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Naturnaher Tourismus Gefahren und Chancen für die Natur Ein Argumentationsund Positionspapier vom WWF Graubünden im Auftrag des WWF Schweiz _______________________________________________________________________________________ Maurizio Veneziani, Chur, April 2006

Naturnaher Tourismus und Chancen für die Natur · b - Ecotourism is environmentally responsible travel and visitation to relatively undisturbed natural areas, in order to enjoy and

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Naturnaher Tourismus  

Gefahren und Chancen für die Natur   

Ein Argumentations‐ und Positionspapier  vom WWF Graubünden im Auftrag des WWF Schweiz 

    

                      _______________________________________________________________________________________  Maurizio Veneziani, Chur, April 2006 

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Vorwort:

Der vorliegende Bericht ist das Resultat einer Literaturforschung und der Sammlung von mündlichen Mitteilungen. Die nachgeschlagenen Werke sind entweder in den Fussnoten oder im Literaturverzeichnis angegeben. Ein grosser Dank geht an Andreas Weissen, ehemaliger Leiter der Abteilung Alpen beim WWF-Schweiz, der viele Daten vorbereitet und für diese Arbeit zur Verfügung gestellt hat.

M. Veneziani, April 2006 

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Inhaltsverzeichnis Seite 1. Was ist „Ökotourismus“ bzw. „Naturnaher Tourismus“

1.1 Definition vom Ökotourismus 5 1.2 Ökotourismus und Nachhaltigkeit 5 1.3 Der Begriff „Naturnaher Tourismus“ 7 1.4 Der Ökotourist, oder: Wie verhalte ich mich in meinem Urlaub? 8

2. Freizeitaktivitäten in der Natur: Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt 2.1 Natur und Landschaft 10 2.2 Die Freizeitaktivitäten 11 2.3 Mögliche Auswirkungen der Freizeitaktivitäten und deren Infrastrukturen auf die Alpentiere 11 2.4 Mögliche Auswirkungen der Freizeitaktivitäten und deren Infrastrukturen auf die Alpenflora 12

3. Ökolabels 3.1 Allgemeines 13 3.2 Ökolabels in der Schweiz 13 3.2.1 Allgemeines 13 3.2.2 Labels für die Hotellerie 14 3.3 Ein Label für die naturnahen Orte? Der Standpunkt des WWF-GR 15

4. Der „Phantom-naturnahe-Tourist“ in der Schweiz 21 5. Naturnaher Tourismus 21

5.1 Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie „Naturnaher Tourismus in der Schweiz: Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren – Juni 02 21

5.1.1 Das Produkt Naturtourismus 22 5.1.2 Wirtschaftliche Effekte und Potentiale 22 5.1.3 Entspricht das naturnahe Angebot der Nachfrage? 23 5.1.4 Handlungsbedarf hinsichtlich Strukturen, Marketing und

Kommunikation 23 5.2 Naturnaher Tourismus in Österreich 23 5.3 Naturnaher Tourismus in Italien 25

6. Ökotourismus und Wertschöpfung 6.1 Die Definition der Wertschöpfung 26

6.2 Daten aus der Forschung 27

7. Tourismuspolitik in der CH 7.1 Alpenkonvention 27 7.2 Neue Regionalpolitik 28 7.3 Alpentourismus in der Schweiz: Situation und Trends 30

8. Erlebnisinszenierung: Was ist damit überhaupt gemeint? 31

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9. Positive Erfahrungen in der Schweiz und im Ausland (Best practices) 9.1 Allgemeines 32 9.2 Best practices auf Nationale Ebene 33 9.2.1 Schweiz pur 33 9.2.2 Veloland Schweiz 33 9.3 Best practices auf kantonaler bzw. regionaler Ebene 34 9.3.1 Graubünden Ferien: Klein und fein 34 9.3.2 Via Spluga (CH und IT) 35 9.3.3 Alpmobility (AT) 36 9.3.4 Nationalpark Wandertour (CH) 37 9.3.5 Rendena Rinder, Trentino (IT) 37 9.3.6 Stärkung regionaler Wirtschaftsläufe im Nationalpark Stilfserjoch (IT) 37 9.4 Best practices auf betrieblicher Ebene 38

10. Naturparks und Tourismus 10.1 Schweizer Nationalpark 39 10.2 Naturparks in Italien: Beispiel Nationalpark in den Abruzzen 40 10.3 Biosphärenreservat Entlebuch 42 10.4 Naturpark Pfyn-Fingers (Wallis) 42 10.5 Biosphärenreservat Grosses Valsertal (AT) 43 10.6 Regionaler Naturpark „Massiv des Banges“, Rhône Alpes (FR) 44

11. Grossraubtiere und Tourismus 11.1 Mögliche Vorteile und Potentiale 45 11.2 Carphatian Large Carnivores Projekt (RO) 46 11.3 Bialowieza Nationalpark (Polen) 46 11.4 Nationalpark in den Abruzzen (IT) 46

12. Projekte in den WWF-Sektionen 47 13. Phänomen Tourismus und Ökotourismus: einige Zahlen 48 14. Literaturverzeichnis 50 15. Web-Site Adressen (Organisationen Naturtourismus) 51 ANHANG: 1 Der Einfluss der Aktivitäten zu Land - und zu Wasser und ihr Einfluss auf die Tiere 55 2 Freizeitaktivitäten und Wild: Folgen für den Wald 60 3 Detaillierte Beschreibung der Auswirkungen der Freizeitaktivitäten auf

Flora und Fauna 65 4 Ausgrenzen oder einladen? Besucherlenkung im Wald 71 5 Das Tourismusprotokoll der Alpenkonvention von 1998 73 6 Labelvergleich der Beherbergungsbetriebe in der Schweiz (PP-Präsentation)

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1 – Was ist „Ökotourismus“ bzw. „Naturnaher Tourismus“

1.1 Definition des Ökotourismus Was ist Ökotourismus eigentlich? Es gibt noch keine international anerkannte Definition, an welcher das Ökotourismusmodell in der Praxis gemessen werden könnte. Ökotourismus ist nur eine vage definierte Tourismusform. Sanfter, grüner, alternativer, nachhaltiger, umweltverträglicher, stiller, intelligenter, integrativer Tourismus, Ökotourismus: Der Markt ist übersättigt mit solchen Begriffen. Was eigentlich dahintersteckt, bleibt oft ein Rätsel und ist für manche nicht fassbar.

Es wurden diverse Versuche unternommen, den Begriff Ökotourismus zu definieren oder ihn zumindest zu beschreiben und Merkmale zu finden.

a - Ecotourism is responsible travel to natural areas that conserves the environment and sustains the well being of local people. (International Ecotourism Society, 1991)

b - Ecotourism is environmentally responsible travel and visitation to relatively undisturbed natural areas, in order to enjoy and appreciate nature (and any accompanying cultural features – both past and present) that promotes conservation, has low negative visitor impact, and provides for beneficially active socio-economic involvement of local populations. (World Conservation Union, 1996)

c - Ecotourism is ecologically sustainable tourism with a primary focus on experiencing natural areas that fosters environmental and cultural understanding, appreciation and conservation. (Ecotourism Association of Australia EAA)

d - Ökotourismus ist schonendes Reisen in natürliche Gebiete, mit dem Ziel, die natürlichen Schönheiten zu geniessen, zu bewundern und zu studieren, genauso, wie die dort vorkommenden kulturellen Zeugnisse der Gegenwart und der Vergangenheit. Dies geschieht in einer Form, die der Erhaltung dient, die ausserdem wenig kulturelle und Umweltauswirkungen hat und darüber hinaus eine aktive Beteiligung sowie sozioökonomische Verbesserungen für die lokale Bevölkerung darstellt. (Gustedt, E., 1997: Ökotourismus – die Zauberformel für Entwicklungsprozesse in Entwicklungsländern? Im Tourismus Journal Heft 1.)

e - Ökotourismus ist eine Form verantwortungsbewussten Reisens in naturnahe Gebiete, die negative Umweltauswirkungen und soziokulturelle Veränderungen zu minimieren versucht, zur Finanzierung von Schutzgebieten beiträgt und Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung schafft. (WTO und UNEP Publications on Ecotourism and related issues: International Year of Ecotourism 2002)

f - Ökotourismus ist ein verantwortungsbewusster Aufenthalt in der Natur und in naturnahen Gebieten oder in städtischen Räumen, dessen Organisation und Realisierung sich aus den regionalen Bedürfnissen über die Mitbestimmung der Beteiligten heraus entwickelt und dabei die Umwelt, die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten achtet sowie sie nachhaltig schützt, fördert und finanziert. (Katharina Frith und Margrit Leuthold, Institut für Integrativen Tourismus und Freizeitforschung, 2001)

Aus diesen Definitionen kann man aber folgende Merkmale festlegen, die den Ökotourismus charakterisieren:

Lokale Bevölkerung

- Die lokale Bevölkerung wird als vollständig informierter, gleichberechtigter, effektiver und aktiver Teilnehmer in der Entwicklung der Tourismusaktivitäten ihrer Gemeinden und Gebiete anerkannt.

- Die einheimische Bevölkerung und die Gemeinden habe das Recht „nein“ zur Entwicklung des Tourismus zu sagen.

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- Prozesse für indigene Völker und lokale Gemeinden werden unterstützt, um ihre Ressourcen zu kontrollieren und zu bewahren.

- Die einheimische Kultur wird gepflegt.

- Die lokale Bevölkerung profitiert finanziell vom Ökotourismus. Er bringt Verdienstmöglichkeiten, im Speziellen für die Landwirtschaft.

Natur

- Im Vordergrund steht die Natur, deren Beobachtung und Wertschätzung.

- Ökotourismus wird in relativ ungestörten, gut erhaltenen Naturgebieten praktiziert.

- Belastungen für die natürliche und soziokulturelle Umwelt werden vermindert.

- Der Schutz der Natur (Biodiversität) wird unterstützt durch:

den erzeugten wirtschaftlichen Profit für lokale Unternehmen, Organisationen etc. welche Naturschutz als Ziel haben (beispielsweise durch die Finanzierung von Schutzgebieten),

das Ermöglichen alternativer Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung,

die Sensibilisierung für den Schutz der Natur und Kultur bei den Einheimischen und auch bei den Touristen,

den kleinstmöglichen Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen als Voraussetzung.

Kultur

- Eine weitere wichtige Motivation für Ökotourismus ist die Besichtigung von Kulturgütern und das Kennenlernen der einheimischen Kultur.

Lerneffekt

- Ein wichtiges Element ist die Bildung, der Lerneffekt durch die Reise.

Verantwortungsbewusstsein

- Verantwortungsbewusstes Handeln der Touristen und der Tourismusindustrie wird vorausgesetzt.

Organisation

- Oft werden Reisen von kleinen, lokalen Veranstaltern für Einzeltouristen oder kleine Gruppen organisiert. Aber auch externe Veranstalter verschiedener Grösse organisieren, vermarkten und leiten Ökoreisen für meist kleinere Gruppen (bis zu ungefähr 25 Personen). Übernachtet wird meist in kleineren Hotels unter 100 Betten. Organisiert werden solche Reisen von kleineren bis mittelgrossen Unternehmen. Die Reisen führen in Naturgebiete. Wichtig dabei ist das Vermitteln von Informationen zur Natur und Kultur der Region, dies geschieht vorwiegend durch einheimische Spezialisten und ReiseleiterInnen.

1.2 Ökotourismus und Nachhaltigkeit Welches ist der Unterschied zwischen nachhaltigem Tourismus und Ökotourismus?

Der Begriff Ökotourismus verweist auf ein Segment im Tourismussektor, während das Prinzip der Nachhaltigkeit auf alle Tourismusformen und -aktivitäten angewendet werden kann. Ökotourismus ist eine Form von nachhaltigem Tourismus (Naturtourismus mit landwirtschaftlichen und kulturellen Elementen).

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Anschaulicher erklärt: Ich verbringe meine Ferien in einem nahe gelegenen Naturpark. Selbstverständlich benutze ich die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich übernachte in einem kleinen, umweltfreundlichen Hotel und unternehme täglich Wanderungen mit einem lokalen Exkursionsleiter. Ich kenne die Regeln, die es in einem Naturpark einzuhalten gilt und unterstütze sie. Das Beobachten der Natur begeistert mich und ich schätze den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung.

Diese Art von Urlaub kann als Ökotourismus bezeichnet werden. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist hier wichtig.

Städtereisen sind interessant und bieten viele Möglichkeiten der Unterhaltung. Deshalb entschliesse ich mich, meinen Urlaub, in der nur wenige Zugstunden entfernten Stadt x zu verbringen. Ich besichtige unzählige Museen, wunderschöne Gebäude, Aussichtspunkte etc. Erschöpft von den langen Fussmärschen des Tages, geniesse ich am Abend im Restaurant die regionalen Spezialitäten.

Hier handelt es sich zwar um eine nachhaltige Form des Tourismus (Städtetourismus), jedoch nicht um Ökotourismus, da die Natur kein wesentliches Element der Reise darstellt.

Ökotourismus versucht, zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Es ist aber wichtig klarzustellen, dass alle Tourismusformen die Nachhaltigkeit als Ziel haben sollten. Quellen:

- Internet: www.unepie.org

- UNEP Manual for the International Year of Ecotourism IYE 2002

- Integra, Zeitschrift des Instituts für Integrativen Tourismus und Freizeitforschung, 2/01, 2002 Internationales Jahr des Ökotourismus & der Berge

1.3 Der Begriff „Naturnaher Tourismus“ (Siegrist D. 2002). Die World Tourism Organisation (WTO) hat im Hinblick auf 2002 das UNO-Jahr des Ökotourismus, den Ökotourismus wie folgt definiert; „Ökotourismus ist eine Tourismusform, in der das Hauptmotiv des Touristen, in der Beobachtung und im Genuss der Natur sowie den vorherrschenden traditionellen Kulturen in den Naturregionen besteht“. Die WTO-Definition enthält auch Aussagen über den Bildungscharakter, die Reisegruppengrösse und die Art der Veranstalter, über die Minimierung von negativen Auswirkungen auf die natürliche und soziokulturelle Umwelt sowie über die positiven Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte des Ökotourismus.

Eine Übertragung des Ökotourismus-Konzeptes auf die Alpen stösst jedoch an historische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Grenzen. In unseren westlichen Ländern, in welchen die Entwicklung des Tourismus direkt mit der Industrialisierung verknüpft ist, bestehen andere Voraussetzungen als in den wichtigsten Zielgebieten des Ökotourismus. In der Schweiz besitzt der Tourismus eine breite soziokulturelle Verankerung und ist von grosser regionalwirtschaftlicher Bedeutung1.

Ein weiterer gewichtiger Unterschied zum Ökotourismus ist, dass sich Tourismus in der Schweiz nicht schwerpunktmässig auf Schutzgebiete oder auf andere speziell ausgewiesene sensible Naturräume bezieht, sondern sich vielmehr am gesamten natürlichen, landschaftlichen und kulturellen Reichtum der Natur- und Kulturlandschaften orientiert.

Im Bezug auf den weltweiten Ökotourismus ist die Schweiz demgegenüber ein Quellgebiet. Ökotouristische Wertschöpfung wird hier vor allem durch den Outgoing-Tourismus erzeugt und weniger mit dem Binnentourismus. Aus diesen Gründen ist, nach Meinung der Autoren des Berichtes „Naturnaher Tourismus in der Schweiz – Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren“ (Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus und Landschaft, Hochschule für Technik Rapperswil und 1 Mehr dazu im Cipra-Bericht „Vom Ökotourismus zum nachhaltigen Tourismus in den Alpen“ von Dr. Christian Baumgartner (Institut für Integrativen Tourismus & Freizeitforschung), abrufbar unter www.alpmedia.net/pdf/Hintergrundbericht_Oekotourismus_D.pdf

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Abteilung Sozialpsychologie Universität Zürich, Juni 2002), wenig sinnvoll die Übertragung des Begriffes „Ökotourismus„ auf den Schweizer Binnentourismus. In dem erwähnten Bericht ist eben von „naturnahen Tourismus“ die Rede.

In Erweiterung der erwähnten WTO-Definition wird die in Österreich entwickelte Definition gebraucht: „Ökotourismus bzw. naturnaher Tourismus ist ein verantwortungsbewusster Aufenthalt in Natur- und naturnahen Gebieten, dessen Organisation und Realisierung sich aus den regionalen Bedürfnissen über die Mitbestimmung der Beteiligten heraus entwickelt und dabei die Umwelt, die die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten achtet sowie sie nachhaltig schütz, fördert und finanziert.“ Kurz gefasst „Naturnaher Tourismus schont die Natur und fördert die lokale Kultur und Wirtschaft des Ferienortes“ (Leuthold M., 2001).

1.4 Der Ökotourist oder: Wie verhalte ich mich in meinem Urlaub? 

Setzen wir uns näher mit dem Begriff Ökotourismus auseinander, wird bald einmal klar: Ökotourismus ist nur möglich, wenn sich die Touristen auch an bestimmte Regeln halten. Ohne Ökotourist kein Ökotourismus! 

Ein Ökotourist muss sich so verhalten, dass alle Merkmale des Ökotourismus erfüllt werden können. Was bedeutet dies aber nun konkret? Wie muss ich mich als Ökotourist in meinem Urlaub verhalten? 

Prinzip 

Es geht um einen sanften Umgang mit sich selbst, dem Anderen und den natürlichen Ressourcen. 

Anregungen und Grundsätze 

Vorbereitung - Das Lernen beginnt schon bei der bewussten Vorbereitung. - Je mehr ich über mein Reiseziel weiss, desto mehr werde ich sehen und entdecken. - Ich beschäftige mich bereits vor den Ferien mit dem Besuchsland und bereite mich auf meine 

Reise vor (Naturführer etc.). - Bei der Planung meiner Reise informiere ich mich über Ökologie, Geschichte, Religion, Sitten 

und Bräuche, Sozialleben, wirtschaftliche, soziale und politische Situation, Klima etc. meines Gastlandes. 

Lerneffekt - Ich freue mich darauf, Neues lernen zu dürfen. - Ich entwickle meine Lernfähigkeit und Sensibilität. - Ich mache mir nach dem Urlaub Gedanken über gewonnene Erfahrungen und berücksichtige 

sie bei der nächsten Reise. Sensibilität Langsamkeit 

- Ich nehme mir viel Zeit. - Ich profitiere am meisten, wenn ich nur kleine Regionen bereise und nicht ganze Länder 

abhake. Interesse und Bewusstsein 

- Ich bin interessiert, aber nicht aufdringlich - Ich trete als zurückhaltender Gast auf. - Ich beobachte viel und urteile langsam. - Ich bin ein bewusster Tourist/Touristin. 

Respekt - Ich bin mir bewusst, dass mein Erholungsraum für die Einheimischen Lebensraum ist. 

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- Ich bin offen, tolerant und verhalte mich takt‐ und respektvoll. - Ich akzeptiere das Anderssein und erwarte weder heimische Speisen noch gewohnten 

Komfort. Mobilität2 

- Mein Reiseziel ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. - Ich benutze öffentliche Verkehrsmittel, nehme das Fahrrad und gehe auch ganz bewusst zu 

Fuss. - Ich verzichte auf Flugreisen. (Wenn ich mich trotzdem für eine Flugreise entscheiden sollte, 

dann nur in Verbindung mit einem länger dauernden Urlaub.) Natur Naturschutz 

- Ich informiere mich über die Situation der Umwelt und über ein schonendes Verhalten. - Ich entscheide mich gegen einen Urlaubsort, wenn der Tourismus dort Umweltprobleme 

schafft. - Ich verzichte auf den Besuch besonders gefährdeter und sensibler Gebiete. - Ich respektiere jegliche Schutzvorschriften. - Ich verzichte auf Massentourismus und fahre lieber in kleinere Urlaubsorte oder in weniger 

bekannte Gebiete statt in die überlaufenen touristischen Zentren. Sport in der Natur 

- Ich vermeide landschaftsverbrauchende Sportarten. - Ich bevorzuge Sportarten, die mich ohne Hilfsgeräte die Natur intensiver erleben lassen. - Wenn ich mich für Sport im Urlaub entschliesse, wähle ich eine umweltschonende Sportart. 

Ökologie - Ich überlege mir das Verhältnis von Entfernung und Urlaubslänge. - Ich achte auf eine Ernährung mit regionalen, saisonalen und nachhaltig erzeugten Produkten. - Ich achte auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen: 

o Ich spare Energie: Lampen, Klimaanlagen, Fernseher, Radio, Waschmaschine etc. benutze ich nur wenn wirklich nötig. 

o Mit Wasser gehe ich sorgsam um (beispielsweise bei der Körperpflege). o Ich vermeide unnötigen Müll. Abfall, der speziell entsorgt werden muss, nehme ich 

im Zweifelsfall wieder mit  nach Hause (beispielsweise Batterien). Kultur Sprache 

- Ich lerne zumindest die wichtigsten Ausdrücke der Landessprache. So kann ich mich in der Landessprache unterhalten. 

Kontakt - Toleranz und Offenheit für Kulturen sind mir wichtig. - Ich knüpfe Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung. - Ich informiere mich bei den Einheimischen über Land und Leute. - Ich setze mich respektvoll mit der Lebenssituation und den Problemen der einheimischen 

Bevölkerung auseinander. Sitten und Bräuche 

2 Der Freizeitverkehr in der Schweiz macht 60% des Gesamtenverkehrs aus. Die 40 Milliarden Personenkilometern pro Jahr würden 270 mal die Distanz Erde-Sonne decken!! Über die Hälfte der Ferien- und Geschäftsreisen mit mindestens einer Übernachtung der schweizerischen Wohnbevölkerung in der Schweiz sowie im Ausland wickelt sich mit dem Privatauto ab, rund ein Fünftel der Touristen reisen mit der Bahn, 18% mit dem Flugzeug und 4% mit Bus, Car, Postauto, Tram oder Metro. In der Schweiz steht dem Touristen ein Strassennetz von 71220 km zur Verfügung. Über das ganze Jahr 2001 reisten rund 197 Millionen Personen in Personenwagen in die Schweiz. Dies bedeutet einen Tagesdurchschnitt von 538'000 Personen in 330'000 Personenwagen. 

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- Ich passe mich dem landesüblichen Lebensstil an. - Ich nehme mir viel Zeit, die Gegend kennen zu lernen und regionaltypische Besonderheiten 

zu entdecken. - Ich nehme auf ethische, religiöse und kulturelle Besonderheiten Rücksicht und respektiere 

sie. - Als Gast respektiere ich die Menschen, die ich besuche und setzte mich mit deren Kultur und 

Geschichte auseinander. Kulinarisches 

- Ich nütze meine Urlaubsreise für einen kulinarischen Ausflug in die regionale Küche. Wirtschaft 

- Ich wähle eine Unterkunft, die im Besitz von Einheimischen ist und im Landesstil geführt wird 

- Ich bedenke, dass Campingplätze und Zweitwohnsitze den Gemeinden hauptsächlich Kosten verursachen. 

- Ich versuche mich beim Essen und Trinken sowie bei allen anderen Konsumgütern mit Waren aus der Region zu versorgen. 

- Beim Kauf von Souvenirs unterstütze ich das lokale Handwerk und erhalte so Arbeitsplätze und alte Traditionen. 

- Ich bemühe mich allgemein, dass mein Geld in der Region bleibt.  Quellen: 

- R. Jungk, GEO, Nr. 10, 1980 - Internet: www.umweltzeitung‐frankfurt.de, September 2001 - Internet: www.tui‐umwelt.com - Integrativer Tourismus, Unterrichtsbehelfe Umweltbildungsmaterialien, Institut für Integrativen Tourismus und 

Freizeitforschung, Wien 1997 - Broschüren ökologisch reisen, zu Gast in fremden Ländern, Herausgeber: Deutscher Reisebüro‐Verband e.V. - Reisen mit Respekt, Tipps für verantwortungsvolles Reisen, Herausgeber: TOURISM WATCH, Bonn 2001 

2. Freizeitaktivitäten in der Natur: Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt

2.1 Natur und Landschaft Kein Wirtschaftszweig ist so direkt auf intakte Landschaft angewiesen wie der Ferientourismus. Die Landschaft mit ihren ganzen Faszinationen ist für die Berggebiete eine der wichtigsten Ressourcen, das Kapital schlechthin. Anderseits hat gerade die Entwicklung des Tourismus in den letzten Jahrzehnten zur Landschaftszerstörung und Landschaftsänderung beigetragen. Dass die Gefahr einer Fehlentwicklung wie bei Skipistenplanierungen, überdimensionierten Infrastrukturbauten, starkem Verkehrsaufkommen, nicht ortgemässen Grossveranstaltungen, überdimensionierten Ferienhaussiedlungen, Ausdehnung von Siedlungen in Gefahrenzonen, Extremsportarten in freier Natur, starke touristische Nutzung von sensiblen Naturlebensräumen usw. immer noch da ist, zeigt sich darin, dass manche Tourismuspromotoren wieder dem Motto „Je mehr, je lauter, je spektakulärer, desto besser“ huldigen. Die postmoderne Freizeitgesellschaft und ein grosser Teil der jungen Generation interessieren sich zumindest in den Ferien nicht mehr für ökologische Fragen, sondern für „fun just now“ und für günstige Angebote für möglichst vielseitige, fast grenzenlose Erlebnisferien. Es ist wichtig, dass man die bisherigen, bekannten negativen Auswirkungen des Tourismus auf die Landschaft und das Ökosystem vor Augen hält (für weitere Informationen siehe auch Anhang 1, 2 und 3).

2.2 Die Freizeitaktivitäten

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Mit Freizeitaktivitäten sind die Aktivitäten gemeint, die in der Landschaft draussen ausgeübt werden. Sie werden oft etwa als „Freiluft-„ oder auch als „Outdooraktivitäten“ bezeichnet. Diese können wie folgt aufgelistet werden (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

- Sommer: Wandern, All-Terrain-Roller-Blades (Inline-Skatin im Gelände), Inline Skating (Rollschuh-Laufen), All-Terrain-Trottinetts (Trottinett im Gelände), Base Jumping (Fallschirmspringen ab Felswänden), Biking / Mountain Biking, BMX-Radfahren (Hindernisparcours mit Cross-Fahrrad), Bungy Jumping (Sprünge im Freien Fall am Gummiseil aus Gondeln oder von Brücken), Canyoning, Caving (Begehen von Höhlen), Downhill Biking (Veloabfahrt mit Mountainbike auf steilen Bergpisten), Climbing/Free-Climbing (Sport-Klettern), Bouldern (Übungsklettern an einzelnen Felsblocken), Flying Fox (oder Tyrolienne, Begehen einer Schlucht mit Seilbrücken und Abseilen), Fun Yak (aufblasbarer Kayak), Hydro Speed (Kunststoff-Schlitten im Wildwasser), Grasskifahren (Skifahren über Gras mit Rollenskis), Mudbiking (Riesendreirad mit Stollenrädern für raues Gelände), , River Rafting, Kanufahren, Sommerrodeln (Rodeln auf speziellen Bahnen), Orientierung Laufen, Pilze- und Beerensammeln, etc.

- Winter: Skifahren, Tourenskifahren, Variantenfahren (Skifahren abseits der Pisten), Snow Boarding, Free-riden (Snowboarden abseits der Pisten), Schneewandern, Heliskiing (Alpinskifahren nach Heliflug zum Ausgangpunkt), Hundeschlittenfahren, Ice-Climbing (Eisklettern an vereisten Wasserfällen), Schneemobilfahren (auf und abseits von Wegen), Schneeschuhwandern (Wanderungen mit Schneeschuhe oft abseits von Wegen), Langlaufen, Snow-Kiting (Skifahren auf einer Ebene, angetrieben durch Windrachen), Snow Rafting (Abfahrten mit Schlauchboot auf Pisten), Snow Tubing (Analog Snow-Rafting, aber auf grossen Pneus), Zorbing (Runterkugeln an Hängen in grosser luftgefüllter Kugel), Snowbiking (Abfahrten mit Bikes auf Skipisten), etc.

- Jahreszeittunabhängig: Mountaineering (Hochgebirgstouren), jagen, fischen, paragliding (Hängegleiter allein oder zu zweit), Segelfliegen, Heissluftballonfahren, Survival Training, etc.

2.3 Mögliche Auswirkungen der Freizeitaktivitäten und deren Infrastrukturen auf die Alpentiere

Die Auseinandersetzungen der Individuen mit ihrer Umgebung hat Folgen nicht nur für die einzelnen Individuen, sondern auch für die ganze Population, zu der das Individuum gehört. Was die einzelnen Tiere tun, hat Auswirkungen auf ihren Energiehaushalt, das Wachstum, die körperliche Verfassung (Kondition), die Überlebensfähigkeit und die Fortpflanzung. Wie erfolgreich sie sich mit ihrer Umgebung auseinandersetzen, können wir daher an körperlichen Eigenschaften wie dem Gewicht, am Zustand der Organe (gesund oder zum Beispiel parasitär), an morphologischen Eigenschaften (Zustand des Gefieders, des Fells, Hornlänge etc.) und an physiologischen Merkmalen (Fettreserven, „Stresshormonen“ etc.) sowie an der Zahl der Nachkommen (zum Beispiel Zahl der geborenen, geschlüpften, die Geschlechtreife erreichenden Jungen) feststellen. Die Überlebensfähigkeit und der Fortpflanzungserfolg sind wesentliche Einflussgrössen einer Population.

Die häufigste Folgen der Freizeitaktivitäten auf die Fauna (Wirbeltiere) sind (aus Zangger A., Weber D., Al-Jabaij D. 2002):

- Gewöhnung: Im Zusammenhang mit Störung ein positiv zu wertender Effekt. Vor allem bei Grosssäugern und Vögeln ist nach einer gewissen Zeit mit einer (beschränkten) Anpassung zu rechnen (z.B. Murmeltiere längs intensiv genutzte Wanderwege);

- Unmittelbarer Verlust an nutzbarer Fläche: Populationen brauchen eine minimale Fläche, die sie zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nutzen können. Ein Flächenverlust kann in geringem Umfang meist toleriert oder vielleicht kompensiert werden. Bei grösseren

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Ausmassen hat der Flächenverlust eine Reduktion der Populationsgrösse zur Folge, im Extremfall bis zum lokalen Erlöschen.

- Verlust wichtiger Standorte: Populationen benötigen Standorte von unterschiedlicher Qualität. Nebst wichtigen Futterplätzen und Ruhestellen sind vor allem Balz- und Paarungsplätze (Raufusshühner), sowie Nist- und Aufzuchtsstellen notwendig. Zentrale, kleinflächige Flächenverluste solcher Standorte können bereits starke Auswirkungen auf die Population haben.

- Blockieren / Behindern des Individuen-Austausches / Wanderungen: Tiere mit grossem Streifgebiet führen tagszeitliche oder saisonale Wanderungen durch. Zudem müssen Ausbreitungsmöglichkeiten für Kontakte zu anderen Populationen sichergestellt werden. Infrastrukturen, zusätzlich verbunden mit darauf ausgeführten Aktivitäten, können die Bewegungsmöglichkeiten einschränken. Im Extremfall führen Strassen und Pisten zu einer temporären Isolation einzelner Populationen.

- Erhöhte Sterblichkeit: Verschiedene Einflüsse führen zu einer höheren Sterberate. Am offensichtlichsten ist die erhöhte Unfallgefahr bei stark frequentierten Strassen. Im Winter können aber gerade Störungen abseits der Infrastrukturen das Überleben von Individuen gefährden. Gut bekannt sind Abgänge von Gämsen im Winter infolge energiezehrender Fluchten vor Variantenskifahrern.

- Reduzierter Reproduktionserfolg:: Plötzliche Störungen an unvorsehbaren Stellen können die erfolgreiche Aufzucht von Jungtieren gefährden. Der Reproduktionserfolg wird ebenso verkleinert, wenn Störungen den zeitlichen Ablauf eines Tieres massgeblich beeinträchtigen (Adler, die Hängegleiter angreifen und in dieser Zeit die Brutfürsorge vernachlässigen oder Bodenbrüter, die wegen der Anwesenheit von Personen ihr Nest nicht mehr anfliegen und die Eier nicht mehr ausreichend bebrüten).

- Verdrängen der Population aus einem Raum: Wird ein Raum flächendeckender genutzt, kann dies zur Abwanderung von Tieren führen. Da bei den meisten Arten alle geeigneten Lebensräume bereits besetzt sind, bedeutet Abwanderung letztlich den Verlust der betroffenen Population.

Für aktuelle Informationen aus der Forschung siehe Anhang 1, 2 und 3.

2.4 Mögliche Auswirkungen der Freizeitaktivitäten und deren Infrastrukturen auf die Flora

- Verbreitung von Exoten bzw. von standortfremden Arten: Zur Wiederbegrünung von Schneepisten und Sportplätzen wird oftmals Saatgut verwendet, das standortfremde Arten enthält. Auf den betroffenen Flächen kann die natürliche Flora keinen oder nur sehr langsam Raum fassen. Zusätzlich können sich einige dieser Arten ausbreiten und weitere Standorte besiedeln. Auf Sportanlangen werden oftmals fremde (Zier-)Pflanzen eingebracht, die nicht in der Nahrungskette integriert sind und einheimische Arten verdrängen.

- Veränderung der Soziologie: Eine Veränderung der Standortfaktoren (Feuchtigkeit, Temperatur, Nährstoffangebot u.a.) löst immer auch eine Änderung in der Artenzusammensetzung aus. Das Spektrum reicht vom Verlust einzelner Arten bis hin zur Ausbildung einer anderen Pflanzengesellschaft. Ebenso sind die Zeiträume der Veränderungen unterschiedlich (z.B. schleichende Trivialisierung der Flora infolge Nährstoffeintrag durch Beschneiung). Auch eine wiederholte Beschädigung der Vegetation durch Skikanteschliff oder durch Betreten/Befahren kann eine Änderung in der Soziologie zur Folge haben. Durch Skikanteschliff entstehen Schäden am Jungwuchs von Gehölzpflanzen, so dass sich der Wald stellenweise nicht regenerieren kann. Das

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Betreten/Befahren empfindlicher Feuchtgebieten hat eine Änderung des Wasserunterhalts zur Folge, wodurch es zu einer Verschiebung in der Artengarnitur kommen kann.

- Verlust wertvoller Kleinstandorte: Kleinflächige Sonderstandorte können empfindlich auf jegliche anthropogene Beanspruchung reagieren. Beispielweise wird die an Windexposition und frühe Ausaperung angepasste Kuppenvegetation durch Skikanteschiff besonders stark betroffen.

- Totalverlust: Durch Bauten, Anlagen und Strassen geht der Standort für jegliche Vegetationsform verloren. Dazu werden auch Sportanlagen (Reitplätze, Sandplätze u.a. ) gezählt, die mit einer geschlossenen Auflage (Sand, Streu, Kies etc.) versehen sind.

3. Ökolabels

3.1 Allgemeines

Die World Tourism Organisation (WTO) beauftragte ECOTRANS3, eine weltweite Vergleichsstudie über 104 Umweltzeichen, Wettbewerbe und Selbstverpflichtungen durchzuführen (VISIT4 – Freiwillige Initiativen für nachhaltigen Tourismus). Zurzeit gibt es ca. 50 Zertifikate und Umweltmanagementsysteme für einen „grünen“ Tourismus in Europa. Der grösste Teil davon zeichnet die Hotellerie (Beherbergung) sowie die Gastronomie aus. Einzelne beziehen sich auf Freizeit‐ und Sporteinrichtungen, andere auf Sportunternehmen. Einzelne Labels beschränken sich auf bestimmte Regionen oder auf einzelne Länder. Seit 2001 arbeiten die führenden Umweltzeichen für Unterkünfte in Europa sowie die internationale Blaue Flagge zusammen und entwickelten eine gemeinsame Plattform für Zertifizierungen im Tourismus mit dem Namen VISIT. VISIT wurde vom LIFE Umweltprogramm der Europäischen Kommission gefördert. Diese Zeichen haben ihren Sitz in Österreich, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Spanien, Schweiz und Großbritannien sowie in den Niederlanden und den Nordischen Ländern Europas. Im Jahre 2004 wurde ein Meilenstein in der Etablierung des nachhaltigen Tourismus in der Praxis erreicht: Der VISIT Verband, die Europäische Plattform für Partnerschaften und die Weiterentwicklung des nachhaltigen Tourismus, wurde gegründet. Weitere Informationen: www.yourvisit.info.  

3.2 Ökolabels in der Schweiz  

  3.2.1 Allgemeines Im Bericht „Naturnaher Tourismus in der Schweiz – Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren“ (Juni 2002) wird anhand von Umfragen festgestellt, dass die Frage bezüglich dem Bedürfnis nach einem speziellen Label für den naturnahen Tourismus in der Gesamtbevölkerung auf eine relativ starke, bei den Naturnahen sogar auf eine sehr starke Zustimmung stiess. Auch wenn von den Anbietern der Sinn eines solchen Labels anerkannt wird, äussern sie aber Zweifel über die Realisierbarkeit.

3 ECOTRANS ist ein europäisches Netzwerk von Experten und Organisationen aus den Bereichen Tourismus, Umwelt und regionale Entwicklung, die sich mit praktischen Ansätzen und Initiativen für einen langfristig umweltverträglichen Tourismus engagieren. Der Verein wurde 1993 im Rahmen der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin gegründet. Der Name ECOTRANS beinhaltet zwei Prinzipien: a) Verbindung von "Ökologie" und "Ökonomie", b) Transfer und Veröffentlichung von Wissen und damit mehr Transparenz. Die Mitglieder von ECOTRANS repräsentieren Nichtregierungsorganisationen und Beratungsunternehmen in derzeit 12 Ländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweiz und Spanien. 4 Die europäische Initiative VISIT (Voluntay Initiatives for Sustainability in Tourism) sollte aufzeigen, daß touristische Umweltzeichen in Europa zusammenarbeiten können und sollen und diese Zusammenarbeit große Vorteile bringt – für die Umweltzeichen, für die ausgezeichneten Betrieben und für eine Nachhaltige Tourismusentwicklung in Europa. Mehr Infos unter www.yourvisit.info/brochure/de060.htm#top

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Dass das Qualitätsgütesiegel bei den Naturnahen überdurchschnittlich gut bekannt ist, bildet einen Hinweis auf spezifische Konsum- und Kommunikationsgewohnheiten dieses Gästetyps. Es kann davon ausgegangen werden, dass bei den Naturnahen auch ein Label für naturnahen Tourismus überdurchschnittlich hohe Beachtung finden würde. Die grösste Herausforderung wird sein, die heterogenen Anbieter des naturnahen Tourismus in der Schweiz unter ein Dach zu bringen.

In der Schweiz gibt es bereits Labels für die Hotellerie (siehe 3.2.2).  

Labels im Bereich Gastronomie und Mobilität sind uns zur Zeit nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich wird bald auch die Festlegung eines Labels für Anbieter im Out‐door Bereich notwendig sein. Schon jetzt möchten viele Firmen sich als „umweltschonend“ deklarieren!  

Eine interessante, erwähnenswerte Dachmarke für Umweltfreundlichkeit und Naturnähe von Hotels, Gemeinden und Naturparks, die in Deutschland vor kurzem lanciert wurde, ist Viabono (www.viabono.de). Diese könnte geprüft und für die Schweizer Verhältnissen berücksichtigt und angepasst werden.

  3.2.2 Labels für die Hotellerie  Zur Zeit existiert in der Schweiz für die Hotellerie ein Nachhaltigkeitslabel. Es ist das „Steinbock – Label“ des Verein oe‐plus. Als weiteres Ökolabel steht zur Zeit auch die Einführung des EU‐ Umweltzeichens zur Diskussion. Ausserdem braucht die Hotellerie Suisse die Bezeichnung „Ökotels“ als Spezialisierung innerhalb der Hotelklassifikation.   Das Label Steinbock wurde Mitte der 90er Jahre entwickelt und ist Mitglied von VISIT, der europäischen Initiative für nachhaltigen Tourismus (www.yourvisit.org). Es wird an Unternehmer vergeben, welche in ihrer Tätigkeit eine nachhaltige Entwicklung konsequent beachten und somit nebst den wirtschaftlichen auch die ökologischen und sozialen Aspekte wirkungsvoll bearbeiten. Zusätzlich werden auch die zwei Bereiche Regionale Verankerung und Nachhaltigkeitsmanagement beurteilt. Je nach Leistung in den fünf Dimensionen erhält ein Hotel bis zu fünf Steinböcke. Jede Dimension wird anhand von Kriterien und realisierten Massnahmen beurteilt:  

- Ökologische Leistung: z.B. Energie‐ und Wasserverbrauch, Anteil Bio‐Nahrungsmittel, Qualität der Baumaterialien, Umgebungsgestaltung, Recyclingsystem. 

- Soziale Leistung: z.B. pünktliche und transparente Lohnzahlung, Qualität der Mitarbeiterräume, Weiterbildung, Lehrlingsstellen, Rollstuhlgängigkeit des Hauses. 

- Regionale Verankerung: z.B. in der Region verbleibende Wertschöpfung, Nahrungsmittel aus der Region, Baumaterialien und Mobiliar, Gästeinformation zum öffentlichen Verkehr.  

- Wirtschaftliche Leistung: z.B. Cashflow, Anteil wiederkehrender Gäste, Debitoren‐ und Lagerbewirtschaftung, Liquiditätskontrolle.  

- Nachhaltigkeitsmanagement: z.B. Nachhaltigkeitsaspekte im Einkauf, Kommunikation mit Gästen und Angestellten, Management‐Zertifikate (wie ISO 9001 oder 14001) 

Die Zertifizierung basiert auf einer ausführlichen Selbstdeklaration des Hotels, der Überprüfung durch einen externen Auditor und dem Entscheid einer unabhängigen Kommission.  Im Sommer 2005 trugen 23 Hotels das Steinbock‐Label, sechs davon das Maximum von 5 Steinböcken. Steinbock‐Hotels umfassen alle Stille – vom „Biotempel“ bis zum „5‐Sterne‐Palast“, denn Nachhaltigkeit ist eine Herausforderung für jede Qualitätsstufe. Mehr Infos unter www.oe-plus.ch/website/zertifizierung.htm Zur Zeit ist das Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus Bern zusammen mit dem BAFU gerade an einem Projekt zur Einführung des EU Umweltzeichens (EU‐Blume) für Beherbergungsbetriebe in der Schweiz. Beim EU‐Umweltzeichen handelt es sich um ein 

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Umweltzeichensystem nach ISO‐Typ I mit staatlicher Garantie und unabhängiger Überprüfung. Das EU‐Umweltzeichen für Beherbergungsbetriebe wurde im Jahr 2003 lanciert. Die Schwergewichte dieses Umweltzeichens liegen im Energie‐, Wasser‐ und Abfallbereich. Aktuell befinden sich in einer Pilotphase einige Betriebe in der Bewerbungsphase, während das Boldern in Männedorf als erster Testbetrieb diese Auszeichnung schon erhalten hat.   

In der Hotelklassifikation von Hotellerie Suisse gibt es eine Spezialisierungskategorie „Ökohotel“. Als Selbstdeklaration ohne Zertifizierung und Kontrolle erfüllt aber diese Bezeichnung die Kriterien nicht, welche an ein Label gestellt werden.  

Ein detaillierter Vergleich zwischen den drei obengenannten Labels ist im Anhang 6 (PP‐Präsentation) zu finden. 

  3.3 Ein Label für die naturnahen Orte? Der Standpunkt des WWF Graubündens 

Ein Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, im Rahmen der Zusammenarbeit mit Graubünden Ferien für das Projekt Klein und Fein (siehe Kap. 9.3.1) Kriterien auszuarbeiten, um die naturnahen touristischen Orte zu bestimmen. Im Laufe der Arbeit wurde uns bewusst, dass das Ziel ziemlich hoch gesetzt ist und es schwer ist, eine fundierte, praktikable, praxisbezogene Lösung zu finden. Die Nachhaltigkeit im Bezug auf die Beurteilung der touristischen Alpgebiete ist eine in Wirklichkeit nur schwer bestimmbare Grösse und kann kaum eindeutig und objektiv erfasst werden. Sie ist also vielmehr ein zukunftsweisender Anspruch als ein fester Plan.  

Trotzdem brauchen wir ein Instrument, ein Auswertungssystem, um die Entwicklung der touristischen Regionen bzw. Gemeinden beurteilen zu können. Es wurde uns bald klar, dass die grössten Schwierigkeiten in den folgenden drei Punkten liegen: 

 Prioritäten setzten 

 Indikatoren definieren 

 Schwellwerte für die (allenfalls vorhandenen) Indikatoren setzen 

Während die möglichen Merkmale für diese Beurteilung auf betrieblicher Ebene vorhanden sind (Zertifizierungen von Hotels wie z.B. Steinbock usw.), fehlen sie uns auf überbetrieblicher Ebene (z.B. Zertifizierung von Gemeinden oder Regionen).  

Folgende aktuelle Forschungsprojekte bzw. Programme befassen sich ebenfalls mit dieser Materie:  

‐  Projekt FUNalpin – „Zertifizierung: Konzept für einen indikatorenbasierten Zertifizierungsprozess von Bergregionen“ (Arbeitsbericht 8)5  

‐  Europäische Visit Initiative, eine Initiative für ein touristisches Umweltzeichen (www.yourvisit.info)  

‐  „Landschaft 2020 Analysen und Trends“ (BUWAL Schriftenreihe Umwelt Nr. 352) 

‐ Umweltzeichen Viabono Deutschland (Umweltzeichen für Hotels, Naturparks, Gemeinden usw. www.viabono.de) 

Wir erleben eine Zeit, in der die Grundlagen für die künftige Entwicklung des naturnahen Tourismus sowohl politisch wie auch marktwirtschaftlich gesetzt werden. In dieser sehr bewegten und dynamischen Situation wurde uns bewusst, dass die Ausarbeitung einer Zertifizierung für 

5 NFP 48 Landschaften und Lebensräume der Alpen, Projektleiter Prof. Dr. Martin Bösch, Forschungsstelle für Wirtschaftgeographie & Raumordnungspolitik, Universität St. Gallen, www.fwr.unisg.ch  

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Regionen oder Gemeinden sehr umfassend, tiefgründig und aufwendig sein muss und die Ziele unserer Arbeit bei Klein und Fein sprengen würde. Ausserdem werden voraussichtlich von Forschungsinstituten in nächster Zeit solche Zertifizierungssysteme entwickelt (wie z.B. das Projekt FUNAlpin). Eine weitere WWF‐Zertifizierung in dieser Phase würde sich nur kontraproduktiv auswirken. 

Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, keine neue „Zertifizierung“ zu entwickeln sondern:  

1.  Ein System von Auswertungskriterien zu entwickeln, um Gebiete (Gemeinden oder Regionen) bezüglich 

a) ihrer Tauglichkeit als naturnahe Ferienorte,  

b) der Nachhaltigkeit ihrer touristischen Entwicklungspolitik 

zu werten. 

2.  Einen Anreiz (Auszeichnung oder Anerkennung) zu schaffen, um Gemeinden zu motivieren, sich zu touristisch naturnahen Orten zu entwickeln. 

3.  Ein Instrument zu entwickeln, welches der touristischen Bestandesaufnahme des Gebietes dient (Ist‐Zustand Analyse: eigene Stärke, Schwäche und Potential), d.h. eine Hilfe für die Ausarbeitung touristischer Entwicklungskonzepte darstellt.  

In der folgenden Tabelle haben wir die wichtigsten Sektoren aufgeführt, die zu untersuchen sind. Einerseits werden die Naturwerte einer Region bzw. Gemeinde untersucht, anderseits wird der Umgang dieser Gemeinde bzw. Region mit den eigenen Naturwerten untersucht, vor allem im Hinblick auf den Tourismus.  

Die Sektoren sind nach den von uns gesetzten Prioritäten aufgelistet. Aus unserer Sicht sollte man sich bei einer Untersuchung auf die ersten drei Sektoren konzentrieren. Eventuell können auch die Sektoren 4 und 6 (Verkehr und Energie) in der Untersuchung integriert werden. Die Beschreibung der Indikatoren ist nur ein grober Vorschlag und muss verfeinert werden. Die schraffierten Zeilen stellen Bereiche dar, die schon mit einem Label gekennzeichnet sind.  

 

Sektor (nach Priorität) 

Bereich   Indikatoren6  

1.1 Erhaltung / Schutz / Pflege   Flächen der Naturschutzgebiete, Biotope (Lebensräume) von nationaler, regionaler, lokaler Bedeutung (Auengebiete, Amphibienlaichgebiete, Trockenwiesen und – weiden, Hoch‐ ,Übergangs‐ und Flachmoore, Wasser‐ und Zugvogelreservate) 

Anteil Fläche an der gesamten Gemeindefläche (was ist inventarisiert). Adäquate Schutzbestimmungen? (Was unternimmt die Gemeinde für den Schutz). 

Natur‐ und Landschaftsschutz  Anteil öffentlicher Gelder für den Natur‐, Landschafts‐ und Heimatschutz. 

Wildschongebiete / Ruhezonen / Ruhezonen für Brutvögel / Jagdbahngebiete 

Anteil Fläche an der gesamten Gemeindefläche 

Schonung der Brut‐ und Laichplätze  Massnahmen? 

1 ‐ Natur 

Ausscheidung von Naturvorranggebieten (siehe Verordnung NHV 451.1) mit oder ohne touristischem Zugang  

Anteil Fläche an der gesamten Gemeindefläche. 

6 Werte der Indikatoren: Absolute Werte, wie z. B. Punkte oder Tendenz:  + / 0 / ‐ ,

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Nationalparks, Biosphärenreservat, Naturpark, usw.  Anerkennung/Labels vorhanden 

Gewässer  - Naturnahe Fliessgewässer  - Nur für Hauptgewässer 

 ‐ Naturnahe Uferabschnitte (Daten BAFU?) ‐ Ökomorphologische Bewertung des Fliessgewässers (siehe Karten)  

1.2 Bewirtschaftung   Wald    Waldentwicklungsplan  Vorhanden? Ausgeschiedene 

Waldreservate in % der gesamten Waldfläche 

                Waldrandpflegekonzepte  Vorhanden oder nicht                 Zertifizierte Wälder (Q‐Label, PEFC, FSC)  % der gesamten Waldfläche Landwirtschaft    Ökologische Ausgleichsflächen nach Art. 76 LWG 

% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche 

                              BIO‐Betriebe  Anzahl BIO‐Betriebe bzw. % Biobauer bzw. Anteilfläche 

                             Vernetzungskonzepte: ÖQV  (Ökoqualitätsverord.)   Vorhanden? 

 

Alpwirtschaft      IP‐Alpen                                BIO‐Alpen 

% der gesamten Alpenfläche (aus Alpenkataster) 

 Anreizinitiativen für energiesparenden Verkehr: z.B. Kombi‐Ticket Postauto/Bahn‐Skipiste, Taxidienst mit Elektrofahrzeugen, ‐verkehrsfreie Zonen, Sammeltaxis, Shuttledienst zu der Alphütte mit Pferdekutschen usw. 

Vorhanden oder nicht 

Koordination der Hotels mit dem Abholdienst der Gäste, Gepäckservice, Gratisbillette, Infos über öffentl. Verkehrsmittel 

Vorhanden oder nicht 

Konzepte zur Förderung des Langsamverkehrs (ausgeschilderte Spazierwege, Wander‐ und Biker‐Routen, Radwege usw.) 

Vorhanden oder nicht 

Informationsservice (Naturferienzentrum, Prospekte, Web Site usw.)  Vorhanden oder nicht Organisation verschiedener, naturfreundlicher und naturpädagogischen Aktivitäten, wie z.B. Goldwaschen, Mineralienexkursionen, Wildbeobachtungen, Naturerlebniswege, Trekking mit Infos über Flora und Fauna, Wellness auf der Alp usw.  

Vorhanden oder nicht 

2 – Förderungs‐ massnahmen für den naturnahen Tourismus und Initiativen zur Information und Sensibilisierung der Gäste  

Prospekte in den Verkehrsbüros, Infotafeln auf den Wanderwegen, Alphütten usw. zur Information und Sensibilisierung der Touristen zu den Anliegen des naturnahen Tourismuses 

Vorhanden oder nicht 

Organisation von Vorträgen, Infoabende usw. für die Gäste (Themen: Natur und Kultur der Gegend)  

Vorhanden oder nicht 

Konzept Tourismuskanalisation und Tourismuslenkung   (Sitzbänke und Grillplätze bei den Wanderwegen, Einrichtung von  Naturlehrpfaden, Themenwegen usw. Konzept für Parkplätze,   

Vorhanden oder nicht 

Landschaftsschonende Ski‐ und Langlaufpisten  Vorhanden oder nicht Konzepte zur Förderung naturverträglicher Sportarten  wie Velo fahren,  Mountainbiken, Wandern, Langlaufen usw. ‐ und Regulierungen (Gebote und Verbote) 

Vorhanden oder nicht 

Schweiz pur: ausgewählte naturnahe Tourismusangebote  Auszeichnung vorhanden? Beurteilung des touristischen Angebots  Punkte oder +/‐ 

 

   

 

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Sind Massnahmen zur Information und Sensibilisierung des Personals, des Verkehrsvereins vorhanden, um die Touristen zu informieren und sensibilisieren?  

Welche Massnahmen? Werden Kurse angeboten? 

3. Umweltbildung der Tourismus‐Akteure      

 Verkehrsnetz  Km / gesamte 

Gemeindefläche Erschliessung (Alpen, Wälder, Landwirtschaft)  Km / gesamte 

Gemeindefläche Verzicht auf neue Erschliessungen. / Sind neue Erschliessungen. geplant? 

 

Regelung des Alp‐, Land‐ und Waldwirtschaftverkehrs (Werden Fahrverbote durchgesetzt?)  

 

4. Verkehr  

Wird Heliskiing gefördert oder verhindert?   

 Siedlungsfläche, Verkehrsfläche  Anteil Siedlungs‐ und 

Verkehrsfläche an der Gesamtfläche 

Golfplätze (bis 9 Löcher)  Fläche Bergbahnen  Förderkapazitäten/Stunde  Skipisten  Fläche Beschneiungsanlagen  Skipistenfläche Ökohotels (Zertifizierungen: Steinbock‐Zertifizierung Ö plus, Qualitätssiegel für den Schweizer Tourismus ... ) 

In % der gesamten Hotelanzahl 

Hotellerie  Wie viele B&B, kleine Hotels, grosse Hotels, Ferienwohnungen, Schlafen im Stroh usw. 

Nachhaltige Entwicklungsstrategien (Lokalagenda 21)  Vorhanden oder nicht? Bautätigkeit ausserhalb der Bauzone: ‐ Nichtkonforme Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone ‐ Zonenkonforme Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone 

 ‐Anzahl Neubauten ‐ Anzahl Neubauten 

Umwelt Management System IS 14000f bzw. TQM   Anzahl zertif. Firmen Allianz in den Alpen  Ist die Gemeinde dabei? Grossveranstaltungen gefördert oder gehindert?  Gefördert, gehindert, neutral?Grosse Infrastrukturen, wie z.B. Grosshotels, Freizeitzentren und Themenparks  

Gefördert, gehindert, neutral?

Das traditionelle Ortsbild   Geschützt, geändert (Umzonungen, andere, fremde Baustile, Zersiedelung durch den Bau von Zweitwohnungen,. Ferienhäusern usw.), neutral 

Firmen (oder Projekte) mit innovativen Ideen (umweltschonend, nachhaltige Produktion, Förderung der Wertschöpfung) 

Vorhanden oder nicht? 

5. Entwicklung (Infrastrukturen,  Bodennutzung) 

Besondere Infrastrukturen, die sich negativ auf den Lebensraum auswirken (z. B. Motocrosspisten, Helilandeplatz usw.) 

Vorhanden oder nicht? In Planung? 

 Label Energiestadt    Energieverbrauch   Energieverbrauch pro Kopf 

der Bevölkerung (Kilojoule/Kopf )  Anteil Fossilienbrennstoff /Anteil erneuerbare Energie? 

6. Energie 

Label natur made star  Zertifizierte Energie pro Kopf

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Massnahmen zur Förderung der erneuerbaren Energien (Solar, Holz, Biogas, Wärmepumpe…) 

Vorhanden oder nicht 

Mineregiebauzone   Vorhanden oder nicht Innovative Ideen, um Energie zu sparen?   Vorhanden oder nicht    

 Urwaldfreundliche Gemeinde (Verbrauch zertifiziertes Holz und Papier) 

Siehe Labelbestimmungen 

Förderung  von regionalen, lokalen Produkten (Handwerk, Lebensmittel usw.) 

Regionale Märkte? Regionale Verbände? 

7. Konsum 

   

 Getrennte Abfallentsorgung, Kompostierung   Vorhanden oder nicht? Recycling (Papier, Geräte, Eisen usw.)   Vorhanden oder nicht? 

8. Abfallmana‐gement 

   

 Grosse Lärmquelle (wie. z.B. Motocrosspisten, Helilandeplatz usw.)   Vorhanden oder nicht? Infrastruktur für Lärmschutz  Vorhanden oder nicht? 

9 – Lärm 

   

 

Aufgrund von Gesprächen mit Stefan Forster7 wurde entschieden, ein Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Hochschule Wädenswil und Graubünden Ferien zu initiieren und das Analyseinstrument für ein touristisches Gebiet zu entwerfen. Zur Zeit steht die Region Bergell als Untersuchungsgebiet zur Diskussion. Das Projekt wird voraussichtlich im Sommer 2006 gestartet.  

Das Analyseinstrument könnte wie folgt aussehen:  

Beispiel Fragebogen: Fragenbogen für den Bereich Förderungsmassnahmen für den naturnahen Tourismus und Initiativen zur Information und Sensibilisierung der Gäste (Antworten mit Ja, Nein‐ Antworten, Punktesystem). 

Bereich    Fragen  Ja   Nein Punkte  Bemerkungen Wandern und Radfahren         Option: Radfahren spielt aufgrund der geographischen Gegebenheiten eine untergeordnete Rolle 

       

Beschildertes Wander‐/Radwegnetz nach einheitlichem System vorhanden 

       

Regelmässige Überprüfung (mind. 1 Mal/Jahr) des Zustandes der Wander‐/Radwege (z.B. Beschilderung, Befestigung) und der sie begleitenden Infrastruktur (z.B. Bänke, Schutzhütten) 

       

Mindestens eine spezielle Wander‐/Radwanderkarte und/oder einen Wander‐/Radwanderführer vom Gebiet mit speziell ausgearbeiteten, im Gelände eindeutig identifizierbaren Touren 

       

Mindestens ein Themen‐Wanderweg/‐Radwanderweg         Angebot an geführten Wanderungen/Radtouren         Mehrtägige Wander‐/Rad‐Pauschalangebote mit Gepäcktransport 

       

2.– Förderungs‐ massnahmen für den naturnahen Tourismus und Initiativen zur Information und Sensibilisierung der Gäste  

Mehrtägige Wander‐/Rad Pauschalangebote ohne Gepäcktransport 

       

7 Alpenbüro Netz und Dozent vom Naturnahen Tourismus in der Hochschule Wädenswil 

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Differenzierte Schutzmassnahmen für besonders empfindliche Gebiete (Konzept Tourismuskanalisation und Tourismuslenkung) 

      Kurzbeschreibung

Wassersport:         Ausgewiesene Aus‐ und Einstiegsstellen und Rastplätze für Kanuten 

       

Differenzierte Schutzmassnahmen für besonders empfindliche Gebiete 

       

……         Bergsteigen, Klettern        KurzbeschreibungFührer und/oder anderes Informationsmaterial über natur‐ und landschaftsverträgliche Routen 

       

Differenzierte Schutzmassnahmen für besonders empfindliche Gebiete 

      Kurzbeschreibung

…         Haben Sie ein Besucherlenkungskonzept erarbeitet oder ist ein entsprechendes Konzept kurz vor der Fertigstellung (Monat, Jahr) 

       

Wenn nein, welche einzelnen Massnahmen zur Besucherlenkung setzen Sie in Ihrem Gebiet um? 

      Kurzbeschreibung

Ausweisung von Gebieten mit Schwerpunkt Erholungsnutzung/touristische Nutzung 

       

Ausweisung von Gebieten für den Naturschutz, die frei von jeglicher touristischen Nutzung – einschliesslich Betretungsverbot – sind (zumindest in sensiblen Zeiten, z.B. Brutzeit) 

       

Ausweisung von speziellen Bereichen für den Naturschutz mit behutsamer, touristischer Nutzung (z.B. Anlage von Stegen, Beobachtungstürmen oder Durchführung spezieller Führungen) 

       

Massnahmen zur Regulierung und Reduzierung des Individualverkehrs (z.B. Sammelparkplätze, Zufahrtsbeschränkungen) 

       

Abstimmung des Besucherlenkungskonzeptes mit den verschiedenen, relevanten Interessegruppen? 

      Welche Interessengruppen

3. Management  

…         

Ähnliche Fragebogen könnten für folgende Bereiche entwickelt werden:  

- Natur 

- Management 

- Information 

- Mobilität 

- Regionale Wirtschaft 

- Abfall 

- Energie 

- Wasser 

- Siedlung  

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4. Der „Phantom-Naturnahe Tourist“ in der Schweiz In der Studie „Naturnaher Tourismus in der Schweiz – Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren“ (FTL-HSR und Universität Zürich, Juni 2002), wurden 5 Untertypen des naturnahen Gästetyps unterschieden:

- die Sportlichen

- die Regionalen

- die Ethischen

- die Wenigverdienenden

- die Gemütlichen

Die Sportlichen und die Regionalen besitzen zusammen mehr als die Hälfte der Anteile der Naturnahen, während die Wenigverdienenden und die Gemütlichen die geringsten Anteile aufweisen. Nebst der grossen Gemeinsamkeit hinsichtlich ihres starken Naturbezugs bestehen zwischen diesen fünf naturnahen Untertypen erhebliche Unterschiede. So fallen die Sportlichen (29 %)nebst ihrem hohen Zuspruch zu den verschiedenen Aktivitäten auch durch einen starken Wunsch nach Schutzgebieten und Wildnis auf. Andererseits zeigen sie jedoch wenig Verständnis für die soziokulturellen Aspekte des Tourismus. Demgegenüber streben die Ethischen (18 %) - mit einer höheren durchschnittlichen Bildung und einem höheren Frauenanteil – ausgeprägt einen sozial- und umweltverträglichen Tourismus an. Die Regionalen (26 %) mit ihren hohen Ansprüchen an ein regionales Kulturangebot haben aber im Vergleich zu den Naturnahen ein unterdurchschnittliches Bedürfnis, dem Massenrummel und der Zivilisation zu entkommen. Und die Wenigverdienenden (14 %) fallen durch hohe Ansprüche an die Ferien und durch den überdurchschnittlichen Anteil von Urlaub mit Kindern auf. Den Gemütlichen (13 %) sind die diverse naturnahen Aktivitäten nicht so wichtig, dafür intakte Landschaften. Sie verdienen überdurchschnittlich viel und sind älter als der Durchschnitt.

Gesamthaft besonders auffällig erweist sich in der Publikumsbefragung das Bedürfnis der Naturnahen nach Sportaktivitäten. An der Spitze der in diese Untersuchung einbezogenen 28 naturnahen Aktivitäten stehen dabei das Wandern/Trekking, Schwimmen in der Natur, Radfahren, Winterwandern und Schlitteln. Am stärksten zeigt sich das Bedürfnis nach sportlichen Aktivitäten beim naturnahen Untertyp, dem Sportlichen. Dieser Typ zeichnet sich durch seinen tiefen Altersdurchschnitt, durch höhere Bildung und durch wenig Ferien mit Kindern aus.

Gemäss Publikumsbefragung verbringen Naturnahe ihre Hauptferien weniger mit Kindern als die Gesamtbevölkerung. Das widerspricht zunächst der Einschätzung der in der Anbieteranalyse befragten Experten, wonach inländische Familien mit Kindern als wichtigstes Zielpublikum des naturnahen Tourismus identifiziert werden.

Aufgrund der Ergebnisse der Publikumbefragung drängt sich eine breite Definition des naturnahen Tourismus auf. Naturnahe Verhaltensweisen sind nicht nur in einer eng begrenzten Gästegruppe zu suchen. Vielmehr vermischen sich diese Verhaltenweisen - wie wir dies bei den einzelnen naturnahen Touristentypen deutlich erkennen – in vielfältiger Weise mit anderen Wünschen. Naturnaher Tourismus beschränkt sich somit nicht auf einige wenige Aktivitäten wie z.B. Naturexkursionen oder Wandern auf Themenwegen.

5. Naturnaher Tourismus

5.1 Naturnaher Tourismus in der Schweiz (die wichtigste Erkenntnisse aus der Studie „Naturnaher Tourismus in der Schweiz – Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren“, Juni 2002)

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5.1.1 Das Produkt Naturtourismus Naturnaher Tourismus ist kein Nischenprodukt, sondern bildet ein wichtiges finanzielles Standbein der Fremdenverkehrsbranche in der Schweiz. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des naturnahen Tourismus muss es somit in erster Linie darum gehen, dessen heutige Anteile im hart umkämpften globalen Tourismusmarkt zu halten. In zweiter Linie ist aber auch anzustreben, möglichst zusätzliche Potentiale zu erschliessen.

Zur Erreichung dieser Ziele wurden für den naturnahen Tourismus die folgenden wichtigen Handlungsfelder identifiziert:

- Verbesserung der Angebotsqualität

- Professionalisierung der Anbieter

- Stärkung der Kommunikation- und Vermarktungsstrukturen

Die Zielgruppen des naturnahen Tourismus bevorzugen in starkem Masse:

- regionale und ökologische Produkte

- sportlich geprägte Aktivitäten

- von der lokalen Bevölkerung betriebene Unterkünfte

- den öffentlichen Verkehr

Ausserdem wird eine tendenzielle Bereitschaft dieses Kundensegments festgestellt, für intakte Natur und Landschaft mehr zu bezahlen. Das deutet darauf hin, dass dieser touristisch, motivierte „Mehrwert“ zumindest auf der ideellen Ebene durchaus existiert. In diesem Sinne bilden hohe Wertschöpfung aus dem naturnahen Tourismus und die Erhaltung bzw. Aufwertung von Natur- und Kulturlandschaften zwei Seiten der ein und derselben Medaille.

5.1.2 Wirtschaftliche Effekte und Potentiale Mit Gästeausgaben von jährlich CHF 2.3 Mrd. hält der naturnahe Tourismus einen Anteil von 30% des Binnentourismus in der Schweiz. Zu den Naturnahen kommt zusätzlich eine unbekannte Zahl von unter 25-jährigen hinzu, die in der Untersuchung aus methodischen Gründen nicht berücksichtigt wurden. Gemäss Einschätzung der befragten Anbieter besitzt der naturnahe Tourismusmarkt in den Jahren 2003 – 2012 zusätzliche, finanzielle Potentiale von 10 bis 40%.

Eine andere wichtige Erkenntnis ist, dass die Naturnahen im allgemeinen für ihre Ferien mehr als die Gesamtbevölkerung ausgeben. Zudem setzen sie einen überdurchschnittlichen Teil ihres Urlaubsbudgets im Inland ein. Sie zeigen auch Bereitschaft, für qualitativ gute Angebote 10 bis 20 Prozent mehr zu bezahlen. Am grössten ist diese Mehrzahlungsbereitschaft für gemütliche Gasthäuser mit regionalen bzw. ökologische Speisen, am geringsten für den öffentlichen Verkehr.

Sowohl die naturnahen Touristen als auch die Anbieter des naturnahen Tourismus, wünschen sich einen direkten, wirtschaftlichen Nutzen für die einheimische Bevölkerung bzw. einen konkreten Beitrag zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung in ihren Regionen. Für die zweite Kategorie ist insbesondere wichtig:

- Eine Verbesserung der regionalwirtschaftlichen Kreisläufe

- Grössere Kontinuität in der Tourismusentwicklung

- Verstärkte Kooperationen mit Partner

- Intensivere Vernetzung in der Region und darüber hinaus

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Die Ergebnisse der Untersuchung liegen im Rahmen der Grössenordnung der in anderen Ländern ermittelte Effekte und Potentiale. Am Auffälligsten ist die Übereinstimmung mit dem Schwesterland des Schweizer Tourismus, mit Österreich.

5.1.3 Entspricht das naturnahe Angebot der Nachfrage? Die Angebotsanalyse im Rahmen der Untersuchung zeigt, dass ein naturnahes Angebot bereits relativ breit vorhanden ist. Das vorhandene Angebot ist dabei in starkem Mass durch die Aktivität Wandern geprägt, während weitere Bereiche wie kulinarische Angebote, Naturexkursionen, Velofahren und Bauernhofferien – relativ zum Wandern gesehen – geringe Anteile aufweisen. Betrachtet man die Nachfrageseite des naturnahen Tourismus, so fällt zunächst ebenfalls die herausragende Bedeutung der Aktivität Wandern (und Winterwandern) auf. Gleichzeitig wird bei den Gästen aber das Bedürfnis nach einer höheren Attraktivität der naturnahen Angebote deutlich. Die Gästewünsche gehen einerseits in Richtung alternativer Aktivitäten (z.B. zum Wandern). Die am häufigsten gewünschten Zusatzangebote nebst Wandern sind Schwimmen in der Natur und Naturexkursionen und nebst Winterwandern, Schlitteln und Langlauf/Skiwandern. Stark gewünschte zusätzliche Angebotselemente sind qualitative Verpflegungsangebote mit regionalen Produkte sowie kleine, familiäre Speiselokale mit regionentypischer bzw. biologischer/vegetarischer Küche. Ein weiteres zusätzliches Angebotselement, das v.a. von den Naturnahen häufig gewünscht wird, sind bessere Informationen über die besuchten Regionen bzgl. Natur und Kultur.

Als alternative Angebote zum Wandern werden am häufigsten Radfahren, Mountainbike fahren und Bergsteigen genannt, als Alternative zum Winterwandern Skitouren und Schneeschuhwandern. Es herrscht das Bedürfnis nach individuellen gestalteten und auf eigenen Faust unternommenen Ferien. Pauschalurlaube und buchbare Angebote spielen hingegen im naturnahen Tourismus in der Schweiz eine untergeordnete Rolle.

Auffällig ist der starke Zuspruch der Bevölkerung, insbesondere der Naturnahen, zu Schutzgebieten in der Ferienregion. Es sieht so aus, als ob mit dem Vorhandensein von Schutzgebieten die Ferienbedürfnisse der Naturnahen besser abgedeckt werden, indem sie das Vorhandensein einer intakten Natur und Landschaft in der Ferienregion versprechen. Neue Naturparks, Nationalparks, Landschaftsparks und Biosphärenreservate bilden aber nicht nur einen Handlungsrahmen für den Natur- und Landschaftsschutz, sondern können künftig auch eine wichtige Klammer für die Entwicklung des naturnahen Tourismus in diesen Region sein.

5.1.4 Handlungsbedarf hinsichtlich Strukturen, Marketing und Kommunikation Der hauptsächlichste Handlungsbedarf des naturnahen Tourismus in der Schweiz liegt in dessen oft zu wenig professionellen Strukturen, insbesondere bezüglich Angebotsentwicklung und Vermarktung sowie bei der Kommunikation. Generell wird von den befragten Expertinnen und Experten eine Professionalisierung der naturtouristischen Strukturen (z.B. verbesserte Ausbildung, verstärkte Kooperationen, Netzwerke) als notwendig erachtet. Aufgrund des besonderen Charakters von naturnahen Angeboten, braucht es eine überdurchschnittlich lange Anlaufszeit, bis sie sich selbstragend am Markt halten können. Dafür müssen die Anbieter eine Kontinuität gewährleisten, die in vielen Fällen ohne finanzielle Hilfe von aussen nicht möglich ist. Diese finanzielle Hilfe kann z.B. in Form von Startfinanzierungen durch Bund und Kantone, allenfalls auch weiterführende Basisfinanzierungen erfolgen.

Als zentrales Anliegen erweist sich das Vorhandensein von spezifischen Kompetenzen für den Naturnahen Tourismus vor Ort. Lokal angesiedelte und in überregionale Netzwerke eingebundene Kompetenzzentren versetzen die Anbieter in die Lage, die Kommunikation mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren zu verbessern. Die Weiterentwicklung des naturnahen Tourismus in der Schweiz dürfte massgeblich davon abhängen, inwieweit es gelingt, an den einzelnen Orten touristisches Know-how mit Fachwissen bezüglich Natur, Kultur und Landschaft auf intelligente Weise miteinander zu verbinden und in entsprechende Angebote zu übertragen.

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Die im Gespräch mit den Anbietern ermittelten Erfolgsfaktoren für den naturnahen Tourismus betreffen die Bereiche Kommunikation, Vermarktung, Angebotsentwicklung, Kompetenz und Kontinuität. Wichtige Stichworte dazu lauten: Glaubwürdigkeit, Engagement, Erlebnisqualität und Vernetzung. Als Wesentlich ergibt sich aber auch die profunde Kenntnis der eigenen Zielgruppen und der entsprechenden Distributionswege. Mundwerbung und Reportagen in Zeitungen und Zeitschriften haben auch einen zentralen Stellenwert.

5.3 Naturnaher Tourismus in Österreich Folgende Daten und Zitate stammen aus dem Bericht „Potentiale des Ökotourismus in Österreich“ (M. Leuthold, 2001). Rund 55.5 % der österreichischen Gesamtbevölkerung geht auf Reisen. Rund 33 % aller 6.1 Millionen Haupturlaubsreisen (das sind jene Reisen, die nach Einschätzung der Befragten als wichtigste Jahresurlaubsreisen angesehen werden) gehen ins Inland. Die Restlichen zieht es ins Ausland. Die grösste Gästegruppe in Österreich sind deutsche Urlaubende mit 63 % aller Gäste, dahinter kommen mit 27 % Gäste aus Österreich.

In der Regel suchen8 die Gäste in Österreich im Sommerurlaub: Erholung (65 % der Befragten), Wanderungen (49 %), Badeurlaub (54 %), Kultururlaub (15 %), Sporturlaub/Radreisen ( 28 %), Kur- und Wellnessurlaub (10 %).

Insgesamt kann man eine Entwicklung zum „Qualitätstourismus“ nachzeichnen, d.h. die Anzahl der Beherbergungsbetriebe und die Bettenkapazität haben nur geringfügig zugenommen, dafür ist das Angebot offensichtlich besser auf Zielgruppen zugeschnitten gewesen und damit die Auslastung erhöht worden. Im Jahr 2001 wurde der Anteil der Gesamtausgaben für Naturtourismus am gesamten Tourismus auf etwa 7 % geschätzt.

Aus unterschiedlichen Untersuchungen (Life-Style Analyse 1999, Gästebefragung Österreich 2000, Statistik Austria 2001 und der Reisenden-Befragung in Rahmen der obengenannte Studie 2001) kann man das folgende Phantombild des österreichischen Ökotourist bzw. Ökotouristin beschreiben. Er bzw. sie wäre:

- zwischen 30 und 60 Jahre alt

- hätte eher einen höheren Schulabschluss und ein regelmässiges Einkommen

- käme eher aus einem Ballungsraum bzw. einer Grossstadt

- würde im Urlaub eher Erholung als Action suchen

- möchte vor allem (neue) Landschaften erleben und kennen lernen

- möchte abseits von touristischen Zentren einen komfortablen Urlaub erleben, bei der er/sie nicht unbedingt sparsam lebt, aber auch nicht zu viel Geld ausgibt

- würde einen preiswerten Sommerurlaub – entweder zum Erholen am Meer (Sonne, Strand, Meer) oder aber einen Erholungs-/Aktivurlaub beim Wandern in den Bergen verbringen

- zöge kleinere Orte den international bekannten und belebten Gebieten vor

- würde sich auch einmal einen (Kurz-)Urlaub in einem gehobeneren Hotel gönnen

Aus der Befragung lässt sich ein mit Vorsicht zu beurteilendes Potential von Rund 29 % der in und nach Österreich Reisenden für Natur- und Umweltreisen in Österreich annehmen. Nach der Befragung dauerten die ökotouristischen Reisen innerhalb von Österreich zwischen sieben und 14 Tagen.

Mehr als die Hälfte aller Befragten (64 %) erwartet von einem Reisebüro eine kompetente Umweltinformation über das Urlaubsziel. Immerhin 71 % aller befragten äusserten sich positiv

8 Ergebnis der Gästebefragung Österreich 2000/01

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gegenüber dem Statement, dass sie einen Reiseveranstalter mit ausgewiesenem Umweltengagement (das heisst einen Reiseveranstalter, der sich in einer Region für Umweltbelange engagiert und damit zu einem ökologisch verträglichen Tourismus beiträgt) bevorzugen würden.

Rund 34 % aller Befragten der Reisenden-Befragung haben eine im Sinne der WTO verstandene „ökotouristische Motivation“. Dabei scheint das „ökotouristische“ Interesse sich vor allem darauf zu konzentrieren, eine andere Umgebung kennen lernen zu wollen (21%: andere Landschaften kennen lernen). Die Suche nach den „anderen“ Menschen (z.B. nach einem Kontakt mit indigenen Völkern) zählt mit rund 7 % ebenso wie das Beobachten von Tieren oder das Erleben „der Natur“ mit rund 6 % zu einem weniger starken Urlaubsgrund. Wenn man diese Angaben auf die Anzahl aller österreichischen Urlaubsreisen hochrechnet, würde sich hier ein mit Vorsicht einzuschätzendes mögliches Urlaubsreisenpotential von ca. 2,1 Millionen ökotouristisch motivierter österreichische Reisen ergeben.

Fast einhellig ist die Zustimmung zu dem Statement, dass zur Urlaubszufriedenheit ein intaktes Landschaftsbild gehört. Rund 91 % aller Befragten der Reisenden-Befragung stimmen zu, dass zu einer Reise unmittelbare Naturerlebnisse gehören (53 % sehr, 39 % eher).

Die Reisenden stellen hohe Hygiene- und Sicherheitsstandards an ihr ökotouristisches Urlaubsziel und haben die Erwartung, eigenständige (d.h. selbstständige) Wanderungen und Touren mit guter Information durchführen zu können. Beliebt werden auch kleine Unterkunftsbetriebe mit einheimischer Küche und Zutaten aus der Umgebung. Es wird ausserdem geschätzt, dass zwischen 0,5 und 1,6 Millionen Personen bereit wären, zwischen 5 % und 20 % mehr für eine ökologisch und sozial-verträgliche Urlaubsreise zu bezahlen.

Aufgrund der Befragung wird festgestellt, dass die Frage der Mobilität zukünftig entscheidend sein wird, ob in bestimmten Regionen eine nachhaltige Entwicklung stattfinden kann oder nicht: Wie kommen Reisende in eine Region? Konzepte für einen öffentlichen Nahverkehr und Angebote für UrlauberInnen sind notwendig, damit diese weniger mit dem eigenen PKW fahren und Sammeltaxis, Gästebusse etc. nutzen können.

5.4 Naturnaher Tourismus in Italien Zur Vorbereitung des Jahres des Ökotourismus (2002) gab die WTO Forschungsinstituten in sieben Ländern (IT, FR, ES, DE, GB, USA und CA) den Auftrag, den Ökotourismusmarkt im eigenen Land zu erforschen. Folgende Daten stammen aus dem Bericht „Der ökotouristische Markt in Italien“ (Ecobilancio Italia, 2022).

Die Forschung ergab, dass die Begriffe nachhaltiger und verantwortungsvoller Tourismus immer mehr Fuss fassen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Kundschaft immer mehr auf die Aspekte der nachhaltigen Entwicklung, des Umweltschutzes und der Sozialaufwertung aufmerksam wird. Knapp 60 % der Tour Operators in Italien benützen für die Vermarktung ihrer Ferienangebote den Begriff „Ökotourismus“. Der Anteil des Ökotourismus wird auf 2 % des gesamten touristischen Umsatzes geschätzt, mit einem jährlichen Wachstumspotential von bis zu 20%.

Die Hauptmotivation des italienischen Ökotouristen ist die Entdeckung anderer Kulturen (27 %) , während die Entdeckung einer intakten Natur (Flora und Fauna) von 20.7 % der Befragten als wichtigsten Grund gegeben wurde. Obwohl die Interessen des italienischen Ökotouristen hauptsächlich die soziokulturellen Aspekte berühren (andere Kultur, Kontakte mit Einheimischen, geschichtliche Aspekte, gutes und reiches Infomaterial usw.), wird die Natur und die intakte Landschaft als wichtiger und zentraler Aspekt betrachtet (82 % der Befragten).

In Italien kosten ökotouristische Ferien 27 % weniger während der Hauptsaison und 7 % weniger während der Nebensaison als traditionelle Angebote. Der Ökotourist ist bereit 500.- bis 1'500.- Euro für die Ferien auszugeben, wobei die Qualität und die Authentizität des Angebots die Hauptrolle spielen, während der Preis zweitrangig ist.

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Der italienische Ökotourist ist zwischen 25 und 34 (55 %) Jahre alt , arbeitet hauptsächlich im tertiären Sektor, hat eine gute Ausbildung (48 % Matura, 45 % Diplom) und zieht es vor, selbständig die Ferien zu organisieren (62 %).

Laut Meinung der Mehrheit der ökotouristischen Tour Operators (77.5 %), ist eine der Prioritäten, um den Ökotourismus zu fördern, eine Sensibilisierungskampagne für den Ökotourismus und die Erfassung eines ethischen Kodexes sowohl für den Ökotouristen, als auch für Firmen, die im Ökotourismus tätig sind. Die Mehrheit der Tour Operators des Ökotourismus unterstützt die Umwelt indem sie

a) - lokale Dienstleistungsanbieter bevorzugen (87.5 %)

b) – lokale Projekte für den Schutz der Umwelt, für die wirtschaftliche Entwicklung oder die humanitäre Art finanziell unterstützen (57.5 %)

c) – die eigene Kundschaft ermutigt, die erwähnten Projekte zu unterstützen (32.5 %)

d) – Partner von Naturschutzorganisationen sind (27.5 %)

e) – in Partnerschaft mit Naturschutzgebieten arbeiten (20 %)

6 – Ökotourismus und Wertschöpfung

6.1 Definition Wertschöpfung Die Wertschöpfung ist der am besten geeignete Indikator zur Beurteilung der ökonomischen Signifikanz des Tourismus.

Definition Wertschöpfung (aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie, http://de.wikipedia.org)

Wertschöpfung ist das originäre Ziel produktiver Tätigkeit. Diese transformiert vorhandene Güter in Güter mit höherem Nutzen und damit - in einer Geldwirtschaft – in Güter höheren Geldwertes. Der geschaffene Mehrwert wird zu Einkommen.

Wertschöpfung als Kennzahl miss den Ertrag wirtschaftlicher Tätigkeit als Differenz zwischen der Leistung einer Wirtschaftseinheit und der zur Leistungserstellung verbrauchten Vorleistung.

Wertschöpfung = Leistung - Vorleistung

Die verwendeten Begriffe sind wie folgt zu verstehen:

Leistung ist der bewertete Produktionsausstoss (Umsatzerlös +/- Bestandesveränderung)

Vorleistungen sind fremdbezogene Güter und Dienste, die im Leistungsprozess verbraucht werden. Hierzu zählen zugelieferte Materialien und bezogene Serviceleistungen, nicht aber der Faktor Arbeit, denn zusammen mit dem Faktor Kapital ist dieser das Subjekt der Wertschöpfung.

Wirtschaftseinheit Als betrachtete Wirtschaftseinheit kommt die gesamte Volkswirtschaft, ein Unternehmen, Teilaktivitäten eines Unternehmens oder auch ein einzelner Leistungsprozess in Betracht.

Wertschöpfung ist gleichzeitig die Summe aller Einkommen, die aus einer wirtschaftlichen Aktivität entsteht. Sie bemisst damit den Verteilungsspielraum für die Anspruchsberechtigten.

Wertschöpfung =

Arbeitseinkommen (Löhne und Gehälter) + Kapitalgewinn (Gewinn und Fremdkapitalzinsen) + Steuern (Einkommen der Gebietskörperschaften)

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Die Summe der Wertschöpfungen aller Wirtschafteinheiten eines Wirtschaftraums (Volkswirtschaft) ist das Inlandprodukt oder Volkseinkommen.

Einfachere Definition: Unter Wertschöpfung versteht man das Einkommen, das in Form von Löhnen und Gewinnen in der Region verbleibt.

Schematische Darstellung:

Vorleistungen (von Dritten

bezogene Güter und Dienstleistungen)

Abschreibungen Mitarbeiter

(Löhne) Staat

(Steuern) Fremdkapitalgeber

(Zinsen) Eigenkapitalgeber

(Dividende)

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Netto- Wertschöpfung

Unternehmung (einbehaltener

Gewinn)

6.2 Daten aus der Forschung Leider gibt es wenige Daten aus der Forschung, die die Auswirkungen des naturnahen Tourismus auf die Wertschöpfung analysieren. Die wenigen, gefundenen Daten sind in folgenden Kapiteln aufgeführt:

7. Tourismuspolitik in der CH

7.1 Alpenkonvention Die Alpenkonvention9 ist ein internationaler völkerrechtlicher Vertrag zwischen Österreich, der Schweiz, Deutschland, Frankreich, dem Fürstentum Liechtenstein, Italien, Monaco, Slowenien und der Europäischen Gemeinschaft. Der Anwendungsbereich der Alpenkonvention umfasst den gesamten Alpenraum. Die Rahmenkonvention wurde zwischen 1991 und 1994 von den Vertragsparteien unterzeichnet und ist 1995 in Kraft getreten. Die verschiedenen Protokolle wurden nacheinander bis 2002 von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet10. Das Entscheidungsgremium der Alpenkonvention ist die Alpenkonferenz, die in der Regel alle zwei Jahre auf Ministerebene tagt. Die Alpenkonvention strebt eine integrierte, nachhaltige Entwicklung des Alpenraumes an. Dieser Grundgedanke zieht sich durch die Rahmenkonvention und alle Protokolle. Seit dem Inkrafttreten der Protokolle Ende 2002 steht für die Alpenkonferenz die Umsetzung im Vordergrund. Einen wichtigen alpenweiten Beitrag zur Umsetzung der Alpenkonvention haben bereits die drei Netzwerke geleistet, die sich ausdrücklich auf die Alpenkonvention berufen: das Netzwerk Alpiner Schutzgebiete, das Gemeindenetzwerk „Allianz in der Alpen“, sowie das Internationale Wissenschaftliche Komitee Alpenforschung ISCAR. Das mehrjährige Arbeitsprogramm der Alpenkonferenz bildet einen mittelfristigen Rahmen für die Dauer von sechs Jahren, der die wichtigsten Aufgaben vorgibt. 9 „MAP - Das Mehrjährige Arbeitsprogramm der Alpenkonferenz 2005-2010“ Ständiges Sekretariat der Alpenkonvention 2005 – www.alpconv.org 10 Von den 9 Protokollen eine betrifft das Thema „Tourismus“.

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Themenschwerpunkt Tourismus, Freizeit und Sport. Innerhalb dieses Themenschwerpunkts der aktuellen Arbeitsprogramme (2005 bis 2010) sind die wichtigste Themen:

- Die Destination Alpen im globalen und inneralpinen Wettbewerb (Veränderungen des globalen Tourismusmarktes, Konzentration , Folge des Klimawandels, Kooperation etc.)

- Tourismus und Sport (neue Sportarten und ihre Auswirkungen, transnationale Verhaltensregeln für Sportler etc.)

- Tourismus und Kultur in den Alpen (Was ist Alpenkultur? Städte, ländliche Tradition, interkulturelle Begegnung etc.)

- Natur als Ressource für Tourismus und Freizeitwirtschaft, Grenzen für die Nutzung

- Tourismus, Freizeitwirtschaft und regionale Entwicklung

Die bereits laufenden gemeinsamen Aktivitäten sind:

- Kooperation des ständigen Sekretariats mit dem Projekt Via Alpina (Netzwerk alpenweiter Wanderrouten, nachhaltige lokale Entwicklung durch nachhaltigen Tourismus)

- Initiative Italiens für Vereinbarungen im Bereich des Sports in den Alpen

- Tourismusaktivitäten des Netzwerks alpiner Schutzgebiete

- Erprobung eines „Audithing in Skigebieten – Leitfaden zur ökologischen Aufwertung“

Die Prioritäten für die laufenden 6 Jahre sind:

- Untersuchung der Auswirkungen unterschiedlicher, touristischer Konzepte im sich verändernden internationalen und inneralpinen Wettbewerb; Entwicklung gemeinsamer Regelung zur Vermeidung negativer ökologischer, sozialer und ökonomischer Folgen eines verschärften inneralpinen Wettbewerbs

- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des naturnahen Tourismus im Alpenraum

- Hinwirken auf eine internationale Vereinbarung zur Ferienstaffelung

- Anregen von Konzepten zur Kooperation zwischen Tourismuswirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Handwerk

- Öffentlichkeitsarbeit zum Thema nachhaltiger Tourismus in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Netzwerken. Präsentation der Alpen als aktive, zukunftsorientierte Region. Einführung eines Förderpreises.

- Erprobung des „Audithing in Skigebieten“ in weiteren Vertragsstaaten, Weiterentwicklung der Methodik, Formulierung von Anforderungen an einen umweltverträglichen Betrieb von Skigebieten im Rahmen eines erweiterten freiwilligen Audithings.

- Herausarbeitung der Rolle des Alpenraums als historischer und aktueller Begegnungsort grosser europäischer Kulturen. Anregung von entsprechenden Tagungen, Events und touristischen Angeboten.

Im Anhang 5 befinden sich einige wichtige Artikel der Alpenkonvention betreffend des Tourismus.

7.2 Neue Regionalpolitik Das schweizerische Berggebiet umfasst zwei Drittel der Landesfläche und ein Viertel der Bevölkerung. Dieses ist seit dem zweiten Weltkrieg mit Problemen wie Entvölkerung, Entwicklungsrückstand, fehlende Infrastrukturen, strukturelle Hindernisse, wie kleine Märkte und längere Transportdistanzen konfrontiert. Die meisten der 54 Bergregionen sind von wenigen

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Leitbranchen wie Tourismus, Landwirtschaft und Baugewerbe abhängig und, wie alle anderen Regionen, dem globalen Standortwettbewerb ausgesetzt. Die bisherige Regionalpolitik konzentrierte sich vor allem auf den Rückstand in der Infrastrukturausstattung. Die Schweiz kennt seit der Schaffung des Investitionshilfegesetzes 1974 eine Regionalpolitik. Dazu kommen das Bundesgesetz über die Bürgschaftsgewährung im Berggebiet, der Bonny-Beschluss und der Bundesbeschluss zu Regio Plus. Mit der neuen Regionalpolitik sollen die bestehenden Instrumente zu einem einzigen Bundesgesetz zusammengefasst werden. Ausserdem soll ein eigentlicher Paradigmenwechsel weg von der bisherigen Ausgleichspolitik hin zu einer wachstumsorientierten Regionalpolitik stattfinden. Regionen aller Grössen sollen damit eigenständige Beiträge zum wirtschaftlichen Wachstum der Schweiz leisten. Es ist allerdings im Interesse der Bergregionen, dass bisherige Förderprogramme wie INTERREG für die regionale Zusammenarbeit oder INNOTOUR zur Förderung der Innovation und Zusammenarbeit im Tourismus bestehen bleiben.

Der Bundesrat hat am 16.11.2005 eine Botschaft zum neuen Bundesgesetz über die Neue Regionalpolitik (NRP) verabschiedet. Ab 2008 sollen jährlich 70 Millionen Franken zur Stärkung von Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Regionen zur Verfügung stehen. Diese Mittel werden als knapp angesehen. Das neue Bundesgesetz über Regionalpolitik soll ab 2008 vier bisherige Erlasse mit regionalpolitischen Förderungsmassnahmen ablösen (Investitionshilfe für Berggebiete, Förderung wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete, Regio Plus und Interreg). Es schafft damit die Grundlage für mehrjährige Umsetzungsprogramme. Diese Programme werden vom Bund und den Kantonen gemeinsam definiert.

Die NRP wird sich auf die Förderung der Berggebiete, der weiteren ländlichen Räume und der Grenzregionen als Wirtschaftsstandorte konzentrieren. Neben einem qualitativ hochstehenden Angebot an qualifizierten Arbeitskräften und Infrastrukturen rücken weiche Faktoren wie wirtschaftsfreundliche Institutionen, Unternehmergeist, regionale Netzwerke oder der Zugang zu Wissen immer mehr in den Vordergrund. Der Bundesrat will im Rahmen der NRP an der Möglichkeit von Steuererleichterungen für Unternehmensansiedlungen festhalten.

Mit der Vorlage zum neuen Bundesgesetz wird auch eine Übergangsregelung beantragt, die für die 2006 und 2007 auslaufenden Instrumente („Bonny-Beschluss“ , Regio Plus, Investitionshilfe für Berggebiete und Förderung wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete) eine Weiterführung bis zur Inkraftsetzung des ersten Mehrjahresprogramms vorsieht.

Im Vergleich mit der Vernehmlassungsvorlage aus dem Jahr 2004 wurden folgende Anpassungen vorgenommen:

- Die Stärkung der Wertschöpfung steht im Vordergrund. Die Instrumente der NRP werden so eingesetzt, dass daraus ein indirekter Beitrag zur Erhaltung der dezentralen Besiedlung und zum Abbau der regionalen Disparitäten resultiert.

- Auf die vorgeschlagene Integration von Modellvorhaben der Agglomerationspolitik wird verzichtet.

- Als Finanzhilfen werden neben à fonds perdu Beiträgen weiterhin auch Darlehen an Vorhaben der Entwicklungsinfrastruktur gewährt, wie es die bisherige Regionalpolitik vorsah.

- Es wird weiterhin ein Instrument der einzelbetrieblichen Förderung in Form von Steuererleichterungen für Unternehmeransiedlungen bereitgestellt.

- Auf die Errichtung einer Stiftung für Regionalentwicklung als Förderungseinrichtung für kleinregionale Projekte wird verzichtet.

- Die NRP wird die Regionalstrukturen in den Berggebieten und ländlichen Räumen (IHG-Regionen), die seit den 1970er Jahren aufgebaut wurden, in ihre Förderkonzeption

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miteinbeziehen. Die Kantone und Regionen haben dafür zu sorgen, dass die Strukturen zeitgemäss aufgebaut sind und zielgerichtet operieren, bevor beim Bund um die Mitfinanzierung von Betriebsbeiträgen nachgesucht wird.

7.3 Alpentourismus: Situation und Trends

Heute steht alpenweit ein Angebot von 5 Mio. Ferienbetten und rund 15ʹ000 Seilbahnen und Liften zur Verfügung. Für den alpinen Skisport können schätzungsweise 41ʹ000 Abfahrtspisten mit einer Gesamtlänge von 120ʹ000 Kilometern präpariert werden. Gleichzeitig stagnieren seit den 1980er Jahren die Besucherzahlen auf hohem Niveau („Landschaft 2020“, BUWAL 2003).Nach einer Abnahme der Logiernächte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre nehmen die Gästezahlen seit 1997 wieder zu. 2001 wurden im Beherbergungssektor über 68 Mio. Übernachtungen verbucht. Über 35 Mio. Logiernächte entfallen auf die Hotels und regional betrachtet rund 35% auf die Bergkurorte, also Orte über 1ʹ000 Meter über Meer.  

Die zunehmende weltweite Konkurrenz, steigende Kundenbedürfnisse und der Zwang zur Rentabilität haben in den 1990erJahren zu einer weiteren Übernutzung der natürlichen und kulturellen Ressourcen geführt. Neue touristische Aktivitäten und Verteilungsmuster in der Landschaft sowie der Zwang zu Events, Inszenierungen und künstlichen Erlebniswelten wird weiteren Druck verursachen (siehe Kap 8). Durch technische Innovationen unterstützt, werden bisher kaum genutzte Gebiete für die Freizeitnutzung erschlossen. So wurden beispielsweise hochalpine Gelände, Felswände aber auch Schluchten und Oberläufe der Flüsse für neue Aktivsportarten wie Mountainbiking, Riverrafting, Canyoning oder Free Climbing attraktiv.  

Die neuen Sportarten stellen neue Anforderungen an die Infrastrukturen: Carven verlangt breite, nicht allzu steile Hänge, die Freestyler unter den Snowboardern brauchen Halfpipes und Schanzen. Buckelpisten sind als Herausforderung bei den alpinen Skifahrern wieder im Trend. Beliebt sind auch Neuschneeabfahrten abseits der markierten Pisten. Um diese Kundenwünsche in der harten Konkurrenzsituation zu erfüllen, werden Pisten vermehrt und unterschiedlich präpariert, neue Pisten angelegt, und ganze Abfahrten beschneit sowie vermehrt Transportanlagen gebaut. Für die Wasserversorgung der Schneekanonen braucht es Speicherseen. Die Folge sind neue Geländeeingriffe. In allen Skiregionen des schweizerischen Alpenraums sind Neuerschliessungen bzw. Erweiterungen von Skigebieten oder auch Skigebietszusammenschlüsse geplant. Dies teilweise als Reaktion auf die klimatischen Bedingungen (immer höhere Regionen müssen erschlossen werden) aber auch aus wirtschaftlichen Überlegungen. Die Konzessionspolitik des Bundes für touristische Transportanlagen wird zur Zeit restriktiv gehandhabt, zum Beispiel werden keine Konzessionen für Neuerschliessungen gegeben, sondern nur noch für Erneuerungen im bestehenden Skigebiet. Der politische Druck in Richtung einer freizügigeren Praxis könnte jedoch im Zuge des steigenden Wettbewerbs zunehmen. 

Der Markt bleibt zwar stabil oder ist eher rückläufig, der Konkurrenzdruck unter den einzelnen Destinationen bezüglich ihres Infrastrukturangebotes steigt jedoch stetig. Der Einfluss neuer Tourismusstrategien wie Grossfusionen touristischer Betriebe, welche künftig Preise drücken und vermehrt den Massentourismus ansprechen, könnten sich zusätzlich negativ auf Natur und Landschaft auswirken.  

Tourismus ist per Definition mit der Mobilität verbunden und in den letzten Jahren hat der Freizeitverkehr enorm zugenommen. In der Schweiz macht der Freizeitverkehr heute rund 60 Prozent des gesamten Personenverkehrs aus. Untersuchungen zeigen, dass rund 90% der Energie, die ein Tourist verbraucht, für die An‐ und Rückreise benötigt wird. Aufgrund der Tourismusentwicklung dürfte der Trend zu belastenden Reise‐ und Tourismusformen anhalten.  

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8. Trend „Erlebnisinszenierung“: Was ist damit überhaupt gemeint? Im aktuellen Rennen nach einer Verbesserung und Optimierung touristischer Angebote und der Werbung um mehr Kunden, wird oft von Erlebnisinszenierungen gesprochen. Man kann sich fragen, was genau hinter diesem Begriff steckt. Eine umfassende Erklärung und ein Leitfaden für die Erstellung von Inszenierungskonzepten werden in der Publikation „Tourismus-Destination als Erlebniswelt, Ein Leitfaden zur Angebots-Inszenierung“ (Müller H. und Scheurer R. 2004, Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus der Universität Bern) ausführlich dargelegt. Die folgenden Ausführungen stammen aus diesem Bericht.

Gemäss der Feststellung, dass unsere Gesellschaft sich zu einer „Erlebnisgesellschaft“11 entwickelt hat, ist es für touristische Dienstleistungsbetriebe notwendig, geeignete äussere Situationen zu schaffen, die Erlebnisse begünstigen. In der Tat sind Erlebnisse psychologische Konstruktionen, die emotional und darum individuell wahrgenommen werden. Ein Ereignis ist die Voraussetzung eines Erlebnisses. Erst durch die Erkenntnis, d.h. bewusste Reflexion, werden die Erlebnisse als Erfahrungen assimiliert. Wir können die 4 E der Erlebnisgesellschaft wie folgt ausdrücken:

Ereignis > Erlebnis > Erkenntnis > Erfahrung

Das bedeutet, dass Erlebnisse Ereignisse voraus setzen, diese aber erst durch Erkenntnisse zur persönlichen Erfahrung werden.

Aus dieser Definition wird klar, dass die Akteure der touristischen Branche zwei Einwirkungsbereiche haben: Einerseits können sie Ereignisse schaffen, die wünschbare Erlebnisse begünstigen und anderseits können sie mithelfen, Erlebnisse zu reflektieren, damit daraus Erfahrungen werden (beispielweise durch Skilehrer, Animatoren, Stadtführer, Wanderleiter usw.).

Aufgabe der Tourismusanbieter ist es, „Schauplätze“ oder „Situationen“ (Settings) für Touristen einzurichten (Erlebnisparks, Erlebnishotels, Erlebnisgastronomie usw.), und sie mit Ereignismöglichkeiten anzureichern, damit Erlebnisse stattfinden können. Damit die Ereignisse positive Erlebnisse auslösen können, muss auch die emotionale Wirkung der Umwelt (Atmosphäre) dazu passen. So wird das Ferienerlebnis optimiert. Umweltfaktoren, die die Atmosphäre beeinflussen, sind z.B. Farben, Licht, Formen (Landschaftsbild), Töne, Gerüche, Wetter. Einige der Umweltreize können mittels Angebotsgestaltung (Inszenierung) beeinflusst oder moderiert werden, andere wie beispielweise das Klima oder das Wetter nicht. Inszenierung ist das Instrumentarium des Erlebnis-Settings zur Schaffung einer zielgruppenorientierten Atmosphäre.

Für die Inszenierung sind im Bericht sieben Punkte bzw. Instrumente erwähnt:

A Das Thema (das Leit-Instrument) sorgt für Kohärenz und hat einen starken Einfluss auf die Zielgruppen

B Das Inszenierungskonzept (das Planungs- und Koordinations-Instrument)wird auf einzelne Inszenierungselemente abgestimmt. Hier müssen die potentiellen Zielgruppen eingegrenzt und systematisch untersucht werden.

C Attraktionen und Aktivitäten (das Auslöser-Instrument)schaffen Ereignisse, die Erlebnisse ermöglichen (n.B. zu den Attraktionen gehören Bergbahnen ebenso wie Wellness- oder Sportanlagen, Museen, Kinderspielplätze oder Events!).

D Szenerie (das Ästhetik-Instrument): wird durch die natürlichen Hintergrundreize, wie z.B. Landschaft, Wetter, Licht usw. dominiert. Dazu kommen noch die Architektur, die Beleuchtung, die Landschaftseingriffe usw., die die Szenerie stark beeinflussen.

11 Vor allem ein Wertewandeln der Arbeit sei die Ursache dieses Prozesses: Traditionelle Arbeitswerte wie Pflichterfüllung, Disziplin, Fleiss und Sparsamkeit haben an Gewicht verloren zugunsten von neuen Freizeitwerten, wie Genuss, Lust, Spass, Geselligkeit und extrovertierter Lebensstil. In dieser Szenario hat sich eine „Erlebnisökonomie“ (nach Pine und Gilmore 1999) entwickelt, bei der die Kunden auf dem „Erlebnismarkt“ Geld oder Aufmerksamkeit gegen Erlebnisangebote eintauschen.

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E Besucherlenkung (das Lenk-Instrument). Damit wird versucht, die Gästeströme zu lenken. Insbesondere das Informationskonzept mit der Signalisierung gehört dazu.

F Wohlbefinden (das Unterstützungs-Instrument): „Wohlfühlmanagement“ heisst nichts anderes, als dass die Grundbedürfnisse gedeckt werden müssen und die Sicherheit gewährt sein muss.

G Besucher/Gäste (das Bewertungs-Instrument): Die Besucher, resp. die Gäste entscheiden letztlich, ob ein Erlebnis positiv oder negativ in Erinnerung bleibt. Es ist deshalb nötig, die Gäste zu beobachten und ein Feed-back von ihnen zu erhalten.

Der Bericht ist ganz klar ein Instrumentarium, um die Angebotsgestaltung der touristischen Orte zu planen und zu optimieren. Das ist eine zentrale Aufgabe der lokalen Tourismusorganisationen. Im Bericht wird der Wunsch geäussert, dass im Inszenierungsprozess, um die Attraktivität des Ferienortes zu steigern, eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird. Während die Leitung der Arbeitsgruppe von der Direktion der Tourismusorganisation übernommen werden sollte, sollten Persönlichkeiten anderer wichtiger touristischer Anbieter und der Verwaltung im Sinne Public-Private-Partnerships auch vertreten sein. Insbesondere werden Vertreter der Bereiche Verkehr, Ortsplanung, Wirtschaftsförderung und Denkmalpflege erwähnt.

Leider muss man feststellen, dass Vertreter aus Naturschutzorganisationen in der Arbeitsgruppe nicht erwähnt sind. Ausserdem wird im ganzen Bericht die Umwelt in Relation mit der Erlebnisinszenierung nur ein Mal erwähnt und zwar als eine der 10 Voraussetzungen für eine erfolgreiche Erlebnisinszenierung. Auf Seite 49 sind folgende Worte zu lesen „Natur und Kultur respektieren: Nur wer mit viel Verantwortungsgefühl im öffentlichen Raum inszeniert, ist erfolgsreich. Voraussetzungen sind Einfühlungsvermögen und Diskursfähigkeit“.

Es entsteht der Eindruck, dass der Umwelt- und Landschaftserhaltung zu wenig Bedeutung beigemessen wird und es besteht die Gefahr, dass unter dem neuen Begriff „Erlebnisinszenierung“ neue Projekte vorgeschlagen werden, die mit der Nachhaltigkeit wenig oder überhaupt nichts zu tun haben.

Es ist wichtig, dass in solchen Planungsprozessen die Naturschutzorganisationen in der Arbeitsgruppe vom ersten Schritte an mit dabei sein können, um in touristischen Entwicklungskonzepten Anliegen der Nachhaltigkeit und des Naturschutzes beisteuern zu können.

Ein gutes Beispiel dafür ist das Projekt „Klein und Fein“ im Kanton Graubünden, das von Graubünden Ferien initiiert wurde, mit dem Ziel, 22 kleine und unbekannte Gemeinden als Naturferienorte zu vermarkten (siehe Kapitel 8.1??). Die kantonalen Sektionen von WWF und Pro Natura wurden eingeladen, als Akteure in der Arbeitsgruppe mitzuwirken und ihre Anliegen bezüglich Nachhaltigkeit und Naturschutz geltend zu machen.

9. Positive Erfahrungen in der Schweiz und Ausland (Best practices)

9.1 Allgemein Naturnaher Tourismus ist kein All-Inclusive-Club Angebot, bei dem die Reisenden nichts von der Region erleben. Naturnahe touristische Orte müssen den Gästen mehr als nur ein Zimmer mit Halbpension anbieten. „Welche Massnahmen bewegen die Gäste zu einem längeren Aufenthalt“? Das ist die wichtige Frage, die sich eine Region stellen muss. Vernetzte Vermarktungskonzepte, Produzenten-Produkt-Vermarktungskooperationen sind gefragt. Ökologisch orientierte Regionen könnten sich zusammenschliessen und gemeinsame Angebote erstellen. Naturnaher Tourismus ist damit keine neue Marke, sondern eine Werbung für und eine Qualitätssicherung von vorhandenen beispielhaften Angeboten.

Als zentrales Handlungsfeld des naturnahen Tourismus in den Alpen stellt sich gegenwärtig der Aufbau von Modelldestinationen und marktfähigen Best Practice-Beispielen dar. Hauptziel ist die

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Einführung von attraktiven, marktfähigen naturnahen Angeboten unter Einbeziehung lokaler Landwirtschaft, Gewerbe und Kultur. Da derartige Projekte im Allgemeinen nicht sogleich selbsttragend sind, bedarf es finanzieller Hilfe von aussen, z.B. im Zusammenhang mit der staatlichen Regionalförderung.

Der zukünftige Erfolg oder Misserfolg des naturnahen Tourismus steht zum Grossteil in einem engen Zusammenhang mit seiner Professionalisierung mit spezifischen Ausbildungsmöglichkeiten für seine Akteurinnen und Akteure. Kompetenzzentren für naturnahen Tourismus müssen über touristisches Marketingwissen sowie auch über Know-how im Natur- und Landschaftsmanagement bzw. Nachhaltigkeit und über umweltpädagogische Kenntnisse verfügen.

9.2 Best Practices auf nationaler Ebene

9.2.1 Schweiz pur In der Kampagne Berge© hat Schweiz Tourismus ST, die touristische Marketingorganisation für die Schweiz, erstmals und bewusst die naturnahe Landschaft ins Zentrum der Werbung genommen. Mit der Kampagne Schweiz pur ging ST noch einen Schritt weiter: Der naturnahe Tourismus soll besonders gefördert werden. Das Ziel der Kampagne ist allgemein eine höhere Wertschöpfung aus natur- und landschaftsorientiertem Tourismus insbesondere:

- Stärkung des Natur- und Kulturerlebnisses Schweiz - Aufwertung und Stärkung der „Marke Schweiz“: Die Schweiz wird stärker mit dem

Erlebnis von intakter Natur, Kultur und Landschaft verbunden - Bessere Auslastung im Sommer, besonders in Bergregionen und wirtschaftlichen

Randgebieten - Förderung der Sensibilität beim Gast bezüglich Wert und Gefährdung der Landschaft

sowie der Notwendigkeit von Schutz- Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten - Vermehrte Kooperation zwischen regionalen Tourismusveranstaltern und Vertretern des

Naturschutzes - Nachhaltige Gestaltung des Schweizer Tourismus

Ausgezeichnet werden natur- und kulturnahe Tourismusangebote, die buchbar auf dem Reisemarkt angeboten werden. Die Kriterien für die Auszeichnung sind:

- Originalität - Landschaft als eigenständiges Element des Angebots - Fortbewegung des Angebots ist v.a. mit der eigenen Körperkraft - Die lokale und regionale Wertschöpfung wird gestärkt - Sensible Gebiete werden vermieden (Besuchermanagement mit Lenkungsmassnahmen ist

vorhanden, Information und Sensibilisierung der Gäste usw.) - Naturschutz-, Umweltschutz- und Kulturorganisationen werden einbezogen - Die Gäste werden über Inhalte zur Region, Umwelt, Natur und Landschaft informiert - Die An- und Abreise mit dem öffentlichen Verkehr und umweltfreundlichen

Verkehrsmitteln wird im Angebot miteinbezogen Eine Jury aus je fünf Naturschutz- und Tourismusfachleuten wählt jeweils anfangs Sommer die beispielhaftesten naturnahen Tourismusangeboten aus (siehe unter www.myswitzerland.com).

9.2.2 Veloland Schweiz

Im Jahr 1995 wurde die Stiftung Veloland Schweiz gegründet mit dem Ziel, bis 1998 im Rahmen  einer ʺPublic Private Partnershipʺ ein nationales Angebot für Velofahrende zu realisieren und in den nachfolgenden Jahren weiter zu entwickeln. Im Jahr 1998 wurde die Zielsetzung in Richtung Entwicklung von nachhaltigen Freizeit‐ und Tourismusangeboten im Bereich ʺHuman Powered Mobilityʺ, insbesondere in Kombination mit öffentlichem Transport erweitert. Die Stiftung hat gemeinnützigen 

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Charakter und ist in Konsequenz ihrer nationalen Zwecksetzung der Aufsicht des Bundes unterstellt.  

Dank manuellen bzw. automatischen Zählungen und Befragungen konnte festegestellt werden, dass die Routen von Veloland Schweiz von Veloreisende und Tagesausflüglern rege benützt werden, und diese von Jahr zu Jahr zunehmen.  

Im Jahresbericht 2004 wurden folgende Resultate verzeichnet:  

  Ferienreisen (über 3 Tage) 

Kurzreisen  (2‐3 Tage) 

Tagesausflüge  (1 Tag) 

Total  

Anzahl Reisen  70’000  100’000 4.3 Mio.  4.5 Mio.

Kilometerleistung  25 Mio. km  15 Mio. km 195 Mio. km  235 Mio. km

Ausgaben  55 Mio. Fr  20 Mio. Fr 55 Mio. Fr  130 Mio. Fr

Logiernächte  430’000  140’000 ‐  570’000

 Kenngrössen zu den Velotouren auf den nationalen Routen (gerundet), (Veloland Schweiz 2005) 

Knapp die Hälfte der Veloreisenden übernachteten in einem Hotel. Die Angebote der Parahotellerie wie Jugendherberge, Camping, Bed & Breakfast, Bauernhof usw. macht die andere Hälfte der rund 570ʹ000 Logiernächte aus. Entlang den Routen finden sich derzeit 800 „velofreundliche“ Partnerbetriebe, die ihr Angebot speziell auf die Velotouristen ausgerichtet haben.   

Neun von zehn Personen, welche die Veloland‐Routen kennen, haben diese in den letzten drei Jahren benutzt. In der Kategorie „Ferienreisen“ sind zwei Drittel in den letzten drei Jahren bereits mindestens einmal auf einer Veloland‐Route unterwegs gewesen.  

9.3 Best practice auf kantonalen/regionalen Ebene

9.3.1 Graubünden Ferien: Klein und fein Graubunden Ferien ist der Dachverband der Bündner Touristiker. Seine Aufgabe ist es, den Ferienkanton Graubünden in der Schweiz und im Ausland bekannt zu machen. Nebst den grossen und bekannten Tourismusorten wie Davos, Arosa, St. Moritz gibt es aber auch ganz kleine Tourismusorte ohne topmoderne und ausgebaute Infrastruktur, die aber grosse Naturwerte aufweisen und für den naturnahen Tourismus wichtige Destinationen werden können: kleine und feine Orte für grosse Ferien. Graubünden Ferien will jetzt durch das Projekt „klein und fein“ (kuf) das Potential dieser Orte aufwerten und besser vermarkten. Diese Vision soll erreicht werden, indem die Auslastung der vorhandenen oder neuen Kapazitäten bis zu jener Obergrenze, die für einen naturnahen Tourismus verträglich ist, erhöht wird. Zu diesem Zweck soll ein Vermarktungskonzept entwickelt werden, das in den Projektregionen branchenübergreifend zur Leitmarke werden soll. Angestrebt wird ein gemeinsamer und einheitlicherer Auftritt bei den Broschüren und im Internet. Massgebend sollen hier die Prinzipien des Destinationsmanagement sein, um Doppelspurigkeiten, die zu keiner zusätzlichen Wertschöpfung führen zu beseitigen und eine Strukturbereinigung nach innen vorzunehmen. Die kantonalen Umweltverbände, wie WWF, Pro Natura und Bündner Heimatschutz sind auch in der Arbeitsgruppe kuf vertreten und können damit ihre Anliegen einbringen und den Prozess steuern. Nach einem vielversprechenden Anfang im Jahr 2002 wurde das Projekt mit dem Tourismuspreis Milestone ausgezeichnet. Wegen Personal- , strukturellen und Finanz-politischen Änderungen bei Graubünden Ferien und im Kanton hat das Projekt im Jahr 2005 einen Bremsstoss erlitten. Man erwartet für das Jahr 2006 bessere Fortschritte.

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9.3.2 Via Spluga (GR)

Der Splügenpass (Spluga) nach Italien hat eine eindrückliche kulturhistorische Vergangenheit. Das Gebiet zwischen Thusis und Chiavenna verfügt über eine intakte Landschaft und Kulturgüter von nationaler und internationaler Bedeutung. Dazu gehören u.a. die Viamalaschlucht, die Veia Traversina und die Roflaschlucht sowie die prähistorischen Felszeichungen Carschenna und die Kirchendecke in Zillis. Damit besitzt die Region ein grosses, touristisches Potential, das noch zu wenig genutzt wurde. Aus dieser Ausgangsituation wurde das Projekt viaSpluga lanciert. Die via Spluga ist ein kulturhistorischer Wanderweg, der auf den Spuren einer zweitausendjährigen Geschichte der Verbindungswege zwischen Rätoromanen, Walsern und Lombarden (und früher noch der prähistorischen Völker) beruht; Vorgänge von grosser Bedeutung also, die nicht nur die Beziehungen der Volksgruppen untereinander und somit ihre soziale und wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst haben, sondern auch das heutige Landschaftsbild mitformten. Die Marschroute, die kontinuierlich den Spuren antiker Verkehrswege folgt, ist eingeteilt in Etappen mit Übernachtungsmöglichkeiten und Informationspunkten und zeichnet sich besonders durch ihre geschichtliche, volkskundliche und naturwissenschaftliche Bedeutung aus. Der Wanderweg, mit einer Gesamtlänge von ca. 65 km beginnt in Thusis, betritt die Viamala und zieht vorbei an Zillis, Andeer und den anderen Orten des Schams durch die Roflaschlucht hindurch und im Rheinwald entlang bis zum Ort Splügen. Von der Ortschaft steigt der Weg südlich hinauf bis zur 2115 m hoch liegenden Passhöhe des Splügens, um sich dann durch die Cardinellschlucht und in das s. Giacomo‐Tal hinabzuwinden bis in die Stadt Chiavenna.  Mit attraktiven Arrangements werden  Touristen motiviert, länger in der Region zu bleiben. Dazu wurde ein Marketingkonzept erstellt, welches klare Vorstellungen über Produkte, Packages, Verkaufsförderung und den direkten Verkauf der touristischen Dienstleistungen enthält. Die Beschilderung der viaSpluga erfolgte durch die Bündner Wanderwege (BAW) während dessen Unterhalt durch die Gemeinden gewährleistet wird.  VIA SPLUGA soll die Region für vielseitige Wanderferien bekannt machen und damit die einseitige Abhängigkeit vom Wintertourismus mildern. 

Projektziele 

• Lücken im Wanderweg zwischen Thusis und Chiavenna schliessen.  • Betten in Hotellerie und Parahotellerie während Sommer und Herbst besser auslasten.  • Die Leistungsträger motivieren, mit eigenen Angeboten das Wandererlebnis viaSpluga zu 

bereichern.  • Gut kommunizierbare und direkt buchbare Angebote für Übernachtungs‐ und Tagesgäste 

schaffen.  • Grenz‐ und brachenübergreifende Zusammenarbeit zweisprachig fördern. (Schweiz/Italien).  • Den Bekanntheitsgrad von Andeer als Badekurort erhöhen.  • Eine eindrückliche Form des Kulturtourismus im Gebirge aufzeigen und fördern.

Das Projekt hat einen erheblichen Erfolg verzeichnet und auch den Anstoss gegeben für verschiedene andere Initiativen im Rahmen der Förderung des naturnahen Tourismus (z.B. Center da Capricorns und Restaurant Piz Vizàn in Wergenstein usw.). Folgende Zahlen beziehen sich auf die Verkaufstätigkeiten von Viamala Ferien und beinhalten die individuell gewanderten Gäste nicht:  

 

 

 

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Statistik viaSpluga (Stand: 10. April 2006 – Splügen Rheinwald Tourismus, 7435 Splügen)

  2001  2002 2003 2004  2005  2006

Anzahl verkaufte Arrangements  48  131 341 285 282  32

Anzahl gebucht PAX   137  524 1020 954 952  180

Umsatz in CHF   44ʹ000.00  197ʹ000.00 440ʹ000.00 402ʹ630.00 431ʹ324.00  89’636

Logiernächte Total   535  2128 4531 4347 4436 

Leider existieren zur Zeit keine genauen Aussagen über die Generierung der lokalen Wertschöpfung. Nach einer Umfrage von Splügen/Rheinwald Tourismus über den Einfluss der viaSpluga auf das wirtschaftliche Sommerergebnis 2005, 50 % der befragten Hotels haben den Einfluss als spürbar, 30 % als stark spürbar und 20 % als kaum spürbar geschätzt.

Nach dem steilen Anstieg der Besucherzahlen der ersten Jahre sind die Buchungen in den letzten zwei Jahren stagniert. Mögliche Gründe wurden uns leider nicht bekannt gegeben.  

9.3.3 Alpsmobility (AT) Die Gemeinde Werfenweg in Österreich ist eine reine Tourismusgemeinde: Auf 700 Einwohner kommen 1'800 Gästebetten. Das hohe Verkehrsaufkommen von bis zu 5'000 Tagesskifahrern stellte ein grosses Problem dar. Auf der Basis von Gästebefragungen startete man Initiativen zur Verkehrsberuhigung, allen voran die Autofreiheit des Ortskerns bzw. die Installierung „sanfterer“ Mobilitätsformen. Im weitern Verlauf wurden unter anderem folgende Verkehrsberuhigungsmassnahmen getroffen:

- Angebot von solar- und elektrobetriebenen Fahrzeugen (Autos, Rollern, Fahrräder, u.ä.) für Gäste und Einheimische;

- Erleichterung öffentlicher Anreise durch Einrichtung eines Shuttle-Services zwischen Werfenweg und der nächst grösseren Ortschaft (Bischofshofen) und Kooperation mit der Mobilitätszentrale Pongau (www.mobility.at). Verbesserung des Gepäcktransportes durch die ÖBB mittels eines lokalen Zustellservices vom bzw. zum Bahnhof (in Kombination mit dem Zubringer-Shuttle);

- Sicherung der Mobilität vor Ort und in der Ferienregion: Transportmöglichkeiten durch Hotelwagen, Shuttle, Aufbau eines Leihwagenservices und einer „Mobilitätszentrale“ vor Ort etc. In Ergänzung dazu erfolgt eine Zusammenstellung von Ausflugsmöglichkeiten ohne Auto;

- Installierung eines Auffangparkplatzes am Dorfeingang;

- Beruhigung des Durchzugsverkehrs durch Einführung von Geschwindigkeitsbeschränkungen und fussgängerfreundlichem Umbau der Landestrasse und des Hauptplatzes;

- Kooperationen: Ausarbeitung eines Kriterienkataloges für Betriebe mit „Sanfter Mobilität“ und Zertifierierung der Teilnehmer;

- Aktives Marketing: Entwicklung eines Logos „Sanft und mobil“, Überarbeitung der aktuellen Prospekte und Erstellung eigener Folder;

(www.gemeinde-werfenweg.at; www.sanftmobil.at, www.alpsmobility.org)

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9.3.4 Nationalpark-Wandertour (CH) Samnaun-Tourismus bietet eine sechstägige Nationalpark-Wander-Tour, organisiert nach den Prinzipien des naturnahen Tourismus an (Transfers mit öV, Übernachtungen in Hotels, die lokale Produkte anbieten usw.). In sechs Etappen können Gäste die Landschaft des Schweizerischen Nationalparks zwischen Zernez und dem Val Müstair erkunden. Die Wanderungen können, abgesehen vom Proviant, ohne Gepäck gemacht werden, dieses wird jeweils direkt von Unterkunft zu Unterkunft transportiert. Das Trekking kann bei Samnaun-Tourismus gebucht werden. Es können sowohl nur einzelne Etappen als auch Verlängerungen gebucht werden.(www.samnaun.ch/de/navpage-NationalparkSAMN.hcml). Die Buchungen sind in den letzten zwei Jahren leider eher Bescheiden gewesen in der Grössenordnung zweistelliger Zahlen (mündliche Mitteilung von Hans Lozza - SNP ).

9.3.5 Rendena-Rinder, Trentino (IT) Die Alpen sind das grösste genetiche Reservoir in Europa, nicht nur für wildlebende Pflanzen und Tiere, sondern auch für Nutztiere und Nutzpflanzen. Zu den seltenen, grösstenteils bedrohten Nutztieren gehört das Rendena-Rind im Trentino. Es sind kleine, dunkle Kühe (ca. 450-500 Kilogramm), besonders geeignet für die Bestossung von Alpen in Steillagen. Die Rasse entstand aus Kreuzungen traditioneller Rassen in den Provinzen Trento, Varesem Vicenza und Padua mit Braunvieh. Die Bestände erlebten im Verlaufe der Jahre grosse Schwankungen: 1940: 45'000 Stück, 1960: 7'200 Stück, 1976: 5'000 Stück, 1983: 25'000 Stück, 1991: 13'000 Stück.

Die Rendena-Rinder werden heute vorab im Trentino gehalten. Agraringenieure wie Italo Glimozzi12 von der Associazione degli allevatori della razza Rendena versuchen, den Viehzüchtern konkrete Perspektiven aufzuzeigen, um eine traditionelle Tierrasse, die in einem globalisierten Markt eigentliche keine Chance hat, zu erhalten. Die ersten Ergebnisse sind ermutigend und zeigen, dass für Qualitätsprodukte durchaus eine Nische besteht und Verbindungen zum Tourismus geschaffen werden kann.

Als 1993 ein Züchter in Madonna di Campiglio, eine der bedeutendsten Tourismusstationen des Trentino, im August eine Viehschau organisieren wollte, wurde ihm dies von der Gemeinde verboten, weil die Kühe das Dorfzentrum verschmutzen würden. Dieses Vorkommnis nahmen die Züchter zum Anlass, die Beziehungen von Landwirtschaft und Tourismus offensiv und konstruktiv anzugehen. Alle Gemeinden und Verkehrsvereine im Tal wurden angeschrieben, mit Gästen die Almen der Rendena-Rinder zu besuchen. Die Gemeinde Caderzone nahm die Idee auf. Rund, 150 Gäste machten von dem Angebot Gebrauch, die Landschaft und die Almwirtschaft zu besuchen und konnten den Alpkäse kosten. Im Verlaufe des Ausfluges wurden die Touristen aufgefordert, die Hoteliers nach den Produkten jener Kühe zu fragen. 1999 beteiligten sich alle Gemeinden an den Ausflügen. Über 1000 Gäste lernten so die Bedeutung der Landwirtschaft und der traditionellen Viehrassen kennen. Das Echo war so gross, dass die Käserei von Pinzolo-Fiavé nun einen eigenen Käse namens Rendena produziert, der auch in den Gastbetrieben abgesetzt wird. Und in der Gemeinde Pinzolo wurde im Jahr 2000 erstmals als Attraktion für Touristen und Einheimischen ein Alpaufzug mit 150 Rendena-Rinder organisiert.

9.3.6 Stärkung regionaler Wirtschaftkreisläufe im Nationalpark Stilfser Joch (IT) UnternehmerInnen und KonsumentInnen haben es in der Hand bei der Erteilung von Aufträgen, die regionale Wertschöpfung zu stärken oder nicht. Folgendes Beispiel (Verwendung regionaler Produkte in der gastgewerblichen Küche) sollte dies illustrieren.

Im Projekt „Nationalpark-Gastgeber Stilfser Joch“ in Italien geht es unter anderem darum, den Anteil der in den gastgewerblichen Küchen verwendeten Qualitätsprodukten aus dem Nationalpark und

12 Italo Glimozzi in CIPRA: Alpentourismus, Schaan 2000, S.23

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dem angrenzenden Vinschgau zu erhöhen. Das Hauptargument der Wirte gegen die regionalen Produkte ist der Preis. Die nachstehende Kalkulation zeigt, dass das Preisargument nicht sticht:

Preisberechnung Buffet (pro Person) 13 (Annahme: Wareneinkauf 100% teurer für regionale Bio-Produkte als für Importprodukte)

Konventionelle Buffet Nationalpark-Buffet Materialkosten 4.20 € (23%) 8.40 € (37%) Gemeinkosten (inkl. Gewinn)

14.06 € (77%) 14.06 € (63%)

Verkaufspreis 18.26 € (100%) 22.46 € (100%)

Obwohl der Einkaufspreis für die Nahrungsmittel aus der Region 100% teurer als die billigste Importware berechnet wurde, ist der Endverkaufspreis beim „Nationalpark-Buffet“ nur um 23% höher. Der Grund ist der hohe Anteil der Gemeinkosten. Die Erfahrungen mit dem Projekt „Nationalparkgastgeber Stilfser Joch“ hat gezeigt, dass die Gäste einen Aufpreis von 20% gerne akzeptieren, wenn sie dafür regionale, hochwertige Produkte erhalten und dies auch offensiv kommuniziert wird.

Auch der Energieaufwand (und CO2-Ausstoss) sprechen klar für das regionale Nationalpark-Buffet:

Energiesparen dank regionaler Küche Produkt Energiewert

kcal/Portion Importiert (kcal) Produktion/Transport

Regional (kcal) Produktion/Transport

Lamm 480 19’700 3’800 Kartoffelgratin 360 700 200 Bohnen 260 4’700 180 Total 1’100 25’100 4’180

Der Energieaufwand für eine „regionale Mahlzeit“ ist 4mal, für eine „importierte“ Mahlzeit 20mal so gross wie der Energiewert der Speise!

Innerhalb eines Jahres erreichten die Gastbetriebe, die vorher faktisch keine regionalen Produkte verwendeten, folgende Anteile an regionalen Qualitätsprodukten in der Küche: Kalbfleisch 10%, Rindfleisch 20%, Käse 20%, Honig 40%, Freilandeier 60%, Gemüse und Obst 80%, Weine aus dem Vinschgau 10%. Bei einem ähnlichen Projekt im Biosphärenreservat Rhön (Deutschland) wurde nach 10 Jahren ein Anteil regionaler Produkte von 80% erreicht.

Dieses Beispiel belegt eindrücklich, dass bei einem klugen Marketing und dank einem funktionierenden Liefersystem zwischen Landwirtschaft und Tourismus, die regionale Wertschöpfung durch das Gastgewerbe wesentlich gesteigert werden kann.

9.4 Best practices auf betrieblicher Ebene Folgende drei Beispiele stammen aus dem Kanton Graubünden, die ersten zwei wurden von der Kampagne „Schweiz pur“ vom Schweiz Tourismus ausgezeichnet (www.myswitzerland.ch).

- Berggasthaus „Sulzfluh“ im Weiler Partnun oberhalb von St. Antönien im Prättigau. Im Sommer wie im Winter können sich dort Touristen im so genannten Heublumen-Whirlpool, der mit Holz beheizt wird, entspannen (www.sulzfluh.ch).

- Das Programm „Wasser und Brot“ wurde vom gleichgenannten Verein im Albulatal ins Leben gerufen mit dem Ziel, „schwierige aber authentische Ferien“ anzubieten. „Wasser und Brot“ sei der Gegensatz zu allem Bequemen: Neben dem Kornfeld-Bett (Futterkrippe mit Stroh ausgelegt, mit Nachttisch und Regenschutz) werden auch Übernachtungsmöglichkeiten im Pfarrhaus von Brienz/Brinzauls, wo früher der Bischof nächtigte, wenn er in der Gegend war, zwei Pritschen im alten Römerturm in Bergün, wo einst WK-Soldaten scharfen Arrest

13 eigene Berechnungen auf Grundlagen von D. Popp, in CIPRA: Alpentourismus, Schaan 2002, S. 158

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absassen, ein Maiensäss-Unterstand auf der Alp Martrüel (2184 m ü.M.) und anderes angeboten. Zwölf Objekte wurden bis jetzt organisiert. Die gestellten Anforderungen an die Angebote, können wie folgt zusammengefasst werden: Der Ort muss verblüffend sein. Er soll ein Dach haben, ferner fliessendes Wasser und ein WC. (www.wasserundbrot.ch)

- Wanderungen und Trekking mit Lamas in der Surselva. Angebot von der Bergbauerfamilie David und Nadia Deplazes, Gemeinde Surrein (Fraktion der Gemeinde Sumvitg im Vorderrheintal). Der Bauernbetrieb ist mit dem Knospen-Label zertifiziert und verkauft Bioprodukte (darunter auch Natura-Beef), die für die Verpflegung der Gäste bei den Wanderungen verwendet werden. Das Angebot reicht vom einstündigen Spaziergang mit Brunch bis zu mehrtägigen Trecks (www.lamaventura.ch).

Andere Beispiele vom Best practices europaweit können unter www.eco-tip.org abgerufen werden.

10. Naturparks und Tourismus

10.1 Schweizer Nationalpark14 Die Untersuchungsregion umfasst die 10 Gemeinden zwischen Zuoz und Scuol im Engadin sowie alle 6 Gemeinden des Münstertals. Aus der Studie geht klar hervor, dass der Regionalpark einen wichtigen Beitrag zum regionalen Bruttoinlandprodukt sowie zur regionalen Beschäftigung leistet. In der Untersuchungsperiode (Sommersaison 1998) wurden insgesamt 603'000 Logiernächte verzeichnet (Parahotellerie und Hotellerie). Diese entsprechen 51 % aller Logiernächte des Fremdenverkehrsjahres (November 1997 bis Oktober 1998). Gut 40 % der Logiernächte in der Sommersaison gingen auf Personen zurück, die mindestens unter anderem wegen des Nationalparks in die Region gekommen waren und die ihn während ihres Aufenthaltes mindestens einmal besuchten. Die Auswertung zeigte auch, dass Gäste aus der Parahotellerie (gemietete Ferienwohnungen, Campingplätze und Gruppenunterkünfte) stärker am Nationalpark interessiert waren als Gäste aus der Hotellerie.

Die Gesamtausgaben der Nationalparktouristen in der Region beliefen sich auf 20.6 Millionen Franken, wobei die Gäste aus der Hotellerie im Durchschnitt viel mehr täglich ausgeben, als die Gäste aus der Parahotellerie (CHF 129.- pro Gast pro Tag gegen CHF 59.-). Zieht man von den gesamten Ausgaben der Nationalparktouristen die Vorleistungen, die die profitierenden Untenehmen von Dritten beziehen ab, bleiben rund 10.2 Millionen Franken, welche an direkter Bruttowertschöpfung in der Region entstehen. Das entspricht ca. 2.5% des regionalen BIP bzw. dem, was im Mittel von rund 120 Vollzeitbeschäftigten innerhalb eines Jahres erwirtschaftet wird. Dazu kommen noch die indirekten und induzierten Effekte. Diese betragen weitere 7.2 Millionen Franken an nationalparktouristischer Bruttowertschöpfung.

Indirekt auf den Nationalparktourismus zurückzuführende Effekte entstehen, wenn die direkt profitierenden Unternehmen ihre Vorleistungen in der betrachteten Region beziehen. Dasselbe ist der Fall, wenn sie Investitionen tätigen und die entsprechenden Aufträge an Firmen in der Region vergeben. Daraus ergibt sich (aufgrund von Kennzahlen aus der Literatur) eine Bruttowertschöpfung von 4.45 Millionen Franken.

Weiter werden die dank dem Nationalparktourismus verdienten Löhne zum Teil in der Region ausgegeben. Die so entstehenden Umsätze werden als induzierte nationalparktouristische Umsätze bezeichnet. Gemäss der Literatur kann man davon ausgehen, dass sie rund 6.5 Millionen Franken betragen. Somit resultieren in der Untersuchungsregion 2.73 Millionen Franken an induzierter nationalparktouristischer Bruttowertschöpfung.

Insgesamt kommen durch direkte, indirekte und induzierte Umsätze bis zu 17.4 Millionen Franken an nationalparktouristischer Bruttowertschöpfung zusammen. Das entspricht ca. 4.25% des regionalen BIP bzw. dem, was im Mittel von gut 200 Vollzeitbeschäftigten innerhalb eines Jahres 14 Irene Küpfer: „Die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Nationalparktourismus untersucht am Beispiel des SNP“ (2000)

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erwirtschaftet wird. Da die Berechnung der totalen Bruttowertschöpfung auf Kennzahlen aus der Literatur beruht, ist sie vorsichtig zu interpretieren. Es ist davon auszugehen, dass die 17.4 Millionen Franken die Obergrenze der nationalparktouristischen Wertschöpfung in der Untersuchungsregion darstellen.

Der Nationalpark wird auch von Tagestouristinnen und Tagestouristen aufgesucht. Man schätzt, dass rund 30% aller Nationalparkbesucherinnen und Nationalparkbesucher Tagestouristen sind. Bei angenommenen durchschnittlichen Ausgaben von 20 Franken pro Besucher, ergeben sich im Laufe einer Sommersaison in der Untersuchungsregion zwischen 740'000 und 1'120'000 Franken am Umsatz, bzw. zwischen 366'000 und 554'000 Franken an Bruttowertschöpfung. Diese Beträge sind im Vergleich zu jenen, die auf die in der Region übernachtenden Nationalparktouristinnen und -touristen zurückgehen, wesentlich geringer, aber nicht zu vernachlässigen.

FAZIT: Aus der Studie geht klar hervor, dass der Nationalpark in der Untersuchungsregion ein wichtiges sommertouristisches Angebot darstellt. Er leistet einen wesentlichen Beitrag zum vielfältigen Wanderangebot in relativ unberührter Landschaft, der grossen, touristischen Stärke der Region. Die Befragung zeigte aber auch, dass die Gäste die Vielfalt der Betätigungsmöglichkeiten in der Region sehr schätzen. Der Nationalpark kann seine Anziehungskraft also erst in Kombination mit anderen touristischen Angeboten voll entfalten.

Mit einem Beitrag zum regionalen Bruttoinlandprodukt von mindestens 2.5 % und maximal 4.25 % stellt der Nationalparktourismus eine bemerkenswerte, regionalwirtschaftliche Grösse dar. Dabei ist zu bedenken, dass der Nationalpark nur im Sommer für Touristen zugänglich ist und dass die Sommersaison aus wirtschaftlicher Sicht oft als problematischer beurteilt wird. Zur geschätzten sommertouristischen Wertschöpfung in der Region dürfte der Nationalparktourismus rund einen Viertel beitragen.

10.2 Naturparks in Italien15 und Beispiel Nationalpark in den Abruzzen Naturparks in Italien: einige Zahlen:

21 Nationalparks  1ʹ350’000 ha 

110 Regionalparks  1’190’000 ha 

159 Staats‐Naturreservate  280’000 ha 

252 Regional‐Naturreservate  140’000 ha 

128 andere Naturparks  70’000 ha 

Total: 670 Naturparks  3ʹ030’000 ha 

Landfläche Italien:          30’134’000 ha 

Beschäftigung in den Naturparks: 

Nationalparks: 

ca. 2’000 Angestellte (70 % in Mittel‐/Süditalien) 

ca. 10ʹ000 Beschäftigte im Bau, Pflege und Unterhalt von Infrastrukturen 

ca. 1’000 Beschäftigte für die Landschafts‐ und Lebensraum‐Pflege 

Regionalparks: 

ca. 1ʹ500 Angestellte (70% in Mittel‐/Norditalien) 15 Federparchi, Frühling 2001;

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Weitere Daten: 

‐ 500 Firmen im Bereich Dienstleistungen (durchschnittlich 10 Angestellte/Firma) 

‐ 200 Gemeinnützige Vereine (ca. 1’000 Beschäftigte) 

‐ 500 Forschungsprojekte (ca. 1ʹ000 wissenschaftliche Mitarbeiter) 

‐ 50‐60ʹ000 Beschäftigte im Bereich Tourismus, Landwirtschaft, Handwerk, Handel 

Nationalpark in den Abruzzen: Der Park ist heute einer der best dokumentierten Studienfälle in Italien. Er zeigt, wie die verschiedenen Interessen des Naturschutzes, des Tourismus, der lokalen Bevölkerung und deren Entwicklung unter einen Hut gebracht werden und zusammenwachsen können. In Anbetracht der Verbesserungen, die durch den Park in den letzten Jahrzehnten für den Schutz und die Erhaltung der natürlichen Lebensräume, der Pflanzen und Tiere erreicht wurden, ist die Bilanz für die Natur sicher positiv. Nach der Wolfschutzkampagne hat die Wolfspopulation innerhalb des Parks (und auch im ganzen Land) zugenommen, die Population des Bären ist stabil geblieben und die Population der Abruzzengämse, die in Gefahr war auszusterben, zählt heute mehr als 700 Tiere. Während vor 40 Jahren Hirsch- und Rehbestand praktisch gleich Null war, hat er heute eine beachtliche Grösse erreicht und nimmt weiter zu. Die Anzahl des Weissrückenspechts (ein wichtiger Indikator für naturnahe Wälder) erreicht im Territorium dieses Parks die grösste Landesdichte. Eine umfassende Studie über die Biodiversität des Parks ist im Gange und zeigt jetzt schon einen besonderen Reichtum an Pflanzen, Insekten usw. auf. Ausserdem belegt eine sozi-wirtschaftliche Studie vom Jahr 1997 („Un Parco e la sua economia – Indagine sul Parco Nazionale d’Abruzzo e la politica di sviluppo locale“, WWF Italia), dass der Park weitreichende Folgen für die ca. 5000 Parkeinwohner hat. Aus der Studie sind folgende Resultate zu entnehmen:

- Der Tourismus ist in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Zu Beginn der 70er Jahre gab es etwa 30'000 Touristen pro Jahr, die den Park besuchten. In den 90er Jahren waren es ca. 1 Million und Ende der 90er knapp 2 Millionen.

- Diese Touristen bringen dem Gebiet des Parks jährlich ca. 96 Millionen CHF.

- Der Tourismus hat direkt und indirekt 1500 Arbeitsstellen geschaffen.

- Das Pro-Kopf-Einkommen der Parkeinwohner ist um ca. 40 % höher, als jenes der Bevölkerung ausserhalb des Parks.

- Die Parkeinwohner haben allgemein eine bessere Bildung und einen höheren Lebensstandard als die Bevölkerung ausserhalb des Parks. Ausserdem gibt es im Park einen höheren Prozentsatz an Privatunternehmern als in den Dörfern ausserhalb.

- Neben der Hotellerie ist eine ganze Anzahl von Einzelfirmen entstanden, die typische Produkte des Parks mit einem Biolabel und dem Logo des Parks vermarkten und verkaufen (zum Beispiel Honig, Marmeladen, Spirituosen, Heilmittel usw.). Vor 30 Jahren mussten die Jungen auswandern, um eine Arbeitsstelle zu finden. Heute können sie dank dem Park dort leben.

- Aufgrund der Nachfrage der Touristen sind verschiedene traditionelle Berufe wie die des Hirten, des Goldschmieds oder die Schafwollbearbeitung teilweise erhalten geblieben oder neu entdeckt worden.

- Eine lokale Bank hat das Logo des Parks für sich gewählt. Diese Identifikation beweist, dass der Park trotz bestehender Probleme und Schwierigkeiten das Vertrauen der lokalen Bevölkerung gewonnen hat.

- Weitere Dörfer haben grosses Interesse, jetzt dem Nationalpark ebenfalls beizutreten. Vor ein paar Jahren haben einige angrenzende Gemeinden dem Park aus eigener Initiative Boden zur Verfügung gestellt, was zur letzten Parkerweiterung führte.

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10.3 Biosphärenreservat Entlebuch (www.biosphaere.ch) Das Entlebuch ist im Jahre 2001 von der UNESCO (Weltorganisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) als erstes Biosphärenreservat der Schweiz anerkannt worden. Die Ziele von solchen Modellregionen richten sich nach den Leitideen der nachhaltigen Entwicklung. Das Zusammenspiel von Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaft wird in einem längerfristigen Konzept zum gemeinsamen Projekt einer Region. Die Erhaltung von Natur und Landschaft, die Einbindung der Bevölkerung und die Förderung der kulturellen Vielfalt sind ebenso wichtige Anliegen, wie die Stärkung der Regionalwirtschaft, der Forschung und der Bildung.

Im November 2001 wurde das Konzept für das Kultur-, Kraft- und Erlebniszentrum Heiligkreuz im Biosphärenreservat Entlebuch erstellt. Innerhalt dieses Konzeptes wurden Lehr-, Spiel- und Erlebnispfade in der Umgebung des Kurszentrums Heiligkreuz projektiert. Der „Seelensteg“ stellt als Teilprojekt des Gesamtprojekts die erste konkrete Umsetzung der Idee dar. Er ist ein sinnlich , besinnlicher Pfad zum Beobachten, Wahrnehmen und Erleben der Kräfte des Waldes. Im Rahmen dieses Walderlebnispfades finden regelmässige Führungen statt.

Die einzigen Daten über die Auswirkungen der Parkgründung auf den lokalen, naturnahen Tourismus beziehen sich auf die Besucherzahlen und die Kosten-Nutzen-Evaluation des Seelenstegs in Heiligkreuz (Mettler D. 2003). Die Besucherzahlen beziehen sich nur auf die Touristen, die sich über das Büro des UBE (Unesco Biosphärenreservat Entlebuch) zu Exkursionen und Aktivitäten angemeldet haben. Aus diesem Grund sind die Angaben nicht vollständig für das ganze Reservat. Die Teilnehmer der öffentlichen Naturexkursionen nahmen von 249 (Jahr 2001) auf 498 (Jahr 2005) zu. Die von UBE erfasste Teilnehmer nahmen von 661 im Jahr 1999 auf 5'070 im Jahr 2005 zu.

Durch die Kosten-Nutzen Analyse des Seelenstegs wurde die Wertschöpfung analysiert (direkte, indirekte und induzierte Effekte). Die Analyse ergab, dass sich der quantifizierbare Nutzen, der direkt auf den Seelensteg zurückzuführen ist, sich bei der berechneten Besucherzahl für 2003 auf fast 80'000.- Franken beläuft. Im Verhältnis zu den Kosten des Seelenstegs, die im Businessplan aufgeführt sind, kann gesagt werden, dass die Wertschöpfung des Jahres 2003 die Investitionen um mehr als das Doppelte übersteigt. Es muss aber gesagt werden, dass ein Grossteil der Erstellungskosten mit günstigen Arbeitseinsätzen abgedeckt wurde, die nicht direkt aus dem Businessplan ersichtlich sind.

Die Studie kommt zur Schlussfolgerung, dass die Zukunft des Seelenstegs stark vom Verlauf des Gesamtprojekt Heiligkreuz abhängig ist, und nur als attraktiver Ausflugsort weiterentwickelt werden kann, wenn die Einbettung des Seelenstegs einerseits im Gesamtrahmen des Kultur-, Kraft- und Erlebniszentrums und anderseits im Biosphärenreservat Entlebuch gelingt. Die Gesamtkosten des Zentrums von 2758'000.- Franken werden durch die berechnete direkte Wertschöpfung des Seelenstegs im Best-Case-Szenario mit über 1'063'515.- Franken volkwirtschaftlich abgedeckt.

10.4 Naturpark Pfyn-Finger - Mittelwallis

Der Pfynwald wurde im November 2005 vom Kanton als Naturpark anerkannt und ist damit neben dem Schweizerischen Nationalpark der zweite offiziell anerkannte Park der Schweiz. Er wird oft als gutes Beispiel in der Literatur erwähnt mit einem hohen grad an Naturwerten. Leider fehlen genaue Studien über die Auswirkungen des Naturtourismus auf die lokale Wertschöpfung. Wir konnten nur die folgenden Besucherzahlen von dem Verein, der den Park verwaltet, erhalten. Die Daten stammen aus dem Jahresbericht 2005. 

Insgesamt wurden 2005 an 267 Tagen Personen für Animation und Gardienage angestellt. Die Teilnehmer an den Exkursionen nahmen in den letzten Jahren kontinuierlich zu:

Jahr 2001 2002 2003 2004 2005 Teilnehmer 946 1175 1076 1470 2099

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Dies ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass die Angebote des Parks langsam als fester Bestandteil des touristischen Angebots angesehen werden. Eine detailliertere Aufstellung der Teilnehmer an den verschiedenen Angeboten ergibt folgendes Bild:

Jahr / Publikum 2001 2002 2003 2004 2005 Schulen 575 406 328 546 1175 Fixe Exkursionen 117 93 135 164 154 Exkursionen auf Anfrage 117 278 292 383 514 Vorträge / Exkursionen mit Fachleuten

135 224 307 229 186

Bildungstourismus 87 70

10.5 Biosphärenpark Grosses Walsertal – AT (www.grosseswalsertal.at) Das grosse Walsertal im Voralberg (AT) erhielt im Jahr 2000 das Prädikat „Biosphärenpark“ von der UNESCO. Mit dieser Auszeichnung steht das Grosse Walsertal als eine Modellregion für modernes, nachhaltiges Wirtschaften im alpinen Raum. Ein Teilbereich der regionalen Wirtschaft ist der Tourismus. Das fünfjährige Bestehen des Biosphärenparks – November 2005 – bot sich als günstiger Zeitpunkt für eine wahrnehmungsgeographische und regionalwirtschaftliche Analyse an. Im April 2006 erschien der Bericht „Zukünftige Entwicklungsstrategien für den Biosphärenpark Grosses Walsertal – Eine regionalwirtschaftliche und perzeptionsgeographische Analyse“. Die Analyse wurde durch verschiedene Befragungen durchgeführt. Aus diesem Grund enthält der Bericht vor allem Daten, die aus Meinungen stammen und nicht immer ein objektives Bild darlegen. Aus der Studie wird ausserdem klar, dass 5 Jahre eine sehr kurze Zeit sind, um konkrete Resultate aus den Entwicklungsstrategien des Parks feststellen zu können. Folgende Informationen stammen aus dem Teil des Berichtes über das Thema Tourismus.

Mit der Zielsetzung der Steigerung des regionalen Wirtschaftswachstums wurde im Jahr 2001 ein Konzept für so genannte „Partnerbetriebe des Biosphärenparks“ entwickelt. Das Konzept umfasst einen Kriterienkatalog, der verpflichtend für alle teilnehmenden Betriebe einzuhalten ist. Durch eine entsprechende Zertifizierung und die Umsetzung der Kriterien soll zum einen der Bekanntheitsgrad der Region als Urlaubsziel gesteigert werden, zum anderen eine Qualitätssteigerung erreicht werden, welche das Grosse Walsertal im Wettbewerb mit anderen Tourismusregionen stärken soll. Derzeit nehmen 37 von insgesamt 106 Betrieben an dem Projekt teil. Der Entwicklungsprozess der Region befindet sich noch in seiner Anfangsphase. Erfolge sind derzeit nur begrenzt messbar, jedoch sind positive Trends erkennbar, und ein Grossteil der beteiligten Akteure ist überzeugt, dass die durch das Projekt initiierte konsequente Produktentwicklung zukünftig, positive Effekte für die Region bringen wird. Ausserdem belebt das Projekt den Biosphärenpark. Es gibt eine Zusammenarbeit zwischen dem Biosphärenparkmanagement und den Betrieben, und zahlreiche weitere Personen tragen aktiv zur Entwicklung bei. Partnerbetriebe bemühen sich um die Vermarktung regionaler Produkte und werden als Vorzeigebetriebe gesehen. Allgemein kann gesagt werden, dass das Projekt wesentlich zur Identitätsförderung und zur Schaffung durchgängiger Glaubwürdigkeit gegenüber den Besuchern beitragen kann.

Gemäss der Betriebsbefragung nach dem Einfluss des gegründeten Biosphärenparks auf die nachhaltige Entwicklung der Region wurden folgende Bewertungen festgestellt. Die Region hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Allerdings ist eine gewisse Diskrepanz zwischen subjektiven Einschätzungen und objektiven Fakten festzustellen: Die subjektive Einschätzung der Situation für Gewerbetreibende seit 2000 zeigt ein sehr zweischneidiges Bild, während so gut wie alle ihren Betrieb vergrössern oder dessen Grösse halten konnten. Im Hinblick auf die allgemeine Wirtschaftslage und die von Natur aus schwierigen Bedingungen der Talschaft zeugt es schon von Erfolg, wenn bestehende Strukturen erhalten werden können, was mit Sicherheit gelungen ist. Positive Impulse konnten durch die Initiierung diverser gewerblicher Projekte gesetzt werden, die eine Verbindung zum BSP darstellen und mittlerweile zu einem Aushängeschild für die gesamte

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Region geworden sind. Diese werden mehrheitlich als positiv bewertet und Interesse an weiteren Projekten ist durchaus vorhanden, wenn auch direkte monetäre Auswerkungen nach einer so kurzen Laufzeit nur bei sehr wenigen Betrieben feststellbar sind. Auch ausserhalb dieser Projekte ist die Zusammenarbeit zwischen den Betrieben im Tal überhaupt hoch. Sehr positiv wurde die talinterne Kommunikation bewertet, die sich mit der Initiierung des BSP stark verbessert hat. In dieser Entwicklung kann man sicher Potential für weitere Ideen und Innovationen sehen. Doch auch hier zeigt sich wieder ein zweischneidiges Bild: Trotz dieser positiven Veränderungen, die auch mit dem BSP in Verbindung gebracht werden, wird der direkte Einfluss auf die Betriebe vorrangig als sehr unbedeutend gesehen.

Das grosse Defizit im Tal besteht darin, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Betriebsgründungen und Betriebsexpansionen ermöglichen. Wenn es das Ziel sein soll, die Talschaft für jetzige und zukünftige Bewohner lebenswert zu gestalten und zu erhalten, muss auch angestrebt werden, Arbeitsplätze zu schaffen und dem Unternehmergeist einiger junger Talbewohner nicht im Weg zu stehen. Sonst bleibt ein Teil der Energie, die durch die Initiierung des Biosphärenparks durchaus ausgelöst wurde und durch die schon viel bewegt wurde, für das Tal ungenutzt.

10.6 Regionaler Naturpark „Massif des Bauges“, Rhône-Alpes, Frankreich (www.pnr-massif-bauges.fr)

Bereits im Jahr 1967 hat Frankreich das Label „Parc Régionel Naturel“ (PNR) geschaffen. Damit werden ländliche Räume ausgezeichnet, die über eine besondere Geschichte und Naturräume verfügen und ein eigenes Entwicklungsprogramm verfolgen. Regionale Naturparks sind in der Regel periphere Räume, die keine intensive touristische Nutzung oder städtische Aktivität kennen.

Gemäss dem Dekret vom 1. Januar 1994 haben die PNR u.a. folgende Aufgaben:

- Schutz des kulturellen und natürlichen Erbes, insbesondere durch ein angepasstes Management an Naturräume und der Landschaften

- Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung sowie der Lebensqualität

Zur Zeit bestehen über ganz Frankreich verstreut (Daten aus dem Jahr 2002) 38 regionale Naturparks. Sie belegen eine Fläche von mehr als 6 Mio. ha, d.h. rund 10% des französischen Staatsgebietes. Mehr als 3200 Gemeinden mit beinahe 3 Mio. EinwohnerInnen sind an den Parks beteiligt. Eine Studie aus dem Jahr 1996 hat errechnet, dass dank der Gründung der französischen Regionalparks zwischen 18'000 und 30'000 Vollzeitstellen geschaffen werden konnten16.

Der Regionale Naturpark „Massif des Bauges“ wurde im Jahr 1996 gegründet und umfasst die Gebirgsregion im Vierreck Anneca, Chambery, Grenoble, Albertville. 58 Gemeinde haben Anteil am Park. Die Fläche beträgt 82'000 ha.

Erstes Arbeitsfeld des Parks war die Landwirtschaft. Die Bauern setzten sich zusammen, um den Absatz ihrer Produkte zu verbessern. Dabei geht es neben der Qualität, auch um den Schutz der Herkunftsbezeichnung. Typische Produkte wie der Käse „Tome de Bauges“und der Ziegenkäse „Chevrotin“ werden mit der Ursprungsbezeichnung AOC geschützt und als regionale Spezialität für alle erkennbar.

45% des Parkgebietes sind bewaldet. Die Parkverwaltung engagiert sich deshalb in der Holzverwertung, sei es in Form von Hackschnitzel (die eigenen Gebäude wurden mit Holzfeuerung ausgestattet), oder sei es in der Entwicklung von besonderen Brettern, den „plancher de Bauges“.

Auch der natürliche Reichtum wurde systematisch erfasst. Das Conservatoire botanique alpin erstellte eine detaillierte Vegetationskarte. Das Gebirgsmassiv von Bauges ist sehr artenreich, weil es klimatisch unterschiedlichen Einflüssen (kontinental, ozeanisch und Mittelmeer) ausgesetzt ist. Die

16 Dominik Siegrist, in CIPRA: Alpentourismus, Schaan 2000, S.111 

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Bevölkerung soll die Schätze der Natur besser kennen lernen. Die gesamte Parkfläche soll als Natura 2000 Gebiet klassiert werden.

Gleichzeitig wurde auch das kulturelle Erbe neu entdeckt und in sechs Publikationen in Text und Bild festgehalten. Anlässlich des Heimatfestes im Jahr 2000 konnten Bevölkerung und Gäste das wertvolle, kulturelle Erbe in der Landschaft auf thematischen Wegen erwandern. 3000 Personen nahmen an dem Anlass teil.

Mit der Errichtung eines Wanderwegsnetzes, von Themenpfaden zu Natur und Kultur sowie Einrichtungen für die BesucherInnen wurden dem Tourismus neue Impulse verliehen. Geplant ist ein Netz von Unterkünften („gîtes“) mit einem speziellen Akzent auf Naturendeckung. Erfreulicherweise haben sich Gastronomen zusammengeschlossen, die Menus mit regionalen Spezialitäten kreieren wollen. Auch arbeitet die Parkverwaltung eng mit den vier Tourismusstationen im „Massif“ für eine gemeinsame Werbeaktion zusammen.

11. Grossraubtiere und Tourismus (Goodwin H. G. et al 2000) 11.1 Mögliche Vorteile und Potential

Grossraubtiertourismus kann Vorteile auf verschiedenen Ebenen bringen.

Grossraubtiere stellen ein kraftvolles Symbol für Wilderness und Unberührtheit dar. Der Pardellluchs in Spanien zum Beispiel, ist die weltweit am meisten gefährdete katzenartige Tierart. Innerhalb einer Marketingstrategie, die auch andere Flagshiparten sowohl die naturschützerischen als auch die kulturellen Aspekte einer Region mit einbezieht, können Grossraubtiere ein starkes Marketinginstrument für ein Gebiet bzw. eine Region oder einen Naturpark darstellen.

Grossraubtiere sind auch interessante und starke Mittel, um Touristen über die Anliegen des Arten- und Lebensraumschutzes zu informieren und zu sensibilisieren. Die Seltenheit und die Besonderheit der Tierart bildet einen grossen Anreiz und übt eine Faszination auf die Touristen aus, die ihre Lebensräume besuchen und eventuell sogar die Tiere beobachten können. Alte, unbrauchbare Infrastrukturen (Alp- oder Jägerhütten) werden in Aufenthaltsorte für Touristen umstrukturiert und weiter genützt.

Ein sanfter, respektvoller, naturnaher Tourismus kann auch Vorteile für die Grossraubtiere bringen, indem sie von der lokalen Bevölkerung als Einnahmequellen und schützenwürdige Besonderheit betrachtet werden. Ausserdem können interessierte Touristen in die Forschung involviert werden (Programm Volunteer Wolf Trakers in den Karpaten – RO). Durch gezielte Sensibilisierungskampagnen werden gleichzeitig Spenden gefunden, Kunden und Interessenten direkt angesprochen und somit der Schutz der Grossraubtiere verbessert (z.B. „Friend of the Park“ und „Buying a fruit tree to save a bear“ im Nationalpark der Abruzzen).

Der Grossraubtiertourismus kann somit zur Förderung des naturnahen Tourismus beitragen, sowohl in seinen natürlichen wie auch naturhistorischen und kulturellen Werten. Das Konfliktpotential Mensch-Grossraubtier wird vermindert. Dank Marketingstrategien im Hinblick auf den Schutz von Grossraubtieren und die Förderung des Tourismus wurden positive Partnerschaften zwischen Gemeinden, Tour Operators, politischen Institutionen sowie Umweltschutzorganisationen initiiert. Zuchtprogramme für Herdenschutzhunde als Hilfe für die Schafbauer wurden gestartet (Abruzzen, Italien) und lokale Institutionen mit den Themen der nachhaltigen Entwicklung sensibilisiert und motiviert zum Handeln (Donãna 21, Spanien).

Folgend werden einige Beispiele erwähnt, wobei der engen Zusammenhang Grossraubtiere/Tourismus nicht überall durch Zahlen bewiesen werden kann.

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11.2 Carpathian Large Carnivore Projekt – Rumänien (www.clcp.ro)

Das Projekt zur Raubtierforschung wurde von der wildbiologischen Gesellschaft München durch Christoph Promberger 1995 in den rumänischen Karpaten (Gebiet Brasov‐Zarnesti) in Zusammenarbeit mit der Forstverwaltung gestartet. Neben der wissenschaftlichen Forschung wurde 1997 ein Projekt zur Förderung des Ecotourismus gestartet: Einerseits als Teil der Fundrainsing‐Strategie, andererseits um der lokalen Bevölkerung die Möglichkeiten des Naturtourismus aufzuzeigen und als Endeffekt einen Raubtierschutz seitens der Einheimischen zu bewirken.  

Programm: Tierbeobachtungen, Wanderungen, Trekking, Pferdetrekking im Sommer und Schneeschuh‐ und Langlaufskitouren im Winter. Ecovolunteering (Möglichkeit für Freiwillige bei den Forschungseinsätzen mitzumachen). 

Entwicklung: Im ’97 fing das Projekt mit 7 Gruppen aus europäischen Ländern an, im 1998 waren es 13, 22 im 1999, 40 im Jahr 2000, 60 im Jahr 2001 und 145 im Jahr 200217. Die Besucherzahl beträgt ca. 50 im Jahr 1997 bis über 950 im Jahr 2002. Also die Touristenmenge hat exponential zugenommen. Der Tourismus hat einen Umsatz von 560ʹ000 € generiert (Jahr 2002), von dem über die Hälfte bei der lokalen Bevölkerung bleibt! In der Zwischenzeit sind in Zarnesti ein Touroperator, 4‐6 Strukturen für die Unterkunft der Touristen (Pensionen), ein Büro für Tourismus und ein Laden mit typischen Lokalprodukten eröffnet worden. Die Stadtverwaltung arbeitet am Projekt für die Förderung des Naturtourismus in der Region mit, und einige Einheimische wurden als Wanderleiter für die Führung der Gruppen ausgebildet. In der Schweiz werden auch Gruppenreisen zu dieser Destination von verschiedenen Organisationen bzw. Tour Operators angeboten (Arca Tour, Pro Natura usw.) 

  11.3  Bialowieza Nationalpark (Polen)  

Der Nationalpark von Bialowieza grenzt an Weissrussland und ist berühmt wegen seinen Urwäldern und der reichen Fauna, die über 50 Säugetierarten (wie Wolf, Luchs, Fischotter, Biber, Bison usw.) und 232 Vogelarten zählt. Dieser Park könnte auch wie das Carphatian Large Carnivors Projekt als positives Projektmodell im Blick auf die Grossraubtiere und die Förderung des naturnahen Tourismus bezeichnet werden. Auch wenn der Park eine reiche Population an Wölfen und Luchsen beherbergt, sind diese zwei Tierarten eher selten und schwierig zu beobachten. Der Tourist wird aber die Zeichen ihrer Anwesenheit (Spuren, Risse usw.) leicht finden. Bird‐watching und die Bisonbebachtungen bei der Zuchtstation sind weitere Highlights dieses Parks. Dank einer Marketingkampagne, bei der auch die Grossraubtiere im Mittelpunkt stehen, konnten die Besucherzahlen in einer Zeitspanne von 3 Jahren mehr als verdoppelt (ma questo è x 20) werden: Ca. 500 Besucher im Jahr 1996 bis über 10ʹ000 im Jahr 1999. Im Bericht wird ein Umsatzbetrag von nur $ 61ʹ000.‐ angegeben, der im Verhältnis zur Besucherzahl ziemlich tief ist. Eine mögliche Erklärung kann darin liegen, dass die Mehrheit der Besucher Einheimische sind, d.h. mit wenig Kaufkraft und möglicherweise Tagestouristen.  

Das Unterkunftsangebot ist mehrheitlich lokal und familiär. Regionale Produkte gehören zum Angebot. Im Jahr 2000 waren mehr als 20 einheimische Unternehmer als Aktivitätsanbieter (Führungen für Wanderungen, Touren mit Pferden, Schlitten, Velotouren usw.) im Parkgebiet registriert. 

  11.4   Nationalpark in den Abruzzen – IT (www.parcoabruzzo.it) 

Der Park ist das Symbol für den Grossraubtierschutz in Italien und beherbergt die grösste Braunbären‐Population Italiens und die grösste Wolfskonzentration der Appennini Kette. Symbol 17 Die Daten der letzten zwei Jahren fehlen leider!

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des Parks ist der Braunbär. Da der Park nur gute zwei Autostunden von den Grosstädten Rom und Neapel entfernt ist, verzeichnet er jährlich mehr als 2 Mio. Besucher. Der Park zählt 7 Besucherzentren, 4 davon mit grossen Tiergehegen für die Beobachtung der sonst sehr scheuen Tiere (Wolf, Luchs, Bär und Abruzzengämsen), ein Wolfsmuseum, über 30 Hotels und Pensionen. Die Grossraubtiere werden als Marketinginstrument gebraucht. Es gibt ein grosses Angebot an Wanderungen und Führungen, die von den Parkwächtern mit pädagogischer Ausbildung geleitet werden oder von lokalen Firmen, die sich auf diesen Zweck spezialisiert haben, unter anderem auch zum Thema Bär und Wolf. Die Firma Ecotur hat im Jahr 2004 einen Preis und eine Auszeichnung für vorbildhafte Aktivitäten zum Schutz der Bären vom WWF‐Italien bekommen. Die Firma (www.ecotur.org) organisiert Wanderungen zum Bear‐watching nach rigorosen Prinzipien des Tierschutzes (kleine Gruppen, auf den Wanderwegen bleiben, keine Störungen für die Bären verursachen usw.). Im Jahr 2004 nahmen über 500 interessierte Touristen an den geführten Touren teil. Durch diese Aktivitäten werden die Touristen informiert und für den Grossraubtierschutz sensibilisiert. Auch viele Schulklassen besuchen den Park und dadurch werden Naturerlebnisse und wissenschaftliches Wissen vermittelt.  

Für mehr Informationen über den Park siehe Kap. 10.2 

12. Was läuft in den WWF-Sektionen (Stand der Infos: Oktober 2005) Sektion Projekt Basel 1- Jura Naturpark. Mittels einer Machbarkeitstudie will die Sektion

prüfen, ob ein regionaler Naturpark in der Nordwestscheiz (Baselbiet und Jura) realistisch ist (Potential prüfen und mögliche Perimeter festlegen). 2 – Mitwirkung auf der Website www.regioprodukte.ch Unter „Produktenliste Freizeit: Regioausflüge“ Auflistung Naturausflüge in der Region.

Bern Klimaschutz konkret. Klimaschutz in Tourismusorten fördern. Die beteiligten Tourismusorganisationen bewirken, dass konkrete Verbesserungen bezüglich Ökobilanz und Klimaschutz passieren. Massnahmen: Erfassen der Situation mittels Interviews; Herausgabe Infobroschüre zu den Themen Heizen und öffentlicher Verkehr und an Tourismusorganisationen schicken (Verteilung an Hotels- und FerienwohnungsbesitzerInnen). Nach sechs Monaten Situationserfassung, Internetstudie, Dokumentanalyse.

Glarus Erlebnispark Linthebene. Weil der Freizeitdruck auf dieses Gebiet enorm. ist, strebt der WWF eine Ökologisierung der Linthebene an.

Graubünden 1 - Pro Val Lumnezia. Mit der nationalen Kampagne "Berge 88" wurde das Projekt für eine nachhaltige Entwicklung des Val Lumnezia lanciert. Der WWF Schweiz hat dieses Projekt mit einem beträchtlichen Startkapital unterstützt. Realisierte Projekt e: Wanderwege, Natursee, Ziegenalp-Sanierung, regionale Produktemarke, Forschungsprojekt "Kultur-landschaft Lumnezia" etc. Träger von Pro Val Lumnezia sind die Gemeinden, die Sektion ist in der Projektausschusskommission vertreten. 2 - Klein und Fein. Graubünden Ferien fördert den Natur- und Kulturtourismus in den kleinen Orten. Die Sektion ist in einer beratenden Arbeitsgruppe vertreten. Ziel der Sektion sind klare Kriterien für "Klein und Fein"-Orte. 3 - Xeros. Erhaltung der Trockenstandorte im Hot Spot-Gebiet Unterengadin. Einer der Ziele: nachhaltige Nutzung dieses touristischen Potentials.

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SG, TG, AR/AL Sanfte Reiseangebote in europäischen Raum für Mitglieder und Interessenten bereitstellen.

Schwyz Mitwirkung in den Arbeitgruppen Naturpark Schwyz und „üses Muotital“. Das Projekt Muotital ist abgeschlossen und das Gebiet wird als „Erlebniswelt Muotathal“ vermarktet. Die Sektion ist in der Arbeitsgruppe, die das Muotital mit sanftem Tourismus nützt.

Ticino 1 - Konzept Ökotourismus: a) Bekanntmachung und Förderung des Ökotourismus in

Mendrisiotto und Ticino b) Förderung und Verbesserung der Zusammenarbeit mit den

touristischen Organisationen und anderen Akteuren der Raumplanung

c) Bekanntmachung des Smaragdprojekts und der Artenvielfalt in den Smaragdgebieten

d) Integration des Naturschutzes in die kantonale Tourismuspolitik 2 - Smaragdpfad

a) Aufwertung des Wanderwegnetzes und der Naturschutzgebiete b) Bekanntmachung der wichtigen, regionalen Lebensräume,

insbesondere der Smaragdgebiete c) Entwicklung eines typischen ökotouristischen Angebots

3 - Magadinoebene a) Förderung einer nachhaltigen Entwicklungsplanung b) Beitrag zur Entwicklung (bottom up) des Parkentwicklungsplanes c) Förderung einer harmonischen Entwicklung der Landwirtschaft,

Tourismus und Freizeitsaktivitäten d) Konkrete Intervention gegen verschiedene Bauvorhaben

(Flugplatzerweiterung usw.) Unterwalden Startphase Schluchtenführer Risslettenschlucht mit der Gemeinde

Emmetten und lokalen Tourismusbüro. Ziel ist es, die vorhandenen Naturschönheiten und kulturhistorischen Bauten durch ein nachhaltiges touristisches Angebot den Besuchern näher zu bringen (Themen: Nachhaltiger Waldbau, Schmetterlinge, Hotel Schöneck, Karst- und Höhlen). Weitere Projekte: Schluchtenwanderung und Bewerbung Natur Pur von Emmetten.

13 – Phänomen Tourismus (und Ökotourismus): einige Zahlen Welt. Im Zuge des gestiegenen Wohlstandes und der Entdeckung neuer Destinationen ist die weltweite Nachfrage im Tourismus von 1970 bis 2002 explosionsartig gestiegen. Im Jahr 2002 wurden weltweit 702.6 Millionen Touristenankünfte gemeldet und die Einnahmen beliefen sich auf 474.2 Milliarden US Dollar18. Diese Summe beträgt 8 Prozent des gesamten Welt-Exportertrags. Die touristische Branche generiert über 200 Millionen Arbeitsstellen, die 8 Prozent des globalen Arbeitsmarktes entspricht. Es wird angenommen, dass der Bereich Naturtourismus 7 Prozent des gesamten Tourismusumsatzes ausmacht. In Europa beträgt dieses Tourismusform nur 2 Prozent. Überall verzeichnet aber der Naturtourismus einen viel schnelleren Zuwachs, als der konventionelle Tourismus (Goodwin H, Johnston G., Wartburton C., 2000).

Die Alpen gelten als klassische Urlaubsdestination Europas. Ende der 90er Jahre verzeichnete man mehr als 60 Millionen Touristen mit rund 370 Millionen Nächtigungen pro Jahr. Dazu kommen noch geschätzte 60 Millionen Tagesgäste.

18 Quelle: Weltorganisation für Tourismus (WTO, September 2003)

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Schweiz.

Der Schweizer Tourismus mit jährlich 65 Millionen Übernachtungen und 30 Milliarden Franken Umsatz ist eine wichtige Wirtschaftsbranche: sie macht 6.8 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus. Laut Hotellerie-Suisse Präsident Christian Rey verbuchte alleine die Hotellerie im Jahr 2004 31,6 Millionen Übernachtungen. 54% der Hotellogiernächte waren auf ausländischen Gäste zu verbuchen (Daten 2003). Mit einem Umsatz von 13 Milliarden Franken sei diese damit als Exportbranche der Uhrenindustrie ebenbürtig und eine der wichtigsten Zweige der schweizerischen Volkswirtschaft (sechstgrösster Anteil aller Wirtschaftsbranchen in der Schweiz). Im Jahr 2003 tätigten ausländische Gäste 47% der gesamten, touristischen Ausgaben.

Der Tourismus ist auch ein wichtiger Arbeitgeber. Schätzungsweise eine von zwölf beschäftigten Personen verdankt ihre Stelle direkt oder indirekt diesem Sektor. In den Bergregionen ist dieser Anteil wesentlich grösser als in den städtischen Gebieten.

55.2% der Übernachtungen werden in der Sommersaison betätigt (Winter 44.8%).

Der Schweizer Tourismus leidet aber unter Wachstumsschwäche. In der Schweiz ging die Zahl der Logiernächte von 1970 bis 2003 von 34 auf 31 Millionen zurück. Die Zahl der Hotelbetriebe reduzierte sich zwar von 8000 auf 5600, die Bettenanzahl blieb aber stabil bei 260'000. Das Angebot sei vorhanden, bei der Kundschaft finde es aber nicht den entsprechenden Anklang. Hoteliers müssen sich heute vermehrt mit Fragen der Marktbearbeitung und den Gästewünschen auseinander setzen (Zürich, 30. Mai 2005, Medienkonferenz von Hotellerie Suisse Präsident Christian Rey).

Graubünden (Daten von 2003). Mit 5.6 Millionen Logiernächten besitzt die Region Graubünden die erste Stelle im Schweizer Hotellerieszenario. Der Tourismus ist eine tragende Säule der Bündner Volkswirtschaft. Für die meisten Täler ist er neben der Landwirtschaft die einzige aussichtsichtsreiche Möglichkeit der wirtschaftlichen Entwicklung. Direkt oder indirekt sichern die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr rund der Hälfte des Bündner Volks Arbeitsplätze und Existenz. Jedes Jahr übernachten etwa 13 Millionen Gäste in den insgesamt rund 170'000 Gastbetten in Hotel- und Kurbetrieben sowie in der Parahotellerie (Ferienhäuser, Ferienwohnungen, Gruppenunterkünfte, Zelt- und Wohnwagen-Plätze). Das Verhältnis zwischen Hotellerie und Parahotellerie liegt etwa bei 48 zu 52 Prozent. Jede fünfte Übernachtung von Gästen in der Schweiz erfolgt in Graubünden, im Winter gar jede vierte. Der Wintergast will in Graubünden vor allem Sport treiben, der Sommergast kommt vornehmlich zum Wandern und Bergsteigen. Die Logiernächte verteilen sich etwa im Verhältnis 60 Prozent zu 40 Prozent auf Winter und Sommer.

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14. Literaturverzeichnis Autoren

Titel Herausgeber Dokument/Nr. /Jahr

Bezugsquelle

Schweizer Tourismus in Zahlen

Bundesamt für Statistik (BFS)

Bern, Juli 2004 www.swisstourfeld.ch

Dr. Dominik Siegrist u. A.

Naturnaher Tourismus in der Schweiz, Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren

Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus und Landschaft, Hochschule für Technik Rapperswil FTL-HSR Abteilung Sozialpsychologie I, Universität Zürich

Juni 2002 Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus und Landschaft, Hochschule für Technik Rapperswil FTL-HSR www.ftl.hsr.ch

Goodwin H, Johnston G., Wartburton C.

Tourism & Carnivores – The challenge ahead

WWF-UK Report, Mai 2000 WWF-UK Panda House Weyside Park, Godalming – Surrey GU7 1XR www.wwf-uk.org

Ingold P. Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere

Haupt Verlag 2005 ISBN 3-258-06780-5

Buchhandlungen www.haupt.ch

Irene Kupfer

Die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Nationalparktourismus untersucht am Beispiel des SNP

Geographisches Institut Universität Zürich, Winterthurerstrasse 190, 8057 Zürich

Reihe „Nationalparkforschung in der Schweiz“ Nr. 90

Schweizer Nationalpark, 7530 Zernez www.nationalpark.ch

Leuthold M.

Potentiale des Ökotourismus in Österreich. Kurzfassung

Institut für integrative Tourismus & Freizeitforschung. Unveröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit

Wien 2001 ÖGAF Augasse 2 – 6 A – 1090 Wien Tel. +43 (1) 710 75 35 e-mail: [email protected] http://www.studien.at

Manca E. et A.

Il mercato dell’ecoturismo in Italia

Ecobilancio S.r.l. Roma 2002 Emanuela Manca, Tel: +39 06 44 70 42 05 [email protected] www.ecobilancio.it

Mettler D. Kosten-Nutzen-Evaluation des Seelenstegs in Heiligkreuz

Evaluationsergänzungsstudiums bei der Koordinationsstelle für Weiterbildung (KWB), UNI Bern

Bern, Januar 2004

Müller H. , Scheurer R.

Tourismus-Destination als Erlebniswelt – Ein Leitfaden zur Angebots-Inszenierung

Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) der Universität Bern

FIF Universität Bern, 2004, ISBN 3-905666-03-0

[email protected]

Stefano Lalli, Giacomo Spaini

Un Parco e la sua economia – Indagine sul Parco Nazionale d’Abruzzo e la politica di sviluppo locale

Studie von IZI s.r.l. im Auftrag von WWF Italia, Via Po 25/c – 00198 Roma

1997 WWF Italia, Via Po 25/c – 00198 Roma www.wwf.it [email protected]

Veloland Schweiz

Jahresbericht 2004 Stiftung Veloland Schweiz c/o Schweizer Tourismus

Juni 2005 www.veloland.ch

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Verband Verschiedene

Landschaft 2020 – Analysen und Trends

Schriftenreihen Umwelt Nr. 352 Natur und Landschaft BUWAL

Bern 2003 www.bafushop.ch

Verschiedene

Alpentourismus, Ökonomische Qualität, Ökologische Qualität

Tagungsband zur Jahresfachtagung der CIPRA, Trient, 12.-14. Okt. 2000

Cipra 2000/18 www.cipra.org

Zangger A., Weber D. Al-Jabaji D.

Früherkennung im Naturschutz des Kantons Bern-Tourismus- und Freizeitaktivitäten und deren Auswirkungen auf Flora und Fauna, Wirkungsmechanismen

Hintermann & Weber AG, im Auftrag der Fachkommission Naturschutz Kanton Bern

Bern. 2002 Hintermann & Weber AG, Marzlistrasse 8a, 3005 Bern Tel. 031-312 82 72 www.natur-bewegt-erlebt.ch/html/publ.htm

15 – Web-Site Adressen (Organisationen Naturtourismus)

Alpenorganisationen Wichtige Verbände, die sich für den Schutz der Alpen engagieren:

Allgemein - Bevölkerung/Kultur - Verkehr - Gemeinden - Schutzgebiete Allgemeiner Alpenschutz CIPRA International Nichtstaatliche Dachorganisation von über 100 Verbänden und Organisationen aus allen 7 Alpenstaaten mit Vertretungen in den Alpenländern. Ziel ist die Erhaltung des Natur- und Kulturerbes in den Alpen, eine nachhaltige Entwicklung und die grenzüberschreitende Lösung gemeinsamer Probleme. www.cipra.org (CIPRA International) www.cipra.de (CIPRA Deutschland) Alpenvereine in Deutschland, Österreich, Südtirol und der Schweiz Ziel: Ausübung sportlicher Aktivitäten im Alpenraum bei gleichzeitiger Sicherung von Umwelt und Natur. www.alpenverein.de www.alpenverein.at www.alpenverein.it www.sac-cas.ch Mountain Wilderness Bewegung von Alpinist/innen zum Schutz der Gebirgsräume. www.mountainwilderness.de, www.mountainwilderness.ch World Wildlife Fund (WWF) Schweiz und WWF Österreich WWF-Kampagne „Kids for the Alps“ www.kids-for-the-alps.net . Alpenprogramm des WWF Österreich: www.wwf.at/Channels/alpen/index.html Alpenseiten des WWF Schweiz: www.wwf.ch

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Bevölkerung und Kultur Pro Vita Alpina Verein zur Förderung der kulturellen, gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Entwicklung im Alpenraum. www.cultura.at/pro.vita.alpina/pva_fs.htm Gemeinden Gemeinde-Netzwerk "Allianz in den Alpen" Zusammenschluss von fast 150 Gemeinden im gesamten Alpenraum. Kooperation zur Realisierung einer nachhaltigen Entwicklung im Alpenraum. www.alpenallianz.org Hinweise auf weitere Studien und Publikationen www.gtz.de www.ecotourism.org www.mrd-journal.org/volumes www.mountains2002.org www.alpmedia.net Hinweise auf positive Beispiele weltweit www.eco-tip.org www.uneptie.org www.planeta.com www.regioplus.ch www.cipra.org www.alpenallianz.org www.fls-fsp.ch Intenationales Jahr der Berge www.mtnforum.org www.mountains2002.org www.mrd-journal.org www.alpen3000.ch www.fao.org www.berge2002.li Internationales Jahr des Ökotourismus www.uneptie.org www.world-tourism.org www.twnside.sg/title/iye.htm

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Schutzgebiete Netzwerk alpiner Schutzgebiete Europäisches Netzwerk der alpinen Schutzgebiete (ALPARC), Vereinigung aller Verwalter alpiner Schutzgebiete (Nationalparks, Naturparks, Regionalparks, Naturschutzgebiete, Biosphärenreservate, etc.). Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Alpenstaaten. www.alparc.org Verkehr Transitforum Austria-Tirol Ziel ist die Reduzierung des Schwerverkehrs durch eine Verlagerung auf die Schienen im Tirol. www.transitforum.at Alpeninitiative Schweizer Verkehrsinitiative, die auch den "Alpenschutzartikel" der Schweizer Bundesverfassung angestoßen hat, nach dem der Güterverkehr in der Schweiz weitmöglichst auf die Schienen verlagert werden muss. www.alpeninitiative.ch Sanfte Mobilität www.railaway.ch, www.freizeitverkehr.ch Freizeit und Ferien Öko- und Nachhaltigkeitslabel in der Gastronomie: www.goutmieux.ch ..und in der Hotellerie: www.oe-plus.ch; www.oekotels.ch Agrotourismus: www.tourisme-rural.ch www.bauerhof-ferien.ch Tourismusorganisationen Schweiz Schweiz Tourismus  www.myswitzerland.com Basel Tourismus  www.baseltourismus.ch Bern Tourismus  www.bernetourism.ch Freiburg Tourismus  www.freiburgerland.ch  Genf Tourismus  www.geneve‐tourisme.ch Graubünden Ferien  www.graubuenden.ch Schweizer Mittelland Tourismus  www.smit.ch Städte und Gemeinden am Bodensee und Rhein  www.sgbodensee.ch  Zentralschweiz Tourismus  www.centralswitzerland.ch Wallis Tourismus  www.valaistourism.ch Zürich Tourismus  www.zurichtourism.ch Switzerland Destination Management  www.sdm.ch Tourismus in der Ostschweiz Appenzellerland Tourismus  www.appenzell.ch 

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Thurgau Tourismus  

www.thurgau‐touristinfo.ch 

Stadt Frauenfeld  www.frauenfeld.ch Schaffhausen Tourismus  www.sh.ch/tourismus Glarnerland Tourismus  www.glarusnet.ch Liechtenstein Tourismus  www.tourismus.li Heidiland Tourismus  www.Heidiland.com St.Gallen‐Bodensee Tourismus  www.st.gallen‐bodensee.ch Toggenburg Tourismus  www.toggenburg.org Rapperswil‐Zürichsee  www.zuerichsee.ch  Schlafen Schweizer Hotelierverein  www.swisshotels.ch Bed & Breakfast Switzerland Verzeichnis  www.bnb.ch Schlafen im Stroh  www.abenteuer‐stroh.ch Ferien auf dem Bauernhof  www.bauernhof‐ferien.ch Campingplätze Schweiz  www.campingtcs.ch Schweizer Jugendherbergen  www.youthhostel.ch Schweizer Reisekasse  www.reka.ch 

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ANHANG 1 1 - Der Einfluss der Freizeitaktivitäten zu Land und zu Wasser und ihr Einfluss auf die Tiere (Ingold P., Kirchofer A., Breitenstein M. 2005) Unmittelbare Reaktionen Nähern wir uns Säugetieren oder Vögeln, merken sie auf, sichern, bei weiterer Annäherung entfernen sie sich. Gleichzeitig steigt mit der ersten Reaktion in der Regel, als Ausdruck einer gewissen Erregung, die Herzschlagrate an. Einige Arten (zum Beispiel Schneehase, Alpenschneehuhn) bleiben ganz ruhig, vertrauen auf ihr tarnfarbenes Kleid, wobei die Herzschlagrate augenblicklich zurückgeht. Sie horchen offensichtlich angestrengt und harren der Dinge, die da kommen, um sich notfalls im letzten Augenblick davonzumachen. Die einen (Gämsen, Steinböcke) suchen bevorzugt steiles, felsiges Gelände auf, die andern (Hirsche, Rehe) deckungsreiche Orte. Vögel bleiben, je nach Art, im Offenen, fliegen in Deckung im Wald vom Boden auf einen Baum usw. Die unmittelbaren Reaktionen hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab: zum Beispiel vom Ort, der Richtung und Geschwindigkeit der Annäherung, davon, ob ein Hund mitgeführt wird, ob Stimmen zu hören sind, von der Erfahrung der Tieren, dem Alter, ob Junge mit dabei sind, der Nähe zum Rückzugsgebiet, der Lebensphase und der Jahreszeit. Erfahrungsgemäss reagieren sowohl Vögel als auch Säugetiere gegenüber Autos wesentlich weniger empfindlich als gegenüber Menschen (festzustellen, wenn eine Person aussteigt). Sie reagieren vergleichsweise empfindlicher, wenn abseits durchs Gelände gegangen oder gefahren wird, die Annäherung direkt auf die Tiere zu und rasch erfolgt, zusätzlich ein Hund auftaucht, die Besucher und Besucherinnen eines Gebietes sich mit lauten Stimmen bemerkbar machen. Im einen Fall reagieren die Jungen weniger empfindlich als die Alten (Murmeltiere), im anderen ist es gerade umgekehrt (Steinböcke). Weibliche Säugetiere mit Jungen reagieren empfindlicher als männliche und weibliche ohne Junge. Vögel haben gegen Ende des Brütens und beim Betreuen kleiner Jungen vielfach extrem geringe Fluchtdistanzen; Brut und Junge können gar verteidigt werden. Im Winter, da Energiesparen angesagt ist, verharren die Tiere möglichst lange an einem Ort, ehe sie sich entfernen. Gewöhnung kommt vor, ist aber nicht leicht nachzuweisen. Wenn Tiere in einem Gebiet vergleichsweise zutraulich sind, kann dafür Erfahrung im Sinne von Gewöhnung verantwortlich sein, möglicherweise sind aber einfach die scheueren Tiere ausgewandert oder es sind andere Bedingungen, die den Ausschlag geben, wie zum Beispiel die geringe Distanz zum Rückzugsgebiet. Die Tiere können auch scheuer werden (Sensitivierung), wenn sich bedrohliche Ereignisse wiederholen (durch die Jagd und andere Freizeitaktivitäten). Weitergehende Auswirkungen Gebietsnutzung und Aktivität Bei Betrieb verlassen Säugetiere und Vögel ein Gebiet oft vorzeitig (zum Beispiel Gämsen das Äsgebiet) oder bleiben ihm auch längere Zeit fern (zum Beispiel Hirsche während der Jagd, Wasservögel bei Betrieb am und auf dem Wasser). Beidseits von Wegen, Strassen, bestimmten Pisten können sie, zumindest vorübergehend, einen Streifen ihres Gebiets verlieren. Aufgrund solcher Infrastrukturen kann der Raum, in dem die Tiere in einem Gebiet nicht behelligt werden, beträchtlich schrumpfen. Betrieb im Bereich von touristischen Anlagen schränkt das für die Tiere nutzbare Gebiet ebenfalls ein und verhindert unter Umständen, wie im Fall der Birkhühner, eine für die Fortpflanzung wichtige Aktivität

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(Balz). Räumliches und zeitliches Ausweichen kann auch eine Anpassung der Tiere sein, dank der sie mit den Bedingungen in einem Gebiet zurechtkommen: das Verschieben der Nahrungssuche im Offenen in der Nacht (Hirsche, Rehe, Enten in bejagten Gebieten). Energiehaushalt und Aktivität Längst nicht immer können sich Tiere umstellen und am Tag erlittene Ausfälle bei der Nahrungsaufnahme kompensieren. Für viele Vögel wie etwa die Raufusshühner ist Nachtaktivität kaum möglich. Eine verminderte Nahrungsaufnahme und erhöhte Bewegungsaktivität durch den Freizeitbetrieb führen sowohl bei Säugetieren (dokumentiert an Rentieren zur Jagdzeit) als auch bei Vögeln (Kurzschnabelgänse) zu verminderter Kondition mit nachteiligen Folgen für die Überlebensfähigkeit und die Fortpflanzung. Wenn Säugetiere im Winter wiederholt durch den Tiefschnee flüchten und Raufusshühner die gegen Kälte isolierende Schneehöhle immer wieder verlassen und fliegend einen andern ungeschützten Ort aufsuchen müssen, beeinträchtig dies die körperliche Verfassung (Kondition) und Überlebenschancen noch stärker, als dies ohnehin in dieser Jahreszeit der Fall ist. Beim Brüten kann bereits ein mehrmaliges Nestverlassen oder auch ein Auslassen der für die Nahrungsaufnahme des brütenden Vogels wichtigen Brutpausen zu konditionellen Einbussen führen, die sich negativ auf die Kondition und den Fortpflanzungserfolg auswirken. Raub von Eiern und Jungen bei Nestabwesenheiten des brütenden Vogels sowie die Aufgabe der Brut sind die häufigsten Ursachen von Ei- und Jungenverlusten wegen Freizeitaktivitäten. Getarnte Eier der auf dem Kies- und Sandboden brütenden Flussuferläufer und –regenpfeifer können zertreten werden, wodurch die Zahl der erfolgreichen Paare in einem Gebiet unter Umständen stark reduziert wird. Zu Jungenverlusten kommt es auch, wenn die Altvögel so beunruhigt sind, dass sie den Jungen weniger Futter als üblich zutragen, sie zu wenig wärmen können oder wenn Familien mit nicht flugfähigen Jungen der am Boden lebenden Arten aufgesplittert werden. Über die Folgen von Freizeitbetrieb zur Fortpflanzungszeit der Säugetiere weiss man bisher wenig. Eine Untersuchung am amerikanischen Rothirsch zeigt jedoch, dass ein mehrmaliges Eindringen ins Setzgebiet zu hohen Jugendverlusten führen kann. Später, wenn die Jungen mobil sind, können sie bei Fluchtreaktionen von ihrer Mutter vorübergehend getrennt werden (festgestellt bei Gämsen). Wenn die Jungen nicht mehr zu ihrer Mutter finden, überleben sie nicht. Bestand, Zahl und Zusammensetzung der Arten in einem Gebiet Wegen des Baus von touristischer Infrastruktur und des Betriebes in einer Gegend kann die Zahl der Individuen stark zurückgehen, aber auch wieder zunehmen, wenn die Tiere damit allmählich zurechtkommen (amerikanischer Rothirsch). Ansonsten gibt es bei Säugetieren kaum Untersuchungen zum Einfluss von Freizeitbetrieb auf den Bestand einer Art. Man kann jedoch vermuten, dass aufgrund von Lebensraumverlust in touristisch stark genutzten Gebieten ein Bestand regional geringer ist, als es von den ökologischen Bedingungen, zum Beispiel vom Nahrungsangebot her, möglich wäre. Bei Vögeln ist dazu mehr bekannt. Wenn sie zum Brüten günstige Orte wegen Betrieb meiden, vermindert dies den Brutbestand in einem Gebiet. Verschiedene Untersuchungen dokumentieren Beständesrückgänge, die offensichtlich auf Freizeitaktivitäten zurückzuführen sind: bei Enten wegen der Fischer, beim Flussuferläufer ebenfalls wegen der Fischer und anderer Besucher eines Gebietes, bei Birk- und Auerhühnern wegen des

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Wintersports, bei Auerhühnern auch durch Betrieb im Umfeld von Kletterfelsen (Sächsische und Böhmische Schweiz). Wie es zu Bestandesabnahmen kam, ist vielfach nicht klar: War die Überlebensfähigkeit und/oder der Fortpflanzungserfolg bei vielen Individuen beeinträchtigt, oder haben die Vögel das belastete Gebiet ganz einfach verlassen? Entlang von Wegen und Strassen können die Dichte der Bruten verschiedenster Vogelarten des Waldes und der offenen Landschaft und der Bruterfolg in einem zum Teil sehr breiten Streifen vermindert sein, wie Studien in Gegenden ausserhalb des Alpenraumes gezeigt haben. Verluste gehen also nicht nur auf das Konto von Aktivitäten abseits im Gelände! Dem müsste angesichts des zunehmenden Betriebes und Verkehrs bis in weiten Höhen auch in den Alpen Rechnung getragen werden. Wenn Arten aus einem Gebiet verschwinden, andere möglicherweise zuziehen, weil sie weniger scheu sind oder von der menschlichen Nähe gar profitieren, ändert sich auch das Artenspektrum in einem Gebiet. Dies wurde zum Beispiel in Gegenden mit Siedlungen festgestellt. Reaktionen und weitergehende Auswirkungen bei Tieren in Fliessgewässern Fische reagieren grundsätzlich mit Ausweichen und Aufsuchen von Deckung. Die möglichen Auswirkungen sind vielfältig: eine Flucht flussabwärts in einem mit Abstürzen versehenen Gebirgsbach kann für die sonst standortstreuen Forellen bedeuten, dass sie nicht mehr an ihren ursprünglichen Ort zurückkehren können, wobei es auch Hinweise für eine gewisse Gewöhnung an den Betrieb gibt. Die im Sediment vergrabenen Eier und Embryonen der Forellen oder die an Steinen haftenden Eier der Groppe können durch Tritt beschädigt werden. Jungfische können mit Abwanderung reagieren. Wirbellose Tiere (zum Beispiel Mücken- und Fliegenlarven), unter anderem die Nährtiere der Fische, können durch Betrieb vermehrt verdriftet werden. In Gebirgsbächen sind die Wasserlebewesen zwar immer wieder natürlichen Katastrophensituationen (Hochwasser) ausgesetzt. Wenn aber beispielsweise vormals unberührte Schluchten intensiv begangen werden, ist mit einer Mehrbelastung und entsprechend negativen Folgen für die Tiere im Wasser zu rechnen. 2 - Einfluss der Luftfahrzeuge auf Säugetiere und Vogel Unmittelbare Reaktionen Gegenüber Luftfahrzeuge flüchten Tiere oft auf besonders grosse Distanz. Dabei entziehen sie sich dem Sichtkontakt durch Aufsuchen von Deckung (Wald, Gebüsch). Nach bisheriger Kenntnis sind einige der wesentlichen wirksamen Faktoren auf Seiten der Luftfahrzeuge die relative Flughöhe zu den Tieren, die Geschwindigkeit, die Flugrichtung und der Lärmpegel. Gegenüber Luftfahrzeugen, die oberhalb von ihnen durchfliegen, sich langsam nähern, auf sie zufliegen und starken Lärm erzeugen, flüchten sie auf grössere Distanz als gegenüber solchen, die auf gleicher Höhe oder unter ihnen fliegen, eine Route einhalten, die seitlich an ihnen vorbeiführt, und nur mässigen Lärm machen. Was bei den verschiedenen Luftfahrzeugen jeweils den Ausschlag gibt, ist schwer zu sagen, weil die verschiedenen Faktoren miteinander unterschiedlich wirken können. Im einen Fall kann es das auf Distanz lautlose, langsame Dahergleiten sein (Hängegleiter), im andern Fall der starke schlagende Lärm (Helikopter), die eine starke Reaktion auslösen. Wie gegenüber Freizeitaktivitäten am Boden spielen auch gegenüber Luftfahrzeugen weitere Faktoren eine Rolle, etwa der Abstand zum Rückzugsgebiet (Deckung) oder das Geschlecht, kombiniert mit der

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Anwesenheit von Jungen: geringere Fluchtdistanzen bei Aufenthalt in der Nähe von Deckung, grössere von weiblichen Tieren mit Jungen (Beispiel Gämsen). Nach den bisherigen Feststellungen spielt dagegen die Farbe der Luftfahrzeuge keine Rolle. An einen regelmässigen Flugbetrieb scheinen sich Säugetiere vermutlich vor allem in deckungsreichen Gebieten zu gewöhnen (Gewöhnung nachzuweisen ist aber nicht einfach). Die immer wieder heftigen Reaktionen von Gämsen und Steinböcken gegenüber allen tief fliegenden Luftfahrzeugen, im Speziellen die starken Reaktionen gegenüber Hängegleitern in den weiten offenen Gebieten oberhalb des Bergwaldes, zeigen, dass Gewöhnung längst nicht immer möglich ist. Vergleichsweise geringe Fluchtdistanzen der Gämsen gegenüber Gleitschirme im Winter können auf eine gewisse Gewöhnung, vor allem aber auch auf eine allgemein verminderte Empfindlichkeit zu dieser Jahreszeit zurückzuführen sein. Weitergehende Auswirkungen Gebietsnutzung und Aktivität: Flugbetrieb kann eine Einschränkung der Gebietsnutzung zur Folge haben. So verzogen sich in einem durch Gleitschirme stark beflogenen Gebiet (Allmenalp bei Kandersteg) Gämse jeweils vorzeitig von den Weiden in den Wald und blieben dort, solange geflogen wurde. In einem nur unregelmässig beflogenen Gebiet (Augstmatthorn) führte bereits ein einzelner Überflug eines Hängegleiters (vorwiegend Gleitschirme, ab und zu Deltas) zu einem längeren Aufenthalt der Gämsen im Wald und zu einer Änderung der Nutzung der Weide am betreffenden Tag. Bei den Steinböcken konnte ein einzelner Überflug einen längeren Aufenthalt weit ausserhalb ihres Sommeraufenthaltsgebiets (bis zu 5000 Höhenmeter weiter unten im Wald) zur Folge haben. In einem Überwinterungsgebiet der Gämsen mit Weiden oberhalb des Waldes, als bevorzugtes Nahrungsgebiet, trug der Flugbetrieb (Gleitschirme, Helikopter) zum Aufenthalt der Tieren in tieferen Lagen bei, hatte aber, über den ganzen Winter betrachtet, keinen nennenswerten Einfluss. Das hing unter anderem damit zusammen, dass nur wenig hangnah geflogen wurde, die Gämsen vergleichsweise wenig empfindlich waren, sie weiter unten in den breiten Gräben meist auch Nahrung fanden und sich zeitweise auch aus anderen Gründen hier aufhielten: wegen Schnee auf den Weiden oder starkem Wind, kaum aber wegen der Sonneneinstrahlung bei schönem Wetter, aufgrund derer die Tiere im Sommer oft schattige Orte aufsuchen. Anhaltend intensiver Flugbetrieb, wie er zum Beispiel im März 2000 während einer Schönwetterperiode über mehrere Tagen herrschte, hatte allerdings eine stärkere Wirkung als alle anderen Faktoren. Bei anderen Säugetieren (Maultierhirsch, Dickhornschaf) wurde ein starker Einfluss von Helikopterflügen auf die Gebietsnutzung und die Aktivität (verkürzte Nahrungsaufnahme- und Ruhezeit, erhöhte Bewegungsaktivität) festgestellt. Auch bei Vögeln können die Gebietsnutzung und Aktivität durch den Flugbetrieb stark verändert sein, zum Teil auch im Sinne einer Anpassung, indem beispielsweise Ringelgänse im Überwinterungsgebiet die Nahrungsaufnahme in die Nacht verlegten. Energiehaushalt, Kondition, Fortpflanzungserfolg, Bestand Eine einzige Flucht über eine grosse Strecke kann einen erheblichen zusätzlichen Energieaufwand bedeuten, besonders ausgeprägt bei schweren Säugern (Beispiel Steinböcke) und bei Vögeln; Fliegen ist ausgesprochen energieaufwändig (zum Beispiel für Rauhfusshühner). Flugbetrieb, verbunden mit starkem Lärm, kann sich auf die körperliche

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Verfassung und den Fortpflanzungserfolg auswirken, wie Untersuchungen an Karibus in Nordamerika gezeigt haben. Auch wenn die Bedingungen, was den Flugbetrieb und die Tierart betrifft, nicht direkt auf die Verhältnissen im Alpenraum übertragen werden können, muss hier lokal möglicherweise mit ähnlichen Auswirkungen gerechnet werden. Bei Vögeln sind Einbussen bei der Fortpflanzung zum Beispiel wegen Überflügen durch Luftfahrzeuge (vielfach Helikopter) oft festegestellt worden, indem nach dem Verlassen der Nester durch die Altvögel Eier oder Junge geraubt wurden oder diese von Simsen der Brutfelsen an Meeresküsten stürzten. Auch eine Abnahme der Zahl der in einem Gebiet rastenden oder überwinternden und brütenden Vögel bis zum Erlöschen einer Kolonie wurde festgestellt (Zwergschwäne, Basstölpelkolonie). Wenn diese Beispiele, vor allem was die Vögel betrifft, aufgrund anderer Bedingungen nicht direkt mit den Verhältnissen im Alpenraum verglichen werden können, zeigen sie doch, dass der Flugbetrieb erhebliche Auswirkungen auch auf Vögel haben kann und vermehrt ein Augenmerk darauf gerichtet werden sollte. Für die Alpen gibt es bisher nur Einzelfeststellungen von Reaktionen etwa des Steinadlers oder der Rauhfusshühner. Auch werden verschieden Einzelereignisse erwähnt wie: Aufgabe eines Horstes, Brutverlust, Ausfall von Fütterungen, aber auch erfolgreiches Brüten des Steinadlers in einem intensiv durch Hängegleiter genutzten Gebiet.

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Anhang 2   Freizeitaktivitäten und Wild: Folgen für den Wald (Ingold P. 2005) Aktivitäten der Wildtiere wie das Abfressen der Waldbäume und das Abschlagen von jungen Bäumen mit dem Geweih sind natürliche Begleiterscheinungen der Waldentwicklung.  Waldpflanzen sind von Natur aus ein wesentlicher Bestandteil der Nahrungsbasis vieler Tierarten. Sogar Baumrinde wird von manchen Arten als Nahrung genutzt. Grosse Pflanzenfresser wie die Huftierarten Hirsch, Reh und Gämse können durch ihren Einfluss auf die Vegetation zu landschaftsprägenden Gliedern des Ökosystems werden.   Unmittelbare Einwirkungen Die verschiedenen Einwirkungen lassen sich in Tritt, Verbiss, Fegung (Schlagen) und Schälung unterteilen. Der Verbiss gliedert sich in den Keimlingsverbiss und in den Baumverbiss, die Schälung in Stamm‐ und Wurzelschälung. Verbiss an Seitentrieben behindert die Bäume im Wachstum wenig, während der Verbiss des obersten Leittriebes zur Folge hat, dass der Baum im Wachstum stark behindert wird. Die Einwirkungen des Wildes können in jeder Jahreszeit erfolgen, treten jedoch meist gehäuft im Winterhalbjahr auf.  Während alle wiederkäuenden Huftierarten wie Hirsch, Reh und Gämse Bäume verbeissen und schlagen, wird Schälung lediglich von Rothirschen und mancherorts auch von Mufflons und Sikahirsche verursacht. Lokal sind auch Verbiss durch Hasen oder Mäuse sowie Schälung durch Schneehasen an Laubhölzern von Bedeutung.   Weitergehende Folgen Der selektive Verbiss einzelner Baumarten kann in Mischwäldern sukzessiv zum Verschwinden verschiedener Arten führen. Durch selektiven Verbiss der vom Wild besonders gerne als Nahrung aufgenommenen Baumarten wie Tanne, Ahorn, Esche, Ulme, Eiche entstehen anstelle von stabilen artenreichen Mischbeständen lediglich Wälder, die aus einer oder wenigen Baumarten (z.B. Fichte, Weisserle) zusammengesetzt sind. Diese sind gegenüber Umwelteinflüssen, wie Wind, Schneedruck und Insektenbefall sehr anfällig.  Durch Rindenschälung wird den Sporen der Holzfäulepilze das Eindringen in die Wunde der Bäume ermöglicht. Die sich im Baum ausbreitenden Fäulepilze bewirken dann eine von Jahr zu Jahr fortschreitende Holzzerstörung im Stamm, die zu Stabilitäts‐ und Werteverlusten führt. Durch Fegen (Schlagen) sterben betroffene Bäumchen infolge der starken mechanischen Verletzungen meist gleich ab.   Bewertung des Wildtiereinflusses Schaden durch Wildtiere (Wildschäden) Wann darf eigentlich von Schaden gesprochen werden? „Schaden“ ergibt sich grundsätzlich erst aus dem Blickwinkel der Menschen. Die Feststellung eines Schadens bedarf stets eines Soll‐Ist‐Vergleiches, und lediglich dann, wenn ein festgestellter Ist‐Zustand dem vorgegebenen Soll‐Zustand (zum Beispiel Waldverjüngung, Waldfunktion) nicht entspricht, liegt Schaden vor. Wenn er durch Wildtiere bewirkt wird, handelt es sich um 

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„Wildschaden“. Was als Schaden gilt, muss durch die Festlegung von Toleranzgrenzen des Wildeinflusses definiert werden. Der Schaden am Waldbestand kann zum Beispiel nach den Kriterien Zuwachsverlust, Wertverlust, Stabilitätsverlust, Diversitätsverlust (Verlust an Artenvielfalt) beziehungsweise Verlust an erwünschten Waldfunktionen (zum Beispiel Holzproduktion, Schutz gegen Naturgefahren, Erholung) differenziert werden.   Schaden oder Nutzen Folgendes Beispiel soll zeigen, dass die Einwirkung von Tieren auf den Wald je nach Blickwinkel (Standpunkt) als negativ (Schaden) oder positiv (Nutzen) bezeichnet werden kann. Am Männlichen (Berner Oberland) wurde festgestellt, dass die jungen Fichten am Waldrand (obere Waldgrenze) und in Jungwuchsflächen im Offenen durch Gämse stark verbissen und die Verjüngung entsprechend beeinträchtig ist. Falls das Ziel eine Ausdehnung der Waldfläche zur Verbesserung der Schutzwirkung gegen Lawinen wäre, dann könnte dies als Schaden beurteilt werden. Falls das Ziel aber die Offenhaltung bisher unbewaldeter Flächen sein sollte (erhöhte Biodiversität, Landschaftserhaltung, günstige Gämshabitate etc.), dann wäre der gleiche Wildtiereinfluss als Nutzen zu beurteilen. Falls es kein konkretes Ziel für dieses Gebiet geben sollte, dann darf weder von Nutzen noch von Schaden, sondern lediglich wertneutral von Wildtiereinfluss gesprochen werden.  Der Einfluss der Wildtiere auf den Wald und seine Entwicklung kann also durchaus auch vorteilhaft im Sinne des Naturschutzes sein.   Ursachen von Wildschäden Wild und Wald haben sich als zwei Bestandteile desselben Ökosystems gemeinsam entwickelt und wechselseitig angepasst. Erst durch die starken Eingriffe des Menschen wurden manche Wildarten zur Belastung für die Forstwirtschaft, zum Teil auch für den Naturschutz (Erhaltung intakter Lebensräume). Bei stark vereinfachter Darstellung lassen sich die Ursachen der Wildschäden grob in drei Hauptgruppen unterteilen:  - Einengung, Zersplitterung und Beunruhigung des Lebensraumes der Tiere (bedingt 

durch Landschaftsverbauungen, Tourismus/Freizeitaktivitäten und Jagddruck);  - überhöhte Schalenwildbestände und Fehler bei der Wildtierbewirtschaftung (jagdlich 

bedingt); - wildschadenanfällige Wälder (forstlich bedingt).  Mögliche Zusammenhänge zwischen Freizeitaktivitäten und Wildschäden Ausgangspunkt des Systemzusammenhanges Mensch‐Wildtier‐Wald bildet die Wechselwirkung zwischen Wildtieren und deren Lebensraum. Der Lebensraum wird von verschiedenen Interessengruppen des Menschen verändert, wodurch sich auch die Wirkung der Tiere auf ihren Lebensraum verändert, sodass Wildschäden die Folge sein können.  Wie kann es zu einer verstärkten Einwirkung der Tiere auf den Wald aufgrund von Freizeitaktivitäten kommen?   1 ‐ Veränderte Raumnutzung der Tiere 

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Die Raumnutzung der Tiere kann infolge Beunruhigungen durch das Auftreten der Freizeitaktivitäten stark verändert sein. Die Tiere konzentrieren sich meist in den ruhigen Zonen (Rückzuggebiete). Werden zum Beispiel Gämsen oberhalb der Waldgrenze stark beunruhigt, ziehen sie sich häufiger und länger andauernd in die steilen Waldbereiche zurück. Die Rothirsche reagieren gegenüber Freizeitbetrieb meist mit einem weiträumigen Ausweichen in ruhigere Gebiete. Das standorttreue Reh hingegen nimmt meist nur kleinräumige Ortverschiebungen vor. Durch die Konzentration der Tiere in ihren Rückzugsgebieten ist ein verstärkter Einfluss auf den Wald möglich.   2 ‐ Veränderte artspezifische Äseperiodik Wenn die Tiere infolge Beunruhigung ihre Äseperiodik (Rhythmus von Nahrungsaufnahme und Wiederkäuen) umstellen müssen, kann das zu vermehrtem Hunger und zu einem gestörten Pausenmilieu führen. Daraus können sich verstärkte Einwirkungen der Tiere auf die Waldvegetation ergeben. Ausserdem verlagert sich der Verbissdruck zumindest tagsüber von äsungsgünstigen Freiflächen und Waldrändern in das deckungsreichere aber verbissempfindlichere Waldinnere, wo in der Regel eine verminderte Biotoptragfähigkeit für Huftiere – gemessen an der forstlich tragbaren Vegetationsbelastung durch Verbiss – besteht.   3 ‐ Erhöhter Energieverbrauch  Wenn Tiere wegen Freizeitaktivitäten flüchten, kann der Energieverbrauch vorübergehend um mehr als das Zehnfache ansteigen. Dies erfordert eine vermehrte Nahrungsaufnahme, wodurch die ökologisch tragbare Wildtierdichte abnimmt. Körpereigene Energiespeicher (Fettdepots) können im Winter bei Beunruhigung vorzeitig abgebaut werden. Durch das Fehlen der wärmeisolierenden Fettschicht steigt der Energieverlust infolge erhöhter Wärmeabstrahlung an.   4 ‐ Bejagung der Tiere und Abschusserfüllung Die Wildtierbejagung, die Abschusserfüllung und damit die Bestandesregulierung können bei Beunruhigung durch die grössere Scheu der Wildtiere erheblich erschwert und beeinträchtig werden. Wildschäden können auch aus diesem Grund zunehmen. In Gebieten mit erhöhtem Jagddruck im Zuge der Bestandesregulierung ist eine stärkere Auswirkung der Freizeitaktivitäten auf das Verhalten der Tiere als in unbejagten Gebieten oder in Gebieten mit geringem Jagddruck möglich, weil die Tiere eine erhöhte Sensitivität aufweisen.   Mögliche vorteilhafte Auswirkungen von Skipisten und Freizeitaktivitäten Offene Flächen Durch attraktiv begrünte Skipisten können sich im Sommer zusätzliche Nahrungsquellen für die Tiere ergeben. Solch offene Flächen können günstig für die Bejagung sein.   

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Vertreiben der Wildtiere aus besonders schadensanfällige Gebiete Eine gezielte Integration von Freizeitbetrieb in solche Gebiete (zum Beispiel in Schutzwaldbestände, die dringend verjüngt werden müssen) könnte eine veränderte Raumnutzung der Tiere bewirken und lokal zur Verbissentlastung beitragen.  

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ANHANG 3  Detaillierte Beschreibung der Auswirkungen der Freizeitaktivitäten auf Flora und Fauna  

Freizeitaktivitäten/Infrastrukturen

Auswirkungen auf die Fauna Auswirkungen auf die Flora

Skilifte, Sessellifte, Luftseilbahnen Grössere Vögel (z.B. Uhus, Reiher) können bei Kollisionen mit den Drahtseilen umkommen. Darüber hinaus haben die Anlagen keine hier nennenswerte Wirkung auf die Fauna (Ausnahmen: Bauten in Balzplätzen oder in Wildruhegebieten)

Die Wirkung beschränkt sich auf die durch die Anlage beanspruchte Bodenfläche (Fundamente, Gebäude etc.). Dort ist die Zerstörung der Flora total und definitiv. Relevante Faktoren für die Schadenwirkung sind 1) Gesamtgrösse der beanspruchten Fläche, 2) Wert der betroffenen (zerstörten) Vegetation (Schutzwürdigkeit nach NHG, Seltenheit etc.)

Wandern Kann eine stärkere Wirkung haben, als gemeinhin angenommen wird. Der Einfluss hängt wesentlich mit dem Verlauf, der Dichte und Verteilung der Wege in einem Gebiet zusammen. „Variantewanderer“ verstärken die Wirkung beträchtlich. Problematisch ist, dass Gemeinden und Kurorte und Tourismuskreise zunehmend neue Wege eröffnen. Mit der Zunahme der Wege und Strassen wird sich der Einfluss auf die Wildtiere noch verstärken.

Wenn die Wandertätigkeit auf den Wegen ausgeübt wird, gibt es keine relevante Wirkung auf die Flora. Schäden in wegnaher Vegetation sind zwar möglich, aber im Vergleich zur Beschädigung der Vegetation auf dem Wegtrassée unbedeutend. Wenn Menschen sich frei in der Landschaft bewegen, können die Fusstritte auf unterschiedliche Weise Störungen hervorrufen: durch das Zerdrücken/Knicken von Pflanzen durch Trittschäden, durch eine punktuelle Bodenverdichtung und durch das Aufreissen der Bodenoberfläche. Mit Ausnahme der Trittflora können bei starker Nutzung abseits der Wege deutliche Schäden auftreten, da dort trittempfindliche Pflanzen wachsen. Besonders problematisch sind Trittschäden bei empfindlicher Vegetation, die sich nur langsam erholt (Flach- und speziell Hochmoore). Auch die Störwirkung auf die Mykorrhiza Pilze kann beträchtlich sein. Durch die Fusstritte wird der Pilz zerdrückt oder unterbrochen und somit in seinen Funktionen behindert. Die Bodenverdichtung verändert den Wasserhaushalt des Bodens. Die Vegetation feuchter Wiesen und Moore reagiert stärker auf derartige Veränderungen als diejenige in trockenen Wiesen, Weiden und Wäldern. Narben in der Pflanzendecke können in Hanglagen Anrissstellen für die Erosion darstellen.

Mountainbiken Solange Mountainbiking kanalisiert auftritt, ist dessen Wirkung auf eine bestimmten Route (Strasse, Wege) begrenzt. Wie beim Wandern kann die Wirkung je nach Verlauf, Dichte und Verlauf der Routen wesentlich verstärkt werden. Für „Variantenfahrer“ gilt dasselbe wie für „Variantenwanderer“. Zahlenmässig wird das Mountainbiken wohl kaum mehr stark zunehmen, hingegen scheint es sich jahreszeitlich und höhenmässig auszudehnen.

Für Mountainbikefahrern gelten dieselben Bemerkungen wie für die Wandertätigkeit ausserhalb der Wege (siehe oben)

Orientierungslaufen Für gewisse Arten (Säugetiere vor allem zur Fortpflanzungszeit, am Boden brütende Vögel) kann Orientierungslaufen grundsätzlich eine kurzfristige

Für OL-Läufer gelten dieselben Bemerkungen wie für die Wandertätigkeit ausserhalb der Wege (siehe Oben)

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starke Belastung darstellen. OL-Wettkämpfe finden aber in den einzelnen Laufgebieten nur alle paar Jahre statt, somit ist nicht mit langfristigen Folgen zu rechnen. Daher ist der Einfluss auf die Tierwelt hier eher kleiner, als gemeinhin angenommen wird. Ein grösseres Problem stellen die Winterveranstaltungen dar, namentlich des abseits im Gelände erfolgende Schneeschuh-OL.

Pilz- und Beerensammeln Pilzsammeln ist eine Freizeitaktivität mit einem grossen Einflusspotential, wenn es bereits im Sommer ausgeübt wird. Das Beerensammeln ist wegen des unterschiedlichen Verhaltens der Sammelnden als weniger gravierend zu taxieren. Pilzsammeln nimmt eher noch zu, sodass in günstigen Gebieten sich auch der mögliche negative Einfluss auf die Tiere erhöhen wird.

Für die Pilzsammler gelten dieselben Bemerkungen wie für die Wandertätigkeit (siehe oben). Ausserdem sind viele Fachleute der Meinung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Pilzvorkommen und dem Pilzsammeln gibt.

Klettern Das grösste Einflusspotential hat das Sportklettern, namentlich das Plaisirklettern, das geringste das Bouldern. Bei Betrieb (Lärm) kann sich dessen Wirkung aber stark erhöhen. Beim Sport- und Alpinklettern sowie beim Klettersteiggehen hängt die Wirkung wesentlich von der Dichte und Verteilung der Routen ab. Bei allen Kletterarten kann der Zugang zu den Routen ein gewisses Problem darstellen, indem zur Fortpflanzungszeit oder im Winter (Eisklettern) Tier im Wald und im offenen Gelände betroffen sein können. Sportklettern, Bouldern und Klettersteigen sind stark zunehmende Sportarten, sodass mit einem Anwachsen des Drucks auf die an Felsen brütenden Vögel zu rechen ist.

Es kann negative Auswirkungen auf die Felsenflora haben (Zerstörung der Pflanzen entlang den Kletterrouten)

Schneeschuhwandern Diese Sportart hat ein grosses Einflusspotential, das vielfach unterschätzt wird. Die zahlenmässig anhaltende Zunahme dieser Sportart wird zu einer noch stärkeren Nutzung der dazu besonders geeigneten Gebiete (z.B. Voralpen) und auch der Gebiete in höheren Lagen (Aufstieg mit Schneeschuhen für Abfahrten mit Snowboards) mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Tierwelt führen.

Keine relevante Wirkung

Langlaufen Langlaufen auf einer einzigen Loipe hat ein geringes Einflusspotential; je nach Dichte und Verteilung der Loipen kann sich der Einfluss aber über eine unterschiedlich grosse Fläche erstrecken und gegebenenfalls auch wertvolle Lebensräume betreffen. Langlauf ist nach wie vor aktuell; es wird vermutlich aber nicht mehr wesentlich zunehmen und auch nicht das Loipennetz.

Es können Verletzungen der Grasnarbe durch den Skikantenschliff entstehen.

Tourenskifahren Beim Aufstieg auf regelmässig benützten Routen ist der Einfluss auf Wildtiere vergleichsweise gering, wenn die Routen nicht durch besonders heikle Gebiete führen (Aufenthaltsorte von Gämsen, Steinböcken, Schneehasen, Rauhfusshühner). Bei der Abfahrt ist das Einflusspotential auf die Tiere gross (sowie auch für Snowboardtouren). Das Tourenskifahren hat sich in jüngster Zeit zahlenmässig stark entwickelt und räumlich in vorher nur wenigen Tourenfahrern bekannte Gebiete ausgebreitet. Eine Zunahme der Störungen ist daher vorzusehen.

Mechanische Schäden am Jungwuchs von Gehölzpflanzen durch Skikanten. Es können Verletzungen der Grasnarbe durch den Skikantenschliff entstehen.

Variantenfahren/Freeriden Das Variantenfahren hat ein sehr grosses Einflusspotential. Mit einer Mechanische Schäden am Jungwuchs von Gehölzpflanzen durch

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weiteren Zunahme ist zu rechnen, demzufolge auch mit einer Erhöhung der möglichen Belastung für die Tiere.

Ski- und Snowboardkanten. Es können Verletzungen der Grasnarbe durch den Skikantenschliff entstehen.

Schneepisten Durch die Verschiebung ökologischer Gradienten finden auch Veränderungen der Lokalfauna statt (v. A. Insekten)

Durch Pistenplanierungen wird die Vegetation zumindest vorübergehend zerstört (in hohen Lagen teilweise auch dauerhaft). Zudem ist bei den maschinellen vorwinterlichen Arbeiten mit Bodenverdichtung zu rechnen. Die Grasnarbe kann verletzt werden. Ohne spezielle Schutzmassnahmen führen diese vorwinterlichen Arbeiten zu grosser Erosionsgefahr. In der Wintersaison bei Schneeknappheit können durch die Pistenraupen erneut Schäden an der Grasnarbe entstehen. Neu angelegte Pisten werden in der Regel mit Handelssaatgut eingesät. Die Pflanzengemeinschaft ist also oft durch nicht standortheimische Pflanzen geprägt. Eine Folge der Pistenbearbeitung ist die Schneeverdichtung. Durch das schnellere Abschmelzen des verdichteten Schnees, erfolgt eine Vernässung des Bodens, die zu Vegetationsänderungen führen kann (Verlust wertvoller Futtergräser und Trockenpflanzen, Zunahme von Pionierpflanzen und Rohbodensiedlern). Fettwiesen in tieferen Lagen und Schneetälchenvegetation höherer Lagen sind weniger betroffen als Vegetationstypen auf trockeneren Standorten.

Schneekanonen Die Wasserentnahmen in den Gewässern können für die lokalen Wasserlebewesen sehr kritisch sein. Durch die Verschiebung ökologischer Gradienten auf der beschneiten Fläche (siehe Spalte „Auswirkungen auf Flora) finden Veränderungen der Lokalfauna statt (v.A. Insekten). Ungeklärt ist, inwieweit der Lärm von Schneekanonen eine zusätzliche Störung des Wildes verursacht. Der Lärm mehrerer gleichzeitig laufender Schneekanonen ist jedoch immens. Es ist davon auszugehen, dass Wildtiere dadurch gestört werden.

Die Auswirkungen sind räumlich zu trennen in das Gebiet des Wasserbezugs und in die künstlich beschneiten Flächen. Eine zu grosse Wasserentnahme kann besonders bei stehenden Gewässern zu einer Vegetationsveränderung im Gewässer oder in seiner Umgebung führen. Auf Kunstschneeepisten liegt im Durchschnitt mehr Schnee als auf Naturschneepisten. Als Folge davon bleibt der Schnee auf den künstlich beschneiten Flächen zwei bis drei Wochen länger, was der Beginn der Vegetationsperiode entsprechend verzögert. Da Kunstschnee deutlich dichter ist, enthält die Schneedecke auf den Kunstschneepisten doppelt so viel Wasser wie diejenige auf Naturschneepisten. Ausserdem enthält das Kunstschnee-Schmelzwasser viermal mehr Mineralien und Nährstoffe als das Schmelzwasser des Naturschnees. Diese Einflüsse können eine Änderung in der Artenzusammensetzung der lokalen Flora bewirken, vor allem in den Standorten mit empfindlichen Pflanzengesellschaften. Ausserdem ist es möglich, dass zukünftig vermehrt chemische Zusatzstoffe bei der künstlichen Beschneiung verwendet werden.

Wassersport (Riverrafting, Kanufahren, Canyonig)

Wenn auf einem Gewässer über längere Zeit viele Boote und/oder andere Wasserfahrzeuge unterwegs sind, kann der Einfluss auf die Tiere stark sein. Bei einzelnen Fahrzeugen ist das Einflusspotential zwar gering, beim Unterbrechen der Fahrt und Anlegen auf Kiesinseln wegen der dort allenfalls brütenden Vögel jedoch gross. Aufgrund des teilweise intensiven

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Bodenkontaktes ist das Canyoning eine Aktivität mit einem hohen Einflusspotential auf Wassertiere (Fische, Insektenlarven). Potentiell betroffen sind auch Vögel entlang des Gewässers und verschiedenste Tierarten beidseits der Zustiegwege und bei den Zu- und Ausstiegsstellen. Die Wassersportarten werden in nächster Zeit kaum zurückgehen.

Baden, Picknicken, Feuern Diese Aktivitäten können an Orten erfolgen, wo in der Nähe Vögel am Brüten oder Jungeführen sind. Das gilt speziell für die Fliessgewässer, wo sich auf engem Raum oft besonders viele Menschen einfinden, zusätzlich gebadet und ausgesprochen lange verweilt wird. Dabei können verschiedene Vogelarten betroffen sein (am Ufer z.B. Bergstelze und Wasseramsel; auf Kiesinseln und Sandbänken Flussregenpfeifer und Flussuferläufer). Diese Aktivitäten können auch zum Teil ein erhebliches Einflusspotential auf Wassertiere haben. Die Zahl jener, die bei schönem Wetter solche Orte aufsuchen, nimmt eher noch zu.

Mitführen von Hunden Hunde verstärken die Wirkung von Personen auf die Tiere in der Regel wesentlich, insbesondere wenn sie frei laufen gelassen werden. Das Einflusspotential auf die Tiere ist erheblich. Das Mitnehmen von Hunden bei verschiedensten Aktivitäten (Wandern, Pilzsuchen, Skitouren usw.) erfreut sich einer zunehmenden Beliebtheit, sodass sich der negative Einfluss auf die Wildtiere wahrscheinlich noch verstärkt wird.

An Stellen, die häufig von Hunden zum Urinieren und Markieren aufgesucht werden, kann punktuell eine Eutrophierung auftreten. Nährstoffliebende Pflanzen könnten dadurch einen Konkurrenzvorteil erhalten. Bei freilaufenden Hunden ist jedoch die Streuung der bevorzugten Stellen gross, so dass die Störwirkung wenig relevant ist.

Fischen Durch Fischen an Fliessgewässern im Gebirge können vor allem Vögel betroffen sein. An Gebirgsbächen, wo die Fischer selten lange am selben Ort bleiben, ist das Einflusspotential geringer als an Flüssen, wo vielfach über längere Zeit am selben Ort gefischt wird. An manchen Orten ist die Zahl der Fischer eher rückläufig.

Keine relevante Wirkung

Jagen Bejagte und nicht bejagte Tiere können auch ausserhalb der Jagd erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, wenn zum Beispiel in Gegenden mit Hirschvorkommen nach Geweihen gesucht wird. Die Gesamtbelastung hängt wesentlich von der Art der Jagdausübung ab (Revier- oder Patentjagd, Treibjagd mit Hunden usw.). Eine kurze intensive Jagd im Herbst ist günstiger als eine Verteilung über einen längeren Zeitraum. In gewissen Gebieten kann die Revierjagd problematisch sein, weil sie auch zur Fortpflanzungszeit ausgeübt wird. Betroffen können vor allem am Boden brütenden Vögel sein.

Keine relevante Wirkung

Mit dem Auto in die Gebiete fahren

Gegenüber dem einzelnen Auto sind die Tiere zwar wenig empfindlich, doch können damit zu jeder Tageszeit und zu verschiedenen Jahreszeiten entlegene Gebiete erreicht werden. Die Möglichkeit, viele Gebiete (bisher wenig begangen und befahren) mit dem Auto zu erreichen, trägt vielerorts wesentlich zur Belastung der Tiere bei.

Hängegleiten Hängegleiten provoziert in den weiten offenen Gebieten oft heftige Reaktionen der Tiere, Flugbetrieb kann zu weit reichenden Folgen (Verlassen von Gebieten, Aufsuchen von Wald) führen. Betroffen können Tiere aller Höhenstufen, vorwiegend aber der höheren Regionen oberhalb

Keine relevante Wirkung

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des Gebirgwaldes sein. Flugbetrieb in der Nähe von Horstfeldern kann zum Brutausfall bei Felsenbrütern führen. Hängegleiten überschneidet sich grundsätzlich mit allen Phasen im Leben der Tiere (Fortpflanzung, Winter). Da sich die beste Thermik vom April bis Juli entwickelt und zu dieser Zeit entsprechend häufig geflogen wird, gibt es eine starke Überschneidung mit der Fortpflanzung der Tiere. Im Winter sind die zum Fliegen geeigneten südost- bis südwestorientierten Hänge die bevorzugten Wintereinstandsgebiete der grösseren Säugetiere. Aus diesen Gründen hat das Hängegleiten ein starkes Einflusspotential. Immerhin scheint es, dass mit den Gleitschirmen in den letzten Jahren weniger bodennah den Hängen entlang geflogen wird (weniger Störungen für die Wildtiere)

Segelfliegen Über offene Gebiete oberhalb des Waldes und bei Brutfelsen kann ein gehäuftes Auftreten des Segelfliegen ein erhebliches Einflusspotential haben. Segelfliegen hat über lange Zeit nur wenig zugenommen. Die Zahl der Inhaber von Führerausweisen ist sogar eher rückläufig, sodass der Einfluss auf die Tiere jedenfalls kaum zunehmen wird.

Keine relevante Wirkung

Heissluftballonfahren Der Einfluss ist lokal als gross zu beurteilen, falls dieselben Gebiete immer wieder überflogen werden. Bei Tieren, die sich in offenen Geländen aufhalten, kann das Geräusch des Brenners zu heftigen Reaktionen führen. Da das Heissluftballonfahren seit einiger Zeit stagniert, ist in naher Zukunft jedoch kaum mit einer Zunahme der Beeinflussung von Tieren zu rechnen.

Keine relevante Wirkung

Helikopter, Motorflugzeuge Vor allem Helikopter, weniger ausgeprägt Motorflugzeuge, haben ein hohes Einflusspotenzial auf Tiere. Hang- und gratnahes Fliegen und das Überqueren von Graten in geringem Abstand, verbunden mit starker, plötzlicher Lärmentwicklung lösen heftige Reaktionen der Tiere aus. Es besteht eine Tendenz zur Zunahme der touristischen Flüge (Rundflüge, Heliskiing etc.), wodurch auch eine vermehrte Beeinflussung der Tiere zu erwarten ist.

Keine relevante Wirkung

Sportflächen (Golf, Sportfelder etc.)

Sportflächen sind künstlich vegetationslos oder zu einem grossen Teil aus künstlichem Rasen bestehend. Sportrasen ist – bei intensiver Pflege – ein arten- und strukturarmer sowie naturentfernter Lebensraum. Er bietet nur wenigen Tierarten Nahrungsquellen, Verstecke und Fortpflanzungsstätten. Der intensive Schnitt wirkt sich sehr nachteilig aus und verunmöglicht das Leben für einen Grossteil der wirbellosen Tiere. Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel vergrössert dieses Problem zusätzlich.

Bei dem Bau werden oft Erdbewegungen und Planierungen vorgenommen. Dadurch wird das natürliche Gelände auch in der unmittelbaren Umgebung verändert, Vegetation und Bodenstruktur werden zerstört. Für grossflächige Rasenanlagen wird häufig ein Drainagenetz erstellt, welches auch eine Veränderung des Wasserhaushaltes bewirkt. Dies wiederum kann sich indirekt auf die Vegetation angrenzender Lebensräume auswirken. Wenn die Fläche wieder begrünt wird, ist die Gefahr vorhanden, dass die Saatmischungen aus wenigen und standortfremden Pflanzenarten bestehen. Zusammen mit Pflanzungen exotischer Gehölze und oder Bodendeckern ergibt dies eine arme, naturfremde Flora. Es wird heute aber vermehrt auf eine möglichst naturnahe Ansaht geachtet.

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ANHANG 4  Ausgrenzen oder einladen? – Besucherlenkung im Wald  (Dipl. Forstwirt Dr. Thomas Koch, ETHZ))  

Tabelle 1: Typische Indikationen für eine Besucherlenkung im Wald 

Empfindliche Objekte:  Nutzungskonflikte:  

Moore und Moorrandwälder  Stadtnahe Erholungswälder mit Spitzenfrequenzen > 100 Besuchern/10 ha 

Bruchwälder  Nebeneinander verschiedener Freizeitnutzungen (Wandern, Biken, Joggen, Reiten) auf hohem Niveau 

Felsen und Felsschuttfluren  Nebeneinander von Naturschutz‐ und Erholungsfunktionen 

Gewässerrandbereiche Orchideen‐Buchenwälder Habitatkomplexe der Rauhfusshühner Habitate des Schwarzstorchs  

 

Tabelle 2: Übersicht gegenwärtig angewendeter Besucherlenkungsmassnahmen im Wald  Restriktive Strategien Massnahme  Anwendungsbereiche  Vor‐ und Nachteile Auszäunung  Schutz von Biotopen, einzelnen 

Strukturen bis hin zu Einzelpflanzen+: deutliche Senkung der Schadensfrequenz; ‐: „Ausrufezeichen“: spezieller Interessierte werden aufmerksam gemacht; hoher Wartungsaufwand, negative ökologische Folgen durch Isolation 

Sperrung oder Abgrenzung von Wegen 

Schaffung von Wildruhezonen, Verminderung überhöhter Wegedichten 

+: schlagartige Senkung der Nutzungsfrequenz; ‐ : „Ausrufezeichen“ (s.o.); Förderung von Trampelpfaden 

Auflassung von Wegen  Wie oben  +: wie oben; ‐: in der Anfangsphase eventuell Probleme mit der Verkehrssicherungspflicht 

Temporäre oder periodische Betretungsverbote, Leinenzwang etc. 

Wie oben  +: geringer Aufwand; ‐: ohne flankierende Massnahmen der Aufklärung oder Kontrolle geringe Wirkung 

Konstruktive Strategien Massnahme  Anwendungsbereiche  Vor‐ und Nachteile Informations‐ und Thementafeln 

An schützenswerten Biotopen oder Objekten 

+: Besucher fühlen sich in ihren Anliegen berücksichtigt, Informationsbedürfnisse werden gedeckt, Akzeptanz für Pflege‐ oder Schutzmassnahmen wird gefördert; ‐: „Ausrufezeichen“ (s.o.), oftmals belehrender Unterton vermindert 

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Akzeptanz, naturfernes Element, massive Konzentration der Schäden im Vorfeld der Tafeln 

Themen‐ und Erlebnispfade 

Im Randbereich schützenswerter Objekte – zur gezielten Ablenkung von besonders sensiblen Zonen 

+: Vermittlung auch komplexer Themen möglich, Integration interaktiver Elemente (Spiele, Aufgaben), eigener Freizeitwert (Infotainment); ‐: hoher Erstellungs‐ und Unterhaltsaufwand, Lenkungswirkung oft diffus, naturfremde „Schilderwälder“, neue Belastungen durch neues Zielpublikum 

Zonenmodelle mit räumlicher Zuordnung der Nutzungen und Schaffung entsprechender Angebote 

Im Rahmen von Waldentwicklungsplanungen, auf Basis partizipativer Planungen 

Eine Bewertung ist abhängig von den eingesetzten Elementen und der beabsichtigten Verbindlichkeit. Generell erschweren restriktive Massnahmen (z.B. Betretungsverbote) die Akzeptanz, während die Bereitstellung neuer Angebote (z.B. Spielflächen, Erlebnisräume) das Besucherspektrum erweitert. Wichtig ist eine schlüssige und allgemeinverständliche Markierung der Angebote. 

Gezielte Veranstaltungen und Führungen 

Selbständig oder als Programm eines Informationszentrums 

+: Erlebnisreiche Vermittlung und persönliches Engagement wirken motivierend und schaffen hohe Akzeptanz, geringe Kosten, keine naturfremden Installationen; ‐: problematischer Ehrgeiz der Referenten führt zur Preisgabe lokaler Raritäten und bedingt „Schneeballeffekte“ der Besucherfrequenz 

Informationszentren  Als Anlaufpunkt an überregional bedeutenden Objekten 

+: Qualifizierte Vermittlung auch sensibler Themen, eigene Attraktivität vermindert den Druck im Gelände, hoher Freizeitwert, flexible Lenkungsoptionen durch wechselnde Angebote; ‐: extrem hoher Aufwand, „Schneeballeffekte“ in der Besucherfrequenz 

Ranger, Parkwächter, Naturschutzwarte 

In Ergänzung zu Informationszentren an überregional bedeutenden Objekten 

Wie Informationszentren, zusätzlich: +: persönliches Engagement wirkt motivierend und authentisch; ‐: restriktives Auftreten fördert „renitente Untergebenen‐Mentalität“ der Besucher 

Gezielte Medienarbeit  Zur Sensibilisierung eines potentiellen Besucherkreises, in Ergänzung zu weiteren konstruktiven Lenkungsmassnahmen 

+: Gezielte und den Aktualitäten angepasste Vermittlung auch komplexer Themen ist möglich, Informationsbedürfnissen wird Rechnung getragen, auch Nicht‐Waldbesucher werden erreicht, geringer Aufwand; ‐: neue Belastungen durch neues Publikum, keine Wirkungskontrolle, Unverbindlichkeit, keine detaillierte Lenkung möglich 

 

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ANHANG 5  Das Tourismusprotokoll der Alpenkonvention von 1998  Rahmenkonvention Artikel 1, Absatz 2, Buchstabe i 

i) „Tourismus und Freizeit mit dem Ziel, unter Einschränkung umweltschädigender Aktivitäten, die touristischen und Freizeitaktivitäten mit den ökologischen und sozialen Erfordernissen in Einklang zu bringen, insbesondere durch Festlegung von Ruhezonenʺ 

Auszüge aus der Präambel 

„In Anbetracht der Tatsache, dass die Alpen (...) nach wie vor eines der grossen Tourismus‐ und Freizeitgebiete Europas sind und dass deren Bedeutung eine über den nationalen Rahmen hinausgehende Betrachtungsweise erfordert,  

„in Anbetracht der Tatsache, dass ein bedeutender Teil der Bevölkerung einiger Vertragsparteien in den Alpen wohnt und dass der alpine Tourismus im öffentlichen Interesse liegt, da er zur Aufrechterhaltung einer dauerhafter Besiedlung beiträgt,“ 

(...) 

„in dem Bewusstsein, dass das natürliche und kulturelle Erbe sowie die Landschaften wesentliche Grundlagen für den Tourismus in den Alpen darstellen,“ 

Artikel 5: Entwicklung des Angebotes 

„Die Vertragsparteien verpflichten sich, auf eine nachhaltige touristische Entwicklung mit einem umweltverträglichen Tourismus zu achten. Zu diesem Zweck unterstützen sie die Ausarbeitung und Umsetzung von Leitbildern, Entwicklungsprogrammen sowie sektoralen Plänen...“ 

Die Massnahmen werden es ermöglichen, die Vor‐ und Nachteile der geplanten Entwicklung zu bewerten und zu vergleichen, insbesondere 

a) sozioökonomische Auswirkungen auf die ortansässige Bevölkerung.  

b) Auswirkungen auf Boden, Wasser, Luft, Naturhaushalt und Landschaftsbild. 

c) Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen. 

Artikel 6: Ausrichtung der touristischen Entwicklung 

(...) 

Die Vertragsparteinen beziehen „die Anliegen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in die Tourismusförderung ein...“ Und weiter: „Sie leiten eine nachhaltige Politik ein, welche die Wettbewerbsfähigkeit des naturnahen Tourismus im Alpenraum stärkt und damit einen wichtigen Beitrag zur sozioökonomischen Entwicklung des Alpenraums leistet. Dabei sind Massnahmen zu bevorzugen, welche die Innovation und die Diversifizierung fördern.“ 

Artikel 7: Qualitätsförderung 

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Die Vertragsparteien leiten eine Politik ein, „die ständig und konsequent auf ein qualitativ hochwertiges Tourismusangebot im gesamten Alpenraum abzielt, wobei insbesondere den ökologischen Erfordernissen Rechnung zu tragen ist.“ 

Weitere Artikel des Tourismusprotokolls: 

- Lenkung von Besucherströmen, insbesondere in Schutzgebieten (Art. 8) 

- Abstimmung der touristischen Entwicklung auf die umweltspezifischen Besonderheiten und die verfügbaren Ressourcen des jeweiligen Ortes (Art. 9) 

- Schaffung von Ruhezonen, in denen auf touristischen Erschliessungen verzichtet wird (Art. 10) 

- Politik im Beherbergungsbereich, die der Begrenztheit des verfügbaren Raums Rechnung trägt (Art. 11) 

- Aufstieghilfen, bei deren Genehmigung neben Sicherheit und Wirtschaftlichkeit auch die ökologischen und landschaftlichen Erfordernissen berücksichtigt werden (Art. 12) 

- Förderung von Massnahmen zur Einschränkung des motorisierten Verkehrs in touristischen Zentren (Art. 13) 

- landschaftsschonender Bau und Betrieb von Skipisten sowie der Erzeugung von Kunstschnee während der Kälteperiode (Art. 14)  

- Begrenzung von motorisierten Sportarten auf die dafür ausgewiesenen Zonen (Art. 15) 

- die Begrenzung des Absetzen aus Luftfahrzeugen ausserhalb von Flugplätzen für sportliche Zwecke (Art. 16) 

- die Entwicklung von wirtschaftsschwachen Gebieten (Art. 17) 

- die räumliche und zeitliche Staffelung der touristischen Initiativen und Produkten als Innovationsanreiz (Art. 19) 

- die Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Tourismuswirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Handwerk (Art. 20) 

  

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ANHANG 6 siehe PP‐Präsentation