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Neue Alkyl- und Benzylverbindungen der Lanthanoide vorgelegt von Diplom-Chemikerin Dominique M. M. Freckmann aus Köln von der Fakultät II - Mathematik und Naturwissenschaften, Institut für Chemie, der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der Naturwissenschaften – Dr. rer. nat. – genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. Dieter Ziessow 1. Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Herbert Schumann 2. Berichter: Prof. Dr.-Ing. Joachim Pickardt Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 29. April 2003 Berlin 2003 D 83

Neue Alkyl- und Benzylverbindungen der Lanthanoide · und Journal of Organometallic Chemistry 2 aus dem Jahr 2002 wider. Sie enthalten sowohl ausführliche Rück- wie auch Überblicke

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  • Neue Alkyl- und Benzylverbindungen der Lanthanoide

    vorgelegt von

    Diplom-Chemikerin

    Dominique M. M. Freckmann

    aus Köln

    von der Fakultät II - Mathematik und Naturwissenschaften,

    Institut für Chemie,

    der Technischen Universität Berlin

    zur Erlangung des akademischen Grades

    Doktorin der Naturwissenschaften

    – Dr. rer. nat. –

    genehmigte Dissertation

    Promotionsausschuss:

    Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. Dieter Ziessow

    1. Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Herbert Schumann

    2. Berichter: Prof. Dr.-Ing. Joachim Pickardt

    Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 29. April 2003

    Berlin 2003

    D 83

  • Abstract Freckmann, Dominique: Neue Alkyl- und Benzylverbindungen der Lanthanoide Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Synthese und Charakterisierung von neuen Alkyl- und Benzylverbindungen der Lanthanoide. Unter Salzeliminierung reagieren Lanthanoidtrichloride LnCl3 (Ln = Sm, Er, Yb, Lu) mit drei Äquivalenten LiCH2SiMe3 in THF/Pentan/Diethylether zu den homoleptischen Komplexen Ln(CH2SiMe3)3(THF)x (Ln = Sm (1), x = 3; Ln = Er (2), Yb (3), Lu (4), x = 2). Einkristall-Röntgenstrukturanalysen zeigen das Lanthanoid-Atom in 1 fac-oktaedrisch und in 2, 3 und 4 trigonal-bipyramidal koordiniert mit den Alkylliganden in äquatorialer Position. Versuche zur Darstellung von lösemittelfreien zwei- oder dreiwertigen Lanthanoidalkylen mit dem sterisch anspruchsvolleren Diphenylmethylkalium (9) scheitern. Die sukzessive Reaktion zweier Äquivalente LiCH2SiMe3 und einem Äquivalent KCHPh2 mit LuCl3 liefert dafür den ersten neutralen heteroleptischen Lanthanoidalkylkomplex Lu(CH2SiMe3)2(CHPh2)(THF)2 (10). Die röntgenographische Untersuchung zeigt, daß die CHPh2-Einheit in 9 planar vorliegt, während in 10 die Phenylringe gegeneinander verdrillt sind. Durch äquimolare Umsetzung von 2 bzw. 4 mit 1,3-Di-iso-propyl-4,5-dimethylimidazol-2-yliden (iPr,Me-Carb; 11) erhält man die ersten Alkyllanthanoid-Carben-Addukte Ln(CH2SiMe3)3(THF)x(

    iPr,Me-Carb)y (Ln = Er (12), Lu (13), x = 1, y = 1), von denen ausgehend sich THF-freie Lanthanoidalkylverbindungen (Ln = Er (14), Lu (15), x = 0, y = 2) synthetisieren lassen. Der Ersatz eines THF-Liganden in 4 gelingt ebenfalls durch Reaktion mit den Sauerstoffbasen DME bzw. DIGLYM unter Bildung von Lu(CH2SiMe3)3(THF)(L) (L = DME (16), L = DIGLYM (17)). Zur Verdrängung der Lösemittelmoleküle aus der Koordinationssphäre des Lanthanoid-Atoms werden in weiteren Reaktionen sterisch anspruchsvolle Benzylliganden eingesetzt. In Anlehnung an das kommerziell erhältliche Benzyltrimethylsilan werden Benzylsilane 3,5-R’2-C6H3CH2SiMe2R’’ (R’/R’’ = H/t-C4H9 (19), H/C6H5 (20), CH3/CH3 (21), CH3/t-C4H9 (22)) synthetisiert, und durch Metallierung mittels nBuLi/TMEDA in α-SiR3-substituierte Benzyllithium-Komplexe (TMEDA)Li(3,5-R’2-C6H3CHSiMe2R’’) (R’/R’’ = H/CH3 (24), H/t-C4H9 (25), H/C6H5 (26), CH3/CH3 (27), CH3/t-C4H9 (28)) überführt. Röntgenstruktur-untersuchungen an 25, 26 und 27 zeigen das Lithium-Atom verzerrt tetraedrisch koordiniert durch das Methylen-C-Atom, das ipso-C-Atom des Phenylringes sowie den zwei Stickstoff-Atomen vom TMEDA-Molekül. Während die Umsetzung von LnCl3 mit drei Äquivalenten Lithiumsalz zur Bildung von Ionen-separierten Komplexen [Li(TMEDA)2][Ln(3,5-R’2-C6H3CHSiMe2R’’)3Cl] (Ln/R’/R’’ = Pr/H/CH3 (30), Pr/H/t-C4H9 (31), Pr/H/C6H5 (32), Nd/H/CH3 (33), Nd/H/t-C4H9 (34), Sm/H/CH3 (35), Sm/H/t-C4H9 (36), Er/CH3/t-C4H9 (37), Lu/H/t-C4H9 (38), Lu/CH3/t-C4H9 (39)) führt, erhält man bei der Transmetallierung mit zwei Äquivalenten Lithiumsalz neutrale Bis(benzyl)lanthanoid-Verbindungen [Ln(C6H5CH-SiMe2R’’)2(µ-Cl)3(Li-TMEDA)2] (Ln/R’’ = Er/t-C4H9 (41), Lu/t-C4H9 (42)). Einkristall-Röntgenstrukturanalysen liegen von 34, 35, 37, 39, 41 und 42 vor. Ferner werden zwei dimere Mono(benzyl)neodym-Verbindungen [Nd(C6H5CHSiMe3)Cl2(ClLi-TMEDA)w(THF)x] (w= 2, x = 0 (43), w = 1, x = 1 (44)) röntgenographisch charakterisiert, die nebeneinander bei einer Umsetzung von NdCl3 mit drei Äquivalenten (TMEDA)Li(C6H5CHSiMe3) gebildet werden. Durch Salzeliminierungsreaktion werden so ausgehend von LnCl3 die ersten Benzyl-lanthanoid-Verbindungen dargestellt, die keine weiteren stabilisierenden π- oder Heteroatom-substituierten Liganden aufweisen.

  • Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von Februar 2000 bis Dezember 2002 im Institut für

    Chemie der Technischen Universität Berlin angefertigt.

    Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Herbert Schumann für seine freundliche

    Unterstützung bei der Durchführung dieser Arbeit.

    Herrn Prof. Dr. Joachim Pickardt danke ich für seine Hilfe bei kristallographischen

    Problemen und die Übernahme der zweiten Berichterstattung.

  • Abkürzungsverzeichnis

    Abkürzungsverzeichnis

    ORTEP-Plots der Molekülstrukturen der kristallographisch charakterisierten Verbindungen

    befinden sich im Anhang. Die Schwingungsellipsoide sind auf 30 % skaliert. Bis auf die

    benzylischen Wasserstoffatome wurden alle anderen der Übersichtlichkeit halber nicht

    dargestellt.

    Å Ångström

    Abb. Abbildung

    Ar Aryl

    ber. berechnet

    bzw. beziehungsweise

    ca. zirka

    COSY Correlated Spectroscopy

    Cp Cyclopentadienyl

    Cp* Pentamethylcyclopentadienyl

    δ chemische Verschiebung

    d Tag(e)

    DIGLYM Diethylenglycoldimethylether (MeOC2H4OC2H4OMe)

    DME Dimethoxyethan (MeOC2H4OMe)

    EA. Elementaranalyse

    EI Elektronenstoßionisation

    Et Ethyl

    Et2O Diethylether

    evt. eventuell

    GC Gaschromatographie

    gef. gefunden

    MA. Metallanalyse

    Me Methyl

    MS Massenspektrometrie

    Ind Indenyl

    i ipso iPr iso-Propyl iPr,Me-Carb 1,3-Di-iso-propyl-4,5-dimethylimidazol-2-yliden

    Ln Lanthanoid

  • Abkürzungsverzeichnis

    HMPA Hexamethylphosphoramid

    m meta

    m/z Verhältnis von Masse zu Ladung nBu normal-Butyl

    NMR Nuclear Magnetic Resonance

    o ortho

    p para

    Ph Phenyl

    PMDTA N,N,N’,N’’,N’’-pentamethyl-diethylentriamin

    ppm parts per million

    R (R’, R’’) H, Alkyl- oder Arylgruppe

    RT Raumtemperatur

    Schmp. Schmelzpunkt

    Sdp. Siedepunkt

    Tab. Tabelle tBu tertiär-Butyl

    THF Tetrahydrofuran

    TMEDA N,N,N’,N’-tetramethylethylendiamin

    Tol Toluol

    TT Tieftemperatur

    w Woche(n)

    Zers. Zersetzung

    z. T. zum Teil

  • Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung und Aufgabenstellung 1

    2 Trimethylsilyl-substituierte Lanthanoidalkyl-Verbindungen 5

    2.1 Homoleptische Trimethylsilylmethyl-Verbindungen der Lanthanoide 10

    2.1.1 Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(THF)x 12

    2.1.2 Kristallstrukturuntersuchungen an Ln(CH2SiMe3)3(THF)x 15

    2.1.3 Versuche mit LnI2(THF)2 19

    2.2 Heteroleptische Trimethylsilylmethyl-Verbindungen der Lanthanoide 22

    2.2.1 Der Benzhydrylligand -CHPh2 22

    2.2.2 Versuche zur Darstellung homoleptischer CHPh2-Komplexe 24

    2.2.3 Synthese eines heteroleptischen Lu-CHPh2-Komplexes 26

    2.2.4 Kristallstrukturuntersuchungen an KCHPh2 und Lu(CH2SiMe3)2(CHPh2)(THF)2 28

    2.3 Carben-Addukte von dreiwertigen Lanthanoidalkyl-Verbindungen 33

    2.3.1 Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(THF)(iPr,Me-Carb) 34

    2.3.2 Kristallstrukturuntersuchungen an Ln(CH2SiMe3)3(THF)(iPr,Me-Carb) 35

    2.3.3 Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(iPr,Me-Carb)2 38

    2.3.4 Weitere Austauschreaktionen von Lu(CH2SiMe3)3(THF)2 40

    2.4 Fazit und Ausblick 42

    3 αααα-Tri(alky/aryl)silyl-substituierte Lanthanoidbenzyl-Verbindungen 44 3.1 Tri(alkyl/aryl)silyl-Benzylliganden 51

    3.1.1 Synthese und Charakterisierung der Benzylsilane ArCH2SiR3 51

    3.1.2 Lithiumbenzyl-Verbindungen (TMEDA)Li(ArCHSiR3) 54

    3.1.2.1 Synthese der Lithiumbenzyl-Verbindungen (TMEDA)Li(ArCHSiR3) 55

    3.1.2.2 Kristallstrukturuntersuchungen an (TMEDA)Li(ArCHSiR3) 57

    3.1.2.3 Strukturuntersuchungen an (TMEDA)Li(ArCHSiR3) in Lösung 61

    3.2 Tris-tri(alkyl/aryl)silyl-Benzylverbindungen der Lanthanoide 63

    3.2.1 Heteroleptische Benzylatverbindungen der Lanthanoide 63

    3.2.2 Kristallstrukturuntersuchungen an [Li(TMEDA)2][Ln(ArCHSiR3)3Cl] 65

    3.2.3 NMR-spektroskopische Untersuchungen an [Li(TMEDA)2][Ln(ArCHSiR3)3Cl] 78

    3.3 Heteroleptische neutrale Benzylverbindungen der Lanthanoide 85

    3.3.1 Bis(benzyl)-Verbindungen vom Erbium und Lutetium 85

    3.3.2 Mono(benzyl)-Verbindungen vom Neodym 91

  • Inhaltsverzeichnis

    3.4 Fazit und Ausblick 94

    4 Experimenteller Teil 98

    4.1 Allgemeines und Analytik 98

    4.2 Arbeitsvorschriften 100

    4.2.1 Ligandensynthesen 100

    4.2.2 Synthesen der (Trimethylsilylmethyl)lanthanoid-Verbindungen 106

    4.2.3 Synthesen der Benzyllanthanoid-Verbindungen 113

    5 Zusammenfassung 121

    6 Literaturverzeichnis 127

    7 Anhang 136

    7.1 Weitere Daten zu den Kristallstrukturen 136

    7.2 Unvollständige Daten von Kristallstrukturbestimmungen 237

  • Einleitung

    1

    1 Einleitung und Aufgabenstellung

    Die Lanthanoide muss man sowohl Laien als auch vielen Chemikern als Elemente

    beschreiben, die eine dieser Extrareihen „ganz unten“ im Periodensystem bilden. Zusammen

    mit den Metallen der Gruppe 3 gehören sie zur der Familie der „Seltenen Erden“.

    Diese Unkenntnis selbst unter Fachleuten könnte man damit erklären, daß die Chemie der

    Lanthanoiden vergleichsweise jung ist. Zu ihrem Beginn hieß es die Schwierigkeiten der

    Trennung der natürlich vorkommenden – und keinesfalls seltenen – Lanthanoidverbindungen

    (meist als oxidische Erze) zu bewältigen, um die einzelnen Elemente in ausreichender

    Qualität und vor allem Quantität darzustellen. In der Metallorganik stellten sich die nächsten

    Probleme bei einer eindeutigen Charakterisierung der synthetisierten Verbindungen, da die

    damals dominierende nuklearmagnetische Kernresonanz-Spektroskopie bei den in der

    vorherrschenden Oxidationsstufe +3 zum Teil stark paramagnetischen Lanthanoiden nur

    bedingt Informationen über den räumlichen Aufbau von Verbindungen lieferte. Heute ist die

    weit verbreitete Röntgenstrukturanalyse die wohl wichtigste analytische Methode in der

    Organolanthanoidchemie.

    Neben Festkörperverbindungen stellen Komplexverbindungen der Lanthanoide mit ihren

    Synthesen und vielfältigen Anwendungen in der Katalyse und Analytik ein attraktives

    Forschungsgebiet dar. Das in letzter Zeit stark gestiegene Interesse der

    Wissenschaftsgemeinde an Verbindungen dieser Metalle spiegelt sich in zwei

    Sonderausgaben der Zeitschriften Chemical Reviews („Frontiers in Lanthanide Chemistry“) 1

    und Journal of Organometallic Chemistry 2 aus dem Jahr 2002 wider. Sie enthalten sowohl

    ausführliche Rück- wie auch Überblicke über verschiedenste Arbeitsgebiete mit dem jeweils

    aktuellen Stand der Forschung.

    Überraschenderweise fehlen in diesen ansonsten sehr umfangreichen und breit gefächerten

    Zusammenstellungen detaillierte Beiträge zur Anwendung von Lanthanoidkomplexen in

    Polymerisationsprozessen. Zhou & Zu berichten zwar über die verschiedenen möglichen

    Insertionen von kleinen Molekülen in die Ln-E Bindung (E = H, C, N, Si/Ge, P/As), aber sie

    behandeln dabei nur ungesättigte unpolare Kohlenwasserstoffe bzw. die Einfachinsertion von

    CN und CO-Fragmenten.3 Arndt & Okuda widmen nur wenige Seiten ihres Übersichtsartikels

    der Polymerisation.4 Dabei beschäftigt sich wohl der Hauptteil der Metallorganiker mit der

    Synthese von neuen Polymerisationskatalysatoren, da es ein dringendes Anliegen der

    Industrie ist, neue und bereits etablierte „Kunststoffe“ mit unterschiedlichen

    Materialeigenschaften billig und in großen Mengen kontrolliert und selektiv herzustellen.

  • Einleitung 2

    Vor über 20 Jahren erschienen erste Berichte von Ballard et al. 5 mit anschließenden

    ausführlichen mechanistischen Untersuchungen von Watson et al. 6 über die katalytische

    Aktivität von Alkyllanthanoidverbindungen bei der Olefinpolymerisation. Durch sukzessive

    Insertion des unpolaren Monomers in die Ln-C bzw. Ln-H σ-Bindung wächst dabei die

    Polymerkette. Enorm gesteigert wurden die Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der

    Lanthanoidocene aber erst wenige Jahre später nach den Publikationen der Ergebnisse, die

    von Schumann/Marks et al. bei der Polymerisation von unpolaren Substraten erzielt worden

    waren.7 Dabei wurden Verbindungen des Typs (C5Me5)2LnCl bzw. (C5Me4SiMe3)2LnCl

    zuerst mittels LiCH(SiMe3)2 alkyliert und anschließend durch Reaktion mit H2 in die

    katalytisch aktiven Spezies (C5Me5)2LnH bzw. (C5Me4SiMe3)2LnH überführt.

    Der überaus erfolgreiche Einsatz von Alkyllanthanoidocenen bei der lebenden Polymerisation

    polarer Monomere durch Yasuda et al. vor ca. zehn Jahren stellt einen weiteren Meilenstein in

    der Lanthanoid-induzierten Polymerisationschemie dar.8 Die Verwendung von Organo-

    lanthanoidverbindungen erlaubt dabei die Synthese von Polymeren mit hohen molaren

    Massen (Mn > 100 000) bei einer sehr engen Molmassenverteilung (Mw/Mn < 1.05). Mit Hilfe

    von Lanthanoid(III)-Katalysatoren lassen sich ebenfalls Block-Copolymere aus polaren und

    unpolaren Monomeren herstellen, die sich durch interessante Materialeigenschaften

    auszeichnen.9 Marks et al. demonstrierten wenig später die Effizienz von chiralen

    Alkyllanthanoidocenen in der stereospezifischen Polymerisation von Methylmethacrylaten.10

    Mehrere aktuelle Review-Artikel geben hierzu ausführliche Übersichten.11, 12, 13

    Den ersten Schritt im Polymerisationsprozess polarer Monomere stellt die Koordination der

    Carbonylgruppe an das elektrophile Metallzentrum dar. Bei der anschließenden 1,4-Addition

    wird die Gruppe R (R = Alkylgruppe, H) auf das Monomer übertragen.8, 10 Für die Insertion

    des Monomers muss also eine Ln-C(H) σ-Bindung vorliegen, die somit die katalytisch aktive

    Stelle darstellt. Einen anderen bimetallischen Bisinitiator-Mechanismus ausgehend von

    Sm(II) diskutierten Boffa & Novak.14 Sind THF-Moleküle im System vorhanden, kann es zu

    einer bimodalen Molmassenverteilung kommen.15 Dies lässt sich durch Austausch des

    koordinierenden Lösemittels durch einen stärkeren neutralen Donor, z. B. ein N-

    heterocyclisches Carben, vermeiden. Einmal koordiniertes Imidazol-2-Yliden blockiert

    effektiv die Koordinationsstelle am Metallzentrum und wird nicht durch das Monomer

    verdrängt.16

    Die bisher untersuchten Katalysatorsysteme weisen pro Molekül meist genau eine

    Lanthanoidalkyl-Einheit auf, die das Wachstum einer Polymerkette ermöglicht. Was aber

    geschieht, wenn in einem Komplex mehrere Ln-C σ-Bindungen vorliegen? Wirkt sich das auf

  • Einleitung

    3

    die Katalysatoraktivität aus und wenn ja, in welchem Maße? Im günstigsten Fall wäre eine

    Vervielfachung denkbar, wenn jede Ln-C σ-Bindung zum Aufbau von einem Polymerstrang

    führt.

    Auf der Suche nach verbesserten Ligandensystemen sind zahlreiche Synthesen von

    verschiedenen Cyclopentadienylverbindungen publiziert worden, die das aromatische

    Cyclopentadienylgrundgerüst C5R5- in den unterschiedlichsten Varianten (teilweise oder ganz

    substituiert, kurz oder lang durch meist C- oder Si-Atome verbrückt, zusätzlich koordinierend

    durch „Henkel“ mit Donoratomen wie O, N, S oder eingebettet in Indenyl- oder

    Fluorenylliganden) aufweisen. Das Cyclopentadienylanion ist heute der am häufigsten

    verwendete und am besten untersuchte Ligand in der Metallorganik 17; bei den 4f-Metallen

    stellen Lanthanoidocene ungefähr 90 % der veröffentlichen Verbindungen dar.18 In den

    letzten Jahren lässt sich jedoch ein gewisser Trend weg von dem Cp-Liganden beobachten.

    Ein Beweggrund mag zum einen sein, daß man das mit Patenten zugepflasterte Feld der

    Cyclopentadienyl-Systeme der Gruppe 4 verlassen wollte. Zum anderen könnten neuartige –

    möglicherweise selektivere und gegenüber funktionellen Gruppen tolerantere Katalysatoren –

    in der Lage sein, die Produktpalette an unterschiedlichen Monomerkombinationen mit

    anderen Materialeigenschaften zu vergrößern. Nach den erfolgreichen Polymerisationen

    unpolarer Monomere, bei denen Brookhart et al. Diimin-Katalysatoren von späten

    Übergangsmetallen verwendeten 19, starteten intensive Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet

    von Nicht-Metallocenen zur Verwendung in Olefinpolymerisationsprozessen. Die darauf

    folgende in kurzer Zeit auftretende Masse an Publikationen veranlasste Gibson innerhalb von

    nur wenigen Jahren, gleich zwei Übersichtsartikel zu dem „Leben jenseits der Metallocene“

    zu verfassen.20, 21 In beiden Publikationen sind die Kapitel, die den Einsatz von Selten-Erd-

    bzw. Lanthanoid-Katalysatorsystemen bei der Polymerisation von Olefinen beschreiben, sehr

    kurz, obwohl auch bei Organolanthanoidkomplexen neue Verbindungsklassen auf der Suche

    nach alternativen Katalysatoren synthetisiert worden sind. Ebenfalls findet man in der

    Literatur nur wenige Beispiele von Polymerisationsversuchen mit polaren Monomeren, in

    denen Cyclopentadienyl-freie Systeme verwendet worden sind.13

    Bisher liegen keine Berichte über die katalytischen Eigenschaften von homoleptischen

    dreiwertigen Lanthanoidalkylen LnR3 in Polymerisationsreaktionen vor. Untersucht wurde

    dagegen das divalente Ytterbiumalkyl Yb(CH(SiMe3)2), das bei der isotaktischen

    Polymerisation von Methylmethacrylat sehr gute Ergebnisse zeigte.12 Wie bei dem von Boffa

  • Einleitung 4

    & Novak vorgestellten Mechanismus für zweiwertige Metallocene besteht nach Yasuda der

    erste Schritt wohl in der Koordination der Carbonylgruppe des Monomers an das

    Metallzentrum. Bei dreiwertigen Alkylkomplexen wäre die Insertion von Monomeren mit

    anschließenden Kettenwachstum in allen drei Ln-C σ-Bindungen denkbar.

    Sowohl unsolvatisierte homoleptische Alkyl- als auch Aryllanthanoidverbindungen stellen

    jedoch eine synthetische Herausforderung dar, da in Verbindungen der Form LnR3 die

    Koordinationssphäre der großen Ln3+-Ionen durch die Koordination von nur drei Liganden

    sterisch meist nicht abgesättigt wird.18 Sicherlich wirken Lanthanoidalkyle als Katalysatoren

    wegen ihrer größeren Empfindlichkeit auf den ersten Blick unvorteilhaft. Im Gegensatz zu

    Cyclopentadienyl-Verbindungen beinhaltet aber ihre Synthese meist billigere Edukte und oft

    weniger Stufen. Im Allgemeinen sind Forschungsaktivitäten auf dem Bereich der

    homoleptischen Alkyle seit ihrem Beginn vor gut 30 Jahren relativ bescheiden geblieben.22

    Die Zielsetzung zu Beginn dieser Arbeit war nun sowohl die Synthese und Charakterisierung

    von sowohl teilweise bekannten als auch neuen Lanthanoidalkylen LnR3 im Hinblick auf eine

    mögliche Anwendung bei der Polymerisation polarer Monomere. Die Verwendung

    zusätzlicher π-stabilisierender oder chelatisierender Liganden sowie koordinierende

    Heteroatome (O, N, S, P) soll dabei vermieden werden, um eine maximale Zahl von Ln-C σ-

    Bindungen aufbauen zu können und dabei gleichzeitig ein koordinativ ungesättigtes

    Metallzentrum zu erhalten.

    Ein kurzer Überblick zu den bisherigen Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet von Alkyl- und

    Benzylverbindungen der Lanthanoide wird vor den jeweiligen Kapiteln gegeben.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    5

    La

    SiC

    MCl3 + 3 LiCH(SiMe3)2

    M = Sc, Y Y(CH(SiMe3)2)3

    M(CH(SiMe3)2)3(THF)2

    - 3 LiCl

    THF/Et2O

    Tol/Et2O

    Ln(2,4,6-tBu3C6H2O)3 + 3 LiCH(SiMe3)2Pentan

    - 3 (2,4,6-tBu3C6H2O)LiLn = La, Sm

    2 Trimethylsilyl-substituierte Alkylverbindungen der Lanthanoide

    Gängige Alkylierungsreagenzien für Cp2LnCl-Precursoren sind die leicht zugänglichen

    Lithiumalkyle LiCH(SiMe3)2 und LiCH2SiMe3. Sie enthalten die häufig verwendete

    Trimethylsilyl-Gruppe, die – neben einem leicht identifizierbaren Signal im NMR – oft für

    thermodynamische Stabilität, hohe Löslichkeit und gutes Kristallisationsverhalten sorgt.

    Dementsprechend zahlreich sind Veröffentlichungen über heteroleptische Lanthanoid-

    alkylkomplexe, die zusätzlich stabilisierende π- oder Heteroatom-substituierte (Amide, Aryl-

    und Alkoxide) sowie chelatisierende Liganden aufweisen.18, 22, 23 Dagegen sind

    überraschenderweise sehr wenige Reaktionen ausschließlich mit Alkylliganden durchgeführt

    worden. Vergleichsweise spät gelang die röntgenographische Charakterisierung der ersten

    neutralen homoleptischen Lanthanoidalkyle LnR2 bzw. LnR3, die mit Hilfe der sterisch

    besonders anspruchsvollen Trimethylsilyl-Liganden -CH(SiMe3)2 und -C(SiMe3)3 dargestellt

    worden sind.24, 25

    Bereits vor knapp 30 Jahren erschien der erste Bericht über homoleptische Selten-Erd-

    Verbindungen mit dem Bis(trimethylsilylmethyl)-Liganden. Je nachdem in welchem

    Lösemittelgemisch die Reaktionen durchgeführt werden (THF/Et2O oder Toluol/Et2O), bilden

    sich solvatisierte oder solvensfreie Komplexe.26

    Erste strukturelle Untersuchungen folgten jedoch erst gut ein Jahrzehnt später an den

    Lanthanoid-Derivaten Ln(CH(SiMe3)2)3 (Ln = La, Sm). Bei ihren Synthesen spielen zwei

    Faktoren eine wichtige Rolle, die den oft beobachteten Einbau von Halogenid- und

    Alkalimetall-Ionen ausschließen. Statt der häufig verwendeten Halogenide wurden niedrig-

    koordinierte Lanthanoidaryloxide eingesetzt, durch die bei den Reaktionen schwerlösliche

    Lithiumaryloxide gebildet werden, die sich bequem von den sehr gut löslichen Produkten

    abtrennen lassen. In diesen sind die Metallzentren verzerrt trigonal-pyramidal von den

    Alkylliganden umgeben.24

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 6

    γ

    La

    CαC

    Si

    H

    β

    Schaverien & Orpen berichteten wenig später über die entsprechenden Trialkyllutetium- und -

    yttrium-Komplexe, die sie ebenfalls ausgehend von den jeweiligen Aryloxiden erhielten 27;

    Westerhausen et. al veröffentlichten schließlich die Festkörperstruktur von

    Y(CH(SiMe3)2)3 .28 Die Koordinationssphäre des Zentralatoms ist wiederum verzerrt trigonal-

    pyramidal.

    Als Ursache dieser ungewöhnlichen Struktur vermutete man anfangs sterische Gründe sowie

    γ-agostische Wechselwirkungen des Metallzentrums mit den Methylgruppen. In den

    Komplexen befindet sich jeweils eine Methylgruppe einer SiMe3-Einheit in der Nähe des

    Lanthanoid-Ions, die anderen beiden Methylgruppen sowie die zweite SiMe3-Einheit sind

    vom Metallzentrum abgewandt. Um Zusammenhänge zwischen möglichen

    Wechselwirkungen Ln-CH-Si-CH3 in diesen Alkylkomplexen zu erstellen, führten vor zehn

    Jahren Schaverien & Nesbitt an verwandten Komplexen (C5Me5)La(CH(SiMe3)2)2,

    (C5Me5)2Ln(CH(SiMe3)2) (Ln = La, Lu), M(CH(SiMe3)2)3 (M = La, Lu, Al) und

    [Lu(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)K] sowohl in Lösung als auch im Festkörper umfangreiche NMR-

    spektroskopische Hoch- und Tieftemperatur-Untersuchungen mittels hochauflösender CP

    MAS (13C cross-polarization magic-angle-spinning) sowie Protonen-Breitband-Entkopplung

    mit hoher Leistung durch.29 Die Autoren vermuten aufgrund ihrer Messergebnisse eine höhere

    Stabilisierung des elektrophilen Metallzentrums durch Wechselwirkungen Ln···Siβ–Cγ(Me)

    als Ln···Cγ(Me)–H.

    Kürzlich wurden nun Ln-CH(SiMe3)2 Systeme mit ab-initio Methoden berechnet, um die

    Natur der Wechselwirkungen zwischen Metallzentrum und Ligand genauer aufzuklären.

    Sowohl DFT-Berechnungen an Ln(CH(SiR2R’)2)3 (Ln = La, Sm; R, R’ = Me, H) 30 als auch

    am elektronenreicheren Cyclopentadienyl-Komplex (C5Me5)La(CH(SiMe3)2)2 31 kommen zu

    dem Ergebnis, daß hauptsächlich Wechselwirkungen des Metalls mit der Siβ–Cγ Bindung

    bestehen, die sich nahe am Metallatom befindet. Neben einem längeren Siβ–Cγ Abstand findet

    man kurze Ln···Siβ und Ln···Cγ Distanzen, die kleiner sind als die Summe der van-der-Waals-

    Radii. Dagegen liegen keine Anzeichen für agostische Cα–Siβ oder Cγ–H Wechselwirkungen

    vor, sondern es scheint hier eher eine Ln···(C–H) Abstoßung zu bestehen.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    7

    Sm

    COSi

    LnI2 + 2 KC(SiMe3)3Benzol

    - 2 KILn = Eu, Yb

    SmI2(THF)2 + 2 KC(SiMe3)2(SiMe2OMe) - 2 KI

    THF

    Yb

    CSi

    Mitte der 90er Jahre gelang Eaborn et al. mit dem Tris(trimethylsilylmethyl)-Liganden die

    Darstellung und Strukturuntersuchung des ersten lösemittelfreien Ln(II)-Alkylkomplexes

    Yb(C(SiMe3)3)2 .25 Auffallend ist die gewinkelte Struktur mit einem C-Yb-C Winkel von

    137°. Das isostrukturelle Eu(C(SiMe3)3)2 wurde analog synthetisiert (C-Eu-C: 136°).32

    Beinahe zeitgleich berichteten Lappert et al. über die Synthese von ebenfalls zweiwertigem

    aber solvatisiertem Yb(CH(SiMe3)2)2(Et2O)2, das aufgrund schlechter Kristallqualität

    röntgenographisch nicht untersucht werden konnte. Überraschenderweise kommt es bei einer

    analogen Reaktion mit KC(SiMe3)3 in Diethylether zur Etherspaltung unter Bildung eines

    Ethoxy-verbrückten Dimers, das strukturell charakterisiert worden ist.33, 34

    YbI2 + 2 NaCH(SiMe3)2 - 2 NaIYb(CH(SiMe3)2)2(OEt2)2

    Et2O

    YbI2 + 2 KC(SiMe3)3- 2 KI

    Yb(C(SiMe3)3)2 0.5 [Yb(C(SiMe3)3)(µ-OEt)(OEt2)]2- CH(SiMe3)3- CH2CH2

    Et2O

    Durch Salzmetathese gelang es ebenfalls, den ersten divalenten Samariumalkylkomplex

    Sm(C(SiMe3)2(SiMe2OMe))2(THF) zu erhalten. Dabei wurde ein leicht veränderter

    Tris(trimethylsilylmethyl)-Ligand eingesetzt, bei dem eine Methylgruppe von einer SiMe3-

    Einheit durch eine Methoxygruppe ausgetauscht worden ist. Dadurch kommt es zu einer

    zusätzlichen stabilisierenden Koordination des Methoxy-O-Atoms am Samarium-Atom. Ein

    THF-Molekül vervollständigt die Koordinationssphäre.35

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 8

    LaCl

    Li

    CNSi

    Yb

    Cl

    CSi

    LaCl3 + 3 LiCH(SiMe3)2- 2 LiCl

    PMDTA

    LnCl3 + 3 LiCH(SiMe3)2- 2 LiCl

    Ln = Er, Yb

    [Li(THF)4]THF

    Neben diesen erfolgreichen Synthesen und Strukturuntersuchungen an homoleptischen

    Alkylkomplexen, die zum Teil auch Lösemittelmoleküle enthalten, findet man viele weitere

    Versuche, in denen es zum unbeabsichtigtem und meist unerwünschtem Einbau zusätzlicher

    Chlor- und Lithium-Ionen kommt.

    Die Umsetzung von LnCl3 (Ln = Er, Yb) mit drei Äquivalenten LiCH(SiMe3)2 in THF führt

    zur Bildung von Trialkylchlorometallat-Komplexen [Li(THF)4][Ln(CH(SiMe3)2)3Cl]. Wie in

    den entsprechenden homoleptischen neutralen Verbindungen Ln(CH(SiMe3)2)3 umgeben die

    drei Alkylliganden das Metallzentrum verzerrt trigonal-pyramidal.36

    Durch Erhitzen einer Lösung von [Li(THF)4][Er(CH(SiMe3)2)3Cl] in Hexan erhält man das

    strukturell nicht charakterisierte chloridfreie [Li(THF)4][Er(CH(SiMe3)2)4], das nicht

    ausgehend vom Trialkylchloro-Komplex durch Chlorid-Alkyl Austausch mit LiCH(SiMe3)2

    dargestellt werden konnte.

    Die entsprechende Reaktion von LaCl3 mit drei Äquivalenten LiCH(SiMe3)2 in der

    Gegenwart von PMDTA führt zu ebenfalls zu einem chloridhaltigen Produkt

    [La(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)Li(PMDTA)]. In diesem Fall ist das Li(PMDTA)-Kation über das

    Chlor-Atom mit dem Metallzentrum verbrückt.37

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    9

    Lu

    K

    Cl

    SiC

    YCl3 + 3 LiCH(SiMe3)2- 2 LiCl

    Et2O[Y(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)Li(OEt2)3]

    LuCl3 + KCH(SiMe3)2

    Lu(CH(SiMe3)2)3 + KCl

    [Lu(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)K(OEt2)]

    Et2O

    Et2O- 2 KCl Vakuum

    - Et2O

    [Lu(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)K]

    Et2O

    Tol

    Während Lappert et al. bei Umsetzungen von YCl3 mit LiCH(SiMe3)2 in

    Lösemittelgemischen THF/Et2O bzw. Toluol/Et2O LiCl-freie Yttrium-Komplexe erhielten,

    isolierten Westerhausen et al. bei der analogen Reaktion in Diethylether die entsprechende

    Et2O-enthaltende Yttrat-Verbindung [Y(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)Li(OEt2)3], deren räumlicher

    Aufbau der oben beschriebenen Lanthan-Verbindung ähnelt.38 Interessanterweise ist die Li-Cl

    Bindung mit 0.2 Å im Yttrium-Komplex deutlich länger als im Lanthan-Komplex. Dagegen

    ist das Ln-Cl-Li Fragment mit einem Bindungswinkel von Y-Cl-Li = 175° fast linear,

    während es im Fall von La mit La-Cl-Li = 165° leicht gewinkelt ist. Die Autoren

    klassifizieren daher ihr Yttrat als lockeres Kontaktionenpaar.

    Genauere Untersuchungen zur Alkalimetallhalogenid-Addition an den Halogenid-freien

    Lutetiumalkylkomplex lagen schon vorher von Schaverien & van Mechelen vor.39

    Homoleptisches Lu(CH(SiMe3)2)3 reagiert mit KCl (und auch KBr) in Diethylether unter

    Adduktbildung zu [Lu(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)K(OEt2)], das unabhängig davon durch Umsetzung

    von LuCl3 mit drei Äquivalenten KCH(SiMe3)2 in Et2O erhalten wird. Das koordinierte Ether-

    Molekül lässt sich im Vakuum entfernen und der so entstandene solvensfreie Komplex

    reagiert mit Toluol zu [Lu(CH(SiMe3)2)3(µ-Cl)K(Tol)2]. Dieses Beispiel zeigt, wie stark die

    Affinität von Lanthanoiden zu Halogeniden ist: sie übersteigt sogar die Gitterenergie von KCl

    (bzw. KBr) und ist so zu Auflösung des Kristallgitters von festen Kaliumhalogeniden fähig.

    In der Lanthanoidchemie ist besonders der sterisch anspruchsvolle CH(SiMe3)2-Ligand häufig

    verwendet und intensiv untersucht worden.31 Deutlich weniger ist über das „kleinere“

    CH2SiMe3 berichtet worden.40, 41

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 10

    LnCl3 + 3 LiCH2SiMe3

    Ln = Tb - Lu, Y, Sc

    Hexan oder Pentan/Et2O/THF

    - 3 LiClLn(CH2SiMe3)3(THF)2

    Sm(O-2,6-iPr2C6H3)3 + 3 LiCH2SiMe3 [Li(THF)]2[Sm(O-2,6-iPr2C6H3)3(CH2SiMe3)2]

    - LiCH2SiMe3

    THF

    2.1 Homoleptische Trimethylsilylmethyl-Verbindungen der Lanthanoide

    Obwohl die ersten Tris(trimethylsilylmethyl)-Komplexe von Metallen der Gruppe 3 schon vor

    fast 30 Jahren beschrieben worden sind, lagen zu Beginn dieser Arbeit keine

    Strukturuntersuchungen an ihnen vor.

    Erste Experimente wurden von Lappert & Pearce mit den leichten Selten-Erd-Elementen

    Scandium und Yttrium durchgeführt.42 Nachdem Müller das System LnCl3/CH2SiMe3

    ausführlich unter verschiedenen Reaktionsbedingungen (Lösemittel, Lösemittelgemische,

    Alkylierungsreagenzien und Reaktionsdauer sowie -temperaturen) in seiner Dissertation

    untersucht hat 43, erschienen wenig später sowohl Berichte von Schumann & Müller 44, 45 als

    auch von Lappert et al. 36 über die entsprechenden Verbindungen der kleinen Lanthanoide

    von Terbium bis Lutetium. Aufgrund der geringen räumlichen Ausdehnung des CH2SiMe3-

    Liganden lassen sich nur basenstabilisierte Lösemittel-Addukte isolieren.18 Dabei

    koordinieren meistens zwei Moleküle THF an das Lanthanoid-Zentrum. Bei tiefen

    Temperaturen findet man dreifach solvatisiertes Er(CH2SiMe3)3(THF)3, wobei ein THF-

    Molekül schon bei -25 °C abgespalten wird.43

    Auf diese Weise gelang es nicht, die entsprechenden Derivate von größeren Lanthanoiden zu

    synthetisieren. Unter gleichen Reaktionsbedingungen beobachtete man mit LaCl3 und NdCl3

    keine Reaktion; mit SmCl3 entstanden nur vermutlich via α-Eliminierungsprozesse gebildete

    Zersetzungsprodukte.44 Russische Arbeitsgruppen erhielten bei äquimolaren Umsetzungen

    von NdCl3 mit LiCH2SiMe3 zwar metallorganische Produkte, die jedoch nur sehr dürftig

    charakterisiert wurden.46

    Ebenfalls scheiterte der Versuch von Clark et al., Sm(CH2SiMe3)3(THF)3 analog der

    Bis(trimethylsilylmethyl)-Verbindung Sm(CH(SiMe3)2)3 über die Aryloxid-Route

    darzustellen. Lässt man Sm(O-2,6-iPr2C6H3)3(THF)2 mit drei Äquivalenten LiCH2SiMe3

    reagieren, wird ein THF-freier Alkylaryloxidkomplex gebildet, der formal das

    Additionsprodukt von zwei Äquivalenten des Lithium-Liganden an das Samariumaryloxid

    darstellt.47

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    11

    Si

    YTHF THF

    Me3Si SiMe3

    SiHC

    CHY

    DME

    CH

    SiCH

    CHY

    DME

    CH

    DME

    - 4 SiMe42

    2 Y(CH2SiMe3)3(THF)2 + 2 (C5HMe4Si(Me)2CH2CH=CH2)

    - 2 SiMe4

    Die Reaktion von vier Äquivalenten des Liganden mit Lanthanoidchloriden führt zur Bildung

    von Tetra(alkyl)-Komplexen [Li(L)x][Ln(CH2SiMe3)4] (L = THF oder Et2O: x = 4, L =

    TMEDA: x = 2; Ln = Er, Yb, Lu, Y).36, 45 Ausgehend von der Lutetium-Verbindung versuchte

    Müller, die Zersetzungsprodukte dieser Lanthanoidalkyle zu charakterisieren. Unter

    Abspaltung von SiMe4 wird die Bildung Carben-artiger Lutetium-Spezies

    Li[Lu(CH2SiMe3)2(CHSiMe3)] bzw. TMEDA-solvatisiert [Li(TMEDA)][Lu(CH2SiMe3)2

    (CHSiMe3)] postuliert. Bisher existieren jedoch keine Strukturuntersuchungen an diesen sehr

    interessanten Lutetiumalkylverbindungen.

    Vor kurzem gelang es Evans et al., das Zerfallsprodukt eines Cyclopentadienyl-stabilisierten

    Bis(trimethylsilylmethyl)-Komplexes röntgenographisch zu untersuchen. Die zweifache

    Eliminierung von SiMe4 aus (C5Me4Si(Me)2CH2CH=CH2)Y(CH2SiMe3)2(THF)2 resultiert in

    einem Dimer, das trianionische Cyclopentadienylallyl-Ligandensysteme aufweist.48

    Ebenso wie das Alkylyttrium-Edukt, dessen Kristalldaten in derselben Publikation angegeben

    wurden, spielen auch die Derivate der schweren Lanthanoide Ln(CH2SiMe3)3(THF)2 (Ln =

    Lu, Yb) inzwischen eine wichtige Rolle als Chlorid-freie Ausgangsverbindungen.49, 50, 51

    Nachdem Teile der vorliegenden Arbeit auf einem Workshop vorgetragen wurden 52,

    veröffentlichte Niemeyer eine kurze Mitteilung über die Festkörperstruktur von

    Yb(CH2SiMe3)3(THF)2 .53

    Alle Trimethylsilylmethyl-Ligandensysteme erfüllen die wichtige Vorraussetzung, keine β-

    Wasserstoffatome zu besitzen, durch die es sonst zu Zersetzungsreaktionen via β-Hydrid-

    Eliminierung kommt. Die Bildung von Halogenid- bzw. Alkalimetall-haltigen Produkten lässt

    sich teilweise durch eine geeignete Kombination der Art des Alkalimetalls sowie des

    Lanthanoid-Eduktes, der Lösemittel bzw. -gemische sowie der Stöchiometrie der Reaktanden

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 12

    LnCl3 + 3 LiCH2SiMe3 + x THF Ln(CH2SiMe3)3(THF)x- 3 LiCl

    THF/Pentan/Et2O

    beeinflussen. Dennoch ist immer die Gefahr vorhanden, daß man die meist unerwünschten

    ionischen „at“-Komplexe erhält.18

    2.1.1 Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(THF)x

    Die Umsetzung von drei Äquivalenten LiCH2SiMe3 mit den THF-Addukten von SmCl3,

    ErCl3, YbCl3, und LuCl3 führt zur Bildung homoleptischer Verbindungen des Typs

    Ln(CH2SiMe3)3. Diese weisen zusätzlich koordinierte THF-Moleküle auf, im Falle der

    kleineren Lanthanoide Erbium, Ytterbium und Lutetium sind es zwei, beim größeren

    Samarium drei (Abbildung 2.1).

    Ln = Sm, x = 3 (1) Ln = Er, x = 2 (2) Ln = Yb, x = 2 (3) Ln = Lu, x = 2 (4)

    Abb. 2.1: Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(THF)x

    Die Erbium-, Ytterbium- und Lutetium-Verbindungen wurden nach Literaturvorschriften

    hergestellt.43, 44 Durch intensive Untersuchungen des Systems LnCl3/CH2SiMe3 ergab sich,

    daß man höchste Ausbeuten erzielt, wenn man bei Raumtemperatur eine konzentrierte

    Pentanlösung von LiCH2SiMe3 zu einer Suspension des jeweiligen Lanthanoidchlorides in

    einer Mischung aus Pentan/Diethylether (1:1) und einem leichten stöchiometrischen

    Überschuss THF tropft. Nach ca. 2 Stunden Reaktionszeit, Filtration und Entfernen des

    Lösemittelgemisches im Vakuum erhält man meist ölige Rückstände, die mit Pentan

    extrahiert werden. Die Produkt enthaltenden Pentanlösungen (rosa für 2, orange für 3 und

    farblos für 4) lassen sich leicht von dunkler gefärbten pentan-unlöslichen

    Zersetzungsprodukten abdekantieren. Die Menge der gebildeten öligen Nebenprodukte ist

    geringer, wenn man die Filtration bei tiefen Temperaturen durchführt und kaltes Pentan für

    die Extraktion verwendet.

    Durch einfache Metathesereaktion von SmCl3 mit drei Äquivalenten LiCH2SiMe3 in

    THF/Pentan/Diethylether lässt sich ebenso bequem die entsprechende Samarium-Verbindung

    darstellen. Während die Reaktion am besten bei Raumtemperatur durchgeführt wird, werden

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    13

    alle weiteren Arbeiten vorzugsweise in der Kälte vorgenommen, um die Bildung von öligen

    Nebenprodukten möglichst zu unterdrücken. Das Entfernen des Lösemittelgemisches bei

    -50 °C ermöglicht sogar die Isolierung von festem gelben 1.

    Bei all diesen Reaktionen ist die Reinheit der Startmaterialien von extremer Wichtigkeit.

    Verwendet man auch nur leicht verunreinigtes LnCl3, erhält man kein oder nur sehr geringe

    Mengen an Reaktionsprodukt. Die anfangs auftretende Verfärbung des Reaktionsgemisches

    (im Fall von Sm, Er und Yb) tritt zwar ein, aber nach längerem Rühren oder bei weiterer

    Hinzugabe des Liganden entfärbt sich die Lösung wieder. Man erhält farbige voluminöse

    Niederschläge, die sich manchmal nach einiger Zeit zu Ölen verdichten. In diesen

    Nebenprodukten müssen immer noch Metall-Kohlenstoff-Bindungen vorhanden sein, denn

    die Niederschläge bzw. Öle verfärben sich an Luft und reagieren heftigst mit ungetrockneten

    Lösemitteln.

    Alle Verbindungen Ln(CH2SiMe3)3(THF)x sind gut löslich in aliphatischen und aromatischen

    Kohlenwasserstoffen und daher ist eine Reinigung der Alkylverbindungen nur durch

    Kristallisation möglich, die problemlos bei -36 °C aus Pentanlösungen erfolgt. Die Aufnahme

    des NMR-Spektrums von 1 erfolgte in C6D6. Das Singulett der Wasserstoffatome der an das

    paramagnetische Samarium-Atom bindende Methylengruppe tritt stark tieffeldverschoben bei

    6.10 ppm auf (vgl. LiCH2SiMe3: δ = -2.07 ppm und 4: δ = -0.93 ppm 50). Trotz mehrerer

    Messversuche an verschiedenen Proben konnte das Signal des Methylen-C-Atoms von der

    CH2SiMe3-Gruppe im 13C-Spektrum nicht gefunden werden. Eine massenspektrometrische

    Untersuchung der Alkylkomplexe war aufgrund der hohen Luftempfindlichkeit nicht möglich.

    Die auftretenden Peaks resultieren nicht aus der Existenz von Lanthanoid-Metall, sondern

    werden vielmehr von Silan- und Silanol-Zersetzungsprodukten verursacht (m/z: 147 =

    [Me3Si-O-SiMe2]+, 75 = [Me2(OH)Si]

    +, 73 = [Me3Si]+).

    Bemerkenswert ist die Temperaturempfindlichkeit von 1. Bei Raumtemperatur verfärbt sich

    gelbes 1 innerhalb weniger Stunden nach orange. Unter Schutzgasatmosphäre im Vakuum

    abgeschmolzene Proben zerfließen nach wenigen Tagen in ein rotes Öl und hellgelbe

    Pentanlösungen entfärben sich im Laufe einiger Tage unter Bildung eines rostroten THF-

    unlöslichen Niederschlages. Dieser unterscheidet sich interessanterweise von dem roten Öl,

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 14

    das sich in unterschiedlichem Maße während der Synthese bildet. Nachdem man das

    ursprüngliche Reaktionsgemisch abfiltriert, die Lösemittel entfernt, den Rückstand extrahiert

    und die gelbe Pentanlösung abdekantiert hat, verbleibt ein orange-rotes Öl. Dieses lässt sich

    nach gründlichem Trocknen und Waschen mit Toluol oder Pentan in ein feines dunkelrotes

    Pulver überführen, welches nur THF-löslich und sehr luftempfindlich ist. Bei seiner

    Aufbewahrung sollte man darauf achten, daß bei dem länger andauernden Zersetzungsprozess

    weiterhin gasförmige Produkte entstehen. Gleichzeitig wurde für eine Probe der zersetzten

    Alkylverbindung mit 37.33 % Sm ein deutlich höherer Metallgehalt als der berechnete von

    unzersetztem 1 (23.93 % Sm) bestimmt. Das in [D8]-THF aufgenommene 1H-NMR-Spektrum

    (Abbildung 2.2) zeigt neben den THF-Peaks ein scharfes und ein verbreitertes Signal bei

    hohem Feld, die genau wie die breiten schwachen Signale zwischen 0 und 1.5 ppm nicht

    eindeutig zugeordnet werden können.

    Abb. 2.2: zersetzte Probe (rot) von 1 in [D8]-THF (200 MHz, Raumtemperatur)

    Leider gelang es nicht, Einkristalle dieses roten Pulvers zu erhalten. Kühlt man THF-

    Lösungen ab, fällt nur ein amorpher Niederschlag aus. Beim Überschichten mit Toluol, Ether

    oder Pentan bilden sich gelb bis rot gefärbte Öle.

    Die analoge Erbium-Verbindung ist thermisch deutlich stabiler und zersetzt sich erst im Laufe

    von ein bis zwei Tagen. Ihre Farbe ändert sich dabei von rosa nach hellbeige. Alle

    -1.0-1.0-0.5-0.50.00.00.50.51.01.01.51.52.02.02.52.53.03.03.53.54.04.0 -1.0-1.0-0.5-0.50.00.00.50.51.01.01.51.52.02.02.52.53.03.03.53.54.04.0

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    15

    THF/Pentan/Et2O/TTNdCl3 + 3 LiCH2SiMe3 + x THF

    - 3 LiClNd(CH2SiMe3)3(THF)x ?

    Lanthanoidalkylkomplexe, sowohl die Feststoffe als auch deren Lösungen, wurden deshalb

    ausschließlich bei -36 °C gelagert.

    Aufgrund der zunehmenden Temperaturempfindlichkeit bei größeren Lanthanoiden war es

    nicht möglich, das Tris(trimethylsilylmethyl)-Derivat des Neodyms zu isolieren.

    Tropft man bei Raumtemperatur die LiCH2SiMe3-Pentanlösung zu der milchigen hellblauen

    NdCl3-Suspension, intensiviert sich der blaue Farbton deutlich. Aber schon während der

    Reaktion und besonders nach der Filtration entsteht ein blaues Öl, dessen Menge schnell

    anwächst und das sich über türkis und grün nach braun verfärbt. Bei Raumtemperatur lässt

    sich diese Zersetzung innerhalb weniger Minuten deutlich beobachten. Arbeitet man konstant

    bei -60 °C, ist es möglich, bei -78 °C aus der hellblauen Pentanlösung einen amorphen

    Niederschlag zu erhalten. Bei dem Versuch diesen umzukristallisieren, bildete er jedoch das

    pentan-unlösliche türkisfarbene Öl, das nicht weiter charakterisiert werden konnte.

    2.1.2 Kristallstrukturuntersuchungen an Ln(CH2SiMe3)3(THF)x

    Für die Röntgenstrukturanalyse geeignete Einkristalle von 1, 2, 3 und 4 erhält man aus

    Pentanlösungen bei -36 °C. 1 kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21 mit zwei, die

    isotypen Verbindungen 2, 3 und 4 ebenfalls monoklin aber in P21/n mit vier Molekülen in der

    Elementarzelle (Abbildung 2.3). Ausgewählte Bindungsabstände und -winkel sind in den

    Tabellen 2.1 und 2.2 zusammengefasst.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 16

    Si1

    C1

    O1

    C9

    Er

    O2

    Si3

    C5Si2

    Si1

    C1 O1

    O3

    Sm

    O2Si3

    C9

    C5

    Si2

    Abb. 2.3: Molekülstruktur von 1 (links) und 2 (rechts)

    Tab. 2.1: Ausgewählte Bindungsabstände (in Å) für 1, 2, 3 und 4

    Ln-C1 Ln-C5 Ln-C9 Ln-O

    1 2.49 2.48 2.49 2.55 - 2.59

    2 2.40 2.42 2.39 2.35, 2.36

    3 2.37 2.34 2.36 2.34, 2.36

    4 2.36 2.38 2.35 2.30, 2.31

    Tab. 2.2: Ausgewählte Bindungswinkel (in °) für 1, 2, 3 und 4

    C1-Ln-C5 C5-Ln-C9 C1-Ln-C9 O-Ln-O O-Ln-C

    1 107.7 101.1 105.4 73.8 - 80.6 85.4 - 162.8

    2 133.8 116.3 109.9 177.7 87.4 - 91.9

    3 134.9 115.4 109.5 177.7 87.8 - 92.5

    4 133.7 116.2 110.0 177.7 87.5 - 91.8

    In 1 weist das Samarium-Atom eine verzerrt fac-oktahedrale Koordination auf, die der der

    Zentralatome in den Triphenyllanthanoid-Komplexen LnPh3(THF)3 (Ln = Er, Tm) 54 und den

    Triphenylsiloxy-Verbindungen Ln(OSiPh3)3(THF)3 (Ln = Y 55, Ce 56) ähnelt. In allen

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    17

    Verbindungen sind die Ligand-Ln-Ligand Winkel deutlich größer als die O(THF)-Ln-O(THF)

    Winkel; in 1 ist dieser Unterschied am stärksten ausgeprägt (siehe Tabelle 2.3).

    Tab. 2.3: Winkel (in °) um das Zentralatom

    C-Ln-C bzw. O(Si)-Ln-O(Si) O(THF)-Ln-O(THF) Ref.

    1 101.1 - 107.7 73.8 - 80.6 -

    Y(OSiPh3)3(THF)3 100.8 - 102.3 79.6 - 82.2 55

    Ce(OSiPh3)3(THF)3 100.4 - 103.3 76.5 - 83.1 56

    ErPh3(THF)3 99.2 - 103.5 77.7 - 80.6 54

    TmPh3(THF)3 99.8 - 102.9 79.0 - 81.0 54

    Mit 2.48 bis 2.49 Å liegen die gemessenen Sm-C Abstände in 1 zwischen denen, die für

    terminale und verbrückte CH2SiMe3-Liganden in [Li(THF)]2[Sm(O-2,6-iPr2C6H3)3-

    (CH2SiMe3)2] (2.45 bzw. 2.56 Å) ermittelt wurden.47 Sie sind damit leicht kürzer als Sm-

    C(Benzyl) Abstände ((C5Me5)2Sm(CH2Ph)(THF): 2.53 Å 57; (C5Me5)2Sm-(CH2Ph)2K(THF)2:

    2.55 und 2.56 Å 58), aber dennoch in guter Übereinstimmung mit bereits vermessenen Sm-

    C(Alkyl) Bindungslängen ((C5Me5)2SmMe(THF): 2.48 Å 59; [Sm(CH(SiMe3)2)3(µ-Me)2-

    Li(PMDTA)]: Sm-CH 2.49 - 2.53 Å und Sm-CH3 2.33 Å 60; Sm(CH(SiMe3)2)3: 2.33 Å

    24).

    Die Röntgenstrukturanalyse der isomorphen Verbindungen 2 (pink), 3 (orange) und 4

    (farblos) bestätigt die schon vermutete trigonal-bipyramidal Koordinationssphäre des

    Metallzentrums mit den drei Alkylliganden in den äquatorialen Positionen (Abbildung 2.3).42

    Die Molekülstrukturen sind der von Yb(CH2tBu)3(THF)2

    61 sehr ähnlich. Die Winkel O-Ln-O

    und O-Ln-C (siehe Tabelle 2.2) sind annähernd ideal. Interessanterweise wird wie in

    Yb(CH2tBu)3(THF)2 auch hier nicht die höchstmögliche lokale C3h-Symmetrie für die

    Ln(CH2SiMe3)3-Ebene verwirklicht, die eine gleichmäßige propellerartige Anordnung der

    Liganden voraussetzt. Stattdessen weisen die Silylgruppen zweier Liganden zueinander, so

    daß es zur Aufweitung des C1-Ln-C5 Winkels bis zu ca. 134° kommt (siehe Abbildung 2.4).

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 18

    C9

    LnC1C5

    Me3Si

    SiMe3 Me3Si

    H

    H

    HH

    H

    H134°

    116° 110°

    Si3

    Si1C1

    C9

    C5

    Si2

    Die von Niemeyer gemachte Beobachtung, daß diejenige Alkylgruppe, die die größte sterisch

    bedingte Abstoßung erfährt, den längsten Ln-C Abstand aufweist (Ln-C5) 61, trifft in 2 und 4

    zu. Eine derart genaue Untersuchung der Bindungslängen lässt die Kristallqualität von 3

    leider nicht zu.

    Abb. 2.4: Blick entlang der O-Ln-O Achse auf die C3Ln-Ebene in 2 - 4

    Man findet in der Literatur nur wenige Beispiele für Er-C Abstände, bei denen das

    Kohlenstoffatom nicht Bestandteil eines Cyclopentadienyl- oder Carboran-Ligandensystems

    ist. Es liegen keine Werte für terminale Liganden vor, da die veröffentlichten

    Bindungsabstände immer zu verbrückenden C-Atomen gehören. So ist es zu erklären, daß die

    Bindungslängen Er-C in 2 mit 2.39 bis 2.42 Å kürzer sind als jene, die man in der Literatur

    findet (Er-C(sp): 2.42 und 2.47 Å in [(C5H5)2ErCCtBu]2

    62, 2.51 und 2.56 Å in [(2,4-

    C7H11)2ErCCPh]2 63; Er-C(sp2): 2.49 - 2.54 Å in [(C5H5)2Er(µ,η2-HC=NCMe3)2]2 64; Er-

    C(sp3): 2.57 Å in [Li(TMEDA)]3[ErMe6] 65 und 2.46 Å in [(C5H4(C5H9))2ErMe]2

    66).

    Während terminale Alkylliganden im allgemeinen längere Yb-C Abstände als in 3 aufweisen

    (3: 2.34 - 2.37 Å; Yb-CH3: 2.36 Å in Cp2YbMe(THF) 67; Yb-CH2R: 2.36 - 2.39 Å in

    Yb(CH2tBu)3(THF)2

    61; Yb-CHR2: 2.37 - 2.39 Å in [Li(THF)4][Yb{(CH(SiMe3)2}3Cl] 36),

    lassen sich die in 4 mit 2.35 bis 2.38 Å beobachteten Abstände gut mit Literaturverbindungen,

    die ebenfalls ein Lu-CH2SiMe3-Fragment enthalten, vergleichen (2.31 - 2.34 Å in

    [Li(THF)3][(C5Me5)Lu(CH2SiMe3)(CH(SiMe3)2)Cl] 68; 2.34 - 2.37 Å in [Lu(CH2SiMe3)2

    (Krone)(THF)x][B(CH2SiMe3)Ph3] (Krone = [12]-Krone-4, x = 1; Krone = [15]-Krone-5, x =

    0; Krone = [18]-Krone-6, x = 0) 51; 2.38 Å in Cp2Lu(CH2SiMe3)(THF) 69 und 2.39 Å in

    [LuCl(2,6-(Me2NCH2)2C6H3)(CH2SiMe3)]2 70).

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    19

    YbI2(THF)2 + 2 LiCH2SiMe3THF/Pentan/Et2O/RT [{LiCH2SiMe3(THF)}3(LiCH2SiMe3)] + LiI

    Li1

    C1

    C5

    C9

    Li2

    Li4

    Li3

    C13

    COSi

    Die durchschnittliche Ln-C Bindungslänge ist mit 2.49 Å in 1 deutlich länger als in 2 (2.41

    Å), was auf die unterschiedlichen effektiven Ionenradien von Samarium und Erbium

    zurückzuführen ist.71 Da die Standardabweichungen der Ln-C Abstände in 3 im Vergleich zu

    2 und 4 relativ groß sind, ist der Trend von kürzeren Ligandenabständen zu kleineren

    Lanthanoiden in den isostrukturellen Verbindungen nicht sichtbar. Mit durchschnittlich 2.36

    Å für Yb-C in 3 ist die mittlere Metall-Ligand-Distanz zwar geringer als im Erbium- (2, 2.41

    Å) aber fast genauso groß wie im Lutetiumalkyl (4, 2.36 Å). Die „Lanthanoidenkontraktion“

    macht sich dagegen gut in den abnehmenden Ln-O(THF) Abständen bemerkbar (Sm: 2.58 Å,

    Er: 2.36 Å, Yb: 2.35 Å, Lu: 2.31 Å).

    2.1.3 Versuche mit LnI2(THF)2

    Setzt man bei Raumtemperatur YbI2(THF)2 mit zwei Äquivalenten LiCH2SiMe3 um, färbt

    sich die Suspension orange und es kommt zu einer Ölbildung. Fährt man analog der oben

    beschriebener Synthesemethode fort, bildet sich bei -36 °C in dem Pentan-Extrakt ein oranges

    Öl, aus dem sich nur LiI(THF)3 (in zwei neuen Kristallmodifikationen) und

    [{LiCH2SiMe3(THF)}3(LiCH2SiMe3)] (5, siehe Abbildung 2.5) isolieren lassen.

    5

    Abb. 2.5: Molekülstruktur von 5

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 20

    {Yb(CH2SiMe3)y(THF)y}YbI2(THF)2 + 2 LiCH2SiMe3THF/Pentan/Et2O/TT

    - y LiI

    Während lösemittelfreies LiCH2SiMe3 als Hexamer kristallisiert 72, beobachtet man in

    Gegenwart von THF die Bildung eines Li4-Tetraeders, in dem die CH2SiMe3-Gruppen auf

    den Tetraederflächen sitzen. Jedoch koordiniert nur an drei von den vier Lithium-Atomen

    (Li1, Li2 und Li3) zusätzlich ein Molekül THF.

    Arbeitet man ausschließlich in der Kälte (Vorkühlen aller verwendeten Lösungen,

    Suspensionen und Lösemittel auf ca. -20 °C), kristallisieren aus dem blutorangen Filtrat über

    Nacht bei -36 °C dunkelrote dicke Kristallklumpen von 6 neben wenigen orangen Kristallen,

    die von Oxidation des zweiwertigen Ytterbiums zeugen. Genau wie bei den Umsetzungen mit

    LnCl3 ist auch hier eine sehr gute Qualität des YbI2(THF)2 von großer Bedeutung. Leider

    setzt sich die rote Kristallmasse immer aus dünnen Plättchen zusammen, die für die

    Röntgenstrukturanalyse nicht geeignet sind.

    6

    Im 1H-NMR-Spektrum dieser sehr temperaturempfindlichen Substanz erkennt man breite

    CH2SiMe3- und THF-Signale im Verhältnis 1:1. Die chemischen Verschiebungen der

    Methylenprotonen (δ = -1.99 ppm) ähneln denen von LiCH2SiMe3 (δ = -2.07 ppm), es liegt

    also ein zweiwertiger diamagnetischer Ytterbium-Komplex vor, der jedoch bei Raum-

    temperatur nicht lange stabil ist. 6 zersetzt sich schon merklich innerhalb einer halben Stunde

    unter Freisetzung von SiMe4 (NMR) und der Bildung von dunkelroten C6D6-unlöslichen

    Ölen. Wie bei 1 war es nicht möglich, das Methylen-C-Atom vom CH2SiMe3-Liganden im 13C-NMR zu detektieren. Eine Summenformel der Form Yb(CH2SiMe3)2(THF)2 für 6 ist eher

    unwahrscheinlich, da die vier „kleinen“ Liganden nicht in der Lage sein sollten, das große

    Yb(II)-Atom koordinativ abzusättigen bzw. durch ihren sterischen Anspruch abzuschirmen.

    Außerdem erhält man durch Metallanalyse einen Metallgehalt von 24.3 % Ytterbium, was

    weit unter dem berechneten Wert von 35.2 % für Yb(CH2SiMe3)2(THF)2 liegt. Ein ebenfalls

    höherer Metallgehalt wäre auch für dreiwertiges Yb(CH2SiMe3)3(THF)2 notwendig (29.9 %),

    das aber aufgrund des NMR-Spektrums ausscheidet, da es eine paramagnetische Verbindung

    ist und man außerdem ein 3:2 Verhältnis von CH2SiMe3- und THF-Signalen beobachten

    sollte. Eine mit dem NMR-Spektrum und der Metallanalyse eher vereinbare Summenformel

    weist das Ytterbat Li(THF)3Yb(CH2SiMe3)3 (26.3 % Yb) auf; Iod-haltiges Li2(THF)3

    [Yb(CH2SiMe3)3I] enthält zu wenig Metall (21.9 %). Bei beiden Verbindungen würde sich

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    21

    {Yb(CH2SiMe3)y(THF)y} + BPh3 {Yb(CH2SiMe3)y-1(THF)y}+ {BPh3(CH2SiMe3)}

    -[D8]-THF

    SmI2(THF)2 + 2 LiCH2SiMe3THF/Pentan/Et2O/TT "Sm(II)-CH2SiMe3" ?

    aber dann die Frage stellen, wie ihr räumlicher Aufbau aussähe; sowohl dreifach koordiniertes

    Ytterbium wie auch Lithium erscheint ungewöhnlich.

    Von diesem Yb-CH2SiMe3-THF Komplex lässt sich bei Zugabe von B(C6H5)3 eine

    kationische Verbindung 7 erhalten, die eine CH2SiMe3-Gruppe weniger als 6 besitzt.

    7

    Im 1H- und 13C-NMR-Spektrum einer [D8]-THF-Probe von 7 (dunkelgrün) erkennt man

    deutlich die Signale für das Borat [B(C6H5)3(CH2SiMe3)]- .50 Leider gelang es auch in diesem

    Fall nicht, Einkristalle für die Röntgenstrukturanalyse zu erhalten.

    Verwendet man zweiwertiges Samarium, kann man den Verlauf der Alkylierungsreaktion

    wegen der dunkelblauen Farbe von SmI2(THF)2 nicht mehr so bequem an den

    Farbänderungen verfolgen.

    Lässt man Sm(II) mit LiCH2SiMe3 unter Eiskühlung miteinander reagieren, wird aus der

    anfangs dunkelblauen Suspension eine dunkelgrüne Lösung mit einem öligen dunkelbraunen

    Bodensatz. Nach Filtration und Abziehen des Lösemittelgemisches bleibt nur ein pentan-

    unlösliches grünes Öl übrig. Führt man die gleiche Reaktion bei -60 °C durch, erhält man

    ebenfalls die dunkelgrüne Lösung, jedoch tritt der Farbumschlag später und langsamer als im

    obigen Versuch ein. Am besten hat sich das allmähliche Zutropfen einer Raumtemperatur

    warmen Pentanlösung des Liganden zu der auf -60 °C gekühlten SmI2-Suspension erwiesen.

    In keinem Fall gelang aber die Isolierung eines festen Produktes. Die grüne Lösung entfärbte

    sich jedes Mal bei der Aufbewahrung über Nacht im Tiefkühlschrank, und man findet nur

    noch ein braun-grünes Öl mit einer farblosen überstehenden Lösung vor. Eine weitere

    Charakterisierung der Reaktionsprodukte gelang nicht.

    Eine andere Möglichkeit divalente Samarium-Komplexe zu erhalten, besteht in der Reduktion

    eines SmIIIR2Cl Precursors mit Alkalimetallen. Der Versuch dreiwertiges Samarium in einer

    Pentan-Lösung von Sm(CH2SiMe3)2Cl mit Natrium zu reduzieren blieb jedoch erfolglos.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 22

    - - -

    Cp2MCl2 + 2 LiCHPh2- 2 LiCl

    M = Zr, Hf

    Zr

    2.2 Heteroleptische Trimethylsilylmethyl-Verbindungen der Lanthanoide

    Die Temperaturempfindlichkeit der Lanthanoidalkyle Ln(CH2SiMe3)3(THF)2 lässt sich durch

    Verwendung eines alternativen Liganden mit einem größeren sterischen Anspruch

    herabsetzen, da aus einer besseren räumlichen Abschirmung des Metallzentrums eine höhere

    kinetische Stabilität der entsprechenden Lanthanoid-Komplexe resultieren sollte. Gleichzeitig

    wird die Wahrscheinlichkeit herabgesetzt, daß Lösemittelmoleküle an das Lanthanoidion

    koordinieren. Lösemittelfreie Komplexe wären in der Katalyse vorteilhafter, da

    koordinierende Donormoleküle (Lewis-Basen) mögliche freie Koordinationsstellen des

    Lewis-sauren Metallzentrums blockieren.

    2.2.1 Der Benzhydrylligand -CHPh2

    Auf der Suche nach einem solchen neuen Liganden erschien das voluminöse CHPh2-Anion

    viel versprechend. Mit zwei Phenylgruppen in Nachbarschaft zum deprotonierten C-Atom

    könnte es zur Delokalisierung der negativen Ladung kommen, was mehrere Bindungsarten

    ermöglicht und so die Bildung von solvensfreien Komplexen begünstigen könnte.

    ηηηη1 ηηηη3 ηηηη5 Abb. 2.6: mögliche Bindungsarten im CHPh2-Anion

    Über den Benzhydrylliganden wurde schon früh in der Literatur berichtet.73 Erste Struktur-

    untersuchungen wurden viele Jahre später an Cyclopentadienyl-Komplexen von Zirconium

    und Hafnium durchgeführt (Cp2M(CHPh2)2 mit M = Zr, Hf).74 Zu ihrer Synthese setzte man

    zwei Äquivalente von in situ hergestelltem LiCHPh2 als THF-Lösung mit den entsprechenden

    Dichloriden Cp2MCl2 um.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    23

    Li

    CHLiO

    Na2

    Na1

    Na1

    Na2

    CHNNa

    Na2Na1

    Beide CHPh2-Gruppen sind η1 zu den jeweiligen Metallzentren gebunden. Im Fall des

    Zirconiums ist die M-C(CHPh2) σ-Bindung deutlich länger als der Abstand M-C(CH3) in der

    Methylverbindung Ind2ZrMe2. Dies trifft allerdings nicht für Hafnium und dem analogen

    Ind2HfMe2 zu. Der Verdrillungswinkel der Phenylringe zueinander ist für beide

    Verbindungen annähernd gleich (57.8° für Zr und 56.8° für Hf).

    Im freien Carbanion, das man durch Addition von 12-Krone-4 zu einer THF-Lösung von

    LiCHPh2 erhält (8), liegt die Diphenylmethyl-Einheit planar vor (Abbildung 2.7).75 Das

    Methyl-C-Atom weist eine annähernd trigonal-planare Umgebung auf. Weitere

    Wechselwirkungen mit Atomen aus anderen Molekülen liegen nicht vor.

    Abb. 2.7: [Li(12-Krone-4)2][CHPh2] (8)

    Die Basenaddukte mit PMDTA und TMEDA des Natrium-Salzes sind ebenfalls strukturell

    untersucht worden.76 Man erhält sie durch Deprotonierung von Diphenylmethan mit nBuNa in

    Gegenwart eines leichten stöchiometrischen Unterschusses von PMDTA bzw. TMEDA. Das

    PMDTA-Solvat liegt als Monomer vor, in dem das Anion wie im Lithium-Salz planar ist.

    Dagegen kristallisiert TMEDA-solvatisiertes NaCHPh2 als cyclisches Tetramer, in dem die

    Phenylringe nicht mehr koplanar sind (Verdrillung 22° und 24°). Dies wird mit ihrer

    Koordination an die Natrium-Ionen begründet. Das Methyl-C-Atom ist wie im PMDTA-

    Komplex und in 8 sp2-hybridisiert (Abbildung 2.8).

    Abb. 2.8: NaCHPh2� PMDTA (links) und (NaCHPh2

    � TMEDA)4 (rechts)

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 24

    CH2Ph2 + nBuLi tBuOK KCHPh2

    Hexan/RT

    - tBuOLi, - BuH

    LnCl3 + 3 KCHPh2THF/DME, 0°C/RT/reflux, 1d – 4w

    Ln(CHPh2)3

    Verschiedene Möglichkeiten zur Metallierung von CH2Ph2 sind bereits in der Literatur

    beschrieben worden.73, 77 Bei den folgenden Versuchen wird hier das adduktfreie Kalium-Salz

    des Diphenylmethan eingesetzt, daß man als leuchtend oranges KCHPh2 (9) in praktisch

    quantitativer Ausbeute durch Umsetzung von kommerziell erhältlichem CH2Ph2 mit der

    Schlosser-Base, einer 1:1 Mischung von nBuLi/tBuOK, in Hexan erhält.78, 79 Da sich 9 nur in

    sehr polaren Lösemitteln löst, kann man es mit aromatischen und aliphatischen

    Kohlenwasserstoffen waschen, um das tBuOLi zu entfernen.

    9

    Im [D5]-Pyridin 1H-NMR-Spektrum resonieren die ortho- und meta-Phenylprotonen als

    Multiplett zwischen 7.0 - 7.4 ppm; das Signal der para-Phenylprotonen erscheint als Triplett

    vom Triplett bei 6.24 ppm und das des CH-Protons als Singulett bei 5.23 ppm. Für die CH-

    Gruppe findet man im gated decoupled 13C-NMR-Spektrum eine außergewöhnlich große 1J(13C,1H)-Kopplungskonstante von 146 Hz. Dies weist auf einen hohen Anteil an sp2-

    Hybridisierung am C-Atom hin (zum Vergleich: trans-Diphenylethen 1J(13C,1H) = 151 Hz,

    cis-Diphenylethen 1J(13C,1H) = 155 Hz 80). Eine massenspektrometrische Untersuchung sowie

    die Bestimmung des Schmelz- bzw. Zersetzungspunktes des pyrophoren 9 waren aufgrund

    der extremen Luftempfindlichkeit nicht möglich. Bewahrt man feste Proben von 9 in

    Schnappdeckelgläsern in der Handschuhbox auf, beobachtet man nach einigen Wochen

    Zersetzungserscheinungen, die sich in weißen Verfärbungen der obersten Pulverschicht

    bemerkbar machen.

    2.2.2 Versuche zur Darstellung homoleptischer CHPh2-Komplexe

    Es gelang nicht, homoleptische Ln(II)- oder Ln(III)-CHPh2-Komplexe zu synthetisieren.

    9

    Leuchtend oranges 9 löst sich in THF oder DME mit dunkelroter Farbe. In den ähnlich dunkel

    gefärbten Reaktionsansätzen konnte man daraufhin nicht eindeutig erkennen, ob und in

    welchem Maße es zu einem Reaktionsumsatz gekommen ist. Die 1:2 (für YbI2(THF)2) bzw.

    1:3 (für LuCl3 und YbCl3) Umsetzungen wurden bei unterschiedlichen Temperaturen in THF,

    DME oder anderen Lösemittelgemischen mit Reaktionszeiten von bis zu 4 Wochen

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    25

    Cp2VCl2 + 2 LiCHPh2 Cp2V + Ph2CH-CHPh2 + 2 LiCl

    durchgeführt. Entfernt man nach Filtration das bzw. die Lösemittel, erhält man dunkel

    gefärbte Öle. Beim Aufnehmen mit Toluol bleiben meist dunkle Niederschläge zurück.

    Weder durch gründliches Trocknen noch durch Waschen mit Hexan bzw. Pentan lassen sich

    die öligen Rückstände in ein Pulver überführen. Überschichtungsversuche von THF- oder

    DME-Lösungen mit Toluol oder aliphatischen Kohlenwasserstoffen resultieren nur in der

    Bildung von dunklen orangeroten Ölen. Auch die im Arbeitskreis Okuda durchgeführten

    Umsetzungen von dreiwertigen Lanthanoidchloriden mit dem Diphenylmethylliganden

    ergaben nur Öle, aus denen keine Produktabtrennung gelang.81

    Interessanterweise färbt sich eine gelb-orange Suspension aus YbI2(THF)2 und zwei

    Äquivalenten KCHPh2 in Toluol, in dem beide Edukte nicht löslich sind, innerhalb einer

    Stunde deutlich dunkelrot. Filtriert man von dem dunklen, braunroten Rückstand, der sich an

    Luft schnell nach gelb verfärbt, ab, erhält man zwar ein fest erscheinendes Produkt. Aufgrund

    seiner nur minimalen Ausbeute konnte es jedoch nicht weiter charakterisiert werden.

    Manchmal beobachtet man bei Reaktionen mit Yb(II) eine Entfärbung des

    Reaktionsgemisches, entweder nachdem es mit einem Wasserbad erwärmt wurde oder

    nachdem kalte (-78 °C) Proben auf Raumtemperatur auftauten. Aus den farblosen Lösungen

    gelang schließlich die Isolierung eines weißen Pulvers, dessen 1H-NMR-Spektrum viele

    Signale im tiefen Feld aufweist, die auf aromatische Protonen schließen lassen. Einer

    Röntgenstrukturanalyse zufolge handelt es sich aber um Tetraphenylethan. Scheinbar liegt die

    Diphenylmethyl-Einheit teilweise als Radikal vor, deren Dimerisierung dann Ph2HC-CHPh2

    liefert.74

    Bis auf die problemlose Synthese der CHPh2-Derivate von Cp-stabilisierten Zirconium- und

    Hafnium-Verbindungen, werden auch bei einer ganzen Reihe von Übergangsmetallen von

    synthetischen Schwierigkeiten mit diesem Liganden berichtet. Während z. B. reduktive

    Alkylierungen bei Vanadium öfter vorkommen – die Umsetzung von vierwertigem Cp2VCl2

    mit zwei Äquivalenten LiCH(SiMe3)2 liefert monoalkyliertes dreiwertiges Cp2V(CH(SiMe3)2)

    – wurde bei Reaktionen von Cp2VCl2 mit zwei Äquivalenten LiCHPh2 quantitativ Cp2V und

    das Kupplungsprodukt Ph2CH-CHPh2 erhalten.74

    Gleichfalls scheiterten Versuche, ausgehend von verschiedenen Halogeniden homoleptische

    CHPh2-Komplexe der Übergangsmetalle Ti, Zr, Hf, V, Cr, Mo, Mn, Fe und Y darzustellen,

    man erhielt in allen Fällen Öle. Seidel et al. gelang nur die Synthese von CrCl2(CHPh2)(THF),

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 26

    YCl3 + 2 LiCH2SiMe3 + 2 LiOCMe3 [(Me3SiCH2/Me3CO)Y(OCMe3)4{Li(THF)}4Cl]+[Y(CH2SiMe3)4]

    -

    LuCl3 + 2 LiCH2SiMe3 + 1 KCHPh2- 2 LiCl, - 1 KCl

    THF/Pentan/Et2O Lu(CH2SiMe3)2(CHPh2)(THF)2

    das durch LiPh zu CrPh2(CHPh2) weiter alkyliert werden konnte.82 In Folgereaktionen mit

    weiteren Substraten erfolgt jedoch sofort Reduktion von Cr(III) zu Cr(II) unter Abspaltung

    des Benzhydrylliganden. Offensichtlich ist die Metall-C(CHPh2) σ-Bindung sehr labil, was

    die Schwierigkeiten bei der Synthese homoleptischer Verbindungen erklärt.74

    2.2.3 Synthese eines heteroleptischen Lu-CHPh2-Komplexes

    Die Synthese eines Diphenylmethyllanthanoid-Komplexes gelang schließlich durch

    Alkylierung einer R2LnCl-Vorstufe. Aufgrund ihrer sehr guten Löslichkeit wurde für R die

    Trimethylsilylmethyl-Gruppe CH2SiMe3 gewählt.

    Der gezielten Synthese von neutralen rein σ-gebundenen Organolanthanoid(III)-Komplexen

    wurde bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.22 Während die Tetra(alkyl)-Sm(III)

    Verbindung [Sm(CH(SiMe3)2)3(µ-Me)Li(PMDTA)] noch koordiniertes Li(PMDTA)

    enthält 60, ist der alkalimetallfreie Cp-Komplex (C5Me5)Lu(CH2SiMe3)(CH(SiMe3)2)(THF)

    strukturell nicht untersucht worden.68 Beim Versuch, eine gemischte Alkylalkoxidverbindung

    direkt aus einfachen Ausgangsmaterialien darzustellen, erhielten Evans et al. einen ionischen

    Komplex, wobei es zur Bildung eines komplizierten Ionenpaares kommt. Im

    heterometallischen Li4Y-Kation sind neben einer fehlgeordneten CH2SiMe3/OCMe3-Gruppe

    Alkoxid- und Chloridliganden vorhanden, das Anion besteht aus einem homoleptischen

    Alkylyttrium-Komplex.40

    Fügt man eine konzentrierte THF-Lösung von 9 zu einem Reaktionsgemisch aus einem

    Äquivalent LuCl3 und zwei Äquivalenten LiCH2SiMe3, beobachtet man eine glatt ablaufende

    Metathesereaktion, bei der man gelbes Lu(CH2SiMe3)2(CHPh2)(THF)2 (10) in mäßiger

    Ausbeute erhält.

    9 10

    10 stellt den ersten neutralen heteroleptischen Lanthanoidkomplex dar, der neben

    koordinierenden Lösemittelmolekülen ausschließlich drei σ-gebundene Alkylliganden besitzt.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    27

    Im Vakuum abgeschmolzene Proben sind bei Raumtemperatur mehrere Tage ohne Zersetzung

    haltbar. Die 1H- und 13C-NMR-Spektren in C6D6 zeigen bei 25 °C einen doppelten Signalsatz

    im hohen Feld. Offensichtlich führt die langsame Rotation des Benzhydrylliganden zu

    diastereotopen CH2SiMe3-Gruppen. Bemerkenswert ist die im Gegensatz zum Kalium-

    Liganden deutlich kleinere 1J(13C,1H)-Kopplungskonstante von 125 Hz für CHPh2, die auf

    eine tetraedrische Koordination (sp3-Hybridisierung) des Methyl-C-Atom hinweist.

    Gibt man zwei Äquivalente 9 zu einer Mischung aus einem Teil LuCl3 und einem Teil

    LiCH2SiMe3 kommt es trotz intensiver Kühlung (Isopropanol/Trockeneis) der rotorangen

    Suspension direkt zur Bildung eines dunkler gefärbten Öls. Aus der abfiltrierten und

    konzentrierten leuchtend orangen Lösung lassen sich bei -78 °C in geringer Ausbeute orange

    Nadeln isolieren, die sich jedoch beim Versuch sie umzukristallisieren in ein gelbes Öl mit

    überstehender gelber Lösung auflösen.

    Ölbildung verhinderte auch bei analogen Versuchen mit Samarium eine Produktabtrennung.

    Zusätzlich erschwert wurden diese Reaktionen durch die Temperaturempfindlichkeit des Sm-

    CH2SiMe3 Vorläufers.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 28

    C1

    O

    K

    C1

    O

    K

    K

    C1C1

    C2

    C8

    K

    C1

    C1

    C8C1

    C1

    C1C1

    C1

    C8

    KOCH

    2.2.4 Kristallstrukturuntersuchungen an KCHPh2 und Lu(CH2SiMe3)2(CHPh2)(THF)2

    Einkristalle von 9 erhält man durch Überschichten einer THF-Lösung mit Pentan, im Fall von

    10 durch Kühlen einer gesättigten Pentan-Lösung auf -36 °C.

    Das THF-Addukt von 9, in dem das CHPh2-Anion wie in 8 planar ist, kristallisiert

    hochsymmetrisch in der orthorhombischen Raumgruppe Fdd2 mit acht Molekülen in der

    Elementarzelle. Röntgenographische Charakterisierungen von Phenylmethylkalium-

    Verbindungen beschränkten sich bisher auf KCH2Ph und KCPh3, deren PMDTA-, DIGLYM-

    oder THF-Solvate im Festkörper meist polymere Zickzack-Ketten bzw. Schichtstrukturen

    bilden.83, 84

    Die Strukturuntersuchung an orangem [KCHPh2.0.5THF] � enthüllt dessen komplexe

    dreidimensionale Struktur, in der das Kalium-Atom tetraedrisch von zwei aliphatischen

    Kohlenstoffatomen, einem Phenylring und einem THF-Molekül umgeben ist (Abbildung 2.9).

    Abb. 2.9: Molekülstruktur von [KCHPh2.0.5THF] � ;

    die Kohlenstoff-Atome der THF-Moleküle sind nicht dargestellt

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    29

    K'

    C9

    C2'

    C8

    H1'

    O

    C1'

    C1H1

    C8'

    C2

    C9'

    K

    C8''

    H1''

    C1''

    C11'

    C2''K''

    Das Sauerstoffatom des THF-Moleküls koordiniert dabei an die Kalium-Ionen zweier

    benachbarter KCHPh2-Moleküle, die gegenseitig mit den Phenylgruppen des jeweils anderen

    Moleküls wechselwirken (Abbildung 2.10). Mit 3.00 und 3.10 Å liegen die K-C1 bzw. K-

    C1’’ Abstände in [KCHPh2.0.5THF] � im Bereich bisher gemessener K-C σ-Bindungen (2.91

    - 3.10 Å 85).

    Abb. 2.10: Molekülstruktur von [KCHPh2.0.5THF] � . Symmetrieoperation zur Erzeugung äquivalenter Atome:

    (‘) 1.5-x, 1.5-y, z, (‘‘) 1.25-x, -0.25+y, -0.25+z, (‘‘‘) 1.25-x, 0.25+y, 0.25+z. Ausgewählte Bindungslängen (in Å)

    und -winkel (in °) (Cg = Zentrum des sechsgliedrigen Ringes C8-C13): K-C1 3.00, K-C2 3.25, K-C8 3.57, K-

    C8‘ 3.70, K-C9‘ 3.44, K-C10‘ 3.14, K-C11‘ 3.08, K-C12‘ 3.26, K-C13‘ 3.54, K-Cg‘ 3.07, K-C1‘‘ 3.10, K-C2‘‘

    3.17, K-C8‘‘ 3.34, K-O 2.78, C1-C2 1.44, C1-C8 1.43, C1-K-Cg‘ 111.2, C1‘‘-K-Cg‘ 123.7, C1-K-C1‘‘ 122.5,

    K-C1-K‘‘ 165.42, C1-K-O 101.3, C1‘‘-K-O 92.1, O-K-Cg‘ 93.4, O-K-C11‘ 111.6, K-O-K‘102.4, C2-C1-C8

    132.1, C8-C1-H1 115.9, H1-C1-C2 111.9, C2-C1-K 86.4, C8-C1-K 101.1, C2‘‘-C1‘‘-K 79.3, C8‘‘-C1‘‘-K 86.5 .

    Das Koordinationspolyeder von C1 ist eine verzerrte trigonale Bipyramide mit den Kalium-

    Atomen in den axialen Positionen (K-C1-K: 165.4°). Die Winkel zwischen den äquatorialen

    Liganden um C1 weichen etwas von dem idealen Wert von 120° ab, was auf den größeren

    sterischen Anspruch der beiden Phenylringe zurückzuführen ist (C2-C1-C8 132.1°, C8-C1-H1

    115.9°, H1-C1-C2 111.9°). Der Schnittwinkel zwischen den beiden Ebenen, die von den

    Phenylringen gebildet werden, beträgt 3°. Neben der intensiven Farbe, der Planarität und der

    beinah idealen trigonal-planaren Koordinationssphäre von C1 sind auch die kurzen

    Einfachbindungen C1-C2 (1.44 Å) bzw. C1-C8 (1.43 Å) Anzeichen für einen erheblichen

    Grad an Delokalisierung im CHPh2-Anion, wie sie auch in 8 vorliegt. Diese ist dagegen im

    Trityl-Anion (-CPh3) geringer ausgeprägt, da eine optimale Überlappung der π-Systeme durch

    die propellerartige Anordnung der Phenylringe verhindert wird.75 Berechnet man die

    Überlappung der π-Systeme, die als cosθ2-Funktion vom Torsionswinkel θ der π-Ebenen

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 30

    C2C9C10

    C1C8η6η3C11

    H1

    C2

    C13C12

    C1

    C8

    KK

    C11

    H1 C13 C12

    O

    abhängig ist 83, sollte in [KCHPh2.0.5THF] � mit θ = 3° zu rund 100 % eine π-Delokalisierung

    vorhanden sein. Die Planarität der CHPh2-Einheit liegt auch in Lösung vor, was sich in der im

    NMR gemessenen großen CH-Kopplungskonstante, welche annähernd denen von Phenyl-

    substituierten Ethen-Verbindungen entspricht, widerspiegelt.

    Während kleine „harte“ Kationen wie Li+ normalerweise nur mit dem Zentrum der höchsten

    Ladungsdichte wechselwirken, beobachtet man mit zunehmenden Ionenradius (Li → Cs)

    zunehmend Multihapto-Wechselwirkungen. Das „weichere“ K+ bevorzugt dabei mehr

    delokalisierte anionische Einheiten wie z. B. Phenylringe. Dabei kann sich die Position des

    Kalium-Ions weg von dem eigentlichen Carbanion hin zu peripheren Phenylgruppen

    verschieben, zu denen im Extremfall eine η6-Koordination erreicht wird. 83, 84

    In [KCHPh2.0.5THF] � findet man das Kalium-Atom in einer leicht unsymmetrischen Position

    zu dem Phenylring (siehe Abbildung 2.11). Die Abstände zu den para- und meta-C-Atomen

    (C11: 3.08 Å, C10 und C12: 3.14 und 3.26 Å) sind kürzer als zu den ortho- und ipso-C-

    Atomen (C9 und C13: 3.44 und 3.54 Å, C8: 3.70 Å). Mit 2.99 Å ist jedoch die η3-Bindung

    (zu C10, C11 und C12) nur unwesentlich kürzer als die η6-Bindung zum Mittelpunkt des

    gesamten Phenylringes Cg (3.07 Å).

    Abb. 2.11: Lage der Kalium-Atome zu den Phenylringen in [KCHPh2.0.5THF] �

    Nach Weiss et al. ist bei solchen alkalimetallorganischen Verbindungen eine exakte

    Festlegung von Koordinationszahlen und Haptizitäten aufgrund stark variierender Abstände

    nicht mehr sinnvoll.84 Mit 3.07 Å liegt der K-Cg Abstand nur knapp über der Summe von

    1.33 Å für den Ionenradius von K+ und 1.70 Å für die halbe van-der-Waals-Ausdehnung eines

    Benzolringes.39 Der mittlere Abstand des Kalium-Atoms zu den Phenyl-C-Atomen liegt wie

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    31

    Si2

    O2

    C18

    C8LuC1

    H1

    C14 C2

    O1

    Si1

    die K-Cg Distanz im Bereich beobachteter ηn-Koordinationen (n = 3 - 6) von K+-Ionen an

    Phenylringe (K···ηn-Ph: 2.96 - 3.30 Å 85).

    Einer Röntgenstrukturanalyse von monoklinem 10 zufolge ist die Koordination des Lutetium-

    Zentrums verzerrt trigonal-bipyramidal, wobei sich die Alkylliganden in den äquatorialen

    Positionen befinden (Abbildung 2.12).

    Abb. 2.12: Molekülstruktur von 10. Ausgewählte Bindungslängen (in Å) und -winkel (in °): Lu-C1 2.45, Lu-

    C14 2.35, Lu-C18 2.34, Lu-O1 2.31, Lu-O2 2.30, C1-C2 1.46, C1-C8 1.46, C1-Lu-C14 132.8, C1-Lu-C18

    114.1, C14-Lu-C18 113.0, O1-Lu-O2 176.5, O1-Lu-C1 83.6, O1-Lu-C14 93.0, O1-Lu-C18 90.0, O2-Lu-C1

    93.5, O2-Lu-C14 90.4, O2-Lu-C18 89.4, C2-C1-C8 124.6, C2-C1-Lu 100.4, C8-C1-Lu 110.0.

    Die Lu-C(CHPh2) Bindung ist mit 2.45 Å deutlich länger als zu den beiden

    Methylenkohlenstoffatomen (Lu-C14 = 2.35 Å, Lu-C18 = 2.34 Å), was sich auf den größeren

    sterischen Anspruch des Benzhydrylliganden zurückführen lässt. Die beiden Lu-

    C(CH2SiMe3) Abstände sind leicht kürzer als der mittlere Lu-C Abstand im homoleptischen

    Lu(CH2SiMe3)3(THF)2 (4, 2.36 Å), sie liegen aber im Bereich bisher untersuchter Lu-

    C(CH2SiMe3) Bindungslängen von 2.35 - 2.39 Å (siehe Kapitel 2.1.2).

    Wie in 4 ist die O-Lu-O Achse mit 176.5° fast linear und die C-Lu-O Winkel betragen im

    Schnitt 90°. Blickt man von oben auf 10, sieht man diesmal die THF-Moleküle genau

    übereinander (Abbildung 2.13), in 4 waren sie gestaffelt (Abbildung 2.4). Mit 132.8° ist der

    C1-Lu-C14 Winkel deutlich größer als die anderen beiden Winkel C-Lu-C in der trigonal-

    planaren Ebene.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 32

    C8

    C14

    Lu

    C18

    C1

    C2

    H1

    Abb. 2.13: Blick auf 10 von oben

    C1 ist sowohl im Festkörper wie auch in Lösung tetraedrisch koordiniert, die CHPh2-

    Kopplungskonstante von 126 Hz entspricht genau der von sp3 hybridisierten C-Atomen.80 Im

    Gegensatz zu 8 und 9, in dem die CHPh2-Einheit planar vorliegt, sind bei 10 die Phenylringe

    vom CHPh2 gegeneinander verdreht. Mit 40.3° ist der Verdrillungswinkel kleiner als in

    Cp2Zr(CHPh2)2 oder Cp2Hf(CHPh2)2 .74 Daraus ergibt sich ein wesentlich höherer π-

    Überlappungsanteil als in den Diphenylmethyl-Zirconium- oder -Hafniumkomplexen.

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    33

    2.3 Carben-Addukte von dreiwertigen Lanthanoidalkyl-Verbindungen

    Auf der Suche nach einer Stabilisierung der temperaturempfindlichen Lanthanoidalkyle

    Ln(CH2SiMe3)3(THF)x bietet sich neben der Verwendung von sterisch anspruchsvollen

    Liganden auch der Ersatz der Lösemittelmoleküle durch einen stärkeren neutralen Donor wie

    z. B. einem N-heterocyclischen Carben an. Verschiedene Derivate des außergewöhnlich

    stabilen Imidazol-2-ylidens haben sich schon bei Bindungsknüpfung zu elektronenarmen

    Zentren wie GeI2, AlH3 und BH3 bewährt.86 Aufgrund ihres nucleophilen Charakters sollten

    Imidazol-2-ylidene beim Austausch von THF-Molekülen in den ebenfalls sehr

    elektronenarmen Lanthanoidalkylverbindungen einen stabilitätssteigernden Einfluss haben.

    Darüber hinaus sind die mit dem Carben-C-Atom koordinierenden Donoren sterisch

    anspruchsvoller als der cyclische Ether. Bei Polymerisationsprozessen wird zusätzlich die

    Ausbildung einer bimodalen Molmassenverteilung vermieden.16 Besonders wichtig ist bei

    Umsetzungen mit Lanthanoidalkylen schließlich die Tatsache, daß man im Gegensatz zum

    THF mit N-heterocyclischen Carbenen bisher keine Zersetzungsreaktionen beobachtet hat.

    Während Übergangsmetallkomplexe mit N-heterocyclischen Carbenen ob ihrer Masse schon

    ausführliche Übersichtsartikel verlangen 87, ist das Gebiet der Lanthanoidcarbenkomplexe

    erstaunlich übersichtlich geblieben. Synthesen von Organolanthanoid-Carben-Addukten

    beschränkten sich neben wenigen Beispielen von dreiwertigen Lanthanoiden (zwei Triflate 88,

    zwei Amide 89 und ein Cyclopentadienylkomplex 90) bisher meist auf zweiwertige

    Verbindungen von Samarium und Ytterbium mit unterschiedlichen Cyclopentadienyl-

    liganden.16, 88, 91 Von diesen hat sich der divalente Samariumcarbenkomplex

    (C5Me5)2Sm(iPr,Me-Carb) bereits in der lebenden Polymerisation polarer Monomere bewährt,

    bei der man in hohen Ausbeuten flüssigkristalline Homo- und Blockcopolymere erhält. Im

    Gegensatz zu den THF-enthaltenden Katalysatorsystemen (C5Me5)2Sm(THF)2 und

    (C5Me4Et)2Sm(THF)2 lässt sich bei Verwendung des Carben-Adduktes keine Schulter in der

    Molmassenverteilung detektieren, die auf das Wachsen einer zweiten Polymerkette am

    Metallzentrum hindeutet.16

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 34

    Ln(CH2SiMe3)3(THF)2 +

    N

    :C

    N

    - THFLn(CH2SiMe3)3(THF)( )

    N

    :C

    N

    2.3.1 Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(THF)(iPr,Me-Carb)

    Die äquimolare Umsetzung von Ln(CH2SiMe3)3(THF)2 (Ln = Er (2), Lu (4)) mit 1,3-Di-iso-

    propyl-4,5-dimethylimidazol-2-yliden (iPr,Me-Carb; 11) 92 führt in guten Ausbeuten zur

    Bildung der ersten Lanthanoidalkyl-Carben-Addukte 12 und 13.

    Ln = Er (2), Lu (4) 11 Ln = Er (12), Lu (13)

    Abb. 2.14: Synthese der Lanthanoidalkyl-Carben-Addukte 12 und 13

    Tropft man eine konzentrierte Lösung von 11 zu einer konzentrierten Lösung des

    Lanthanoidalkyls, bildet sich innerhalb weniger Minuten ein rosafarbener (Er) bzw. farbloser

    (Lu) Niederschlag. Der Ersatz eines THF-Moleküls durch ein Carben führt zu einer

    geringeren Löslichkeit von 12 und 13 in aliphatischen Kohlenwasserstoffen und erhöht deren

    thermische Stabilität (Schmelz- bzw. Zersetzungspunkte um 100 °C). Während die

    Empfindlichkeit amorpher Carben-Komplexe gegenüber Luft und Feuchtigkeit annähernd

    bestehen bleibt, wirken kristalline Proben deutlich inerter. Rosa Kristalle von 12 verfärben

    sich außerhalb der Schutzgasatmosphäre erst im Laufe von ca. einer Minute nach rosa-orange,

    mikrokristallines farbloses 13 wird dagegen sofort dunkelbeige.

    Die chemischen Verschiebungen in den 1H- und 13C-NMR-Spektren von 13 haben sich

    gegenüber denen der Ausgangsverbindungen 4 und 11 nicht wesentlich verändert. Mit δ =

    199.5 ppm für :C liegt das Signal im Bereich der bisher gemessenen Werte für koordinierende

    Carben-C-Atomen in diamagnetischen Yb-Cp-Komplexen.91

    Interessanterweise verbleibt trotz des hohen sterischen Anspruchs des Isopropyl-Carben-

    Moleküls das zweite THF-Molekül am Lanthanoid, während die stöchiometrische Reaktion

    von dem „kleineren“ Dimethyl-Carben mit dem Y-Silylamid Y[N(SiHMe2)]3(THF)2 zu einem

    direkten Ersatz beider THF-Moleküle durch das Carben führt.89

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    35

    Y(N(SiHMe2)2)3(THF)2 +

    N

    :C

    N

    - 2 THF( )Y(N(SiHMe2)2)3

    N

    :C

    N

    Si2C5

    Si1

    C1

    N2Er C13

    O

    N1

    C9

    Si3

    2.3.2 Kristallstrukturuntersuchungen an Ln(CH2SiMe3)3(THF)(iPr,Me-Carb)

    Für die Röntgenstrukturanalyse geeignete Einkristalle erhält man aus gesättigten

    Pentanlösungen bei -36 °C. 12 (Abbildung 2.15) und 13 kristallisieren isotyp in der

    monoklinen Raumgruppe P21/c mit 4 Molekülen in der Elementarzelle. In Tabelle 2.4 sind

    ausgewählte Bindungsabstände und -winkel zusammengefasst, in Tabelle 2.5 sind zum

    Vergleich die entsprechenden Werte für die Bis(THF)-Addukte 2 und 4 mitaufgeführt.

    Abb. 2.15: Molekülstruktur von 12

    Tab. 2.4: Ausgewählte Bindungsabstände (in Å) und -winkel (in °) für 12 und 13.

    Ln-C13 Ln-O Ln-C O-Ln-C1 N1-C13-N2 O-Ln-C13

    12 2.52 2.49 2.39 - 2.40 166.4 104.2 75.8

    13 2.49 2.46 2.36 - 2.38 167.1 104.6 76.2

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 36

    C5

    O1

    Er

    O2

    C1C9C5

    C1

    C13

    Er

    O

    C9

    Tab. 2.5: Vergleich entsprechender Abstände (in Å) und Winkel (in °) in 2, 4, 12 und 13.

    Ln-C(CH2) Ln-O ax1-Ln-ax2 eq-Ln-eq ax1-Ln-eq ax2-Ln-eq

    2 2.39 - 2.40 2.35, 2.36 177.7

    133.8, 116.3, 109.9

    87.4, 89.2, 90.5

    89.7, 91.9, 91.9

    4 2.35 - 2.36 2.30, 2.31 177.7

    133.7, 116.2, 110.0

    87.5, 89.3, 90.4

    89.7, 91.7, 91.9

    12 2.39 - 2.40 2.49 166.4 119.1, 118.2, 116.3

    75.8, 82.6, 86.2

    90.7, 101.9, 102.6

    13 2.36 - 2.38 2.46 167.1 119.1, 118.0, 116.5

    76.2, 82.2, 86.2

    91.0, 101.7, 102.5

    ax1, ax2, eq: Liganden in axialen und äquatorialen Positionen

    Die Koordinationssphäre vom Lanthanoid-Zentrum in 12 und 13 ist verzerrt trigonal-

    bipyramidal, das THF-Molekül und ein Alkylligand befinden sich in den axialen Positionen,

    aber die Winkel O-Ln-C1 weichen deutlich von dem Idealwert ab (12: 166.4°, 13: 167.1°).

    Das Carben-Molekül und zwei Alkylliganden umgeben die Metallzentren mit C-Lu-C

    Winkeln von ca. 116 - 119°. Auf den ersten Blick scheinen sich hier die drei Liganden

    gleichmäßiger in der Ebene zu verteilen. Abbildung 2.16 zeigt jedoch deutlich das Abknicken

    des THF-Moleküls hin zum Carben (O-Ln-C13: 75.8° in 12 und 76.2° in 13); zusätzlich sind

    die Bindungen C5-Ln und C9-Ln Bindung aus der „Ebene“ ausgelenkt. Auffällig ist

    außerdem die gleiche Fehlordnung des THF-Moleküls in 12 und 13. In beiden Verbindungen

    ist C26 zwischen zwei Positionen mit einem Besetzungsverhältnis von 57 : 43 fehlgeordnet.

    Abb. 2.16: Koordination von Erbium in 2 (links) und 12 (rechts)

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen

    37

    Während sich die Bindungslängen Ln-C(CH2SiMe3) fast gar nicht verändert haben, sind die

    Ln-O Distanzen in 12 und 13 auffallend länger als in 2 und 4. Erwartungsgemäß weisen die

    Bindungslängen Ln-C13 (2.52 Å für 12 und 2.49 Å für 13) auf gedehnte Einfachbindungen

    hin. Im Fall des Lutetium-Komplexes 13 liegt damit der kürzeste gefundene Abstand für ein

    an ein Lanthanoid koordinierendes Kohlenstoffatom vor, was im Einklang damit steht, daß

    Lu(III) das kleinste Metallzentrum in der Reihe der gemessenen Lanthanoid-Carbenkomplexe

    ist (Tabelle 2.6). Gleichzeitig erkennt man deutlich den Einfluss der Lanthanoiden-

    kontraktion: alle Bindungen in 12 sind leicht länger, wobei die Differenz der Bindungslängen

    (0.032 Å bei Ln-C13, 0.039 Å bei Ln-O(THF) und 0.025 Å bei Ln-C(CH2SiMe3)) dem

    Unterschied der Ionenradien von Erbium und Lutetium entspricht.71

    Die Winkel N1-C13-N2 sind mit 104.2° bzw. 104.6° nur wenig größer als im

    unkoordinierenden 11 (101.9° 93). Das Yliden in 12 und 13 ist praktisch planar und mit den

    Winkeln um C13 von nur wenig mehr als 120° (N1-C13-Ln: 125.8° in 12 und 125.7° in 13,

    N2-C13-Ln: 129.5° in 12 und 129.3° in 13) liegt annähernd eine sp2-Hybridisierung des

    Carben-C-Atoms vor.

    Tab. 2.6: Vergleich ausgewählter Daten aller strukturell charakterisierten Lanthanoid- und Yttriumcarbenkomplexe (in Å, ° bzw. ppm)

    Ln-C: N-C:-N δδδδ(C:) Ref.

    iPr,Me-Carb (11) a) - 101.9 205.9 93

    12 2.52 104.2 - b)

    13 2.49 104.6 199.5

    (C5Me4Et)2Yb(Me,Me-Carb) 2.67 103.2 205.0 91

    (C5H3tBu2)2Yb(Me,Me-Carb) 2.60 102.5 201.8 91

    (C5Me5)2Sm(Me,Me-Carb)2 2.84, 2.85 101.1, 101.9 - c) 88

    [(Me2HSi)2N]3Y(Me,H-Carb) 2.55, 2.56 - d) 190.3 89

    [(Me2HSi)2N]3Y(Me,H-Carb)2 2.65, 2.67 - d) 194.0 89

    (C5H4tBu)2ClSm(iPr,Me-Carb) 2.62 101.9 - e) 90

    (C5Me5)2Sm(iPr,Me-Carb) 2.78 103.5 - e) 16

    a) R,R’-Carb = 1,3-di(R)-4,5-di(R’)imidazol-2-yliden; b) wurde aufgrund des Paramagnetismus nicht vermessen; c) konnte nicht detektiert werden; d) keine Angabe; e) Angabe nur des 1H-NMR-Spektrums

  • Trimethylsilyl-Alkylverbindungen 38

    Ln(CH2SiMe3)3(THF)(iPr,Me-Carb) + (iPr,Me-Carb)

    - THFLn(CH2SiMe3)3(

    iPr,Me-Carb)2

    2.3.3 Synthese von Ln(CH2SiMe3)3(iPr,Me-Carb)2

    Setzt man die zweifach THF-solvatisierten Lanthanoidalkyle 2 und 4 direkt mit zwei

    Äquivalenten Carben um, ist die Reaktion aufgrund der Schwerlöslichkeit der zuerst

    gebildeten THF-Carben-Verbindungen nur unvollständig. Das NMR-Spektrum von

    Versuchen mit Lutetium weist sowohl Signale von unreagierten Edukten als auch von

    Produkten auf, deren genaue Zuordnung nicht möglich ist. Bei entsprechenden Versuchen mit

    Erbium erkennt man wechselnde Mengen an rosafarbenen und farblosen Niederschlägen, die

    sich nicht trennen lassen. Daher empfiehlt es sich, erst in konzentrierten Lösungen die

    Mono(Carben)-Verbindungen 12 und 13 herzustellen und zu isolieren, und dann diese

    wiederaufzulösen, bevor man sie mit dem zweiten Äquivalent Carben reagieren lässt.

    Ln = Er (12), Lu (13) 11 Ln = Er (14), Lu (15)

    Zum einen entfernt man durch das Abdekantieren der Reaktionslösung das nach der ersten

    Umsetzung frei gewordene THF und entzieht es so dem Gleichgewicht, das wegen der

    Schwerlöslichkeit von 12 bzw. 13 sowieso schon auf der Seite der Mono(Carben)-

    Verbindungen liegt. Zum anderen kann man gut den Reaktionsverlauf der zweiten

    Substitution verfolgen, die die Löslichkeit der Trimethylsilylmethyl-Lanthanoide in

    aliphatischen Kohlenwasserstoffen weiter herabsetzt. Bei der Vereinigung der in Pentan

    gelösten Edukte fallen die Produkte wiederum in Form von feinen blassrosa (14) bzw.

    farblosen (15) Ni