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Zeitsehrift fiir Krebsforschung 65, 434--438 (1963) Aus dem I. Institut f/ir Pathologische Anatomie und Experimentelle Krebsforschung der Medizinischen Universitat in Budapest (Direktor: Prof. Dr. J. B~6) Neue experimentelle Angaben zur geschwulsterzeugenden Wirkung des lsonicotins~iurehydrazid (INH) Von J. JunXsz~ J. B~6 und B. SZENDE Mit 2 Textabbildungen (Eingegangen am 20, Deze,zber 1962) 1957 haben wir (Jc~/~sz, BAL6, K]~NJ)~Eu als erste berichtet, dab eine ]ang- dauernde Behandlung mit Isonicotinss (INH) (Gesamtmenge 82mg) Gesehwfilste hervorruft. In 14 yon den behandelten 45 Tieren entstanden in 61--225 Tagen Gesehw/ilste -- solit~re und multiple Lungenadenome, lymphoide mad myeloide Leuk~mie, Histioeytenleuk~tmie, l~etieulosarkom der Leber. Mo~i und YAsv~o haben 1959 der Standarddi~t 2--3 Monate alter weiBer MEuse 0,3% INH beigemischt. Im Laufe der 134--210 Tage wEkrenden Versuche betrug die in den Organismus der Tiere gelangte INH-Gesamtmenge 222~26 rag. In 9 yon 15 Tieren traten multiple Lungenadenome auf. Die erste Lungengeschwlflst wurde am 134. Tage nach Ver- suchsbeginn beobaehtet; wurde die der DiEt beigemiseMe INH-Menge erh6ht, dann erschie- nen die Lungenadenome in viel kfirzerer Zeit. SpEter stellten MogI, YAs~o und MAWSUMOTO lest, dab bei einer 0,06 % INH enthaltenden DiEt in 50 % tier Tiere multiple Lungenadenome entstanden gegen~ber 3% bei den Kontrolltieren. Enthielt die DiEt 0,25% INH, so ent- standen in 7 Mona~en in den Lungen aller Tiere Geschw~lste. Injizierten sie 18 Woehen lang jeden 2. T~g 0,1 ml einer 2%igen IIqH-L6sung subeutan, so waren in 7 Monaten in 53% tier Versuehstiere Lungenadenome zu beobaehten. Sc~rvcA~verabreichte weiBen M~usen durch 274 Tage tEglieh 2,5 mg INH peroral und erzielte unter 20 Tieren fiinf Lungenadenome. In unseren neuen Versuchen waren wir bestrebt, weitere Angaben zur ge- sehwulsterregenden Wirkung des Isonieotins~urehydrazid zu erhalten. 50, durehsehnittlich 20 g sehwere, weiBe M/~use aus eigenem Stature wurden in den Vet- such genommen, 50 dienten zur Kontrolle. Da die genaue Dosierung in F~tterungsversuchen auf Schwierigkeiten stSBt, haben wir aueh diesmal die intraperitoneale Behandlungsart gew~hlt. Von einer 1%igen L6sung des INH ~ in physiologischer Koehsalzl6sung wurden den Versuchstieren t~glich intraperitoneal 0,3 ml verabreicht. Dosen yon t~tglich 3 mg haben die Tiere -- anders als in den friiheren Versuchen -- nur schlecht vertragen, weshalb wir sparer nur 2 mg und schlieBlich nut 1 mg verabreicht haben. Im Laufe einer ersten Injektionsserie wurden durch 18 intraperitoneale Injektionen insgesamt 40 mg INtt verab- reicht. Nach dieser Behandlungsserie haben wir die Behandlung ausgesetzt, um sie nach 3 Monaten mit Dosen yon 1 mg fortzusetzen. In dieser zweiten Serie bekamen die Tiere 15 Injektionen mit insgesamt 15 mg INIK. Im Laufe des ga~zen Versuches gelangterL also insgesamt 55 mg II~H in den Organismus der Versuchstiere. Ergebnisse Nach ihrem Verenden bzw. ihrer T6tung wurden die Tiere makro- undmikro- skopiseh untersucht. Die dabei geiundenen Geschwiilste sind in der Tabelle zusammengefaBt. Die letzten 9 Versuchstiere und 23 Kontrolltiere wurden am 1 Das INH-PrEparat wurde uns von Herrn Prof. Dr. G. DOMAGK zur Verffigung gestellt, wofiir wir ihm auch hierorts unseren besten Dank aussprechen.

Neue experimentelle Angaben zur geschwulsterzeugenden Wirkung des Isonicotinsäurehydrazid (INH)

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Page 1: Neue experimentelle Angaben zur geschwulsterzeugenden Wirkung des Isonicotinsäurehydrazid (INH)

Zeitsehrift fiir Krebsforschung 65, 434--438 (1963)

Aus dem I. Institut f/ir Pathologische Anatomie und Experimentelle Krebsforschung der Medizinischen Universitat in Budapest (Direktor: Prof. Dr. J. B~6)

Neue experimentelle Angaben zur geschwulsterzeugenden Wirkung des lsonicotins~iurehydrazid (INH)

Von

J. JunXsz~ J. B ~ 6 u n d B. SZENDE

Mit 2 Textabbildungen

(Eingegangen am 20, Deze,zber 1962)

1957 haben wir (Jc~/~sz, BAL6, K]~NJ)~Eu als erste berichtet , dab eine ]ang- dauernde Behand lung mi t Isonicotinss (INH) (Gesamtmenge 82mg) Gesehwfilste hervorruft . I n 14 yon den behandel ten 45 Tieren en t s t anden in 61--225 Tagen Gesehw/ilste - - solit~re und mul t ip le Lungenadenome, lymphoide mad myeloide Leuk~mie, Histioeytenleuk~tmie, l~etieulosarkom der Leber.

Mo~i und YAsv~o haben 1959 der Standarddi~t 2--3 Monate alter weiBer MEuse 0,3% INH beigemischt. Im Laufe der 134--210 Tage wEkrenden Versuche betrug die in den Organismus der Tiere gelangte INH-Gesamtmenge 2 2 2 ~ 2 6 rag. In 9 yon 15 Tieren traten multiple Lungenadenome auf. Die erste Lungengeschwlflst wurde am 134. Tage nach Ver- suchsbeginn beobaehtet; wurde die der DiEt beigemiseMe INH-Menge erh6ht, dann erschie- nen die Lungenadenome in viel kfirzerer Zeit. SpEter stellten MogI, YAs~o und MAWSUMOTO lest, dab bei einer 0,06 % INH enthaltenden DiEt in 50 % tier Tiere multiple Lungenadenome entstanden gegen~ber 3% bei den Kontrolltieren. Enthielt die DiEt 0,25% INH, so ent- standen in 7 Mona~en in den Lungen aller Tiere Geschw~lste. Injizierten sie 18 Woehen lang jeden 2. T~g 0,1 ml einer 2%igen IIqH-L6sung subeutan, so waren in 7 Monaten in 53% tier Versuehstiere Lungenadenome zu beobaehten. Sc~rvcA~ verabreichte weiBen M~usen durch 274 Tage tEglieh 2,5 mg INH peroral und erzielte unter 20 Tieren fiinf Lungenadenome.

I n unseren neuen Versuchen waren wir bestrebt , weitere Angaben zur ge- sehwulsterregenden Wi rkung des Isonieot ins~urehydrazid zu erhalten.

50, durehsehnittlich 20 g sehwere, weiBe M/~use aus eigenem Stature wurden in den Vet- such genommen, 50 dienten zur Kontrolle. Da die genaue Dosierung in F~tterungsversuchen auf Schwierigkeiten stSBt, haben wir aueh diesmal die intraperitoneale Behandlungsart gew~hlt. Von einer 1%igen L6sung des INH ~ in physiologischer Koehsalzl6sung wurden den Versuchstieren t~glich intraperitoneal 0,3 ml verabreicht. Dosen yon t~tglich 3 mg haben die Tiere - - anders als in den friiheren Versuchen - - nur schlecht vertragen, weshalb wir sparer nur 2 mg und schlieBlich nut 1 mg verabreicht haben. Im Laufe einer ersten Injektionsserie wurden durch 18 intraperitoneale Injektionen insgesamt 40 mg INtt verab- reicht. Nach dieser Behandlungsserie haben wir die Behandlung ausgesetzt, um sie nach 3 Monaten mit Dosen yon 1 mg fortzusetzen. In dieser zweiten Serie bekamen die Tiere 15 Injektionen mit insgesamt 15 mg INIK. Im Laufe des ga~zen Versuches gelangterL also insgesamt 55 mg II~H in den Organismus der Versuchstiere.

Ergebnisse Nach ihrem Verenden bzw. ihrer T6 tung wurden die Tiere makro- undmi k r o -

skopiseh untersucht . Die dabei ge iundenen Geschwiilste s ind in der Tabelle zusammengefaBt. Die letzten 9 Versuchstiere u n d 23 Kontrol l t iere wurden am

1 Das INH-PrEparat wurde uns von Herrn Prof. Dr. G. DOMAGK zur Verffigung gestellt, wofiir wir ihm auch hierorts unseren besten Dank aussprechen.

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Geschwulsterzeugende Wirkung des Isonicotins~urehydrazid (INH) 435

400. Tage nach Versuchsbeginn getStet . Von den 9 behande l t en Tieren haben wit in zweien Geschwu]s te rkrankungen gefunden, in den 23 Kon t ro l l t i e r en keine.

E i n m a l konn t en wir bei einem am 187. Tage ve rende ten Tiere ein sol i tares Lungenadenom l inden.

S iebenmal s te l l ten wit weiche Geschwi~Iste im Mediastinum lest , die das t t e rz und die Lungen ve rd rang t en (Abb. 1). His tologisch bes t anden sie aus kleinen, runden, l y m p h o c y t e n a h n h c h e n Zellen mi t sehr d i innem Cytoplas- masaum. Mitosen waren haufig. Das S t roma der zcllreichen Ge- schwfilste bes t and nur aus eini- gen df innwandigen Capi l laren (Abb. 2a). I n mehreren Fa l l en h a t t e n sie das Bindegewebe des Medias t inum, das Fe t tgewebe u m die groBen GcfaSe, die Lungen und die t t e r z m u s k u l a t u r infil- t r ier t . Sechsmal hande] te es sich urn L y m p h o s a r k o m e und einmal um ein Ret icu losarkom.

I n zwei F~l len e n t s t a n d die Geschwulst in den mesenterialen

Tabelle

1. Lungen~denom . . . . 2. Lymphos~rcoma mediastini 3. Lymphosarcoma mediastini 4. Lymphosarcoma medi~s~ini 5. Lymphosarcoma mediastini 6. Lymphosarcoma mediastini 7. Lymphosarcoma mediastini 8. l~e$iculosarcoma mediastini 9. Reticulosarcoma mesenterii

10. l~eticulosarcoma mesenterii ]1. ~yelosis leukaemica . . . 12.5~yelosis leukaemica . . . 13. Myelosis leukaemica . . . 14. Myelosis leukaemica . . . 15. Myelosis leukaemica . . .

Tt~ge Jmg INtt

187 145 169 171 173 188 400 201 223 400

95 157 157 258 291

55 40 49 50 51 55 55 55 55 55 40 44 44 55 55

und retroperitonealen Lymphknoten. Einer davon (Fal l Nr. 9) ging mi t einer be t rach t l i chen Asci tesbi ldung einher; in der Ascitesflf issigkeit waren Tumorzel len nachzuweisen. Din'oh die Ver impfung der Ascitesflf issigkeit gelang es, einen A s c i t e s t u m o r s t a m m zu erzeugen, mi t dem wir bisher 42 ununte rbrochene Passagen zu erreichen vermoch- ten. His tologisch han- del te es sich bei der p r i m a r e n mesente r ia len Geschwu]st u m ein zahl- reiche Mitosen aufwei- sendes, ret iculumzell i - ges Sarkom (Abb. 2 b), zwischen dessen Zellen mi t S i lbe r impragna t ion ein d ichtes re t ikula- res Fase rne tz nachweis-

ba r ist. Abb. 1. Makroskopisches Bild der ira Mediastinum entstandenen I n fiinf Fa l l en be- und die thorak~len Organe dislozierenden Lymphosarkome

(Tiere Nr. 3, 4 und 5) s t a n d Leukgmie, in drei

Fa l l en haben die vergrSSer ten axi l la ren und inguinalen L y m p h k n o t e n auch schon am lebenden Tiere eine leukamische E r k r a n k u n g v e r m u t e n lassen. Bei der Sekt ion konn ten wir aul~erdem eine VergrSBerung der cervicalen, med ias t ina len u n d retro- per i tonea len L y m p h k n o t e n sowie der Leber und der Mi]z beobachten . His tologisch bes t and in allen F~l len die In f i l t r a t i on in den L y m p h k n o t e n , der Mi]z, der Leber , den Nieren und in sonst igen Organen aus unrei fen myelo ischen Zellen.

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436 J. JuHs J. BAL6 und B. SZENDE:

a b Abb. 2 a u. b. a ttistologisch zeigt sich das mediastinale Lymphosarkom als aus kleincn runden Zellen bestehende Geschwulst mit spfirlichem Stroma. b St~rkere VergrSl~erung eines retic~htmzelligen,

yon den mesenterialcn Lymphknotcn ausgehenden Sarkoms (Tier Nr. 9)

Besprechung I n der vorl iegenden Versuchsserie ha t sich die geschwulsterzeugende Wirkung

des I N t t wieder erwiesen. Bei unseren frfiheren Versuchen en t s t anden yon 45 behande l ten Tieren in 14, je tz t yon 50 in 15 Geschwulsterkrankungen. W/~hrend in den fri iheren Lungenadenome in grol~er Anzahl vorkamen, wurden jetzt vor- wiegend Lymphosarkome, Ret iculosarkome u n d leukiimische Mye]ose beobachtet .

Wie bereits erw~hnt, haben wir unsere fffiheren Versuehe mi t einem in Ungarn hergestellten INH-Pri~parat durchgef/ihrt. WOnFART ha t deshalb die Frage auf- geworfen, ob vielleicht n ieht das Isonicot insaurehydrazid, sondern irgendeine gerade in diesem Pr~para t vorhandene Verunre in igung an der E n t s t e h u n g von Geschwfilsten Sehuld trage. Diese A n n a h m e scheint n ieht zuzutreffen, da sich bei den jetzigen Versuehen das deutsche I N H - P r ~ p a r a t (Neoteben), bei den- jenigen yon Mo~I u n d Y ~ s v ~ o sowie yon Mot~I, YAsu~o u n d MATSUMOTO eine japanisehe Verb indung u n d bei denen yon SOHWA~ eine polnische Verb indung als

geschwulsterzeugend erwies.

PAisA und BIKF~VI h~ben die direkte Wirkung des INH auf die Tracheal- und Bronchial- schleimh~ut studiert und an der Traehealschleimhaut sowie an der der Haupt- und kleineren Bronchien papfllomatSse Epithelwucherung beobachtet. Allerdings verlieien systematische Experimente yon VIALLIER und CASA~TOVA negativ.

Beachtenswert sind jene Untersuehungen, die sich mi~ der tumorhemmenden Wirkung des I~H besch~ftigten. SIEGEL und IWAINSKu (1) haben das Wachstum des Ehrlich-Ascites- carcinoms untersueht und festgestell~, dab eine INH-Behandlung nach der Verimpfung des Tumors das Tumorwaehstum nicht beeintr~chtigt hatte. Falls man die Versuchstiere vor der Geschwulsttransp]anta~ion mit INH beh~ndelt hatte, war dagegen das Wachstum signifikant gehemmt. SIEGEL und IWAII'ISKu (2) haben in weiteren Experimenten die Metastasenbildung des intravenOs ~r Ehrlich-Ascitescarcinoms bei IlqH-Behandlung geloriift. Es ging aus den Versuchen hervor, dab in den verschiedenen Organen die Anzahl der Metastasen bei mit INH u Tieren geringer is$ als in den Kontrollen. WAGI~V,Ir und MOl~ITZ

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Geschwulsterzeugende Wirkung des Isonicotinsgurehydrazid (tNH) 437

haben das Waehstum yon Jensen- und Yoshida-Sarkomen sowie des Walkerschen t~atten- krebses bei INH-Beh~ndlung in Tieren und in Gewebekulturen untersueht und s~ellten lest, dab geringe Dosen das Tumorwachstum steigerten, h6here Dosen hingegen hemmten.

SIEGEL hat aueh die morphologisehen Vergnderungen in den Zellen des Ehrlieh-Aseites- earcinoms naeh Einwirkung yon INH untersueht und tiefgreifende Zellver~nderungen und abnormale Mitosen festgestellt.

~ber den Meehanismus der Wirkung des IN H ist nichts N/iheres bekannt. Mo~i, YAsv~o und MATSU~O~O haben auf Grund ihrer Versuehe mit anti- tuberkul6s wirkenden Verbindungen, wie Pyrazinamid, Na-Isonieotinylhydrazin- Methansulphonat (Neoiseotin) und Semiearbazid-Hydrochlorid, gemeint, daft eine Gemeinsamkeit der ehemisehen Strukgur des Urethan, des Isonieotins/iure- hydrazid und der vorher erw/~hnten Verbindungen darin best/inde, dab jede eine Carbamyl-Gruppe (R--CO--NHH2) enthalte. BIANc~:~IO~I und l~imtoo~I sind der Meinung, dab die aus dem IHN sieh abspaltende Hydrazin-Gruppe ffir die tumorerzeugende Vgirkung verantwortlich sei.

Es erhebt sieh die Frage, ob der tumorerzeugende Effekt des INH aueh beim Mensehen auftreten kSnnte. Als Gegenargument wh~d in erster Linie an die Tatsache erinnert, daft die in Tierexperimenten angewandten Dosen die in der mensehliehen Therapie gebrauehten weir fibertreffen. Dies trifft zwar hinsichtlich der Tagesdosis zu, nieht aber so, wenn wit die verabreichte Gesamtmenge yon INH in Betraeht ziehen, die in der mensehliehen Therapie pro Kilogramm KSrperge- wieht bei weitem jene Menge in den Tierexperimenten fibersteigt. Auch WOLFART gibt derselben Meinung Ausdruek: Bei der Analyse unserer friiheren INH-Experi- mente stellt er lest, daft es heute sehon zahlreiehe Kranke gibt, denen grSBere Mengen yon INH verabreieht warden als jene, die sieh in Tierexperimenten als geschwulsterzeugend erwiesen batten.

Es ist natfirlieh eine um vieles sehwierigere Aufgabe, diesen Effekt beim ~enschen, als bei Tieren zu beweisen; liegt doeh ein betr/s Zeitraum zwisehen der Einwirkung der evtl. tumorerzeugenden Substanz und der Ent- stehung einer Gesehwulst, so dag es au~ grofte Sehwierigkeiten st6gt, den kausalen Zusammenhang der evtl. sehon vor Jahren vorgenommenen INI-I-Therapie mit der Geschwulstbildung zu beweisen. Eine gr/indliehe retrospektive Prfifung zahl- reieher kliniseher F/ille ware dazu notwendig. In dieser I-Iinsieht ist die Arbeit yon Po2cIPE erw/ihnenswert, der an Hand eines umfangreichen Materials zeigte, dab die krebsige Umwandlung des Lupus vulgaris sich seit der Einfiihrung der INH-Therapie yon 0,5 auf 4,6% erh6ht hat. I~ANDAZZO berichtet ebenfMls fiber die krebsige Umwandlung yon INI-I behandeltem Lupus vulgaris and h/ilt einen Zusammenhang zwischen den immer 6fret auftretenden malignen Tumoren der Atmungsorgane yon an Lungentuberkulose Leidenden und der INH-Therapie ffir m6glich.

Unter den vielen in der menschliehen Therapie gebrauehten Verbindungen k6rmte es solehe geben, die tumorerzeugend wirken. Zur Feststellung eines solehen Effektes genfigen kurze Zeit dauernde Toxicit/itsprfifungen nicht, sondern nnr ]angdauernde Versuehe. Es w/ire daher erwfinseht, yon den als Medikamente verwendeten Verbindungen wenigstens jene, die in gr6geren Dosen und 1/ingere Zeit hindureh verabreieht werden, unter diesem Gesiehtspunkt zu untersuchen. Die tumorerzeugende Wirkung des INH ist dureh mehrere, yon einander unab- h/ingige Experimente erwiesen; sie k6nnte sich bei lang andauernder Anwendung aueh f/it Mensehen geltend maehen.

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438 J. Jc~s et al.: Geschwulsterzeugende Wirkung des Isonicotins~urehydrazid (INH)

Zusammeniassung 50 weil~en M~usen wurde Isonicot ins~urehydrazid in physiologischer Koch-

salzl6snng l~ngere Zeit h indurch intraperi toneaI in einer Gesamtmenge yon 55 m g verabreicht. I n 95- -400 Tagen nach Versuchsbeginn t ra ten bei 15 Tieren verschiedene Geschwiilste auf, vornehmlich Lympho- und Reticulosarkome sowie myeloide Leuki~mien (s. Tabelle) ; in der Kontro l lgruppe ist nur in einem einzigen Falle eine spontane Leukemic. Alle Medikamente, die in grol~en I)osen l~ngere Zeit h indurch verabreicht ~ r d e n , sollten auf ihre geschwulsterzeugende Wirkung geprfift werden.

New Experimental Data on the Tumor Inducing Effect of Isonicotinic Acid Hydrazide (INtI)

Summary A to ta l dose of 55 mg of isonieotinie acid hydrazide in physiological saline

was administered to 50 albino mice intraperi toneal ly for prolonged periods. Between 95 to 400 days after the onset of the s tudy various tumors developed in 15 animals, par t icular ly ret ieulum cell and lymphosarcomas, a n d myeloid leukemia (see Table). I n the control group there was only one instance of spontaneous leukemia. All medicaments which are administered in large doses over a long period shonid be tested for their eancerogenie effects.

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