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NETZWERK WISSEN gwf-Wasser|Abwasser Aktuelles aus Bildung und Wissenschaft, Forschung und Entwicklung Das Institut für Wasser, Abfall und Umwelt (IWAU) an der Universität Kassel Kassel: Wo Wasser zu Kunst wird Studieren im interaktiven Verbund an der Universität Kassel Der Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen Trinkwasser, elektronische Nasen und PAUL: ein genauer Blick auf das Fachgebiet Siedlungs- wasserwirtschaft Das Labor und Versuchsfeld Siedlungswasserwirtschaft Tiefe Einblicke in die Fachwelt der IFAT Abfall – das tragende Element: das Fachgebiet Abfalltechnik im Kurzporträt Forschungsprojekte und Ergebnisse PAUL – der Wasserrucksack für Katastrophen-Fälle Weitere Forschungsprojekte des FG Siedlungswasserwirtschaft Von Kassel in die ganze Welt – internationale Kooperationen Trubel, Musik und bittere Armut: ein studentischer Erfahrungsbericht Aktuelle Forschung in der Abfalltechnik © Universtität Kassel

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NETZWERK WISSENgwf-Wasser|Abwasser

Aktuelles aus Bildung und Wissenschaft, Forschung und Entwicklung

Das Institut für Wasser, Abfall und Umwelt (IWAU) an der Universität Kassel

• Kassel: Wo Wasser zu Kunst wird

• Studieren im interaktiven Verbund an der Universität Kassel

• Der Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen

• Trinkwasser, elektronische Nasen und PAUL: ein genauer Blick auf das Fachgebiet Siedlungs-wasserwirtschaft

• Das Labor und Versuchsfeld Siedlungswasserwirtschaft

• Tiefe Einblicke in die Fachwelt der IFAT

• Abfall – das tragende Element: das Fachgebiet Abfalltechnik im Kurzporträt

Forschungsprojekte und Ergebnisse

• PAUL – der Wasserrucksack für Katastrophen-Fälle

• Weitere Forschungsprojekte des FG Siedlungswasserwirtschaft

• Von Kassel in die ganze Welt – internationale Kooperationen

• Trubel, Musik und bittere Armut: ein studentischer Erfahrungsbericht

• Aktuelle Forschung in der Abfalltechnik

© Universtität Kassel

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April 2014 466 gwf-Wasser Abwasser

Porträt| NETZWERK WISSEN |

Wo Wasser zu Kunst wirdDie Stadt im Herzen Deutschlands

Erst vergangenes Jahr feierte Kassel sein 1100-jähriges Bestehen. Bis heute bietet die Stadt mit ihren rund 200.000 Einwohnern mit die höchste Lebensqualität aller deutschen Großstädte.

Kunst von Weltrang und schöne Parklandschaften sind mit dem

Namen Kassel ebenso fest verbun-den, wie das Leben und Wirken der Brüder Grimm. 30 Jahre lang lebten und arbeiteten sie in Kassel. Gene-rationen von Kindern weltweit sind mit den „Kinder- und Hausmär-chen“ der Brüder Grimm aufge-wachsen. Die Handexemplare der Brüder Grimm befinden sich noch immer im Bestand der Universitäts-bibliothek und wurden 2005 zum UNESCO-Welterbe erklärt.

Mit dem Bergpark Wilhelmshöhe beherbergt die nordhessische Met-ropole eine weltweit einzigartige Parkanlage. Dieser Landschaftspark stellt mit einer Fläche von 2,4 km² ein ausgedehntes Naherholungsge-biet dar und gilt als größter Berg-

park Europas. Die Besichtigung der Löwenburg – als Ruine errichtet zum Ergötzen der Landgrafen – offenbart historische Möbel und eine umfang-reiche Waffensammlung. Für Kunst-liebhaber ist das Schloss Wilhelms-höhe ein beliebter Anlaufpunkt, denn hier befinden sich die Gemäl-degalerie „Alte Meister“ und die An-tikensammlung. Der einzigartige Baum- und Pflanzenreichtum, die Museen und Sehenswürdigkeiten und außergewöhnliche architekto-nische Elemente wie Apollotempel, Cestius-Pyramide, Grabmal des Vir-gil, Eremitage des Sokrates, Merkur-Tempel, Plutogrotte und das chine-sische Dorf Mou-lang locken jährlich Besucher aus aller Welt in den Park.

Eine besondere Attraktion stel-len in den Monaten Mai bis Oktober die Wasserkünste dar. Vom Fuß des Herkules fließt das Wasser über gro-ße Wassertreppen, Wasserfälle und verschlungene Pfade und Grotten bis zum Fontänenteich am Schloss, wo es die 52 m hohe Große Fontäne bildet. Von Mai bis September las-sen sich abends die „Beleuchteten Wasserspiele“ erleben. Der Bergpark Wilhelmshöhe und die Wasserküns-te wurden erst 2013 in die Liste UNESCO-Welterbe aufgenommen.

Auch die Kunst hat in Kassel ei-nen festen Platz. 1955 wurde die erste „documenta“ – die inzwischen weltweit bedeutendste Ausstellung zeitgenössischer Kunst – eröffnet und haucht der Stadt seither in re-gelmäßigen Abständen zusätzliches Leben ein. Während die Ausstellung selbst nur alle fünf Jahre für Künstler und Kunstbegeisterte aus aller Welt ihre Pforten öffnet, prägen zahl-reiche Kunstwerke dauerhaft das Stadtbild Kassels.

Nicht nur der Bergpark Wil-helmshöhe und die documenta ma-

chen Kassel zu einem beliebten Ausflugsziel. Die Stadt verfügt über zahlreiche weitere Museen und Se-henswürdigkeiten. So befindet sich am Rande des Bergparks, im Ha-bichtswald, die Künstler-Nekropole, ein außergewöhnliches Beispiel für Kunst im öffentlichen Raum. Nam-hafte Kunstschaffende werden ein-geladen, ihre eigenen Grabstätten in der Nekropole zu errichten. Ne-ben dem Museum für Sepulkral-kultur, welches als einmalig in Deutschland gilt, bietet Kassels Mu-seumslandschaft ein breit gefächer-tes Angebot, darunter das Brüder Grimm-Museum, das Astronomisch-Physikalische Kabinett, das Kasseler Bademuseum, das Naturkunde-museum, ein Straßenbahnmuseum, das Schifffahrtsmuseum Fuldaschiff-fahrt und noch viele weitere.

Weit über die Grenzen Nord-hessens hinaus ist auch der „Kasse-ler Märchenweihnachtsmarkt“ be-kannt. Jeweils am letzten Oktober-wochenende laden die Kasseler Kaufleute zur „Casseler Freyheit“. Der „Zissel“ hat in Kassel Tradition und gilt als größtes Heimat- und Wasserfest Nordhessens.

Egal ob für Naturfreunde, Kunst-begeisterte oder Museumsliebha-ber, ein Besuch in Kassel lohnt sich immer. Anja C. Günther

Weitere Informationen:www.kassel-marketing.de/

Blick über Kassel. © Kassel Marketing GmbH

Das Brüder Grimm-Denkmal. © Kassel Marketing GmbH

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 467

| Porträt NETZWERK WISSEN|

Junge Universität mit langer GeschichteStudieren im interaktiven Verbund an der Universität Kassel

Die Universität Kassel ist eine junge, moderne, lebendige und stetig wachsende Universität. Als solche bietet sie ein außergewöhnliches Profil mit den Themen Natur, Technik, Kultur und Gesellschaft. Kaum eine andere Hochschule in Deutschland kann mit einem solch breiten Spektrum an Studiengängen aufwarten.

Das Profil der Universität Kassel bietet zahlreiche spannende

Chancen. Traditionell stark sind an  der nordhessischen Hochschule auch die Human-, Kultur- und Ge-sellschaftswissenschaften sowie die Lehrerausbildung. Der Bereich der umweltbezogenen Bildung und Nachwuchsförderung ist ein Mar-kenzeichen der Universität.

Gegründet wurde die Universität Kassel erst 1971 als Reformhoch-schule. Ihre Geschichte reicht je-doch deutlich weiter zurück. So bil-det die 1580 ins Leben gerufene Landesbibliothek einen Teil der heutigen Universitätsbibliothek. Die 1777 gegründete Academie de Peinture et Architecture lebt in den Fachbereichen Architektur, Stadt-planung, Landschaftsplanung an der Universität Kassel sowie durch die Kunsthochschule Kassel weiter. Die Ingenieurwissenschaften hiel-ten bereits seit 1832 durch die Polytechnische Lehranstalt Einzug. Der europaweit einzigartige Fach-bereich Ökologische Agrarwissen-schaften hat sich aus der „Deut-schen Kolonialschule“ von 1898 in Witzenhausen entwickelt.

In jüngerer Hochschulgeschich-te hat sich die Universität Kassel durch zahlreiche innovative Kon-zepte für praxisorientiertes Lernen und Forschen einen Namen ge-macht. Die Universität Kassel sieht Reformen als einen ihrer wichtigen Prozesse an. Das heutige übliche System gestufter Studiengänge (Ba-chelor- und Master-System) wurde in Kassel bereits vor über 30 Jahren als Kasseler Modell (Diplom I und Diplom II) eingeführt. Die Umstel-lung auf das Bachelor- und Master-System konnte aus diesem Grund vergleichsweise einfach vollzogen

werden. Die Universität besitzt im Bereich gestufter Studiengänge ei-nen deutlich größeren Erfahrungs-schatz als andere deutsche Hoch-schulen, wovon Studierende pro-fitieren können. Als weltoffene Hochschule steht die Universität Kassel neuen Themen und Ände-rungen nicht nur bei Studium, Lehre und Forschung aufgeschlossen ge-genüber.

Umwelt- und Nachhaltigkeitsbe-lange sind als Querschnittsthemen in allen Fachbereichen verankert. Mit jährlich über 200 Lehrveranstal-tungen zu Umweltthemen und 20  Studiengängen mit Umweltbe-zug sowie vielfältigen Promotions-kollegs und weiterbildenden Studi-enprogrammen aus dem Umwelt-bereich nimmt die Hochschule eine nationale Spitzenposition in Sachen Umweltforschung und -lehre ein. Anfang 2003 hat es sich die Hoch-

schulleitung zur Aufgabe gemacht, die Profilbildung im Umweltbereich weiter zu verstärken. Das Graduier-tenzentrum für Umweltforschung und -lehre koordiniert und unter-stützt alle Aktivitäten in diesem Bereich und diskutiert Fragen der Nachhaltigkeit an der Hochschule. Das Graduiertenzentrum (Gradz) Umwelt verbindet derzeit sechs Fachbereiche wie etwa den Fachbe-reich Bauingenieur- und Umweltin-genieurwesen und drei Promotions-kollegs. Dadurch werden disziplin-übergreifende Kompetenzen und Fähigkeiten bei den Studierenden aufgebaut und gefördert.

Weitere Informationen:www.uni-kassel.de/uni/universitaet/ aktuelles.html

Jung, umweltorientiert und transparent: die Universität Kassel. © Universität Kassel

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April 2014 468 gwf-Wasser Abwasser

Porträt| NETZWERK WISSEN |

Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit sind bei Planung und Bauausführung unverzichtbarDer Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen

Die Entwicklung des Fachbereichs Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen der Universität Kassel lässt sich wohl am besten beschreiben mit dem Attribut Beständigkeit im Wandel.

Von der Königlichen Baugewerk-schule von 1896 über die Staat-

liche Baugewerkschule seit 1918, die Staatliche Ingenieurschule für Bauwesen von 1963 und schließlich als Teil der Fachhochschule (1970) und seit 1971 als Teil der Gesamt-hochschule Kassel entwickelte sich der Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen der Univer-sität Kassel. Der Fachbereich glie-dert sich derzeit in 18 Fach- und Sachgebiete, die in sechs Instituten zusammengefasst sind. Sie reprä-sentieren die gesamte fachliche Breite des Bauingenieurwesens. Zu-dem verfügt der Fachbereich über zwei Technische Betriebseinheiten: die Amtliche Materialprüfanstalt für das Bauwesen (AMPA) sowie die Ver-suchsanstalt und Prüfstelle für Um-welttechnik und Wasserbau (VPUW). Zurzeit sind rund 1 200 Studierende am Fachbereich eingeschrieben, die von 135 Mitarbeitenden und 16 Pro-fessoren betreut werden.

Der Fachbereich bietet zwei Ba-chelor- und zwei Masterstudiengän-ge an. Zum einen den Bachelor- und Masterstudiengang Bauingenieur-wesen, der im Wintersemester 2008/2009 aus den Diplom I & II-Studiengängen hervorging und zum anderen den ebenfalls im Win-tersemester 2008/2009 gestarteten Bachelor- und Masterstudiengang Umweltingenieurwesen. Auch ein dualer Studiengang Bauingenieur-wesen in Zusammenarbeit mit Un-ternehmen gehört zum Angebot, und in Zusammenarbeit mit ande-ren Fachbereichen die weiterfüh-renden Masterstudiengänge ÖPNV + Mobilität und Wind Energy Sys-tems. Der hohe Zuspruch, den die Studiengänge in den vergangenen Jahren unter den Studienanfänge-rinnen und -anfängern erfahren ha-ben, bestärkt den Fachbereich in seiner Überzeugung, dass Umwelt-verträglichkeit und Nachhaltigkeit bei der Planung und der Bauausfüh-rung unabdingbar sind.

Schwerpunktprofil UmweltAktuell studieren im Wintersemes-ter 2013/2014 243 Studienanfän-gerinnen und -anfänger im zulas-sungsfreien Bachelor-Studiengang Bauingenieurwesen, 109 im zulas-sungsbeschränkten Bachelor-Studi-engang Umweltingenieurwesen so-wie 10 im Bachelor-Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Hinzu kommen 14 Neuimmatrikulierte im Master-Studiengang Bauingenieur-wesen und 19 im Master-Studien-gang Umweltingenieurwesen.

Die sehr große fachliche Breite des Bauingenieurwesens spiegelt die Profile der sechs Institute Baustatik und Baudynamik, Bau-

wirtschaft, Geotechnik und Geohy-draulik, Konstruktiver Ingenieurbau, Verkehrswesen und Wasser, Abfall, Umwelt wider. Darüber hinaus hat der Fachbereich die drei Schwer-punkte Neue Werkstoffe, Umwelt sowie Verkehrsinfrastruktur mit ih-rem großen institutsübergreifenden Kooperationspotenzial als beson-ders zukunftsrelevant identifiziert.Das Umweltingenieurwesen war bereits lange Jahre in den Vertie-fungsrichtungen Wasserwesen und Umwelttechnik im Studiengang Bauingenieurwesen verankert, be-vor der Fachbereich 2008 den grundständigen Studiengang Um-weltingenieurwesen einrichtete. Dieser verbindet hochaktuelle um-weltrelevante Fragestellungen mit wissenschaftlichem und technolo-gischem Know-how des Ingenieur-wesens. In der Forschung wurde das Umweltprofil intensiv weiterent-wickelt und geschärft.

2005 wurde das Institut für Was-ser, Abfall, Umwelt (IWAU) gegrün-det. Es besteht aus den Fachgebie-ten Abfalltechnik, Siedlungswasser-wirtschaft sowie Wasserbau und Wasserwirtschaft. Die Forschungen und Entwicklungen des IWAU be-schäftigen sich v. a. mit der Wechsel-wirkung von Mensch und Umwelt in den Forschungsfeldern Wasser, Ge-wässer, Abfall und Energie. Derzeit wird das Institut von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Franz-Bernd Frechen geleitet.

Weitere Informationen:http://www.uni-kassel.de/fb14/iwau/

Der intensive Blick auf Wasser-wesen und Umwelttechnik ist im Studiengang Bauingenieurwesen tief verankert. © Universität Kassel

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 469

| Porträt NETZWERK WISSEN|

Trinkwasser, elektronische Nasen und PAULEin genauer Blick auf das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft

Das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft (FG SWW) besteht seit dem Jahr 1985. Seit 1996 wird es von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Franz-Bernd Frechen geleitet.

Derzeit befasst sich das Fachge-biet vor allem mit den Themen

• Trinkwasser

• Abwasserableitung

• Kommunale und industrielle Ab-wasserreinigung und Schlamm-behandlung

• Mischwasserbehandlung

• Membran-Bioreaktor-Anlagen

• Erneuerbare Energie aus anaero-ben Prozessen und Abwasser

• Geruch – Messung, Emissions- und Immissionsermittlungen, Abluftbehandlung

• Elektronische Nasen

Das Vorlesungsangebot richtet sich an Studierende des Bauingenieur-wesens und Umweltingenieurwe-sens sowie angrenzender Fachdis-ziplinen wie Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung, Wirtschaftsin-genieurwesen, Regenerative Ener-gien, Ökologie und Biologie.

Forschungsschwerpunkte sind der Einsatz der Membrantechno-logie zur Trink- und Abwasserauf-bereitung, die Mischwasserbehand-lung in Retentionsbodenfiltern, Bio-film-Verfahren, Behandlung schwer- metallhaltiger und salzgesättigter Industrieabwässer. Eine Besonder-

heit stellt die umfassende Bearbei-tung des Problemkreises „Geruch“ dar, die Tätigkeitsfelder wie Ge-ruchs-Messung, Emissions- und Im-missionsprognose, Abluftbehand-lung und Einsatz elektronischer Nasen umfasst. Zum Bereich der erneuerbaren Energien gehört die Abwasserwärmenutzung ebenso wie die Untersuchung der Pro-zessabläufe in Versuchs- und groß-technischen Biogasanlagen, deren Simulation und Abbildung in ma-thematischen Modellen.

Eine Sonderrolle am FG SWW spielt sicher der Wasserrucksack PAUL (Portable Aqua Unit for Lifesa-ving), ein tragbares Wasseraufberei-tungsgerät für den Soforteinsatz in Katastrophensituationen und mitt-lerweile auch für den regulären Dau-ereinsatz zur dezentralen Versor-gung mit trinkbarem Wasser. Im Rah-men des Wettbewerbes „365 Orte im Land der Ideen“ unter der Schirm-herrschaft des Bundespräsidenten wurde das Projekt PAUL – trinkbares Wasser in Katastrophenfällen 2011 gleich zweifach ausgezeichnet: zum einen als „Aus gewählter Ort im Land der Ideen“ und in der Folge sogar als Bundessieger in der Kategorie „Ge-

sellschaft“. Anlässlich der Einladung zur Woche der Umwelt 2012 ins Schloss Bellevue übergab Prof. Fre-chen Bundespräsident Gauck einen USB-Stick und erklärte dem Politiker den Wasserrucksack PAUL.

Weitere Informationen und Kontakt:Universität KasselInstitut für Wasser, Abfall, UmweltFachgebiet SiedlungswasserwirtschaftUniv.-Prof. Dr.-Ing. Franz-Bernd FrechenTel.: (0561) 804-2869E-Mail: [email protected] www.uni-kassel.de/fb14/siwawi

Von Lehre bis Forschung: Das FG SWW der Universität Kassel hat viel zu bieten. © Uni-

versität Kassel

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Franz-Bernd Frechen

Studium des Bauingeni­eurwesens und Promoti­on an der RWTH Aachen8 Jahre Beratender Inge­nieurSeit 1996 Lehrstuhlinha­ber und Leiter des Fach­gebiets Siedlungswasser­wirtschaft der Universität KasselLeiter des Instituts für Wasser, Abfall, Umwelt

© FG SWW

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April 2014 470 gwf-Wasser Abwasser

Porträt| NETZWERK WISSEN |

Das Labor und Versuchsfeld Siedlungswasserwirtschaft

Einen besseren Standort kann es für ein Labor und Versuchsfeld wohl kaum geben: direkt auf dem Gelän-de des Zentralklärwerks Kassel mit direktem Zugang zu Abwasser und Fuldawasser. Studierende absolvie-ren hier das Praktikum „Wasserche-mie“. Zudem werden hier Projekt-, Bachelor- oder Masterarbeiten an Versuchsständen mit eigenen Ana-lysen durchgeführt.

Im Labor findet man natürlich sowohl die Ausstattung als auch das Know-how für Routineparameter wie CSB, BSB, Stickstoff- und Phos-phorverbindungen. Meist ist aber viel mehr gefragt, um Prozesse auf-zuklären oder neue Konzepte und Verfahren zu testen. Zwei Beispiele:

Wer sich mit Membranen in der Abwasserreinigung beschäftigt, kommt am Thema „Fouling“ nicht vorbei. Als wichtige Vertreter mög-licher biologischer Foulants werden die Extrazellulären Polymeren Subs-tanzen (EPS) genannt, Makromole-küle, die in dem komplexen Prozess der biologischen Reinigung von Mi-kroorganismen erzeugt werden. Die chemische Analyse ist schwierig und nicht normiert, lediglich gibt es Hinweise in der einschlägigen Fach-literatur. Im Kasseler Labor wird eine Extraktionsmethode und nachfol-gende Analyse des TOC (total orga-nic carbon) sowie der Stoffgruppen Proteine, Huminstoffe und Kohlen-hydrate angewandt. Mithilfe dieser Analysen konnten bereits intensive Messreihen zum Foulingverhalten von Membranen durchgeführt wer-den.

Das zweite Beispiel: Halophile Mi-kroorganismen brauchen zum Ge-deihen eine Salzkonzentration von mindestens 15 Prozent. Sie sind in der Lage, Kohlenstoffverbindungen zu nutzen und können so zur biolo-gischen Reinigung hochsalzhaltiger Abwässer genutzt werden. Ein gro-ßes Problem ist die chemische Ana-lytik. Schon bei Chloridgehalten

über 1 g/l muss ein aufwendiges Ver-fahren zur Bestimmung des CSB an-gewandt werden und bei vielen an-deren Parametern ist Salz ein Stör-faktor, der die Analyse nur schwer oder gar nicht zulässt. Für diese Ab-wässer braucht es spezielle Analyse-techniken. Teilweise wurden diese im Labor noch entwickelt – Beispiel Trockensubstanz: Bei Salzgehalten von 300 g/l und einem TS unter 1 g/l ist die Bestimmung äußerst schwie-rig. Es war die Etablierung eines Auf-bereitungsschrittes notwendig, um die Biomasse verlustfrei von Salz zu trennen. Erst dann konnte die Be-stimmung der Trockensubstanz durchgeführt werden.

Mit dieser Mischung aus Altbe-kanntem und Neuem ist das Labor an der Universität Kassel ein perfek-ter Ort zur Unterstützung von For-schung und Ausbildung. Mit An-geboten wie dem regelmäßigen Labor training für das Personal von Klärwerken besteht außerdem eine sehr gute Einbindung in die Region. Im Zulaufbereich der Kläranlage Kassel finden sich zudem das Ver-suchs-Freigelände und die Ver-suchshalle, die mit 100 m² Platz bie-tet für Versuchsanlagen verschie-denster Art.

Hypothetische Struktur von Huminsäure. © Christmann et al., 1989.

Dipl.-Chemie-Ing. Ursula Telgmann

Laborleiterin am Fachge­biet Siedlungswasserwirt­schaft der Universität Kassel

© FG SWW

Versuchsfeld auf dem Gelände der Kläranlage Kassel. © FG SWW

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 471

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

PAUL – der Wasserrucksack für Katastrophen-FälleAktuelles aus der Forschung des FG SWW

In Not- und Katastrophenfällen ist die Versorgung mit trinkbarem Wasser neben medizinischer Erstversorgung die wichtigste Hilfsmaßnahme. Dabei gibt es zwei Szenarien: Versorgung von Menschen in Ballungsräumen, die von außen noch erreichbar sind. Hier gibt es Lösungen, die bekannten mobilen Wasserwerke. Anders sieht es im Hinterland aus. Zerstörte Infrastruktur macht es äußerst schwer, die Menschen dort zu erreichen. Viele kleine Gruppen von Notleidenden, meist verstreut im ländlichen Bereich, müssen versorgt werden.

Diese dezentrale Versorgung zu sichern, ist Aufgabe des vom

Fachgebiet Siedlungswasserwirt-schaft mit Unterstützung der Deut-schen Bundesstiftung Umweltschutz DBU entwickelten Wasserrucksacks PAUL (Portable Aqua Unit for Lifesa-ving). Er ist ca. 23 kg schwer und fil-tert verschmutztes Wasser nach dem in Kassel entwickelten Ultra Low Pressure Ultrafiltration (ULPUF) Pro-cess mit einem Membranfilter. PAUL arbeitet ohne Energie, Chemikalien, Wartung und ohne geschultes Be-dienpersonal und bereitet etwa 1200 Liter Wasser pro Tag auf. 400 Menschen können sich selbst helfen, vier einfache Piktogramme ermög-lichen dies selbst Analphabeten, was im Katastrophenfall oft entschei-dend ist. Untersuchungen des Um-weltbundesamtes ergaben Wir-kungsgrade für Bakterien und Viren von 99,9 % bis über 99,9999 %.

Erstmals zum Einsatz kam PAUL nach dem Erdbeben in Chile Anfang 2010. Mittlerweile sind über 1100 Wasserrucksäcke in über 50 Län-dern von Afghanistan bis Zimbabwe

im weltweiten Einsatz. Da PAUL eine sehr hohe Lebensdauer von min-destens zehn Jahren hat, wird er immer öfter für die Dauerversor-gung, z. B. an Schulen, Krankenhäu-sern, Dörfern eingesetzt. Die DBU wollte auch wissen, wie sich PAUL im Einsatz bewährt, sodass Mitar-beiter des FG SWW in verschiede-nen Ländern vor Ort waren, wie die folgenden Berichte zeigen.

PAUL in PeruNachhaltige Trinkwasser- und Sani-tärversorgung ist für einen Großteil der peruanischen Bevölkerung noch nicht selbstverständlich. 20 % der Gesamtbevölkerung haben kei-nen Zugang zu Trinkwasser, über 40 % keine adäquate Sanitärversor-gung. Seit 2011 sind insgesamt neun Wasserrucksäcke in der Obhut der Kinderhilfe Cusco-Peru e. V. (KHC). KHC engagiert sich seit vielen Jahren für die Verbesserung der Lebenssituation peruanischer Kin-der in der Region Cusco, im Zent-rum des peruanischen Andenhoch-landes auf ca. 3 400 m Höhe.

Im März 2013 besuchten Mitar-beiter des FG SWW die Region zur Durchführung von hydraulischen und mikrobiologischen Kontroll-messungen an den Wasserrucksä-cken. Dabei wurde u. a. ein Wasser-rucksack in einem von Ordens-schwestern geführten Kinderheim im Bergdorf Cusibamba ge testet. In diesem Kinderheim werden täglich bis an die 100 Kinder und zeitweise auch deren Eltern mit Nahrung und Lebensmitteln versorgt. Ihr Trink-wasser beziehen die Bewohner aus

Dr.-Ing. Wernfried Schier

Oberingenieur am Fach­gebiet Siedlungswasser­wirtschaft der Universität Kassel

© FG SWW

Einer von neun PAULs, die seit 2011 im Dienste der Kinderhilfe Cusco-Peru e.V. (KHC) stehen. © FG SWW

In Peru ist der Bedarf an zuverlässiger Wasserversor-gung groß. © Gravenkötter

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

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April 2014 472 gwf-Wasser Abwasser

Aktuell| NETZWERK WISSEN |

zwei offenen Schachtbrunnen, die mikrobiologisch verunreinigtes Wasser liefern.

Die mikrobiologische Leistungs-fähigkeit der Wasserrucksäcke war nach einer Betriebszeit von maximal zwei Jahren sehr gut. In den Filtra-ten aller Wasserrucksäcke konnte keine Trübung festgestellt werden. Die hydraulische Leistungsfähigkeit der Wasserrucksäcke zeigte sich bei allen Aggregaten auf einem sehr hohen Niveau bis zu rund 5000 L/d. In Cusibamba berichteten die Or-densschwestern, dass sich die An-zahl an Erkrankungen bei den Kindern merklich reduziert hätte. Überall wurde Bedarf an weiteren Wasserrucksäcken geäußert.

PAUL in KolumbienIm Rahmen des DBU-Projektes PAUL wurden gemeinsam mit der Firma Martin Systems AG sechs Wasser-rucksäcke nach Kolumbien ver-schickt und an unterschiedlichen Standorten verteilt. Ziel dieses Pro-jektteils waren der Einsatz der Filter vor Ort, das Testen und die Erfas-sung der Messwerte der Wasserqua-lität, sowie die Untersuchung des Wasserdurchflusses nach einer be-stimmten Nutzungsdauer. Die Un-

tersuchung des Permeats (ge filtertes Wasser) ergab bei allen Wasseranaly-sentests eine hervorragende Was-serqualität. Die Leistungsfähigkeit konnte anhand der Rückhaltung der Trübung bzw. mikrobiologischen Belastung (etwa von E.Coli-Bakte-rien) nachgewiesen werden.

Je nach Einsatzort wird den Was-serrucksäcken sehr unterschiedlich Beachtung geschenkt. In einigen Gemeinden wird PAUL täglich ange-wandt, während er in einem ande-ren Dorf nur gelegentlich zum Ein-satz kommt. Dennoch halten die Menschen an allen Standorten den Filter gern freiwillig funktionstüch-tig, da er als einzige Option weit und breit sauberes Wasser spendet und die Wasserqualität immens ver-bessert.

Am Standort Cauca (4) hat das Wasser eine hohe Trübung und Keimbelastung. Dort ist PAUL ein besonders wertvolles Geschenk. Denn hier versorgt nur er die Kinder vor Ort mit sauberem Wasser. An dem Standort Cundinamarca (2) er-richteten die Bewohner ein extra Häuschen für PAUL, das sie liebevoll Wasser-Tempel nannten. Hier kann zurzeit die gesamte Gemeinde mit kostenlosem Trinkwasser versorgt werden. Zuvor waren sie darauf an-gewiesen, Flaschenwasser privater Firmen zu kaufen.

Weitere Informationen unter:www.wasserrucksack.de/

PAUL im „Was-ser-Tempel“ in

Cundinamarca. © FG SWW

Standorte von PAUL in Ko-

lumbien. © FG SWW

Jose Abdón Ordoñez Andrade, M.Sc.

Doktorand am Fachgebiet Siedlungswasserwirt­schaft der Universität Kassel

© FG SWW

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 473

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

Weitere Forschungsprojekte des FG  SiedlungswasserwirtschaftDer Sulfid- und Geruchsmessschrank (SGM)

Die Abwasserkonditionierung mittels Chemikaliendosierung

in Kanalnetzen dient dem aktiven Korrosionsschutz und ist eine Mög-lichkeit zur Limitierung der Ge-ruchsstoffe im Abwasser. Eine Che-mikaliendosierung ist aber nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Dosierung bedarfsgerecht er-folgt: Es darf weder über- noch un-terdosiert werden.

Bisherige Dosierungen arbeiten mittels H2S-Messung der Kanalluft, oder die Anlagen dosieren abfluss-proportional. Eine sulfid- und ge-ruchsbezogene Dosierung, basie-rend auf der Wasserqualität, exis-tiert bislang noch nicht. Dies wäre aber erforderlich. Die Anwesenheit von H2S in der Kanalluftatmosphäre ist nämlich nur das letzte Glied in der Kette Sulfatbelastung – anaero-be Zustände in der Sielhaut – Sulfid-bildung im Wasser – Schwefelwas-serstoff-Freisetzung in die Kanalat-mosphäre.

Das Fachgebiet Siedlungswas-serwirtschaft hat mehrere Prototy-pen entwickelt, welche in der Lage sind, in Anlehnung an VDI 3885/1 Sulfid und Geruch in der Flüssig-phase zu messen und somit eine sulfid- sowie geruchsbezogene und daher wirtschaftliche und effiziente Dosierung ermöglichen. Diese ha-ben bereits in abgewickelten Pro-jekten ihre Funktionsfähigkeit be-wiesen.

Über die H2S-Konzentration in der in Reaktor ausgestrippten Ab-luft kann aufgrund der pH-Wert- Absenkung im Reaktor der Sulfid-gehalt in der Flüssigphase errechnet werden. Dieser wird zur Regelung der Dosierung verwendet.

Die Bestimmung der Geruchs-stoffkonzentration erfolgt in einem zweiten Reaktor. Die ausgestrippte Abluft wird an ein Sensorarray, um-

gangssprachlich auch elektronische Nase genannt, angeschlossen.

Anhand der Messwerte kann über statistische Verfahren auf die Geruchsstoffkonzentration in der Abluft geschlossen werden. Auf eine zeit- und personalaufwändige Bestimmung der Geruchsstoffkon-zentration an einem Olfaktometer kann somit verzichtet werden, und der Messwert steht sofort für die

Wirtschaft-lichkeit und Effizienz unter-schiedlicher Dosierstra-tegien. © FG SWW

Wastewater

Reactor A Reactor BHCl

H2SMeasurement

(OdaTrak)

H2SMeasurement

(OdaTrak)

Atmosphere

E-nose

Total sulphide effective sulphide, at actual pH-value

SGM am Abwasserkanal Bottrop (links) und auf der KA Hannover (rechts). © FG SWW

Dipl.-Ing. Jan Romaker

Technischer Mitarbeiter am Fachgebiet Siedlungs­wasserwirtschaft der Uni­versität Kassel

© FG SWW

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April 2014 474 gwf-Wasser Abwasser

Aktuell| NETZWERK WISSEN |

Auswahl der geeigneten Dosierstra-tegie zur Verfügung.

Biogas Biogas ist einer der wichtigsten er-neuerbaren Energieträger. Gegen-stand der Forschung im Bereich Erneuerbare Energien am FG SWW ist deshalb u. a. die Steigerung der Gasausbeute bei verschiedenen In-putmaterialien. Dazu stehen Labor-versuchsanlagen mit einem Reak-torvolumen von mehreren Litern zur Verfügung, die als Batchreak-toren oder als kontinuierlich be-schickte Durchflussreaktoren ein- oder mehrstufig betrieben werden, siehe Abbildung.

Einer der Forschungsschwer-punkte ist das Restgaspotenzial von Gärresten, welches sich als erheb-lich herausgestellt hat und bei den großtechnischen Anlagen, deren Material untersucht wurde, zu an-lagentechnischen Optimierungen geführt hat.

In weiteren Versuchsreihen wur-de die Wirkung von unterschiedli-chen Enzympräparaten untersucht. Durch die Zugabe von Additiven

kann die Prozessstabilität verbes-sert, die Abbaugeschwindigkeit von schwer abbaubaren Substraten be-schleunigt und auch die Biogasaus-beute erhöht werden.

Die Abbildung oben zeigt den Verlauf der Biogas- und Methan-

menge eines durchgeführten Ver-suchs mit und ohne Enzympräparat. Die Methanmengen sind in allen durchgeführten Versuchen um mehr als 13 % und die Biogasmen-gen um über 10 % erhöht worden.

0

20.000

40.000

60.000

80.000

100.000

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Men

ge [m

L]

Versuchstag

Gas mit Enzymgemisch Gas ohne Enzymgemisch Methan mit Enzymgemisch Methan ohne Enzymgemisch

Verlauf der Biogas- und Methanmenge mit und ohne Enzympräparat. © FG SWW

Christian Fortenbacher, M.Sc.

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachge­biet Siedlungswasserwirt­schaft der Universität Kassel

© FG SWW

Eudiometer und 5-L-Laboranlage. © FG SWW

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 475

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

Tiefe Einblicke in die Fachwelt der IFAT Das FG Siedlungswasserwirtschaft auf der IFAT

Auf der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall & Rohstoffwirtschaft ist auch das FG SWW der Universität Kassel bereits zum dritten Mal mit einem eigenen Messestand vertreten.

Auch in diesem Jahr freuen sich unsere Mitarbeiter in der Mes-

sehalle B0 an Stand 210B auf anre-gende Gespräche und lebhafte Dis-kussionen. Die etwa 40 Studieren-den der Studiengänge Bauinge-nieur- und Umweltingenieurwesen erleben tiefe Einblicke in die Fach-welt der Messe. In Kleingruppen er-kunden Studierende die ausgestell-ten Technologien mit dem Ziel, die ihnen gestellten Rechercheaufga-ben bestmöglich zu erfüllen und zu

lernen, wie eine internationale Mes-se als Medium genutzt wird. Zum Programm gehört zudem die Be-sichtigung der Trinkwassergewin-nung im Mangfalltal sowie eine Stadtführung zur Seuchengeschich-te und der Entwicklung der moder-nen Hygiene Münchens. Hinzu kommt ein kulturelles Event und ein gemütliches Zusammensein bei bayerischen Spezialitäten in einem von Münchens Biergärten am letz-ten Abend der Exkursion.

Dr. rer. nat. Alice Schneider

Lehrkraft für besondere Aufgaben am Institut für Wasser, Abfall, Umwelt

© FG SWW

Bioreaktor mit rotierendem Festbett – ein neues Reaktorkonzept

Festbettreaktoren mit Biofilm sind bekannt für ihre hohe Raumumsatz-leistung bei geringem Platzbedarf. Am FG SWW wurde ein neues Fest-bett-Reaktorkonzept entwickelt und erprobt, bei dem das Festbett um die vertikale Achse rotiert. Der Vor-teil dieser Anordnung ist, dass das System von Kurzschlüssen und Ver-blockungen im Festbett frei bleibt, nach längeren Betriebszeiten eine Pfropfenströmung ausbilden kann, und dass eine einfache mathemati-sche Modellierung möglich ist.

Der Bioreaktor besteht u.a. aus einem aus Draht oder Drahtgeflecht hergestellten, drehbaren Halteele-ment, das das gesamte Festbett in der Pfropfenströmung bewegen kann. Eine axiale Durchmischung der das Festbett bildenden Schütt-körper erfolgt nicht. Hierdurch wird die Anlagerung und Anreicherung von verschiedenen Mikroorganis-menarten axial begünstigt. Durch die schwimmenden Füllkörper wer-den lokale Verblockungen vermie-den. Es bildet sich dauerhaft eine Pfropfenströmung aus.

Der Rührkessel unter dem Halte-element homogenisiert das eintre-tende mit dem vorhandenen Fluid. Im Halteelement selbst sind radial und horizontal ausgerichtete, fluid-durchlässige Trennwände vorgese-hen, durch die im Halteelement ein-zelne Kammern ausgebildet wer-den. Das Fluid tritt homogen in das Festbett ein. Drehzahl und Dreh-richtung des Rührwerkes sind stets optimal einstellbar, was dem Bio-reaktor einen zusätzlichen Freiheits-grad verleiht.Der Bioreaktor mit rotierendem Festbett hat folgende Vorteile:

• keine Kurzschlüsse und Verblockungen,

• der vollständige Abbau organi-scher Stoffwechsel-Zwischen-produkte und eine effektive Pro-duktausbeute werden begüns-tigt,

• kann in aeroben, anoxischen und anaeroben Prozessen ein-gesetzt werden,

• die Pfropfenströmung lässt ein-fache eindimensionale mathe-matische Modellierung zu,

• die Verwendung von schwim-mendem und nicht schwim-menden Schüttkörpern ist möglich,

• auch als berieselter Festbettre-aktor, z.B. für biologische Gas-reinigung, mit allen obenge-nannten Vorteilen zu betreiben.

Der Bioreaktor mit rotierendem Festbett wurde im Zuge eines DFG-Projektes in einer Laboranlage erfolgreich getestet (Patente DE102004055151A1, DE102004055152A1).

Dr.-Ing. Waldemar Dinkel

Gastwissenschaftler am Fachgebiet Siedlungswas­serwirtschaft der Univer­sität Kassel

© FG SWW

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April 2014 476 gwf-Wasser Abwasser

Aktuell| NETZWERK WISSEN |

Von Kassel in die ganze Welt Das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft international

Versuchsanlage in BilbaoIn einer Anlage zur Regranulierung von PE-Verpackungsabfällen in der Nähe der nordspanischen Stadt Bil-bao fällt organisch hochbelas tetes Prozessabwasser aus der Reinigung und dem Recycling von Kunststoff-folien an.

Dieses Prozessabwasser wurde bislang mechanisch gereinigt, zu einem Großteil kostenpflichtig ab-

geleitet und zu einem kleinen Teil in den Produktionsprozess zurückge-führt. Zukünftig soll dieses Pro-zessabwasser überwiegend wieder-verwendet werden, sodass der kostenintensive Frischwasserbedarf reduziert werden kann und die Einleitgrenzwerte für den auch bei Prozesswasseraufbereitung noch ab zuleitenden Abwasserstrom ein-gehalten werden können. Eine Ab-wasserreinigung hinsichtlich der or-ganischen Belastung war also zwin-gend zu erreichen, jedoch keine Nährstoffelimination.

Wie dies mittels des Membran-Bioreaktor-Verfahrens (MBR) mög-lich ist, war das Kernthema einer Untersuchung, die vom FG SWW unter Verwendung einer halbtech-nischen Pilotanlage für eine Be-triebsdauer von ca. 15 Wochen durchgeführt wurde. Hauptkriteri-

um für die Wahl des MBR-Verfahrens war das geringe Platzangebot in der Produktionsstätte. Diese Untersu-chungen hatten Grundlagencharak-ter, da der Einsatz der Membran-technik für derartige Abwässer bis-lang nicht betrachtet wurde.

Die Pilotanlage wurde in Kassel weitgehend vorgefertigt, per Spedi-tion nach Spanien transportiert und  vor Ort von Mitarbeitern des FG  SWW installiert und in Betrieb genommen. Während des Betriebes wurden die Anlage von Mitarbei-tern des Industriebetriebes betreut und die aufgezeichneten und analy-sierten Daten zur Auswertung nach Kassel geschickt. Insgesamt zeigte sich die hervorragende Eignung des MBR-Verfahrens für dieses spezifi-sche Abwasser, sodass die Einleit-anforderungen an die organische Restverschmutzung permanent ein-gehalten werden konnten.

Dr.-Ing. Wernfried Schier

Kooperation mit RusslandExemplarisch für die internationa-len Aktivitäten des FG SWW sei die Kooperation mit der Staatlichen Erdöltechnischen Universität Ufa/

Russland (UGNTU) genannt. Sie geht zurück auf eine in Kassel un-terzeichnete Kooperationsverein-barung vom 28. Februar 2003, die im Rahmen einer Delegationsreise nach Ufa am 12. Mai 2009 fortge-schrieben wurde. Dieser Vereinba-rung voraus ging ein gemeinsames DFG-Forschungsprojekt zum Thema „Schwermetall- und Sulfatelimina-tion aus Industrieabwasser mithilfe der sulfatreduzierenden Bakterien“.

Die Kooperation brachte regen studentischen Austausch. Viele Stu-dierende der UGNTU absolvierten Praxis- und Studiensemester an der Universität Kassel in den Studien-gängen Bauingenieurwesen oder Umweltingenieurwesen. Zudem wurden in den Jahren 2004 und 2006 in Kassel Fortbildungssemina-re für Fachingenieure und Betriebs-personal der in Ufa für die Bereiche Kanalisation und Abwasserreini-gung verantwortlichen Betreiber-gesellschaft Ufavodokanal durchge-führt. Deutsch-Russische wissen-schaftliche Abwasserseminare mit Fachvorträgen beider Partner fan-den in den Jahren 2005 und 2009 in Ufa statt. Dr.-Ing. Waldemar Dinkel

Versuchsanlage in Bilbao. © FG SWW

Staatliche Erdöltechnische Universität Ufa. © FG SWW

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 477

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

Trubel, Musik und bittere ArmutEine Studentin berichtet von ihren Praktikumserfahrungen in Benin 2012

Als ich das erste Mal auf das Projekt des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft in Kooperation mit der Gesell-schaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Benin zur Langzeituntersuchung des Wasserrucksacks PAUL aufmerksam wurde, musste ich erst mal auf der Weltkarte nachsehen: Westafrika. Schließlich bewarb ich mich erfolgreich für ein Praktikum und durfte von April bis Juli 2012 einen Einblick in die Tätigkeit der Entwicklungszusammenarbeit werfen.

Mein Arbeitsplatz lag im länd-lichen Lokossa im Südosten

von Benin. Der Wirkungsbereich des Trinkwasserprogrammes der GIZ er-streckt sich von Cotonou aus in die ländlichen Dienststellen für die Trink- und Abwasserverwaltung. Meine ersten Eindrücke von Benin waren überwältigend. Der Trubel in der Stadt, die für europäische Ohren fremd klingende Sprache Fon, die Musik, die am Abend aus den vielen kleinen Lokalen strömte, aber auch die sichtbare Armut prägten meine Eingewöhnungsphase.

Während ich mich langsam auf das Leben im ländlichen Benin ein-stellte, konnte ich mich an meinem Arbeitsplatz in Lokossa über die Trinkwassersituation informieren. Dabei fällt sofort die Unterversor-gung der ländlichen Bevölkerung Benins mit Trinkwasser aus sicheren Quellen auf. 45 % der Bevölkerung beziehen ihr Wasser aus hygienisch bedenklichen Trinkwasserquellen wie Oberflächenwasser, Wasserlö-chern oder offenen Brunnen. Nur 55 % der Bevölkerung haben Zu-gang zu gesicherten Trinkwasser-quellen. Selbst in den Städten er-werben viele Bewohner ihr Trink-

wasser von Personen, die an ein Netz angeschlossen sind. So ist ein informeller Markt für Leitungswas-ser um die urbanen Zentren ge-wachsen. Während der Laufzeit des Projektes der GIZ (von 2004 bis 2015) soll der Zugang zu Trinkwas-ser auf 75 % gesteigert werden.

Im ersten Monat meines Prak-tikums reiste PAUL mit seinen Ent-wicklern von der Universität Kassel nach Benin. Wir installierten sechs dieser mobilen Wasseraufberei-tungsanlagen in drei Dörfern und einer Schule im Südwesten des Lan-des. Über den Zeitraum eines Jahres hinweg wurde der Gebrauch von PAUL dokumentiert. Die Evaluation zeigte eine durchgehend hohe Ak-zeptanz durch die Bewohner, die eine spürbare Verbesserung in der Wasserqualität und somit ihrer Ge-sundheit vermeldeten.

Durch meinen Aufenthalt in Be-nin habe ich gelernt, wie wichtig die Entwicklungszusammenarbeit ist. Aber ich habe auch gesehen, dass man viel Geduld aufbringen muss und Erfolge nicht umgehend sicht-bar werden. Es ist wichtig, zwischen dem Stand der Technik, der Situati-on der Bevölkerung und auch deren

Mentalität eine Brücke zu schlagen. Auch das Wohnen und Leben in Be-nin, das sich so grundlegend von meinem Leben in Deutschland un-terscheidet, hat sehr zu meiner per-sönlichen Weiterentwicklung bei-getragen.

Weitere Informationen und Kontakt:Universität KasselInstitut für Wasser, Abfall, UmweltFachgebiet SiedlungswasserwirtschaftUniv.-Prof. Dr.-Ing. Franz-Bernd FrechenKurt-Wolters-Str. 3, 34125 KasselTel.: (0561) 804-2869E-Mail: [email protected]/fb14/siwawi

Kinder holen Wasser von einem mit Fußpumpe betriebenen Schachtbrunnen. © FG SWW

Durch PAUL verbessern die Bewohner die Qualität ihres Trinkwassers. © FG SWW

Katherina Schimani, B.Sc.

Studentische Hilfskraft am Fachgebiet Siedlungs­wasserwirtschaft der Universität Kassel

© FG SWW

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April 2014 478 gwf-Wasser Abwasser

Porträt| NETZWERK WISSEN |

Abfall – das tragende ElementDas Fachgebiet Abfalltechnik im Kurzporträt

Das Fachgebiet Abfalltechnik wurde 1993 von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Arnd I. Urban im damaligen Fachbereich Bauingenieurwesen gegründet und stellt seit Installation des IWAU ein tragendes Element für den im Jahr 2008 neu geschaffenen Studiengang Umweltingenieurwesen dar. Im Fachgebiet Abfalltechnik arbeiten derzeit neun Mitarbeiter, darunter sechs Wissenschaftler.

Thematisch werden hier alle vor- und nachsorgenden Abfall- und

Rückstandsbehandlungs- und -ent-sorgungsverfahren bearbeitet. Im Vordergrund stehen jeweils die Pro-zesse, die Anlagen- und Verfahrens-technik und die Bauwerke. Behan-delt wird neben der Optimierung der einzelnen Verfahrensschritte und Aggregate auch die Optimierung der gesamten Anlage einschließlich ihrer Wirtschaftlichkeit. Inhaltliche Erwei-terungen erfolgten im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe und de-ren Co-Nutzungen und Verwertun-gen mit geeigneten Abfallfraktionen sowie in den Be reichen moderner Sammelsysteme sowie Abfallvermei-dungsmaßnahmen.

Für die experimentellen Arbei-ten verfügt das Fachgebiet über mehrere Labore und außerhalb des Universitätsstandortes auf dem Ge-lände des Müllheizkraftwerkes Kas-sel über ein Technikum insbeson-dere mit mechanischen und thermi-schen Kleinanlagen.

Studium und Lehre Basierend auf einer grundlegenden Einführungsvorlesung für Umweltin-genieure und Bauingenieure werden mit aufeinander aufbauenden integ-rierten Lehrveranstaltungen (Vorle-sungen incl. Übungseinheiten) insbe-sondere die mechanischen und die thermischen Entsorgungsverfahren behandelt. Gemäß dem praxisorien-tierten Ansatz im Fachbereich wer-den weiterhin zwei Praktika angebo-ten sowie mehrere Seminarveranstal-tungen. Insgesamt handelt es sich um folgende Lehrveranstaltungen:

• Grundlagen der Abfalltechnik (AT-G)

• Sammlung und Transport (AT-SUT)

• Mechanische Abfallaufbe -reitung und Recycling (AT-MV)

• Bauabfall-Recycling (AT-BAR)

• Abfallverbrennung (AT-TV I)

• Energetische Verwertung und thermische Entsorgungsver-fahren (AT-TV II)

• Reaktoren und Rauchgasreini-gung für die thermische Verwer-tung und Entsorgung (AT-TV III)

• Altlasten-Sanierungsverfahren (AT-ASV)

• Sonderabfall behandlung (AT-SAV)

• Einführungspraktikum Abfall-technik (AT-ExpUT)

• Praktikum Abfalltechnik (AT-P)

• Kolloquium Abfalltechnik (AT-K)

• Seminar Wasser, Abfall, Umwelt

Projekte Im Fachgebiet Abfalltechnik wer-den permanent theoretische und experimentelle Projekt-, Bachelor- und Masterarbeiten durchgeführt, wobei infolge der thematisch inter-disziplinären Ausrichtung neben Umweltingenieuren zahlreiche Stu-dierende aus den Bereichen Bauin-genieur- und Wirtschaftsingenieur-wesen sowie Maschinenbau und Elektrotechnik betreut werden.

Weitere Informationen und Kontakt:Universität Kassel, Institut für Wasser, Abfall, Umwelt, Fachgebiet Abfalltechnik, Prof. Dr.-Ing. Arnd I. Urban,Mönchebergstraße 7, 34125 Kassel, Tel.: (0561) 804-3744,E-Mail: [email protected], www.uni-kassel.de/fb14bau/ institute/iwau/abfalltechnik/startseite.html

Universitätsprofessor Dr.-Ing. Arnd I. Urban

Studium des Chemieinge­nieurwesens an der Uni­versität (TH) Karlsruhe und des Environmental Engineering am M.I.T., Cambridge, USA. Promo­tion an der Technischen Universität Berlin. Be­reichsingenieur bei der Bayer AG, Leverkusen. Seit 1993 an der heutigen Universität Kassel

© Universität Kassel

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April 2014 gwf-Wasser Abwasser 479

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

Aktuelle Forschung in der Abfalltechnik

Bei der Wahl der Forschungsthemen legt das FG Abfalltechnik einerseits besonderen Wert auf interdisziplinäre Ansätze, z.B. gemeinsam mit Agrarwissenschaftlern, Juristen und/oder Wirtschaftswissenschaftlern. Anderer-seits zählen auch anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in enger Kooperation mit kommunalen, gewerblichen und industriellen Partnern.

Erfolgversprechende abfalltechni-sche Ideen, Konzeptionen, Opti-

mierungen und Begutachtungen können so unter realistischen Rand-bedingungen erstellt werden und sich schnell praktisch bewähren. Schwerpunkte bei den Forschungs-themen betreffen die thermische Abfallbehandlung, nachhaltige Stoff stromsysteme, RFID-Anwen-dungen in der Entsorgung, innova-tive Abfallsammelsysteme und an-gepasste Abfallentsorgungstech-niken in abfallwirtschaftlichen Ent-wicklungsländern.

Littering das achtlose Wegwerfen und Liegen-lassen von AbfällenLittering hat aufgrund gesellschaft-lich bedingter Verhaltens- und Kon-sumveränderungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Kurzlebige Verpackungen, die meist aus Kunststoff oder Kunststoffver-bunden bestehen, stellen aufgrund der persistenten Eigenschaften die-ser Materialien sowie der in ihnen

enthaltenen Beimengungen ein er-hebliches Gefahrenpotenzial für die Umwelt dar.

Als Teilaspekt dieses Themen-komplexes wird die Relevanz des Litterings für den Eintrag von Ab-fällen in die deutschen Binnen-gewässer erforscht. Im Rahmen der Untersuchungen an verschiedenen Gewässertypen werden das Ab -fallaufkommen sowie die ver-schiedenen Eintrags- und Aus-tragspfade der Abfälle mit Stoff-strommodellen erfasst und quantifiziert (Bild 1). Anhand der Ufernutzungsarten und akteurs- sowie produkt spezifischen Klassi-fizierungen der Abfälle, werden die Littering-intensiven Bereiche und typische Produkte identifiziert. Auf der Basis der Untersuchungsergeb-nisse werden rechtliche, ordnungs-politische und technische Vermei-dungsmaßnahmen erarbeitet und bewertet.

Nach den ersten Ergebnissen sind im Bereich der Makroabfälle (> 5  mm) gemessen an den Stück-

zahlen Folien die häufigste Abfall-art, gefolgt von Lebensmittel-, Ge-tränke- und sonstigen Verpackun-gen. Kunststoffe sind mit 70 % bis 95 % der Abfallteile die häufigste Stoffklasse. Untersuchungen an der Saale in Thüringen nach etwa 50 % deren Flusslänge ergaben eine Gesamtmenge von durch-schnittlich 0,7 Tonnen Abfälle pro Jahr, bei einer Stückzahl von etwa

Bild 1. Stoff-strommodell für Abfälle in Binnenge-wässern.© Universität

Kassel

Marco Breitbarth, M.Sc.

Prozessintegrierter Umweltschutz, B. Eng., FH Jena; Um­weltingenieurwe­sen, M.Sc., Univer­sität Kassel; Wis­senscha f t l i cher Mitarbeiter und Doktorand im For­schungsgebiet Lit­tering/ Abfälle in Binnengewässern

© Universität Kassel

| Aktuell NETZWERK WISSEN|

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April 2014 480 gwf-Wasser Abwasser

Aktuell| NETZWERK WISSEN |

240 000 Abfallteilen. Mikroabfälle (<5 mm) entstehen zum einen durch den Zerfall und Zerreiben aus größeren Abfallteilen, zum an-deren werden sie auch direkt ein-getragen. Den Bereich der Teilstü-cke größerer Abfälle dominieren Kunststofffolien und Styroporku-geln. Direkt eingetragene Mikro-abfälle sind im Bereich 1 mm bis 5 mm überwiegend Kunststoffpel-lets. Im Bereich 5 μm bis < 1 mm

konnten bisher Mikrokunststoffe aus Kosmetikartikeln und Textilien, die über kommunale Kläranlagen in die Gewässer gelangen, identifi-ziert werden (Bild 2).

Energetische Nutzung von LandschaftspflegematerialMehr als 30 % der Landwirtschafts-flächen in Europa sind Grünland. Um diesen wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten, ist ein regelmäßiges Abmähen er-forderlich. Dabei fallen europaweit enorme Mengen an Landschaftpfle-gematerial an. Eine energetische Nutzung des Materials ist aus ökolo-gischen Gründen einer Entsorgung durch Ablagerung vorzuziehen.

Bei der Verbrennung des Land-schaftspflegeheus ist jedoch auf-grund seiner Zusammensetzung mit verbrennungstechnischen Pro-blemen wie z. B. Korrosion, Verschla-ckung und umweltrelevanten Emis-sionen zu rechnen.

Um den potenziellen Brennstoff dennoch nutzen zu können und ihn entsprechend zu konditionieren, wurde das IFBB-System (Integrierte Feststoff- und Biogasproduktion aus Biomasse) im Fachgebiet Grün-landwissenschaft und Nachwach-sende Rohstoffe der Universität Kassel entwickelt.

Das mit dem IFBB-System ge-wonnene Material (Profuel) wurde im Technikum des FG Abfalltechnik in unterschiedlichen Verbrennungs-öfen erprobt und untersucht.

Mit den Verbrennungsversuchen konnte demonstriert und durch die Analysenergebnisse gezeigt wer-den, dass sich Landschaftspflege-material in der so konditionierten Form als Brennstoff eignet, wobei das Verbrennungsverfahren jeweils darauf einzustellen ist. Die Unter-schiede der Brennstoffeigenschaf-ten der untersuchten Landschafts-pflegematerialproben (Profuel) zu marktüblichen Holzhackschnitzeln liegen zum großen Teil im Bereich der in der Praxis beobachteten Qua-litätsschwankungen verschiedener Holzhackschnitzelchargen.

UNIKAT – FachtagungenJährlich führt das Fachgebiet Ab-falltechnik der Universität Kassel in Kooperation mit dem kommuna -len  Entsorgungsunternehmen „Die Stadt reiniger Kassel“ eine zweitägi-ge Fachtagung zu jeweils wechseln-den, besonders relevanten und ak-tuellen Schwerpunktthemen in Kas-sel durch. Mit Führungskräften und Experten aus Industrie, Ingenieur-büros, kommunalen und gewerb-lichen Unternehmen, der Umwelt-verwaltung und der Politik werden diese Themen präsentiert und in-tensiv aus Sicht der Forschung und der Praxis diskutiert. Die elfte Ta-gung wird am 4. und 5. Juni 2014 stattfinden.

Ver brennung der Profuelpellets. © Universität Kassel

Versuchsanlagen im Technikum. © Universität Kassel

Bild 2. Mikro-kunststoffe im

Gewässer > 1 mm (links)

und < 1 mm (rechts).

© Universität

Kassel

Dipl.-Ing. Gregor Dürl

Laboringenieur und Lei­ter des Technikums des Fachgebietes Abfalltech­nik; Studium der Elektro­technik, Schwerpunkt Mess­ und Regelungs­technik

© Universität Kassel