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NACHRICHTEN Inhalt Haftung von FüHungskimststoffen an Dentin Teil 2 Dental - Laser GOZ - Urteile Wege in die Privatpraxis '. Forum Personalia Anzeigen Editorial Die NEUE GRUPPE ist aus der Idee und dem Wunsch entstanden, die aktu- ellen Fortschritte in der Zahnmedizin zu erfahren, zu hinterfragen und in ein Behandlungskonzept einzufügen. Das mehr als 25-jährige Bemühen in der NEUEN GRUPPE um einen hohen Standard hat sicher auch eine positive Ausstrahlung auf die gesamte deutsche Zahnheilkunde bewirkt. Der jetzige sozialpolitische Zeitgeist der Nivellierung, des staat- lichen Dirigismus und der Planwirtschaft wirkt den Grundvor- stellungen der NEUEN GRUPPE entgegen. Nur wenn wir unseren Weg der ständigen Innovation und der Qualitätssteigerung konsequent weiter verfolgen, werden wir von staatlichen Zwangsmaßnahmen unabhängig und unangreif- bar bleiben können. Gleichzeitig muß es unser Anliegen sein, junge Kollegen zu motivieren, unseren Weg zu beschreiten. Fördern, leiten und beraten wir sie! Erhalten wir ihnen und uns die Freude an unserem Beruf - und dies zum Wohle unserer Patienten! H. Rocke CM

NEUE GRUPPE NEWS - Heft 02 - Frühjahr 1993

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Page 1: NEUE GRUPPE NEWS - Heft 02 - Frühjahr 1993

N A C H R I C H T E N

Inhalt

Haftung vonFüHungskimststoffen anDentinTeil 2

Dental - Laser

GOZ - Urteile

Wege in die Privatpraxis '.

Forum

Personalia

Anzeigen

Editorial

Die NEUE GRUPPE ist aus der Ideeund dem Wunsch entstanden, die aktu-ellen Fortschritte in der Zahnmedizin zuerfahren, zu hinterfragen und in einBehandlungskonzept einzufügen. Dasmehr als 25-jährige Bemühen in derNEUEN GRUPPE um einen hohenStandard hat sicher auch eine positive

Ausstrahlung auf die gesamte deutsche Zahnheilkunde bewirkt.Der jetzige sozialpolitische Zeitgeist der Nivellierung, des staat-lichen Dirigismus und der Planwirtschaft wirkt den Grundvor-stellungen der NEUEN GRUPPE entgegen.Nur wenn wir unseren Weg der ständigen Innovation und derQualitätssteigerung konsequent weiter verfolgen, werden wirvon staatlichen Zwangsmaßnahmen unabhängig und unangreif-bar bleiben können.

Gleichzeitig muß es unser Anliegen sein, junge Kollegen zumotivieren, unseren Weg zu beschreiten. Fördern, leiten undberaten wir sie!

Erhalten wir ihnen und uns die Freude an unserem Beruf - unddies zum Wohle unserer Patienten!

H. Rocke

CM

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Haftung von Füllungs-kunststoffen am DentinZ.Teil

vonU. Engel, Göttingen

Inhalt

II. Haftmechanismus oderHaßchemismus

Präparate:

L Gluma (Mileslnc.)

2. Tenure - Solution(Den-Mat, Inc.)

3. XR - Bond (Kerr)

4. Mirage Bond(Chameleon Dental)

5. Scotchbond H (3M)

6. Syntac (Vivadent)

7. Superbond C+B(Morita)

8. All-Bond/All-Etch(Bisco Dental)

H. Haftmechanismus oder Haftchemismus?

Sowohl chemische wie auch physikalische Aspekte wurden inder Vergangenheit diskutiert. Der Verlauf dieser Diskussionspiegelt sich in der chronologischen Entwicklung der Dentinad-häsive wider.

Auf die rein mechanische Haftung an Dentin-Rauhigkeiten spe-kulierte die erste Generation von Haftvermittlern:

Auf den unbehandelten Smear Layer wurde direkt ein verdünn-tes Monomer appliziert. Die hydrophoben Monomere konntendas hydrophile Dentin kaum benetzen. Da letztlich nur eineAnbindung an den Smear Layer stattfand, konnte die Haftungdes Kunststoffes nicht höher sein als die Haftung des SmearLayers am Dentin. Beispielpräparate dieses veralteten Konzep-tes sind Dentin Adhesive® (Kulzer). Dentin Adhesit® (Viva-dent). Prisma Universal Bond® (LD Caulk) und Scotchbond I®(3M).

Rasch erkannte man, daß diese Art der Haftung am Dentin unzu-reichend ist. Die Bemühungen zielten nun auf einen chemischenVerbund mit dem Dentin ab. Entsprechende Substanzen wurdenden Lösungen beigemischt: Glutaraldehyd, Phosphor- sowieStickstoff Verbindungen und andere. Es wurden Mittel und Wegegesucht, den Smear Layer zu modifizieren, zu entfernen oder zuersetzen: sogenannte ''Primer". Dentin-Konditionierer wurdenentwickelt.Weiterer Fortschritt basierte auf der Entwicklung bifunktionellerMoleküle, wie zum Beispiel HEMA (Hydroxyethyl-Met-hacrylat). einem hydrophilen Methacrylat (Manabe. 1991).Diese hydrohphilen Monomere fungieren häufig als Teil einesPrimers. Da die Diffusion in das Dentin erleichtert ist. sind dieseSubstanzen wichtig bei der Mediation der Haftung.Die chemische Anbindung an das Dentin erwies sich in neuerenUntersuchungen als Illusion:Massenspektrographische Analysen ergaben für die Elemente,die an chemischen Bindungen beteiligt sein sollten (zum Bei-spiel Kalzium. Phosphat. Stickstoff), keinerlei Änderung ihresursprünglichen Bindungszustandes (Haller. 1991: Johnsson.1991).Haftvermittler, die über entsprechende Zusätze eine Bindunganstreben, können im allgemeinen der zweiten Dentinadhäsiv-Generation zugeordnet werden.Demgegenüber verfolgt die aktuelle, dritte Generation konse-quent den Ansatz der rein physikalischen Haftung über mikro-mechanische Retention, ähnlich also dem Schmelz-Komposit-Verbund. Bei der Verbesserung der derzeitigen Systeme stehenfolgende Aspekte im Vordergrund:

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- Kontaktflächen-Initation der Polymerisation;- Erhöhung der Dentin-Penetration hydrophiler

Monomere durch Diffusionspromotor-Moleküle:- Abstimmung der Demineralisationstiefe mit der

Penetrationstiefe der Adhäsionsmonomere.

Die modernsten Dentin-Adhäsive haben folgendes Funktions-prinzip: Zunächst wird der Smear Layer entfernt, die Dentintu-buli werden eröffnet, und die erste 5 -10 ja dicke Dentinschichtwird demineralisiert. Bewerkstelligt wird dies durch ein Dentin-vorbereitungsmittel (auch "Primer", "Konditioner, "Cleanser"oder "Etchanf genannt). In diesen Primern sind häufig hydro-phile Monomere enthalten, deren Penetrationsvermögen undAffinität zum Dentin zusätzlich durch Diffusions-Promotergesteigert wird.Im nächsten Schritt wird der eigentliche Adhäsiv-Kunststoffappli ziert: er dringt in die Tubuli ein und diffundiert in dasdemineralisierte Dentin.Nach erfolgter Härtung (entweder durch Radikal- oder Lichtak-tivierung) wird das entsprechende Bonding des Füll- oder Befe-stigungskomposits aufgetragen. Das eindiffundierte und gehärte-te Adhäsiv bildet eine von der Oberfläche aus ca. 5 ja tiefrei-chende Zone kunststoffimprägnierten Dentins, im internationa-len Schrifttum auch als "hybridlayer" (Wang, 1991). "acidproofdentin layer" (Fukushima. 1 990) oder "resinentanglemenf (Hal-ler, 1 991) bezeichnet.Der in den Dentintubuli ausgehärtete Adhäsionskunststoff bildetHaftzapfen aus ("resin tags"). Bisher wurde angenommen, daßdiese Haftzapfen im Vergleich zur chemischen Anbindung andie Hybrid-Schicht für den größeren Anteil an der Gesamthaft-kraft verantwortlich sind. Zunehmend rückt jedoch die Bedeu-tung der Hybrid-Schicht ins Blickfeld der Forscher: Manchesehen in ihr den wesentlichen Schlüssel zu effektiver Dentinhaf-tung (Wang und Nakabayashi, 1991).

Damit ahmt man bei der Lösung des Verbundproblemes Dentin-Kunststoff die natürliche Verbundzone Schmelz-Dentin nach:Die Kollagenfasern des Dentins sind mit den Hydroxylapatit-Kristallen des Schmelzes eng verwoben; die Haftung beruht aufeiner physikalischen Verankerung (Janda, 1991).Neueste Forschungsansätze berücksichtigen die mechanischeund thermische Dauerbelastung des Haftverbundes Dentin-Kunststoff. In der Technik werden derartige Probleme über fle-xible Verbindungen oder Ausgleichselemente gelöst (z.B.Brückenbau oder Schienen im Eisenbahnbau): Die jeweiligenSysteme müssen mechanische und thermische Belastungenabpuffern können, sonst kommt es zu Ermüdungserscheinungenund Verschleiß am Material. Der Gedankenansatz geht bei derDentinhaftung in die gleiche Richtung: der starre Verbund vonDentin und restaurativen Materialien müßte durch einen fle-

Neue Gruppe

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xiblen ersetzt werden (Haller. 1991).Auch hier ist die Natur einen Schritt voraus. Janda (1991)schreibt: "Durch die dichte Verwebung der aus dem Dentinstammenden Kollagenfasern mit dem Hydroxylapatit desSchmelzes wird ein fester physikalischer Verbund zwischen denbeiden Zahnhartmaterialien hergestellt. Eventuell bewerkstelligtdie Verbundzone auch eine gewisse Abpufferung von auf denZahnschmelz einwirkenden Kräften, so daß Abrisse vermiedenwerden."

Tatsache könnte in nicht ferner Zukunft sein, daß die Intensitätdes Haftverbundes Dentin-Komposit die Eigenfestigkeit desDentins übersteigt:Das könnte bedeuten, daß das Dentin aufgrund der polymerisati-onsbedingten Schrumpfung in sich - also kohäsiv - reißenwürde; damit wäre man wieder am Ausgangspunkt des Pro-blemkreises "Kunststoffe in der restaurativen Zahnheilkunde".Ein Ausweg böte sich über den erwähnten flexiblen Verbund an:der Stress könnte von der Elastizität einerseits des Dentins undandererseits des Haftkunststoffes abgefangen werden. Zu beden-ken ist dabei allerdings, daß zumindest die Belastung durchTemperaturschwankungen beim System Schmelz-Dentin auf-grund der fast gleich großen Wärmeausdehnungskoeffizientenwesentlich kleiner ist als beim System-Dentin-Kunststoff.

III. Präparate:Zusammensetzung, Anwendung, Wirkmechanismus, Bio-kompatibilität

Die Übersicht beinhaltet ausgewählte, repräsentative Präparate.Den Kriterien "Zusammensetzung" und "Zeitaufwand" liegenHerstellerangaben zugrunde. Die Informationen zu "Wirkme-chanismus" und "Biokompatibilität" sind den genannten wissen-schaftlichen Veröffentlichungen entnommen.

1) Gluma® (Miles Inc., Dental Products)

Zusammensetzung:Cleanser: - 16 % Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)Primer: - 35 % Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) und

5 % Glutaraldehyd in wässriger LösungSealer: - ungefüllter, lichthärtender Bis-GMA-Kunststoff

Zeitaufwand (in Sekunden):Cleanser (30) - Luft-Wasser-Spray (15) - Trocknen (5) - Primer(30) - Trocknen (10) - Sealer (10) - Verpusten () =105.

Wirkungsmechanismus:Der Gluma-Cleanser entfernt den Smear Layer mittels EDTA.Das exponierte Dentin wird durch das Aldehyd fixiert, das

________________ Nette Bruppe ____________________________________________________

W

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bifunktionelle, hydrophile HEMA diffundiert ein. Durch einenKollagen-Glutaraldehyd-Komplex soll eine kovalente Bindungzum HEMA vorbereitet werden. Die Umstimmung der Grenz-fläche von hydrophob ist erfolgt, der applizierte Sealer kann andas Methacrylat-Ende des HEMA-Moleküls anpolymerisieren.In Vitro ermittelte Haftwerte für dieses System haben eine großeStreuung und belaufen sich auf Werte zwischen 5 und 7 Mega-pascal (MPa). Diese relativ niedrigen Werte sind wahrscheinlichdadurch erklärbar, daß der Primer die demineralisierte Zone desDentins nicht vollständig durchdringt. Diese ungeschützte, nichtmineralisierte Zone könnte die mögliche Schwachstelle sein,entlang welcher der Abriß erfolgt (Eick et al.. 1991).Die Diffusionstiefe des Primers scheint nicht optimal auf diedemineralisierende Wirkung des Cleansers abgestimmt. Zur Bio-kompatibilität ist zu sagen, daß es sich bei HEMA und Glutaral-dehyd um chemische Verbindungen handelt, die stark reizendauf Weichgewebe wirken. Bei Hautkontakt mit Glutaraldehydtreten Verfärbungen der Haut auf. HEMA verursacht auchschwere Entzündungen (Manabe, 1991). Eine histologische Stu-die an invivo. mit Gluma gelegten Zahnhalsfüllungen brachteleichte bis schwere Pulpareaktionen. veränderte Odontoblastenund ein Ausbleiben der Dentinogenese zu Tage (Elbaum et al.,1991).

2) Tenure-Solution® (Den-Mat, Inc.)

Zusammensetzung:Conditioner: 3,5 % Aluminium-Oxalat und

2,5 % Salpetersäure in wässri-ger Lösung

Bonding Agent: Lösung A:5,0 % N-Tolyglycin-Glycidyl-

w Methacrylat (NTG-GMA) in Aceton gelöst

Lösung B:10,0 % Pyromellitic-acid-dimet

hacrylat (PMDM)in Ace-ton gelöst

Die Lösungen A und B müssen zum Erhalt einer Arbeitslösungim Verhältnis 1:1 frisch angemischt werden.

Zeitaufwand (in Sekunden):Konditioner (15) - Wasser-Luft-Spray (30) - Trocknen (10) -Bonding-Agent/Lsg. A und B 1:1 (10) - Verdunstung (20) - Sea-ler (10 - Verpusten (5) - Lichthärtung (20) = 120

Wirkungsmechanismus:Der Tenure-Konditioner entfernt den Smear Layer. aleichzeitis

_ Kaue Gruppe.

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bilden sich auf der Dentinoberfläche kristalline Präzipitate, dieauch die Dentintubuli verschließen. Das Tenure Bonding-Agententhält zwei Sorten Pulver: ein oberflächenaktives Co-Monomer(NTG-GMA) und ein sogenanntes "Kupplungs-Agens"(PMDM). Diese sind in Aceton gelöst, welches die Dentinma-trix dehydrieren soll. Das Bonding-Agent benetzt das Dentingut, penetriert jedoch weder das mineralisierte Dentin nochdringt es in die Dentintubuli ein.Bevor nun das restaurierte Komposit auf das Dentin aufgebrachtwird, muß ein ungefüllter Sealer appliziert werden.Obwohl Haftkräfte von 8 bis 14 MPa gemessen wurden, ist dieBenetzung und Penetration des Dentins durch Tenurea® nichtausreichend, um im Scherversuch eine kohäsive Dentinfrakturzu bewirken (Eick, 1992).

Die benutzten Substanzen sind in bezug auf Gewebeverträglich-keit in den angewendeten Konzentrationen und Mengen unbe-denklich; allerdings fehlen hier konkrete Untersuchungen.

3) XR-Bond® (Kerr)

Zusammensetzung:Primer: - 3,75 % phosphorierter Dimethacrylatester

- 50,0 % Ethanol- 46,0 % Wasser- Kampferquinon

Zeitaufwand (in Sekunden):Primer (30) - Trocknen (10) - Lichthärtung (10) - Resin (10) -Lichthärtung (20) = 80

Wirkungsmechanismus:Der Primer modifiziert den Smear Layer: die Tubuli bleiben \ er-schlossen. Neben der Penetration des demineralisierten Dentinssoll der Phosphatester eine lonenbindung an das Kalzium desDentins bewirken. Die Lichthärtung dieser ersten Schicht erfolgtdurch Kampferquinon als Photoinitiator. Mit dem ebenfallslichthärtenden Resin werden weitere Methacrylat-Derivate auf-getragen. die an der nun hydrophob umgestimmten Grenzflächeanpolymerisieren sollen.Die Haftwerte dieses Systems im Bereich von 14 MPa sindunerwartet hoch (Barksmeier u. Cooley, 1989; Chappell, 1991;Dickinson, 1991).In einem Farbstoff-Penetrationstest schnitt nach thermischer In-vitro-Dauerbelastung XR-Bond® zwar besser ab als Tenure®,entstandene Randundichtigkeiten waren jedoch signifikant nach-weisbar (Crim. 1991).Bei Scherversuchen ergaben sich häufig Adhäsivfrakturen zwi-schen Komposit und Dentin. Entscheidende Schwachstelle des

- Meue Gruppe

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Systems scheint die unzureichende Penetrationsfähigkeit desPrimers zu sein. Erstaunlicherweise haftet der modifizierteSmear Layer sehr fest an der Dentinmatrix (Chappell. 1991).Die Pulpaverträglichkeit des Systems müßte als gut eingestuftwerden können: die Dentintubuli bleiben verschlossen, und eshandelt sich um weniger gewebsreizende Substanzen. ExakteNachweise liegen jedoch bislang nicht vor.

4) Mirage Bond® (Chameleon Dental)

Zusammensetzung:Conditioner: - 4.0 % N-Phenylglycin (NPG) und

2.5 % Salpetersäure in wässriger LösungAdhesive: - 10 % Pyromellitic-acid-dimethacrylat(PMDM)

in Aceton

Zeitaufwand (in Sekunden):Conditioner (30) - Trocknung (30) - Adhesive (10) - Verdun-stung (40) - Sealer (10) - Verpusten (5) = 125

Wirkungsmechanismus:Der Conditioner löst den Smear Layer vollständig auf. Die Rolledes NPG-Moleküls ist nicht ganz klar: Es hat eine hohe Affinitätzum Dentin und könnte als Initiator der PMDM-Polymerisationfungieren (Webb und Johnston. 1991). Die Dentinoberflächewird durch den NPG-PMDM-Kom-plex von hydrophil nachhydrophob umgestimmt.Das Adhesive verschließt nicht die Dentintubuli; es bedecktlediglich die Dentinoberfläche und baut sich um die Dentintubu-li herum auf. Erst der Sealer verschließt die Dentinkanälchenund überschichtet insgesamt die Oberfläche {Chappell. 1991).Bei Scherkraftversuchen wurden hauptsächlich adhäsive Fraktu-ren bei Haftkräften um 7 MPa beobachtet.Obwohl das Adhesive die Dentinoberfläche gut penetrierenkonnte, reichte die Zugfestigkeit dieses Haftkunststoffes nichtaus. um höhere Haftwerte zu erzielen. Die Mehrzahl derHaftzapfen, die in den Dentintubuli auspolymerisiert waren, hat-ten das peritubuläre Dentin gut benetzt: Beim Haftkraftversuchbrachen sie an der Dentinoberfläche ab und wurden nur seltenherausgerissen (Eick. 1992).Im Hinblick auf die Beurteilung der Biokompatibilität von Mira-ge Bond® kann nur spekuliert werden: es fehlen entsprechendeUntersuchungen.

.Neue Gruppe.

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5) Scotchbond II® (3M)

ZusammensetzungPrimer: - 2,5 % Maleinsäure und

58.5 % Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) inwässriger Lösung

Adhesive: - 62,5 % Bis GMA37,5 % HEMA mit Photoinitiatoren

Zeitaufwand (in Sekunden):Primer (30) - Trocknung (15) - Adhesive (10) - Trocknung (10) -Lichthärtung (25) = 90

Wirkungsmechanismus:Die Maleinsäure des Primers löst den Smear Layer auf unddemineralisiert das Dentin geringgradig. Das bifunktionelleHEMA diffundiert in das demineralisierte Dentin: hier erfolgtdie Umstimmung der Grenzfläche von hydrophil nach hydro-phob. Das Adhesive enthält überwiegend das hydrophobe Bis-GMA: HEMA fungiert in dieser Lösung als Mediator.Scotchbond II® erreicht hohe Haftwerte um 23 MPa: DasSystem scheint hinsichtlich der Demineralisationstiefe des Pri-mers und der Diffusionstiefe des Adhesives sehr gut abge-stimmt. In Scherkraftversuchen stellte Chappell (1990) überwie-gend kohäsive Frakturen entweder des Dentins oder des Fül-lungskomposites fest. In einer Studie von Mitchem (1991), inwelcher Schwerkraftversuche an physiologisch feuchtem Dentindurchgeführt wurden, ging die Haftkraft jedoch fast vollständigzurück; die Werte sanken auf etwa l MPa ab.Die biologische Verträglichkeit der Substanzen gilt bis auf dasstark gewebsreizende HEMA als gut. Entsprechende Untersu-chungen fehlen jedoch auch hier.

6) Syntac® (Vivadent)

Zusammensetzung:Primer: - 25 % Triethylen-Glycol-Dimethacrylat

(TEG-DMA)4 % Maleinsäure

Lösung in Aceton und WasserAdhesive: - 35 % Polyethylen-Glycol-Dimethacrylat

(PEG-DMA)5 % Glutaraldehyd in wässriger Lösung

Resin (Heliobond):- 60% Bis-GMA

40 % TEG-DMA

Zeitaufwand (in Sekunden):Primer (15) - Verpusten (5) - Adhesive (10) - Verpusten (15) -Bund Resin (15) - Lichthärtung (20) = 80

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Wirkungsmechanismus:Die Maleinsäure löst die Schmierschicht auf. ohne die Dentintu-buli weit zu eröffnen. Als Vernetzer dient das TEG-GMA. einVertreter aus der Gruppe der bifunktionellen Monomere. Espenetriert in die demineralisierte Oberfläche des Dentins und indie Dentintubuli.Das Adhesive besteht aus einem hydrophilen Dimethacrylat undeinem Dialdehyd. Das hydrophile Monomer wirkt als Vermittlerzwischen dem hydrophilen, feuchten Dentin und dem hydropho-ben Bonding. Das Dialdehyd reagiert mit dem organischen Teildes Dentins (Kollagen) und bewirkt eine Fixierung des Dentins.was sich nach Angaben des Herstellers positiv auf die Langzeit-haftung auswirkt (Vivadent. 1991).Das Bonding Resin stellt die Brücke zum Komposit dar. und alleaufgetragenen Schichten werden schlußendlich lichtgehärtet(wie bei Scotchbond II®).Die Höhe der Haftkraft soll laut Hersteller-Angaben vergleich-bar mit Scotchbond II® und XR-Bond® sein: unabhängigeUntersuchungen existieren derzeit noch nicht.Was die Biokompatibilität betrifft, so hat der Hersteller seinemProduktdossier (Vivadent, 191) die Fotokopie eines Sachver-ständigen-Gutachtens beigefügt, aus dem lediglich ein "ange-deutetes (theoretisches) toxikologisches Risiko" von Syntac®hervorgeht. Im unausgehärteten Zustand wird der Primer durchden relativ hohen Gehalt an Aceton als leicht reizend auf Hautund Schleimhaut eingestuft, ähnliches gilt für die Maleinsäure.Das Adhesive wird demgegenüber - bedingt durch die Glutardi-aldehyd-Komponente - als reizend klassifiziert. Die Gewebever-träglichkeit ist also ähnlich wie bei Gluma® zu beurteilen.

7) Superbond OB® (Morita)in den USA: C+B Metabond® (Parkell)

Zusammensetzung:Primer: - 10 % Zitronensäure

3 % Ferro-Chlorid

Adhesive: Flüssigkeit:- 95 % Methylmethacrylat (MMA)

5 9c 4-Metacryloxyethyltrimellitat Anhydrid(4-META)mit Tri-n-Butyl-Boran (TBB) als Initia-tor

Pulver:- Polymethylmethacrylat (PMMA)

Pulver und Flüssigkeit werden sequentiell aufgetragen: Zuerstwird mit der Flüssigkeit das Dentin getränkt, dann das Pulveraufgebracht.

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Zeitaufwand (in Sekunden):Primer (30) - Absprayen (30) - Trocknung (30) - Adhesive (30)= 120

Wirkungsmechanismus:Der Primer entfernt den Smear Layer und öffnet die Dentintubu-li; das Dentin wird etwa 5 m tief demineralisiert. Mit der Adhe-sive-Flüssigkeit wird ein Redox-System (TBB/Fe-Ionen + H20aus dem Dentinliquor) in der Tiefe des Dentins deponiert. Das 4-META besitzt eine hohe Affinität zum Dentin und penetriert dasDentin und die Tubuli. Sobald die Flüssigkeit aufgetgragen ist,startet die Polymerisation. Das aufgebrachte Pulver bedeckt dasDentin und verschließt die Tubuli (Chappell, 1991).Es handelt sich hier um eine Kontaktflächen-Initiation der Poly-merisation: das TBB benötigt als Co-Katalysatoren Eisen-Ionen(mit dem Primer in das Dentin gelangt) und Wasser (aus demDentinliquor). Die Polymerisation startet also an der feuchtenKontaktfläche Dentin-Kunststoff. Dieses Prinzip erinnert an denehemaligen Füllungskunststoff Palakav® der Firma Kulzer, dasHaftsystem wurde lediglich durch das hydrophile Monomer 4-META ergänzt. Durch die Kontaktflächeninitiation schrumpftder Haftkunststoff dem Dentin auf. Ein weiterer Vorteil diesesInitiationsmechanismusses ist die vollständige Polymerisation,das heißt, die Aushärtung findet auch dort statt, wo das Lichtnicht hinreicht.Superbond® hat im Scherkraftversuch ähnlich hohe Mittelwertewie Scotchbond II® (etwa 23 MPa). die statistische Streuung istjedoch geringer. Superbond® 6,9 MPa, Scotchbond II® 10,8MPa (Chappell, 1991).Die Biokompatibilität wir din der Literatur als gut beschrieben.Im Vergleich zu Palakav® ist aufgrund der geringeren Applika-tionsmenge eine bessere Pulpaverträglichkeit zu erwarten.

8) All-Bond/AH-Etch® (Bisco Dental)

Zusammensetzung:Primer: - 10% Phosphor-SäureAdhesive:

Lösung A: - 2 % N-Tolyglycin-Glycidyl-Methacrylat(NTG-GMA) in Ethanol und Aceton

Lösung B: - 16 % Biphenyldimethacrylat (BPDM) inAceton

Bonding Resin: Bis-GMA, UDMA, HEMALösung A und B im Verhältnis 1:1 gemischt ergeben dasgebrauchsfertige Adhesive.

Zeitaufwand (in Sekunden):Primer (15) - Absprayen (15) - Trocknen (5) - Adhesive (30) -Trocknen (5) - Bonding Resin (10) - Lichthärtung (20) = 100

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Wirkungsmechanismus:Mit dem Primer soll sowohl der Schmelz als auch das Dentinkonditioniert werden. Nach dem bisherigen Stand der adhäsivenTechnik ist die 15-sekündige Ätzung mit 109Hger Phosphorsäu-re nicht ausreichend, um ein effektives Ätzmuster am Schmelzzu bewirken. Der Smear Layer des Dentins wird auf jeden Falllentfernt, die Dentintubuli werden eröffnet und erweitert. DasAdhesive wird aufgetragen und diffundiert, vor allem ins Den-tin. Nach Kanca (1992) ist Feuchtigkeit auf der Haftfläche nichtnur tolerierbar, sondern sogar erwünscht: Die Haftwerte amDentin erreichen ein Maximum, wenn das nasse Dentin lediglichmit Watte abgewischt wird. Kanca erklärt dieses Phänomen mitder Oberflächenaktivität des Acetons im Adhesive: Die Beimi-schung von Aceton zu Wasser erhöht den Dampfdruck und senktdie Oberflächenspannung des Wassers. Auf diese Weise"'scheucht" die Aceton-Monomer-Mischung das Wasser von derKontaktfläche (Kanca. 1992). Das All-Bond® Resin enthältneben dem hydrophoben Bis-GMA und UDMA noch HEMA.ein bereits erwähntes hydrophiles Monomer. Die Benetzung dervorbehandelten Dentinfläche soll hierdurch erleichtert werden.In einer unabhängigen Studie (Dickinson. 1991) ergeben sich fürAll-Bond/All-Etch® Haftweite bei Scherkraftversuchen um 14MPa. Kanca (1992) erzielte an feuchtem Dentin Werte um 30MPa. Das ist ein unglaublich hoher Wert, der der Haftung amSchmelz nahe kommt und der erst durch andere Studienbestätigt werden muß.Hinsichtlich der Gewebeverträglichkeit ist Phosphorsäuregegenüber Aceton als weniger reizend einzustufen.Abschließend sei noch der neueste Dentinhaftvermittler derFirma Kulzer erwähnt: Der Primer von Denthesive® enthältEDTA. Der Smear Layer soll entfernt und die Dentintubulieröffnet werden.Das Adhesive besteht aus zwei Komponenten: In Lösung A istHEMA-Phosphat. das als bifunktionelles Monomer in Dentinund Tubuli eindringt und sich chemisch über das Phosphat mitdem Dentin verbinden soll. Lösung B enthält einen Maleinsäure -ester, ein potentieller Komplexbildner zum Kalzium-Ion imDentin. Das als dritte Schicht aufzutragende Adhesive Bond istein ungefülltes Komposit-Monomer. das die Benetzung durchdas Füllungskomposit erleichtern soll. Genaue quantitativeAngaben zur Zusammensetzung und zur Höhe der Haftwerte lie-gen nicht vor. da das Produkt erst kürzlich öffentlich vorgestelltwurde. (wird fortgesetzt)

_ H e u e Gruppe _

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Laser in derZahnheilkunde

Ein Erfahrungsberichtüber fast 3 Jahre Einsatzdesd-Lase300derFa.American Dental laser

Dr. Hanmut WengelLeverkusen

Wenn ich heute über meine fast dreijährigen Erfahrungen mitdem Einsatz des ADL-Lasers in meiner Praxis berichte, somöchte ich an sich nicht auf die physikalischen Grundprinzipiender Laseranwendung eingehen, da darüber ausführlichst in vie-len Veröffentlichungen berichtet wurde.

Trotzdem kann ich nicht darauf verzichten, kurz auf die beson-deren Eigenschaften der unterschiedlichen, in der Zahnheilkun-de zur Anwendung kommenden Laser hinzuweisen, in der klarist. was von den unterschiedlichen Lasern erwartet werden kannund was nicht.

Das qualitative Hauptunterschiedsmerkmal ist das aktive Medi-um, das für die Wellenlänge des Laserlichts - und somit für des-sen Eigenschaften - verantwortlich ist. Ein zweites wichtigesUnterscheidungsmerkmal ist die Stärke der ausgesandten Strah-lung, die in Watt angegeben wird. Schließlich ist für die Wir-kungsweise eines Lasers noch die Zeit entscheidend, d. h. ob essich um einen kontinuierlichen oder einen gepulsten Laserstrahlhandelt und wie lang der einzelne Impuls dauert.

Die ersten, vor ca. 10 Jahren auf den zahnärztlichen Marktgekommenen Laser waren sogenannte "Softlaser". deren Infra-rotlaserstrahl - erzeugt durch ein Halbleitermedium aus Gallium-Arsenid (GaAs-Laser) - im Milliwattbereich arbeitete, nur eineminimale Eindringtiefe besaß und eine von schulmedizinischerSeite nicht anerkannte positive Heilwirkung auf Wunden bzw.entzündlich verändertes Gewebe haben soll. Auch deren Nach-folgeprodukte mit verstärkten Ausgangsleistungen werden nochzu den Softlasern gerechnet. Ihre Anwendung bei entzündlichen,akuten Erkrankungen der Kiefergelenke wird auch von seriösenWissenschaftlern wie Tore Hansson empfohlen. Auch imBereich der Akupunkturbehandlung werden diese Laser ange-wendet.

Diese neueren Softlaser. wie die im folgenden noch zu beschrei-benden Hardlaser. besitzen neben dem eigentlichen Arbeitslasernoch einen zweiten Laser, der im Bereich des sichtbaren Lichtesarbeitet (meistens Helium-Neon), dessen Licht über ein Spiegel-system dem des eigentlichen Arbeitslasers überlagert wird undquasi als Zieleinrichtung dient, wenn das Licht des Arbeitslasersim unsichtbaren Bereich liegt.

Für die Anwendung im zahnärztlichen Bereich gedacht, befin-den sich z. Zt. vor allem die folgenden Hardlasertypen auf demMarkt: CO: -Laser. Neodym-YAG-Laser, Erbium-YAG Laser.Excimer-Laser und Argon-Laser. Es ist jedoch in nächster Zeitmit einem Hinzukommen weiterer Lasertypen zu rechnen.

Der CO:-Laser (Wellenlange 10,6 Mikrometer) arbeitet im

.Neue Gruppe.

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Infrarotbereich mit einer Leistung bis zu 100 Watt und hat dieEigenschaft, daß er seine Energie abgibt, sobald er auf ein Flüs-sigkeit enthaltendes Gewebe oder glasklare Stoffe auftrifft. AnMetallen wird dieser Strahl reflektiert.

Damit ist klargestellt, daß dieser Lasertyp vor allem für diechrirurgische Anwendung geeignet ist. Die Übertragung mußüber einen metallenen Hohlleiter bzw. einen Spiegelarm erfol-gen.

Der Erbium-YAG-Laser (Wellenlänge 2.940 Mikrometer) mußgleichfalls über einen Spiegel- oder Hohlleiter übertragen wer-den. Er ist in das seit einem Jahr auf dem Markt befindlicheGerät der Firma KaVo eingebaut und ist für die Abtragung vonZahnsubstanz geeignet, da er durch explosionsartige Verdamp-fung von Wasser in der oberflächlichen Zahnsubstanz Gewebeabträgt. Er arbei tet gepuls t mit einer durchschnit t l ichenLeistung von 0.7 Joule pro Puls. Die Notwendigkeit der Übertra-gung über einen Spiegelarm stellt eine gewisse Beeinträchtigungdar. An Präzisionspräparationen (Inlays. Teilkronen etc.) mitdiesem Gerät ist sicherlich z. Zt. noch nicht zu denken.

Der Argonionen-Laser (Wellenlänge 488 bzw. 514 nm) arbeitetim sichtbaren Bereich mit 2-10 Watt und kann mit einer Glasfa-ser übertragen werden. Bei ihm denkt man speziell an die Mög-lichkeit des Einsatzes zur Photopolymerisation von lichtpolyme-risierenden Kunststoffen. Durch die laserbedingte, blitzartigeAushärtung könnte die Polymerisationsschrumpfung auf einMinimum reduziert werden. Leider entsteht bei diesem Laser z.Zt. noch eine so hohe Temperatur, daß an den gewünschten Ein-satz nicht gedacht werden kann. Er wird deshalb in der Chirur-gie zur Koagulation empfohlen.

Die Excimer-Laser schließlich arbeiten alle im UV-Bereich.gepulst mit einer Leistung von ca. 150 Joule pro Puls und habendie Fähigkeit. Zahnsubstanz abzutragen. Dabei ist der Effekt, daihre Wirkung auf reiner, allerdings schonender Photoablationberuht, gering im Vergleich zu gepulsten Infrarotlasern. IhrLaserstrahl muß teils über einen Spiegel- bzw. Hohlleiter (ArF-Excimer mit 193 nm). teils über Fasersystem (XeF-Excimer mit308 nm Wellenlänge) übertragen werden.Bliebe noch als letztes der Neodym-YAG-Laser (YAG steht fürYttrium-Aluminium-Granat und Neodym gehört zu den seltenenErden). Er sendet Laserlicht mit einer Wellenlänge von 1,064Mikrometer aus. das sich über eine Glasfaser übertragen läßt.Alle heute auf dem zahnärztlichen Markt befindlichen NdYAG-Laser sind gepulst und unterscheiden sich durch ihre Leistung,die bei einzelnen Geräten bis zu 50 Watt reicht und dann eineWasserkühlung voraussetzt und durch die Dauer und Anzahl derPulse pro Sekunde. Im Gegensatz zu CO:- und Erbium-YAG-

Integration des dLase 300 indas Sprechzimmer

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Lasern wird der NdYAG-Laserstrahl von Wasser oder glasklarenStoffen nicht absorbiert, benötigt also Farbstoffe zur Energie-freisetzung. Je dunkler der Farbton, umso mehr Energie wirdabsorbiert und damit wirksam. Von Gold und blanken Flächenwird der NdYAG-Laser reflektiert, durch gesundes Dentingewe-be oder Schmelz dringt der Strahl hindurch, wobei eine gewisseStreuung und Reflektion eintritt. Damit ist klargestellt, daß einWirksamwerden dieser Laserenergie im iMundbereich abhängigist vom Farbstoffanteil in bzw. auf den verschiedenen Geweben.

Der von mir bisher benutzte Nd-YAG-Laser dLase 300 derFirma American Dental Laser war das erste auf dem zahnärztli-chen Sektor einsetzbare Lasergerät, das seit Anfang 1990 aufdem deutschen Markt angeboten wird. Ich arbeite damit seit Juni1990. Aufgrund seiner geringen Abmessungen findet es bequemin einer Nische hinter dem Behandlungsstuhl Platz.

Der dLase 300 arbeitet mit einer variablen Leistung zwischen0,3 und 3 Watt sowie mit variabler Pulsfrequenz von 10, 15, 20,25 oder 30 Pulse pro Sekunde. Die Pulsdauer beträgt 1/6000Sekunde. Damit liegt auch schon die Erklärung vor, warum mitdiesem Gerät sehr oft für den Patienten schmerzfrei gearbeitetwerden kann: Da unsere Synapsen nur auf Reize zu reagieren imStande sind, die länger als 1/1000 Sek. dauern, hat das Gewebezwischen den einzelnen Pulsen, die Hitze erzeugen, genügendZeit, die Wärme wieder abzuführen. Nur bei höherer Energie-dichte oder Verbleiben mit dem Applikationshandstück auf einerStelle kommt es zur Summation der Reize und zur Schmerzaus-lösung.

Die Übertragung erfolgt - wie oben bereits gesagt - über einGlasfaserkabel. Dabei wird unterschieden zwischen Nonkon-takt- und Kontakthandstücken sowie Glasfasern mit einemDurchmesser von 320 und 200 Mikron, Beim Nonkontakthand-stück ist am Ende der Glasfaser eine Optik angebracht, die eineFocussierung des Strahles mit einem Brennpunktabstand von ca.8 mm erzeugt. Die Kontaktfasern werden am Ende durch einbleistiftstarkes Handstück in eine gebogene, am Ende stumpfeMetallkanüle geführt, die mit einem Ansatz für LuerscheKanülen auswechselbar auf dem Handstück sitzt. Die Kontaktfa-ser ist mit einem Lack überzogen, der den vorzeitigen Austrittvon Laserstrahlung verhindert und mit einem Silikonschlauchals Schutz ummantelt. Sie muß an ihrem Ende eine möglichstplane Ausrittsfläche besitzen, damit durch seitliche Streuungkein Energieverlust eintritt. Da der Lacküberzug durch die amEnde auftretende Hitze verbrennt, muß regelmäßig eine Kür-zung mit einem Hartmetallschneider vorgenommen werden. Eshandelt sich bei den Kontaktfasern somit um ein Verbrauchsma-terial. Das aus der Metallkanüle reichende Faserende ist beliebigverlängerbar und wird durch Klemmschraubung am Handstück

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fixiert. Eine sorgsame Behandlung (überstarkes Knicken oderEinklemmen vermeiden! Kostenpunkt der Faser ca. DM 600.-!)ist sehr empfehlenswert.

Welche Anwendungsbereiche sind nun nach meinen Erfahrun-gen mit dem dLase 300 abzudecken? Aufgrund seiner Eigen-schaften ist er bei Weich- und Hartseweben anwendbar:

Gingivoplastiken: Hier verwende ich den dLase 300 gerne zur Weichgewebemarginalen Kürzung des Zahnfleischrandes bei Zahnhalsfüllun-gen, Präparationen etc., da dies völlig unblutig und schonendgeschehen kann. Auch Sulkuserweiterungen bei der Abdruck-nahme nach Zahnpräparationen sind hierunter zu erwähnen.Diese Eingriffe können meist ohne Injektion erfolgen. Beson-ders hervorzuheben ist die Möglichkeit, mit dem Laser ein sehrpräzises und schonendes Gestalten der gewünschten Auflage-fläche unter Brückengliedern zu erreichen.

Die Entfernung von Fibromen ist relativ problemlos und dieAbheilung praktisch schmerzlos. Sie erfolgt nicht so schnell wiebei einem Schnitt mit dem Skalpell, bereitet aber keinerlei Pro-bleme mit Blutungen und Nachbeschwerden. Auch das Durcht-rennen von Lippen- oder Zungenbändern ist praktisch blutungs-frei möglich.

Die Effizienz dieser Eingriffe ist natürlich abhängig von der Fär-bung der abzutragenden Gewebeteile - deshalb ist vor allem beidem relativ schwachen ADL-Laser mit maximal 3 Watt der Zeit-aufwand größer als mit einem CO 2-Laser, bei dem allerdingsimmer eine Injektion erforderlich ist. Besonders bei fibrösemGewebe, wie wir es bei den zu durchtrennenden Schleimhaut-bändern vorfinden, zeigt sich dieser Nachteil des dLase 300.Hier arbeite ich deshalb nunmehr meistens mit der höchsten Ein-stellung von 3 Watt und 25 Pulsen/Sek., was wegen des lokalauftretenden Wärmestoßes eine kleine Injektion notwendigmacht.

Aphthöse Läsionen werden bei einer Einstellung von 1.75 Wattund 20 pps flächendeckend bestochen und sind meist spontanschmerzfrei.

In der Parodontologie sehe ich ein wichtiges Anwendungsgebietin der Vorbehandlung im Sinne einer geschlossenen Cürettage.Hierbei wird die 320 Mikron-Faser ca. l Minute lang horizontalund vertikal durch jede Zahnfleischtasche geführt. Sie bestreichtdabei sowohl die gingivalen wie die zahnwärts gelegenenFlächen. Speziell bei den vertikalen Bewegungen sind imBereich des Wurzelzementes durch die Form des FaserendesKonkremente gut tastbar. In diesen meist dunkel verfärbten

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Anlagerungen kommt es zu einer verstärkten Aufnahme derInfrarotstrahlung, was zu einer Desikkation führt. Dabei werdendie Konkremente weich und brüchig und lösen sich teilweisevon der Zahnoberfläche. Die darauf erfolgende Reinigung derZahnoberfläche mit Ciiretten wird durch diese Konkre-mentlockerung ganz wesentlich erleichtert. Durch das Bestrei-chen der weichen Taschenwände erfolgt hier eine Keimreduzie-rung sowie ein teihveises Verschollen speziell entzündlich ver-änderter und daher dunkel gefärbter Partien. Dieser ganze Ein-griff erfolgt in der Regel bei Einstellung von l .75 bis 2,25 Wattund 20 pps. Im Taschenboden entstehen pro Puls Temperaturenzwischen 100 und 150 :C. Durch die oben beschriebene Ablei-tung dieser Wärme über das Gewebe ist die Laserbehandlungohne Injektion möglich. Die Keimreduktion erklärt sich daraus.daß Bakterien beim Auftreffen des Laserstrahles verdampfen.

Ich führe diese Behandlung grundsätzlich nach erfolgter Vorbe-handlung und Prophylaxetesten durch. Den Anteil notwendigergrößerer parodontalchirurgischer Eingriffe konnte ich hierdurchwesentlich senken.

Das vom Hersteller empfohlene Abtragen von Zahnfleisch imSinne einer Gingivektomie führe ich wegen der relativ geringenStärke des ADL-Lasers und des dadurch erforderlichen wesent-lich erhöhten Zeitaufwandes nur in kleinen Zahnfleischberei-chen durch.

Hongewebe Der Einsatz des ADL-Lasers im Zahnhartgewebe ist recht viel-seitig:

Analgesie: Durch ca. l 1/2-minütiges Rundumbestreichen desZahnes läßt sich speziell beim jugendlichen Zahn eine bis zu 60-minütige Analgesis eines Zahnes erreichen. Ich empfinde diesals besonders angenehm bei der Kinderbehandlung (z.B. Einset-zen von Inlays am l . Molar).

Desensibilisiserung: Die Behandlung von empfindlichen Zahn-hälsen erfolgt durch flächiges Bestreichen der entsprechendenPartien bei langsam gesteigerter Leistung von 0.5 bis I Watt und10 pps über 3 min. Es erfolgt hier eine oberflächige Verschmel-zung der Dentinoberfläche bei einer gleichzeitigen Art Chelat-bildung in den Dentintubuli. Dabei muß gesagt v.erden, daßnach 1/2 bis l Jahr die Wirkung der Desensibilisierung nachläßtund wiederholt werden muß.

Die beiden oben genannten Behandlungsmöglichkeiten könnenwie das Verdampfen von punktföriuiger und Fissurenkariessowohl mit dem Nonkontakt- wie dem KuniakthandStUck

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c „ r . - g e f ü h r t werden. Allerdings bevorzuge ich bei letztererBehandlung die Benutzung der 200-Mikron-Kontaktfaser. Dabeik;raffe ich zunächst mit einem spitzen Diamanten einen Mini--;h:er. damit ich mit der Faser auch leicht untersich-gehende

r.cn eiTeichen kann. Mit der Faser verdampfe ich sodann dieluniclen cariösen Partien, ätze den Schmelzrand an und versiegle

t einem Composit. Diese Behandlungsmethode stellt in mei-ern Augen wegen ihres geringen invasiven Charakters eineDe andere Indikation für den Lasereinsatz dar.

Beim Einsatz des ADL-Lasers zur Entfernung von Caries ist.nseweit Vorsicht geboten, als mit geringer Energie (10-15 ppsund 0.9 bis 1.25 Watt) gearbeitet werden sollte. Ferner sollte dieCaries nicht zu ausgedehnt sein. Hier muß auch zum Hilfsmittelder Oberflächeneinfärbung gegriffen werden, um eine reineTransmission des Laserstrahles durch das Dentin zu vermeiden.Das kariesfreie und auf diese Weise präparierte Dentin zeigtmikroskopisch einen völligen Verschluß der Dentintubuli.Gleichzeitig wurde auf dem Dentin ein Ätzmuster erzeugt, daseine Retention für das direkte Aufbringen von Composites dar-stellt. Es ist auf diese Weise auch möglich, im Gesunden eineDentinätzung durchzuführen. N. Gutknecht. Aachen, hat inAbzugsversuchen festgestellt, daß die Haftkraft von Compositan Dentin nach Laserätzung signifikant höher ist als die an mitPhosphorsäure geätztem Schmelz!

Dies bedeutet, abgesehen von dem mit der Anätzung einherge-henden schützenden Versiegelung des Dentins, eine Ausweitungder Indikation zur Anfertigung von keramischen Inlays. die jabislang dann als kontraindiziert angesehen wurden, wenn appro-ximal kein genügend breiter Schmelzrand mehr vorhanden war!

Der sicher nicht zu Unrecht in vielen Veröffentlichungen erho-bene Hinweis auf die Gefahr einer Pulpenüberhitzung durch denNdVAG-Laser nach Passage des Dentins kann allerdings heuterelativiert werden. Untersuchungen von Joel White an der Uni-versity of California in San Francisco ergaben, daß bei Einhal-tung der oben angegebenen Einstellwerte bei Restdentindickevon l mm keine Temperaturerhöhung in der Pulpa eintritt, diedie Gefahr einer Nekrose zur Folge hätte.

Nach Einfärben mit einem schwarzen Gel ist auch eine sehrgenaue Schmelzätzung möglich. Hier muß allerdings einschrän-kend bemerkt werden, daß speziell beim Ätzen vor dem Legenvon Frontzahnfüllungen auf eine völlige Entfernung aller Far-breste geachtet werden muß, da sonst ein "Ergrauen" der Fül-lung unvermeidbar ist! Das war in der Vergangenheit, als zumÄtzen nur eine Tusche zur Verfügung stand, manchmal nur unterEinsatz von Phosphorsäure möglich, die man dann auch gleichhätte benutzen können, obwohl das Laserätzmuster wesentlich

Heue Gruppe

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gleichmäßiger unter dem Mikroskop aussieht. Der jetzt zur Ver-fügung stehende Gel läßt sich fast immer restlos mit Wasser ent-fernen.

Bliebe noch die von mir sehr geschätzte Anwendung des Lasersin der Endodontie. Hier wurde in einer Untersuchung von Gut-knecht und Behrens. Aachen, gezeigt, daß bei Einsatz des ADL-Lasers mit der Einstellung 15 pps/1.5 Watt und zweimaligemBestreichen des gut aufbereiteten Wurzelkanales für je 45 Sek.nicht nur eine völlige Befreiung der Kanalwände von organi-schen Substanzen, sondern auch, wie die Farbpenetrationsunter-suchung zeigt, ein fast völliger Verschluß der Dentintubuli zumKanallumen erreicht wird. Daher führe ich nach der Spülung deraufbereiteten Wurzelkanäle mit NaOH-Lösung immer eineBehandlung in der oben geschilderten Weise mit dem Laserdurch. Die hier durchweg zur Anwendung kommende 200-Mikron-Faser entspricht der ISO-Größe 25.

Die Firma Sunrise Ltd. in Fremont/CA.. die den dLase 300 fürAmerican Dental Laser produziert, hat nun ein Nachfolgemo-dell, den Sunlase 800. auf den Markt gebracht. Dieser weistgegenüber dem dLase 300 einige Vorteile auf: Die Steuerung derImpulszeiten erfolgt elektronisch gegenüber einem mechani-schen Mechanismus im ADL-Gerät. Es erfolgt eine automati-sche Anpassung an die unterschiedlichen Fasern, wobei diezusätzliche Einführung einer stärkeren Faser vorgesehen ist, diebei Flächenbehandlung eine höhere Effizienz hätte. Letzteres istallerdings nur dadurch möglich, daß die mögliche Leistung auf 8Watt gesteigert wurde. Ferner lassen sich mit dem Gerät achtverschiedene Einstellungen vorprogrammieren, so daß das teil-weise umständliche und zeitaufwendige Programmieren wiebeim ADL-Laser wesentlich vereinfacht wurde. Ich arbeite seiteiner Woche mit diesem Gerät und kann noch keine Aussagenmachen, die von den obigen abweichen.

Zur Zukunft der LASER-Anwendung in der Zahnheilkunde istals sicher zu prognostizieren, daß Geräte entwickelt werden, diedie Umschaltung von einer Laserart auf die andere zum Ausnut-zen aller möglichen Vorteile ermöglichen. Sicher werden dazuLaserarten gehören, an denen z. Zt. noch geforscht wird. Preisund Leistung werden dann über Sinn und Unsinn ihrer Anschaf-fung entscheiden. Im Augenblick stellt, wenn man sich auf einenLaser beschränken will, der Nd:YAG-Laser das Gerät für dieuniversellste Anwendung dar. In einer vorwiegend chirurgischausgerichteten Praxis würde ich allerdings noch eher an dieAnschaffung eines CO: -Lasers denken.

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Immer wieder vertreten einzelne Kostenträger die Auffassung, GOZ • Ur te i ledaß im Rahmen der Gebührenbemessung nach §5,2 GOZ nur"paüentenbezogene " Umstände, nicht jedoch Besonderheitendes angewandten Verfahrens berücksichtigt werden dürfen.

in Standardbriefen wird dabei häufig auf den "für das Gebühren-recht zuständige Bundesminister" verwiesen.

Ein Urteil des Sozialgerichtes Kiel, das durch das Bundessozial-gericht bestätigt wurde (AZ.: 6R K a 12/90) führt dazu aus:

"Die oft angeführten Stellungnahmen des Bundesmini-steriums sind im Zusammenhang mit der Auslegung undAnwendung von Gesetzesvorschriften nicht etwa von besonde-rer Bedeutung. Eine sogenannte "authentische Gesetzesinterpre-tation" durch einen am Gesetzgebungsverfahren Beteiligtensieht die grundgesetzliche Rechtsordnung nicht vor. Sie istdurch das Gewaltenteilungsprinzip ausgeschlossen."

In einer Klage gegen das Landesamt für Besoldung und Versor-gung Baden-Württemberg hat der VerwaltungsgerichtshofMannheim am 17.9.1992 entschieden, daß neben der patienten-bezogenen Begründung auch eine verfahrensbezogene Begrün-dung gebührenrechtlich möglich ist. (AZ.: 4 S 2084/91)Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Rechtsmittel eingelegt.

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Wege in diePrivatpraxis ?

Dr. Bernd HeinzHamburgDr. Walter F. SchneiderBöblingenDr. Hans-Hennig OhlroggeAachen

Vorwort

Spätestens nach dem Bekanntwerden des Inhalts des Gesund-heitsreformgesetzes mußte sich jeder Kollege, der gute Zahn-heilkunde betreibt, folgende Frage stellen:

Ist in diesem System Zahnheilkunde, wie wir sie verstehen,unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten noch machbar?

Muß man nicht einem System, das qualitative Zahnheilkundenegiert, den Rücken kehren?Drei Kollegen haben sich diese Frage gestellt. Zum Zeitpunktder redaktionellen Konzeption waren die Vorbereitungen undAusführungen unterschiedlich weit gediehen. Die Reihenfolgeder Beiträge spiegelt diese Situation wider.

Dr. Bernd Heinz, Hamburg Insbesondere der Freund und Lehrer Heinz Erpenstein zwangmich in den zurückliegenden Jahren, die Rückgabe der Kassen-zulassung ernsthaft zu bedenken. Der parodontologisch orien-tierten Praxis standen nie die wirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen zur Verfügung, das permanent volle Wartezimmer, Termin-planung ein halbes Jahr im voraus, täglich 10-11 Stunden Arbeitam Patienten, all das quält, beschäftigt, ängstigt. Man sucht Aus-flüchte für sich, für "seine Kassenpatienten", bis dann derberühmte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt: Blüm. See-hofer, Regresse!

Die Entscheidung ist nun gefallen, die Selbstzweifel überwun-den. Auch das soziale Gewissen hat in vielen vorbereitendenGesprächen mit den Mitbetroffenen (den Kassenpatienten) Ent-lastung erfahren: Verständnis, ja Zustimmung, die Bereitschaft,als Patient der Praxis erhalten bleiben zu wollen bzw. unserWille, auch im Einzelfall Patienten zu den Honoraren dergesetzlichen Krankenkasse weiter zu betreuen. All das hilft, denWeg in die Privatpraxis zu gehen.

Und dieser Weg muß vorbereitet werden: Die Zulassung zurRVO gab ich am 1.7.1991 zurück, die wir durch zwei Aushängevorher ankündigten. Damit war eine Abfrage des Versicherten-status am Telefon möglich, um somit das Verhältnis zwischenden verschiedenen Versicherungsgruppen zu korrigieren.Zunächst wurde ein Tag ausschließlich für Privatpatienten frei-gehalten, kurze Zeit später waren es dann zwei Tage. Die Vortei-le dieses Vorgehens liegen auf der Hand: Wir konnten uns schonauf die "ruhigere" Privatpraxis einstimmen, auf Grund unsererkurzfristigen Terminplanung fanden wir eine deutlich höhereAkzeptanz bei den Privatversicherten. Auch spiegelte sich diesin den Zahlen wider: War das Honoraraufkommen 1990 noch zu

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70 % aus dem Bereich der Sozialversicherungskassen, so lag es1992 nur noch bei 30%.

Wichtig erscheint mir, daß wir keinen unserer Patienten persön-lich angeschrieben haben, auch nicht ab dem 1.7.1991. als wiruns ganz auf die Privatpraxis vorbereiteten. Das persönlicheGespräch kostete zwar viel Zeit, uns zwingt es auch heute nochzu beklemmenden Gesprächen. Aber genau dies führte zu einemreibungslosen Start in die reine Privatpraxis.

Und diese Praxis ist absolut gewöhnungsbedürftig! War die Pra-xis in der Vergangenheit auf ein halbes Jahr im voraus ausge-bucht, so ist es leider schon heute möglich, innerhalb von 14Tagen Terminvereinbarungen zu treffen. Kurzfristige Absagenlassen sich nicht mehr so einfach kompensieren. Die Auslastungder Assistentin (hochmotiviert und qualifiziert) ist äußerst pro-blematisch. Erneut kommt Unruhe auf: War diese Entscheidungdoch nicht richtig, der Zeitpunkt verkehrt gewählt, und über-haupt?

Die Zahlen aus dem Computer belegen es: Ein ausreichendesHonoraraufkommen in der jungen Privatpraxis ist ohne dengewohnten Stress möglich. Endlich ist eine gerechte Bewertungmit Hilfe der GOZ möglich (allerdings teilweise jenseits des2,3fachen Satzes). Wir bemühen uns um eine gute Zahnheilkun-de, und das zu erzielende Honorar macht das möglich. Gibt estrotzdem eine Umkehrfolgerung? Läßt sich bemühte Zahnheil-kunde in der Kassenpraxis zukünftig auch mit Seehofer verwirk-lichen, oder hat nicht das GSG 1993 die Zweiklassenmedizindefinitiv zementiert?

Meine Entscheidung fiel vor und nicht wegen Seehofer, abergerade diese Zwangsjacke des Gesetzgebers rechtfertigt diesenSchritt und erhöht die Akzeptanz meines Vorgehens bei meinenPatienten.

Seit 1986 hatten wir die Daten von 2500 Patienten gespeichert.Diese wurden von zwei Behandlern betreut. Davon waren 800privatversichert - gerade genug für einen Behandler. Seit derUmstellung registrieren wir bis zu fünf neue Privatpatienten proWoche- das gibt Hoffnung!

Abschließend sei betont, daß ich meine Entscheidung bislangnicht bereuen mußte, und jedem Kollegen, der eine Praxis mitähnlicher Struktur führt, zu diesem Schritt dringend rate.

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Dr. Walter F. Schneider,Böblingen

Praxiszeitung als neuesKommunikationsmittel

80 % Privatabrechnung und 60 % Privatklientel: eine vielver-sprechende Voraussetzung, um eine Praxis mit nur privaterAbrechnung zu führen. Die Beteiligung zur VdAK seit ca. 14Jahren war auch problemlos vonstatten gegangen.Mein Gesundheitszustand Ende vergangenen Jahres gab voll-ends den Ausschlag für die Entscheidung, die Kassenzulassungfür ein Jahr ruhen zu lassen, mit der Option, vielleicht ganz dieAbrechnung mit den gesetzlichen Kassen abzugeben.Genau das war das Ziel: für alle Patienten da sein, unabhängigvon der Zugehörigkeit zu irgendeiner Versicherung, aber ebennur private Abrechnung! Und dabei möglichst viel von dengesetzlich versicherten Patienten weiter zu betreuen!Darauf habe ich die betroffenen Patienten in ausschließlich per-sönlichen Gesprächen eingestimmt. Die Resonanz war überwäl-tigend positiv. Zuzahlung aus eigener Tasche war für sie keinProblem. Ein Artikel in unserer Praxiszeitung stellte diesnochmals deutlich heraus und war damit eine zusätzliche Argu-mentationshilfe.Seit dem 1.1.1993 ruht die Kassenzulassung. Die Vorbestellzeitist besser als die Jahre zuvor. Anfänglich gab es mancheBehandlungsabsagen. Die Sozialversicherungskassen machtengehörig Front gegen meine Praxis. Aussagen wie: "Sie bekom-men keinerlei Zuschuß!" oder "Suchen Sie sich doch einenanderen Zahnarzt!" von seiten der Schalterbeamten waren undsind an der Tagesordnung.

Mittlerweile ist die Haltung der Ersatzkassen sehr geteilt. EinTeil lehnt strikt Zuschüsse ab. unabhängig davon, welchen Ver-sicherungsstatus der Patient hat. Der andere Teil gewährt denfreiwillig Versicherten den Kassenzuschuß.

Nach vier Monaten Praxis mit ausschließlich privater Verrech-nung kann ich für mich folgendes Resümee ziehen:

1. Zahnheilkunde unter hohen Qualitätsnormen, Zeit für denPatienten, weil die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen stimmiger sind, das sind die äußerst positiven Erfahrungen,die ich machen konnte.2. Der Weg in die Praxis mit Privatverrechnung ist steinig undmit vielen Enttäuschungen versehen.3. Die politische Situation ist derzeit immer weniger einschätz-bar:Quo vadis Privatversicherung? Quo vadis Sozialversicherung?Quo vadis Gesundheitssystem?4. Wir müssen lernen, unser Produkt, nämlich gute Zahnheilkun-de, wieder verstärkt herauszustellen. Die Kassenzugehörigkeitdarf dabei keine Rolle spielen. Und für die Preisgestaltung sindwir selbst verantwortlich! Der Zuschuß für die Sozialversicher-ten zu unseren Leistungen bei privater Verrechnung mußgewahrt bleiben.

.Heue Gruppe.

W

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5. Die Abgabe der Kassenzulassung unter heutigen politischenund wirtschaftlichen Gegebenheiten halte ich für unklug. DieRisiken sind zu groß und keiner kennt den zukünftigen Weg!6. Die Sensibilisierung für diesen Beruf hat ungeheuer zuge-nommen. Kollegen, die nicht zu einer moralischethischen, quali-tativen Zahnheilkunde finden, sind die Totengräber diesesBerufsstandes. Und wenn wir tatenlos zusehen, machen wir unsmitschuldig!

Wieviel Freude macht es, Herausforderungen anzunehmen,wichtige und richtige Erkenntnisse kritisch, aber mit Überzeu-gung umzusetzen. War und ist dies nicht die Basis unserer beruf-lichen und persönlichen Freude? Ich meine schon, fände sichnicht alle paar Jahre jemand, der ohne Sach- und Fachverstandversucht, uns und unsere Patienten die Freude am Miteinanderzu nehmen.

Mit der geballten Faustim Bauch!Eine Chronologie zum GSG

Dr. Hans-Henning Ohlrogge,Aachen

Die "phantasievollen" Ideen des Herrn Seehofer beginnen sichabzuzeichnen, so erläutere ich als verantwortungsbewußter Bür-ger in einem ausführlichen Brief an den Bundeskanzler meineBedenken zu dem Gesetzesinhalt, zeige Verständnis für die Not-wendigkeit einer echten Reform und biete Zusammenarbeit mitwirklich fachkompetenten Vertretern unseres Berufsstandes an.

Mitte Oktober 1992

In einem dezidierten Brief erhalte ich Antwort (UnterschriftKohl). Es wird von Lösungsmöglichkeiten zum Bestand unseres"hochentwickelten und freiheitlich selbstverwalteten Gesund-heitssystems" ebenso gesprochen wie von der Versicherung derCDU/CSU-Bundestagsfraktion , "im Verlauf der weiteren parla-mentarischen Beratung des Gesetzesentwurfes auch den Sach-verstand der Zahnärzte" zu berücksichtigen.

Ende Oktober 1992

Die offiziell spärlichen und zudem widersprüchlichen Informa-tionen zum GSG lassen erkennen, daß eine Betreuung dergesetzlich versicherten Patienten in der bisherigen Form nichtmehr oder nur mit einem erheblichen Mehr an Verwaltungsauf-wand möglich ist. Deshalb fasse ich auf der Basis eines Klien-tels von knapp 50 % privatversicherter und einem hohen Anteilkooperativer gesetzlich versicherter Patienten den Entschluß,zum 1.4.1993 auf die Vertragstätigkeit zu verzichten und allemeine bisherigen Patienten im Sinne der Kostenerstattung weiter/u betreuen. Die "Kassenpatienten" werden von mir persönlich

Mitte Dezember 1992

„Usus Gruppe.

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informiert und zeigen überwiegend Verständnis für meinen Ent-schluß.

Anfang Februar 1993 Die ersten Erfahrungen mit dem GSG sind chaotischer als diekühnsten Befürchtungen es erwarten ließen. Bewilligungsent-scheidungen scheinen eher zufällig getroffen, Kostenzusagenaus 1992 werden nicht aufrechterhalten, in anderen Fällen wie-der werden "großzgügig" Kosten übernommen. Die Patientensind verunsichert. Tenor: Nur freiwillig versicherte Patientenhaben eine echte Chance auf Erstattung ihrer anteiligen Kosten- und dies nur bei Behandlung durch einen "Vertragsarzt".

Mitte Februar 1993 Nach einer schlaflosen Nacht entscheide ich mich im Sinne mei-ner Patienten, meinen Verzicht auf die Vertragstätigkeit von derTagesordnung der KZV-Sitzung streichen zu lassen. Ich darf(auf juristisch wackeligen Beinen) weiterhin meine bisherigen"Kassenpatienten'' betreuen. Die Beine scheinen deshalb wacke-lig, weil eine einseitige Willenserklärung vorliegt, die angeblichnicht ohne weiteres zurückgenommen werden kann.- Im Dezember bestellt man das Aufgebot, um im April zu hei-raten, im März ändert man seinen Entschluß, warum auchimmer, muß aber dennoch heiraten!

Mitte März 1993 In einem kurzen Brief erläutere ich allen meinen gesetzlich ver-sicherten Patienten die besonders gravierenden Einschnitte, diedas neue Gesetz gebracht hat. Ich betone, daß eine fachgerechteBehandlung auf dem bisher gebotenen Niveau vom Gesetz nichtvorgesehen ist, daß ich aber von der gesetzlichen MöglichkeitGebrauch machen werde, freiwillig versicherte Patienten imSinne der Kostenerstattung zu behandeln, um ihnen "auch inZukunft die Behandlung zukommen zu lassen, die wir gemein-sam als die für ihn und seinen Fall beste ansehen".

Reaktionen: Spontaner, teils anonymer, teils verärgerter, teilsverständig-trauriger Abschied von etlichen Patienten. Informati-on auch durch Rückruf bei Patienten, auf die ich besonderenWert lege, weil sie seit vielen Jahren meine Tätigkeit in beson-derem Maße zu schätzen wissen.

Anfang April 1993 Immer noch eine kleine geballte Faust im Bauch, weil die Politi-ker offensichtlich nicht aussterben, die Sachkompetenz mit derpolitischen Macht verwechseln, unsinnige Ideen durchzusetzen,deren Folgen sie weder verantworten müssen, noch sie selbsttreffen. Das im Anfang beschriebene Prinzip der Herausforde-

_Hege Gruppe.

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Dr. Werner Fischer,Braunschweig

Dr. Dr. Knut Schuppan,Köln

Forum

Forum bietet für alleMitglieder die Möglichkeit,Meinungen, Gedanken undAnregungen zur NEUENGRUPPE und zu den NEUENGRUPPE Nachrichten zuartikulieren. Diese Rubrikwird eine ständige Einrich-tung der NEUEN GRUPPENachrichten werden.

rungen. die anzunehmen sind, wird aus den Angeln gehoben.

So ist dies sicher eine Chronologie mit Fortsetzungen. Dennochhoffe ich jetzt, bei allem Ärgernis und Schmerz mit einer kleine-ren Klientel meine Individualität zurückgefunden zu haben.

Arbeitskreis Implantatversorgung

Die zahnärztliche Implantologie hat sich im letzten Jahrzehnt zueinem wissenschaftlich anerkannten und integriertem Fachgebietder Zahn- ,Mund- und Kieferheilkunde entwickelt.

Der weiterhin zunehmenden Bedeutung gerecht zu werden,haben wir geneinsam mit unserem neuen Mitglied Knut Schup-pan verabredet, einen Arbeitskreis "Implantatversorgung" zuetablieren. Es soll eine Arbeitsgemeinschaft implantologischinteressierter Mitglieder der NEUEN GRUPPE werden. Diesesoll Gedankenaustausch und kollegiale Hilfestellung anbieten,Fachvorträge arrangieren. Diskussionsforum sein. Fallplanungeninteraktiv unterstützen, und ggf. OP-Kurse organisieren.

Auch auf diesem Gebiete sollen im Rahmen der NEUENGRUPPE Zeichen gesetzt werden.

Das Angebot könnte sein:

Systematik chirurgischer BehandlungsplanungSystematik prothetischer BehandlungsplanungManagement komplexer Behandlungenund viele andere Themen.

Das Frühjahrstreffen bietet die Möglichkeit, das Konzept mitden Initiatoren zu diskutieren.

Personalia Wir gratulieren folgenden Mitgliedern zum Geburtstag:

Prof. Schreiber konnte am 2.2. und Prof. Pruin am 25.3. sei-nen 80. Geburtstag feiern. Auf 70 Lebensjahre blickt Dr. Roma-nowsky zurück. Er beging diesen Ehrentag am 17.2.1993.60 Jahre alt wurde am 23.4.1993 Dr. Hupe. Folgenden 50-jähri-gen gilt unser Glückwunsch: Dr. Butz am 2.2., Dr. Coruh am5.2. und am 2.6. feiert diesen Festtag Dr. Garlichs.

.Neue Gruppe _

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Am 10. März 1993 verstarb nach langer Leidenszeit in Kemptenunser Mitglied Dr. Hannelore Dechant. Sie wurde bis zuletzt vonIhren Töchtern Anja und Barbara aufopfernd begleitet.Hannelore Dechant gehörte zu den eher Stillen in unserer Grup-pe. Sie war schon früh an der Seite ihres Mannes, unseres unver-gessenen Hannes Dechant. mit uns eng verbunden.

Hannelore Dechant wurde 1936 in Leipzig geboren. Sie studier-te Zahnmedizin an den Universitäten Leipzig und Münster, umzunächst in eigener Praxis in Fürth, dann jedoch mit IhremMann eine Gemeinschaftspraxis in Kempten zu führen.

Ihre Liebe galt der Chirurgie. Im Jahre 1980 wurde sie zur Oral-chirurgin ernannt. Eine besondere Freude war für HanneloreDechant der Studienabschluß ihrer Töchter, beide mit hervorra-genden Ergebnissen.

Nicht immer war sie auf der Sonnenseite des Lebens, und geradein den letzten Jahren hat das Schicksal sehr viel von ihr verlangt.Sie war eine tapfere Frau. Ihre Freunde werden sie nicht verges-sen.

Anzeigen Barbara Dechant hat das Studium der Zahnmedizin in Münchenabgeschlossen. Zur Zeit arbeitet sie an der Promotion. Sie suchtab Oktober 1993 eine Assistentenstelle!

Impressum Copyright 1992 Neue Gruppe Nachrichten. Herausgeber: NeueGruppe, wissenschaftliche Vereinigung von Zahnärzten. Redak-tionelle Leitung: Dr.Walter F. Schneider. Die Neue GruppeNachrichten umfaßt 2 Ausgaben pro Jahr. Die Zeitung und allein ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschlitzt.

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