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Natur+Umwelt BUNDmagazin in Bayern www.bund-naturschutz.de Heft 2-2012 94. Jahrgang 2. Quartal zum Umlenken RIO+20 Vom Umdenken

Natur + Umwelt 2-2012

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Page 1: Natur + Umwelt 2-2012

Natur+UmweltBUNDmagazin in Bayernwww.bund-naturschutz.de

Heft 2-2012 94. Jahrgang2. Quartal

zum Umlenken

RIO+20Vom Umdenken

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Gemeinsam bewegen wir etwas!

Die internationale Umweltkonferenz in Rio de Janeiro jährt sich in diesem Jahr zum 20. Mal.

Ohne den langen Atem von Umwelt- und Naturschutzorganisationen wie dem BN wären viele Ideen und innovative Beschlüsse niemals umgesetzt worden.

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Page 3: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 3

Natur + Umwelt 2-2012

Vom Umdenken zum Umlenken20 Jahre nach dem ersten Erdgipfel in Rio de Janeiro trifft sich die Welt im Juni erneut in Brasilien. Doch was ist aus den Hoffnungen von damals geworden? Viele gute Ansätze, meinen unsere Autoren. Was jetzt zählt, ist vom Reden zum Handeln zu kommen.Ab Seite 8

Inhalt Bund Naturschutz Bayern 5 Solidarisch Seit’ an Seit’ mit

japanischen Atomkraftgegnern forderte der BN in Fukushima den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie. Und mehr »Intern«

6 Leserbriefe

7 Fragwürdig Ist online einkaufen wirklich umweltfreundlich? Ratgeber

8 Titelthema

20 Natur schützen

22 Vorbildlich Die Kunst der Male-rin Hanne Schlüter wirkt weit über ihren Tod hinaus: Ehemann Heiner Schlüter spendete den Verkaufserlös einer Vernissage zur Hälfte dem BN.

23 Unsinnig Immer noch arbeiten schrumpfende Kommunen mit Neubaugebieten gegen den Bevölkerungsschwund an. Eine fruchtlose Strategie, die den Flächenfraß weiter anheizt. Und mehr »Aktuell«

26 Dufte Wenn das Echte Mädesüß blüht, kann man den Sommer bereits riechen.

33 Sprudelnd Nach jahrzehntelan-gem Einsatz des BN darf endlich wieder mehr Wasser durch die Hölle, eines der wertvollsten Naturschutzgebiete Bayerns, fließen. Und viel mehr »Regional«

36 Bildung

37 Termine, Impressum

Inhalt BUNDB1 BUND-Editorial

B2 Magazin Kurznachrichten

B4 Aktion Kreativwettbewerb »Meine Stadtnatur«

B6 Biosphärenreservate Der Pfäl-zerwald bildet zusammen mit den französischen Nordvoge-sen das größte zusammenhän-gende Waldgebiet Westeuropas. Es hat politische Unterstützung dringend nötig.

B8 Zur Zeit Bürgerbeteiligung

B13 Aktiv Neues aus dem BUND

B15 Internationales Asien

B18 Die junge Seite Auf die Straße, fertig, los: Mit einem Sofa auf dem Mittelstreifen protestierte die BUNDjugend in Bielefeld für menschenfreundlichere Innenstädte.

B20 Persönlich Gert Müller

Liebe

Lese

r Jahrelang hat Sie an dieser Stelle unser leitender Redakteur und lieber Kollege Manfred Gößwald in den aktuellen Heftschwerpunkt eingeführt. Für uns noch unfassbar: Wenige Stunden vor Drucktermin dieser Zeit-schrift erreichte uns die Nachricht, dass er nach kurzer, schwerer Krank-heit verstorben ist. In solchen Momenten fällt es schwer, die Arbeit fort zusetzen. Ein Mensch wurde mitten aus dem Leben gerissen und hinterlässt eine große, schmerzhafte Lücke. Unser ganzes Mitgefühl gilt der Familie Gößwald. In der nächsten Ausgabe werden wir unseren langjährigen Kollegen, Freund und Mitstreiter ausführlich würdigen.

Den Heftschwerpunkt »Rio+20« hat die BN-Redaktion dieses Mal vom BUNDmagazin übernommen. Darüber hinaus bietet diese Ausgabe etwas

weniger bayerische Themen als gewohnt. Beides ist der plötzlichen Erkrankung unseres leitenden Redakteurs geschuldet. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Hubert Weiger, Vorsitzender des BNPeter Rottner, Landesgeschäftsführer des BN

Abwählen, bitte!Ein sofortiger Baubeginn im Erdinger Moos ist abgewendet. Nun gilt es, die dritte Startbahn ganz zu verhindern – mit dem Münchener Bürgerbegehren am 17. Juni und der bayernweiten BN-Onlinepetition.Seite 28

Wir kümmern uns drum!Das Bayerische Löffelkraut wächst weltweit nur in Ober-bayern und Schwaben. Erfahren Sie, wie der BN und viele Partner dem seltenen Pflänzchen eine Zukunft sichern.Seite 20

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4 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]

Arbeitskreise im BN5. GentechnologieFrau Mertens, warum liegt Ihnen gerade das Thema Gentechnologie am Herzen?Gentechnisch veränderte Organis-men (GVO) bergen vielfältige Risi-ken für Umwelt und Gesundheit. Sie sind, einmal freigesetzt, nicht rück-holbar. Deshalb wende ich mich gegen ihren Einsatz.Wo brennt es derzeit am meisten?In Deutschland gibt es zwar derzeit keinen Anbau von GVO, aber es werden große Mengen an gentech-nisch veränderten Futtermitteln eingeführt. Für viele weitere GVO laufen Zulassungsanträge, sowohl für den Import als auch den Anbau. Die Bundesregierung zählt in Brüs-sel zu den Unterstützern der Gen-technik und stimmt regelmäßig dem GVO-Import zu.Was ist die wichtigste Zukunfts­aufgabe des LAK?Dafür zu sorgen, dass es in Bayern weiterhin keinen Anbau und keine Freisetzung von GVO gibt und die gentechnikfreie Fütterung Standard wird. Im konventionellen Lebens-mittelsektor muss sich das »Ohne Gentechnik«-Kennzeichen durch-setzen.Was war der größte BN­Erfolg?Wir haben mit anderen Mitstreitern im Bündnis für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft erreicht, dass es in Bayern keine GVO mehr auf dem Feld gibt. Damit sind die direkten Risiken der Gentechnik auf die Umwelt vorerst gebannt.Was würden Sie als Umweltministe­rin für einen Tag tun?Ich würde mich in Brüssel dafür einsetzen, den Anbau und Import von GVO zu verbieten. Gleichzeitig würde ich Programme zum Ausbau des biologischen Landbaus starten.

Zwei für die ge-meinsame Sache

Paul und Margarete Riederer von der BN-Kreisgruppe Landshut

sind mit der Bayerischen Verfas-sungsmedaille in Silber ausgezeich-net worden. Ende 2011 überreichte Barbara Stamm, Präsidentin des Bayerischen Landtags, den Orden. Mit ihm werden verdiente Bürger geehrt, die sich in herausragender Weise für das Gemeinwohl engagie-ren und damit die Werte der baye-rischen Verfassung vorbildlich mit Leben erfüllen.

In ihrer Laudatio würdigte Barba-ra Stamm, dass sich Paul und Mar-garete Riederer als Naturschützer seit Jahrzehnten kritisch mit moder-nen Umweltproblemen auseinan-dersetzten. Immer aber suchten sie zugleich nach konstruktiven Lösun-gen. Insbesondere engagierten sich Paul und Margarete Riederer für die Wiederherstellung und den Erhalt naturnaher Gebiete, wie etwa die Umwandlung des Landshuter Trup-penübungsplatzes in ein Natur-schutzgebiet oder die Unterschutz-stellung der Vogelfreistätte »Mittlere Isarstauseen«. Parallel dazu schärf-ten sie stetig das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bewahrung von Heimat und Schöpfung.

Während Margarete Riederer mehr im Hintergrund tätig ist, wirkt Paul Riederer in der Öffentlichkeit. Er war 20 Jahre lang Vorsitzender der Kreisgruppe Landshut und ist heute in dieser Funktion stellvertretend und als Mitglied im Landesbeirat aktiv. Der BN gratuliert zu der Aus-zeichnung und dankt dem Ehepaar Riederer für sein herausragendes Engagement, etwa gegen Atom-energie, neue Autobahnen oder Gentechnik. (ht)

Ausgezeichnete Ideen

Der Bund Naturschutz hat Chris-tina Wibmer die Bayerische

Naturschutzmedaille verliehen. Er würdigt damit ihren vorbildlichen Einsatz für eine umweltfreundliche Mobilität in der National- und Na-turparkregion Bayerischer Wald. Die 51-jährige Wirtschaftsgeografin ent-wickelt dort seit mehr als elf Jahren in der »Projektstelle Nationalpark-verkehrskonzept« Angebote für den autofreien Urlaub. Ihr Engagement gehe aber weit über ihre Aufgaben hinaus, betonte der BN-Landesbe-auftragte Richard Mergner bei der Verleihung der Medaille im Februar. An der heutigen Vorbildfunktion der Region hätten zwar auch viele ande-re mitgewirkt. »Als Ideengeberin und durch ihre große Ausdauer hat Christina Wibmer daran aber einen wesentlichen Anteil.«

Ein wichtiger Meilenstein in der Arbeit der Projektstelle war das Bayerwaldticket (www.bayerwald-ticket.com). Der Verbundfahrschein gilt seit 2001 für unterschiedliche Tarifgebiete – inzwischen sogar grenzüberschreitend – und erleich-tert so das Fahren mit Bus und Bahn. Bisheriges Glanzstück ist aber das »Gästeservice Umwelt Ticket – GUTi«, mit dem Touristen sogar kostenlos reisen. »Ich kenne nichts Vergleichbares«, lobt BN-Landes-vorstand Winfried Berner das um-weltfreundliche Verkehrskonzept der Region. »Der Bayerische Wald ist hier Innovationsführer und sollte sein Licht nicht unter den Scheffel stellen.« Die BN-Kreisgruppe Regen und der Landesvorstand hatten Christina Wibmer als Kandidatin für die Bayerische Naturschutzmedaille vorgeschlagen. (ht)

Mehr im InternetSeit Ausgabe 2­11 stellt Natur+Umwelt in jedem Heft einen Landesarbeitskreis (LAK) des BN vor. Im Interview diesmal Martha Mertens, Sprecherin des LAK Gentechnologie. Die bisherigen Inter­views lesen Sie unter www.bund­natur­schutz.de/magazin.

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Page 5: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 5

Japanisch- bayerische Allianz

Gemeinsam gegen die Atomkraft und für eine ökologische Ener-

giewende – dies war das Thema eines Japanbesuchs des BN-Landes-vorsitzenden Hubert Weiger und des BN-Landesbeauftragten Richard Mergner. Auf Einladung der Partner-organisation »Friends of the Earth Japan« und der Friedrich Ebert Stiftung machten sie sich im März ein Bild von der radioaktiven Strah-lenbelastung vor Ort. Selbst in Fukushima, das 60 Kilometer von den havarierten Atomkraftwerken entfernt liegt, ist sie bis um das 30-Fache erhöht. »Es ist erschüt-ternd, wie bei einem Atomunfall das Grundrecht auf Gesundheit aus wirt-schaftlichen Erwägungen außer Kraft gesetzt wird und Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden. Die Desinformation der offiziellen Stel-len über die Gefahren der Radio-aktivität und die Hilflosigkeit von Eltern gleicht unseren Erfahrungen nach der Tschernobyl-Katastrophe«, berichtet Weiger.

Am 11. März, dem Jahrestag der Atomkatastrophe, fand mit 20 000 Teilnehmern die bisher größte De-monstration in der Region statt. Als Zeichen der Solidarität überbrachten die BN-Vertreter 10 000 von deut-schen BUND- und BN-Mitgliedern gefaltete Papierkraniche (Bild). »Bei unseren Gesprächen und mit den Vorträgen zur deutschen Energie-wende konnten wir wichtige Hilfen geben, denn auch in Japan sind 80 Prozent für den Ausstieg. Doch über die Frage, ob die 52 abgeschalteten Atomreaktoren endgültig vom Netz gehen, tobt ein Machtkampf zwi-schen Atomkonzernen, Regierung und Bevölkerung«, erklärte Mergner.

Frühlingsgefühle allerorten – nach dem eiskalten Winter ist das

Maiengrün ein Labsal für die Seele. Sicht- und hörbare Zeichen: Vogel-hochzeit und Amphibienwande-rung. 6000 BN-Aktive haben bei der größten Artenschutzaktion Bayerns rund 700 000 Frösche, Kröten und Molche gerettet. Deren Lebensraum ist vielfach durch Straßen zerschnit-ten. Wenn wir ihnen nicht über die Straße hälfen, wären viele Populati-onen in ihrem Bestand bedroht.

Sich in der Gruppe oder im Fami-lienverband und ganz konkret für die Erhaltung der heimischen Arten-vielfalt einzusetzen, etwas für das Gemeinwohl und gleichzeitig für die eigene Lebensqualität zu tun, ist ein wichtiger Teil unseres Lebensgefühls im BN. Doch leider werden viele Entscheidungen, die unsere Heimat betreffen, nicht mehr vor Ort gefällt. Ob wir uns an Blumenwiesen freuen können oder nur noch von »Auto-bahnbegleitgrün« und Maisäckern umgeben sind, entscheidet nicht nur das Engagement vor Ort, son-dern ganz wesentlich unser Einfluss auf die Agrarpolitik in Brüssel, Berlin und München.

Das tragische Beispiel Fukushima sollte unser Denken und Handeln lenken: Ob wir den Frühlingsspa-ziergang auch in Zukunft genießen können oder uns vor einem Atom-unfall fürchten müssen, hängt davon ab, wie schlagkräftig wir im Kampf gegen die Atomkonzerne und ihre Lobby sind. Der technisch mög-liche Sofortausstieg noch in dieser Legislaturperiode als Voraussetzung für eine echte Energiewende bleibt weiterhin eine Kernforderung unse-res Verbandes. Denn die Situation in Japan zeigt, wie unbeherrschbar und zerstörerisch die Folgen einer Re aktorkatastrophe sind. Der BN ist deshalb auch international aktiv: gemeinsam mit seinem Bundesver-band BUND als Teil des weltweiten Netzwerks »Friends of the Earth« ebenso wie mit Anti-Atom-Initiati-ven in Tschechien oder Frankreich. Mit unseren Partnerverbänden in Korea und Japan stehen wir in

einem intensiven Austausch (siehe Bericht gleiche Seite). Auch in diesen Ländern kämpfen die Profiteure einer auf nuklearen und fossi-len Ressourcen basieren-den zentralistischen Energieversorgung gegen eine bürger-nahe und dezentra-le Energiesparstra-tegie auf Basis von Sonne und Wind. Während wir beim Stromsparen durchaus von gesetzlichen Regelungen in Japan lernen können, ist das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) weiterhin ein Schlüsselfaktor für eine echte ökologische Energie-wende und dient vielen Ländern als Vorbild. Umso mehr kritisieren wir, dass insbesondere auf Betreiben der FDP die vorrangige Einspeisung von Solar- und Windstrom ausgehebelt werden soll.

Ein Zeichen der Hoffnung ist da-gegen die frühlingshafte Aufbruchs-stimmung bei der – oft von tatkräfti-gen BN-Mitgliedern unterstützten – Gründung von Bürger-Energiege-nossenschaften. Mit der evangeli-schen Landvolkshochschule im oberfränkischen Bad Alexandersbad bietet der BN für Initiatoren eine Ausbildungsreihe an. Damit wir die Energiewende auch von unten vor-anbringen, bitten wir Sie weiterhin um Ihre Unterstützung für einen unabhängigen und tatkräftigen Bund Naturschutz.

Frühlingserwachen: Die Natur zeigt uns den Weg

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Ihr Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BNIhre Doris Tropper, stv. Vorsitzende des BNIhr Sebastian Schönauer, stv. Vorsitzender des BN

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Page 6: Natur + Umwelt 2-2012

Schreiben Sie uns!Wir freuen uns auf Ihre Meinung: BN­Magazin »Natur+Umwelt«, Dr.­Johann­Maier­Str. 4, 93049 Regensburg, nu@bund­naturschutz.de

angemahnte Bürgerbeteiligung ganz energisch praktizieren.Rominte van Thiel, per E­Mail

Verdientes TransparentZum Beitrag »Biotop gesichert« in N+U 1­12Sehr gefreut habe ich mich über das Bild der Biotoppfleger der Kreis-gruppe Wunsiedel. Sie halten ein großes Transparent »Bund Natur-schutz«. Und weil mein Sohn jetzt 30 Jahre alt ist, weiß ich, dass das Transparent auch 30 Jahre alt ist – er saß als Baby in seiner Wippe neben der Nähmaschine. Durch viele Ak tionen und Projekte haben uns sowohl das Kind/die Kinder als auch das Transparent begleitet. Ich würde es gerne wieder in der N+U sehen, wenn wir die Fichtelgebirgs-autobahn endlich begraben.Nanne Wienands, Schwarzenbach/Saale

Wasch- und Putzmittel sparsam einsetzenZum Thema WassersparenVergessen wird bei Wasserspartipps, dass ein zu geringer Wasserver-brauch den Leitungen durch Abla-gerungen zusetzt. Die Kanal- und Wasserreinigung ist wesentlich teu-rer als der Nutzen durchs Wasser-sparen. Sparen heißt etwas anderes: Wasser nicht unnötig zu verschmut-zen! Es ist uferlos, wie viele Wasch- und Putzmittel sowie schwer ab-baubare Medikamente im Wasser landen. Ein paar Tropfen Schmier-seife und Obstessig tun es auch. Statt Sonnencreme Schatten und Hut, bis sich die Haut an die Sonne gewöhnt hat.Bettina Kohler, per E­Mail

Windräder und LandschaftsschutzZum Beitrag »Bayern bleibt schön« in N+U 3­11Was war in der N+U-Zeitschrift zu lesen? Ein Beitrag mit dem Titel »Bayern bleibt schön«. Diese Über-schrift konnte ich nur als blanken

Zynismus ansehen. Denn der Autor for-dert allen Ernstes für Bayern statt der bestehen-den 400 Windkraft-

anlagen sage und schreibe deren 2500! Wer einmal unter Windrädern gewandert ist (so ich kürzlich in der Fränkischen Schweiz), kann sich eines äußerst unheimlichen Gefühls nicht erwehren. Überdies wird die Silhouette ganzer Landschaften ent-stellt. Ich bin zutiefst davon über-zeugt, dass Naturschutz und der re-ligiöse Dimensionen annehmende Klimaschutz zwei Paar Stiefel sind. Ich hoffe inständig, dass sich, wenn wieder in der freien Natur von der Windrad- und Klimaschutz-Lobby landschaftszerstörende Windräder aufgestellt werden sollen, die ech-ten Naturschützer dagegen aufleh-nen und die gerade vom BN immer

Alles, was einen Brief ausmacht – ganz bequem im Internet. In Zukunft nutzen wir das Internet nicht nur selbstverständlich, sondern auch mit selbstverständlicher Sicherheit. Ob Abschluss einer Versicherung, Beauftragung eines Handwerkers oder Korrespondenz mit Behörden. Der E-POSTBRIEF ist so sicher und verbindlich wie ein Brief mit der Deutschen Post. Denn dank persönlicher Identifi zierung wissen Sie beim E-POSTBRIEF immer, mit wem Sie kommunizieren. Und er erreicht genauso zuverlässig jeden Adressaten – auch die Emp-fänger ohne elektronischen Briefkasten. Besitzt der Empfänger noch keine E-POSTBRIEF Adresse, drucken wir Ihre Mitteilung aus und stellen sie wie gewohnt auf dem Postweg zu. Sichern Sie sich jetzt kostenlos Ihre persönliche E-POSTBRIEF Adresse unter www.epost.de

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[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 7

Selbst abholenDeutlich aufbessern können Sie die Ökobilanz der Lie-ferkette durch Eigenleistung: Paketdienste bieten oft die Möglichkeit der Selbstabholung. Bei DHL melden Sie sich dazu für eine Packstation an, deren Adresse Sie fortan für Ihre Bestellungen verwenden. Bei GLS ge-nügt ein Anruf im nächsten Paketshop. Sinn hat das natürlich nur, wenn Sie zum Abholen Rucksack, Fahr-radanhänger oder ohnehin fällige Autofahrten nutzen. Keine Bedenken sollten Sie beim Onlineeinkauf von Ökoprodukten haben. Sie sind über die klassischen Vertriebswege oft nicht erhältlich. Die Umweltbelas-tung durch den Versand dürfte hier akzeptabel sein, weil es den Markt ansonsten nicht gäbe. Überdies be-mühen sich Ökoshopbetreiber meist um möglichst umweltneutrale und effiziente Logistik.

Zehn Tipps für Einkäufe im Netz Kaufen Sie nichts online, was Sie auch in Ihrer Nähe

bekommen. Bündeln Sie ähnliche Produkte und bestellen Sie bei

möglichst wenigen verschiedenen Händlern. Verteilen Sie Einkäufe nicht wegen minimaler

Preisvorteile auf mehrere Anbieter. Nutzen Sie für Ökoprodukte regionale Lieferdienste

wie die »Ökokiste«. Kaufen Sie Waren mit hoher Rücksendequote wie

Schuhe oder Hosen nur im Laden. Vermeiden Sie vergebliche Lieferversuche durch

Terminabsprache oder Anwesenheit. Umweltschädlich und unfair ist es, im Laden zu

probieren und im Web zu ordern. Achtung bei Onlineportalen: Sie bestellen nur

scheinbar bei einem Händler. Geben Sie Lieferdiensten mit Pfandkisten oder

Recyclingkartons den Vorzug. Bilden Sie Einkaufsgemeinschaften, etwa für

Ökolebensmittel.

L eben Sie im Ballungsraum? Nutzen Sie statt eines hitzespeienden PC ein cooles Notebook und statt

Google die Suchmaschine Ecosia? Bündeln Sie Ihre Einkäufe, recyceln Sie Versandkartons und archivieren Sie Onlinerechnungen digital? Dann ist Ihre Ökobilanz beim Onlineshopping vermutlich günstig. Günstiger jedenfalls als die Ihrer Nachbarin, die regelmäßig mit dem SUV ins Einkaufszentrum donnert. Wahrschein-lich toppen Sie aber auch Ihre Bekannten auf dem Land, die kaum noch ohne Internet und Paketdienst auskommen.

Ist Einkaufen via Internet eher gut oder schlecht für die Umwelt? Onlinehändler verweisen gern auf eine einsame Studie, die ihnen klare Umweltvorteile im Ver-gleich mit dem herkömmlichen Einkaufen bescheinigt. Kein Wunder: Fußgänger und Radler fehlen darin völ-lig. Doch pauschale Aussagen sind ohnehin unmög-lich. Zu viele schwer fassbare Faktoren prägen den öko-logischen Fußabdruck des Onlineshoppings – vom eigenen Mobilitäts- und Einkaufsverhalten über die Umweltambitionen von Händlern und Paketdiensten bis hin zur Einwohnerdichte und Onlinekauflaune in der Nachbarschaft. Manches aber haben Sie selbst in der Hand.

Lieferexzesse vermeidenSo sollten Sie auch Ihre Onlineeinkäufe umsichtig pla-nen und bündeln. Wer beliebig bestellt, vervielfacht die Umweltbelastung durch viele vermeidbare Einzelbe-stellungen mit drastisch erhöhtem Materialverbrauch und Schadstoffausstoß für Verpackung und Lieferung. Das Gleiche gilt für fahrlässig verursachte Retouren. Rund 20 bis 30 Prozent aller Bestellungen gehen zu-rück! Haben Sie Zweifel an Qualität oder Passform der neuen Sonnenbrille oder Bluse, dann kaufen Sie lieber im Laden.

Ebenso fragwürdig ist die Praxis, reale Läden zwecks Preisvergleich und Warentest abzuklappern, um an-schließend billig im Internet zu ordern. Das schadet der Umwelt doppelt: erst durch die Leerfahrten, dann durch Verpackung und Lieferung. Unfair gegenüber den Ladenbetreibern ist es obendrein.

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Onlineshopping

So weit die Dienste tragenIm Netz shoppen ist scheinbar ein rein virtuelles Vergnügen. Doch der unsichtbare Umweltballast ist sehr real – und wohl kaum geringer als beim Einkauf im Geschäft.

Page 8: Natur + Umwelt 2-2012

8 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]12 BUNDmagazin [2-12]

Das Jahr 1992 stand politisch und gesellschaftlichnoch unter dem Eindruck der Umwälzungen im

Herbst 1989, mit dem Ende des Kalten Krieges und derneuen Freiheit in Osteuropa. Hoffnung auf Frieden undGe rechtigkeit prägte auch die UN-Konferenz für Um -welt und Entwicklung in Rio. Es war die Hoffnung, mitder Friedensdividende – also dem Geld, das durch denAb bau der Rüstungsetats verfügbar sein würde, und derpositiven Energie nach dem Ende der Konfrontation –gemeinsam die großen Probleme der Menschheit lösenzu können, allen voran die Zerstörung von Natur undUmwelt und die weltweite Armut.

Verantwortung und Vorsorge

Damals verabschiedeten 192 Staaten Konventionenzum Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt.Gleichzeit einigten sie sich auf eine »Agenda 21« alsProgramm für das 21. Jahrhundert, an dem sich allegesellschaftlichen Gruppen und politischen Ebenenbeteiligen sollten, lokal bis international.

Zudem entstand eine Deklaration mit 27 Grundsät-zen für eine nachhaltige Entwicklung. Zentral war dieForderung, »den Entwicklungs- und Umweltbedürfnis-sen heutiger und künftiger Generationen in gerechterWeise zu entsprechen«. Umwelt und Entwicklung sinddemnach zwei Seiten einer Medaille. Die Bekämpfungder Armut wurde als integrativer Bestandteil einernachhaltigen Entwicklung erkannt.

Beim Umweltschutz verständigte man sich auf dasVorsorgeprinzip: Der Umstand, dass die Wissenschaftbestimmte Kausalzusammenhänge noch nicht völligdurchdrungen hat, dürfe kein Argument dafür sein,Maß nahmen gegen drohende schwere Umweltschädenaufzuschieben. Betont wird auch die Verantwortungder reichen Länder, die die globale Umwelt besondersbeanspruchen.

Nachhaltigkeit wurde 1992 zu einem politischen Be -griff, den noch kaum jemand kannte. Heute verwendenihn vor allem Politiker und Unternehmen so inflationär,dass er beliebig zu werden droht.

Der Weg zur Nachhaltigkeit

20 Jahre nach Rio

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[2-12] BUNDmagazin 13

Zwiespältige Bilanz

Und was sagt die Praxis, 20 Jahre später? Haben wirdie Zielmarken von damals erreicht? Die Bilanz von»Brot für die Welt« und Evangelischem Entwicklungs-dienst (eed) fällt düster aus: »Von der Überwindungvon Armut und Hunger ist die Welt noch weit entfernt,auch wenn sich in einigen (…) Schwellenländern dereine oder andere Indikator verbessert haben mag. Diegroßen Umweltprobleme wie die globale Erwärmungund der Verlust biologischer Vielfalt sind nach wie vorungelöst.« Das Ziel, den globalenArtenschwund bis 2010 zu stoppenoder wenigstens zu begrenzen,wurde deutlich verfehlt. Und dieWeltklimakonferenzen er schöp fensich in zähen Verhandlungen unddünnen Ergebnissen, obwohl das»Vorsorgeprinzip« sofortiges Han-deln erfordert, speziell der Indus-trie- und großen Schwellenländer.Sprich: Als Weltgemeinschaft sindwir insgesamt nicht auf dem Wegzu mehr Nachhaltigkeit.

Doch könnte man auch andersbilanzieren und danach fragen, was sich im Denken ver -ändert hat, im öffentlichen Bewusstsein, in politischenProzessen? Da sieht man keine breiten, gut ausgezeich-neten Wege, aber viele kleine Pfade in Richtung Nach-haltigkeit. Zwar ist nicht genug und vieles nicht schnellgenug passiert, doch hat sich viel entwickelt seit 1992 –zum Beispiel:• das Denken in globalen Zusammenhängen;• die Erkenntnis, dass die Verteilungsgerechtigkeit etwabeim Klimaschutz bedeutet, dass jedem Menschen aufder Welt die gleichen CO2-Emissionen zustehen;• Der Zeithorizont hat sich erweitert. Offenkundigreicht das Denken in Wahlperioden nicht, um globaleProbleme zu bewältigen. Galt vor Rio das Jahr 2050

noch als Zahl für Science-Fiction und Utopisten, so istes heute Zielgröße für politische Programme.• Auch wenn wir allzu häufig noch danach handeln:Das Motto »Nach uns die Sintflut« ist gesellschaftlichnicht mehr akzeptiert.• Mehr Menschen richten ihren Lebensstil danach aus,die natürlichen Lebensgrundlagen zu schonen undweltweite Solidarität zu zeigen. Davon künden viele»bio-faire« Produkte und Projekte, die ein ressourcen-armes Leben in der Gemeinschaft ausprobieren.

• Institutionen von der Kirche biszur Tagungsstätte bemühen sichum mehr Nachhaltigkeit, sie do -kumentieren dies und lassen sichüberprüfen.• Einst visionäre Ziele wie eineVersorgung mit 100% erneuerba-rer Energie sind in Deutschlandzu einem politischen Ziel mitbreiter Zustimmung geworden.• Unternehmen entwickeln Stra-tegien für mehr Nachhaltigkeitnicht nur als Instrumente ihresMarketings, sondern um ernsthaft

ihre Produktion zu verändern.Auf staatlicher Ebene haben solche Strategien bis-

lang nur begrenzten Erfolg. Das Gebot der Nachhaltig-keit ist weder in Deutschland noch sonst wo zum rotenFaden der Politik geworden. Dafür aber hat sich in vie-len Städten und Gemeinden etwas getan, sowohl in derKommunalpolitik wie auch auf Bürgerebene, ob tradi-tionell mittels einer »Lokalen Agenda 21« oder in vielenneuen Initiativen wie »Urban Gardening« oder der Be -wegung der »Transition Towns«, die einmal ganz ohnefossile Brennstoffe auskommen wollen.

Nun heben diese Pluspunkte die Negativpunkte derBilanz zwar nicht auf, geben aber doch etwas Anlasszur Hoffnung.

Nachhaltige Entwicklung ist

eine »Entwicklung, die die

Bedürfnisse der Gegenwart

befriedigt, ohne zu riskieren,

dass künftige Generationen

ihre eigenen Bedürfnisse

nicht befriedigen können«.

[Brundtland-Bericht 1987]

TITELTH EMA

Aufbruchstimmung und die Hoffnung, gemeinsam eine bessereWelt schaffen zu können – das kennzeichnete 1992 den Umwelt -gipfel in Rio. Viele Erwartungen von damals haben sich nicht erfüllt.Welche Lehren hat die Staatengemeinschaft 20 Jahre später darauszu ziehen, bei der UN-Konferenz, die Ende Juni wieder in Rio tagt?Wir bilanzieren – und werfen einen Blick in die Zukunft.

Rio +20

Page 9: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 9[2-12] BUNDmagazin 13

Zwiespältige Bilanz

Und was sagt die Praxis, 20 Jahre später? Haben wirdie Zielmarken von damals erreicht? Die Bilanz von»Brot für die Welt« und Evangelischem Entwicklungs-dienst (eed) fällt düster aus: »Von der Überwindungvon Armut und Hunger ist die Welt noch weit entfernt,auch wenn sich in einigen (…) Schwellenländern dereine oder andere Indikator verbessert haben mag. Diegroßen Umweltprobleme wie die globale Erwärmungund der Verlust biologischer Vielfalt sind nach wie vorungelöst.« Das Ziel, den globalenArtenschwund bis 2010 zu stoppenoder wenigstens zu begrenzen,wurde deutlich verfehlt. Und dieWeltklimakonferenzen er schöp fensich in zähen Verhandlungen unddünnen Ergebnissen, obwohl das»Vorsorgeprinzip« sofortiges Han-deln erfordert, speziell der Indus-trie- und großen Schwellenländer.Sprich: Als Weltgemeinschaft sindwir insgesamt nicht auf dem Wegzu mehr Nachhaltigkeit.

Doch könnte man auch andersbilanzieren und danach fragen, was sich im Denken ver -ändert hat, im öffentlichen Bewusstsein, in politischenProzessen? Da sieht man keine breiten, gut ausgezeich-neten Wege, aber viele kleine Pfade in Richtung Nach-haltigkeit. Zwar ist nicht genug und vieles nicht schnellgenug passiert, doch hat sich viel entwickelt seit 1992 –zum Beispiel:• das Denken in globalen Zusammenhängen;• die Erkenntnis, dass die Verteilungsgerechtigkeit etwabeim Klimaschutz bedeutet, dass jedem Menschen aufder Welt die gleichen CO2-Emissionen zustehen;• Der Zeithorizont hat sich erweitert. Offenkundigreicht das Denken in Wahlperioden nicht, um globaleProbleme zu bewältigen. Galt vor Rio das Jahr 2050

noch als Zahl für Science-Fiction und Utopisten, so istes heute Zielgröße für politische Programme.• Auch wenn wir allzu häufig noch danach handeln:Das Motto »Nach uns die Sintflut« ist gesellschaftlichnicht mehr akzeptiert.• Mehr Menschen richten ihren Lebensstil danach aus,die natürlichen Lebensgrundlagen zu schonen undweltweite Solidarität zu zeigen. Davon künden viele»bio-faire« Produkte und Projekte, die ein ressourcen-armes Leben in der Gemeinschaft ausprobieren.

• Institutionen von der Kirche biszur Tagungsstätte bemühen sichum mehr Nachhaltigkeit, sie do -kumentieren dies und lassen sichüberprüfen.• Einst visionäre Ziele wie eineVersorgung mit 100% erneuerba-rer Energie sind in Deutschlandzu einem politischen Ziel mitbreiter Zustimmung geworden.• Unternehmen entwickeln Stra-tegien für mehr Nachhaltigkeitnicht nur als Instrumente ihresMarketings, sondern um ernsthaft

ihre Produktion zu verändern.Auf staatlicher Ebene haben solche Strategien bis-

lang nur begrenzten Erfolg. Das Gebot der Nachhaltig-keit ist weder in Deutschland noch sonst wo zum rotenFaden der Politik geworden. Dafür aber hat sich in vie-len Städten und Gemeinden etwas getan, sowohl in derKommunalpolitik wie auch auf Bürgerebene, ob tradi-tionell mittels einer »Lokalen Agenda 21« oder in vielenneuen Initiativen wie »Urban Gardening« oder der Be -wegung der »Transition Towns«, die einmal ganz ohnefossile Brennstoffe auskommen wollen.

Nun heben diese Pluspunkte die Negativpunkte derBilanz zwar nicht auf, geben aber doch etwas Anlasszur Hoffnung.

Nachhaltige Entwicklung ist

eine »Entwicklung, die die

Bedürfnisse der Gegenwart

befriedigt, ohne zu riskieren,

dass künftige Generationen

ihre eigenen Bedürfnisse

nicht befriedigen können«.

[Brundtland-Bericht 1987]

TITELTH EMA

Aufbruchstimmung und die Hoffnung, gemeinsam eine bessereWelt schaffen zu können – das kennzeichnete 1992 den Umwelt -gipfel in Rio. Viele Erwartungen von damals haben sich nicht erfüllt.Welche Lehren hat die Staatengemeinschaft 20 Jahre später darauszu ziehen, bei der UN-Konferenz, die Ende Juni wieder in Rio tagt?Wir bilanzieren – und werfen einen Blick in die Zukunft.

Rio +20

Page 10: Natur + Umwelt 2-2012

10 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]14 BUNDmagazin [2-12]

TITELTH EMAKrise statt Aufbruch

Was ist nun von Rio 2012 zu erwarten? Anders als vorzwanzig Jahren herrscht diesmal keine Aufbruch-, son-dern Krisenstimmung. Angesichts der Banken-, Staats-schulden- oder EU-Krise geraten die ökologische Kriseund die Armutskrise in den Hintergrund. Der langsamestille Klimawandel vermag da kaum zu mobilisieren.Vergäben Ratingagenturen ihre Noten nach ökologi-scher Verschuldung, fielen alle Industriestaaten aufRamsch-Niveau.

Wachstum, Rettungsschirme, noch mehr Wachstum– im Rahmen dieser globalen Agenda wird auch dieRio-Konferenz im Juni stattfinden. Dazu passt ihrinhaltlicher Schwerpunkt der Green Economy. Ein»Green New Deal« soll die Weltwirtschaft ankurbelnund gleichzeitig die Umweltprobleme lösen. »Grüne«Investitionen (etwa in erneuerbare Energien)sollen Ressourcenverbrauch und Emis-sionen verringern und dazu wirt-schaftliches Wachstum schaffen.Mit technischen Verbesserun-gen hofft man das Wirt-schaftswachstum so weitvon dem Ressourcenver-brauch zu entkoppeln,dass dem Wachstumkeinerlei Zügel mehrangelegt werden müs-sen.

Abschied von

einem Irrglauben

Aber so bedeutsamgrüne Innovationen undEffizienz sind, der Glaubean ein grenzenloses Wachs-tum in einer begrenzten Weltist ein Irrglaube. 20 Jahre nachRio müssen die Grenzen der ökolo-gischen Belastbarkeit nicht nur verbalanerkannt, sondern eingehalten werden.Denn sie bilden die Leitplanken unseres Umweltraums,innerhalb derer sich die Wirtschaft und Gesellschaftentfalten.

Tatsächlich aber dominiert heute mehr denn je dieÖkonomie: Ökologische und soziale Maßnahmen ste-hen unter Wachstumsvorbehalt und dürfen dem Wirt-schaftswachstum nicht schaden. Doch das Gebot derNachhaltigkeit erfordert einen grundlegenden Wandel,einen Zivilisationswechsel – daran führt nichts vorbei.

Die Welt muss Abschied nehmen vom verschwende-rischen Konsum in den Industrieländern auf Basiseines unbegrenzten Wirtschaftswachstums. WeilSchwellen- und vor allem Entwicklungsländer wirt-schaftliches Wachstum benötigen, müssen die Indus-trieländer ihren Verbrauch von Energie und Ressourcendrastisch senken – auch wenn dies ihre Wirtschaftsleis-tung verringert. Der Abschied vom Wachstumsmodellsteht an – »by design or by desaster«, wie es der kanadi-sche Ökonom Peter Victor formuliert hat.

Für einen Zivilisationswandel

Eine Vorstellung, ein Design für diesen Zivilisations-wandel hat der BUND mit Brot für die Welt und eed inder Studie »Zukunftsfähiges Deutschland in einer glo-balisierten Welt« ausgearbeitet. In Kurzfassung heißtdies: Wir brauchen neue globale Übereinkünfte undgleichzeitig eine Renaissance der Regionen. Wir brau-chen eine forcierte Effizienzstrategie für Energie undRohstoffe und gleichzeitig einen achtsamen Lebensstil.Und die Politik muss ihre Priorität gegenüber der Wirt-schaft zurückgewinnen. Apropos: Wirtschaft um fasstnicht nur die Geldökonomie, sondern auch Leistungenin Familie und Ehrenamt. Wir benötigen kürzereArbeitszeiten und mehr Teilzeitmodelle, eine sozialausgeglichenere, gerechtere Gesellschaft sowie wirt-schaftliche und soziale Strukturen, deren Stabilität

nicht vom Wachstum abhängig ist.

Handeln auf allen Ebenen

Die stagnierenden internatio-nalen Verhandlungen könn-

ten mutlos machen, würdeman allein auf diese

Ebene setzen. Umsowichtiger ist das Han-deln auf allen Ebenen– auch und geradevor Ort, in den Kom-munen. Hier brau-chen wir eine neueQualität des Han-delns: Statt wie bisher

auf Pilot- und Leucht-turmprojekte zu setzen,

müssen wir die gutenBeispiele vervielfältigen.

Wir müssen ehrgeizigereZiele anvisieren: So kann das

Ziel, als Gemeinde energie autarkzu werden, neue Energien freisetzen.

Auch zwingen knappe Kassen zu Prioritä-ten: Wir können nicht länger zweigleisig fahren, mitherkömmlichen Investitionen (für neue Straßen oderParkhäuser) und gleichzeitig ein paar Fördermitteln fürden öffentlichen Nahverkehr und Radwege.

Schließlich wird eine gute Bürgerbeteiligung immerwichtiger. Denn neben Leitbildern und einer konkretenNachhaltigkeitsstrategie benötigen wir für einen konse-quenten Kurswechsel viel Energie, Schwung und Hart-näckigkeit, und dazu technische Innovationen und allegesellschaftlichen Kräfte. Nur dannwird uns der Zivilisationswandelgelingen.

Angelika Zahrnt

… ist Ehrenvorsitzende des BUND

und Mitglied im Rat für Nachhaltige

Entwicklung der Bundesregierung.

[2-12] BUNDmagazin 15

Frau Henkel, was erwarten Sie sich von der Jubiläums-

konferenz in Rio de Janeiro?

Zu viel darf man sich von diesen zweieinhalb Tagensicher nicht versprechen, auch wenn darin über zweiJahre Vorbereitung stecken. Der erste Entwurf des Ab -schlussdokuments enthält nur wenige konkrete Ziele.Ein paar Ergebnisse zeichnen sich aber ab. Und die soll-ten wir im Erfolgsfall nicht zu gering schätzen.

Wie beurteilen Sie das Konzept der »grünen Wirtschaft«,

das in Rio im Mittelpunkt stehen wird?

Gemischt. Zum Einen beinhaltet es, was die Umwelt-verbände schon lange fordern: den Abbau schädlicherSubventionen, eine ökologische Steuerreform oder dieFörderung um weltfreundlicher Technologien. Zudemräumt es dem Wert natürlicher Ressourcen – wie Was-ser, Wälder, Fische etc. – einen hohen Stellenwert einund sucht diesen besser in der Ökonomie abzubilden.

Doch im Fokus der »Green Economy« stehen immernoch technischer Fortschritt und Marktinstrumente,um Probleme zu lösen, deren Ursachen tiefer liegen.Dabei müssen wir in den Industrieländern die Abhän-gigkeit vom Wachstum lösen: Wir verbrauchen schonheute viel mehr Ressourcen, als ökologisch tragfähig ist.Ein wichtiger Schritt ist, Wohlstand anders als überfortgesetztes Wachstum zu definieren. Nötig sind dafürneue volkswirtschaftliche Indikatoren, die den Ver-brauch natürlicher Ressourcen abbilden. Dafür sollteRio einen Impuls setzen.

Wichtig ist uns zudem, Risikotechnologien vom Leit-bild der grünen Wirtschaft auszuschließen. Noch zitiertder »Green Economy Report« des UN-Umweltpro-gramms die Atomkraft unkritisch als »klimafreundlicheTechnologie« und die Gentechnik als »Beitrag zur Nah-rungssicherung«. Beide verletzen das Vorsorgeprinzipund sollten nicht über Entwicklungsgelder oder Her-mes-Bürgschaften in Drittländern gefördert werden.

Um nachhaltig zu sein, muss die Green Economyaußerdem sozial sein, also auch Kleinunternehmer und-bauern fördern, gute Arbeitsbedingungen sichern undzu einem fairen Welthandelssystem beitragen.

Und der andere Rio-Schwerpunkt, die Strukturreform?

Neben der EU plädieren inzwischen auch viele afrika-nische Staaten dafür, das Umweltprogramm in eineUN-Sonderorganisation umzuwandeln, etwa nachdem Vorbild der Weltgesundheitsorganisation WHO.Hier ist die Vorbereitung offenbar recht weit vorange-

schritten und ein Konsensabsehbar. Auch wir forderneine solche »UNEO« mituniverseller Mitgliedschaftund besserer Finanzierung.Zudem fordern wir dieKommission für nachhalti-ge Entwicklung, die denRio-Prozess seit 20 Jahrenweiterführt, zu einem Ratanalog dem Menschen-rechtsrat aufzuwerten.

Auch sollte das Prinzip10 der Rio-Erklärung zurBeteiligung der Öffentlich-keit bei umweltpolitischen Entscheidungen gestärktwerden – und damit der Zu gang zu Informationen, dasRecht auf Beteiligung und der Zugang zu Rechtsmittelnauf nationaler wie internationaler Ebene.

Werden Großkonzerne in Rio maßgeblich mitmischen?

Viele Unternehmen versuchen, ihre Produktion als Bei-trag zur grünen Wirtschaft zu präsentieren. Zudem tre-ten sie als UN-Partner auf, um ihre Interessen in inter-nationalen Prozessen zu vertreten und auf freiwillige,marktbasierte Lösungen zu drängen. Unternehmenspielen eine wichtige Rolle, aber Freiwilligkeit alleinreicht nicht. Wir benötigen eine Konvention zur Unter-nehmensverantwortung, die neben einer Berichts-pflicht über soziale und Umweltauswirkungen hinausauch ein Klagerecht von Betroffenen gegenüber trans-nationalen Unternehmen etabliert. Es bedarf gleicherWettbewerbsbedingungen, um eine nachhaltige Unter-nehmensführung wirtschaftlich möglich zu machen.

Wird unser Netzwerk »Friends of the Earth« in Rio mit

einer Stimme sprechen?

In einigen zentralen Punkten sind wir uns einig, etwa,dass Rio ein Mandat für eine Konvention zu Prinzip 10und zur Unternehmensverantwortung bringen sollte.Manche Anliegen werden nicht von allen Gruppengeteilt. So sind die Partner in Lateinamerika stark kapi-talismuskritisch und wehren sich strikt dagegen, Naturökonomisch zu bewerten und mit Marktmechanismenzu schützen. Der BUND teilt die Kritik an reinen Markt-mechanismen. Wir sehen jedoch auch eine Chance da -rin, die Leistungen der Natur aus einer ökonomischenPerspektive heraus anzuerkennen.

Interview

Gemischte ErwartungenMarianne Henkel ist die Sprecherin des Arbeitskreises »Inter nationaleUmweltpolitik« im BUND. Sie ist an der Fakultät für Landschaftsökologieder Universität Greifswald tätig. In Rio wird sie für den BUND und »Friendsof the Earth« vor Ort sein. BUND-Redakteur Severin Zillich sprach mit ihr.

Page 11: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 11[2-12] BUNDmagazin 15

Frau Henkel, was erwarten Sie sich von der Jubiläums-

konferenz in Rio de Janeiro?

Zu viel darf man sich von diesen zweieinhalb Tagensicher nicht versprechen, auch wenn darin über zweiJahre Vorbereitung stecken. Der erste Entwurf des Ab -schlussdokuments enthält nur wenige konkrete Ziele.Ein paar Ergebnisse zeichnen sich aber ab. Und die soll-ten wir im Erfolgsfall nicht zu gering schätzen.

Wie beurteilen Sie das Konzept der »grünen Wirtschaft«,

das in Rio im Mittelpunkt stehen wird?

Gemischt. Zum Einen beinhaltet es, was die Umwelt-verbände schon lange fordern: den Abbau schädlicherSubventionen, eine ökologische Steuerreform oder dieFörderung um weltfreundlicher Technologien. Zudemräumt es dem Wert natürlicher Ressourcen – wie Was-ser, Wälder, Fische etc. – einen hohen Stellenwert einund sucht diesen besser in der Ökonomie abzubilden.

Doch im Fokus der »Green Economy« stehen immernoch technischer Fortschritt und Marktinstrumente,um Probleme zu lösen, deren Ursachen tiefer liegen.Dabei müssen wir in den Industrieländern die Abhän-gigkeit vom Wachstum lösen: Wir verbrauchen schonheute viel mehr Ressourcen, als ökologisch tragfähig ist.Ein wichtiger Schritt ist, Wohlstand anders als überfortgesetztes Wachstum zu definieren. Nötig sind dafürneue volkswirtschaftliche Indikatoren, die den Ver-brauch natürlicher Ressourcen abbilden. Dafür sollteRio einen Impuls setzen.

Wichtig ist uns zudem, Risikotechnologien vom Leit-bild der grünen Wirtschaft auszuschließen. Noch zitiertder »Green Economy Report« des UN-Umweltpro-gramms die Atomkraft unkritisch als »klimafreundlicheTechnologie« und die Gentechnik als »Beitrag zur Nah-rungssicherung«. Beide verletzen das Vorsorgeprinzipund sollten nicht über Entwicklungsgelder oder Her-mes-Bürgschaften in Drittländern gefördert werden.

Um nachhaltig zu sein, muss die Green Economyaußerdem sozial sein, also auch Kleinunternehmer und-bauern fördern, gute Arbeitsbedingungen sichern undzu einem fairen Welthandelssystem beitragen.

Und der andere Rio-Schwerpunkt, die Strukturreform?

Neben der EU plädieren inzwischen auch viele afrika-nische Staaten dafür, das Umweltprogramm in eineUN-Sonderorganisation umzuwandeln, etwa nachdem Vorbild der Weltgesundheitsorganisation WHO.Hier ist die Vorbereitung offenbar recht weit vorange-

schritten und ein Konsensabsehbar. Auch wir forderneine solche »UNEO« mituniverseller Mitgliedschaftund besserer Finanzierung.Zudem fordern wir dieKommission für nachhalti-ge Entwicklung, die denRio-Prozess seit 20 Jahrenweiterführt, zu einem Ratanalog dem Menschen-rechtsrat aufzuwerten.

Auch sollte das Prinzip10 der Rio-Erklärung zurBeteiligung der Öffentlich-keit bei umweltpolitischen Entscheidungen gestärktwerden – und damit der Zu gang zu Informationen, dasRecht auf Beteiligung und der Zugang zu Rechtsmittelnauf nationaler wie internationaler Ebene.

Werden Großkonzerne in Rio maßgeblich mitmischen?

Viele Unternehmen versuchen, ihre Produktion als Bei-trag zur grünen Wirtschaft zu präsentieren. Zudem tre-ten sie als UN-Partner auf, um ihre Interessen in inter-nationalen Prozessen zu vertreten und auf freiwillige,marktbasierte Lösungen zu drängen. Unternehmenspielen eine wichtige Rolle, aber Freiwilligkeit alleinreicht nicht. Wir benötigen eine Konvention zur Unter-nehmensverantwortung, die neben einer Berichts-pflicht über soziale und Umweltauswirkungen hinausauch ein Klagerecht von Betroffenen gegenüber trans-nationalen Unternehmen etabliert. Es bedarf gleicherWettbewerbsbedingungen, um eine nachhaltige Unter-nehmensführung wirtschaftlich möglich zu machen.

Wird unser Netzwerk »Friends of the Earth« in Rio mit

einer Stimme sprechen?

In einigen zentralen Punkten sind wir uns einig, etwa,dass Rio ein Mandat für eine Konvention zu Prinzip 10und zur Unternehmensverantwortung bringen sollte.Manche Anliegen werden nicht von allen Gruppengeteilt. So sind die Partner in Lateinamerika stark kapi-talismuskritisch und wehren sich strikt dagegen, Naturökonomisch zu bewerten und mit Marktmechanismenzu schützen. Der BUND teilt die Kritik an reinen Markt-mechanismen. Wir sehen jedoch auch eine Chance da -rin, die Leistungen der Natur aus einer ökonomischenPerspektive heraus anzuerkennen.

Interview

Gemischte ErwartungenMarianne Henkel ist die Sprecherin des Arbeitskreises »Inter nationaleUmweltpolitik« im BUND. Sie ist an der Fakultät für Landschaftsökologieder Universität Greifswald tätig. In Rio wird sie für den BUND und »Friendsof the Earth« vor Ort sein. BUND-Redakteur Severin Zillich sprach mit ihr.

Page 12: Natur + Umwelt 2-2012

12 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]16 BUNDmagazin [2-12]

TITELTH EMAGlobale Entwicklung

Von Rio zu Rio +20

Die Erde hat sich rapide verändert seit 1992, dem ersten Umweltgipfel in Rio. Das UN-Umweltprogramm (mit seinem deutschen Leiter Achim Steiner) hat denWandel dokumentiert. Wir haben die wichtigsten Graphiken für Sie aufbereitet.

0

2

4

6

8

1992 1997 2002 2007 2010

Gesamtbevölkerung in Milliarden Menschen

Global+26%

seit 1992+21 %

+4 %

+26 %

+53 %

+28 %

+67 % Vorderasien

NordamerikaLateinamerikaund KaribikEuropa

Afrika

Asien/Pazifik

0

10

20

30

1992 1997 2002 2009

CO2-Emission insgesamtin Milliarden Tonnen

EntwickelteLänder+8%

seit 1992

Global+36%

seit 1992

Schwellen-länder+64%

seit 1992

Durchschnittliche Temperaturabweichungenvon 2000 bis 2009

-2,5 -1,5 -0,5 0 +0,5 +1,5 +2,5

Temperaturanomalien in Grad Celsius

0

200

400

600

1992 1997 2002 2007

Verbrauch von ozonschädigenden Substanzenin Tausend Tonnen

2009

-93 %

seit 1992

100

150

200

250

1992 1997 2002 2007

Kunststoffproduktionin Millionen Tonnen

2010

+130%

seit 1992

Mehr Menschen,mehr NahrungDie Weltbevölke-

rung nahm um

1,45 Milliarden zu,

ein Plus von 26%.

Die Herstellung

von Nahrungs-

mitteln stieg gar

um 45%. Doch

eine Milliarde

Menschen leidet

unter Hunger.

Mehr CO2,mehr Wärme36% mehr CO2

wurde 2009 emit -

tiert, vier Fünftel

davon in nur 19

Ländern (darun-

ter Deutschland).

Durchschnittlich

stiegen die Tem-

peraturen um 0,4

Grad, am höchs -

ten in der Arktis.

Mehr OzonDer Verbrauch ozonschädigender Substanzen sank stark,

seit Annahme des Montreal-Protokolls 1987 sogar um 98%.

Die Ozonschicht erholt sich dennoch nur langsam.

Mehr PlastikDie Produktion von Plastik hat sich mehr als verdoppelt. Die

Hälfte des Plastiks wird nur einmal genutzt (als Verpackung

etc.). Plastikmüll ist v.a. in den Ozeanen ein ernstes Problem.

100

120

140

160

1992 1997 2002 2007 2009

Herstellung von Nahrungsmitteln Index 1992 = 100

+45 %

seit 1992

+26%

seit 1992

Bevölkerung

Tierhaltung

Feldanbau

Nahrungsmittel

[2-12] BUNDmagazin 17

Die

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-5 0

Veränderung der Waldbeständein Millionen Hektar pro Jahr

1

1990 – 1999

-5 -4 -3 -2 -1 2 3

2000 – 20052006 – 2010

Nordamerika

Lateinamerika und Karibik

Europa

Asien/Pazifik

Afrika

601992 1997 2002 2007

Living Planet Index1992 = 100

80

100

120

Gemäßigte Zone

Terrestrisch

GlobalSüßwasserMeer

Tropische Zone

501992 1997 2002 2007

Entwicklung des LuftverkehrsIndex, 1992 = 100

2009

+230%

seit 1992

100

150

200

250

300

+100%

seit 1992

Luftfrachtin Tonnenkilometern

Passagierbeförderung

01992 1997 2002 2007

Internet- und Mobiltelefonnutzerin Milliarden Menschen

2010

+23000%

seit 1992

2

4

+29000%

seit 1992

1

3

5Mobiltelefonnutzer

Internetnutzer

Artenschwund in den TropenDer Riesentukan

aus Südamerika

leidet wie unzäh-

lige andere Tiere

und Pflanzen un -

ter der Zerstörung

tro pischer Wälder.

Weniger biologische Vielfalt �Der »Living Planet Index« basiert auf der Entwicklung von

2 500 Tierarten aus Meer, Süßwasser und Landökosystemen.

Nur in der gemäßigten Zone ist er stabil (nach jahrhunderte-

langen Verlusten), in den Tropen sank er um dramatische 30%.

Weniger Wald �300 Mio. Hektar Wald verlor die Welt (seit 1990) in Südamerika

und Afrika. Die anderen Kontinente zeigen dank der Wieder -

aufforstung eine positive Bilanz – obwohl auch hier viel wert-

voller Primärwald zerstört wurde. Nur ein Zehntel der globalen

Wälder wird derzeit (zertifiziert) nachhaltig genutzt.

Mehr FlugverkehrDie Anzahl der Flugreisenden hat sich glatt verdoppelt (auf

2009: 2,27 Mrd. Passagiere), die Luftfracht stieg noch stärker.

Mehr KommunikationDie Zahl der Nutzer von Internet und Mobiltelefonen

ist förmlich explodiert.

Page 13: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 13[2-12] BUNDmagazin 17

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1

1990 – 1999

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Nordamerika

Lateinamerika und Karibik

Europa

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Living Planet Index1992 = 100

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Gemäßigte Zone

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GlobalSüßwasserMeer

Tropische Zone

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Entwicklung des LuftverkehrsIndex, 1992 = 100

2009

+230%

seit 1992

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Luftfrachtin Tonnenkilometern

Passagierbeförderung

01992 1997 2002 2007

Internet- und Mobiltelefonnutzerin Milliarden Menschen

2010

+23000%

seit 1992

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+29000%

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Internetnutzer

Artenschwund in den TropenDer Riesentukan

aus Südamerika

leidet wie unzäh-

lige andere Tiere

und Pflanzen un -

ter der Zerstörung

tro pischer Wälder.

Weniger biologische Vielfalt �Der »Living Planet Index« basiert auf der Entwicklung von

2 500 Tierarten aus Meer, Süßwasser und Landökosystemen.

Nur in der gemäßigten Zone ist er stabil (nach jahrhunderte-

langen Verlusten), in den Tropen sank er um dramatische 30%.

Weniger Wald �300 Mio. Hektar Wald verlor die Welt (seit 1990) in Südamerika

und Afrika. Die anderen Kontinente zeigen dank der Wieder -

aufforstung eine positive Bilanz – obwohl auch hier viel wert-

voller Primärwald zerstört wurde. Nur ein Zehntel der globalen

Wälder wird derzeit (zertifiziert) nachhaltig genutzt.

Mehr FlugverkehrDie Anzahl der Flugreisenden hat sich glatt verdoppelt (auf

2009: 2,27 Mrd. Passagiere), die Luftfracht stieg noch stärker.

Mehr KommunikationDie Zahl der Nutzer von Internet und Mobiltelefonen

ist förmlich explodiert.

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14 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]18 BUNDmagazin [2-12]

TITELTH EMA

Green Economy« ist die zentrale Formel der nahenRio+20-Konferenz. Hinter dieser Formel steht ein

verlockendes Versprechen, besonders für dieIndustrienationen: Mit unserer wirtschaft-

lichen Entwicklung kann alles so weiterge-hen wie in den letzten knapp 70 Jahren.

Ökonomisches Wachstum wird auchkünftig Wohlstand garantieren, die

sozialen Herausforderungen undEntwicklungsfragen der Welt

ebenso lösen wie die ökologi-schen Probleme. Die einzige

Voraussetzung: Es gilt dieökonomische Entwicklung

ein bisschen grüner zugestalten. Neue energie-und ressourcensparendeTechnologien sowie re -generative Energien sinddie Bausteine der »grü-nen Wirtschaft«.

Ein Meilenstein

Dieser Optimismusüberrascht. Seit Rio1992 hat sich die globa-le Umweltsituation wei-ter drastisch verschlech-tert, die CO2-Emissionen

liegen heute ganz erheb-lich höher. Erfolge bei der

relativen Entkopplung desWohlstands (die CO2-

Intensität des Welt-Brutto-sozialprodukts hat sich um

rund 20 Prozent verbessert)wurden durch das globale Wachs-

tum weit überkompensiert. Dennoch markiert die Formel der

»grünen Ökonomie« einen Meilen-stein auf dem Weg in eine nachhaltige

Welt: Ihr Optimismus schafft ein umfassen-des globales Bündnis. Kaum ein Land zweifelt

noch an der Epochenaufgabe »Nachhaltigkeitund Klimawandel«. Sie wird in den Industrieländern

genauso anerkannt wie in den Entwicklungs- undSchwellenländern. Und sie wird zu nehmend als Chancebegriffen – nicht nur für die Politik, sondern auch die

Wirtschaft der meisten Länder. Das schafft die Grund-lage einer umfassenderen Vision für die kommenden30 Jahre: auf dem Weg zu Rio+50.

Wohlstand und Innovation neu verstehen

In den nächsten Jahren werden die ökonomischenund sozialen Grenzen des ökonomischen Wachstums-paradigmas in der industrialisierten Welt spürbarer:Die Verheißungen materiellen Wohlstands werden fa -der, immer regelmäßiger platzen ökonomische Blasen.Nominelle Wachstumsraten alleine versprechen immerweniger Antworten auf den demographischen Wandelund die Anforderungen eines sozialen Ausgleichs. Diesöffnet die Türen für ein erweitertes Verständnis vonWohlstand und Innovation, wie es sich in vielen Debat-ten der letzten Monate schon andeutete und zurRio+50-Konferenz endgültig durchgesetzt haben wird.Eckpunkte dieses Verständnisses sind:

Stabile Strukturen

Dezentrale Energieversorgung, die breite Entwick-lung individueller Fähigkeiten und die Stärkung lokalerIdentitäten und sozialer Netzwerke: All dies ersetztnicht die Errungenschaften von 50 Jahren globalisier-ten und technologischen Fortschritts. Es ergänzt ihn,nimmt wieder einen breiteren Raum ein, führt zuneuen Gleichgewichten. Der Aufbau dieser Strukturenmacht uns individuell wie auch als Gesellschaft unab-hängiger von Wachstumszwängen. Die zarte, aberdynamisch wachsende Pflanze der »Transition Towns« –einer Bewegung von »Städten im Wandel« zu einerpostfossilen, relokalisierten Wirtschaft – wird zum glo-balen Signum der kommenden Jahrzehnte.

Die Veränderungen äußern sich in der globalenLebenswirklichkeit des Jahres 2042: Städte werdenattraktiver, weil der Fuß- und Radverkehr immer mehrBedeutung gewinnt, weil der öffentliche Nahverkehrgut ausgebaut ist, eine intelligente Stadtplanung mehrGrün und neue (alte) Wohnformen wie Mehrgeneratio-nenhäuser integriert, weil die Energieversorgung de -zentralisiert und Strukturen der Nahversorgung wieder -belebt wurden. Ermöglicht hat dies eine umfassendesoziale Innovationsoffensive. Auf der Rio+50-Konfe-renz werden die global erfolgreichsten Konzepte einer»nachhaltigen Stadt« ausgezeichnet und prämiert. Siesind menschenwürdig und unterscheiden sich damiterfrischend von den einseitigen Technikvisionen der»Sustainable Cities« auf dem Rio+20-Gipfel.

Wie sieht die Welt in 30 Jahren aus? Wie viel Hoffnung dürfen wir haben, dass die Welt -gemeinschaft die großen Herausforderungen unserer Zeit meistert? Uwe Schneidewindwagt einen Ausblick. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Präsident des Wuppertal-Institutsfür Klima, Umwelt, Energie und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des BUND.

Rio+50

Vision einer nachhaltigen Welt

» Überlegte Begrenzungspolitik

Die Fortschrittsmodelle der Rio+20-Konferenz waren noch durch einensehr engen, rein konsumorientierten Freiheitsbegriff gekennzeichnet. DieseForm eines ökonomischen Liberalismus – als Paradigma in den 1980er Jahrenvoll entfaltet – hatte bereits an Ausstrahlung verloren. Die Freiheit zum fünf-ten Handy und dritten iPad, zum Rauchen an jedem Ort, zum Waffenbesitz alsFreiheitsrecht in den USA: All dies verliert in den gesellschaftlichen Debattenebenso an Kraft wie die politischen Parteien, die sich auf ein solch engesmaterielles Freiheitsverständnis reduzieren.

In den modernen Industriegesellschaften wird ein Lebensentwurf zuneh-mend dann als gelungen gelten, wenn er darin besteht, mit einer Vielfalt vonOptionen souverän und verantwortungsvoll umzugehen – durchaus inspiriertdurch Vorbilder in anderen Teilen der Welt. Die Erfahrung, dass selbst verant-wortete Begrenzungen befreiend und orientierend wirken, erleichtert es auch,entsprechende Grenzlinien in der nationalen und internationalen Politik zuziehen. Bewährte Regime wie beim Schutz der Antarktis und des Meeres -bodens sind nun auf essenzielle Bereiche der Ressourcennutzung übertragen:Es gibt nationale und globale Ressourcenschutzgebiete, und der gezielte Ver-zicht auf Extraktionsmethoden wie Öl-Tiefseebohrungen, Fracking und Öl -gewinnung aus Ölsanden trägt wesentlich dazu bei, die Erderwärmung zurJahrhundertwende wenigstens auf drei Grad Celsius zu stabilisieren.

Begleitet wird dies durch vielfältige institutionelle Neuerungen im Rahmenbi- und multilateraler Kooperationen, die helfen, Blockaden bei internationalenKlimaverhandlungen ab 2015 Stück für Stück aufzubrechen. Ein wichtigerBaustein ist, dass die Freihandelspolitik keinen Vorrang mehr gegenüberanderen Politikfeldern genießt, weder europa- noch weltweit. Unterschied -liche Formen des ökologischen Grenzausgleichs und die explizite Erlaubnis,dass fortschrittliche Nationen politisch zu Vorreitern werden, haben zu einemproduktiven Wettbewerb um bessere Ökologie- und Sozialstandards geführt.

Erweiterte Bildung und Wissenschaft

Flankiert wird all dies von einem veränderten Verständnis der Bildung undWissenschaft. Die wachsende Bedeutung sozialer Innovationen schafft einneues Gleichgewicht von Technik-, Sozial- und Kulturwissenschaften. »Ein -gebettete« technologische Innovationen haben sich zum zentralen Orientie-rungspunkt entwickelt. Die Bildungssysteme setzen aufsehr viel breitere Kompetenzkonzepte. Das ermöglichtauch ein intensiveres Lernen zwischen den Weltregionen,ein Lernen »auf Augenhöhe« innerhalb einzelner Gesell-schaften, aber auch global zwischen Gesellschaften.

Keine Frage: Auch im Jahr 2042 existiert eine Reihe vonProblemen auf der Welt. Doch die Möglichkeiten zu ihrerLösung haben sich erheblich erweitert, die Welt ist wider-standsfähiger geworden. Das halbe Jahrhundert 1992 –2042 wird als eine der kulturell produktivsten Phasen indie Menschheitsgeschichte eingehen.

Uwe Schneidewind

[2-12] BUNDmagazin 19

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NUR EGOISMUS KANN DAS

KLIMA RETTEN

Warum ökologisches und ökonomisches

Handeln kein Widerspruch sein muss

240 Seiten / kartoniert

€ 19,99 (D) / € 20,60 (A) / CHF* 28,50

ISBN 978-3-579-06688-2

»Von den mannigfaltigen Facetten

des Umweltproblems ist der Klima-

schutz vermutlich die politisch

schwierigste Aufgabe. Das vorlie-

gende Buch diskutiert auf kompe-

tente Weise diverse Strategien, sie

zu lösen. Es verbindet eine Vision

einer besseren Welt mit quantitativ

präzisen Analysen und beachtlichem

ökonomischem Sachverstand.

Ich wünsche ihm viele Leser.«

Prof. Dr. Vittorio Hösle, Philosoph

Überlebensfaktor

K l i m a s c h u t z :

N u r w e n n ‘s u m

G e l d g e h t e i n e

E r f o l g s s t o r y !

Page 15: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 15

Überlegte Begrenzungspolitik

Die Fortschrittsmodelle der Rio+20-Konferenz waren noch durch einensehr engen, rein konsumorientierten Freiheitsbegriff gekennzeichnet. DieseForm eines ökonomischen Liberalismus – als Paradigma in den 1980er Jahrenvoll entfaltet – hatte bereits an Ausstrahlung verloren. Die Freiheit zum fünf-ten Handy und dritten iPad, zum Rauchen an jedem Ort, zum Waffenbesitz alsFreiheitsrecht in den USA: All dies verliert in den gesellschaftlichen Debattenebenso an Kraft wie die politischen Parteien, die sich auf ein solch engesmaterielles Freiheitsverständnis reduzieren.

In den modernen Industriegesellschaften wird ein Lebensentwurf zuneh-mend dann als gelungen gelten, wenn er darin besteht, mit einer Vielfalt vonOptionen souverän und verantwortungsvoll umzugehen – durchaus inspiriertdurch Vorbilder in anderen Teilen der Welt. Die Erfahrung, dass selbst verant-wortete Begrenzungen befreiend und orientierend wirken, erleichtert es auch,entsprechende Grenzlinien in der nationalen und internationalen Politik zuziehen. Bewährte Regime wie beim Schutz der Antarktis und des Meeres -bodens sind nun auf essenzielle Bereiche der Ressourcennutzung übertragen:Es gibt nationale und globale Ressourcenschutzgebiete, und der gezielte Ver-zicht auf Extraktionsmethoden wie Öl-Tiefseebohrungen, Fracking und Öl -gewinnung aus Ölsanden trägt wesentlich dazu bei, die Erderwärmung zurJahrhundertwende wenigstens auf drei Grad Celsius zu stabilisieren.

Begleitet wird dies durch vielfältige institutionelle Neuerungen im Rahmenbi- und multilateraler Kooperationen, die helfen, Blockaden bei internationalenKlimaverhandlungen ab 2015 Stück für Stück aufzubrechen. Ein wichtigerBaustein ist, dass die Freihandelspolitik keinen Vorrang mehr gegenüberanderen Politikfeldern genießt, weder europa- noch weltweit. Unterschied -liche Formen des ökologischen Grenzausgleichs und die explizite Erlaubnis,dass fortschrittliche Nationen politisch zu Vorreitern werden, haben zu einemproduktiven Wettbewerb um bessere Ökologie- und Sozialstandards geführt.

Erweiterte Bildung und Wissenschaft

Flankiert wird all dies von einem veränderten Verständnis der Bildung undWissenschaft. Die wachsende Bedeutung sozialer Innovationen schafft einneues Gleichgewicht von Technik-, Sozial- und Kulturwissenschaften. »Ein -gebettete« technologische Innovationen haben sich zum zentralen Orientie-rungspunkt entwickelt. Die Bildungssysteme setzen aufsehr viel breitere Kompetenzkonzepte. Das ermöglichtauch ein intensiveres Lernen zwischen den Weltregionen,ein Lernen »auf Augenhöhe« innerhalb einzelner Gesell-schaften, aber auch global zwischen Gesellschaften.

Keine Frage: Auch im Jahr 2042 existiert eine Reihe vonProblemen auf der Welt. Doch die Möglichkeiten zu ihrerLösung haben sich erheblich erweitert, die Welt ist wider-standsfähiger geworden. Das halbe Jahrhundert 1992 –2042 wird als eine der kulturell produktivsten Phasen indie Menschheitsgeschichte eingehen.

Uwe Schneidewind

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»Von den mannigfaltigen Facetten

des Umweltproblems ist der Klima-

schutz vermutlich die politisch

schwierigste Aufgabe. Das vorlie-

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Page 16: Natur + Umwelt 2-2012

16 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]20 BUNDmagazin [2-12]

TITELTH EMA

Nach der Konferenz von Rio 1992 herrschte bei vie-len Menschen Optimismus. Sie hofften auf eine

nachhaltige Entwicklung mit der Aussicht, stärker nachden Grundsätzen von Fairness und Umweltschutz zuhandeln. Viele inspirierte der zentrale Gedanke der»Agenda 21« als Programm für das 21. Jahrhundert.Erstmals war dort die Bedeutung des Handelns auflokaler und regionaler Ebene überzeu-gend formuliert. Plötzlich war klar, dasssich nachhaltiges Handeln im eigenenUmfeld global auswirken kann. Die Agen-da 21 skizzierte die Aufgabe der Kommu-nen deutlich (s. unten). Davon sind wirheute weiter denn je entfernt, angesichtsder dramatischen Klimaerwärmung unddes Verlusts der biologischen Vielfalt.

Mitte und Ende der 90er Jahre trafensich Kommunen in Göteborg und Lissa-bon zu internationalen Konferenzen.Auch der Deutsche Städtetag rief die Kom-munen auf, nachhaltig zu handeln. Vie-lerorts wurden Nachhaltigkeitsberichte erarbeitet undlokale Agenden ins Leben gerufen. Einzelne Bundes-länder richteten sogar Agendabüros ein, um die lokalenGruppen zu unterstützen. Nicht zuletzt auf Basis unse-rer Studie »Zukunftsfähiges Deutschland« sahen vieleBUND-Mitglieder in der Teilnahme an solchen Agenda -prozessen die große Chance, das Leitbild einer nach-haltigen Entwicklung vor Ort umzusetzen.

Im Sande verlaufen

Dieser Prozess trug sicher dazu bei, dass sich vieleKommunen heute als wichtiger Partner der Energie-wende verstehen. So streben viele Stadtwerke nacheiner Versorgung mit erneuerbaren Energien und rich-ten Energieagenturen ein. Dieses Positivbeispiel kannaber nicht darüber hinwegtäuschen, dass kommunaleAgendaprozesse heute mehr oder weniger im Sand ver-

laufen sind. Entscheidend war (was die meisten Dekla-rationen und Vereinbarungen nicht berücksichtigten):In der Regel wirkten die Agendagruppen unabhängigund parallel zu den Gemeinderäten. Das führte dazu,dass ihre Ergebnisse im Gemeinderat sehr oft denStempel »nicht umsetzbar« erhielten. Über neue Bau -gebiete und andere Investitionen entschieden die

Kommunalpolitiker weiter losgelöst vonder lokalen Agenda und dem Gebot derNachhaltigkeit.

Neue Anknüpfungspunkte

So kam die lokale Agenda in vielenOrten zum Erliegen oder erschöpfte sichdarin, kleinste Projekte ohne Einfluss aufdie Gesamtbilanz der Kommunen zu ver-folgen. Fehl schlug auch eine Öffnung zumehr Bürgerbeteiligung. Obwohl seit Rio1992 im Programm, wurde diese geradeim letzten Jahrzehnt noch weiter zurück-gedrängt. Viele Proteste gegen Großpro-

jekte zeugen heute von diesem Missstand.Diese Proteste fußen oft auf dem langjährigen Enga-

gement Einzelner im Rahmen der lokalen Agenda. Dorthaben Betroffene nämlich gelernt, sich zu artikulieren,zu engagieren und Gehör zu verschaffen.

Die lokalen Agenden haben durchaus Anteil daran,dass die Kommunen heute speziell im Klimaschutzsehr aktiv sind, ökologische und soziale Kriterien imBeschaffungswesen langsam selbstverständlicher wer-den und regionale Produkte wieder mehr geschätztwerden. Hieran lohnt es anzuknüpfen. Nur mit Druckvon unten lässt sich ein Trend zu mehr Nachhaltigkeitund Bürgerbeteiligung setzen.

Brigitte Dahlbender

… ist BUND-Vorsitzende in Baden-Württemberg.

Lokale Agenda 21

Auf ganzer Linie gescheitert?Im Rahmen des Umweltgipfels von Rio beschlossen die UN-Mitglieder 1992 ein kommunalesAktionsprogramm. Es wurde zum Vorbild für zahllose Agenda-Gruppen in ganz Deutschland.Was ist von ihnen geblieben?

Lokale Agenda – Auszug aus dem UN-Aktionsprogramm

»Bis 1996 soll sich die Mehrzahl der kommunalen Verwaltungen der ein -

zelnen Länder gemeinsam mit ihren Bürgern einem Konsultationsprozess

unterzogen haben und einen Konsens hinsichtlich einer ‘Kommunalen

Agenda 21’ für die Gemeinschaft erzielt haben.« Und weiter: »Alle Kommu-

nen in jedem einzelnen Land sollen dazu angehalten werden, Programme

durchzuführen und zu überwachen, deren Ziel die Beteiligung von Frauen

und Jugendlichen an Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen ist.«

Zukunftsfähige Kommune: So geht’s

Alle Projekte, die der BUND in dieser Broschüre vorstellt,

gehen mit gutem Beispiel voran: ob das Beratungs -

angebot »Energiecheck« des BUND Berlin, die Kieler

Aktion »Einkaufen mit dem Rad« oder das Hamburger

Volksbegehren »Unser Netz« mit dem Ziel, die Versor -

gungs netze für Strom und Gas wieder in öffentliche

Hand zu bringen. � www.bund.net/nachhaltigkeit

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[2-12] BUNDmagazin 21

Seit einiger Zeit setzt sich zunehmend die Erkenntnisdurch, dass Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Brutto -

nationaleinkommen (BNE) nicht als Maß für Wohlfahrtgelten können. Statistiker haben immer schon betont,dass beide dafür nicht konzipiert wurden. Doch siewidersprachen nicht entschieden genug, als Politik,Medien und die Öffentlichkeit in den letzten 25 Jahrendas BIP immer stärker nutzten, um Erfolg oder Miss -erfolg von Wirtschaft und Wirtschaftspolitik zu messen.Dabei sind die Defizi te von BIP/BNE als Wohlfahrts-rechnung gravierend: Sie berücksichtigen negative Fol-gen der Umwelt- und Ressourcen nutzungebenso mangelhaft wie die Einkommens-verteilung oder die nicht über den Marktvermittelte Wertschöpfung durch Haus -arbeit und Ehrenamt.

BIP/BNE bilden daher die Wohlfahrts-entwicklung eines Landes immer wenigerab, zutreffend wird weder die Lebensqua-lität der Menschen noch die Inanspruch-nahme der Natur erfasst. So kann die Politikein Legitimationsproblem bekommen, wenn »Erfolgs-meldungen« bei BIP/BNE nicht mehr dem entsprechen,wie Menschen ihre Lebenssituation wahrnehmen.

Und es ist extrem schwierig, den langfristig unver-zichtbaren ökologischen Umbau der Industriegesell-schaft politisch zu vermitteln, solange BIP und BNE alsLeitindikatoren begriffen werden. Es ist nämlich nichtsicher, ob sie in einer Wirtschaft, die sich am Kriteriumder Nachhaltigkeit und dauerhaften Umweltgerechtig-keit orientiert, weiter wachsen oder nicht doch eheretwas sinken werden.

Anderer Maßstab

Es erscheint also sinnvoll, neue Messgrößen für dieWohlfahrt zu finden. Der »Nationale Wohlfahrtsindex«wurde 2009 entwickelt. Er basiert auf dem privaten Ver-brauch, in der Annahme, dass der Konsum von Güternund Dienstleistungen durch die Haushalte positivenNutzen stiftet und so zur Wohlfahrt beiträgt. Der Ver-brauch wird mit der Einkommensverteilung gewichtet,da ein Zusatzeinkommen in ar men Haushalten mehrzusätzliche Wohlfahrt stiftet als in reichen. Je ungleicherverteilt das Einkommen einer Gesellschaft, desto nied -riger ist dieser Index bei sonst gleichen Bedingungen.

Weiter bezieht er die nicht über den Markt bezahlteWertschöpfung durch Haus arbeit und Ehrenamt ein.Außerdem berücksichtigt er soziale Faktoren – also dieAusgaben des Staates für Gesundheit und Bildung, dieKosten von Kriminalität oder von Verkehrsunfällen –

und ökologische Faktoren: Ausgaben zur Kompensationvon Umweltschäden, Schadenskosten durch die Um -weltbelastung und Ersatzkosten für den Verbrauch end -licher Ressourcen (wie Investitionen in erneuerbareEnergien, wenn das Öl zur Neige geht).

Markante Unterschiede

Die unterschiedliche Entwicklung von BIP/BNE undWohlfahrtsindex deuten darauf hin, dass erstere – unddamit das Wirtschaftswachstum – die Entwicklung desWohlstands nicht angemessen abbilden: Während das

BNE bis 2008 recht stetig ansteigt, nimmtder Wohlfahrtsindex seit einem Höhepunktum das Jahr 2000 ab. Verantwortlich dafürsind be son ders die immer ungleichere Ein-kommensverteilung und negative Folgenfür die Umwelt, speziell die Ersatzkostenfür den Verbrauch endlicher Ressourcen.Positive Faktoren wie der Wert von Ehren-amt und Hausarbeit vermögen dies nichtauszugleichen.

Interessant ist nun auch die Entwicklung der Jahre2008 und 2009: Während das BIP in diesen Jahrenwegen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise dochdeutlich zurückgeht, ist der Wohlfahrtsindex davonweit weniger betroffen. Der markante Unterschied bei-der Zeitreihen deutet darauf hin, dass der Wohlstandeines Landes sich offenkundig anders entwickeln kann,als der Maßstab des BIP es nahelegt. Wir sollten alsoWohlstand nicht nur als Maximierung der Produktionvon Gütern und Dienstleistungen verstehen, sondernauch nach Verteilungsgerechtigkeit und ökologischerVerträglichkeit fragen. Denn dann kommt es nicht nurdarauf an, möglichst viel zu produzieren, sondern auchdarauf, wie produziert wird und wem die Wirtschafts-leistung eines Landes zugutekommt.

Hans Diefenbacher

… lehrt an der Universität Heidelberg/FEST.

Abschied vom Wachstum

Wohlstand anders messenDas Bruttoinlandsprodukt ist bis heute eine heilige Kuh der Ökonomie, Politiker messen ihre Erfolgean seinem Wachstum. Seit Jahren gilt es als der Indikator für Wirtschaftskraft und Wohlstand. Dabeiist es blind für vieles, was unser Leben bereichert. Gefragt sind Alternativen.

Wachstum ohne Ende?

Was Wirtschaftswachstum mit unserem Leben zu tun hat, warum die Wirt-

schaft nicht immer weiter wachsen kann und wie wir wirtschaften können,

um die Erde zu schützen: In einer Broschüre suchen BUNDjugend und BUND

nach Antworten. Illustrationen und Infografiken veranschaulichen kom -

plexe Zu sammenhänge. Die Broschüre im Pixiheft-Format richtet sich an

junge Menschen. Sie informiert und zeigt gezielt Handlungsoptionen auf.

Es gibt sie gegen eine Portopauschale unter � www.bundjugend.de/shop

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Page 17: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 17[2-12] BUNDmagazin 21

Seit einiger Zeit setzt sich zunehmend die Erkenntnisdurch, dass Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Brutto -

nationaleinkommen (BNE) nicht als Maß für Wohlfahrtgelten können. Statistiker haben immer schon betont,dass beide dafür nicht konzipiert wurden. Doch siewidersprachen nicht entschieden genug, als Politik,Medien und die Öffentlichkeit in den letzten 25 Jahrendas BIP immer stärker nutzten, um Erfolg oder Miss -erfolg von Wirtschaft und Wirtschaftspolitik zu messen.Dabei sind die Defizi te von BIP/BNE als Wohlfahrts-rechnung gravierend: Sie berücksichtigen negative Fol-gen der Umwelt- und Ressourcen nutzungebenso mangelhaft wie die Einkommens-verteilung oder die nicht über den Marktvermittelte Wertschöpfung durch Haus -arbeit und Ehrenamt.

BIP/BNE bilden daher die Wohlfahrts-entwicklung eines Landes immer wenigerab, zutreffend wird weder die Lebensqua-lität der Menschen noch die Inanspruch-nahme der Natur erfasst. So kann die Politikein Legitimationsproblem bekommen, wenn »Erfolgs-meldungen« bei BIP/BNE nicht mehr dem entsprechen,wie Menschen ihre Lebenssituation wahrnehmen.

Und es ist extrem schwierig, den langfristig unver-zichtbaren ökologischen Umbau der Industriegesell-schaft politisch zu vermitteln, solange BIP und BNE alsLeitindikatoren begriffen werden. Es ist nämlich nichtsicher, ob sie in einer Wirtschaft, die sich am Kriteriumder Nachhaltigkeit und dauerhaften Umweltgerechtig-keit orientiert, weiter wachsen oder nicht doch eheretwas sinken werden.

Anderer Maßstab

Es erscheint also sinnvoll, neue Messgrößen für dieWohlfahrt zu finden. Der »Nationale Wohlfahrtsindex«wurde 2009 entwickelt. Er basiert auf dem privaten Ver-brauch, in der Annahme, dass der Konsum von Güternund Dienstleistungen durch die Haushalte positivenNutzen stiftet und so zur Wohlfahrt beiträgt. Der Ver-brauch wird mit der Einkommensverteilung gewichtet,da ein Zusatzeinkommen in ar men Haushalten mehrzusätzliche Wohlfahrt stiftet als in reichen. Je ungleicherverteilt das Einkommen einer Gesellschaft, desto nied -riger ist dieser Index bei sonst gleichen Bedingungen.

Weiter bezieht er die nicht über den Markt bezahlteWertschöpfung durch Haus arbeit und Ehrenamt ein.Außerdem berücksichtigt er soziale Faktoren – also dieAusgaben des Staates für Gesundheit und Bildung, dieKosten von Kriminalität oder von Verkehrsunfällen –

und ökologische Faktoren: Ausgaben zur Kompensationvon Umweltschäden, Schadenskosten durch die Um -weltbelastung und Ersatzkosten für den Verbrauch end -licher Ressourcen (wie Investitionen in erneuerbareEnergien, wenn das Öl zur Neige geht).

Markante Unterschiede

Die unterschiedliche Entwicklung von BIP/BNE undWohlfahrtsindex deuten darauf hin, dass erstere – unddamit das Wirtschaftswachstum – die Entwicklung desWohlstands nicht angemessen abbilden: Während das

BNE bis 2008 recht stetig ansteigt, nimmtder Wohlfahrtsindex seit einem Höhepunktum das Jahr 2000 ab. Verantwortlich dafürsind be son ders die immer ungleichere Ein-kommensverteilung und negative Folgenfür die Umwelt, speziell die Ersatzkostenfür den Verbrauch endlicher Ressourcen.Positive Faktoren wie der Wert von Ehren-amt und Hausarbeit vermögen dies nichtauszugleichen.

Interessant ist nun auch die Entwicklung der Jahre2008 und 2009: Während das BIP in diesen Jahrenwegen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise dochdeutlich zurückgeht, ist der Wohlfahrtsindex davonweit weniger betroffen. Der markante Unterschied bei-der Zeitreihen deutet darauf hin, dass der Wohlstandeines Landes sich offenkundig anders entwickeln kann,als der Maßstab des BIP es nahelegt. Wir sollten alsoWohlstand nicht nur als Maximierung der Produktionvon Gütern und Dienstleistungen verstehen, sondernauch nach Verteilungsgerechtigkeit und ökologischerVerträglichkeit fragen. Denn dann kommt es nicht nurdarauf an, möglichst viel zu produzieren, sondern auchdarauf, wie produziert wird und wem die Wirtschafts-leistung eines Landes zugutekommt.

Hans Diefenbacher

… lehrt an der Universität Heidelberg/FEST.

Abschied vom Wachstum

Wohlstand anders messenDas Bruttoinlandsprodukt ist bis heute eine heilige Kuh der Ökonomie, Politiker messen ihre Erfolgean seinem Wachstum. Seit Jahren gilt es als der Indikator für Wirtschaftskraft und Wohlstand. Dabeiist es blind für vieles, was unser Leben bereichert. Gefragt sind Alternativen.

Wachstum ohne Ende?

Was Wirtschaftswachstum mit unserem Leben zu tun hat, warum die Wirt-

schaft nicht immer weiter wachsen kann und wie wir wirtschaften können,

um die Erde zu schützen: In einer Broschüre suchen BUNDjugend und BUND

nach Antworten. Illustrationen und Infografiken veranschaulichen kom -

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Page 18: Natur + Umwelt 2-2012

18 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]

Vor 20 Jahren verhandelten in Rio de Janeiro erst-mals Nichtregierungsorganisationen und Wissen-

schaftler mit den Vereinten Nationen über die Zukunft der Erde. Den Bund Naturschutz (BN) vertraten dabei der damalige Vorsitzende Hubert Weinzierl, der BN-Naturschutzexperte Prof. Gerhard Kneitz und das lang-jährge Beiratsmitglied Prof. Günter Witzsch. Damals wurde zum ersten Mal offiziell anerkannt, dass quan-titatives Wirtschaftswachstum und hemmungsloser Energie- und Ressourcenverbrauch die Lebensgrund-lagen und das Ökosystem Erde insgesamt gefährden. In der Abschlusserklärung verpflichtete sich die Staa-tengemeinschaft »die Gesundheit und die Unversehrt-heit des Ökosystems der Erde […] zu schützen und wie-derherzustellen«. Diese Verpflichtung zum Schutz des Klimas und der Biodiversität in völkerrechtlich ver-bindlichen Verträgen war der Startschuss für die fol-genden Verhandlungen und internationalen Konferen-zen.

Erfolge der Lokalen AgendaDen Gemeinden wiesen die Vereinten Nationen im Aktionsprogramm »Agenda 21« eine besondere Rolle zu, woraufhin gerade in Bayern viele Agenda-21-Grup-pen entstanden, in denen BN-Mitglieder aktiv waren. Auf der Basis der Studie »Zukunftsfähiges Deutsch-land«, einer Gemeinschaftsarbeit unseres Bundes-verbandes BUND und der kirchlichen Entwicklungs-organisation Misereor, entwickelte der BN 1997 einen Forderungskatalog für ein zukunftsfähiges Bayern, der auch heute noch brandaktuell ist. Für alle Lebensberei-che und die Wirtschaft wurden konkrete Vorschläge

gemacht – von der Einsparung von Energie, Ressour-cen und umweltschädlichem Verkehr über den natur-verträglichen Ausbau der Erneuerbaren Energien und den ökologischen Umbau der Wirtschaft bis hin zur Rettung bedrohter Naturräume. Das Engagement des BN und seiner aktiven Orts- und Kreisgruppen hat seit-her viele Erfolge gebracht: Der Biber hat seinen Lebensraum in den bayerischen

Flussauen zurückerobert. Gemeinsam mit vielen Bürgerinitiativen haben wir

Bayern zum Vorreiter bei der dezentralen Strom-erzeugung in Bürgerhand gemacht. Für die ökologi-sche Energiewende und den Ausstieg aus der Atom-energie fanden unzählige Veranstaltungen statt.

Auf Bayerns Äckern wachsen heute keine gentech-nisch veränderten Pflanzen.

Ohne den Widerstand mutiger BN-Aktiver wären noch mehr unnötige Straßen und flächenfressende Siedlungs- und Gewerbegebiete gebaut worden.

Doch trotz dieser Erfolge ist Bayern unterm Strich weit von einer nachhaltigen Entwicklung, wie sie in Rio be-schlossen wurde, entfernt. Viele versuchen, den Begriff der nachhaltigen Entwicklung umzudefinieren – von der bayerischen Staatsregierung über die chemische bis hin zur Kfz- und Flugzeugindustrie. Sie alle spre-chen von einer Gleichberechtigung der drei Säulen Ökologie, Wirtschaft und Soziales, obwohl in Rio dem Schutz der Lebensgrundlagen der klare Vorrang einge-räumt wurde – als Basis allen Wirtschaftens und einer sozialen Entwicklung. Auch vom neuen bayerischen Umweltminister Marcel Huber war bislang keine Kritik zu hören, wenn Ministerpräsident Horst Seehofer den Bau neuer Straßen und Autobahnen, den Ausbau von Flughäfen oder die Kanalisierung der Donau als nach-haltige Entwicklung darstellte. 20 Jahre nach Rio ist der BN damit gefordert, konkrete Taten zur Umsetzung der Rio-Beschlüsse einzufordern. Er tritt gegen den Miss-brauch des Begriffs Nachhaltigkeit ein und gegen das »Grünfärben« der alten zerstörerischen Politik und Wirtschaftsweise.

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Der AutorRichard Mergner ist BN-Landes-beauftragter.

Atom aus, Sonne an!Auf dem Dach der Umwelt-bank Nürnberg: Mit Aktionen wie dieser haben BN und Bürgerinitiativen in den letz-ten 20 Jahren viel erreicht.

Nachhaltiges Bayern

BN fordert Taten statt WorteSeit Rio haben unzählige BN-Aktive in den Kommunen viel für ein zukunftsfähiges Bayern erreicht. Was immer noch fehlt, ist ein klares Bekenntnis der Politik. Sie muss endlich unsere Lebens- grundlagen vor alten, zerstörerischen Wirtschaftsweisen schützen.

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Page 19: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 19

20 Jahre nach der wegweisenden »Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung« von Rio de Janeiro

findet Ende Juni an gleicher Stelle die Konferenz »Rio+20« statt. Als Teil der deutschen Delegation werde ich da ran teilnehmen und – im Rahmen der sicher be-grenzten Mög lichkeiten – mit anderen NGOs versu-chen, einen »Rollback« der Umwelt- und Entwick-lungspolitik zu verhindern.

Wer sind die Blockierer?Rio+20 gibt uns Gelegenheit, schonungslos zu bi lan-zieren und diejenigen beim Namen zu nennen, die eine nachhaltige Entwicklung bis heute blockieren. Zwei Jahrzehnte nach Rio ist dieses Leitbild häufig nur noch eine Worthülse im Zeichen eines schrankenlosen Kapitalismus’, einer Dominanz kurzfristiger Wachs-tums- und Wirtschaftsinteressen und einer Globali-sierung ohne ökologisch-sozialen Rahmen. Der Ver-brauch der Ressourcen wurde nicht verringert, das Wachstum der Weltbevölkerung nicht gestoppt. Den Gipfel nehmen BUND und Friends of the Earth daher zum Anlass, frühere Forderungen zu erneuern – etwa ein auf Unternehmen ausgeweitetes, einklagbares In-formationsrecht und mehr demokratische Beteiligung.

Der BUND begrüßt, dass sich die Konferenzteilneh-mer erneut zu Nachhaltigkeit und Armutsbekämpfung bekennen wollen. Auch peilen sie wichtige Ziele an. So will man Indikatoren entwickeln, die das Bruttosozial-produkt als Messgröße für Wohlstand ergänzen – ohne Frage ein Schlüssel zu nachhaltiger Entwicklung. Doch bleibt die Agenda weit hinter dem zurück, was nötig ist. Eine »grüne« Wirtschaft als Motor für weiteres Wachs-tum verträgt sich nicht mit einer nachhaltigen Ent-wicklung, die die Grenzen des Planeten wahrt, wie sie 1992 in Rio postuliert wurden. Wer es ernst meint mit einer grünen, nachhaltigen Wirtschaft, muss riskan te und schädliche Technologien ausschließen, darf nicht unter dem Credo der »Green Economy« die Atomkraft ausbauen, Flüsse zur Stromgewinnung kanalisieren, Gentechnik oder Kohle verbrennung fördern und sozia-le Schieflagen manifestieren, statt sie zu beseitigen.

Wir brauchen strengere Regeln, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen und die Macht der Fi-nanzmärkte zu brechen. Privatunternehmen lediglich aufzufordern, Aspekte der Nachhaltigkeit zu be rück-sichtigen, ist weit vom Notwendigen entfernt.

Die Basis unserer Existenz schützenDie Konferenz will »einen ganzheitlichen Ansatz für nachhaltige Entwicklung [finden], der die Menschheit

dazu bringt, in Harmonie mit der Natur zu leben«. Doch die bisher geplanten Aktivitäten verengen die Sicht auf natür-liche Ressourcen und markt-basierte Ins trumente, um die Natur zu schützen. Marktinstru-mente wie ökologische Steuern können unter bestimm ten Um-ständen hilfreich sein. Wälder, Moore und andere Ökosysteme bilden jedoch die Basis unserer Existenz und müssen deshalb bedingungslos geschützt wer-den. Den Ressourcenverbrauch deutlich zu senken, muss endlich das verbindliche Ziel aller Industriestaa-ten werden.

Die Landwirtschaft muss strenger reguliert werden, um bestehende Monopole aufzubrechen und die Spe-kulation auf Land und natürliche Güter zu beenden. Die nicht nachhaltige Produktion muss reformiert und der gesamte Agrarsektor auf lokale Märkte, Lebensmit-telsouveränität und bäuerlichen Biolandbau umorien-tiert werden. Zudem muss Rio für die global zuneh-mend bedrohten Böden eine völkerrechtlich bindende Schutzkonvention schaffen.

Die Politik muss klare Grenzen ziehenDas Leitbild der Nachhaltigkeit lässt sich nicht umset-zen, ohne internationale Finanzinstitutionen und die Welthandelsorganisation einzubeziehen und ihnen einen ökologisch-sozialen Rahmen und demokrati-sche Legitimation zu geben. Der Status quo wird sich be stimmt nicht ändern, indem man sie bittet, »ihre programmatische Strategie zu überdenken«, wie es im Beschlussentwurf heißt. Die Politik muss hier absolute Grenzen zum Schutz der Lebensgrundlagen ziehen.

Ähnliche Lippenbekenntnisse kennen wir auch in anderen Vorlagen: Die Probleme werden zwar erkannt, eine Lösung aber nicht präsentiert. Das bloße Verspre-chen, die »Bemühungen zu verdoppeln«, muss ins Leere laufen. In Rio drohen eben die Strategien und Instrumente diskutiert zu werden, die in 20 Jahren keine Besserung gebracht haben. So aber vergibt die Weltgemeinschaft eine große Chance zur Rettung un-serer Lebensgrundlagen. Langfristige Ziele wie die Bekämpfung der sozialen Ungerechtigkeit und des Hungers werden kurzfristigen Interessen im Hier und Jetzt geopfert – statt Demokratie und Zivilgesellschaft zu stärken.

KOMMENTARRio+20

Mehr als Lippenbekenntnisse?Der Autor

Hubert Weiger ist Vorsitzender des BUND und Honorarprofessor an der Universität Kassel.

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Page 20: Natur + Umwelt 2-2012

Löffelkraut. Dann heißt es schnell handeln, denn auf 70 bis 80 Prozent der bekannten Standorte wachsen heute weniger als 100 Individuen. »Das ist eine Art Schallgrenze. Schon bei unter 1000 Stück gilt eine Population als instabil. Unter 100 kann sie von einem Jahr zum ande-ren verschwinden«, sagt Peter Harsch. Er ist Betreuer der Wuchs-

Man denkt ja immer, in Europa seien längst alle Arten erfasst,

kartiert und genauestens beschrie-ben – keine ungehobenen Schätze mehr auf Feld und Flur. Dass dem nicht so ist, hat der Botaniker Robert Vogt bewiesen. 1984 ent-deckte er, dass aus der Kreuzung von Pyrenäen- und Echtem Löffel-kraut eine eigenständige Art ent-standen ist: das Bayerische Löffel-kraut. Das erste offiziell beschriebe-ne Exemplar hat er einer Population bei Katzbrui im Unterallgäu ent-nommen. Heute liegt es als soge-nannter Holotypus sicher verwahrt in der Botanischen Staatssammlung in München.

Doch kaum entdeckt, stellten Wissenschaftler und Naturschützer fest, dass der echte Bayer Probleme

hat: 80 Prozent seiner etwa 30 be-kannten Standorte sind bedroht. Das hängt vor allem mit seinem be-sonderen Lebensraum zusammen. Das Bayerische Löffelkraut ist ein ausgesprochener Spezialist und wächst ausschließlich an Quellen – also dort, wo nährstoffarmes Grundwasser austritt und ganz-jährig fließt. Teilweise siedelt es sich auch an Bachoberläufen und vereinzelt in Gräben sowie Quell-mooren an.

Spezialist unter DruckWas auf den ersten Blick anspruchs-voll aussieht, ist in Wirklichkeit Teil der Überlebensstrategie der schwachwüchsigen Pflanze. Sie wächst dort, wo anspruchsvollere, schnell wachsende Arten nicht überleben können: auf nährstoff-armen Standorten, direkt auf Kalk-gestein oder Torf und ständig von Wasser überrieselt. Ändern sich die Bedingungen nur geringfügig – etwa durch erhöhte Nährstoffzufuhr –, rücken die durchsetzungsfähigeren Arten nach und verdrängen das

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Typisch LöffelkrautDirekt an der Quelle fühlt sich die wintergrüne Pflanze am wohls-ten. Zwischen April und Mai ver-strömen ihre Blüten einen süßen, an Raps erinnernden Duft.

Naturschutz im BN:

Das Bayerische Löffelkraut

Ein echter Bayer braucht Schutz

Das Bayerische Löffelkraut ist ein Endemit. Es wächst nirgendwo sonst auf der Welt – nur in Oberbayern und Schwaben. Mit einem neuen Biodiversitätsprojekt sorgt der BN jetzt dafür, dass es eine sichere Zukunft bei uns hat.

Das Bayerische Löffelkraut(Cochlearia bavarica)

Familie: Kreuzblütler (Brassicaceae)Gattung: Löffelkraut (Cochlearia)Lebensraum: Kalk-QuellbereicheVerbreitung: weltweit ausschließlich im bayerischen VoralpenlandVorkommen: 25 bis 30 Wuchsorte in Oberbayern (EBE, RO, M, WM) und Schwaben (UA, OAL, OA, KF)Blüte: Mai bis JuniStatus: geschützt, stark gefährdet, Endemit

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gebiete in Schwaben und war, e benso wie German Weber (siehe Interview), bereits am schwäbi-schen Vorläuferprojekt »Löffelkraut & Co« beteiligt.

Mithelfen erwünscht!Dass der Lebensraum Quelle heute so unter Druck steht, hängt mit vielen Faktoren zusammen. »Die Klimaerwärmung und die dadurch veränderten Niederschläge spielen eine Rolle, aber auch die intensive Land- und Forstwirtschaft«, erläu-tert Gabriela Schneider. Sie ist für die Wuchsorte in Oberbayern ver-antwortlich und beobachtet auch, dass viele Quellen zur Trinkwasser-gewinnung gefasst, Bäche begradigt und Gräben ausgebaggert werden. Für die Projektmitarbeiter bedeutet das, dass die Standorte laufend besucht werden müssen, um Verän-derungen rechtzeitig festzustellen. Oft gilt es dann, mit den Flächen-eignern und –nutzern zu verhan-deln oder ganz konkret Hand anzu-legen, etwa um konkurrierende Pflanzen zu beseitigen.

Natürlich können die Projekt-betreuer diese Arbeit nicht alleine bewältigen. Sie arbeiten eng mit Partnern wie Naturschutzbehörden und Landschaftspflegeverbänden

zusammen, die bereits zum Schutz des Löffelkrautes aktiv sind. Außer-dem bauen sie ehrenamtliche Be-treuernetze auf. »Wir brauchen Leute, die so zusagen ›das Ohr an der Fläche‹ haben. Menschen, die gerne und viel draußen sind«, er-klärt Gabriela Schneider. »Sie haben die Flächen im Blick und merken sofort, wenn etwas passiert.« Inter-essierte können die Projektbetreuer über die Webseite www.loeffelkraut.de kontaktieren.Heidi Tiefenthaler

Das Biodiversitätsprojekt »Löffelkraut & Co« (2012– 2015) wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundes­ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie mit Mitteln des Bayerischen Naturschutzfonds gefördert.

N+U: Warum hat es Ihnen gerade das Löffelkraut angetan?German Weber: Ich habe meine Diplomarbeit in Mexiko gemacht und dachte wie alle, die tropischen Länder müssten die Artenvielfalt retten. Doch die Ökologen dort sagten: »Ihr habt leicht reden. Ihr habt eure Artenvielfalt ja schon im Mittelalter zer-stört.« Als ich Jahre später das mit dem Löffelkraut hörte, war mir klar: Das ist eine Art, für die Bayern zuständig ist. Da stecke ich meine Energie rein!

Und wie sieht Ihre Arbeit als ehrenamtlicher Projektbetreuer konkret aus?Sehr viel Organisation und Kommunikation. Die A rbeit im Gelände kommt da leider oft zu kurz. Aber man sucht natürlich weiter nach neuen Standorten. Und die offiziellen Kartierungsdaten sind zum Teil sehr alt. Da müssen wir überall wieder hingehen.

Welche Eigenschaften brauchen Sie als Artenschützer? Sicher gehört viel Frustrationstoleranz dazu, weil die Einflüsse von außen immer stärker sind als wir Naturschützer. Außerdem sehr viel Geduld für die Hintergrund- und Büroarbeit. Ein Beispiel: Das aktuelle Projekt zum Laufen zu bringen, hat die BN-Artenschutzreferentin Christine Margraf und mich gut und gerne ein Dreivierteljahr gekostet.

Und was motiviert Sie für diese Arbeit?Das frag’ ich mich auch immer wieder (lacht). Die Möglichkeit, Natur ganz nah zu erleben. Ich sehe eben Flächen, auf die ich sonst nicht kommen würde.

Gab es bereits schöne Erfolge?Ja, wir haben es zum Beispiel geschafft, einen großen Standort in staatlichen Besitz zu überführen und damit langfristig zu sichern. Jetzt kämpfen wir dort endlich nicht mehr ums pure Überleben – das ist schon motivierend.

Welchen Traumzustand wünschen Sie sich am Ende des Projektes?Stabile Populationen mit mehr als 1000 Individuen an allen Standorten. Dann hätten wir einen gewissen Reaktionszeitraum gewonnen und müssten nicht immer gleich alles richtig machen. Wenn wir da hin-kommen und die Standorte langfristig sichern kön-nen, ist das ein sehr großer Erfolg.

»Dafür sind wir zuständig!«German Weber ist Gymnasiallehrer und schon seit Jahren beim BN aktiv. Doch beim Löffelkraut hat es so richtig gefunkt.

Kollegialer AustauschDie Projektbetreuer (v. li.) Peter Harsch, German Weber und Gabriela Schneider an einem typischen Löffelkraut-standort im Unterallgäu.

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weiß, dass der Verband ohne finanziellen Rückhalt viele seiner Projekte und Vorhaben nicht umsetzen könnte.

In den vier Wochen der Ausstellung fanden 75 Bilder eine neue Heimstatt und zieren nun die Räumlich-keiten von Kunstfreunden. Mitte Oktober konnten dann die Vertreter der beiden begünstigten Vereine Gutscheine über je 3210 Euro entgegennehmen. Auch diese erinnerten an Hanne Schlüter: Ihr Ehemann hatte eines ihrer Bilder zur Vorlage genommen und für die Spendenübergabe zu einem Geldschein umgestal-tet.

Der Bund Naturschutz dankt Heiner Schlüter ganz herzlich für seine gute Idee und den Beweis, wie nahe Kunst und Naturschutz beieinanderliegen können. Und wir danken seiner Frau Hanne, die mit ihrem Schaffen viele Kunstbegeisterte dauerhaft erfreuen wird. Ihre Bilder sind von der Schönheit der Natur ins-piriert und werden nun helfen, wieder ein Stück davon zu bewahren!Christian Hierneis

V or fünf Jahren ver-starb die Künstlerin

Hanne Schlüter, Ehefrau des BN-Mitglieds Heiner Schlüter aus Falkenstein in der Oberpfalz. Sie war zeitlebens eine begeis-terte Malerin und schuf im Laufe der Jahre etwa 500 Kunstwerke der ver-schiedensten Stilrich-

tungen. Zunächst nahm sie die Natur zum Vorbild und nutzte Blumen oder Landschaften als konkrete Vorla-gen für ihre zum Teil impressionistischen Bilder. Später ließ sie ihrer Fantasie mehr und mehr freien Lauf und malte fantastische Vögel und Kobolde. Schließlich ge-langte Hanne Schlüter zur – wie sie es nannte – »Bio-morphen Abstraktion« und ließ sich von Formen und Figuren aus der Natur zu außergewöhnlichen und bun-ten Kreationen inspirieren – zu Bildern, die mit ihrem Farben- und Formenreichtum Kinder wie Erwachsene gleichermaßen begeistern.

Kunstwerke erfreuen neue Besitzer Im Hause von Heiner Schlüter lagerten diese Werke in ihrer großen Bandbreite. Ihm war schnell klar, dass dies nicht ihre letzte Bestimmung sein konnte. Im Sep-tember 2011 schließlich stellte er einen großen Teil der Bilder im wunderschönen Ambiente des Alten Lok-schuppens in Falkenstein aus. Heiner Schlüter gab bereits im Vorfeld bekannt, dass er den gesamten Verkaufserlös der Vernissage spenden würde. Die eine Hälfte sollte an den »Verein zur Förderung krebskran-ker und körperbehinderter Kinder Ostbayern e. V.« gehen, die andere an den Bund Naturschutz. Für diese beiden Vereine hatte sich Heiner Schlüter aus zwei Gründen entschieden: Seine Frau starb an Krebs, des-halb wollte er in diesem Bereich helfen. Außerdem ist er seit vielen Jahren überzeugtes BN-Mitglied und

Nachahmer gesucht!Möchten auch Sie helfen – etwa mit einer Spenden aktion zu Ihrem Geburtstag oder zu einem Jubiläum? Wir unterstützen Sie bei der Vorberei-tung mit diesen Materialien: Textbausteine für Ihr Einladungsschreiben Spendenbox Infoblätter für Ihre Gäste Aufkleber für Ihre EinladungskartenFordern Sie einfach unser Infopaket mit der Karte am Heftende an.

AusdrucksstarkKünstlerin mit Freude an der Natur und Farben: Hanne Schlüter.

Kunstvoll verpacktHeiner Schlüter (Mitte) überreicht BN-Landesvorstand Christian Hierneis einen symboli-schen Geldschein. Rechts Thomas Dengler, Bürger-meister der Ge-meinde Falken-stein.

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Vernissage mit Mehrwert

Kunst für die NaturHanne Schlüter war Malerin und ließ sich zeitlebens vom Farb- und Formenreichtum der Natur inspirieren. Vergangenes Jahr präsentierte ihr Ehemann Heiner ihr Lebenswerk in einer Ausstellung. Den Erlös spen-dete er zur Hälfte dem BN.

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So stellte sich auch der Stadtrat von Leutershausen im Landkreis Ansbach gegen die ablehnende Hal-

tung der Behörden zum geplanten Neubaugebiet. Man müsse dem vorhergesagten Bevölkerungsrückgang mit günstigem Bauland entgegenwirken, erklärten die Be-fürworter im Januar. Dabei pfeifen es die Vögel seit Jah-ren von den Dächern: Die Bevölkerung Bayerns wird weiter sinken – die Boomregion um München ist da nur noch eine der wenigen Ausnahmen. Auch deshalb legen Behörden und Planungsverbände immer öfter ihr Votum gegen Neubaugebiete ein. Das bayerische Bündnis zum Flächensparen und das Referat Boden-schutz im Umweltministerium haben auf dieses Um-denken beharrlich hingearbeitet. Trotzdem hat der Freistaat den höchsten Flächenverbrauch im bundes-weiten Vergleich. Unverbauter Boden geht vor allem im ländlichen Raum verloren, wo die höchsten Versiege-lungsgrade pro Kopf erreicht werden. 2010 verschwan-den täglich 20,8 Hektar Fläche unter Siedlungen, Ge-werbegebieten und Verkehrsflächen – eine Steigerung von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Mehr Häuser – weniger NaturDass neue Wohngebiete am meisten Fläche fressen, weiß kaum jemand. Zusammen mit den Erschlie-ßungsstraßen sind sie für etwa 50 Prozent des Landver-brauches verantwortlich. Sichtbar wird der Flächen-fraß vor allem bei geplanten Großprojekten, wie der dritten Startbahn am Flughafen München oder beim Gewerbegebiet Interfranken. Tatsächlich schwindet der meiste Boden aber fast im Stillen an vielen Orten überall in Bayern. Besonders bedenklich: die weiter ab-nehmende Siedlungsdichte. Selbst in Kleinstädten, wo traditionell ein kompaktes Ortsbild vorherrscht, wer-

den nur noch Einfamilienhäuser errichtet. Hier muss wieder städtisch gebaut werden! Einige schrumpfende Gemeinden wie Kaufbeuren zahlen sogar Ansiedlungs-prämien beim Kauf von Grundstücken. Und auch süd-bayerische Wachstumsregionen heizen den Flächen-verbrauch mit günstigem Bauland für Einheimische an. Vorbildliche Ausnahme: ein vergleichbares Modell im Bestand, wie es die Gemeinde Mauerstetten anbie-tet. Solange die kommunale Planungshoheit ein Frei-brief für den Verbrauch von Landschaft ist und die Landratsämter als Aufsichtsbehörden untätig bleiben, wird sich am Flächenverbrauch nichts ändern. Um lan-desplanerische Ziele künftig besser durchzusetzen, müssen Flächennutzungspläne von der Regierung ge-nehmigt und besser mit der Bevölkerungsentwicklung und dem Siedlungsflächenbedarf harmonisiert wer-den. Tom Konopka, Thomas Frey

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Alles verbaut und zersiedelt?Nicht mit uns! Mit der Aktion »Bayerns Schönheit bewah­ren« zeigt der BN, wie es besser geht: www.bund­natur­schutz.de/projekte/flaechenaktion infos.html

Jedem sein Häuschen?50 Prozent der verbrauchten Flä-che verschwinden in Bayern unter neuen Wohnge-bieten.

Neubaugebiete gegen Bevölkerungsschwund?

Falsche Rezepte für die ZukunftBehörden und Planungsverbände sprechen sich immer öfter gegen Neubaugebiete aus. Das ficht manche Kommunen aber nicht an. Sie arbeiten bei der Raumplanung weiterhin mit Konzepten von gestern.

Erfreuliche AusstellungsbilanzWie wohnen – wo leben?Laut Claus Hensold vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) war die vom BN federführend konzipierte Ausstellung zum Flächensparen »Wie wohnen – wo leben?« mit 125 Präsentationsorten eine der erfolgreichsten

Umweltschutzausstellun-gen Bayerns. Seit Mitte 2006 tourte sie durch alle Landkreise – engagiert betreut durch das LfU. »Wir konnten die Aus-stellung auch bundesweit auf Kongressen und im Ausland zeigen und er-hielten viel Lob für die allgemein verständliche Darstellung«, so Hensold weiter. Innerhalb von Bay-

ern hat die Präsentation fruchtbare Diskussionen über eine bessere Innen-entwickung ausgelöst und etliche Bundesländer orientieren sich bei ähn-lichen Vorhaben an der bayerischen Ausstellung. Sie war ein Gemein-schaftsprojekt des bayeri-schen Bündnisses zum Flächensparen. Koopera-tionspartner waren das

Umweltministerium, die Oberste Baubehörde, die Bayerische Architekten-kammer, die Vereinigung der Stadt-, Regional- und Landesplanung sowie der BN. Ein wesentlicher Er-folgsfaktor war auch die Unterstützung der BN-Gruppen. Sie halfen bei der Organisation und suchten nach neuen Aus-stellungsorten.

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Diese Frage stellten sich die Teil-nehmer einer hochkarätig besetz-ten Podiumsdiskussion auf der BioFach-Messe Mitte Februar in Nürnberg. Zu Gast war Vandana Shiva, indische Wissenschaftlerin, Anti-Gentechnik-Aktivistin, Träge-rin des Alternativen Nobelpreises und eine der wichtigsten Prota-gonistinnen der globalisierungs-kritischen Bewegung. Shiva (im

Bild Mitte) berichtete vom Kampf gegen die rücksichtslosen Patent-ansprüche der großen Agro-und Saatgutkonzerne. Der BN-Vor-sitzende Hubert Weiger und die ehemalige Bundeslandwirtschafts-ministerin Renate Künast (im Bild links) wiesen darauf hin, dass sich mit dem Kauf von fair gehan-delten Biolebensmitteln viel be-wirken lasse.

Quer übereinander liegen Tausende silbergraue Fichten, in sich verkeilt – dazwischen ragen junge Bäume heraus, frisches Grün. So präsentiert sich der Nationalpark Baye-rischer Wald, ein halbwil-der Wald im Übergang. Die Antwort auf die Frage, ob dieser Wald

schön sei, ob er ein Aus-hängeschild oder einen Schandfleck darstelle, fällt seit 40 Jahren unter-schiedlich aus. Der Journalist und Fotograf Herbert Pöhnl, im Wald zu Hause und Zeitzeuge der ersten Parkstunde, berichtet in seinem neuen Buch »Der halb-

wilde Wald« von Kämp-fen und Widerständen, Erfolgen und Begeiste-rung für den National-park. In einem Fundus an teils bislang kaum be-kannten Aspekten zeich-net Pöhnl die Geschichte des Parks nach, lässt Gegner und Befürworter zu Wort kommen. Eine

beiliegende DVD bietet Zusatztexte, unter ande-rem vom BN-Vorsitzen-den Hubert Weiger, und führt die werdende Wild-nis in vier Filmen ein-drücklich vor Augen. Herbert Pöhnl: Der halb­wilde Wald. Oekom Ver­lag, 269 Seiten plus DVD. 24,95 Euro.

Wem gehört die Welt?

Eine Allianz von sieben Naturschutzverbänden – darunter der Bund Naturschutz – hat sich Anfang März mit einer Petition an den Landtag gewandt, um die ge-plante Aufrüstung der künstlichen Beschnei-ung im Skigebiet Sudel-feld zu stoppen. Dort sind unter anderem der Bau eines 175 000 Kubik-

meter großen Speicher-sees im Bereich der Walleralm (Bild), die Ausweitung der Be-schneiungsfläche von 20 auf 71 Hektar und insgesamt 250 Schnee-kanonen vorgesehen. Mit ihrer Eingabe wollen die Verbände erreichen, dass die geschützte Landschaft im Mangfall-gebirge vor einer weite-

ren Technisierung be-wahrt bleibt und in Zei-ten des Klimawandels keine staatlichen För-dermittel für solch kurz-sichtige, nicht zukunfts-fähige Maßnahmen ver-schwendet werden.

Skikanonen: Petition gegen Aufrüstung am Sudelfeld

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Vor einem Jahr beschloss die Bayerische Staatsregierung an-gesichts der Atomkatastrophe in Fukushima und der Massen-proteste gegen Atomkraft ein neues Energiekonzept und richtete eine Energieagentur unter Führung von Wirtschafts-minister Martin Zeil ein. Der

Bund Naturschutz hat sich seit-her an mehreren Arbeitsgrup-pen der Agentur beteiligt. Doch »die Zwischenbilanz der Arbeit in der Energieagentur ist äußerst dürftig«, urteilt der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner. Statt das Energiespa-ren und den dezentralen Aus-

bau der Erneuerbaren Energien zum Schwerpunkt zu machen, arbeite Zeil an der Zerschla-gung der Fotovoltaik-Strom-erzeugung und lasse sich von den Vertretern der Atomkonzer-ne und Großkraftwerke leiten. Unterdessen hat der BN hat ge-meinsam mit der Energieagen-

tur Nordbayern die Stromspar-potenziale Bayerns analysiert: Vierzig Prozent Reduktion des Stromverbrauchs sind dem-nach heute bereits möglich und wirtschaftlich.

Energieagentur Bayern behindert Erneuerbare Energien

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Zeichen für frei fließende Donau

Nein zum Brennerbasistunnel

Mahnwachen und Demos am Fukushima-Jahrestag

»Auf ein Wort!« hieß es heuer wieder beim Umweltascher-mittwoch in Plattling. Vor vollem Saal mahnten der BN-Vorsitzende Hubert Weiger, Manfred Braun vom Landes-

fischereiverband und Christian Stierstorfer für den Landesbund für Vogelschutz eine Wende in der bayerischen Umweltpolitik an. Ein Schwerpunktthema war bei allen Rednern die nieder-

bayerische Donau. »Wenn Ihr Frieden im Lande haben wollt, dann lasst endlich die Hände von der frei fließenden Donau!«, stellte der BN-Vor-sitzende Hubert Weiger klar.

Mitte März tagte in Straubing zudem der Bayerische Heimat-tag, ein Zusammenschluss von Bund Naturschutz, Landesver-ein für Heimatpflege und dem

Verband Bayerischer Ge-schichtsvereine. Die Initiative des Heimattags, der nieder-bayerischen Donauregion den Titel eines UNESCO-Welterbes zu verleihen, erhielt dabei offizielle Unterstützung von neun Kommunen, darunter den Städten Straubing und Deggendorf.

Der Bund Naturschutz lehnt den geplanten Brennerbasistunnel in-klusive einer Schnellbahnstrecke als Zubringer ab. Wie mehrere Studien zeigen, würde der Bahn-zubringer die Inntalautobahn nicht wesentlich vom Güterver-

kehr entlasten. Stattdessen wür-den Milliarden verschwendet, die anderswo besser eingesetzt wer-den könnten, zum Beispiel beim Ausbau der nördlichen Zulauf-strecken zum Gotthard-Tunnel und zur Tauern-Bahnachse.

Am 11. März 2012, dem Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fuku-shima, kamen an mehreren bayeri-schen Orten Tausende Menschen zusammen, um der Katastrophe zu gedenken und gegen Atomkraft zu demonstrieren. Allein in Gund-remmingen (Bild) waren es 3000 Menschen. An dem schwäbischen AKW-Standort laufen auch heute noch zwei besonders gefährliche Siedewasserreaktoren vom »Typ Fukushima«; 2011 erhielten diese

sogar eine Laufzeitverlängerung über den rot-grünen Atomausstieg hinaus bis 2017 beziehungsweise 2021. Weitere Mahnwachen und Anti-Atom-Proteste gab es am AKW-Standort Niederaichbach bei Landshut sowie in Bamberg, Eich-stätt, Fürth, Ingolstadt, Mitterteich, Schwabach und Schweinfurt.

Links rechts untenwww.twitter.com/ bundnaturschutzSchneller geht’s nicht: Mit dem BN-Twitterkanal bleibt man stets auf dem Laufenden, egal ob zu Hause, im Büro oder unterwegs.

www.savemynature.comWer sich über Umweltschutz austauschen und etwas anstoßen will: Eine Landkarte zeigt Akti-vitäten, Stadtoasen, Bioläden, Umweltsünden und mehr.

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F euchte Wiesen sowie Ufer von Gräben und Bächen

sind die bevorzugten Lebens-räume des Echten Mädesüß (Filipendula ulmaria). In dol-denartigen Blütenständen ent-faltet das bis eineinhalb Meter hohe Rosengewächs im Früh-sommer seine cremeweißen kleinen Blüten. Ihr herbsüßer Duft wird meist als angenehm empfunden und kann so stark sein, dass ihn selbst weniger aufmerksame Spaziergänger wahrneh-men.

Ihre Vielseitigkeit hat der Pflanze ganz unterschiedliche Namen eingetragen: »Mädesüß« soll von Met abgeleitet sein, den man angeblich damit aromatisierte. »Bienenkraut« hieß sie, weil die fleißigen Tierchen sie mögen und Imker damit ihre Bienenstöcke ausrieben. Der Name »Johanniswedel« erinnert daran, dass das Mädesüß einst zu Johanni (24. Juni) gesammelt und zusammen mit anderen Pflanzen zu einem magischen Kräuterbü-schel zusammengebunden wurde. Und der Volksname »Wiesenkönigin« schließlich zeugt von der Beachtung, die das auffallende Kraut in alten Zeiten fand. Vermut-lich ist es das von Plinius, dem römischen Feldherrn und Naturwissenschaftler, als Heilpflanze der keltogal-lischen Druiden beschriebene »rodarum«.

In der früheren Volksmedizin wurde Mädesüß gegen unterschiedlichste Krankheiten wie Gicht, Pest, Toll-wut, Frauenleiden oder Krämpfe eingesetzt. Schulme-dizinisch anerkannt ist der Blütentee zur unterstützen-den Behandlung von Erkältungskrankheiten. In der modernen Volksmedizin gilt dieser auch als hilfreich bei rheumatischen Beschwerden.

Neben ätherischem Öl und Flavonoiden ent-halten die Blüten Salicylsäureverbindungen. Ehe

man Salicylsäure synthetisch herstellen konn-te, wurde sie aus Pflanzendrogen wie

Weidenrinde und Mädesüßblüten extra-hiert. In den Namen des Schmerz- und

Fiebermittels Aspirin ist der frühere wis-senschaftliche Name des Mädesüß einge-

gangen: Spiraea ulmaria (Spierstaude).Die jungen Blätter können Wildgemüse

zugegeben werden. Insbesondere aber schätzen naturkundige Köche die jungen Blüten zur Aromatisierung von Süßspei-sen, Getränken, Gelees (siehe Kasten), Marmeladen, Desserts, Essig und Öl. Aber Achtung! Bei Überempfindlichkeit gegen Salicylsäure darf Mädesüß weder arzneilich noch kulinarisch eingesetzt werden.

Das Mädesüß ist eine charakteristische Pflanze der Bachuferflur, die sich am Rande

kleiner Wiesenbäche und Gräben ausbildet. Durch den Einbau von Dränröhren, zu häufige

und radikale Räumung, Grundwasserabsenkung und dadurch bedingtes Trockenfallen sowie über-

mäßigen Nährstoffeintrag sind heute auch diese vom Menschen geschaffenen nährstoffreichen Le-

bensräume gefährdet. Der Bund Naturschutz weist deshalb immer wieder auf ihre ökologische Bedeu-tung und Schutzwürdigkeit hin. So bieten sie etwa Überwinterungsmöglichkeiten für Amphibien und sind typische Standorte feuchtigkeitsliebender Pflan-zenarten wie Sumpfdotterblume, Sumpfvergiss-

meinnicht, Sumpfstorchschnabel oder Blutweiderich.

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Die AutorinDr. Gertrud Scherf hat mehrere Pflanzenbücher verfasst.

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So duftet der junge Sommer! Wenn die »Wiesenkönigin« am Bachufer blüht, fängt

die schönste Zeit des Jahres gerade an.

Wildpflanzen im Portrait

Das Echte Mädesüß

Buchtipp: Wildkräuter & WildfrüchteIn ihrem neuen Buch zeigt unsere Autorin Gertrud Scherf, was die Natur jeden Monat neu an Köstlichem zu bieten hat und wie man daraus leckere Gerichte be reitet. BLV-Verlag, ISBN 978-3-8354-0718-3, Euro 14,95. Bestellung unter Tel. 0 91 23 - 99 95 70, [email protected]

Mädesüß-GeleeMit seinem besonderen Aroma schmeckt dieses Gelee, sparsam verwendet, nicht nur als Aufstrich, sondern auch zu Käse oder Braten.

5 – 7 Mädesüß-Blütenstände1 Biozitrone1/2 l Wasser1/2 l Apfelsaft1 kg Gelierzucker (1:1) Wasser und Apfelsaft mischen und in ein Glas-

oder Porzellangefäß schütten. Blütenstände sanft ausschütteln, kurz waschen,

vorsichtig trockenschütteln und in die Flüssigkeit legen.

Zitrone in Scheiben schneiden und ebenfalls in die Flüssigkeit geben.

Gefäß zugedeckt 24 Stunden stehen lassen. Flüssigkeit durch ein Haarsieb abseihen und in

einem Kochtopf zusammen mit dem Gelierzucker nach Packungsanweisung bis zur Gelierprobe ko-chen. Zwischendurch immer wieder den Schaum abschöpfen.

Gelee kochend heiß in Schraubdeckelgläser füllen und diese sofort verschließen.

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Der Bund Natur-schutz setzt sich dafür ein, artenreiche Stadtbrachen und geeignete Nistplätze für unsere Gebäude-brüter zu erhalten – auch zum Schutz des Mauerseglers.

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München stimmberechtigt ist: Bitte am 17. Juni ins Wahllokal gehen und gegen die dritte Startbahn stimmen!

Aktionsbündnis immer breiterUnd nicht zuletzt: Der Widerstand gegen die dritte Startbahn wird immer stärker. Am 24. März protes-tierten mehrere Gruppen gegen Fluglärm und Ausbaupläne an deut-schen Flughäfen. In München ver-sammelten sich 700 Menschen zu einem Picknick im Terminal 2. Das Motto: »Wir wollen auch einmal in Ruhe Brotzeit machen!« Das Bünd-nis AufgeMUCkt und der BN hatten zu der Aktion aufgerufen. Entstan-den ist die Idee während eines sehr inspirierenden Besuchs britischer Aktivisten in München. Sie hatten am Flughafen London Heathrow eine dritte Bahn erfolgreich verhin-dert. Die Jugendorganisation Bund Naturschutz (JBN) hatte die Briten eingeladen und sich für die Flug-lärmdemo starkgemacht. Dieses Engagement ist wichtig, denn hier geht es um eine lebenswerte Zu-kunft für die Jugend. Und hierfür sind nicht Luxusprojekte zulasten endlicher Ressourcen, sondern wir-kungsvoller Klimaschutz und der Erhalt unserer natürlichen Lebens-grundlagen nötig.Christine Margraf

W ie hieß es 2006 in den Hochglanzbroschüren des

Münchner Flughafenbetreibers FMG? »Eine Inbetriebnahme der dritten Startbahn ist für 2011 ge-plant.« Daraus ist nichts geworden. Seit dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2012 ist zudem endgültig klar: Der Sofortvollzug des Start-bahnbaus ist vom Tisch! Einer Emp-fehlung des Gerichts folgend hat die Staatsregierung Mitte Januar ent-schieden, auf die Möglichkeit eines sofortigen Baubeginns zu verzich-ten. Das Verfahren ruht, bis grund-sätzlich über den Ausbau entschie-den wurde. Ein Etappensieg für den Bund Naturschutz (BN), der vor dem bayerischen Verwaltungsge-richtshof sowohl gegen den Sofort-vollzug als auch gegen den Bau der dritten Startbahn generell klagt (siehe N+U 1­12). Der Zeitplan der FMG konnte also bereits um fünf bis sechs Jahre verzögert werden – gut für Anwohner, Natur und Klima.

Flugbewegungen rückläufigDer BN ist auch zuversichtlich, dass das Bauvorhaben komplett ge-stoppt werden kann. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass eine weitere Startbahn nicht nötig ist. So stagniert die Zahl der Flugbewegun-gen am Münchner Flughafen seit 2008 oder nimmt sogar ab. Seit Be-ginn der Planungen im Jahr 2005 ist die Zahl der Flugbewegungen nur um insgesamt 2,8 Prozent gewach-sen, vorhergesagt waren 2,8 Prozent pro Jahr. Diese Entwicklung hängt mit den Wirtschaftskrisen und dem steigenden Ölpreis ebenso zusam-men wie mit der aus Kostengründen forcierten Verwendung größerer Flugzeuge. Dass die Auslastung nicht zunimmt, weil der Flughafen eben schon dicht sei – wie die FMG gebetsmühlenartig beteuert – ist wenig glaubwürdig: 2008 gab es deutlich mehr Starts und Landun-gen als heute – und auch nur zwei Bahnen.

Ein weiterer Zwischenerfolg: Ein engagiertes Bündnis, in dem auch der BN mitarbeitet, hat genügend Unterschriften für einen Bürger-entscheid gegen die dritte Startbahn gesammelt. Da der Münchener Stadtrat ein Ratsbegehren für den Ausbau eingeleitet hat, wird es im Juni zu einer Entscheidung über beide Fragen kommen. Wer also in

Jetzt unterschreiben!Falls Sie nicht in München wohnen: An der BN­Online­petition gegen die dritte Startbahn kann sich jeder bay­erische Bürger be­teiligen. Unterzeich­nen, spenden und Aktuelles erfahren unter www.dritte­startbahn­stoppen.de.

Bunt und bayerischProtestpicknick im Münchner Flug-hafen: Hingucker waren die vielen kreativen Aktionen, mit denen bei-spielsweise promi-nente Starbahn-befürworter auf’s Korn genommen wurden.

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Bürgerentscheid in München

Gegen die dritte Startbahn stimmen!Die Regierung verzichtet vorerst auf ihr Recht, sofort mit dem Flughafenausbau im Erdinger Moos zu beginnen. Damit war die erste Klage des BN bereits erfolgreich. Nun geht es darum, das unsinnige Projekt mit der Hauptklage und dem Bürgerent-scheid komplett zu verhindern. Die Zeichen dafür stehen günstig!

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Die Projektgruppe Straßenbäu-me gründete sich 1992 und

wälzte Pläne, analysierte Statistiken, führte Vergleiche mit anderen Städ-ten durch und durchstreifte die Stadt. Ein objektives Bild entstand, das sich bis heute nicht wesentlich verändert hat: Im amtlichen Baum-kataster sind Ende 2010 rund 26 000 Straßenbäume erfasst. Das bedeu-tet, dass sich in der fränkischen 500 000-Einwohner-Metropole im Schnitt 19 Einwohner einen Stra-ßenbaum teilen müssen. An den rund 1100 Kilometern städtischer Straßen findet sich nur alle 42 Meter ein Baum. In Wohngebieten gibt es kilometerlang Straßen ohne jedes Grün. Ein Städtevergleich mit zwölf deutschen Großstädten verdeut- licht die Defizite in Nürnberg: Hier nimmt Nürnberg den wenig rühm-lichen zwölften Platz ein. Von Größe und Einwohnerzahl vergleichbare Städte wie Bremen und Leipzig kön-nen 68 000 beziehungsweise 55 000 Straßenbäume vorweisen, was einem Baum für acht bis neun Ein-wohner entspricht. Auch die Pflege der Bäume und Baumscheiben in

Nürnberg ließ in den vergangenen Jahren sehr zu wünschen übrig.

Daher gibt es bis heute reichlich Arbeit für die Lobbyisten der Stra-ßenbäume in der Kreisgruppe Nürn-berg. Schwerpunkt ist eine kontinuier-liche Öffentlichkeits-arbeit, die darauf ab-zielt, die Wertschät-zung für die Straßen-bäume zu erhöhen und das Augenmerk von Politik und städ-tischer Verwaltung auf dieses Thema zu lenken. Nach zahl-losen Aktionen der Projektgruppe zeich-nen sich nun erste Erfolge der Arbeit ab: Das Thema ist im Rathaus und bei der Stadtspitze angekommen und es besteht Hoffnung, dass sich Nürn-berg im Ranking der deutschen Großstädte langsam nach oben ar-beitet. Mathias Schmidt (hl)

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Honig – Geschmack einer Land-schaft: Mit diesem Titel und den dazu gehörenden Honigprodukten hatte sich die BN-Kreisgruppe Neustadt/Aisch – Bad Windsheim gemeinsam mit der Kreisimker-schaft beim 1. Spezialitätenwett-bewerb der Metropolregion Nürn-

berg beworben und wurde im Herbst 2011 in die »Kulinarische Landkarte« aufgenommen. Mit ihrer Bewerbung wiesen BN und Imker auf die Bedeutung eines vielfältigen Blütenangebotes und den Erhalt von blühenden Wiesen, Hecken und Streuobstbeständen hin. Ein wichtiges Beurteilungs-kriterium war auch die Gentech-nikfreiheit des Produktes.

Fotoausstellung »Reichswald in Not«: Seit zwei Jahren setzt sich die Bürgerinitiative Moosbach/Birnthon gemeinsam mit der BN-Kreisgruppe Nürnberger Land dafür ein, den Nürnberger Reichs-wald vor einer gigantischen Lkw-

Rastanlage an der A6 zu bewahren. Unterstützung bekam die Initiative vom Nürnberger Fotografen Her-bert Liedel mit seiner Fotoausstel-lung »Reichswald in Not«, die im November 2011 in der Feuchter Sankt-Jakobs-Kirche zu sehen war. Bei der Eröffnung appellierte der BN-Regionalreferent Tom Konop-ka an die Anwesenden, öffentlich wieder mehr Stellung zu beziehen: »Wir brauchen Künstler wie Her-bert Liedel, die mit ihrer Kunst den Finger in die Wunde legen.«

FOC gestoppt: Im Dezember 2011 hat das bayerische Wirtschafts-ministerium entschieden, das ge-plante Factory-Outlet-Center der

Firma Carlo Colucci an der Auto-bahn A 6 bei Herrieden im Land-kreis Ansbach nicht zu genehmi-gen. Der BN hatte sich mit einer fachlichen Stellungnahme und in etlichen Gesprächen gegen das FOC starkgemacht. Die Spitze des Protestes bildeten die umliegen-den Städte wie Ansbach unter Oberbürgermeisterin Carda Seidel. Mit einem Brief bedankte sich der BN im Januar bei Wirtschafts-minister Zeil.

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Grau und GrünIn Nürnberg werden zu viele Straßenbäume gefällt und zu wenige gepflanzt. Ein trostloses Straßenbild ist die Folge. Dabei geht es auch anders, wie von BN-Baumpaten üppig bepflanzte Areale zeigen.

Kreisgruppe Nürnberg-Stadt

Lobbyarbeit für StraßenbäumeAm Anfang war es der subjektive Eindruck: In Nürnberg gibt es viel zu wenig Bäume, besonders in den dicht besiedelten Gebieten der Kernstadt. Seit nunmehr 20 Jahren setzt sich deshalb die »Projekt-gruppe Straßenbäume« der Kreisgruppe dafür ein, die Wertschätzung für Bäume in der Stadt zu erhöhen.

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ten die Feuerwehrleute 6,5 Tonnen tote Fische bergen.

Die BN-Kreisgruppe Altötting fordert eine lückenlose Aufklärung des Unfalls. Verursacher, Behörden und Bevölkerung müssen offen mit-einander reden, um die Unfallursa-chen zu klären. Ähnliche Ereignisse und die damit verbundenen Gefah-ren für Fauna, Grund- und Trink-wasser müssen für die Zukunft aus-geschlossen werden, zum Beispiel durch geeignete Sicherheitsmaß-nahmen an den Chemieanlagen. Da die Alz für die Fischpopulation des Inn besonders bedeutsam ist, arbeitet die BN-Kreisgruppe seit Jahren daran, den Flusslauf und das Ufer zu renaturieren und das FFH-Gebiet vor Eingriffen zu schützen. Im Jahr 2008 gelang es, Ausbagge-rungen an der Alzmündung zu ver-ringern und den Baggerzeitpunkt vor die Laichzeit der Fische zu schieben, sodass wichtige Kiesbän-ke als Laichplatz erhalten blieben. Jetzt gilt es, diese Kiesplätze beson-ders zu schützen, damit die Fisch-population wieder wachsen kann. Gerhard Merches (jtw)

Die Alz ist einer der wenigen Kiesflüsse im Einzugsbereich

des Inns und als solcher essenziell wichtig für die Reproduktion eines natürlichen Fischbestandes in Ost-bayern. Ab Emmerting ist die Alz flussabwärts als Naturschutz- und FFH-Gebiet ausgewiesen. Der Che-mieunfall und das eingeleitete Gift scheinen die Tierwelt des Flusses nachhaltig zerstört zu haben.

Nach Angaben der Betreiberge-sellschaft des Industrieparks, der

InfraServ Gendorf, gelangte in der Nacht vom 6. auf den 7. März durch ein fehlerhaft geöffnetes Ventil ein Waschmittelrohstoff über die Ab-luftreinigungsanlage auf das Dach der Chemiefirma Clariant und ging dort in Flammen auf. Der Brand konnte zwar schnell gelöscht wer-den, doch das Löschwasser, das die giftigen Stoffe aufgenommen hatte, gelangte ins Kanalsystem und un-bemerkt weiter in die Alz – neun Stunden lang. Infolgedessen muss-

VergiftetMehrere Tonnen von toten Fischen sind ein schlimmer Anblick – und doch nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Der Chemieunfall vergiftete das Ge-wässer insgesamt. Bis es sich erholt hat, braucht es Zeit und besonderen Schutz.

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Hähnchenmast: Massentierhal-tung ist nicht nur Tierquälerei, sondern auch eine Belastung für die Umwelt. Die BN-Kreisgruppe Freising hatte deshalb gegen eine geplante Hühnermastfabrik in Zolling geklagt – mit Erfolg: Bei der Gerichtsverhandlung Ende März hoben die Richter den Genehmi-

gungsbescheid des Landratsamts Freising für die Anlage auf. Zu-nächst muss es laut Gericht eine Verträglichkeitsprüfung für das nahe gelegene FFH-Gebiet Amper-tal (Bild) geben, wo die Stickstoff-belastung durch den Bau der Fab-rik sehr stark ansteigen würde. Der BN kämpft weiter dafür, den Bau

letztlich zu verhindern.

Keine Deponie: Die Be-völkerung von Wellheim und die Bewohner des Ortsteils Hard sind be-unruhigt. Direkt neben einem Wohngebiet soll hier eine Anlage zum Quarzabbau entstehen.

Der BN befürchtet, dass es sich um eine Deponie für Elektroofen-schlacke handelt, die unter fal-schem Vorwand gebaut werden soll. Die Daten in den Verfahrens-unterlagen deuten darauf hin, dass die abbaubaren Quarzvorräte so gering sind, dass der Bau einer sol-chen Anlage nur für den Quarz-abbau nicht gerechtfertigt wäre. Deshalb hat die BN-Ortsgruppe Wellheim mit Unterstützung der Kreisgruppe Eichstätt eine Stel-lungnahme erarbeitet und Ende Januar den Behörden übergeben.

Klimaschutz: Dass Klimaschutz Spaß macht und dass jeder etwas dafür tun kann, zeigen die Schüler

des Ernst-Mach-Gymnasiums in Haar. Sie sind als Energiescouts aktiv, pflegen einen Schulgarten und sammeln bei der Haus- und Straßensammlung für den BN. Die Schülergruppe »Green Revolution« hatte für den 13. Januar eine Veranstaltung mit vielen verschie-denen Aktionen und Vorträgen organisiert. Neben einer Kleider-tauschbörse und einem alterna-tiven Kaufhaus sprachen sie mit den Besuchern über kleine und große Klimasünden im Alltag und erarbeiteten Lösungen.

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Kreisgruppe Altötting

Chemieunfall tötet Fische in der AlzBei einem Brand am 6. März im Industriewerk Gendorf ist giftiges Löschwasser in die Alz gelangt. Das Wasser wurde verseucht, über sechs Tonnen Fische wurden getötet sowie die gesamte Fauna auf 15 Kilometern Länge geschädigt.

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Die Hochzell, auf 1200 Metern Höhe zwischen den touristi-

schen Anziehungspunkten Boden-mais und Großer Arber gelegen, ge-hört trotz dieser exponierten Lage zu den wenig bekannten und kaum erschlossenen Bergen des Bayeri-

schen Waldes. Kaum irgendwo sonst lassen sich Auerhähne bei der Balz oder Wanderfalken im Flug so gut beobachten wie hier. Auch Luchs und Gebirgsstelze, Schwalbenwurz-Enzian und andere seltene Pflanzen der Buchenwälder leben hier.

Wenn es nach einigen örtlichen Unternehmern geht, wird dieses Naturparadies bald nicht mehr un-gestört sein. Sie planen den Bau einer Gondelbahn von Bodenmais auf das Plateau der Hochzell. Neben der Bergstation wollen sie dort oben außerdem das neue Funktionsge-bäude für das Langlaufzentrum Bretterschachten und einen Gastro-nomiebetrieb ansiedeln. Noch ste-hen die Planungen am Anfang, aber eine Machbarkeitsstudie soll bald folgen. Die Betreiber erhoffen sich von dem Projekt, den Tourismus in Bodenmais weiter zu beleben. Der

Gemeinderat will das enorme Defi-zit für den Unterhalt des Langlauf-zentrums senken, indem diesen dann größtenteils die Betreiber der Seilbahn finanzieren würden.

Schon kurz nachdem die Gon-delbahn-Pläne Anfang Januar 2012 bekannt wurden, formierte sich die Interessengemeinschaft »Schützt das Naturparadies Hochzell«. Um sich zu informieren, lud die BN Kreisgruppe im Februar Vertreter

der Bürgerinitiative zu einer öffent-lichen Veranstaltung in Regen ein. Auch der neue Landrat Michael Adam, der aus Bodenmais stammt, nahm daran teil und erläuterte das Projekt aus seiner Sicht. Die Kreis-gruppe blieb jedoch bei ihrer ableh-nenden Position und versprach der Bürgerinitiative ihre volle Unter-stützung.Horst Rösing (hl)

RADULA: Über 3000 Teil-nehmer bei gut 180 Veran-staltungen allein im Jahr 2011 – das ist die groß-artige Erfolgsbilanz des Umweltbildungsprojekts RADULA, das die BN-Kreisgruppe Kelheim und der Landschaftspflegever-band seit sieben Jahren gemeinsam betreiben. Ein Schwerpunkt des letzten Jahres war das gemeinsame Erstellen der Wanderausstellung »Zusam-menFluss« mit den Umweltbild-nern entlang der Donau. Dieses Jahr will RADULA Kindern und Erwachsenen im Rahmen der Kampagne »Gscheit essen« die

regionale und saisonale Küche näherbringen. Infos: www.kelheim.bund­naturschutz.de

Vorzeigebetrieb: Wer mehr über die biologische Landwirtschaft er-fahren will, kann sich bei einem der bundesweit 230 Demonstra-

tionsbetriebe Ökologischer Land-bau informieren. Seit Anfang März gehört auch der Stelzlhof in Passau zu diesem Netzwerk. Die Bundes-anstalt für Landwirtschaft und Er-nährung wählt dafür Betriebe aus, die seit Jahren konsequent nach ökologischen Richtlinien arbeiten. Mit einem »offenen Hoftor« will das Stelzlhof-Team weiter dazu beitragen, ökologische Landwirt-schaft direkt erlebbar zu machen. Infos: www.stelzlhof.de

Fackelzug: Der 11. Februar war ein Härtetest für die BN-Kreisgruppe Straubing und die 45 Teilnehmer, die bei eisigen Temperaturen gegen den Ausbau der Donau zwi-

schen Straubing und Vilsho-fen demons-triert haben. Die Aktion »Fackeln für die Donau« fand zeitgleich auch in Metten, Niederalteich und Jochen-stein statt. Unterstützt wurde sie in Straubing von einer Abordnung der Regensburger Freunde der Donau, vom LBV und Vertretern der ÖDP, den Grünen und der SPD. Nach einer Kundgebung am Stadt-platz gingen alle in einem Fackel-zug zur Donau und setzen auch heuer ein Zeichen für den Erhalt der frei fließenden Donau. N

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Lasst der Hochzell ihre RuheMüssen denn wirk-lich auch die letz-ten relativ unge-störten Flecken Erde »erschlossen« werden? Noch fin-det der vom Aus-sterben bedrohte Auerhahn auf der Hochzell Schutz und Ruhe. Mit der geplanten Gondel-bahn wär es damit vorbei.

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Kreisgruppe Regen

Keine Gondelbahn ins Naturparadies Hochzell!Bislang ist die Hochzell bei Bodenmais ein weitgehend ungestörtes Naturparadies. Geht es nach dem Willen einiger örtlicher Unter-nehmer, ist es damit bald vorbei. Sie planen eine Gondelbahn auf das Hochplateau des Berges.

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einer öffentlichen Infoveranstaltung zeigte der stellvertretende BN- Vorsitzende und BUND-Wasser-sprecher Sebastian Schöner Anfang Januar die breite Palette wirksamer Abhilfemaßnahmen eines ökologi-schen Hochwasserschutzkonzepts auf: von Art und Richtung der Bo-denbearbeitung, über Heckenpflan-zungen bis hin zu »rauen Rampen« in Bachläufen als Abflussbremse.

Das überzeugte die deutliche Mehrheit der Zuhörer, die sich für die Umsetzung der BN-Vorschläge aussprach. Der Gemeinderat will jetzt beide Konzepte in einem Bürgerentscheid zur Abstimmung stellen. Helmut Schultheiß (hl)Starkregen und Hochwasser-

ereignisse gab es schon immer, in folge des Klimawandels wieder-holen sie sich heutzutage aber in immer kürzeren Abständen. Zudem führen sie aufgrund gravierender Fehler bei der landwirtschaftlichen Flächennutzung und bei der Sied-lungsentwicklung zu immer größe-ren Schäden. Ein Präzedenzfall

dafür ist Leidersbach: Von den Äckern und Wiesen oberhalb des Ortes schwemmt Starkregen Erde ab, die als Schlammlawine im Ort ankommt. Rinnen, Gräben und Wege wirken dabei wie Wasserauto-bahnen. Darüber hinaus wurden die Steilhänge neben dem Leiders-bach weitgehend gehölzfrei gehal-ten, sodass nichts das Hochwasser bremst. Infolgedessen standen in den letzten Jahren innerhalb kür-zester Zeit mehrfach ganze Ortsteile unter Wasser.

Doch statt konsequente Ursa-chenbeseitigung zu betreiben, setzt die Gemeinde ausschließlich auf technische Lösungen. Sie favorisiert ein System von 14 Staudämmen, das massive Eingriffe in Natur und Landschaft erfordern und die Bür-ger mit rund sieben Millionen der insgesamt 20 Millionen Euro Bau-kosten belasten würde. Eine Bürger-initiative plädiert deshalb gemein-sam mit dem BN für eine natur-gemäße und damit auch kosten-günstigere Alternativlösung. Bei

Oben Wiese, unten HochwasserWer weitgehend gehölzfreie Steil-lagen oberhalb von Siedlungen schafft, erntet Hochwasser weiter unten – wie hier in Leidersbach. Eine Abfluss brem-sende Bewirtschaf-tung mit mehr Bewuchs ist hier unumgänglich.

Ausgezeichneter Staudinger- Protest: Der Main-Kinzig-Kreis in Hessen hat seinen Umweltpreis am 1. März der Bürgerinitiative »Stopp Staudinger« verliehen, die sich gegen die Erweiterung des Kohlekraftwerks Staudinger ein-setzt. Da der Standort nahe an der bayerisch-hessischen Grenze liegt, engagiert sich auch die BN-Kreis-gruppe Aschaffenburg gegen den Bau des Kraftwerks mit einem Ausstoß von sechs Millionen Ton-nen Kohlendioxid im Jahr.

Römertor im Hohlweg: Die Stadt Marktbreit im Landkreis Kitzingen will als Touristenattraktion ein Tor des ehemaligen Römerkastells

rekonstruieren. Der BN sieht da-durch den ökologisch wie kultur-historisch bedeutsamen Hohlweg am Kapellenberg in Gefahr. Er hat deshalb im Januar in einem Brief und im März auf einem Presse-termin an Bürgermeister Erich Hegwein appelliert, dieses Kleinod als »Grünes Kapital« für ein nach-haltiges Tourismuskonzept zu

sichern. Diese Alternativlösung hat auf der Bürgerversammlung Ende März eine deutliche Mehr-heit befürwortet.

Massentierhaltung in Dipbach: Gegen die bei Dipbach im Land-kreis Würzburg geplante Anlage für 2400 Schweine und 700 Rinder protestiert die Kreisgruppe Würz-burg. Eine solche Anlage ist mit erheblichen Umweltbelastungen und -risiken verbunden, etwa durch die Ammoniakemissionen bei der Gülleausbringung. Der BN hat deshalb im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung im Februar Einwände erhoben.

Kompromisslösung in Ebern: Nach Jahren der Diskussionen um eine umweltverträgliche Folgenutzung des ehemaligen Standortübungs-platzes Ebern hat die BN-Kreis-gruppe Haßberge mit der Firma Gehrlicher Solar im Mai 2011 einen Kompromiss ausgehandelt, dem die Stadt Ebern im November 2011 zustimmte: Der BN akzeptiert den Bau einer Fotovoltaikanlage auf einem Teil des umfangreichen FFH-Gebiets, während die Stadt auf die Motorsportnutzung ver-zichtet. Auch die Ausweisung eines Naturschutzgebietes soll gemein-

sam vorangebracht werden.

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Kreisgruppe Miltenberg

Ökologischer Hochwasserschutz für Leidersbach!In der Spessartgemeinde Leidersbach kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Überschwemmungen. Dem will die Gemeinde mit einer rein technischen Symptombekämpfung abhelfen. Zusammen mit einer Bürgerinitiative fordert der Bund Naturschutz statt dessen ein ökologisches Hochwasserkonzept, das bei den Ursachen ansetzt.

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amt Regensburg berücksichtigte diese jedoch kaum und genehmigte 2008 den Weiterbetrieb der Kraft-werke. Auf eine anschließende Klage des BN hin hob das Verwal-tungsgericht Regensburg den Be-scheid 2009 auf. Gegen das Urteil gingen das Landratsamt und die Firma Heider in Berufung und man sah sich im Januar 2012 vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mün-chen wieder. Der dort erzielte Ver-gleich ist dank des Einsatzes des früheren Regensburger Kreisgrup-penvorsitzenden Peter Streck ein Teilerfolg für den BN: Sowohl die Menge des Restwassers im Natur-schutzgebiet »Hölle« als auch das Volumen für die Simulierung kleiner Hochwässer werden künftig nahezu verdoppelt. Helmut Schultheiß, Holger Lieber

Die Hölle liegt im nordöstlichen Landkreis Regensburg: ein

enges Tal, angefüllt mit riesigen Granitblöcken, zwischen denen der Höllbach fließt. Die Ursprünglich-keit des Tals und die Wucht des Wildbachs waren früher so gewaltig, dass das Landschaftsspektakel den Namen »Hölle« erhielt. Heute ist von der Urtümlichkeit wenig übrig. Für die Nutzung der Wasserkraft hat das Familienunternehmen Heider dem Höllbach seit 1917 immer mehr Wasser entnommen, bis kaum mehr als ein Rinnsal übrig geblie-ben ist – obwohl ein Teil des Tals seit 1950 als eines der hochwertigsten

Naturschutzgebiete Bayerns ausge-wiesen ist und mittlerweile den Rang eines FFH-Schutzgebiets hat. Und obwohl die Firma Heider ihre drei Kraftwerksstufen lange Zeit ohne Erlaubnis betrieben hatte, was die Behörden duldeten und später nachträglich legalisierten.

Trotz der inzwischen eingetrete-nen ökologischen Schäden sollten im Jahr 2000 schließlich die bereits 1990 und 1991 wieder ausgelaufe-nen Genehmigungen fast unverän-dert fortgeschrieben werden. Dage-gen erhob der BN im wasserrechtli-chen Verfahren Einwand und schlug Verbesserungen vor. Das Landrats-

Zehn Jahre Naturerlebnistage: Im Jahr 2002 hat die Kreisgruppe Schwandorf damit begonnen, Na-turerlebnistage anzubieten – erst für Kindergärten, später auch für Grundschulen. Bei mehr als 600

Veranstal-tungen konnten mittler-weile über 12 000 be-geisterte Kinder die Azurjung-fern tanzen sehen, dem Gräserge-flüster und

Faltergeflatter nachspüren oder ein Frühstück mit der Kräuterhex genießen. Die überaus positive Resonanz bei Kindern, Eltern und Lehrern zeigt, welchen Volltreffer die BN-Kreisgruppe Schwandorf hier gelandet hat.

Umweltpreis: Gleich dreimal ver-lieh die Stadt Amberg am 30. Ja-nuar ihren Umweltpreis, davon zweimal auch an BN-Aktive: Ober-bürgermeister Wolfgang Dandorfer zeichnete die vom BN mitgetrage-ne Vilsallianz und den langjäh-rigen BN-Aktiven Werner Friede-richs aus. Friederichs erhielt die Ehrung als Vorsitzender der Bürgerinitiative Wagrain, der

der Schutz des Waldkomplexes Wagrain zu verdanken ist, und für sein großes Engagement im Am-phibienschutz.

Ausbau statt Neubau: Das Stra-ßenbauamt des Landkreises Neustadt a. d. Waldnaab will die Staatsstraße zwischen Flossenbürg und dem Langlaufzentrum Silber-hütte neu trassieren. Damit wür-den aber quellreiche Waldareale überbaut, der überregionale Lkw-Verkehr angezogen und der sanfte Tourismus gefährdet. Die BN-Kreisgruppe plädiert dafür, die bestehende Trasse stattdessen na-turschonend zu optimieren.

Bayerische Naturschutzmedaille: Beim Treffen der Oberpfälzer BN-Kreis- und Ortsgruppen im November 2011 verlieh der BN-Vorsitzende Hubert Weiger dem langjährigen Chamer BN-Kreisvor-sitzenden Robert Kurzmann (im Bild links) die Bayerische Natur-schutzmedaille. Damit würdigte Weiger vor allem Kurzmanns unermüd liches Engagement für den Naturschutz vor Ort und sein überzeugendes persönliches Vor-bild im Alltag.

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Höllenqualen für den BachOrdentlich Wasser im Höllbach – bis-lang gab es das allenfalls noch bei der Schneeschmel-ze (kleines Bild). Ansonsten war der Bach zwischen den Felsblöcken kaum mehr wahrzuneh-men (großes Bild).

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Kreisgruppe Regensburg

Mehr Wasser für die HölleErfolg für den Bund Naturschutz: Durch das Naturschutzgebiet »Hölle« soll endlich wieder mehr Wasser fließen. Das erreichte der BN im Januar vor Gericht. Der Fall zeigt, wie kritisch bei der Wasserkraftnut-zung – gerade in Zeiten der Energiewende – abgewogen werden muss.

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die Landschaft führen soll. Die Kos-ten von rund 8,5 Millionen Euro will der Freistaat Bayern zu 80 Prozent übernehmen.

Auch Buttenwiesen und Lauter-bach sollten mit staatlicher Unter-stützung eine Ortsumgehung erhal-ten. Die zehn Kilometer lange Stra-ße hätte die wertvolle Landschaft im Zusamtal zerschnitten und ein Schutzgebiet beeinträchtigt. Dem aber boten die Bürger am 4. Dezem-ber 2011 Einhalt in einem Ratsbe-gehren, das die BN-Ortsgruppe an-geregt hatte.

Angesichts der Unsinnigkeit der Verkehrsprojekte fragt sich, ob die Staatsregierung mit ihrem Geldse-gen für den Straßenbau Wahlkampf-hilfe für den Dillinger Landtags-abgeordneten Georg Winter leisten will. Der BN fordert die Regierung auf, die Finanzmittel besser für den Ausbau von Bus-, Bahn-, Rad- und Fußverkehr einzusetzen.Thomas Frey (hl, jtw)

Von Georg Winter müsste man eigentlich erwarten dürfen,

dass er darauf achtet, wie Steuer-geld sinnvoll eingesetzt wird. Doch in Wertingen soll für 13 Millionen Euro ein Kreisverkehr mit drei Ebe-nen entstehen – obwohl es vor Ort kein Verkehrsproblem und daher keinen Bedarf an dem Bauprojekt gibt. Als Grund für den Kreisel führt die Regierung eine Prognose des Straßenbauamtes Krumbach an, nach der im Jahr 2025 an der Kreu-zung zu Spitzenzeiten eine Warte-zeit von 22 Sekunden auftreten könnte. Für die Behörden offenbar

Grund genug, bei den Planungen auch noch den Naturschutz zu ignorieren. So geht es nicht, meint der BN, weshalb er im Februar gegen das Projekt klagte.

Ähnliches geschieht derzeit in Burghagel und Bachhagel. Auf der Staatsstraße durch die beiden Orte sind täglich 2800 Fahrzeuge unter-wegs, was dem bayerischen Durch-schnitt entspricht und auf Tausende Ortsdurchfahrten zutrifft. Doch im Landkreis Dillingen ist es Anlass für die Planung einer acht Meter brei-ten Umfahrung, die teils auf einem sieben Meter hohen Damm durch

Naturlehrgarten: Am 12. Mai weih-te die BN-Ortsgruppe Mindelheim ihren neuen Naturlehrgarten ein. Rund um Projektleiter Walter Feil hatten zahlreiche Ehrenamtliche gemeinsam mit Berufsschülern fünf Jahre lang an dem Garten ge-arbeitet. Neben einem Biotoplehr-pfad gibt es dort Hochbeete mit seltenen heimischen Pflanzen. Auf einer großen Wiese wachsen selte-

ne Blumen, an einem Weiher tum-meln sich Libellen. Der Naturlehr-garten ist ganzjährig geöffnet. Führungen finden von April bis August bei geeignetem Wetter jeden ersten Samstag im Monat um jeweils 15:30 Uhr statt. Infos: www.naturlehrgarten­mindel­heim.de

Neue Ortsgruppen: In drei schwä-bischen BN-Kreisgruppen haben die Mitglieder in den vergangenen Monaten neue Ortsgruppen ge-gründet. Im Februar bildete sich die neue Ortsgruppe Monheimer Alb im Landkreis Donau-Ries. Zum Vorsitzenden wählten die Mitglieder Wolfgang Neff. Im

Landkreis Günzburg steht seit März Inge Näveke der neuen Orts-gruppe Burgau vor. Und im Land-kreis Ostallgäu wurde schon 2011 die neue Ortsgruppe Gennach-Singold gegründet. Vorsitzender ist Hans Rothkegel.

Feinstaub: Obwohl die Augsburger Innenstadt ohnehin stark von Feinstaub belastet ist, kaufte die Stadtverwaltung zu Jahresbeginn ausgerechnet alte Dieselbusse für den öffentlichen Nahverkehr ein. Die BN-Kreisgruppe schaltete sich ein und erreichte, dass zumindest ausgediente Busse durch moderne emissionsärmere Erdgasmodelle ersetzt werden. Bereits 2011 hatte

die Kreisgruppe in Presseberichten und Briefen an die Stadtratsfrak-tionen auf die starke Feinstaub-belastung hingewiesen. Doch die Stadtspitze sah erst einmal keinen Anlass zum Handeln. Die neuen Busse sind somit ein erster BN- Erfolg im Sinne der Gesundheit für die Augsburger Bevölkerung.

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Hier kreiselt der VerstandDie Dimensionen und die Kosten für den geplanten Drei-fach-Kreisel in Wer-tingen sind erheblich – der Nutzen unbe-kannt. Und das sollen die Bürger bezahlen? Der BN will’s wissen und hat gegen das Projekt geklagt.

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Kreisgruppe Dillingen

Straßenbauwut zum Schaden von Natur und FinanzenIm Landkreis Dillingen greift die Straßenbauwut besonders um sich. Gleich mehrere unsinnige, naturzerstörende und Steuergeld verschwendende neue Straßen sind hier geplant – ausgerechnet im Wahlkreis von Georg Winter, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im bayerischen Landtag.

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In Bayern wurden im Jahr 2010 täglich knapp 21 Hektar Fläche

für den Bau von Straßen, Häusern und Gewerbeflächen verbraucht – ein unwiederbringlicher Verlust für Natur und Landwirtschaft. Über das Jahr summierte sich das fast zur Fläche des Chiemsees. Stadt und Landkreis Hof tragen ihren Teil dazu bei: 102 Hektar Land werden jähr-lich geopfert.

Um auch Schülern die Größe dieser Fläche und die dramatischen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu zeigen, hat sich die BN-Kreisgruppe Hof mit den Klassen 7a, 7b, M8 und M9 der Hofecker Mittelschule aus Hof zusammen-getan. Die Kreisgruppe gestaltete mehrere Unterrichtseinheiten, die in das Thema Flächenfraß einführ-ten und es gemeinsam mit den Jugendlichen von allen Seiten be-leuchteten. Dazu gehörte im No-vember 2011 auch ein Unterrichts-gang zum Stadtrand von Hof. Um den Schülern eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie groß 102 Hektar sind, erhielten sie ein Flat-terband, mit dem sie die entspre-chende Fläche »einzäunten«. Dafür waren mehrere Kilometer Fuß-marsch und 4600 Meter Flatterband nötig. Bei den Jugendlichen löste das Erstaunen und Betroffenheit

aus. Keiner hätte gedacht, dass so viel Fläche Jahr für Jahr vor ihrer Haustür verloren geht. Jeder nahm zwar die kleinen Veränderungen wahr – hier ein Bauplatz, da ein Stück Straßenausbau –, aber erst zu-sammengesetzt als großes Ganzes wurde ihnen die Dimension des Flächenverbrauchs wirklich be-wusst.

Das Schulprojekt wirkte: Die BN-Kreisgruppe und die Jugendlichen

wollen auch nach Abschluss des Projekts am Thema dranbleiben und aktiv werden, wenn wieder ein Fall von unnötigem Flächenfraß in Hof geplant wird. Wolfgang Degelmann (hl)

Ganz schön groß102 Hektar Land werden jedes Jahr im Landkreis Hof bebaut. Aber wie viel ist das eigent-lich? Die Schüler der Hofecker Mit-telschule probier-ten es aus und staunten: Das ist ganz schön viel Fläche!

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Kreisgruppe Hof

Flächenfraß: Schulprojekt mit WirkungIn Bayern verschwindet jedes Jahr eine Fläche so groß wie der Chiemsee unter Beton und Asphalt. Um auch junge Menschen für das Problem zu sensibilisieren, hat die BN-Kreisgruppe im Schuljahr 2011/2012 ein gemeinsames Projekt mit der Hofecker Mittelschule zum Thema Flächenfraß gestartet.

Bürger gegen Einkaufsmarkt: Für klare Verhältnisse sorgten die Bürger von Ebermannstadt im Landkreis Forchheim bei einem Bürger entscheid Ende Januar: Rund 63 Prozent stimmten gegen den geplanten Neubau eines Ein-kaufsmarktes im Landschafts-schutzgebiet am Ortsrand (Bild). Die Wahlbeteiligung lag sehr hoch, fast die Hälfte aller Stimmberech-tigten nahm teil. Das ist ein großer Erfolg für die BN-Ortsgruppe, die

den Bürgerentscheid initiiert hatte und dabei von einem Aktions-bündnis unterstützt wurde.

Sandwelten auf der LaGa Bamberg: Sand ist ein prägender Bestand- teil der Landschaft und der Kultur Bambergs. Der Beitrag der BN-Kreisgruppe zur Landesgarten-schau 2012 in Bamberg steht des-halb ganz im Zeichen des Sandes. Die BN-Aktiven zeigen Schönheit und Schutzbedürftigkeit der hei-

mischen Sandökosyste-me exemplarisch an vier unterschiedlichen Ent-wicklungsstadien. Von Ende April bis Anfang Oktober gibt es Umwelt-

bildungsangebote für Schul-klassen, Exkursionen, Work-shops und Experimente.

Kulmbacher Umweltpreis: Am 1. März erhielt Erich Schiffelholz (im Bild Mitte) als Erster den neu geschaffenen Kulmbacher Um-weltpreis. Schiffelholz organisiert seit vielen Jahren das Storchenfest und den Amphibienschutz im Landkreis. Als anerkannter Fach-mann für Fledermäuse richtet er die European Batnight auf der Plassenburg aus. Die Laudatio hielt Roland Ramming von der BN-Kreisgruppe (rechts), den Preis überreichte der BN-Kreisvorsit-zende Wolfgang Schenker (links).

Baumschutz: Anfang Februar be-wahrten BN-Aktive eine Gruppe alter Linden vor dem Burgkun-städter Freibad davor gefällt zu werden. Der Lichtenfelser BN-Kreisvorsitzende Anton Reinhardt erklärte: »Gerade hier sollten wir froh sein über ein paar im Sommer schattenspendende Linden, die ihren herrlichen Duft verströmen. Statt sie abzusägen, sollte man sie fachmännisch schneiden und ihre Baumscheiben vom Asphalt ent-siegeln.« N

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Aus der Praxis, für die PraxisAbenteuer WieseDie Wiese bietet mehr als Futter für die Kuh, sie ist ein arten-reicher Lebensraum und span-nender Erlebnisort. Der Praxis-

workshop für Lehrer, Erzieher und Interessierte vermittelt vor allem über Spiele und Gruppenaktivitä-ten Einblicke in die Tier- und Pflan-zenwelt von Wiesen. Würzburg, 14. Juni 2012Kontakt: BN-Ökostation Unter-franken, Tel. 09 31-4 39 72, info@ bn-wuerzburg.de

Naturerlebnis AlpSeeHausMit einem groß angelegten »Out-doorday« öffnet das neue Umwelt- und Informationszentrum AlpSee-Haus bei Immenstadt im Allgäu seine Tore. Darin ist auch das BN-Naturerlebniszentrum Allgäu (NEZ) untergebracht. Den Besucher e rwarten Naturparkexkursionen, E-Bike-Verleih, Kletterturm und spannende Naturerlebniswerk-stätten. Immenstadt, 17. Juni 2012Kontakt: BN-Naturerlebniszentrum Allgäu, Tel. 0 83 23-9 98 87 60, www.nez-allgaeu.de

Neues von Luchs und WolfIn dem Praxisseminar für Umwelt-pädagogen, Naturführer und Leh-rer erproben die Teilnehmer neue Spiele und pfiffige Ideen, die Wolf und Luchs verschiedenen Alters- und Zielgruppen näherbringen. Regensburg, 25. Juni 2012Kontakt: BN-Bildungswerk Regensburg, Tel. 09 41-2 97 20 42, [email protected]

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W ie sieht gerechte Ernährung aus? Beeinflusst unser Essen

das Klima? Welche Rolle spielen regionale Produkte? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des dritten Klima-Camps für Kinder in Warta-weil am Ammersee. Die Teilnehmer nehmen an den Lernstationen »Pizza«, »Pasta« und »Pommes« die industrielle Nahrungsmittelproduk-

tion unter die Lupe, gehen zum Ein-kaufen und kommen dabei auch den Werbepsychologen auf die Spur. Es gibt Workshops zu den Themen Fleischkonsum, Welternährung und Lebensmittelverschwendung. Bei einem Besuch von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft können die Kinder die gewonnenen Einsichten, Forde-rungen und Ideen an den Mann oder die Frau bringen. Schließlich wird die Seepromenade des Natur-schutzzentrums zur langen Tafel für das selbst gekochte Menü. Wartaweil, 18. – 21. Juni 2012Kontakt: Naturschutzzentrum Wartaweil, Tel. 0 81 52­96 77 08, wartaweil@bund­naturschutz.de

M itteleuropa wäre von Natur aus Waldland, Buchenwald-

land. Von der einstigen Pracht alter, mächtiger Buchenwälder sind aber nur wenige Reste erhalten geblieben, Perlen der Natur. Eine dieser Perlen liegt im Herzen Fran-kens, dem Steigerwald. Doch um den Schutz alter Laubwälder ist es schlecht bestellt: Zwar hat die Bun-desregierung schon 2007 beschlos-sen, zehn Prozent der öffentlichen Wälder in Deutschland einer natür-lichen Entwicklung zu überlassen. Bei der Umsetzung gibt es aller-dings große Defizite, vor allem im Staatswald. Gleichzeitig steigt der wirtschaftliche Druck auf die Wäl-der stetig an. Auf der diesjährigen BN-Fachtagung »Naturerbe Bu-

chenwälder« dreht sich daher alles um die »Schatzkiste Naturwald«, deren Schutz dort am sinnvollsten ist, wo sie noch gut gefüllt ist – zum Beispiel im Steigerwald, wo die Tagung stattfindet und mit einer Exkursion zum Naturwaldreservat »Waldhaus« in Begleitung des BN-Vorsitzenden Hubert Weiger be-ginnt. Am zweiten Tag stellen Ex-perten aus Hochschulen und Natur-schutzeinrichtungen die Artenviel-falt in Laubwäldern vor und disku-tieren mit den Teilnehmern Strate-gien zum Schutz der natürlichen Waldentwicklung. Ebrach, 29./30. Juni 2012Kontakt: BN­Waldreferat, Tel. 09 11­8 18 78­21, ursula.erlwein­blassl@bund­naturschutz.de

Schatzkiste der Artenvielfalt

Naturerbe Buchenwald

Mehr gscheits Essen»Gscheit essen – mit Genuss und Ver­antwortung« ist das Motto der drit­ten bayernweiten Umweltbildungs­kampagne. Infos und Termine gibt es unter www.umwelt­bildung.bayern.de.

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36 Natur + Umwelt BN-Magazin [2-12]

Page 37: Natur + Umwelt 2-2012

[2-12] Natur + Umwelt BN-Magazin 37

Riedenburger Brauhaus Michael Krieger KGD-93339 Riedenburg, Tel. 09442-9916-0, www.riedenburger.de

Riedenburger Brauhaus Michael Krieger KGD-93339 Riedenburg, Tel. 09442-9916-0, www.riedenburger.de

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Siebenbürgen und TranssilvanienDas »Land jenseits der Wälder« wartet mit stolzen Wehrkirchen, mittelalterlichen Städten und wilden Wäldern auf. Rumänien, 21. – 31. August 2012

Sächsische SchweizWandern auf den Spuren roman-tischer Maler durch den National-park Elbsandsteingebirge mit sei-nen Tafelbergen und aufregenden Felsformationen. Deutschland, 26. August – 2. September 2012

Abruzzen und MajellaHerrliche Wanderungen führen durch Wiesen, Wälder und offene Landschaften zu Gebirgsseen und den Felsen der hohen Abruzzen. Italien, 1. – 9. September 2012

Bayerischer Wald und SumavaGrenzenlose Waldwildnis erwan-dern: Eiszeitliche Urwälder und einsame Hochmoore prägen das Landschaftsbild in Mitteleuropas größtem geschlossenen Wald- gebiet. Das Werden und Vergehen natürlich wachsender Wälder ver-mittelt einmalige Erfahrungen. Bayern und Böhmen, 29. Juli – 4. August 2012

Kitzbüheler AlpenSpektakuläre Schluchten, prächtige Bergwiesen und Gipfelglück: Auf den Wanderungen lernt man die Blumen und Kräuter der Kitzbühe-ler Alpen kennen. Österreich, 5. – 11. August 2012

Slowakischer KarstDas »Slowakische Paradies« mit seinen Schluchten, ausgedehnten Hochflächen und rund 200 Höhlen bildet eine der schönsten Karst-landschaften Europas. Slowakei, 11. – 18. August 2012

Kontakt: Evangelisches Bildungs­zentrum, Tel. 0 92 32­99 39 21, www.ebz­alexandersbad.de

Bio ErlebenDas große Bio-Festival verbindet Einkauf und Genuss, Wellness und Kosmetik, Kunst und Musik, Ge-spräche und Kabarett, Kochshows und Kinderspaß. Nürnberg, 20. – 22. Juli 2012Kontakt: BN­Landwirtschaftsrefe­rat, Tel. 09 11­8 18 78 21, ursula.erl­wein­blassl@bund­naturschutz.de

ReichswaldfestUnter den alten Eichen des Nürn-berger Reichswaldes bietet das große und traditionsreiche BN-Waldfest wieder Führungen, Baum-klettern, Kinderaktionen und viele

Köstlichkeiten. Ihr Besuch unter-stützt den BN beim Schutz des Reichswaldes. Nürnberg, 21. – 22. Juli 2012Kontakt: BN­Landesfachgeschäfts­stelle, Tel. 09 11­8 18 78 10, lfg@bund­naturschutz.de

BN-VERANSTALTUNGEN UND WEITERE TERMINE

Projektentwickler EnergiegenossenschaftFür eine umweltgerechte dezentra-le Energiewirtschaft braucht es engagierte Fachleute in der Region. Das Seminar stattet Interessenten mit den Kompetenzen aus, um lokale und regionale Energiegenos-senschaften in der Gründungspha-se und bei der Konzeptentwicklung zu unterstützen. Bad Alexandersbad, 16. – 18. Juli

DonauschifffahrtAuf der frei fließenden Donau geht es mit dem Schiff von Deggendorf an den großen Auwäl-dern entlang bis nach Vilshofen und zurück. Der BN-Vorsitzende Hubert Weiger erklärt die Besonderheiten der vorbeiziehenden Landschaft. Deggendorf, 29. Juli 2012Kontakt: BN­Kreisgruppe Deggendorf, Tel. 09 91­3 25 55, bund­[email protected]

BN-STUDIENREISEN | TEL. 09 11 -5 88 88 20

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Herausgeber: Bund Naturschutz in Bayern e. V. (BN), vertreten durch Peter Rottner, Landes-geschäfts führer, Dr.-Johann- Maier-Str. 4, 93049 Regensburg, www.bund-naturschutz.deLeitender Redakteur (verantw.): Manfred Gößwald (göß)CvD: Holger Lieber (hl), Heidi Tiefenthaler (ht), Tel. 09 41-2 97 20-22, Fax -31, [email protected] Redaktion: Christoph Markl-Meider (cm), Jana Tashina Wörrle ( jtw)Mitglieder-Service: Tel. 09 41-2 97 20-29 und -20Titelfoto: Uli Staiger/die licht gestalten

Redaktion BUND-Magazin: Severin Zillich (verantw.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, Tel. 0 30-27 58 64-57, Fax -40Druck und Versand: Brühlsche Universitätsdruckerei GießenVerlag und Anzeigen: BN Service GmbH, Eckertstr. 2, Bahnhof Lauf (links), 91207 Lauf an der Peg-nitz, Tel. 0 91 23-9 99 57-30, Fax -99, [email protected] naturschutz.deAuflage: 107.500Bezugspreis: Für Mitglieder des BN im Beitrag ent halten, für Nichtmitglieder Versandgebühr ISSN 0721-6807

BN-Konto: Bank für Sozialwirt-schaft, Konto 8 885 000, BLZ 700 205 00BN-Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, Konto 8 844 000, BLZ 700 205 00

Mit Namen gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des BN wieder. Nachdruck nur mit Geneh migung des BN. Für un-verlangt eingesandte Artikel oder Fotos keine Gewähr. Die Redak tion behält sich das Recht vor, Leserbriefe zu kürzen.»Natur+Umwelt« wird auf 100 % Recycling papier gedruckt.

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Feste feiern. Freude schenken.Ein Fest steht an? Sie feiern Geburtstag, Einweihung, Jubiläum, Ihre Pensionierung oder ein Firmenevent?

Dann bitten Sie Ihre Gäste doch um ein besonderes Geschenk: Wünschen Sie sich einfach von jedem Gast eine

Spende für den BN. Das ist eine außergewöhnliche Idee.

Und ein großes Geschenk für die Natur. Es dient dem Erhalt

ihrer Schönheit und somit uns allen – heute und morgen.

Wir helfen Ihnen beim Planen. Fordern Sie unser Infopaket mit beiliegender Karte an.

Bund Naturschutzin Bayern e.V.LandesgeschäftsstelleDr.-Johann-Maier-Straße 493049 Regensburg

Claudia Ciecior-BordonaroTel. 0941/29720-34Fax 0941/[email protected]

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Bei Fragen zur Mitgliedschaft wenden Sie sich bitte an unsere Mitgliederverwaltung: Tel. 0941/29720-18 oder -20 oder -29

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