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300 Rebling, Neae Blldungsweise der BaldriansEiure durch Gahruag ; von Apothelrer in Langunsrtlra. Ed. Rebling, - __ Bei der Darstellung von Bernsteinsaure aus apfel- saurem Kalk im vorigen Jahre schob ich die geringe Aus- beute auf die kurze Gahrungsfrist. Ich liess daher im vorigen Jahre die Mischung mit einem Ueberschuss von Kalkhydrat bei einer gleichhleibenden Warme von uoge- fahr 18OR. drei Wochen lang stehen. Der bernsteinsaure Kalk rnit kohlensaurem Kalk gernengt, hatte sich, wie be- kannt ist, in porosen festen Stucken abgelagert; er wurde mit etwas Wasser abgewaschen und durch Schwefelsaure zer- legt ; durch mehrmaliges Bmkrystallisiren wurde die Bern- steinsaure rein erhalten. - Die yon dem rohen bernstein- sauren Kalk abgegossene Flussigkeit nahm ich zu meiner Belehrung, ob sich die Aepfelsaure bei der Gahrung wirk- lich in Kohlensawe und Essigsaure spalte, ebenfalls in Arbeit. Die filtrirte braunliche Flussigkeit war von slin- kendem Geruch, schwach saurer Reaction und bedeuten- dem Kalkgehalt. Nach der Vermischung mit einigen Unzen Schwefelsaure wurde sie so lange destillirt, als noch eine saure Flussigkeit uberging. Das Destillat wurde rnit koh- lensaurem Natron Sesattigt, zur Syrupsdicke abgedampft (wobei ein penelranter Geruch auftrat, welcher das ganze Haus durchzog) und durch eine Mischung von gleichen Theilen Schwefelsaure und Wasser zersetzt, dann destil- lirt. Obgleich die Mischung aark kochte, so deslillirte doch nur wenig uber, wodurch mir zur Gewissheit wurde, dass ich es hier mit keiner Essigsaure zu thun hatte. Da der Inhalt der Retorte zu stossen anfing. unterbrach ich die Destillalion, und erslaunte, als nach kurzer Zeit sich der Inhalt der Retorte in 2Theile gelheilt hatte; esschwamm eine Oelschicht auf der sauren schwefelsauren flatronlosung. Der Inhalt der Retorte wurde noch warm ausgegossen und in einem gut bedeckten Gefasse erkalten gelassen. Durch ein glasernes Spritzchen sonderte ich dann das Oel ab,

Neue Bildungsweise der Baldriansäure durch Gährung

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Page 1: Neue Bildungsweise der Baldriansäure durch Gährung

300 Rebling,

Neae Blldungsweise der BaldriansEiure durch Gahruag ;

von

Apothelrer in Langunsrtlra. Ed. Rebling,

- __

Bei der Darstellung von Bernsteinsaure aus apfel- saurem Kalk im vorigen Jahre schob ich die geringe Aus- beute auf die kurze Gahrungsfrist. Ich liess daher im vorigen Jahre die Mischung mit einem Ueberschuss von Kalkhydrat bei einer gleichhleibenden Warme von uoge- fahr 18OR. drei Wochen lang stehen. Der bernsteinsaure Kalk rnit kohlensaurem Kalk gernengt, hatte sich, wie be- kannt ist, in porosen festen Stucken abgelagert; er wurde mit etwas Wasser abgewaschen und durch Schwefelsaure zer- legt ; durch mehrmaliges Bmkrystallisiren wurde die Bern- steinsaure rein erhalten. - Die yon dem rohen bernstein- sauren Kalk abgegossene Flussigkeit nahm ich zu meiner Belehrung, ob sich die Aepfelsaure bei der Gahrung wirk- lich in Kohlensawe und Essigsaure spalte, ebenfalls in Arbeit. Die filtrirte braunliche Flussigkeit war von slin- kendem Geruch, schwach saurer Reaction und bedeuten- dem Kalkgehalt. Nach der Vermischung mit einigen Unzen Schwefelsaure wurde sie so lange destillirt, als noch eine saure Flussigkeit uberging. Das Destillat wurde rnit koh- lensaurem Natron Sesattigt, zur Syrupsdicke abgedampft (wobei ein penelranter Geruch auftrat, welcher das ganze Haus durchzog) und durch eine Mischung von gleichen Theilen Schwefelsaure und Wasser zersetzt, dann destil- lirt. Obgleich die Mischung aark kochte, so deslillirte doch nur wenig uber, wodurch mir zur Gewissheit wurde, dass ich es hier mit keiner Essigsaure zu thun hatte. Da der Inhalt der Retorte zu stossen anfing. unterbrach ich die Destillalion, und erslaunte, als nach kurzer Zeit sich der Inhalt der Retorte in 2Theile gelheilt hatte; esschwamm eine Oelschicht auf der sauren schwefelsauren flatronlosung. Der Inhalt der Retorte wurde noch warm ausgegossen und in einem gut bedeckten Gefasse erkalten gelassen. Durch ein glasernes Spritzchen sonderte ich dann das Oel ab,

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neue Bildungsweise der Baldriansaure durch Gahrung. 301

und fand, dasv es alle Eigenschaften der concenlrirten BaldriansPure hatte.

Das von der aufschwimmenden Baldriansaure befreite saure schwefelsaure Natron wurde nach der Krystallisa- tion auf einen Trichter gegeben und nach und nach Alko- hol aufgegossen. Schon durch diese einfache Operation wurde der Alkohol von der an dem sauren Natronsalze anhangenden Baldriansaure atherisirt und nachdem das Abtropfelnde mir Aetzkalk neutralisirt und rectiGcirt wor- den war, erhielt ich mehrere Unzen Butterather von hochst kraftigem Geruch und Geschmack.

Nach Abschaidung der Bernsteinsaure und der gyps- haltigen Flussigkeit verblieben mehrere Unzen einer sau- ren Flussigkeit von dunner Syrupsconsistenz, die nicht mehr krystallisiren wollte. Es war noch unzersetzte Aepfel- saure, welche von neuem mit Aetzkalk (im Ueberschuss) verbunden, der Gahrung unterworfen wurde. Nach Ver- lauf von drei Wochen nahm ich die Flussigkeit sowohl, als auch den Kalkabsatz wieder in Arbeit; aus letzterem konnte ich keine Bernsteinsaure mehr abscheiden, die Flus- sigkeit lieferte jedoch diesrnal mehr (1 Loth) Baldriansaure von heller Farbe.

lch habe noch verschiedene Kalksalze in Arbeit, urn deren Umwandlung durch Hefengahrung zu beobachten, und werde das Resultat seiner Zeit bekannt machen; doch muss ich noch das Vorkommen der Baldriansaure im Kase mittheilen. Da bei der Darstellung der Baldriansaure nicht nur von mir, sondern auch von allen Hausbewohnern der unertragliche Geruch als dem faulen Kase ahnlich bezeich- net wurde, so untersuchte ich den weichen schmierigen Ueberzug des gut gewordenen Hauskases. Derselbe ent- wickelte mit Aetzkalk Ammoniak; mit warmem Wasser angerieben und mil Schwefelsaure destillirt, erhielt ich ein saures stinkendes Destillat, welches mit Soda neutra- lisirt, zur Trockne verdampft und mit Schwefelsaure zer- setzt, ebenfalls Baldriansaure ausgab. Der gut gewordene Kase verdankt daher seinen eigenthiimlichen Geruch und Geschmack dem baldriansauren Ammoniak (nebenbei wohl auch dem buttersauren Ammoniak).

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