr darstellen, lässt sich ohne fundierte Studien schwersagen, und Langzeit- oder toxikologische Studien sind zurzeit kaum vorhanden.

Doch einige Fragen zeichnen sich jetzt schon ab. Wie werden sich die veränder-ten chemischen Eigenschaften der Nanopartikel auf den menschlichen Körperauswirken, wenn sie in Form von Medikamenten oder Sprays konzentriert an-gewendet werden? Was passiert mit den akkumulierten Partikeln, die in einigenOrganen bereits nachgewiesen wurden? Können sie die normalen Abläufe imKörper beeinflussen? Und wie viel wird auf welchem Wege wieder ausgeschieden?

Für den Menschen ist die Palette der nanotechnologisch möglichen Produkte undAnwendungen etwas fundamental Neues: Evolutionstechnisch hat sich der Menschmit dieser Art und Menge von industriell hergestellten Partikeln noch nie wirklichauseinandersetzen müssen. In welche Richtung wird die Reise also gehen? Sind wirfür die breite Einführung dieser Technologie genügend vorbereitet?

Das Problem ist, dass wir auf diese Frage so schnell keine zufrieden stellende Ant-wort erhalten werden. Selbst wenn wissenschaftliche Zell- oder Tierexperimentebeendet sein werden, können sie keine endgültigen Ergebnisse liefern, da Tier-experimente nur im begrenzten Masse aussagekräftig sind – nicht alle Resultatelassen sich ohne weiteres auf den Menschen übertragen. Um herauszufinden, wiesich Nanopartikel im menschlichen Körper verhalten, müsste man Studien amMenschen durchführen, was jedoch nicht möglich ist. Da potenzielle Gefahren fürMensch und Umwelt durch die Nanotechnologie nicht ausgeschlossen werdenkönnen, müssen aufgrund dieser latenten Unsicherheit nach dem Vorsorgeprinzipmindestens nahe liegende Schutzmassnahmen sowie weitere Abklärungen füreine Risikoanalyse getroffen werden.

«Diese Wissenschaft vom verschwin-dend Kleinen ist in der Tat der Anfangvon etwas ganz Grossem. Aber wieweit kann es gehen? Wie schnell?Welche Auswirkungen hat es aufGesellschaft, Umwelt, Gesundheit undWirtschaft?»Simon Waddington, Beirat derEuropean Nanobusiness Association(ENA)2

2 Venture Capital Magazine, November 2002. S. 4.

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1 Einführung

Als bedeutender Risikoträger kann die Assekuranz die Einführung einer neuenTechnologie nur dann verantwortungsvoll begleiten und unterstützen, wenn sie die damit verbundenen Risiken evaluieren und berechnen kann. Angesichtsder spartenübergreifenden Produktepalette und der globalen Verbreitung vonnanotechnologisch hergestellten Produkten, die bereits verkauft werden unddaher in den existierenden Verträgen in der Regel mitversichert sind, ist dies nicht einfach.

Wie bei jeder neuen Technologie gilt es jedoch auch hier, die Chancen und Risikengegeneinander abzuwägen. Es ist unbestritten, dass die Nanotechnologie eineVielzahl von innovativen Produkten ermöglicht, die für den Konsumenten attraktivund für die Umwelt von Vorteil sein könnten. Auch liegt im Trend zur Miniaturisie-rung ein Wachstumspotenzial, das nach Angaben der Analysten in den nächstenJahren von grösserer wirtschaftlicher Bedeutung sein soll. Wichtig ist daher, dieNanotechnologie differenziert zu betrachten, um herauszufinden, wo – wenn über-haupt – mögliche Probleme auftreten könnten.

«Advanced Nanotechnologie»Auch in der Politik wird seit einiger Zeit eine kontroverse Debatte über die mit derNanotechnologie assoziierten Risiken geführt. Erstaunlicherweise konzentriertesich ein grosser Teil der Aufmerksamkeit besonders auf die so genannte «advancednanotechnology». Dieser Bereich der Nanotechnologie beschäftigt sich mitThemen wie «künstliche Intelligenz», mit «Nanorobotern» und der «self assembly»(Selbstorganisation).

Von dieser Art der nanotechnologischen Selbstorganisation sind wir jedoch nochweit entfernt. Während Optimisten diesen Herstellungsweg grundsätzlich fürmöglich halten, glauben Pessimisten, dass diese Technologie den nächsten Gene-rationen noch nicht zur Verfügung stehen wird, falls sie überhaupt jemals machbarsei. Obwohl viele Szenarien noch in ferner Zukunft liegen, bewegen sie schon seit einiger Zeit die Gemüter: Horrorszenarien mit intelligenten, sich selbst ver-mehrenden Partikeln, die die Welt überziehen und sie so für den Menschen un-bewohnbar machen («grey goo»). Diese und ähnliche Vorstellungen sind denn auchAuslöser für viele der Debatten, die im sozialpolitischen Umfeld geführt werden.

Interessanterweise werden die inhärenten Risiken der Nanotechnologie fast auto-matisch mit sich verselbstständigenden Objekten assoziiert, die noch immer in dieScience-Fiction-Welt gehören. Jedoch haben Gefahren, die von der Herstellunginnovativer Materialien oder neuen Anwendungen ausgehen könnten, bislangeher wenig Aufmerksamkeit erregt. Aus Sicht der Assekuranz sind jedoch geradesolche Produkte interessant, die bereits kommerziell erhältlich sind oder in naherZukunft im Markt eingeführt werden. Aus diesem Grund konzentriert sich dievorliegende Publikation auf das Gebiet der Nanopartikelherstellung und Material-entwicklung. Auch wird nur ein begrenztes Gebiet näher dargestellt: jenes, das dieVersicherungsindustrie am meisten interessieren dürfte, weil es einmal für dieHaftpflicht relevant werden könnte. Das Augenmerk richtet sich daher aufProdukte und Applikationen, die mit dem Menschen in Kontakt kommen, odersolche mit potenziellen Auswirkungen auf die Umwelt.

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«Die Nanotechnologie hat uns dieWerkzeuge gegeben (…), um auf derultimativen Spielwiese der Natur zuspielen: den Atomen und Molekülen.Alles besteht daraus (…). Die Möglich-keiten, Neues zu schaffen, scheinengrenzenlos zu sein.»Horst Störmer, Träger des Nobelpreises für Physik 19983

3 «Nanotechnology: Shaping the World Atom by Atom». www.nano.gov

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Erst seit kurzer Zeit ist das Thema Nanotechnologie auch in das Bewusstsein desGesetzgebers gelangt. Einige neu lancierte Studien sollen nun mit staatlichenGeldern potenzielle Risiken analysieren, die sich durch die zunehmende Verbreitungvon nanotechnologisch hergestellten Produkten für die Gesellschaft ergeben können.Die amerikanische Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA),die National Nanotechnology Initiative (NNI) in den USA und einige von der Euro-päischen Kommission unterstützte Projekte beschäftigen sich bereits mit solchenFragestellungen.

Weltweit tendieren einige Forschungsinstitute an renommierten Universitätenebenfalls dazu, neben der anwendungsorientierten Forschung auch einen Teil derRessourcen für Risikoabschätzungen zu verwenden.

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«Bottom-up»- und «Top-down»-Ansatz sowie die Selbstorganisation

Bei der Nanotechnologie kann mangrundsätzlich zwischen dem Top-down- (von Gross nach Klein) und demBottom-up (von Klein nach Gross)-Ansatz unterscheiden.

Top-down bezieht sich auf Prozesse, beidenen durch die Verkleinerung einesbeliebigen Ausgangsmaterials nano-metergrosse Partikel hergestellt werden,die dann entweder gezielt wieder zugrösseren Strukturen zusammengefügtoder anderen Materialien beigemischtwerden. Dieser Prozess ist energieauf-wändig, produziert viel Abfall undverschwendet daher Ressourcen. Aller-dings können die hergestellten Materia-lien dank verbesserter Eigenschaftenvon grossem Nutzen sein.

Beim Bottom-up-Ansatz baut manAtom für Atom oder Molekül fürMolekül zu grösseren Strukturen aufoder lässt diese durch Selbstorganisa-tion wachsen. Die Selbstorganisationund -vermehrung ist ein Ansatz, dervielen Wissenschaftlern Hoffnung aufvöllig neue Wege in der industriellenHerstellung von Materie gibt. In Anleh-nung an die biologischen Herstellungs-wege der Natur möchte man hiereinige «Tricks» abschauen und für dieIndustrie nutzen. So ist eine lebendeZelle die erfolgreichste «Nanofabrik»,die man kennt: Aus wenigen Zellenkann ein ganzer Mensch entstehen. Inder Zelle ist die gesamte genetischeInformation enthalten, um sich selbstzu kopieren: Sie kann Rohstoffe ver-arbeiten, um zu wachsen, nutzt einenTeil davon zur Energiegewinnung undkann sich damit vermehren, selbstreparieren und fortbewegen. Dabeikann sie «Abfallprodukte» umbauenund wieder verwenden und brauchtdafür nur sehr wenig Energie. Analogdazu träumen Experten davon, ausNanopartikeln ganze Gegenstände«wachsen» lassen zu können.

Selbstorganisation («self assembly»)Eine Methode der Integration, bei dersich die Komponenten spontan in einer bestimmten Art und Weise an-ordnen, indem sie meist in einer Lösungoder Gasphase umherschwirren, biseine stabile Struktur auf kleinstemEnergieniveau erreicht ist. Die Selbst-organisation ist ein strukturbildenderMechanismus der biomolekularenNanotechnologie und damit eine vielversprechende Methode für die atom-genaue Herstellung von Bauteilen.Komponenten in selbstorganisiertenStrukturen finden ihre jeweilige Posi-tion ausschliesslich aufgrund ihrerstrukturellen Eigenschaften (bzw. imFalle der atomaren oder molekularenSelbstorganisation aufgrund ihrerchemischen Eigenschaften). DieSelbstorganisation ist jedoch keines-wegs auf Moleküle oder die Nanoskalabeschränkt, sondern lässt sich so gutwie in jedem Massstab nutzen undstellt deshalb eine ausgesprochenleistungsfähige Bottom-up-Methode fürdie Nanotechnologie dar.4

4 www.nanoword.net

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Titandioxid-Nanopartikel mit glatter Oberfläche werden als Antihaftbeschichtungzum Beispiel für Fenster oder Brillengläser verwendet.

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2 Nanotechnologie – primär eine Grössenbezeichnung

Die Nanotechnologie ist hauptsächlich eine Grössenbezeichnung und weniger der Begriff für eine konkrete wissenschaftliche Disziplin. Unter Nanotechnologieversteht man ganz allgemein die Visualisierung, Charakterisierung, Produktion undManipulation von Partikeln, die kleiner als 100 nm sind. Dazu zählen neben derHerstellung von so genannten Nanomaterialien auch die Nanomanipulation, beider mit Hilfe von speziellen Mikroskopen einzelne Nanopartikel gezielt verändertwerden, sowie die molekulare Nanotechnologie, die sich primär mit «self assembly»befasst. Die Verwendung von Nanomaterialien ist jedoch die Form, die sich bisheram besten durchsetzen konnte und teilweise schon Marktreife erlangt hat.

Unter Nanomaterial versteht man ein beliebiges Material, das entweder einengewissen Anteil an Nanopartikeln enthält oder ausschliesslich aus diesem besteht.Hier ist es wichtig, zwischen Nanopartikeln allgemein und den so genanntenNanotubes und Buckyballs zu unterscheiden. Nanopartikel sind sehr kleine Partikel,die bei der Zerkleinerung von irgendeinem beliebigen Material wie zum BeispielGold, Kohlenstoff oder Silikat entstehen. Sie machen den überwiegenden Anteilder verarbeiteten Nanomaterialien aus. Nanotubes und Buckyballs sind dagegenspeziell hergestellte, nicht natürlich vorkommende Partikel mit einer typischenKristallstruktur. Sie werden unter anderem in der Elektronik verwendet und sindheute noch aufwändig und relativ teuer in der Herstellung.

Die Nanotechnologie umfasst gegenwärtig ein breites Spektrum von Anwen-dungen und Produkten; verschiedene Definitionen werden verwendet und wenigEinigkeit herrscht über die Nomenklatur. Für diese Publikation wurde eine Defini-tion gewählt, die ausschliesslich Nanopartikel, Beschichtungen oder Materialienumfasst, die kleiner als 100 nm sind und spezifische Eigenschaften aufgrund ihrer Grösse aufweisen. Damit sind Produkte und Anwendungen, die grösser als100 nm sind, bewusst ausgeschlossen. Solche Materialien werden häufig eben-falls unter dem Begriff Nanotechnologie aufgeführt, um Aufmerksamkeit zuerregen und Forschungsgelder zu erhalten. Hier gibt es aber leicht Überschnei-dungen zur schon länger bekannten Mikrotechnologie, die sich mit grösserenPartikeln befasst, die kaum spezifisch neue Eigenschaften aufweisen.

NanopartikelEin Nanopartikel ist ein winziges Partikel,das meistens aus einem Element odereiner Verbindung besteht (wie ein Kernmit einer Hülle). Beispiele sind Titan-dioxyd-Partikel in Sonnencremes oderEisenoxyd-Partikel als Kontrastmittel inbildgebenden Verfahren (zum BeispielRöntgen). Nanopartikel haben häufigandere Eigenschaften als das Ausgangs-material, aus dem sie bestehen. DurchBeimischen von Nanopartikeln könnengewisse Effekte wie Materialstärke, Leit-fähigkeit, optische Eigenschaften oderKratzfestigkeit erreicht werden. Allgemeinlassen sich spezielle elektrische, magneti-sche, mechanische oder chemische Ver-haltensänderungen erzielen.

NanotubeEin hohlzylindrisches Nanopartikel mitnanoskaligem Durchmesser (1–100 nm),das aus reinem Kohlenstoff besteht oderaber noch andere Elemente enthaltenkann.

BuckyballBuckyballs, auch Buckminster Fullerenesgenannt, bestehen meist aus genau 60 Kohlenstoffatomen, die strukturell wiedie Fünf- und Sechsecke auf einem Fuss-ball aufgebaut sind. Da Buckyballs hohlsind, können sie mit Substanzen wieKontrastmitteln gefüllt werden. Auch eineAussenbeschichtung ist möglich, die dienatürlichen Eigenschaften der Buckyballsverändern. Technisch gesehen fungierensie als Halbleiter und sind in organischenLösungsmitteln löslich.

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2 Nanotechnologie – primär eine Grössenbezeichnung

2.1 Kleine Partikel mit grosser Oberfläche

Was macht ein Nanopartikel so speziell? Partikel im Nanometerbereich habenzwei besondere Eigenschaften: Zum einen gelten unterhalb einer Grösse von ca. 50 nm nicht mehr die klassischen physischen Verhältnisse, sondern die Gesetzeder Quantenphysik. Das führt dazu, dass Nanopartikel andere optische, magneti-sche oder elektrische Fähigkeiten annehmen können, was sie deutlich von ihrengrösseren Partikelverwandten unterscheidet. Zum anderen ändert sich mit ab-nehmender Grösse das Verhältnis zwischen Masse und Oberfläche. Je kleinernämlich ein Körper wird, desto grösser wird seine Oberfläche im Verhältnis zurMasse.

Durch ihre ausgesprochen grosse relative Oberfläche können Nanopartikel aus-geprägter auf ihre Umwelt einwirken beziehungsweise mit anderen Stoffenreagieren. Besonders Nanopartikel mit kristalliner Struktur haben mehr Atome aufihrer Oberfläche, die weniger stark gebunden sind als solche im Inneren desPartikels. Die Atome in einer solchen instabilen Situation werden sich zu verän-dern versuchen: Sie sind reaktiv. Je kleiner die Partikel, desto grösser die relativeOberfläche; das heisst aber auch, dass sich anteilmässig mehr Atome an derOberfläche und weniger im Inneren befinden.

Anders gesagt: Je kleiner die Partikel, desto reaktiver die Substanz. Dies kann zum Beispiel für katalytische Zwecke durchaus erwünscht sein. Werden solchePartikel jedoch eingeatmet, so könnte dieser Effekt schädliche Folgen haben. Durchdie Verkleinerung und damit steigende Reaktivität können schädliche Wirkungennoch verstärkt und normalerweise harmlose Stoffe als Nanopartikel möglicher-weise gefährlich werden. Die Meinungen der Experten zu den potenziellen Risikenvon Nanopartikeln gehen weit auseinander. Während manche Wissenschaftlerüberzeugt sind, dass die Vorteile überwiegen, nehmen andere an, dass Nanopartikelallein durch ihre reduzierte Grösse Lebewesen schaden können – unabhängigdavon, woraus sie bestehen oder wie sie hergestellt wurden.

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«Ich würde nicht sagen, dass dasZeug gefährlich ist. (…) Wir wissennicht, ob es gefährlich ist. DasProblem ist, niemand weiss das.»Paul Mooney, Executive Director der ETC Group5

5 Patriquin, Martin: «Small matter provokes a major debate» in: Toronto Globe and Mail. 19. November 2003.

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2.2 Natürliche und künstliche Nanopartikel

Sind denn Nanopartikel in unserem Alltag etwas grundsätzlich Neues? Nicht wirk-lich. In der Natur oder als technische Nebenprodukte kommen Partikel in dieserGrösse seit jeher vor. So befinden sich zum Beispiel in der Meeresluft Salznano-kristalle, und Dieselmotoren stossen Kohlenstoffnanopartikel aus. Auch der Rauchvon Zigaretten, brennenden Kerzen und Kaminfeuern enthält Nanopartikel.

Und trotzdem sind diese künstlich hergestellten Nanopartikel mit den natürlichennur begrenzt vergleichbar. Viele der natürlich vorkommenden Nanopartikel wiezum Beispiel salzartige sind wasserlöslich. Sobald sie eingeatmet werden und mitdem Gewebe in Kontakt kommen, lösen sie sich auf und verlieren ihre Partikel-form. Die Nanopartikel aus Verbrennungsprozessen – in Motoren, Zigaretten oderKaminen – sind zwar nicht wasserlöslich, dafür aber sehr kurzlebig. Sie weiseneine sehr hohe Tendenz auf, sich zusammenzulagern. Damit bilden sie grösserePartikel und werden von Nano- zu Mikropartikeln mit einer anderen Grösse undanderen Eigenschaften.

Anders verhalten sich dagegen künstlich, kommerziell hergestellte Nanopartikel,weshalb man diese nicht unbedingt mit den «altbekannten» Partikeln (zum Bei-spiel aus Dieselabgasen) vergleichen kann.

Grundsätzlich geht man davon aus, dass Nanopartikel zur Agglomeration und Ver-klumpung neigen, wodurch sie sich dann in grössere Mikropartikel umwandeln.Diese sind aber weniger reaktiv, weniger mobil und weniger gut verteilt – und für die Hersteller und Käufer von Nanopartikeln somit weniger interessant. DerGrund ist einfach: Grössere Partikel können die für Nanopartikel typischen underwünschten Eigenschaften und Vorteile verlieren. Um also eine Agglomerationder Nanopartikel zu verhindern, werden handelsübliche Nanopartikel laut Herstel-lerangaben oft speziell beschichtet. Folglich bleiben die Partikel in vielen handels-üblichen Produkten – wie zum Beispiel Sprays oder Pulvern – reaktiv undhochbeweglich.

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«Bei all ihren Unbekannten, bei allihren Gefahren und Risiken: Werwürde denn Nein sagen zu Nano?»Ed Regis, wissenschaftlicher Autor 6

6 Regis, Ed (1995): Nano: The emerging science of Nanotechnology: remaking the world – molecule by molecule. Little, Brown and Company.

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Nanopartikel in poröser Kugelform in einer Aufnahme mit demRasterelektronenmikroskop (Massstab 20 µm).

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3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut?

Der Mensch kommt auf verschiedenen Wegen mit Nanopartikeln in Kontakt: Sie werden mit der Luft eingeatmet oder verschluckt und können möglicherweiseüber die Haut in den Körper eintreten.

Wie aber verhalten sich Nanopartikel am oder im Organismus? Versicherungstech-nische Risikoanalysen beurteilen Produkte umso kritischer, je enger sie mit demKörper in Kontakt kommen, da ihr Potenzial zur Beeinträchtigung der Gesundheit inder Regel grösser ist. Dabei wird unterschieden, ob der Stoff auf der Haut verweiltoder ob die Substanz Zugang zum Körper erhält und in die Blutbahn gelangt.Speziell gefährdeten Organen wie dem Gehirn wird besondere Aufmerksamkeitgeschenkt. Warum? Fremdstoffe, die in der Lage sind, in solch sensible Bereichevorzudringen, werden mit Blick auf die Produktehaftpflicht als besonders exponierterachtet. Daher ist es bei der Beurteilung der Nanotechnologie wichtig, möglicheEingangsrouten in den Körper genau zu kennen.

3.1 Einatmung von Nanopartikeln

Eine Reihe von Produkten, die sprühförmig angewendet und somit potenziell ein-geatmet werden können, enthalten Nanopartikel. Dazu gehören nicht nur desinfizie-rende oder geruchsneutralisierende Raumsprays, sondern auch Farben und Lackesowie Imprägniersprays für Kleidung oder für poröse Materialien wie zum BeispielHolz oder Ton. Klar ist, dass Nanopartikel nicht nur von fertigen Produkten austreten,sondern bereits bei deren Herstellung entstehen. Besonders bei Sprühverfahren, diefür Beschichtungen eingesetzt werden, können grössere Mengen an Partikelstaubfreigesetzt werden.

Ablagerung: tiefer und intensiverMan geht davon aus, dass Nanopartikel in den Atemwegen Schäden anrichtenkönnen, die sich von Mustern unterscheiden, die durch grössere Partikel hervor-gerufen werden. Die Art der Schädigung beruht vermutlich auf Verhaltensweisen,die für alle Nanopartikel universell gelten – unabhängig von deren Zusammen-setzung oder Form.

Wie tief Partikel tatsächlich in die Lunge eindringen können, hängt von ihrer Grösseab: Die Lunge ist ein relativ gut geschütztes Organ. Eingeatmete Partikel passierenzuerst die Luftröhre und landen dann in den Lungenröhren und -röhrchen, die miteiner dichten Schleimschicht ausgekleidet sind. Hier werden die zuerst eindrin-genden – vor allem grösseren – Partikel abgefangen und dann durch die sich konti-nuierlich nach oben bewegende Schleimschicht abtransportiert: Sie werden zumgrössten Teil wieder ausgeatmet.

Partikel, die tiefer eindringen, gelangen bis in die Lungenbläschen, die sich amEnde der verzweigten Lungenröhrchen befinden und einen anderen Schutzschildbieten: die so genannten Makrophagen oder «Fresszellen». Diese spezialisiertenZellen nehmen fremde Stoffe auf und eliminieren sie. Nanopartikel werden vondiesen Fresszellen aufgenommen. Ein grösserer Teil kann sich im Lungengewebeanlagern, ohne wieder ausgeatmet zu werden. In den Lungenbläschen findet derSauerstoffaustausch mit dem Blut statt. Möglich wäre hier der Eintritt von Nano-partikeln in die Blutbahn.

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3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut?

Kleinere Form = Grösserer Schaden?Werden gleiche Mengen von Nanopartikeln oder grösseren Partikeln der gleichenSubstanz eingeatmet, so verursachen die kleineren Partikel eine um ein Vielfachesstärkere Reaktion im betroffenen Lungengewebe.

Je nach Grundmaterial des Partikels wurden unterschiedlich starke Veränderungennachgewiesen: Erstaunlicherweise können sogar Substanzen, die an und für sichals völlig harmlos gelten – wie zum Beispiel Partikel aus Latex – durchaus schäd-lich wirken. Einige wissenschaftliche Studien deuten jedoch darauf hin, dass füralle Substanzen gleichermassen gilt: je kleiner, desto schädlicher.

Kleiner = ReaktiverZwei Wirkungsmechanismen könnten für dieses Verhalten verantwortlich sein:Einerseits die Oberflächenreaktivität der Nanopartikel, die je nach Partikel-beschichtung das umliegende Gewebe durch chemische Aktivität schädigen kann.Andererseits die Überforderung der betroffenen Fresszellen, die für die Eliminierungder Partikel zuständig sind. Überschreitet die Anzahl der eintretenden Partikel eingewisses Mass, so werden die «Aufräumer» überlastet: Ein «Overload» tritt ein.Diese Überlastung führt zu Stressreaktionen, die eine Entzündung im umliegendenGewebe bewirken. Schlimmer noch: Die Fresszellen ziehen sich in tiefer liegendesGewebe zurück und stehen somit im Aktionsfeld nicht mehr zur Verfügung. Weiteranfallende Partikel werden nicht mehr entfernt und können ihre reaktive Wirkung voll entfalten. Auch andere, zusätzlich eintretende Erreger wie Bakterien werdennicht mehr effektiv angegriffen. Während einer Erkältung wäre der Organismus also zusätzlich geschwächt, weil potenzielle Erreger nur zögernd inaktiviert werden.«Overload»-Erscheinungen treten auch bei äusserst harmlosen Substanzen auf,vorausgesetzt, sie sind körperfremd und nicht wasserlöslich. Grössere Partikelkönnen die Fresszellen ebenfalls überfordern. Allerdings weist einiges darauf hin,dass die Belastung dieser Zellen abhängig ist von der Gesamtoberfläche der Partikelbeziehungsweise der Gesamtpartikelzahl. Da Nanopartikel eine viel grössereGesamtoberfläche (und Gesamtpartikelzahl) aufweisen, könnte ihre schädigendeWirkung stärker sein.

Freie Radikale Die Oberflächenreaktivität der Nanopartikel kann je nach Art der Beschichtungdas umliegende Gewebe chemisch schädigen. Sie basiert auf der Bildung von sogenannten freien Radikalen, also Atomen, die eine «unbefriedigende» AnzahlElektronen besitzen. Sie sind mit Elektronen über- oder unterdotiert und somitquasi in erregtem Zustand. Radikale sind also hoch reaktiv, weil sie benachbartenAtomen Elektronen entreissen oder aufdrängen können. Damit wird die eigeneStruktur zwar optimiert, verwandelt aber gleichzeitig ein anderes Atom in einRadikal und löst damit eine Kettenreaktion aus. Sind solche Radikale zudem nochfrei beweglich, können sie im gesamten Körper und in allen Teilen der Zellewirken. Gewisse Strukturen, wie zum Beispiel die Zellwände oder auch dieErbsubstanz, können durch solche freien Radikale nachweislich geschädigtwerden.

In biologischen Prozessen sind freie Radikale nichts Ungewöhnliches. Sie kommenin völlig normalen, gesunden Zellen dauernd vor. Allerdings laufen diese Prozessekontrolliert und nur in lokal begrenzten Bereichen ab. Anders verhält es sich mitden schädigenden Radikalen, die durch Umwelteinflüsse gefördert werden. Exten-sives Sonnenbaden verursacht zum Beispiel einen ähnlichen Effekt: Durch dieSonnenstrahlung werden Zellen im Körper «gestresst» und angeregt, was zur Ab-gabe von freien Radikalen führt, die das Gewebe schädigen und – schlimmsten-falls – sogar zur Bildung von Tumoren beitragen können.

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Diese schädigende Wirkung der freien Radikalen hat grundsätzlich eine sinnvolleFunktion im Körper: Abwehrzellen können nämlich mit deren Hilfe unliebsameEindringlinge wie zum Beispiel Bakterien zerstören. Die Wirkung der freien Radi-kale wird immer noch kontrovers diskutiert. Wie viel Bedeutung der Schädigungdurch Radikale tatsächlich beigemessen werden muss, hängt vermutlich auchdavon ab, wie häufig und in welchem Ausmass solche Reaktionen im Körper statt-finden. Die wichtige Frage des Grenzwertes wird die Wissenschaft vermutlichnoch vor eine grössere Herausforderung stellen. Ob also tatsächlich von einernachhaltigen Schädigung des Gewebes gesprochen werden kann, wird sicherweisen müssen.

Von der Lunge in die BlutbahnEs ist mehrfach im Labor nachgewiesen worden, dass gewisse inhalierte Nano-partikel auch in die Blutbahn gelangen können. Zwar sind die Mengenanteile nichtsehr hoch, dennoch ist es ein neues Phänomen, dass körperfremde, unlöslichePartikel aus der Lunge ins Blut aufgenommen werden (siehe Grafik Alveolen).Gegenwärtig ist noch nicht endgültig geklärt, wie die Partikel in die Blutbahngelangen. Bekannt ist jedoch, dass ein Teil der Nanopartikel beim Einatmen ohneUmwege sogar direkt ins Gehirn transportiert wird. Der Weg führt über die Nasen-schleimhaut: Setzen sich Partikel auf den Riechfasern in der Nasenschleimhaut ab,können sie möglicherweise über Nervenzellen von der Nase direkt ins Riechzen-trum des Gehirns gelangen. Und tatsächlich: Ein solcher Transport ist schon auf-gezeichnet worden; unbekannt bleibt bisher, ob die Partikel im Gehirn weiterwandern und wie sie sich dort verhalten.

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Lunge Alveole Alveolenwand

Luftröhre Kapilaren Bronchiole

CO2

O2

AlveolenAlveolen sind dünnwandige Luftsäckchenin der Lunge, die von den Bronchien aus mit sauerstoffreicher Luft versorgtwerden und von aussen mit feinen Blut-gefässen umgeben sind. Dieses Gefäss-netz kann aus der Alveole Sauerstoffaufnehmen und von dort aus in dengesamten Körper transportieren. DieInnenseite der Alveolen sind mit Fress-zellen (Makrophagen) ausgekleidet, die eingeatmete Partikel oder Bakterienaufnehmen können und zu deren Elimi-nierung beitragen.

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3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut?

3.2 Partikelaufnahme durch die Haut

Können Nanopartikel durch die Haut gelangen und im Blut aufgenommenwerden? Diese Frage ist bislang noch nicht zweifelsfrei geklärt. Die Antwort daraufsollte aber in absehbarer Zeit gefunden werden, enthalten doch viele der bereitskommerzialisierten Kosmetika, Sonnencremes und sogar Babyprodukte einenteilweise beträchtlichen Anteil an Nanopartikeln. Eine Reihe von Produkten nutztNanopartikel als Trägersubstanz für Geruchs-, Feuchtigkeits- oder Farbstoffe, die zum Beispiel in Kosmetikartikeln, Haarshampoos, Deodorants oder in Weich-machern in Waschmitteln zur Anwendung kommen.

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Haar

10

11

89

7

6

5

4

3

2

1HornschichtKörnerzellschicht

1 Epidermis2 Plattenepithelzellen3 Stachelzellschicht4 Basalzellschicht

2

5 Dermis6 Unterhautfettgewebe7 Faserbindegewebe8 Arteriole

9 Venole10 Haarfolikel11 Schweissdrüse

Aufnahme durch die HautDie oberste Schicht der Haut besteht ausverhornten, nicht durchbluteten Zellen,der Hornhaut. Diese Zellen stellen keinedurchgehende Barriere dar: Sie sind viel-mehr geschichtet und gestapelt, wodurchsich Zwischenräume bilden, die etwa 50 nm gross sind. Eingebettet in tiefere,gut durchblutete Hautschichten sind dieHaarwurzeln. Die feinen Haare gelangenin einem Kanal an die Oberfläche derHaut und verbinden damit die verhornteOberfläche mit den tiefen Hautschichten.Denkbare Routen für die Aufnahme vonNanopartikeln über die Haut sind dem-nach einerseits die Passage durch dieHornhaut in tiefere Hautschichten,andererseits aber auch der Weg direktüber die Haarwurzel in die Blutbahn.

Bisher durchgeführte Studien beantworten nicht eindeutig, ob Nanopartikel tat-sächlich über die Haut aufgenommen werden können. Einerseits gibt es klareHinweise, dass zuvor markierte Nanopartikel im Blut nachgewiesen werden.Andererseits gehen manche Wissenschaftler davon aus, dass die kleinstenPartikel nicht einmal bis zur unteren Ebene der obersten Hornschicht gelangenkönnen. Warum unterscheiden sich die bisherigen Forschungsergebnisse so sehr?Der Grund für die divergierenden Aussagen liegt vermutlich in verschiedenenUntersuchungsmethoden. Einige Studien untersuchen zum Beispiel nicht die Hautan lebenden Organismen, sondern verwenden abgetrennte Hautstücke, die dannnicht mehr durchblutet werden und demnach auch nur begrenzt aussagefähigsind. Gewisse Präparationstechniken sind ebenfalls kritisch, weil sie unterUmständen kleinste Partikel auswaschen, bevor diese registriert werden können.

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Fest steht, dass zurzeit niemand weiss, wie oder wie viele Partikel potenziellaufgenommen werden können. Wenn man bedenkt, dass verschiedenste Produktebereits auf dem Markt sind, drängt die Zeit nach einer Klärung der Situation.Sonnen- und Pflegecremes für Babys und Kleinkinder, die nanotechnologischhergestelltes Titandioxid enthalten, sind nur ein Beispiel. Titandioxid absorbiertUV-Strahlung und schützt damit vor der Sonneneinstrahlung. Als Nanopartikel istes ausserdem hypoallergen und eignet sich damit besonders für empfindlicheHaut. Titandioxyd wurde schon früher Sonnencremes beigefügt, allerdings in grös-serer Partikelform, weshalb es eher auf der Hautoberfläche blieb. In der neuenForm könnte möglicherweise ein Teil des Titandioxids in den Körper gelangen.

Sollte sich erweisen, dass Nanopartikel die Haut durchdringen können, ist bei derAnwendung entsprechender Produkte bei Kleinkindern besondere Vorsichtgeboten, da diese im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht eine besonders grosseHautoberfläche haben.

Dass Sonnencremes zunehmend Titandioxyd in Form von Nanopartikeln zugefügtwird, ist aus kosmetischer Sicht ein Vorteil für den Kunden: Partikel in dieser Grössesind nämlich transparent – die Sonnencreme muss somit nicht mehr als weisseMasse auf die Haut aufgetragen werden. Ausserdem wird davon ausgegangen,dass, bedingt durch die grosse Anzahl der kleinen Partikel, ein besserer Sonnen-schutz erreicht wird.

3.3 Partikelaufnahme über den Magen-Darm-Trakt

Die meisten Stoffe, die aufgenommen und geschluckt werden, gelangen früheroder später in den Darm. Was passiert mit Nanopartikeln, die wir über die Nahrungaufnehmen? Verbleiben sie im Darm oder gelangen sie auch ins Blutsystem?

Der Darm erfüllt grundsätzlich zwei Aufgaben: Er nimmt Nährstoffe auf und schütztden Körper vor unerwünschten Stoffen. Die «erwünschten» Stoffe gelangen aufspezifischen Transportwegen in die Darmzellen, während Fremdstoffe in der Regelim Darm verbleiben und dann ausgeschieden werden. Medikamente und Vitaminewerden ebenfalls über diese Transportmechanismen aufgenommen.

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HypoallergenUnfähig, Allergien hervorzurufen.

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3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut?

Für Nanopartikel gilt das jedoch nicht unbedingt. Sie werden auch über einenanderen Weg – die so genannten «Peyerschen Platten» – aufgenommen. DiesePlatten sind kleinere Flecken im Darmgewebe, die eigentlich zum Immunsystem unddamit zur Abwehr gehören. Sie sind in der Lage, grössere Moleküle in «Bläschen»aufzunehmen und quer durch die Zelle zu transportieren. Tritt der Inhalt auf deranderen Seite wieder aus, gelangt er ins Lymphsystem. Von hier aus können Nano-partikel auch ins Blutsystem übertreten und sich im Körper verteilen. Grundsätzlichgilt: Je kleiner die Partikel, desto mehr werden aufgenommen und desto weiterkommen sie. Partikel unter etwa 300 nm können bis in die Blutbahn gelangen;Partikel, die kleiner als 100 nm sind, werden darüber hinaus von verschiedenenGeweben und Organen aufgenommen.

Mögliche Quellen für Nanopartikel im Verdauungstrakt sind nicht nur das Trink-wasser und Nahrungsmittelzusätze, sondern auch Stäube, die sich aus der Atmo-sphäre auf Lebensmitteln absetzen, oder Zahnpastaspuren, die beim Zähneputzengeschluckt werden. Im Bereich der Zahnmedizin setzen sich immer mehr nano-technologisch hergestellte Füllungen und Implantate durch, mit denen bessereMaterialeigenschaften erreicht werden sollen. Durch Abrieb oder andere Prozessekönnte jedoch ein Teil der verarbeiteten Materialien in den Magen-Darm-Traktgelangen.

Gelangen Nanopartikel nun über die beschrieben Wege in den Verdauungsapparatund von dort in die Blutbahn, können sie sich wiederum im gesamten Körperbewegen und Aktivitäten entwickeln, die sich für den Organismus möglicherweiseals problematisch erweisen.

3.4 Nanopartikel im Körper

Nanopartikel können – wie gezeigt – indirekt über die Lunge oder den Verdauungs-trakt in die Blutbahn gelangen oder in Form von Medikamenten direkt dorthin injiziert werden. Da durch die Nanotechnologie unerwartete Möglichkeitenentstehen, sind neuere Entwicklungen in der pharmazeutischen Industrie sehr vielversprechend: So werden nicht nur die Löslichkeit und Aufnahme eines Medika-ments verbessert, sondern es können auch neue «Multifunktionswirkstoffe» kreiertwerden. Heute ist man beispielsweise in der Lage, mehrere Wirksubstanzen amTräger anzubringen und zusätzlich noch einen Antikörper als «Schlepper» anzu-heften, der hilft, genau das gewünschte Gebiet im Körper zu finden, wo sich dieWirkung des Medikaments entfalten soll. Oder man koppelt noch ein Partikel an,das für bildgebende Verfahren genutzt werden kann. Eine entsprechende Be-schichtung des Nanopartikels verlängert dessen Verweildauer in der Blutbahn, sodass die Substanz länger einwirken kann.

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«Der grundlegende Wandel in derArzneimittelherstellung und -ver-abreichung wird in den nächsten zehnJahren etwa die Hälfte des weltweitenArzneimittelproduktionsvolumens von380 Milliarden US-Dollar betreffen.»La Van und Langer, Massachusetts Institute of Technology (MIT)7

7 LaVan, D.A., Langer, R.: «Implications of Nano-technology in the Pharmaceutics and Medical fields» in: Roco, M.C., Bainbridge, W.S. (Hg.): Societal Implications of Nanoscience and Nano-technology. Arlington, USA: National Science Foundation. 2001. S. 77–83.

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Experten nehmen an, dass nanotechnologisch hergestellte Medizinprodukte undPharmazeutika zu den ersten «Nanoprodukten» gehören werden, die sich im Marktdurchsetzen. Der medizinische Markt bietet ein riesiges Wachstumspotenzial,handelt es sich dabei doch um eine Branche, bei der Qualität und Wirksamkeiteines Produkts an erster Stelle stehen. Höhere Preise werden in Kauf genommen,solange ein Heilmittel dem Patienten einen Vorteil verspricht. Als führend in derEntwicklung von pharmakologischen Substanzen und innovativen Heilmitteln imnanotechnologischen Sektor gelten die USA und an zweiter Stelle Europa. Diefrühen Nanotechnologieprodukte werden sich also besonders im pharmakologi-schen Sektor Nordamerikas bemerkbar machen – sicher eine Herausforderung fürdie Assekuranz, treffen doch hier potenziell exponierte Produkte mit einem äusserstsensiblen Rechtssystem zusammen.

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Medizin/Pharma Materialien Chemikalien Elektronik Manufaktur

Rang 1 US, Westen (28) US, Westen (28) Deutschland (25) Japan (34) US, Westen (26)Rang 2 US, Osten (26) US, Osten (27) US, Westen (19) US, Westen (33) US, Osten (26)Rang 3 UK (23) Japan (25) US, Osten (16) US, Osten (20) Japan (21)Rang 4 Deutschland (19) Deutschland (21) UK (11) Korea (17) Deutschland (15)Rang 5 Schweiz (9) UK (15) Japan (10) Taiwan/ Korea/

Deutschland (9) Taiwan (7)

Quelle: 3i (Hg.): Nanotechnology – size matters. Building a successful nanotechnology company.White Paper, 10. Juli 2002.

Stärken einzelner LänderAnzahl der Befragten, die das jeweiligeLand als den Standort mit denanspruchsvollsten nanotechnologischenEntwicklungen in einer bestimmtenBranche nannten. (Basierend auf einer Umfrage von 3i mitweltweit führenden Wissenschaftlern,Investoren und Führungskräften aus Wirt-schaft und Industrie.)

Die meisten pharmazeutischen Nanoprodukte befinden sich noch in der Ent-wicklungsphase. Einige durchlaufen bereits letzte Tests und sind nicht mehr weitvon der Markteinführung entfernt. Das Innovationspotenzial ist enorm. Nano-technologie birgt Chancen für Therapien bislang noch unheilbarer Erkrankungen.Besondere Hoffnungen setzt man auf neue Diagnostikmöglichkeiten, innovativeKrebstherapien und die Behandlung von Infektions- und Gehirnerkrankungen.Neue Verabreichungsformen von Medikamenten, die im Körper besser wirkenund weniger Nebenwirkungen auslösen, werden ebenfalls untersucht und habenin einzelnen Studien bereits erfolgreiche Resultate erzielt. Verschiedene Produkte,die für bildgebende Verfahren verwendet werden, sind bereits erhältlich. Auch im Bereich der Zahn- und Knochenimplantate sowie der desinfizierenden Wund-pflaster und -verbände konnten sich nanotechnologisch veränderte Produktebereits durchsetzen.

Aufnahme im KörperWas passiert nun mit Nanopartikeln, die entweder unbewusst aus der Umweltoder bewusst als Heilmittel in den Körper gelangen? Normalerweise werdenkörperfremde Partikel oder Fremdstoffe, die in die Blutbahn gelangt sind, vonspezialisierten Fresszellen aufgenommen, die für die Entfernung solcher «Fremd-körper» zuständig sind. Erstaunlicherweise gilt das aber nicht unbedingt für Nano-partikel. Alles, was kleiner ist als etwa 200 nm, wird nicht mehr nur spezifisch von diesen Fresszellen aufgenommen, sondern scheinbar grundlos auch von ganzanderen Zellen, die dafür eigentlich gar nicht «konstruiert» sind. So kommt es, dass man Nanopartikel plötzlich auch in Blutzellen wieder findet. Nicht nur für Blut-zellen konnte dies gezeigt werden, sondern auch für eine Reihe von anderen Zelltypen. Einmal von der Zelle aufgenommen, können sich Nanopartikel auf dieseArt und Weise im Blut praktisch grenzenlos durch den gesamten Körper bewegen.

Bildgebende VerfahrenDer Begriff «Bildgebung» oder «bild-gebende Verfahren» ist im Zusammen-hang mit der medizinischen Diagnostikgeprägt worden. Zusammengefasstversteht man darunter Verfahren, die eserlauben, anatomische Strukturen desmenschlichen (auch tierischen) Körpersmöglichst präzise zu visualisieren(Röntgen, Computertomografie, Angio-gramm, Kernspintomografie, Magneticresonance imaging (MRI) etc.)

«(…) Waren und Dienstleistungen aufder Basis der Nanotechnologie dürftenzuerst in solchen Märkten eingeführtwerden, in denen Leistungsmerkmalebesonders wichtig sind und der Preiseine untergeordnete Rolle spielt.»Roco und Bainbridge, US NationalScience Foundation (NSF)8

8 Roco, M.C., Bainbridge, W.S. (Hg.): Societal Implications of Nanoscience and Nano-technology. Arlington, USA. National Science Foundation. 2001.

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3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut?

Körperverteilung und AusscheidungÜber die Blutbahn können sich Nanopartikel weit verbreiten und so auch in dieverschiedenen Organe wie Herz, Knochenmark, Eierstöcke oder Muskeln gelangen.Wiederholt konnten Nanopartikel sogar im Gehirn, dem am besten geschütztenOrgan, nachgewiesen werden. In Anbetracht der Tatsache, dass Nanopartikeldemnach kaum durch Gewebeschranken aufgehalten werden, dürfte auch derZugang zu einem ungeborenen Lebewesen über die Plazentaschranke möglichsein.

Die Frage ist nun: Verbleiben die Nanopartikel auf Dauer im Körper? Wenn nicht,können sie trotzdem Schaden anrichten? Üblicherweise werden die Partikel mitder Zeit aus den meisten Organen ausgeschieden. Genau wie jeder andere Fremd-stoff auch, werden Nanopartikel nämlich mit einer Proteinschicht bedeckt undsomit als Fremdstoff markiert. Auf diese Weise werden sie von den spezialisiertenFresszellen erkannt, aufgenommen und aus dem Körper entfernt.

Nicht immer jedoch gelingt es, ein Partikel so zu markieren, dass es als Fremdstoffdeklariert wird. Je nach Typ der Partikelbeschichtung werden gewisse Nanopartikelanscheinend nicht erkannt und darum nicht markiert; die Partikel verbleiben dannlänger im Umlauf und können sich noch besser im Körper verteilen. Nach einigenTagen bis Wochen befindet sich der grösste Anteil dieser Partikel in den Organen,in denen besonders viele Fresszellen angesiedelt sind, nämlich in Leber, Milz,Knochenmark und in den Lymphknoten. Die genaue Verteilung der Nanopartikelauf diese Organe hängt unter anderem von ihrer individuellen Beschichtung unddamit von ihrer «Oberflächenchemie» ab. Was mit den Nanopartikeln geschieht,kommt auf die Materialbeschaffenheit des jeweiligen Partikels an. Biologischabbaubare Stoffe werden zersetzt, die Zersetzungsprodukte dann über Darm undNiere ausgeschieden. Als Trägerstoffe für Medikamente sind beinahe ausschliess-lich biologisch abbaubare Materialien untersucht worden.

Das Verhalten von nichtbiologisch abbaubaren Nanopartikeln ist weit weniger gutuntersucht; es scheint aber möglich, dass sie sich in gewissen Organen, besondersin der Leber, dem Entgiftungsorgan des Körpers, ablagern und dort akkumulieren.Wie lange solch eingelagerte Nanopartikel dort bleiben, ob sie Schaden anrichtenkönnen und, wenn ja, welche Dosis schädigend wirkt, ist noch nicht eingehenduntersucht worden. Von anderen Erkrankungen der Leber gibt es jedoch Hinweise,dass auch völlig harmlose Stoffe durch Akkumulation die Funktion der Leber be-einträchtigen und schädigen können.

Nanopartikel im GehirnDas Gehirn ist das am besten abgeschirmte Organ im menschlichen Körper – unddas aus gutem Grund. Die äusserst empfindlichen Nervenzellen sind auf eingenau abgestimmtes Milieu angewiesen, um ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten.Daher gibt es eine besonders strenge «Eingangskontrolle», die fremde Stoffe sogut wie nicht in das Gehirn passieren lässt. Selbst die Blutgefässe, die sonst denganzen Körper versorgen, haben keinen direkten Zugang zum Hirngewebe: Sieberühren nur die Aussenseite. Man spricht von der so genannten «Blut-Hirn-Schranke» (siehe Grafik auf Seite 23). Während in den meisten Gewebearten dietransportierten Stoffe aus den Blutgefässen austreten können, sind die Gefässe im Gehirn gut versiegelt. Der einzige Weg, hier einzutreten, ist durch eine sogenannte aktive Aufnahme. Die Blutgefässe sind mit speziellen Zellen ausgekleidet,die Nährstoffe und andere Substanzen erkennen, aktiv in sich aufnehmen und aufder anderen Seite in das Hirngewebe wieder abgeben können.

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«Ein Freund von mir (Albert R. Hibbs)schlägt eine sehr interessanteMöglichkeit für relativ kleineMaschinen vor. Obwohl es nach einerziemlich verrückten Idee klingt, wärees seiner Meinung nach für dieChirurgie interessant, wenn man denChirurgen sozusagen schluckenkönnte. Man setzt den mechanischenChirurgen in ein Blutgefäss, über daser in das Herz gelangt und sich dort‹umsieht›. (Natürlich müssen die Infor-mationen nach aussen übermitteltwerden.) Er stellt fest, welche Herz-klappe defekt ist, nimmt ein kleinesMesser und schneidet sie heraus.Andere kleine Maschinen könntendauerhaft in den Körper eingebrachtwerden, um ein schlecht funktionie-rendes Organ zu unterstützen.»Richard P. Feynman, Nobelpreisträger für Physik 19659

9 Feynman, Richard P. (1959): There’s plenty of room at the bottom. An invitation to enter a new field of physics.

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Dieser Transportweg ist äusserst selektiv. Das ist auch der Grund, weshalb so vieleMedikamente, die im Gehirn wirken sollten, gar nicht erst dort ankommen. Mehr als 98% der möglichen Heilmittel scheitern an dieser Barriere. Um auch nur diekleinste Wirkung zu erzielen, muss die Dosis unter Umständen so hoch gewähltwerden, dass beträchtliche Nebenwirkungen auftreten können. Ausnahmen gibt eswenige: Lediglich einige fettlösliche Substanzen, wie beispielsweise Alkohol oderKoffein, werden einfach durchgelassen. Um schwer gehirngängige Substanzenzum Zielort zu bringen, benutzt man bei der Entwicklung von Medikamenten einenTrick: Man koppelt den Wirkstoff an einen Träger, der einen natürlichen Zugangzum Gehirn hat, und schleust ihn so an der Schranke vorbei.

Aus diesem Grunde setzt die pharmazeutische Industrie grösste Hoffnungen in dieNanotechnologie. Versuche haben nämlich gezeigt: Benutzt man einen Nano-partikel als Träger und heftet ein Medikament an, so nimmt dessen Konzentrationim Gehirn deutlich zu. Offensichtlich erreichen Nanopartikel, was die einzelnenMedikamente nicht können: sich Zutritt zum Gehirn zu verschaffen. Forscherhaben herausgefunden, dass abhängig von der Beschichtung des Nanopartikelsdie Medikamentenaufnahme noch weiter erhöht werden kann.

Wie genau die Nanopartikel in das Gehirn gelangen, ist noch umstritten. Machensie die Barriere durchlässig und schleusen sich zwischen den Zellen ein, oder«erschleichen» sie sich die Aufnahme zu den Zellen?

Mit der Nanotechnologie ergeben sich also völlig neue Wege für die Herstellung undAnwendung von Medikamenten. Damit liesse sich zum Beispiel die Medikamenten-dosis reduzieren, um den Körper bei der Behandlung von Krankheiten weniger zubelasten. Vielleicht wird man in Zukunft auf diesem Weg sogar normalerweise nichtgehirngängige Stoffe an ihren Zielort bringen und somit möglicherweise Krankheitentherapieren, die bislang als unheilbar galten – Hoffnungsschimmer für viele terminalerkrankte Patienten einerseits und ökonomische Wachstumsmöglichkeiten für diepharmazeutische Industrie andererseits.

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32 4

Gehirnkapilare

Blut-Gehirn-Schranke

5

7

6

1 Gehirn2 Arterie3 Schädelknochen

4 Blutfluss5 Endothelzellen6 Wasser, Sauerstoff, Glukose7 Liquor8 Astrozyten

1 8

Blut-Hirn-SchrankeDie Funktion der Gehirnzellen hängt voneinem konstanten Milieu im Gehirn ab.Damit nicht beliebige Stoffe in das Gehirngelangen können, sind die das Gehirnversorgenden Gefässe mit einer dichtenZellschicht aus Endothelzellen aus-gekleidet. Von aussen ist dieses Gefäss-netz zusätzlich mit einer Lage vonAstrozyten umgeben, die nur eine kontrol-lierte Passage von Stoffen aus dem Blut indas Gehirn erlauben.

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3 Die Reise durch den menschlichen Körper: Führen alle Wege ins Blut?

Leider ist zu vermuten, dass sich durch solche Produkte auch neue Risiken ergeben,die bisher noch nicht als solche erkannt wurden. Was passiert, wenn gewissePartikel in das Gehirn gelangen, die gar nicht dorthin geschickt wurden? WennNanopartikel, die zum Beispiel zur Behandlung eines Tumors in die Blutbahninjiziert wurden, ebenfalls in das Gehirn eintreten? Je nach Beschaffenheit desPartikels könnte dieser kürzer oder länger im Blut kreisen und sich schliesslichauch im Gehirn ablagern. Da aber noch nicht genau bekannt ist, wann und wieviele dieser Partikel wieder abgebaut und ausgeschieden werden, besteht poten-ziell die Möglichkeit, dass sie sich im Gehirn anreichern. Damit würde sich dasstreng behütete Milieu im Gehirn jedoch nachhaltig verändern. NeurodegenerativeErkrankungen wie die Alzheimer Krankheit oder Parkinson sollen einer Hypothesenach ursächlich durch eine Störung in der Eisenkonzentration im Gehirnmilieuentstehen. Eisenoxid-Nanopartikel werden aber heute schon für eine Reihe vonApplikationen eingesetzt. So zum Beispiel als neuartiges Kontrastmittel in derMagnetresonanz. Das Problem ist, dass viele solcher unerwarteter Nebenwir-kungen erst mit grosser Verzögerung bekannt werden. Mehrere Jahre könnenvergehen, bevor völlig unerwartete Risiken auftreten und erst im Nachhineinverständlich werden.

3.5 Interaktion mit biologischen Prozessen

Im Körper laufen permanent unzählige Regel- und Steuerungsprozesse ab, welcheäusserst sensibel aufeinander abgestimmt sind. Mit Hilfe von kleinen aktivenEiweissen, den so genannten Enzymen, sorgen sie unter anderem für unserekonstante Körpertemperatur, regeln das Hunger- und Schlafgefühl, versorgen denKörper mit allen lebenswichtigen Stoffen und helfen bei der Infektionsabwehr.Eine Beeinträchtigung dieser Vorgänge kann eine ganze Kaskade von Reaktionenauslösen, die die normalen Körperfunktionen unterbricht und schlimmstenfallsirreversibel stört.

Da sich Nanopartikel vielfältigen Zutritt zum Körper verschaffen können, stellt sichdie Frage, ob sie vielleicht auch auf die körpereigenen Regelmechanismen ein-wirken. Die Botenstoffe und Enzyme, die diese Prozesse steuern, sind etwa 20 nmgross und funktionieren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Nur Stoffe, die exaktin die dafür vorgesehene Stelle passen und andocken können, aktivieren den Boten,der dann eine bestimmte Aufgabe ausführt. Botenstoffe kommen und gehen fürgewöhnlich und blockieren natürliche Prozesse nicht irreversibel.

Einige Fälle sind bereits beschrieben worden, in denen Nanopartikel biologischeProzesse stören konnten. Beispielsweise gibt es Hinweise auf Bauprozesse oderStoffverwertungsprozesse, die durch Nanopartikel beeinträchtigt werden. Auchdie Kommunikation zwischen benachbarten Zellen scheint beeinflusst zu werden.Hier werden Botenstoffe ausgetauscht, die von Nanopartikeln aufgefangen odergestört werden können. Unter Umständen könnten die neuartigen Partikel auchfür das Immunsystem problematisch sein. Entweder, weil sie einzeln so klein sind,dass sie gar nicht erkannt werden und erst beim Anlagern an biologische Struk-turen dem Immunsystem «auffallen» und unerwünschte Reaktionen auslösen, oderweil sie erkannt werden und systemische Störungen wie beispielsweise Allergienauslösen.

EnzymeBiokatalysatoren; Makromoleküle, meistProteine, die chemischen Reaktionen inbiologischen Systemen katalysieren. Ein Enzym ist ein biochemischer Kataly-sator, der hilft, ein Substrat zu spaltenoder anderweitig zu verändern. DasEnzym erleichtert die dafür nötige Re-aktion, indem es die Aktivierungsenergieherabsetzt, die stets überwunden werdenmuss, damit es überhaupt zu einer Stoff-umsetzung kommt. Das Enzym nimmt ander biochemischen Reaktion teil, geht mitden umzusetzenden Stoffen sogar einevorübergehende Verbindung (den Enzym-Substrat-Komplex) ein, wird aber durch dieReaktion nicht verändert. Enzyme sind ihrer chemischen Naturnach Eiweisse = Proteine. Für die kata-lytische Wirksamkeit ist das so genannteaktive Zentrum verantwortlich, das ausbesonders gefalteten Teilen der Poly-peptidkette oder reaktiven Nicht-Eiweiss-Anteilen des Enzymmoleküls besteht.Eine spezielle Hohlstruktur im Enzym be-wirkt, dass das aktive Zentrum mit einempassenden Substrat in Kontakt tretenkann.10

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10 www.net-lexikon.de

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Die Forschung steht in diesen Bereichen noch ganz am Anfang. Ob und inwieferndie neue Technologie wirklich auf den Körper einwirken kann, ist zurzeit reineSpekulation. Auch hat der Körper viele Reparatur- und Ausgleichsmechanismen,die ebenfalls in Betracht gezogen werden müssen. Allerdings wird deutlich, dassein erheblicher Informationsbedarf besteht, um die elementare Frage klären zukönnen, wie die Möglichkeit der Interaktionen von Nanopartikeln mit dem Körperaussehen.

Die Störung von gewissen biologischen Prozessen kann auch ganz bewusst vor-genommen werden, um einen entscheidenden Vorteil zu erreichen. Ein gut untersuchtes Beispiel eines solchen Störprozesses ist die partielle Hemmung desAIDS-Erregers mit Hilfe eines Buckyballs. Solche Buckyballs können ein Enzymblockieren, das zur Vermehrung des Virus notwendig ist. Die Blockierung entstehteinfach dadurch, dass sich der Buckyball in der Andockstelle des Enzyms festsetztund dort bleibt. Damit soll eine dauerhafte und irreversible Hemmung des Boten-stoffs erreicht werden.

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Dieselruss-Nanopartikel in einer 45 000 fachen Vergrösserung im Rasterelektronenmikroskop.

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4 Nanopartikel in der Umwelt

Je nach Herstellungsverfahren und Freisetzungsintensität können Nanopartikel indas Wasser oder in die Luft und schliesslich auch ins Erdreich und ins Grundwassergelangen. Zudem finden sie zunehmend Verbreitung in verschiedensten Wegwerf-artikeln, die früher oder später als Müll entsorgt oder rezykliert werden müssen.

Viele der künstlich hergestellten Nanopartikel werden in ihrer Art und Menge fürdie Umwelt neu sein. Sie könnten eine völlig neue Klasse nichtbiologisch abbau-barer Schadstoffe darstellen, von denen Wissenschaftler noch sehr wenig wissen.Das langfristige Verhalten solcher Stoffe und deren Auswirkungen auf die Elementesind damit äusserst schwer vorhersehbar. Demgegenüber gibt es aber auch viel-fältige Bemühungen, die Nanotechnologie zum Schutz der Umwelt einzusetzen.

Staatlich unterstützte Forschungsarbeiten, besonders in Nordamerika, evaluierenbereits, ob Nanopartikel bei der Sanierung von Altlasten bei grossflächigen Umwelt-verschmutzungen eingesetzt werden können. Anstatt verschmutztes Grundwasseraufwändig hochzupumpen und zu behandeln, könnten reaktive Nanopartikel inden Boden gepumpt werden, wo sie Schadstoffe – zum Beispiel organischeLösungsmittel und Schwermetalle – durch eine chemische Reaktion in harmloseSubstanzen umwandeln. Mit den heutigen Verfahren muss der Boden bei grossenindustriellen Verschmutzungen Kubikmeter für Kubikmeter abgetragen, aufwändigaufbereitet und wieder zurückgebracht werden – ein teures und langwierigesVorgehen.

Neue, nanotechnologische Verfahren beruhen auf der Anwendung von künstlichhergestellten, hochreaktiven Nanopartikeln, die aufgrund ihrer kleinen Partikel-grösse eine Gesamtoberfläche von bis zu 1000 Quadratmetern pro Gramm habenkönnen. Diese aktive Oberfläche kann chemisch mit gewissen toxischen Konta-minanten im Erdreich, Grundwasser oder in der Luft reagieren und sie «neutrali-sieren». Zur Trinkwasseraufbereitung werden zurzeit Nanopartikel getestet, dieSilber enthalten und antibakteriell wirken.

Zur Rückgewinnung der eingesetzten Partikel sind magnetische Verfahren genausoim Gespräch wie spezielle Filtermethoden. Idealerweise verbleiben die Partikelaber nach getaner Arbeit am Wirkungsort, da sie entweder biologisch abbaubarsind oder zusammenklumpen. Dadurch können sie eher mit grösseren Stoffen ver-glichen werden, die teilweise auch natürlich in der Umwelt vorkommen.

Ähnliche Reinigungsmethoden werden auch im Zusammenhang mit der Ver-schmutzung durch industrielle Herstellungs- und Prozessverfahren diskutiert. Mangeht davon aus, dass diese Art der Nanotechnologie umweltgerechte, industrielleHerstellungsprozesse begünstigt, indem toxische Abgase und andere prozess-bedingte Nebenprodukte durch Nanopartikel entgiftet würden. Während ineinzelnen Studien viel versprechende Resultate bei der Umweltdekontaminationerzielt wurden, gibt es für die erfolgreiche Anwendung von Nanopartikeln inindustriellen Prozessen noch kaum Erfahrungswerte. Langfristige Auswirkungensolcher Verfahren sind deshalb bislang ungewiss. Andere Forschungsprojektefokussieren auf nanotechnischen Möglichkeiten zur Energieeinsparung – wie inder Elektronikbranche durch effizientere und energiesparsamere Geräte.

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«(Die Nanotechnologie) hält Lösungen– soweit es überhaupt Lösungen gibt –für die meisten unserer dringendenMaterialbedürfnisse in den Bereichen Energie, Gesundheit,Kommunikation, Transport, Nahrung,Wasser usw. bereit.»Richard Smalley, Professor an der Rice University und Nobelpreisträgerfür Chemie 199611

11 Etc Group (Hg.): The big down. Januar 2003. Seite 46.

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4 Nanopartikel in der Umwelt

Neue Lösungsansätze im Umgang mit der zunehmenden Umweltverschmutzungund Ressourcenverknappung sind gesucht. Dass angesichts einer rapide wach-senden Weltbevölkerung und einer zunehmenden Erschöpfung der essenziellenRessourcen wie Wasser oder fossile Brennstoffe Lösungen zur Bewältigung derProbleme gefunden werden müssen, ist klar. Bezüglich der Nanotechnologie stelltsich jedoch die Frage: Wie können wir diese nutzbringend einsetzen und sicher-stellen, dass auch langfristig keine unerwarteten Folgen zutage treten?

Bereits im Jahr 2000 vermuteten Wissenschaftler in den USA und in Grossbritan-nien, dass Nanopartikel auch unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt habenkönnten. Doch Untersuchungen zu Umweltfragen befinden sich noch in einemsehr frühen Stadium – mit konkreten Ergebnissen aus entsprechenden Studien isterst in den nächsten Jahren zu rechnen.

Obwohl wenig schlüssiges Wissen über das Verhalten von nanotechnologischhergestellten Produkten in der Umwelt vorhanden ist, werden diese heute schonangewendet und in naher Zukunft noch viel zahlreicher auf den Markt kommen.Der Umgang mit Chancen und Risiken muss also heute evaluiert werden, undzwar je schneller und umfassender, desto besser.

Fehlt das Wissen, müssen Szenarien entworfen und mögliche Erkenntnisse ausartverwandten Themengebieten herangezogen werden. Aus Kenntnissen über dieweltweite Luftverschmutzung lässt sich zum Beispiel einiges über das Verhaltenvon ultrafeinen Partikeln (UFP) in der Luft und deren Auswirkung auf die Gesund-heit ableiten. Gemeinsamkeiten mit oder Unterschiede zu den neu synthetisiertenNanopartikeln erleichtern letztlich das Verständnis für ihre möglichen Verhaltens-mechanismen.

Nanopartikel in der LuftSeit Jahrzehnten wird die Staubbelastung der Atmosphäre und ihr Einfluss auf diemenschliche Gesundheit erforscht. Wissenschaftler haben im Zusammenhang mitder Luftverschmutzung potenzielle Gefahren für die Gesundheit der so genanntenultrafeinen Partikel wiederholt und im Detail untersucht.

Dieselmotoren zum Beispiel stossen ultrafeine Partikel aus amorphem Kohlenstoffaus und tragen damit speziell in Städten zur Luftverschmutzung bei. In einigenStudien konnte nachgewiesen werden, dass die Anzahl ultrafeiner Partikel in derLuft mit der Sterberate in der Bevölkerung korreliert. Das gilt besonders für an-fälligere Bevölkerungsgruppen wie Kinder oder ältere Menschen. Bei den unter-suchten Partikeln handelte es sich jedoch um Stäube aus Dieselabgasen, dienormalerweise innerhalb weniger Tage zusammenklumpen (aggregieren) und sichselbstständig absetzen. Während diese Stäube also nach einiger Zeit aus der Luft eliminiert werden, sind künstliche Nanopartikel häufig so behandelt, dass siegerade nicht zusammenklumpen und dadurch viel länger in der Luft verbleiben.Sie setzen sich praktisch nicht auf Oberflächen ab und könnten beim Einatmen zuden zuvor beschriebenen Reaktionen in der Lunge führen.

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Ultrafeine Partikel (UFP)Ultrafeine Partikel sind kleiner als 100 nm.Der Begriff des ultrafeinen Partikel istidentisch mit dem des «Nanopartikels»und wird in dieser Publikation für dieschon seit längerem bekannten Partikel inder Luft verwendet.

«Dieses Gebiet steckt noch in denKinderschuhen. (…) Die ersten Ergeb-nisse müssen vorsichtig bewertetwerden. Das Gebiet wächst so schnellmit seinen Entdeckungen, dass Fragenüber die Folgen für die Umwelt geradeerst aufgeworfen werden.»Joseph B. Hughes, Professor amGeorgia Institute for Technology12

12 Feder, Barnaby J.: «As uses grow, tiny materials’ safety is hard to pin down». in: New York Times, 3. November, 2003.

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Schadstoffe im BodenKolloide nehmen bei der Verteilung von Schadstoffen im Boden eine wichtigeRolle ein. Wasserabweisende Schadstoffe und Schwermetalle binden sich an sieund können auf diese Art grossflächig im Boden verteilt werden. Die bisher unter-suchten Stoffe sind um ein Vielfaches grösser als die zur Diskussion stehen Nano-partikel. Es ist zu befürchten, dass die kleineren Nanopartikel wegen ihrer grösserenOberfläche möglicherweise mehr Schadstoffe binden und durch das Erdreichtransportieren. Sollten sie zudem auch viel mobiler sein, würden Schadstoffe ingrösseren Mengen und mit höherer Geschwindigkeit in verschiedene Erdschichtengelangen. Problematisch könnte es mit Düngern und Pestiziden im Boden werden.Diese sind eigentlich nur begrenzt mobil, könnten aber durch die beweglichenNanopartikel im Erdreich «huckepack» über weite Strecken transportiert werden.Da solche Partikel zum Teil sehr reaktiv sind, kann man sich auch diverse Re-aktionen mit in der Umwelt vorhandenen Stoffen vorstellen, die zu neuen undunter Umständen toxischen Verbindungen führen.

Ein weiterer Faktor für die Beweglichkeit der Partikel im Boden ist der Zustand derFlüssigkeiten im Erdreich. Abhängig von der Sättigung des Bodens mit Wasser,der Wasserströmung und der chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeitenwerden Partikel mehr oder weniger weit transportiert. Ob und in welchem MasseNanopartikel einen Einfluss auf das Verhalten von Wasser haben, ist bisher nochungeklärt. Bereits kleine Veränderungen reichen aus, um ökologische Gesetz-mässigkeiten zu beeinflussen. Damit würde sich nicht nur die Verteilung vonSchadstoffen im Boden ändern, sondern auch die Qualität des Grundwassers.Zwar ist man inzwischen auf das Problem aufmerksam geworden, doch entspre-chende Forschungsaktivitäten stecken noch in den Anfängen.

Transportweg über den WasserkreislaufWasser verdunstet durch Wärmeeinwirkung und schlägt sich irgendwo als Regenwieder nieder. Mit dem Wasserkreislauf könnten sich Nanopartikel in kürzesterZeit ubiquitär über den Globus verteilen und den Schadstofftransport dabei mög-licherweise begünstigen.

Wird man in Zukunft vielleicht metallische Nanopartikel im Polareis nachweisenkönnen? Phantasie ist erlaubt, weil sie Szenarien ermöglicht, die in Abwesenheitvon Wissen potenzielle Risiken erahnen lassen.

Auch eine Auswirkung auf das Klima wäre denkbar, wenn auch nicht sehr wahr-scheinlich. Nanopartikel könnten zu einer Erwärmung oder aber auch zu einerAbkühlung der Atmosphäre führen. Die Klimawirksamkeit von Nanopartikeln istbisher jedoch schwierig abzuschätzen. Für die nächsten paar Jahrzehnte ist aberanzunehmen, dass Nanopartikel im Vergleich zu den Treibhausgasen eine eheruntergeordnete Rolle spielen.

Absorption von Nanopartikeln durch PflanzenWürden Pflanzen Nanopartikel über die Wurzeln absorbieren, könnten diese durch den Konsum von Nutzpflanzen in die Nahrungskette von Mensch und Tiergelangen. Abgesehen davon könnten die Nanopartikel zusätzlich noch Schad-stoffe mitschleppen. Ob Pflanzen auch über die Luft Nanopartikel aufnehmenkönnen, ist noch unbekannt.

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KolloidePartikel, die in Flüssigkeiten mobilbleiben, weil sie sich nicht zusammen-lagern und absetzen. Die Partikel könnennatürlicher oder künstlicher Natur sein.

«Es ist schwer, Wissenschaftler oderFinanzmanager davon zu überzeugen,dass sie Umweltverträglichkeitsstudienfördern sollen. Der unmittelbare Ertrageiner Forschungsarbeit, die zum Bei-spiel Wege aufzeigt, um Nanomateria-lien zur Heilung von Krankheiteneinzusetzen, ist grösser als der Lohnfür die Entdeckung, dass Nanomateria-lien Krankheiten verursachen können.»Vicki Colvin, Executive Director desCenter for Biological and Environ-mental Nanotechnology (CBEN) derRice University13

13 Colvin, Vicki L.: «Responsible Nanotechnology: Looking Beyond the Good News.» in: EurekAlert! Nanotechnology in context. November 2002. www.eurekalert.org

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4 Nanopartikel in der Umwelt

Vor dem Hintergrund, dass Nanopartikel als Träger für Arzneimittel im mensch-lichen Körper dienen und teilweise bis in die am besten geschützten Bereiche desKörpers vordringen können, kann man über die Aufnahmefähigkeit von Pflanzenhöchstens spekulieren.

«Worst-case»-SzenarienAngesichts der herrschenden Unsicherheit kommt man nicht umhin, auch an«worst-case»-Szenarien zu denken. Was wäre, wenn gewisse Nanopartikeltatsächlich einen schädlichen Einfluss auf die Umwelt ausübten? Könnte man sieaus den entsprechenden Systemen Wasser, Boden und Luft wieder entfernen?

Fest steht, dass die Eliminierung von Nanopartikeln aus der Umwelt äussertschwierig wäre. Dies stellt die produzierende Industrie vor eine grosse Heraus-forderung. Denn bei der Herstellung von Nanomaterialien besteht die Gefahr, dassProduktionsabfälle genau wie andere Abfälle auch mit der Abluft oder mit demAbwasser in die Umwelt gelangen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dassdieses Vorgehen weitreichende Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgungoder die Luftzusammensetzung hat, würden Wirtschaft und Gesellschaft voreinem grossen Problem stehen.

Die Entfernung von Nanopartikeln aus Flüssigkeiten wie Trinkwasser ist zurzeit nurdurch Zentrifugations- oder durch Ultrafiltrationsverfahren denkbar. BeideMethoden eignen sich nicht dazu, grosse Volumina zu verarbeiten oder wärensehr kostspielig.

Um Nanopartikel aus der Luft filtern zu können, bedarf es neuartiger Filtrationsver-fahren, weil die heute üblichen Luftreinigungsfilter in Gebäuden und Fabrikations-anlagen in der Regel zu grossporig sind. Man wird jedoch die Porengrösse derFilter nicht einfach soweit reduzieren können, dass Nanopartikel darin hängenbleiben. Probleme wie starke Druckdifferenzen und die Verstopfung von Porenmüssen erst noch gelöst werden. Angesichts dieser Herausforderungen wird deut-lich, dass auch effektive Atemmasken zum jetzigen Zeitpunkt eher unrealistischsind. Denn mit der dafür erforderlichen Faserkonstruktion wäre eine normaleAtmung nicht möglich.

Einen anderen Ansatz verfolgen derzeit einige «start-up»-Firmen. Sie wollen dieNanotechnologie gerade für die Herstellung von Atemschutzmasken nutzen undmit Hilfe von «Nanofiltern» besonders leistungsfähige Schutzfilter herstellen.Ähnlich wie bei der Entgiftung von verschmutzter Erde oder Wasser werden hochreaktive Nanopartikel an die Fasern im Atemschutzfilter gebunden. Die heraus-zufilternden Partikel kollidieren mit den beschichteten Fasern und werden durcheine chemische Reaktion mit den Nanopartikeln neutralisiert und unschädlichgemacht. Versuche mit der Neutralisierung von Bakterien oder gewissen chemi-schen Stoffen haben bereits stattgefunden und anscheinend positive Resultateerzielt. Der Erfolg dieser Entwicklungen bleibt abzuwarten.

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ZentrifugationPartikel werden durch schnelle Rotationund Nutzung der Fliehkraft voneinandergetrennt.

UltrafiltrationSpezielle Methode, bei der Flüssigkeitendurch besonders dichte Filter unterAnwendung von Druck (0,7–4,8 bar)filtriert werden.

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Entsorgung oder Wiederverwertung?Es gibt Bereiche, die zum heutigen Zeitpunkt der Entwicklung noch kaum bedachtwerden, nämlich die Entsorgung, Rezyklierung und Wiederverwertung von Nano-materialien. Wie diese sich in den gängigen Verfahren verhalten werden, ist offen.

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Neue Energieformen für denUmweltschutz

Einen Beitrag zur Umweltschonungleistet die Nanotechnologie möglicher-weise auch durch ihr enormes Energie-sparpotenzial. Dabei geht es nicht nurum neue Brennstoffzellen in Form vonNanotubes, die als hervorragenderWasserstoffspeicher fungieren, sondernauch um innovative Beleuchtungsmitteloder neuartige Solarzellen, die sichnach der Vorstellung der Forscherkünftig auf Gebäude sprühen oder inKleidung einbauen lassen sollen.

Organische Solarzellen absorbierenSonnenlicht mit Hilfe einer aufgetra-genen Farbstoffschicht von einigenNanometern, die – analog zur Photo-synthese bei der Pflanze – Licht inEnergie umwandelt. Innovative Leucht-körper, so genannte organische Leucht-

dioden (Organic Light Emitting Diode,OLED), bestehen ebenfalls aus einemnanometerdünn aufgetragenenSubstrat, das leuchtet, wenn es unterStrom gesetzt wird. Diese Leuchtkörpersollen die Effizienz der herkömmlichenGlühbirnen übertreffen und obendreinin der Herstellung noch preiswertersein.

Obwohl derartige Anwendungen nochkeine Marktreife erlangt haben, ist ihrPotenzial schon absehbar. OrganischeLicht- und Solarstromerzeuger sparenEnergie, sind durch ihr organischesAusgangsmaterial preisgünstig undwegen der dünnen Schicht mechanischflexibel. So könnte man mit Hilfe vonorganischen Leuchtdioden bieg- oderfaltbare Computerdisplays oder drei-dimensionale Leuchtobjekte kreieren.Was die möglichen Anwendungenbetrifft, sind der Phantasie keine

Grenzen gesetzt: Zum Beispiel beleuch-tete Strassenschilder und neuartigeFahrzeug- und Raumbeleuchtungen,bei denen ganze Bauteile – wieZimmerdecken – der Lichtemissiondienen.

Die Chancen der Nanotechnologieliegen einerseits darin, Energie zusparen, innovative Energiequellen zuentwickeln und Ressourcen besser zu nutzen, andererseits aber auch inneuen Herstellungsverfahren, für dieweniger Rohstoffe und Basismateria-lien gebraucht werden und die wenigertoxisches Abfallmaterial produzieren.Durch Gewichtsreduktion und alter-native Treibstoffnutzung im Transport-bereich oder innerhalb der herstellen-den Industrie liesse sich auch der Aus-stoss von Treibhausgasen reduzieren.

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Kohlenstoffmoleküle, die mit einem Scanner-Tunnel-Mikroskop (STM) zurLichtemission angeregt wurden. Die Auflösung beträgt 5 nm.

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5 Berufskrankheiten («occupational hazards»)

Die meisten so genannten Nanoprodukte bestehen nicht vollständig aus Nano-partikeln, sondern enthalten nur einen beigemischten Anteil davon. Nanopartikel,die als Rohmaterialien dienen, werden in grösseren Mengen in spezialisiertenFabriken hergestellt. Eine Exposition findet also hauptsächlich an den Orten amArbeitsplatz statt, wo solche Grundstoffe hergestellt und verpackt werden. Auchwährend des Transports und besonders beim Aus- und Umladen in der Produk-tionsstätte für Zwischen- oder Endprodukte können Arbeitskräfte mit den nano-technologisch hergestellten Materialien und deren Risiken in Kontakt kommen.

Im Hinblick auf die gesundheitlichen Auswirkungen, die Nanopartikel auf Personenhaben können, die beruflich mit Nanopartikeln umgehen, muss zwischen Pulvernund in Flüssigkeiten enthaltenen Partikeln unterschieden werden. Letztere sindeinfacher zurückzuhalten und breiten sich nicht so leicht aus. Pulver verteilen sichhingegen schon bei der geringsten Erschütterung in der Luft. Ein höheres Verbrei-tungspotenzial haben Nanopartikelpulver, die zur Verhinderung von Verklumpungbehandelt wurden und somit länger in der Luft verweilen. Es versteht sich vonselbst, dass besonders die hoch reaktiven Partikel für die exponierten Arbeiterkritisch sind.

Bei der Herstellung von Nanopartikeln finden viele Produktionsschritte in einergeschlossenen Umgebung statt, zum Teil in Unterdruckräumen. Aber beim Trans-port dieser Nanopartikel von der Produktionsstätte zum Anwendungsort ist eingewisses Mass an Handhabung nicht zu vermeiden. Ergo könnte durch derenVerteilung in der Arbeitsumgebung eine Gefährdung entstehen. Gesichtsmaskenbieten hier nur einen geringen Schutz. Lediglich eine umfassende Luftfilterung inder Anlage könnte die Partikel entfernen. Letzteres ist jedoch äusserst aufwändigund zumindest nach dem heutigen Stand der Technik für die Luftreinhaltung vongrösseren Gebäudeteilen kaum möglich.

Bislang ist das Risiko der berufsbedingten Exposition gegenüber nanopartikulärenStoffen nach dem Risiko bemessen worden, das von den artverwandten, grös-seren Partikelformen bereits bekannt ist. Titandioxid, ein in relativ grossen Mengenhergestelltes Produkt, ist dafür ein typisches Beispiel. Für den beruflichen Umgangmit Materialien müssen nach dem Gesetz für bestimmte Stoffe Sicherheitsdaten-blätter (Material Safety Data Sheet, MSDS) zur Verfügung gestellt werden. Darinsind potenzielle Risiken, adäquate Schutzmassnahmen und der Umgang mit derSubstanz beschrieben. So enthalten die Sicherheitsdatenblätter für Titandioxid-Nanopulver die Arbeits- und Gesundheitsschutzempfehlungen für die SubstanzTitandioxid. Diese wurden offenbar von jenen Empfehlungen übernommen, die fürdie Markt gängigen grösseren Partikelformen entworfen wurden. So wird imSicherheitsdatenblatt für Nano-Titandioxidpulver nach wie vor empfohlen, währendder Handhabung eine Staubmaske zu tragen, obwohl diese bekanntlich nur ein-geschränkt Schutz bietet.

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«Diese ‹Latenzlücke›, die allen Gefähr-dungen mit langer Latenzzeitgemeinsam ist, verdeutlicht den weitverbreiteten Irrtum der Annahme, dassdas ‹Fehlen von Belegen für einenSchaden› gleichbedeutend sei mit dem‹Beleg für das Fehlen eines Schadens›.Das ist es aber nicht.»David Gee und Morris Greenberg,wissenschaftliche Autoren14

«In einem Forschungsgebiet mit mehrals 12 000 Literaturnachweisen proJahr stellten wir mit Erstaunen fest,dass bisher keine Modelle zur Risiko-abschätzung von Nanomaterialienentwickelt und keine toxikologischenStudien über synthetische Nano-materialien durchgeführt wordensind.»Vicki Colvin15

14 Gee, David, Greenberg, Morris: «Asbestos: from ‹magic› to malevolent mineral». In: Late lessons from early warnings: the precautionary principle 1896–2000. EEA Environmental Issue Report Nr. 22. 2001. S. 52–63.

15 Colvin, Vicki L.: «Responsible Nanotechnology: Looking Beyond the Good News.» in: EurekAlert! Nanotechnology in context. November 2002. www.eurekalert.org

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5 Berufskrankheiten («occupational hazards»)

Ausserdem richten sich auch die Expositionsgrenzwerte eher nach weitaus grös-seren Partikeln und sind für Nanopartikel eigentlich zu hoch. Vorschriften für denTransport solcher Pulver werden nicht speziell erwähnt, und im Fall von Titandioxidwird kein Unterschied zwischen der reaktiveren Kristallform – dem «Rutil» – und derweniger reaktiven Form «Anatas» gemacht. Ein Arbeiter, der mit katalytischemTitandioxid-Nanopulver umgeht, trägt somit eine relativ nutzlose Gesichtsmaskeund arbeitet in einem Lüftungssystem, das die Partikel nur ungenügend aus derLuft entfernt.

Mit Nanopartikeln muss vermutlich ähnlich umgegangen werden wie heute schonmit gewissen Bio-Organismen oder radioaktiv-strahlenden Substanzen. AdäquateSchutzmassnahmen wie eine nanotaugliche «glovebox» müssen der möglichenGefährdung entsprechend voraussichtlich noch entwickelt werden.

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Grosses Innovationspotenzial

Die Nanotechnologie wird die Welt,wie wir sie kennen, verändern – diesscheint nur eine Frage der Zeit zu sein.Gewisse Innovationen haben sichbereits durchgesetzt, so zum Beispielspezielle Oberflächenbehandlungen,die Wasser abweisende und selbstreinigende Effekte auf Glas, Kunststoff,Metall oder poröse Materialien haben.Wer sich wundert, warum die aufeinem Dach montierten Solarzellenauch nach längerer Zeit trotz Hitze,Staub- und Kälteeinwirkung immernoch wie neu aussehen, dem hilft diefolgende Erklärung:

Das Phänomen der sich selbst reini-genden Oberflächen basiert auf einerTechnik, die von der Natur abgeschautwurde. Es handelt sich dabei um denso genannten Lotuseffekt, welcher derLotuspflanze aus Asien nachemp-funden wurde. Die Lotuspflanze istbekannt dafür, dass sie selbst beiheftigen Regenschauern so gut wienicht nass wird und immer makellossaubere Blätter behält. Forscher habenherausgefunden, dass dieser Umstandder speziellen Oberflächenbeschaffen-heit der Blätter zu verdanken ist. Diese

sind einerseits aus extrem Wasserabweisenden Wachskristallen auf-gebaut und bilden andererseits imNanometerbereich eine raue Ober-fläche. Dadurch haben Regentropfennur eine äusserst geringe Kontakt-fläche mit dem Blatt und perlen soschnell davon ab, dass sie gleichzeitigStaub oder Fremdpartikel mitreissen.Dank der Nanotechnologie kann mannun nicht nur selbst reinigendeFensterscheiben oder Verkehrsschilderherstellen, sondern auch poröse Materi-alien wie Holz oder Ton imprägnierenund Häuserfassaden vor unliebsamerSpraydekoration schützen.

Zu den neueren Errungenschaften, diedurch die Partikeltechnologie möglichgeworden sind, zählt auch die Kratz-festigkeit von Lacken, die in der Auto-industrie grossen Anklang findet. Auch neue Formen von Korrosions-schutz gehören dazu: Sie ermöglichenwesentlich dünnere und leichtereBeschichtungen, die nicht nur für denFlugzeugbau von Interesse sind. NeueKorrosionsschutzmöglichkeiten fürMetalle könnten schon bald die bisherverwendeten – äusserst toxisch undschwer zu entsorgenden – Chromver-bindungen im Kampf gegen den Rostersetzen. Nanotechnologisch her-gestellte Oberflächen könnten somitzum Umweltschutz beitragen.

Lotuseffekt

Abbildung 1: Fläche mit hoher Grenzflächen-spannung. Wassertropfen dehnen sich ausund bedecken eine grosse Fläche. Schmutz-partikel werden nicht entfernt.

Abbildung 2: Mit einer Nanostrukturbeschichtete Fläche, die die Grenzflächen-spannung senkt – Wassertropfen perlen ab.Das Resultat ist eine «selbstreinigende» Ober-fläche, wie man sie bei der Lotuspflanzekennt.

Abbildung 1 Abbildung 2

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Siliziumoxid (SIO2)-Nanopulver, vermischt mit nanodisperser Flüssigkeit (kolloidale Lösung), das zum Ausfiltern von Partikeln im Nanobereich verwendet wird, zum Beispiel für die Wasserreinigung. Aufnahme mit demTransmissionsmikroskop (Massstab 50 nm).

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6 Regulatives Umfeld

Nanotechnologisch hergestellte Produkte wurden bis zu Beginn 2004 nichtspeziell in der Gesetzgebung berücksichtigt, weder in besonderen Vorschriftenoder Empfehlungen, wie mit solchen Produkten oder deren Basismaterialienumgegangen werden soll, noch wie solche Produkte zu kennzeichnen sind.

In Anbetracht der Vielfältigkeit der betroffenen Produkte ist dies nicht weiter ver-wunderlich. Die Produktepalette reicht von Medikamenten über Textilfasern bis hinzu Gläsern oder Flugzeugteilen. Allerdings werden Nanopartikel selbst innerhalbvon bestimmten Produktsegmenten nicht als eigenständige Klasse erkannt undentsprechend bezeichnet. So klassifiziert die Amerikanische ZulassungsbehördeFood and Drug Administration (FDA) Nanopartikel in UV-abweisenden Substanzennicht als neuen Inhaltsstoff, sondern als «variation of the bulk material», also ledig-lich als eine Variation des zugrunde liegenden Stoffes.

Das bereits angesprochene Titandioxyd-Nanopulver wird folglich genauso behan-delt wie die gängigen grösseren Partikel desselben Stoffes. Da es sich dadurchnicht um einen neuen Stoff handelt, muss er auch nicht extra zugelassen werden.Aufwändige und langwierige Testverfahren sind damit überflüssig. Das ScientificCommittee on Cosmetic Products and Non-Food Products intended for Consumersder Europäischen Kommission vertritt eine ähnliche Auffassung: Titandioxyd wirdals «sicher» eingestuft, unabhängig von der Grösse der verarbeiteten Partikel. DerTatsache, dass allein durch die Verkleinerung von an sich harmlosem Materialmöglicherweise Risiken für die Gesundheit entstehen können, wird damit keineBeachtung geschenkt.

Diese Einstellung erstaunt: Schliesslich unterscheiden sich – wie bereits erwähnt –die Nanopartikel von den Mikropartikeln durch mehrere Eigenschaften. Wäre diesnicht der Fall, wäre es auch nicht sinnvoll, in einer Reihe von Produkten grössereMikropartikel durch teurere Nanopartikel zu ersetzen.

Die Schwierigkeit mit der Klassifizierung und Zulassung von Nanomaterialien zeigtsich im Wortlaut, wie er zum Beispiel von der FDA angewendet wird: «Substantiallyequivalent to conventional products». Dabei gäbe es stichhaltige Gründe dafür,Nanopartikel in einer eigenen Klasse zusammenzufassen: Nanopartikel können aufandere Art und Weise als Mikropartikel in den Körper gelangen; sie können inBereiche des Körpers eindringen, die vor grösseren Partikeln geschützt sind und inden Körperkreislauf gelangen. Ausserdem wird vermutet, dass sie reaktiver sind,sodass sich gesundheitsschädliche Wechselwirkungen unter Umständen aufschau-keln könnten.

Die regulatorischen Bestimmungen für die Exposition mit Nanopartikeln amArbeitsplatz sind ebenfalls wenig verbindlich. «Hazard guidelines» für Schweb-stoffe in der Luft («airborne particles») basieren bislang massgeblich auf zweiverschiedenen Systemen:

Einerseits wird die erlaubte Menge von bekannten, toxischen Stoffen in der Lufteingeschränkt. Das gilt zum Beispiel für Asbest, Silikate, Barium, Chrom und vieleandere Stoffe, für die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) internationalgültige Standards definiert hat. Grundlage für die Beurteilung von potenziellenGesundheitsgefahren sind auch hier jeweils die Eigenschaften oder die Toxizitätdes Ausgangsmaterials («bulk material»).

«Man kann spekulieren, dass anorga-nische Stoffe allgemein biologischinert sind. Doch ohne harte Datenspeziell über synthetische Nanomate-rialien lässt sich unmöglich vorher-sagen, welche physiologischenWirkungen auftreten können und vor allem, welche Expositionswerte zu empfehlen sind.»Vicki Colvin16

16 Colvin, Vicki L.: «Responsible Nanotechnology: Looking Beyond the Good News.» in: EurekAlert! Nanotechnology in context. November 2002. www.eurekalert.org

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Andererseits gibt es Vorschriften, die generell die Staubbelastung in der Luft regu-lieren. Hier werden zum Beispiel die nicht toxischen Stäube in der Luft limitiert(«Total dust, containing no asbestos and less than 1% crystalline silica»)17. Alseines der ersten Länder weltweit unternimmt Deutschland Anstrengungen, umultrafeine Partikel – also Nanopartikel in der Luft – gesondert zu regulieren.

Nanopartikel oder andere nanotechnologisch hergestellte Stoffe wie Buckyballsoder Nanotubes werden noch nicht in einer eigenen Stoffklasse zusammenge-fasst. Unklar bleibt, ob dies überhaupt sinnvoll wäre, kann man doch nicht einmaldie verschiedenen Nanopartikel miteinander vergleichen. Je nach individuellerGrösse, Beschichtung, Ausgangsmaterial oder Komposition können bereits zweiNanopartikel völlig andere Eigenschaften aufweisen. Ein Eisenpartikel mitBeschichtung verhält sich nicht nur anders als eines ohne – es kommt auch daraufan, womit es beschichtet wurde.

Herausforderung für die ForschungDieser Umstand stellt die Forschung vor eine grosse Herausforderung: Toxikologi-sche Studien können nicht einfach mit bestimmten Partikeln durchgeführt unddann verbindlich auf alle anderen Nanopartikel übertragen werden. Solche Studienzu verallgemeinern wäre unzulässig. Müsste im Prinzip für jeden Stoff ein eigenesSicherheitsdatenblatt hergestellt werden, das über die toxischen EigenschaftenAuskunft gibt? Dies wäre ein ungeheurer Aufwand, da die gängigen Testmethodenfür verbindliche Aussagen nicht ausreichen. Es müssen also Wege gefundenwerden, die eine Risikoabschätzung zulassen und den sicheren Umgang mit diesenneuen Materialien erlauben.

Standardisierung notwendigGrundlage hierfür müsste demnach eine international gültige Standardisierung dernanotechnologischen Substanzen und Stoffe sowie eine einheitliche Nomenklatursein. Nur wenn die entsprechenden Substanzklassen genau definiert sind und alle«vom Gleichen reden», lassen sich die Resultate der Risikoabschätzungen ver-schiedener Institute oder Länder miteinander vergleichen und somit Fortschritte inder Abklärung von potenziellen Risiken erzielen. Ohne eine einheitliche «Sprache»sind weder regulative Massnahmen noch versicherungstechnische Formulie-rungen («wordings») möglich. Selbst die Kennzeichnung von Produkten wäre ohneStandardisierung ein äusserst schwieriges Unterfangen.

Bei einer Standardisierung wäre auch eine Deklarationspflicht für Unternehmen,die mit nanotechnologisch behandelten Produkten arbeiten, in Betracht zu ziehen.Eine solche Massnahme würde es der Assekuranz ermöglichen, Produkte dieserArt in ihren Versicherungsbeständen zu identifizieren.

«Wohl kaum je zuvor waren Risiken &Chancen einer neuen Technologie soeng miteinander verknüpft, wie dasbei der Nanotechnologie der Fall ist.Es sind genau jene Eigenschaften, diedie Nanopartikel so eindeutig wertvollmachen, die andererseits die Vermu-tungen bezüglich Gefährdung vonMensch und Umwelt aufkommenlassen.»Marcel Bürge, Risk Engineering, Swiss Re

17 www.osha.eu.int

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Vollständig aus einer 1µm dünnen CVD-Diamantschicht hergestellte Cantilever-Spitze für Atomic Force Mikroskop(AFM) zur Abtastung von Proben im atomaren Bereich. Aufnahme mit einem Scanner Elektronen Mikroskop (SEM).

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7 Auswirkungen auf die Versicherung

Die Einführung der Nanotechnologie bedeutet einen Paradigmenwechsel – sowohlin den industriellen Anwendungen als auch in Bezug auf die Expositionsmecha-nismen. Im Laufe der gesamten Evolution war die Menschheit noch nie einersolchen Art und Menge von Substanzen ausgesetzt, die – offenbar ungehindert – inden menschlichen Körper eindringen können.

Wie wahrscheinlich ist es, eine Beziehung zwischen Ursache und Wirkung fürpotenzielle Schäden durch Nanopartikel zu finden? Angesichts der Ergebnisse, diezum Beispiel aus Untersuchungen mit Dieselabgasen bekannt sind, scheint einKausalzusammenhang durchaus möglich. Vermutlich würde man damit nichteinfach eine weitere Substanz im grossen Cocktail von krebsauslösenden Stoffenidentifizieren, mit denen der Mensch ohnehin täglich konfrontiert wird. Wahr-scheinlicher ist es, dass bei gewissen Produkten genau nachgewiesen werdenkann, wo sie herkommen, wer sie hergestellt hat, und was sie beim Geschädigtenbewirkt haben.

Revolutionäre RisikoentwicklungDie Assekuranz ist besorgt. Nicht, weil sich im Zuge neuer technologischer Ent-wicklungen erfahrungsgemäss neue Schadenszenarien auftun, sondern weil dasAusmass dieser potenziellen Schäden falsch oder gar nicht eingeschätzt werdenkann. Die im Zusammenhang mit der Nanotechnologie häufig diskutierten Beispielevon Unfällen und Einzelschäden sind vermutlich nur die Spitze des Eisbergsbeziehungsweise das kleinere Übel. Die gut vorstellbaren Entwicklungs-, Konstruk-tions-, Fabrikations- und Informationsfehler dürften so ziemlich für alle neuenTechnologien gelten. Risikotechnisch und versicherungstechnisch (unspektakuläre)Technologieschübe gab es auch früher schon: dem Nieten folgte das Schweissen;Kunstfasern ersetzten Naturfasern; Plastik löste Metall ab; Transistoren folgten denVerstärkerröhren; die Turbine den Kolben; das Auto der Kutsche, und optischeKabel ersetzten den elektrischen Leiter.

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Des Rätsels Lösung für die Informationstechnologie?

Nach dem Moore’schen Gesetz verdop-pelt sich die Rechenleistung, bezie-hungsweise die Anzahl von Transistorenpro Chip alle 18 Monate. Mit leichtenAbweichungen hat sich diese Tendenzin der Vergangenheit als richtig er-wiesen. Intels erster Chip von 1971hatte 2000 Transistoren, die heutigenarbeiten mit 100 Millionen Transis-toren.19 Damit sich dieser Trend zurSteigerung der Speicherkapazitätfortsetzen kann, müssen aber neueSpeichertechnologien gefundenwerden, weil die derzeitigen Technikenschon bald an ihre Miniaturisierungs-

grenze stossen. Es muss ein Tech-nologiewechsel stattfinden, ähnlich dem Schritt vom Schaltrelais zumTransistor, der die Entwicklung desComputers überhaupt erst möglichmachte.

Um der technologischen Sackgasse zuentkommen, wird derzeit fieberhaft anAnsätzen für eine Nanoelektronikgearbeitet; eine Technik, die ohne dieBegrenzungen der heute verwendetenLithographie auskommt. Die Forschungbefasst sich mit Nanoröhren-Transis-toren, mit Quantenrechnern und mitDNA- und Enzym-Computern. Auch anden dazugehörigen schnellen Speicher-medien wird geforscht.

Obwohl diese neuen Verfahren – zumin-dest im Industriemassstab – noch nichtüberall gängig sind, wird die Nanotech-nologie bereits heute als die Lösung für viele Probleme im Elektronikbereichangesehen. Eines der wenigenProdukte, das schon bald Marktreifeerreichen könnte, ist das im Nanoscaleoperierende Speichermedium «Milli-pede» von IBM. Auf der Fläche einerBriefmarke sollen damit 25 DVDsgespeichert werden können, also über100 Gigabyte.

«(Die Nanotechnologie) wird MooresLaw ganz schön alt aussehen lassen.»Jillian Buriak, kanadische Nanotech-Wissenschaftlerin sowie Professorinund Senior Research Officer, NationalInstitute for Nanotechnology (NINT)18

19 Wolfe J. (Hg.): «Will Nanotech preserve Moore’s Law?» in: Nanotech Report. Forbes Wolfe. September 2003, Ausgabe 2. Nr. 9. www.forbesnanotech.com

18 Patriquin, Martin: «Small matter provokes a majordebate» in: Toronto Globe and Mail. 19. November 2003.

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7 Auswirkungen auf die Versicherung

All diese technologischen Veränderungen und Sprünge wurden von den Versiche-rern ohne Probleme mitgemacht, da wenig Unvorhersehbares zu befürchten war.Das heisst, es handelte sich dabei risikotechnisch um eher evolutionäre Entwick-lungen, mit denen Versicherungen in der Regel gut – wenn auch reaktiv – umgehenkönnen. Dabei kam es jedoch nie zu einer wirklichen, das heisst sprunghaftenVeränderung der Risikolandschaft, zu keinen unabschätzbaren Unsicherheiten,keiner eigentlichen Bedrohung für den Risikoträger.

Anders sieht es mit risikotechnisch revolutionären Entwicklungen aus, derenSchadenpotenziale nicht abgeschätzt werden können. Bei diesen Entwicklungengibt es zwei unterschiedliche Formen: erstens potenzielle Risiken, die eine Zuordnung der Schadenursache (Kausalität) zulassen, und zweitens jene, derenSchadenursache lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, also die sogenannten Phantomrisiken.

Es ist zu befürchten, dass die Nanotechnologie zur Kategorie der revolutionärenRisiken mit ursächlich nachweisbarer Schadenfolge gehören wird. Dabei sind diepotenziellen Schäden in Bezug auf ihre Grösse und Raum/Zeit vermutlich nichtoder nur äusserst schwer abschätzbar. Risiko- und versicherungstechnisch wirk-lich neu ist die Nanotechnologie also wegen der Unvorhersehbarkeit der Risikensowie wegen der Latenz von möglichen Serien- und Kumul-Schäden, die ursäch-lich durch die neuen Eigenschaften und damit durch das unterschiedlicheVerhalten von nanotechnologisch hergestellten Produkten entstehen.

Keine LangzeiterfahrungBei der Bewertung der Nanotechnologie konnten die Wissenschaftler bislangweder auf toxikologische Studien noch auf Langzeiterfahrungen zurückgreifen.Studien, die zur Risikoabschätzung notwendig wären, sind aus Mangel anForschungsgeldern häufig nicht zustande gekommen. Finanzielle Mittel für toxiko-logische Studien sind nur schwer zu erhalten: Sponsoren interessieren sich inerster Linie für wissenschaftlichen Fortschritt oder wertvolle Patente. Hier brauchtes gewisse Rahmenbedingungen, damit staatlich finanzierte Projekte einerseitsund eigene Risikoanalysen in der Industrie andererseits durchgeführt werdenkönnen.

Die nanotechnologische Forschung ist noch in einem frühen Stadium, und dieVersicherungswirtschaft hofft, dass das Resultat überwältigend positiv ausfallenwird. Trotzdem müssen wir wachsam bleiben und die Erfahrungen aus derVergangenheit im Auge behalten. Asbest kann in diesem Zusammenhang als einProdukt genannt werden, das sich nachteilig entwickelt hat. Wie können wirsicherstellen, dass sich die Nanotechnologie zu unserem Vorteil entwickelt?

Als Asbest vor vielen Jahren breite Anwendung fand und weltweit vermarktetwurde, war es einer der besten Brand hemmenden und beständigsten Stoffe, dieerhältlich waren. Ähnlich wie heute gewisse nanotechnologisch hergestellteProdukte wurden asbesthaltige Produkte damals innovativ eingesetzt. Zudemwaren Asbestfasern nicht im eigentlichen Sinne toxisch oder chemisch bedenk-lich. Das Problem bestand darin, dass die Fasern lediglich aufgrund ihrer Formund Grösse zu schweren Schäden im Lungengewebe führen konnten: Eine Eigen-schaft, deren Folgen erst mit erheblicher Verspätung erkannt wurde.

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PhantomrisikoEin Phantomrisiko beschreibt einenZustand, der von der Bevölkerung alsBedrohung wahrgenommen wird, ohnedass ein wissenschaftlich nachweisbarerKausalzusammenhang hergestellt werden kann.

«Die Bedeutung des unendlich Kleinenist unendlich gross.»Louis Pasteur

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1898 Britische Gewerbeaufseherin Lucy Deane warnt vor schädlichen und «schlimmen» Wirkungen von Asbeststaub.

1906 Bericht aus einer französischen Fabrik über 50 Todesfälle bei Asbesttextil-arbeiterinnen und Empfehlung von Kontrollen.

1911 Versuche mit Ratten liefern «hinreichende Gründe» für den Verdacht, dass Asbest schädlich ist.

1911 und 1917 Britische Gewerbeaufsicht findet nicht genügend Belege, die weitere Mass-nahmen rechtfertigen würden.

1918 US-Versicherer verweigern Asbestarbeitern Versicherungsschutz aufgrund von Vermutungen über krankheitsauslösende Arbeitsbedingungen in der Industrie.

1930 Merewether Report in Grossbritannien stellt bei 66 % der Langzeitarbeiter in der Fabrik in Rochdale eine Asbestose fest.

1931 Britische Asbestvorschriften sehen Staubkontrolle nur bei der Herstellung und Entschädigung bei Asbestose vor, doch die Vorschriften werden unzulänglich umgesetzt.

1935–49 Berichte über Lungenkrebsfälle bei Arbeitern in der Asbestproduktion.1955 Doll stellt hohes Lungenkrebsrisiko bei Asbestarbeitern in Rochdale fest.1959–60 Mesotheliom-Krebsfälle bei Arbeitern und in der allgemeinen Bevölkerung in

Südafrika festgestellt.1962/64 Mesotheliom-Krebsfälle bei Asbestarbeitern, Menschen in der Umgebung von

Fabriken und bei Verwandten von Fabrikarbeitern unter anderem in Gross-britannien und den Vereinigten Staaten festgestellt.

1969 Britische Asbestvorschriften verbessern die Kontrollen, lassen aber Anwender und Krebsfälle ausser Acht.

1982–89 Der Druck von Medien, Gewerkschaften und anderen Interessengruppen in Grossbritannien führt zur Verschärfung der Asbestkontrollen bei Anwendern und Herstellern und zur verstärkten Suche nach Ersatzstoffen für Asbest.

1998–99 EU und Frankreich verbieten alle Formen von Asbest.2000–01 WTO stützt das Asbestverbot durch EU/Frankreich gegen Einspruch Kanadas.

Quelle: Gee David und Greenberg, Morris: “Asbestos: from ‘magic’ to malevolent mineral” in: Late lessons from early warnings: the precautionary principle 1896–2000. EEA Environmental Issue Report Nr. 22. 2001. S. 61.

Diese späte Erkenntnis führte dazu, dass Vorschriften und Schutzmassnahmenerst verbindlich eingeführt werden konnten, nachdem bereits weltweit vielePatienten unheilbar erkrankt waren. Vereinzelte Studien hatten auch damals schonim Vorfeld auf potenzielle Risiken hingewiesen. Ohne Langzeiterfahrung konntedas wahre Ausmass des Schadens jedoch nicht annähernd vorausgesehenwerden.

Nun stehen Gesellschaft und Versicherungswirtschaft vor der Frage: Wie werdensich die Nanotechnologie und ihre Produkte auf Mensch und Umwelt auswirken?Die meisten Nanopartikel sind vermutlich nicht toxisch im eigentlichen Sinne.Aufgrund ihrer Winzigkeit haben sie aber besondere Eigenschaften mit darausresultierenden Risiken, die noch weitgehend unbekannt sind. Und auf die Erkennt-nisse aus der Langzeiterfahrung möchte man wohl kaum warten.

Angesichts der Tatsache, dass trotz frühester Warnhinweise über die gesundheit-lichen Auswirkungen von Asbest bis zur Einführung von international gültigen Massnahmen beinahe 100 Jahre vergangen sind, wäre es wünschenswert, diesesMal schneller einen Konsens zu finden. Dies erscheint durchaus realistisch, zumal sich die Risikolandschaft seit damals markant verändert hat.

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Asbest: Frühe Warnhinweise undMassnahmen

«Der Entdecker einer Kunst ist nichtder beste Richter über Nutzen undNachteil, der denen erwächst, die sichihrer bedienen.»Platon

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7 Auswirkungen auf die Versicherung

7.1 Asbest – ein zulässiger Vergleich?

Der Vergleich von Nanoröhren (Nanotubes) mit Asbestfasern erregt schon seiteiniger Zeit die Gemüter. In Fachpublikationen wird gezielt darauf hingewiesen,dass Nanoröhren teilweise eine ähnliche Form und Grösse wie Asbestfasernbesitzen. Die Vermutung, dass das Schadenspotenzial ähnlich sein könnte, liegtnahe und wird in Fachkreisen diskutiert.

Nanoröhren machen jedoch nur einen kleinen Teil der momentan produziertenNanomaterialien aus. Auch wenn dieser Anteil mit der Zeit immer grösser wird,sollte eher der viel grössere Anteil der nicht-röhrenförmigen Nanopartikel genaues-tens unter die Lupe genommen werden. Die Versicherungswirtschaft ist gutberaten, wenn sie die Entwicklungen genau verfolgt und die Anwendungen vonNanopartikeln kennt.

Wie erwähnt, sind Nanopartikel bereits weltweit in zahlreichen Produkten ent-halten und kommen in verschiedenen Anwendungen vor. Schon jetzt deuteteiniges darauf hin, dass gewisse Nanomaterialien das Potenzial haben, gesund-heitliche Schäden hervorzurufen. Diese sind höchstwahrscheinlich nicht vonakuter, sondern von chronischer Natur, und es könnte längere Zeit dauern, bis siesich manifestieren. Darin liegt das eigentliche Risiko für die Versicherer. In diesemSinne ist auch der Vergleich mit Asbest zu verstehen.

Aspekt Nanotechnologie Asbest✓

Hersteller bekannt ✓ ✓

Definierte Substanz Nein ✓

Weltweite Verbreitung ✓ ✓

Vielseitige Verwendung ✓ ✓

Akut toxisch✓ Nein NeinPersistent Teilweise ✓

Langzeitwirkung Denkbar ✓

Risiken✓ Unbekannt KrebsSerienschadenspotenzial ✓ ✓

Kumulschadenspotenzial ✓ ✓

Agens analytisch nachweisbar ✓ ✓

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Asbest-Analogie

RisikobeurteilungRisiken, die durch die Einführung neuer Produkte oder innovativer Technologienentstehen, müssen sich nicht unbedingt von Anfang an zeigen; sie können mitjahrelanger Verzögerung auftreten. Das macht die Risikobeurteilung und die Preis-findung für den Versicherer zwar nicht einfach, aber dennoch machbar, sofernSchadenszenarien vorstellbar und die daraus resultierenden Schäden in Zahl undAusmass abschätzbar sind. Solange es sich also um potenzielle Einzelschäden –auch neuartige – handeln wird. Die Nanotechnologie wird sich aber weltweit in denverschiedensten Industriezweigen und in einer Vielzahl von Anwendungen mit sogrosser Geschwindigkeit verbreiten, dass sich die aus Erfahrung denkbaren Einzel-schäden durch Entwicklungs-, Design-, Produkte- und Anwendungsfehler kaum mitgrosser Verzögerung einstellen werden. Kritisch wird es, wenn sich systemischeFehler erst mit der Zeit bemerkbar machen, oder wenn ein systematisch verändertesVerhalten lange Zeit unentdeckt bleibt. Dann könnte sich ein unvorhersehbargrosses Schadenspotenzial aufbauen, zum Beispiel im Bereich der gesundheitlichenBeeinträchtigung.

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Eine Risikobeurteilung respektive eine Schadensabschätzung wäre erst dannmöglich, nachdem sich die ersten Gesundheitsschäden nachweislich manifestierthätten. Da es Anzeichen dafür gibt, dass gewisse Nanopartikel erst nach geraumerZeit als schädlich erkennbar sein könnten, muss der Versicherer für seine Risiko-beurteilung die Einsatzgebiete und die Verbreitung von potenziell verdächtigenNanoprodukten sowie die begleitenden Schutzvorkehrungen und Schadensver-hütungsmassnahmen kennen.

Im Bereich der Berufskrankheiten und der Produktehaftung nimmt das Risiko(Exponierung) für den Körper bekanntlich zu, je kleiner die Distanz zu Fremd-stoffen und schädlichen Einflüssen ist. Es ist am grössten, wenn Schadstoffe direktin den Körper gelangen können.

Wenn dies unbewusst und unkontrolliert geschieht, ist im Fall einer gesundheit-lichen Beeinträchtigung die Schadenklage sicher. Je länger es dauert, bis dieschädliche Wirkung erkannt wird, desto grösser wird die kumulierte Schadens-ersatzforderung sein. Will man also das Risikopotenzial in Bezug auf seine Grösseabschätzen, muss man die Verbreitungspfade der potenziell schädigenden Stoffekennen. Würde sich die Ausbreitung auf die Anwendungsgebiete mit direktemKörperzugang beschränken – also Nahrung, Körperpflege und Heilmittel –, wäreeine grobe Risikoabschätzung noch möglich; nicht aber, wenn die Ausbreitungüber die Umwelt, die Luft und das Trinkwasser geschieht.

Zumindest theoretisch stehen Nanopartikeln diese Wege offen. Ferner wären vieleder künstlich hergestellten Nanopartikel bis zum Hersteller zurückverfolgbar undsomit die Haftbarmachung wahrscheinlicher als dies bei ubiquitär vorhandenenSchadstoffen wie zum Beispiel den ultrafeinen Partikeln aus Dieselabgasen derFall ist.

Wenn also die Risiken der nanotechnischen Produkte beurteilbar und handhabbarsein sollen, müssen sie besonders auf ihre Langzeittoxizität untersucht werden.Vermutlich sind dazu sogar neuartige Testmethoden und Versuchsanordnungennotwendig.

Es wird für die Versicherer nicht einfach sein, die potenziellen Risiken zu erkennen,weil sich sowohl die Herstellung als auch – und dies vor allem – die Anwendungvon Nanomaterialien sehr vielfältig durchsetzen wird. Zu den frühen Anwendungs-gebieten zählen Pigmentierungen, Oberflächenvergütungen und Beschichtungenverschiedenster Art. Auch die Kosmetik- und Haushaltsproduktehersteller nutzendie speziellen Eigenschaften von nanotechnologischen Stoffen bereits, sowie dieElektronik-, Automobil- und Flugzeugindustrie. Experten sind sich aber einig, dassdas grösste Nutzungspotenzial zur Zeit im Bereich der Medizin und Pharmazieliegt. Bei Heilmitteln möchte man durch die Hilfe von Nanopartikeln die Wirkstoffeja gezielt in die Organe hineintransportieren. Erkenntnisse über potenzielle Neben-wirkungen wird man in einzelnen Fällen erst mit der Zeit erlangen. Für die Ab-schätzung des Produktehaftpflichtrisikos solch neuer Medikamente gilt wie bisanhin: Das Schadenpotenzial unerwartet auftretender Nebenwirkungen nimmt mit der Dauer bis zur Schadenmanifestierung und mit der Marktdurchdringung zu; Dabei sind lifestyle-Präparate bezüglich ihrer Klagewahrscheinlichkeit aufgrundvon Nebenwirkungen exponierter als lebenserhaltende Heilmittel.

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7 Auswirkungen auf die Versicherung

7.2 Das Risk Management der Versicherer

Die Versicherer werden bezüglich nanotechnologischer Risiken für geraume Zeitmit Unsicherheiten leben müssen, das heisst, sie werden weder die Schadensein-trittswahrscheinlichkeit noch das mögliche Schadenausmass kennen. Dies ist solange tragbar, bis sich die Einzelschäden – der technischen Entwicklung folgend –quasi evolutionär entwickeln, und der Versicherer seine Risiko-Management-Massnahmen laufend anpassen kann. Was aber vermieden werden muss, ist derunvorhersehbare, ruinöse Kumulschaden, wie er durch eine Spätschaden-Klage-flut ausgelöst werden kann. Wie immer, wenn das Haftpflichtrisiko unberechenbarist, muss der Versicherer sein Engagement so limitieren, dass er wenigstens seineigenes «worst-case»-Schadenszenario abschätzen kann. Zu den wichtigstenschadenlimitierenden Massnahmen gehören unter anderem jene, die einenSerienschaden versicherungstechnisch begrenzen. Einmal durch die Zuordnungzu einer Serie – allenfalls sogar zu einem Event. Im Falle der Zuordnung zu einemEvent müsste dieser betraglich limitiert sein und wäre auf diese Weise für dieAssekuranz tragbar.

Durch «claims made»-Deckungen, beziehungsweise Schadensdefinitionen undexakte Beschreibungen des Schadeneintrittverständnisses kann das Problem des«stacking of limits» vermieden werden. Schäden, die über die Zeit anfallen, solltenmittels Schadenserienklausel zeitlich klar zugeordnet werden können, idealerweiseauf jenes Jahr, in dem der erste Schaden der Serie bekannt wurde. Der hoheDeckungsbedarf für eine potenzielle Serienschadens-Exponierung soll ausschliess-lich über die entsprechende Festlegung der Deckungsstrecken und gegebenenfallshohe Limiten erreicht werden.

Deckungen, die «fear of claims»-Schäden zulassen, sollten nicht gewährt werden.Ferner sollten die Bedingungen für das Schadenreporting dem Umstand Rechnungtragen, dass ein Serienschaden entstehen könnte.

7.3 Herausforderung für die Risikokommunikation

Was die Nanotechnologie eigentlich darstellt, welche besonderen QualitätenNanoprodukte haben können und welches die möglichen Risiken sind, ist demLaien zurzeit oftmals noch unklar.

Es handelt sich nicht nur um eine äusserst vielseitige Technologie, sondern dieHerstellungsprozesse und die Wirkungsmechanismen von nanotechnischenProdukten bleiben dem Betrachter, Anwender und Konsumenten auch weit-gehend verschlossen. Möglicherweise wird dies in der Gesellschaft zu Unsicher-heit und Skepsis führen, besonders dann, wenn eine öffentliche Diskussion über die verschiedenen Risikoaspekte in Gang kommt.

Im Gegensatz zur Debatte über die Kernenergie oder die Gentechnik sieht dieÖffentlichkeit in der Nanotechnologie zurzeit noch keine eminente Gefahr. Vielenist die Einführung dieser neuen Technologie noch gar nicht bewusst. Das zuneh-mende Medieninteresse seit Anfang 2003 könnte diese Situation jedoch ändernund zu einer Diskussion über Nutzen und Risiken führen. Ob die Öffentlichkeit dieneue Technologie akzeptiert und Vorteile für sich darin sieht, oder ob sie dieseablehnt, wird stark davon abhängen, wie gut sie informiert und in der Lage seinwird, objektiv zu urteilen.

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«Die häufig geäusserte Forderung nachabsoluter Sicherheit, Kontrollierbarkeitund Reversibilität ist nicht erfüllbarund bedeutet eine Verkennung derTatsache, dass jede Technologie nichtnur Probleme löst, sondern auchwelche schafft. Je weniger neu ge-schaffene Risiken allgemein akzeptiertwerden, und je weniger auf Mittel zuderen Bewältigung vertraut wird, destoeher werden die möglichen Negativ-folgen jeder neuen Technologie auchfür die Assekuranz zum Problem.»Swiss Re: Gentechnik und Haftpflicht-versicherung. 1998.

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Sicher ist, dass die Nanotechnologie über kurz oder lang zum «Public Issue» wird.Spätestens seit die Gentechnologie ins gesellschaftliche Bewusstsein kam, weissman, dass der Protest aus der Gesellschaft dazu führen kann, die Weiterentwik-klung einer neuen Technologie zu bremsen. Demnach muss es im Interesse derIndustrie und Wirtschaft sein, sich mit den Bedenken und Bedürfnissen derGesellschaft zu befassen und diese in die weitere Entwicklung mit einzubeziehen.

Der Konsument erhält viele und teilweise recht widersprüchliche Informationen,die auf ihn einwirken. So erreichen ihn nicht nur die gute Botschaft der Produkt-innovation, sondern auch Warnungen und Bedenken. Offene und verantwortungs-volle Risikokommunikation ist Aufgabe aller Wissensträger und vornehmlich auchder produzierenden Industrie. Es braucht den Dialog zwischen Wissenschaft,Wirtschaft und Behörden sowie der Öffentlichkeit. Als Risikoträger sollte es dieAssekuranz als ihre Pflicht erachten, auch mit dem Gesetzgeber den Risikodialogzu führen.

7.4 «Lesson learnt»

Die Zeit drängt: Hat sich eine bestimmte Meinung erst einmal in der Gesellschaftdurchgesetzt, ist es äusserst schwierig, langwierig und aufwändig, diese vomGegenteil zu überzeugen. Die Öffentlichkeit muss sich vielmehr von Anfang anbewusst sein, dass eine neue Technologie nicht nur Probleme löst, sondern auchProbleme schafft, was wiederum zur Entstehung neuer Risiken führen kann.

Es hängt von einer Reihe subjektiver Wahrnehmungen ab, wie Menschen Risikeneinschätzen. Die so genannten «Angstfaktoren» (siehe Kasten Seite 46) gebenAuskunft darüber, ob ein Thema potenziell Furcht auslösen kann und damit alsBedrohung wahrgenommen wird. Zu diesen Faktoren zählt unter anderem derUrsprung eines Risikos. Ist es eine neue und von Menschenhand geschaffeneTechnik und damit «hausgemachter Ärger», oder handelt es sich um ein natürlichvorkommendes Phänomen, mit dem Menschen schon über Generationen hinwegkonfrontiert wurden? Wird der zu erwartende Schaden irreversibel sein, löst dieserUmstand weit mehr Angst aus als wenn man glaubt, dagegen etwas machen zukönnen.

Angst machen auch jene Risiken, die einem aufgezwungen werden, und gegendie man sich nicht eigenständig entscheiden kann: Die Produktedeklarierung istaus diesem Grund sehr wichtig. Erst sie versetzt den Konsumenten in die Lage, ein Risiko freiwillig zu akzeptieren oder es abzulehnen. Das Risiko selbst istwissenschaftlich schwer zu beurteilen und in Forschungskreisen teilweise starkumstritten. Vor allem widersprüchliche Aussagen von Wissenschaft und Behördenführen deshalb in der Öffentlichkeit zu Misstrauen. Auch kontroverse Aussagenvon Fachleuten zu Risiken verstärken die Angst.

Uneinigkeit herrschte bislang unter Wissenschaftlern bezüglich der Frage, was der wichtigste Faktor für die potenzielle Toxizität von Nanopartikeln sein könnte.Die Antworten sind eher widersprüchlich, was der Vertrauensbildung bekanntlichabträglich ist, wie die kontrovers geführte Diskussion über die BSE-Risiken Anfangder Neunzigerjahre eindrucksvoll zeigte.

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«Da es keine überzeugenden Belegedafür gibt, dass die heutigen Be-lastungen mit Karzinogenen un-bedenklich sind, ist es klüger, dasVorsorgeprinzip anzuwenden unddavon auszugehen, dass sie bedenk-lich sind. Besonders wenn für dieErkrankungen (bzw. die ökologischenAuswirkungen) durch höhere Belas-tungen kein Schwellenwert der Expo-sition bekannt ist, unterhalb dessenkeine Wirkungen zu erwarten sind.»David Gee und Morris Greenberg20

«Public Issues»Public Issues sind Anliegen vonAnspruchsgruppen, die sich auf ihremWeg über die veröffentlichte und dieöffentliche Meinung zum Politikummausern. Einmal auf die politischeAgenda gekommen, ist die Anpassungvon Gesetzen und der Rechtsprechungnur noch eine Frage der Zeit.

20 Gee, David, Greenberg, Morris: «Asbestos: from ‹magic› to malevolent mineral». In: Late lessons from early warnings: the precautionary principle 1896–2000. EEA Environmental Issue Report Nr. 22. 2001. S. 52–63.

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7 Auswirkungen auf die Versicherung

Gesellschaft als Meinungsträger Wie wird sich die Gesellschaft also im Hinblick auf die Verbreitung der Nanotech-nologie entscheiden? Wird sie die Technologie unterstützen, weil man erkennt,dass diese Technologie zweifellos eine Reihe von verschiedenen Vorteilen bringt?Oder wird sie der weiteren Entwicklung skeptisch gegenüberstehen, weil dieFrage nach den möglichen Risiken nicht zufrieden stellend beantwortet wurde?

Tatsache ist, dass bis heute wenige Stimmen in der Öffentlichkeit laut gewordensind. Noch hat sie sich keine Meinung bilden können; zu wenige Menschen sindsich der Entwicklungen im Bereich der Nanotechnologie überhaupt bewusst.Selbst der Begriff «Nanotechnologie» ist Vielen bislang unbekannt. Sie verbindenmit dem Ausdruck «Nano» daher auch weder ein «positives» noch «negatives»Image – ein Zustand, der sich allerdings sehr schnell ändern kann. Ein negativwahrgenommenes Ereignis mit einem nanotechnologisch hergestellten Produktoder ein Medienereignis zum Thema Nanotechnologie kann das wertendeBewusstsein der Bevölkerung spontan wachrütteln.

Der Bestseller «Prey» des «Jurassic Park»-Autoren Michael Crichton beschreibt einHorror-Szenario, bei dem die Welt beinahe an den Folgen der unsachgemässenAnwendung der Nanotechnologie zu Grunde geht. Dabei spielen intelligente Nano-partikel, die sich unkontrolliert vermehren können, die Hauptrolle.

Fakten und Fiktion werden in der Geschichte miteinander so verbunden, dass derLeser ohne thematische Vorkenntnisse nicht einfach das eine vom anderen zuunterscheiden weiss. Dass der gesamte Bereich der künstlichen Intelligenz unddes «self-assembly» noch weit von jeglicher Umsetzung entfernt ist – falls über-haupt jemals möglich –, erfährt der Leser und demnächst im Kino der Zuschauernicht. Folglich könnte er die Nanotechnologie hauptsächlich mit künstlicher Intelli-genz und bedrohlichen Szenarien in Verbindung bringen.

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Angstfaktoren

Warum lösen manche Risiken so vielmehr Beunruhigung, Angst oder Auf-regung als andere aus, offenbar un-geachtet der wissenschaftlichenEinschätzung ihrer eigentlichenBedenklichkeit? Die Forschung in derso genannten «psychometrischen»Tradition (Fischhoff et al. 1978, 1991;Slovic 1986; Gardner und Gould1989) hat über viele Jahre versucht,Antworten auf diese Schlüsselfrage zufinden. Daraus sind einige mehr oderweniger allgemein anerkannte Faust-regeln hervorgegangen.

Ein Risiko ist im Allgemeinen besorgnis-erregender (und wird weniger akzep-tiert), wenn es wahrgenommen wird als:

1. Unfreiwilliges Risiko (z. B. Belas-tung durch Umweltverschmut-zung) und nicht als aus freiemWillen oder auf eigene Gefahr inKauf genommen (z.B. gefährlicheSportarten oder das Rauchen).

2. Ungerecht verteiltes Risiko (einigeMenschen profitieren davon,während andere unter den Folgenzu leiden haben).

3. Risiko, das auch durch persönlicheVorsichtsmassnahmen nichtvermeidbar ist.

4. Risiko mit unbekannter oder neu-artiger Ursache.

5. Von Menschenhand geschaffenes,nicht naturgegebenes Risiko.

6. Ein Risiko, das unsichtbare undirreversible Schädigungen ver-ursacht, z. B. indem sich Erkran-kungen erst viele Jahre nach einerExposition manifestieren.

7. Ein Risiko, das besonders kleineKinder oder Schwangere oderganz allgemein die nachfolgendenGenerationen gefährdet.

8. Eine Bedrohung, durch einebesonders gefürchtete Art zusterben (durch eine schwereErkrankung oder Verletzung).

9. Risiko, dessen Opfer nicht anonym,sondern Menschen sind, die mankennt.

10. Ein Risiko, über das die Wissen-schaft nur wenige Erkenntnissehat.

11. Ein Risiko, über das widersprüch-liche Aussagen von verantwort-lichen Stellen (oder, was nochschlimmer ist, von ein undderselben Stelle) vorliegen.

Mit freundlicher Genehmigung der OxfordUniversity Press.21

21 Bennett, Peter und Calman, Kenneth (1999): Risk Communication and Public Health.Oxford University Press. Box 1.1, S. 6.

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22 Rio Convention (1992): «United Nations Conference on Environment and Development: Rio Declaration on Environment and Develop-ment, 14. Juli 1992» in: International Legal Materials 31, S. 874–879.

7.5 Das Vorsorgeprinzip («precautionary principle»)

Die zuständigen Behörden haben die schwierige Aufgabe, für die sichere Hand-habung der nanotechnologischen Produkte und Applikatoren im Hinblick auf derenrasche Verbreitung in der Gesellschaft zu sorgen. Ohne wissenschaftlich fundierteKenntnisse der damit verbundenen Risiken ist dies nach den geltenden Gesetzenaber nur schwer möglich.

Es muss also ein sinnvoller Weg gefunden werden, der einerseits die Forschungund Entwicklung im technologischen Sinne zulässt, andererseits aber auch denbestmöglichen Schutz vor möglichen Gefahren für Mensch und Umwelt bietet.Dieses Dilemma verhindert die Einführung des so genannten Vorsorgeprinzips für neue Technologien bereits seit mehr als 20 Jahren. Das Vorsorgeprinzip fordert nämlich auch die proaktive Einführung von Schutzmassnahmen angesichtsmöglicher Risiken, die von der Wissenschaft heute – aufgrund mangelnden Wissens– weder bestätigt noch dementiert werden können.

Nach dem Prinzip «better safe than sorry» sollten frühzeitig notwendige Mass-nahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt eingeführt werden, auch wenn diewissenschaftlichen Unsicherheiten bezüglich der Risiken noch nicht endgültiggeklärt worden sind. «Die Abwesenheit von eindeutigen Hinweisen auf potenzielleGefahren soll kein Grund sein, um mögliche, ökonomisch vertretbare Schutzmass-nahmen nicht einzuführen», wird in der Rio Convention von 1992 festgehalten(«...where there are threats of serious or irreversible damage, lack of scientificcertainty shall not be used as a reason for postponing cost-effective measures toprevent environmental degradation»).22

Ob und in welchem Entwicklungsstadium solche Massnahmen etabliert werdensollen, ist schwierig zu entscheiden. Einerseits möchte man nicht unnütz teureSchutzmassnahmen ergreifen, die sich möglicherweise negativ auf die weitere wirt-schaftliche Entwicklung auswirken könnten. Andererseits dürfen weder Menschnoch Umwelt mit Gefahren belastet werden, die hätten vermieden werden können.

Das Dilemma um das Vorsorgeprinzip ist zurzeit in einer Reihe von öffentlichenDiskussionen ein Thema, wie zum Beispiel bei der mobilen Kommunikation oderbei gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Bisher konnte trotz aller Anstren-gungen auf internationaler Ebene kein, alle Akteure befriedigendes allgemeingültiges Vorsorgeprinzip vereinbart werden, weil sich die Details in den jeweils zurEntscheidung stehenden Situation individuell unterscheiden.

In Anbetracht der möglichen Gefahren, die sich durch eine Etablierung der Nano-technologie für die Gesellschaft ergeben könnten, und der derzeitig herrschendenUnsicherheit in wissenschaftlichen Kreisen, müsste das Vorsorgeprinzip trotz allerSchwierigkeiten zur Anwendung kommen. Das heisst, der Umgang mit nanotech-nologisch hergestellten Stoffen sollte sorgfältig abgeschätzt werden und mitadäquaten Schutzmassnahmen einhergehen. Dies ist zurzeit besonders wichtig fürPersonen, die beruflich regelmässig mit Nanopartikeln exponiert sind. Ausserdemsollte jeder vertretbare Aufwand betrieben werden, um die derzeitigen Unsicher-heiten zu klären, die von nanotechnologischen Risiken ausgehen.

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7 Auswirkungen auf die Versicherung

Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Riskoabschätzung einer so vielschich-tigen Technologie wie der Nanotechnologie ist es, zwischen den betroffenen Wirt-schaftsvertretern, Gesetzgebern und Forschungsinstituten einen Konsens zufinden. Ein Konsens, der sich auch über die Ländergrenzen hinweg erstreckt. Nur,wenn die vielen offenen Fragestellungen strukturiert und organisiert angegangenwerden, kann der Versuch Erfolg haben, die Risiken zu analysieren.

Die Last der Forschungsarbeit muss auf viele Schultern verteilt werden. Wedereinzelne Industrieunternehmen noch öffentliche Institute sind in der Lage, alleingenügend Kapazitäten für deren Klärung zu beschaffen. Obwohl es Institute undFirmen gibt, die mittlerweile eigene Risikoanalysen durchführen und diese parallelzur Produktentwicklung finanzieren, kann es nicht die Aufgabe einzelner Unter-nehmen sein, die Bürde des Unbedenklichkeitsnachweises alleine zu tragen. Umein umfassendes Bild der Risikolandschaft zu zeichnen, würde die BemühungEinzelner ausserdem wohl kaum ausreichen. Zur besseren Koordination dieserAnstrengungen bräuchte es eine gewisse Standardisierung mit entsprechendenRahmenbedingungen, angefangen bei der Nomenklatur.

Gewisse Unbedenklichkeitsnachweise und Langzeitstudien sollten gesetzlich ver-ankert und mit entsprechenden Forschungsgeldern auf verschiedene Forschungs-institute verteilt werden. Auch die Industrie müsste ihren Beitrag dazu leisten,indem sie sich aktiv an der Risikoforschung und in der Risikokommunikation in derGesellschaft beteiligt.

7.6 Die Assekuranz als Partner

Die Assekuranz hat die Aufgabe, Unsicherheiten und Risiken von ihren Geschäfts-partnern zu übernehmen – im Fall von neuen Technologien sind es vor allemUnsicherheiten. Das heisst: Weder Wahrscheinlichkeit noch Ausmass der mögli-cherweise eintretenden Schäden sind berechenbar – dies im Gegensatz zurgrossen Anzahl bekannter Risiken eines Versicherungsportfeuilles, die dank derSchadenerfahrung beziffert werden können.

Besonders mit der Übernahme von Unsicherheiten leistet die Assekuranz einenwichtigen Beitrag, der den technischen Fortschritt und das Eingehen vonWagnissen erleichtert oder ermöglicht. Sie wäre aber kein guter Partner der Wirt-schaft, wenn sie ihr Geschäft unwissend betreiben und blindlings Verpflichtungenübernehmen würde. Die Versicherungsindustrie ist deshalb bestrebt, Risiken zuerkennen, zu analysieren und zu bemessen, damit die Übernahme nicht zumAbenteuer wird. Risiken zu beurteilen und kalkulierbar zu machen, ist ihre Stärkezum Nutzen aller. Dabei ist sie aber angewiesen auf den Wissensaustausch undRisikodialog mit allen Vertretern einer Risikogemeinschaft.

Nur wer ein klares Bild von der Risikolandschaft hat, kann im Risikogeschäft einzuverlässiger Partner sein.

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Darstellung zweier sich kreuzender Transistoren im Atomic Force Mikroskop (AFM)bei einem Masstab von 1µm.

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Anhang

Material/technique

Pre 2015

Quantum well structures (pers. comm., GarethBarry, Imperial College London, 22 Nov 2002)

Quantum dot structures (source as above)

Photonic crystal technologies (Miles andJarvis, 2001)

Carbon nanotubes in nanoelectronics. These hold promise as basic components fornanoelectronics – they can act as conductors,semiconductors and insulators (Holister,2002)

Spintronics – the utilisation of electron spin forsignificantly enhanced or fundamentally newdevice functionality (Science Blog, 2002)

Polymers (Compano, 2001)

Post 2015

Molecular nanoelectronics (including DNAcomputing) (Compano, 2001)

Quantum information processing (QIP)(Compano, 2001)

Applications

Telecommunications/optics industry. Potentiallyvery important applications in laser devel-opment for the data communications sector.

The aim is to use fibre optic communication in building and computers. The problems arecost and high temperature operating conditions. Quantum well/dot structures canpotentially solve this problem.

Optical communication sector,ie fibre optics.Photonic integrated circuits can be nearly amillion times denser than electronic ones.Their tighter confinement and novel dispersionproperties also open up opportunities for verylow power devices.

Memory and storage; commercial prototypenanotube-based (non-volatile); RAM; displaytechnologies; E-paper.

Ultra-high capacity disk drives and computermemories.

Display technologies – this sector is driven by the electronics consumer market.

Circuits based on single molecule and single electron transistors will appear, initiallyin special applications.

Several researchers have devised algorithmsfor problems that are very computationallyintensive (and thus time-consuming) forexisting digital computers, which could bemade much faster using the physics ofquantum computers. eg factoring largenumbers (essential for cryptographic applica-tions), searching large databases, patternmatching, simulation of molecular andquantum phenomena (Anton et al., 2001).

Time-scale (to market launch)

Quantum well lasers already utilised in CDplayers. Not yet optimised for the communi-cations market (ie fibre optics): 4–5 years.

Quantum dots still in research stage: 7–8 years.

Still in basic R&D, but very strong commercialinterest emerging.

Commercial prototype nanotube-based RAMpredicted in 1–2 years.

Consumer flat screen by the end of 2003.

Limited commercialisation of E-paper in 1–2 years.

A read head has been demonstrated that candeal with storage densities of a terabit persquare inch. In 2001, Fuji announced a newmagnetic coating promising a 3-gigabytefloppy disk.

Some commercialisation, eg CambridgeDisplay Technologies has been formedspecifically to exploit this technology.

Single atom transistor demonstrated recently.Still immature, but huge potential (Miles andJarvis, 2001).

Still in pure research phase, although some US defence money has been made available(Holister, 2002).

Anhang 1: Zusammenfassung vonApplikationen im Informatiksektor

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Als Quelle diente der nur in englischer Originalsprache erschienene Bericht von Greenpeace Environmental Trust (Hg.): Future Technologies, Today’sChoices. Juli 2003. Seite 26.

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Material/technique

Diagnostics

Nanosized markers ie the attach-ment of nanoparticles to mole-cules of interest (Holister, 2002)

«Lab-on-a-chip» technologies(Saxl, 2000)

Quantum dots (pers. comm.,Gareth Barry, Imperial CollegeLondon, 22 Nov 2002)

Drug delivery

Nanoparticles in the range of50–100 nm (Miles and Jarvis,2001)

Nanosizing in the range of 100– 200 nm (Miles and Jarvis,2001)

Polymers (Holister, 2002)

Ligands on a nanoparticle surface(Holister, 2002)

Nanocapsules (Holister, 2002)

Increased particle adhesion(Holister, 2002)

Nanoporous materials (Holister,2002)

«Pharmacy-on-a-chip» (Saxl,2000)

Sorting biomolecules (Holister,2002)

Tissue regeneration, growthand repair

Nanoengineered prosthetics(Miles and Jarvis, 2001)

Cellular manipulation (Miles andJarvis, 2001)

Property

Minute quantities of a substancecan be detected, down to indivi-dual molecules.

Miniaturisation and speeding upof the analytical process.

Quantum dots can be trackedvery precisely when moleculesare «bar coded» by their uniquelight spectrum.

Larger particles cannot entertumour pores while nanoparticlescan easily move into a tumor.

Low solubility

These molecules can be enginee-red to a high degree of accuracy.

These molecules can be enginee-red to a high degree of accuracy.

Evading body’s immune systemwhilst directing a therapeuticagent to the desired site.

Degree of localised drug retentionincreased.

Evading body’s immune systemwhilst directing a therapeuticagent to the desired site.

Monitor conditions and act as anartificial means of regulating and maintaining the body’s ownhormonal balance.

Nanopores and membranes arecapable of sorting, for example,left and right-handed versions ofmolecules.

Increased miniaturisation;increased prosthetic strength and weight reduction; improvedbiocompatibility.

Manipulation and coercion ofcellular systems.

Applications

eg detection of cancer cells allowearly treatment.

The creation of miniature,portable diagnostic laboratoriesfor uses in the food, pharmaceu-tical and chemical industries; indisease prevention and control;and in environmental monitoring

Diagnosis

Cancer treatment

More effective treatment withexisting drugs.

Nanobiological drug carryingdevices.

The ligand target receptors canrecognise damaged tissue, attachto it and release a therapeutic drug.

A Buckyball-based AIDS treat-ment is just about to enter clinicaltrials (Ho, 2002a).

Slow drug release

When coupled to sensors, drug-delivering implants could be developed.

eg Diabetes treatment

Gene analysis and sequencing.

Retinal, auditory, spinal andcranial implants.

Persuasion of lost nerve tissue to grow; growth of body parts.

Time-scale (to market launch)

?

Although chips currently costover GBP 1250 (USD 2085)each to make, within three yearsthe costs should fall dramatically,making these tools widely available.

In early stage of development, but there is enough interest herefor some commercialisation (eg Q-dot-Inc.).

?

?

?

?

Early clinical.

?

Pre-clinical: an insulin-deliverysystem is being tested in mice.

More distant than «lab-on-a chip»technologies.

Current–?

Most immediate will be externaltissue grafts; dental and bonereplacements; internal tissueimplants (Miles and Jarvis, 2001).

More distant: 5–7 years

Anhang 2: Zusammenfassung vonApplikationen im Nanometerbereichfür Pharmazie und Medizin

Als Quelle diente der nur in englischer Originalsprache erschienene Bericht von Greenpeace Environmental Trust (Hg.): Future Technologies, Today’sChoices. Juli 2003. Seite 28.

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Anhang

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Material/techniques

Power generation (PV technology)

Polymer materials (organic)

Combinations of organic and inorganic mole-cules

Quantum wells (inorganic)

Nanorods

Fuel conversion /storage

Improved fuel catalysts through nanostructu-ring

Nanotubes

Nanoparticles

Applications

Solar cells (pers. comm., Jenny Nelson, Impe-rial College London, 2 Dec 2002). Currentdevelopments aim to balance moderate effi-ciency with low cost. Another big advantage is that these layers can easily be incorporatedinto appliances. Current problems stem fromthe material’s instability.

Dye-sensitised solar cells made from a thinhybrid layer (pers. comm., Jenny Nelson,Imperial College London, 2 Dec 2002). Thesecells are potentially very cheap because fabri-cation is from cheap, low purity materials bysimple and low cost procedures (Saxl, 2000).Photocatalytic water treatment.

Quantum-well solar cells (pers. comm., JennyNelson, Imperial College London, 2 Dec2002). Current research is taking place inhigh-efficiency applications because theinfrared part of the solar spectrum may beabsorbed.

These structures can be tuned to respond todifferent wavelengths of light forming cheapand efficient solar cells (Holister, 2002).

Fuel conversion (Saxl, 2000).

Fuel storage. eg a methane-based fuel cell forpowering mobile phones and laptops iscurrently being developed (Holister, 2002).

Vastly increased (eg x 10) charge anddischarge battery rate (Holister, 2002).

Time-scale (to market launch)

The research stage has advanced much morequickly than expected. As a result, polymer-based PV cells should enter the market in 5 years.

Low power applications will enter market first.Limited commercialisation already occurring(eg by Sustainable Technologies International).

Pure research

Long-term

Current – 3 years

2 years

Distant

Anhang 3: Zusammenfassung vonApplikationen im Energiesektor

Als Quelle diente der nur in englischer Originalsprache erschienene Bericht von Greenpeace Environmental Trust (Hg.): Future Technologies, Today’sChoices. Juli 2003. Seite 29.

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Quellen

Diese Publikation basiert auf einer Reihe vonwissenschaftlichen Veröffentlichungen sowiewertvollen Beiträgen einzelner Institute undUniversitäten. Eine umfassende Literaturlistekann bestellt werden bei: Swiss Reinsurance CompanyKennwort: «Nano-Literaturliste»Postfach8022 ZürichSchweiz

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� Bennett, Peter und Calman, Kenneth (1999): Risk Communication and Public Health. Oxford University Press.

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Präventive Schadenbewältigung: Mehr gewinnen als verlierenTrotz aller Schutzmassnahmen können Unter-nehmen plötzlich in existenzbedrohende Situationen geraten. Vom Management wirderwartet, dass es Schäden und deren Folgenbewältigen kann. Zu den klassischen Auf-gaben des Risk Managements kommt deshalbdie präventive Schadenbewältigung hinzu: diesystematische Vorbereitung auf die Bewälti-gung von Schadenereignissen durch denAufbau eines Notfall- und Krisenmanagements.Bestell-Nr.: 203_01295_en/de

Naturkatastrophen und RückversicherungTrotz enormer Fortschritte in Wissenschaft undTechnik bleiben Naturkatastrophen unvorher-sehbar. Immerhin konnte in den letzten Jahr-zehnten das Verständnis von Ursachen undWirkungen solcher Extremereignisse starkverbessert werden. Die in dieser Publikationvorgestellten Konzepten verstehen sich alsonicht als der Weisheit letzter Schluss, sondernvielmehr als Momentaufnahme von sichweiterentwickelnden Methoden – und damitauch als Einladung zur Diskussion.Bestell_Nr.:1493661_03_en/de/fr/es/ch

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P&C-Publikationen von Swiss Re –realisiert von Technical Communications, Chief Underwriting Office.

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© 2004Swiss Reinsurance Company

Titel:NanotechnologieKleine Teile – grosse Zukunft

Autorin: Annabelle Hett unter Mitarbeit verschiedenerCo-Autoren

Redaktion/Produktion:Technical CommunicationsChief Underwriting Office

Grafische Gestaltung: d signsolution, Zürich

Bildnachweis: H.R. Bramaz, Zürich

Umschlagbild: Diamantbeschichtete Siliziumspitzeeines Atomic Force Mikroskop (AFM), das mit einemRasterelektronenmikroskop aufgenommen wurde.

The material and conclusions contained in this publi-cation are for information purposes only, and theauthor(s) offers no guarantee for the accuracy andcompleteness of its contents. All liability for the inte-grity, confidentiality or timeliness of this publication,or for any damages resulting from the use of informa-tion herein is expressly excluded. Under no circum-stances shall Swiss Re Group or its entities be liablefor any financial or consequential loss relating to thisproduct.

Bestell-Nummer: 1501255_04_deProperty & Casualty, 04/04, 3000 de

Annabelle HettRisk Engineering ServicesChief Underwriting Office

Annabelle Hett schloss ihr Studium in Veterinär-medizin mit einer Doktorarbeit in Radiologie undNuklearmedizin ab und arbeitete zunächst als Tier-ärztin in einer Pferdeklinik. Dann übernahm sie einePosition im Bereich Epidemiologie beim Bundesamtfür Veterinärwesen, wo sie sich vor allem mit BSEbefasste und Forschungsprojekte in Zusammenarbeitmit dem NeuroCenter durchführte (dem SchweizerReferenzlabor für transmissible spongiforme Enzepha-lopathien bei Tieren). Daneben absolvierte AnnabelleHett eine Weiterbildung in Risikokommunikation. Bei Swiss Re arbeitet sie seit 2002 in der AbteilungRisk Engineering Services, wo sie momentan dieLeitung von «SONAR» innehat, einem Netzwerk zurFrüherkennung von Risikoindikatoren. Ausserdembefasst Annabelle Hett sich im Rahmen von mehrerenProjekten mit Fragen der Identifikation, Analyse undKommunikation von Risiken.

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NanotechnologieKleine Teile – grosse Zukunft?

Risk Perception

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