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1 Neue Möglichkeiten Dynamischer Berechnungen Dr.-Ing. Imre Kovacs Dynamic Consulting Dr.-Ing. Casimir Katz SOFiSTiK GmbH Zusammenfassung: Nichtlineare Dynamik ist nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass geometrische und Materialnichtlinearitäten erfasst werden, sondern auch durch Interaktion des Bauwerks mit der Erregung. Dies ist jetzt für Wind und für sich bewegende Fahrzeuge möglich geworden. Abstract: Nonlinear dynamic loads are not only ruled by geometric or material nonlinear response of the structure, but also by interaction of the structure with the loading. Those effects are now possible to be treated for wind and moving vehicles. 1 Grundsätzliches Eine Interaktion des Bauwerks mit der Belastung ist für statische Belastungen vielleicht nur bei Effekten der Theorie zweiter Ordnung oder bei poltreuen Kräften einer Seilabspannung von Interesse. Solche Fälle kann man aber in der Regel durch die Berechnung eines etwas größeren Systems erfassen. Bei dynamischen Belastungen ist dies jedoch ein häufigerer Fall. Grundsätzlich kann man solche Fälle dadurch erfassen, dass man in jedem Zeitschritt eine Verkoppelung der aktuellen Verformungen und Bewegungen mit der Last vornimmt. Denkbar sind z.B. folgende Effekte: Allgemeines Kontaktproblem sich berührender Bauteile (z.B. Ablenkungsvorrichtung bei Schiffsanprall). Ein Fahrzeug, dass über eine Brücke fährt, besteht aus einem eigenen dynamischen System mit Massen, Federn und Dämpfern. Addition von Wind- und Bauwerksgeschwindigkeiten, zeitlicher Verlauf von Böen. Zeitliche Veränderung der Windangriffsrichtung und folglich der Winddruckbeiwerte (z.B. Gallopping). Das erste Problem ist mit SOFiSTiK noch nicht komfortabel lösbar, für das zweite Problem sind jetzt in DYNA allgemeine Grundlagen geschaffen worden, die letzten beiden Problemstellungen sind in DYNA und in ASE verfügbar geworden.

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Neue Möglichkeiten Dynamischer Berechnungen Dr.-Ing. Imre Kovacs Dynamic Consulting Dr.-Ing. Casimir Katz SOFiSTiK GmbH

Zusammenfassung: Nichtlineare Dynamik ist nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass geometrische und Materialnichtlinearitäten erfasst werden, sondern auch durch Interaktion des Bauwerks mit der Erregung. Dies ist jetzt für Wind und für sich bewegende Fahrzeuge möglich geworden.

Abstract: Nonlinear dynamic loads are not only ruled by geometric or material

nonlinear response of the structure, but also by interaction of the structure with the loading. Those effects are now possible to be treated for wind and moving vehicles.

1 Grundsätzliches Eine Interaktion des Bauwerks mit der Belastung ist für statische Belastungen vielleicht nur bei Effekten der Theorie zweiter Ordnung oder bei poltreuen Kräften einer Seilabspannung von Interesse. Solche Fälle kann man aber in der Regel durch die Berechnung eines etwas größeren Systems erfassen. Bei dynamischen Belastungen ist dies jedoch ein häufigerer Fall. Grundsätzlich kann man solche Fälle dadurch erfassen, dass man in jedem Zeitschritt eine Verkoppelung der aktuellen Verformungen und Bewegungen mit der Last vornimmt. Denkbar sind z.B. folgende Effekte:

• Allgemeines Kontaktproblem sich berührender Bauteile (z.B. Ablenkungsvorrichtung bei Schiffsanprall).

• Ein Fahrzeug, dass über eine Brücke fährt, besteht aus einem eigenen dynamischen System mit Massen, Federn und Dämpfern.

• Addition von Wind- und Bauwerksgeschwindigkeiten, zeitlicher Verlauf von Böen.

• Zeitliche Veränderung der Windangriffsrichtung und folglich der Winddruckbeiwerte (z.B. Gallopping).

Das erste Problem ist mit SOFiSTiK noch nicht komfortabel lösbar, für das zweite Problem sind jetzt in DYNA allgemeine Grundlagen geschaffen worden, die letzten beiden Problemstellungen sind in DYNA und in ASE verfügbar geworden.

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2 Fahrzeug-Bauwerk-Kopplung Ein Beitrag für die dynamische Erregung eines Fertigteiltransports unter der Berücksichtigung regelmäßiger Unebenheiten wurde auf einem früheren Seminar von Katz [1] präsentiert. Bei den meisten dynamischen Untersuchungen dieser Art wird entweder das Bauwerk detailliert untersucht und das Fahrzeug als reine Belastung angesetzt, oder das Fahrzeug wird komplex modelliert und das Bauwerk wird als unendlich steif angesetzt. Eine Modellierung beider Systeme scheitert oft an der dazu erforderlichen Koppelung. Prinzipiell könnte man eine direkte Kopplung der Systemmatrizen für jeden Zeitschritt natürlich direkt durchführen, jedoch ist dies praktisch nur sehr schwer handhabbar. Insbesondere würde die Formulierung der Kontaktbedingungen zu beliebigen Zeitpunkten sehr aufwändig. Statt dessen bietet es sich an, eine Koppelung der Auflagerkräfte eines Systems als zeitliche Lastübertragung in das andere System zu programmieren. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass ein solches Verfahren in der Regel explizit ist, weil die Belastung zu Beginn des Zeitschritts gekoppelt wird und somit die numerischen Stabilitätskriterien der impliziten Zeitintegration teilweise verloren gehen. Der in DYNA gewählte Ansatz zur Beschreibung solcher Kopplungen ist völlig allgemein gehalten und kann deshalb sicher auch für andere Fragestellungen verwendet werden. Die Kontaktbedingung (CONT) arbeitet prinzipiell so, dass der definierte Lastvektor eines beteiligten Lastfalls des Systems mit einer ausgewählten Verschiebung multipliziert wird und in einem sogenannten Kontaktpunkt verschoben auf das System aufgebracht wird und so sich eine Abhängigkeit von der Bewegung der Struktur ergibt. Der Kontaktpunkt wird definiert, der entlang einer Reihe von expliziten Knoten für jeden Knoten mit FUNK einen Zeitwert erhält, zu dem der Kontaktpunkt genau in diesem Knoten steht. Unter der Angabe der Nummer eines Randelements und einer Geschwindigkeit V sowie einer Startzeit TMIN lassen sich diese Funktionswerte vom Programm auch einfach errechnen. Für die Auswahl der Kontaktverschiebung sind jetzt noch zwei Fälle zu unterscheiden:

• Die Referenzverschiebung ist fest, In diesem Falle ist bei REF eine Knotennummer vorzugeben.

• Die Referenzverschiebung ist die im Kontaktpunkt In diesem Falle ist bei REF der Wert 0 einzugeben (Voreinstellung).

Die Verschiebung im Kontaktpunkt ergibt sich durch lineare Interpolation aus den angrenzenden Knoten, für die Belastung im Kontaktpunkt werden die Knotenlasten mit der Knotennummer 0 verwendet. Dabei wird diese Last entsprechend auf die beiden angrenzenden Knoten verteilt. Der Benutzer definiert jetzt das Fahrzeug und die Brücke als getrennte Systeme, dabei ist lediglich zu beachten, dass die Lagerung des Fahrzeugs mit steifen Federn erfolgt, damit man die induzierten Auflagerverschiebungen aufbringen kann.

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V=50 km/h Fahrbahnunebenheit Fahrzeug m = 10 t

Knoten 102

Reifen+Fahrwerk Knoten 101 L = 20.0 m,

Knotennummern 1 bis 11 bilden Rand 10 EI = 4.236 106 ; µ = 3.45 t/m

f = 4.351 Hertz Fußpunkt Knoten 100

Während für den Träger und das Fahrzeug Steifigkeiten und Massen recht genau bekannt sind, muss man beim Fahrwerk sich häufig mit Richtwerten begnügen. Für die Eigenfrequenz des Rades werden Werte unterhalb von 2 Hertz gefordert, üblich sind je nach Federung zwischen 1.2 und 2.0 Hertz. Für den Federweg luftgefederter Konstruktionen kann man Werte von 25 bis 30 mm als Größenordnung erhalten. Somit kann man eine Federkonstante zumindest abschätzen. Für die Dämpfungseigenschaften gibt es nach Auskunft eines Fahrzeugherstellers wohl eine Richtlinie für Schwertransporte, die ein Dekrement von 0.2 verlangt, was dort nur mit besonderen Anstrengungen erreicht werden kann. Die Eingabe des Fahrzeugs erfolgt mit: LET#P 100.0 $ AXLE LOAD LET#C #P/0.025 $ 25 mm spring displacement LET#W SQR(10.*#C/#P) $ FREQUENCY LET#D 2.*0.03*#W*0.1*#P $ damping KNOT 100 FIX PP ; 101 FIX YPMM ; FEDE 100 100 101 DY 1.0 CP 1.E20 GRUP 1 ; KNOT 102 Y -1.0 FIX YPMM ; FEDE 101 101 102 CP #C MASS 102 10 DAMP 101 101 102 D #D KNOT 99 ; KINE 996 1012 -#C 1022 +#C

Der Fahrwerksknoten 101 ist sozusagen auf der Brücke mit der Federsteifigkeit 1.E20 angenagelt. Die Federkraft der Fahrwerkfeder 101 wird als Auflagerkraft (hier unter Vernachlässigung der Dämpferkräfte) mit KINE in einem künstlichen Knoten 99 als PHIZ zur Eingabevereinfachung in DYNA abgespeichert. Die Eingabe zu DYNA enthält dann folgendes: PROG DYNA KOPF CONTACT WITH VEHICLE AND BUMP LET#1 15.0 $ SPEED in m/sec STEP 0.01 20.0/#1 $ TOTAL TIME FOR TRAVELING LF 20 ; LAST 0 PY 100 $ POINT LOAD IN VARIABLE NODE

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CONT NR 10 #1 $ WITH AUTOMATIC TIME VALUES IN NODES LF 21 ; LAST 101 PY 1.E20 CONT SY 0 NR 10 #1 $ APPLY Displacement from BRIDGE TO VEHICLE LF 22 ; LAST 0 PY 1.0 CONT SRZ 99 NR 10 #1 $ REACTION LOAD BACK TO BRIDGE LF 23 ; LAST 101 PY 0.015E20 $ SIZE OF BUMP FUNK 8.33/#1 1.0 0. $ TIME VALUE FROM WAVE LENGTH AND SPEED $ HIST SY 2 10 1 LFSP 12 HIST SY 101 102 LFSP 12 HIST AY 2 10 1 LFSP 12 HIST MYE 1 9 1 LFSP 12 HIST P 1101 LFSP 12 AUSW MY 12 0 ENDE ; ENDE

Die Koppelbedingungen setzen sich jetzt aus folgenden Anteilen zusammen:

• Die statische Last von 100 kN wirkt im veränderlichen Kontaktpunkt längs der Brücke im LF 20.

• Die Verschiebung der Struktur im Kontaktpunkt wird als Auflager-verschiebung des Fahrbahnknotens 100 auf das Fahrzeug wirksam (LF 21)

• Dadurch ergibt sich eine dynamische Erregung des Fahrzeugs und eine Federkraft in der Fahrwerksfeder 101, die als SRZ des Knotens 99 unmittelbar als zusätzliche Kraft im Kontaktpunkt auf die Brücke wirkt. (LF 22)

• Die Fahrbahnunebenheit (LF 23) erzeugt eine Auflagerverschiebung des Fahrbahnknotens 100 beim Fahrzeug.

Die zeitlichen Verläufe der Federkraft im Fahrzeug und die Momente sind in den folgenden Bildern angegeben:

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Zeit[sec] 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Federkraft [kN]

-60.0

-40.0

-20.0

0.0

20.0

40.0

Zeit[sec] 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

Biegemoment My Ende Stab [kNm]

-400.00

-200.00

0.00

200.00

400.00

600.00

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Es sind noch längst nicht alle Fragen zur numerischen Stabilität der Berechnungen geklärt, jedoch laufen hierzu weitere Untersuchungen. Für die möglichen Unebenheiten gibt es in der Fachliteratur [Mitschke, M, (1984) Dynamik der Kraftfahrzeuge, Springer Verlag, Berlin] Ergebnisse von Messungen, die ein Leistungsspektrum definieren. Für eine Wegkreisfrequenz Ω=2π/L kann man dann für eine bestimmte Sorte von Straße eine spektrale Unebenheit in cm3 herauslesen. Die Wellenlänge der Unebenheiten erhält man aus der Fahrgeschwindigkeit und der Eigenfrequenz des Fahrzeugs. Für die wahrscheinlichen 2 Hertz und 60 km/h ergibt sich eine Wellenlänge von 8.33 m. Aus obigem Diagramm kann man eine Leistungsdichte von 10 bis 18 cm3 herauslesen. Daraus erhält man eine Unebenheit von 1.1 bis 1.5 cm.

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3 Windbelastungen

3.1 Allgemeines Wind ist eine nicht determinierte Belastung. Der Winddruck (auch: Geschwindigkeits-druck) überträgt Kräfte auf das Bauwerk. Die dynamische Wirkung des natürlichen Windes entsteht überwiegend dadurch, dass die Windgeschwindigkeiten - und damit die Windkräfte - zeitlich und örtlich schwanken. Nach Davenport definiert man die Windkette als Abfolge von sich wechselweise beeinflussenden Effekten und Berechnungen wie folgt:

• Windklima (der globale Wind)

• Geländeform (lokaler Wind)

• Aerodynamik (Druckbeiwerte)

• Dynamik (Antwort des Bauwerks)

• Bemessung des Bauwerks Als grundlegendes Sicherheitskriterium für das windbelastete Bauwerk wird in den Bauvorschriften oder in den Entwurfsbedingungen von Ausschreibungen festgelegt, dass es innerhalb des Zeitraums, in welchem das Bauwerk bestehen soll - in der Regel in 50 Jahren - mit einer vorgegebenen Sicherheit nicht versagt. Der Nachweis der Tragsicherheit wird in der Praxis auf die Prüfung eines kurzen Zeitabschnitts - in Europa: 10 Minuten - beschränkt, in welchem einerseits die höchste Windgeschwindigkeit (der 50-Jahres-Wind) auftritt, andererseits genügend Zeit vorhanden ist das Bauwerk zu erregen. Die Windgeschwindigkeiten können in diesem kurzen Zeitabschnitt interpretiert werden als die Summe von

• einer zeitlich konstanten, räumlich veränderlichen Grundgeschwindigkeit (10-Minuten-Wind) und

• einem überlagerten, zeitlich und räumlich veränderlichen Turbulenzanteil

Die Behandlung der dynamischen Windwirkungen auf Bauwerke ist dadurch geprägt, dass die Turbulenzen nur über statistische Eigenschaften beschrieben werden können: der tatsächliche zeitlich-räumliche Ablauf ist im Rahmen der statistischen Grenzen zufällig. Die gängigen Untersuchungsmethoden arbeiten deshalb mit der Wahrscheinlichkeitsanalyse der Windwirkungen, die auf dem spektralanalytischen Rechenverfahren basiert. Diesem Verfahren wird, anstelle des unsicheren Zeitverlaufs, das Energiespektrum der Windgeschwindigkeiten zugrundegelegt, das - im Gegensatz zum Ablauf - zeitlich konstant und gut definierbar ist. Aus ihm wird in mehreren

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Schritten das Energiespektrum der Erregerkräfte, der Auslenkungen und der Schnittkräfte abgeleitet. Der wahrscheinliche Höchstwert der Auslenkungen und der Schnittkräfte ergibt sich aus der Extremwertanalyse der betreffenden Spektren. Zur Zeit werden praktisch alle größeren, windanfälligen Bauwerke auf diese Weise nachgewiesen; außerdem bedienen sich alle moderneren Vorschriften zur Windbemessung dieses Rechenverfahrens Die Vorschriften arbeiten mit einer stark vereinfachten Nachweisform. Die Landkarte wird in 3 oder 4 Zonen aufgeteilt und für diese, stufenweise, Windgeschwindigkeiten definiert. Um die Anwendung zu erleichtern, werden mehrere Windparameter einheitlich - und daher ungünstig - festgelegt. Das Bauwerk wird mit einem freistehenden Einmassenschwinger vereinfacht. Wer mit diesen Normen bereits gearbeitet hat, weiß, dass die Anwendung trotzdem kompliziert ist. Gemessen an dem Aufwand ist das Ergebnis in vielerlei Hinsicht unbefriedigend: so wird z.B. die dynamische Wirkung nur durch einen generellen Böenreaktionsfaktor erfasst, der für alle Schnittkräfte angesetzt werden soll, obwohl er für die einzelnen Bauteile sehr falsch sein kann. Für Bauwerke mit mehreren empfindlichen Eigenfrequenzen (Skeletts, Fernsehtürme mit aufgesetztem Mast, Fußgänger- und sonstige Brücken) ist das vereinfachte Verfahren nicht anwendbar; dasselbe gilt für Bauwerke, an welchen Tilger installiert sind. Der vollständige spektrale Nachweis ist andererseits sehr komplex und mathematisch so aufwändig, dass er üblicherweise nur bei extrem windanfälligen Bauwerken tatsächlich praktiziert wird (kabelgestützte Brücken mit großer Spannweite). Trotzdem muss auch hier in Kauf genommen werden, dass das Verfahren regelmäßig zur Unterschätzung der Tragsicherheit und damit zur Überdimensionierung des Bauwerks führt. Dies resultiert hauptsächlich aus dem Umstand, dass das spektrale Verfahren ausschließlich mit linearen Systemen und linearen Windkräften arbeiten kann. Die Linearität des Systems ist aber z.B. bei schlanken Brückenkonstruktionen, die Linearität der Windkräfte bei praktisch allen gängigen Brückenquerschnitten unzutreffend. Das spektrale Verfahren bietet außerdem nur beschränkte Möglichkeiten zur Erfassung des interaktiven Verhaltens (= Rückwirkung der Schwingungen auf die Windkräfte). SOFiLOAD wurde entwickelt um genauere und damit wirtschaftlichere Windlasten zu erzeugen, die in zwei Stufen angewendet werden können:

• Genauere Windprofile unter Berücksichtigung der Umgebung des Bauwerks – Oberflächenrauhigkeit, Geländeerhöhungen - ähnlich wie sie in neueren Vorschriften wie z.B. im EC 1 vorgesehen sind.

• Eine genauere Berechnung mit einer Zeitverlaufssimulation, weil nur mit einer

solchen nichtlineare Effekte wie z.B. die Veränderung der Windkraft bei Ablösung der Strömung und interaktives Verhalten wie aerodynamische Dämpfung, Potentialflattern und Torsionsgalopping oder die Wirkung von Tilgern erfasst werden können.

Dem zweiten Verfahren liegt eine mathematische Turbulenzgenerierung zugrunde, durch welche eine Serie von zufälligen zeitlich-räumlichen Windabläufen erstellt wird.

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Das Bauwerk wird in dieses Strömungsfeld gesetzt, die Reaktionen werden in der Zeit verfolgt und aufgezeichnet. Abschließend werden die Zeitverläufe der Schnittkräfte oder anderer charakteristischer Größen statistisch analysiert.

3.2 Windprofile Der Wind in großer Höhe ist sehr gleichmäßig und richtet sich nur noch nach den globalen meteorologischen Verhältnissen. Durch die Rauhigkeit der Oberfläche ergibt sich eine atmosphärische Grenzschicht (boundary layer) in der die Windgeschwindigkeit am Boden Null ist und in der oberen Grenze sich asymptotisch dem Grenzwert des "atmosphärischen" Windes annähert. Wir haben diese Bezeichnung gewählt, um eine Verwechslung mit dem in der Literatur vielfach und recht unterschiedlich definierten "Gradienten-Wind" zu vermeiden. Durch Coriollis-Kräfte ergibt sich dabei noch eine Drehung der Windrichtung von etwa 10 bis 45 Grad über die Höhe, die aber vernachlässigt wird. Die Windgeschwindigkeit des atmosphärischen Windes erhält man durch die Festlegung einer Wiederkehrperiode (z.B. 50 Jahre) und einer globalen Windkarte. Diese von uns entwickelte Windkarte erlaubt eine stufenlose Vorgabe des atmosphärischen Windes und ist deshalb genauer als die grobe Einteilung in Windzonen. Die Geschwindigkeitsverteilung über die Höhe der Grenzschicht richtet sich nach der Geländeform und der Rauhigkeit. Hier gibt es überschlägige Formeln in der Fachliteratur und im Eurocode 1 Teil 4, die in SOFiLOAD implementiert wurden. Da es Überschlagsformeln sind, darf keine allzu detaillierte Beschreibung erfolgen. Man kann Geländeformen Kante, Kamm und Kuppe (WTOP) eingeben und eine Verteilung der Rauhigkeiten (WRAU), die in Richtung gegen den Wind bis zu 200 km definiert werden kann. Das Programm leitet hieraus eigenständig die Windgeschwindigkeiten ab, die sich durch die Reibung der Strömung über einer homogen-isotopen Geländeoberfläche ergeben. Daraus lässt sich ein Windprofil berechnen, das gegenüber den pauschalierten Druckverteilungen der Windnormen genauer ist. Insbesondere können sich bei großen Rauhigkeiten deutliche Reduktionen der Böenspitzen ergeben, die 10 bis 15 % geringere Schnittgrößen ergeben. Für Sonderfälle kann man auch explizite Windprofile fest vorgeben oder natürlich die Standardprofile der gängigsten Normen verwenden.

3.3 Winddruckbeiwerte Für die Druckbeiwerte müssen Windkanalversuche oder CFD (Computational Fluid Dynamics) Berechnungen durchgeführt werden. Für Standardprofile und Gebäude sind Werte in der Literatur oder in den Normen angegeben. SOFiLOAD hat alle Daten für Rechteck- und Kreisquerschnitte verfügbar. In AQUA kann man für Querschnitte die

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aerodynamischen Beiwerte vorgeben, die für Standardprofile ebenfalls automatisch erzeugt werden. Ohne Angaben wird cw=2.0 angesetzt. Für Flächenelemente sind in SOFiLOAD über QUAD explizite Druckbeiwerte als Lasten definierbar. Dieses sind die Winddruck bzw. Sogbeiwerte. Für kreiszylindrische Bauwerke und für normale Flächen nach Tabelle 12 können mit einem Wert für NTYP die Beiwerte explizit abgerufen werden. Bei den Stäben, Fachwerk und Seilelementen kann man mit STAB, FACH und SEIL ebenfalls Faktoren definieren, die jedoch dann natürlich nicht mehr die reinen Druckbeiwerte sind. Werden keine solchen definiert, wird der Beiwert 1.0 für alle Flächen angenommen. Hinzu kommen aus dem Gruppensatz GRUP noch weitere Faktoren, die aus den Normen durch globale Abminderungsfaktoren oder durch Abschattungen oder Einflussflächen begründet werden. Aus der lokalen Windgeschwindigkeit ergibt sich dann eine entsprechende Belastung.

3.4 Turbulenzen und Aerodynamik Der Wind bläst nicht gleichmäßig sondern er hat Turbulenzen, die über eine Wellenlänge mit der mittleren Geschwindigkeit und der Böengeschwindigkeit verbunden sind. Die statistische Wahrscheinlichkeit wird über Spektren beschrieben, die in Abhängigkeit von der Frequenz der Amplituden eine entsprechende Verteilung definieren. Da der Wind eine dynamische Belastung ist erhält man bei leichten Bauwerken auch eine Antwort, die sich auf die Winddruckbeiwerte und Winddrücke auswirken kann. Die dynamische Komponente ergibt sich durch vektorielle Überlagerung der Geschwindigkeiten. Ein typischer Effekt dieser Art ist die aerodynamische Dämpfung, eine andere das Galloping. SOFiLOAD kann aus den definierten Spektren und dem Windprofil einen künstlichen Windverlauf erzeugen, der dann in einer nichtlinearen dynamischen Berechnung auf das Bauwerk einwirkt. Durch Berechnung mit einer genügend großen Anzahl solcher Verläufe kann man einen statistisch begründeten Nachweis der Tragfähigkeit führen. Für die Eingabe wird ein Lastfall mit dem statischen Wind definiert. Aus diesem können dann weitere Lastfälle mit Windhistories abgeleitet werden. In diese dynamische Berechnung geht auch die aerodynamische Dämpfung automatisch ein. Obwohl ihre Wirkung erheblich ist, wird die aerodynamische Dämpfung in den deutschen Normen praktisch überhaupt nicht berücksichtigt: einzig die Entwurfsvorlage für DIN 1055 Blatt 40 sieht, aber nur für Stahlbauten, einen sehr geringen Wert von Ddaero = 0.005 vor. Erfahrungen zeigen dagegen, dass die aerodynamische Dämpfung - selbst für Stahlbetonbauten - 10 bis 20-fach höher liegen kann.

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Weiter ist der dynamische Effekt abhängig von der Ausdehnung der Böen. Da die deutschen Normen mit zu großen Böen arbeiten (Davenportsches Modell mit konstanter Böengröße für alle Höhen), und außerdem zeitliche Verzögerungen im Antreffen der Böen eine deutliche Rolle spielen (die Böen ergreifen in Wirklichkeit zuerst nur die Bauwerkspitze, und rollen von oben nach unten ab), ergeben sich auch hierdurch günstigere Ergebnisse. Die dynamische Berechnung arbeitet mit dem vollständigen dynamischen Modell des Bauwerks und ergibt, anstelle eines einzigen Böenreaktionsfaktors, individuelle dynamische Schnittkräfte für alle Punkte des Bauwerks.

3.5 Atmosphärische Windkarte

50 JAHRES WIND, 10 MINUTEN MITTELWERT IN UNENDLICHER HÖHE aus dieser Karte erhält man den atmosphärischen Wind.

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3.6 Geländeform und Windprofil Der nächste Schritt besteht aus der Beschreibung der Rauhigkeiten und Geländeformen:

-100.00 -80.00 -60.00 -40.00 -20.00 0.00 20.00 40.00 km

-40.00

-20.00

0.00

20.00

40.00

Lageplan und Geländeverhältnisse LF 103

x

y

Referenzebene

Damit wird ein Windprofil ermittelt:

X -100.00 -80.00 -60.00 -40.00 -20.00 0.00 20.00 40.00 km

Windgeschwindigkeiten in der Grenzschicht LF 103

0

500

1000

1500

m

beta = 0.000

Rauhigkeit [m]

0.010

Bauwerk

0 20 40 60 m/s

ATMO = 66.84

V

V-BOE

Je nach Gelände und Rauhigkeiten erhält man somit ein individuelles Windprofil:

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Höhenprofil Windgeschwindigkeit, Turbulenz und effektive Wellenlängen LF 103

0

0

0

10

1

100

20

2

200

30

3

300

40

4

400

50

5

500

60

6

600

m/s

m/s

m

V, V-BOE

TLON,TLAT,TVER

LLON,LLAT,LVER

0

20

40

60

80

100

m

LLON

LLAT

LVER

TLON

TLAT

TVER V

V-BOE

Und natürlich ein Windspektrum für jeden Punkt der Struktur:

Spektrum der diskreten Turbulenzkomponenten in Spektrum der diskreten Turbulenzkomponenten in LF 910

in Frequenzabständen von df = in Frequenzabständen von df = 0.001 Hz

in Höhen von hmin und hmax = in Höhen von hmin und hmax = 5 / 90 m

longitudinal

longitudinal

m/s

1.0

0.5

0.2

0.1

0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 Hz

hminhmax

Mit diesem Spektrum werden dann diskrete Wind-Histories erzeugt und als Beanspruchung auf das Tragwerk aufgebracht. In jedem einzelnen Zeitschritt wird für jeden Querschnitt die relative Windgeschwindigkeit ermittelt und unter

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Berücksichtigung der Querschnittsverdrehung auf grund des aktuellen Anströmwinkels die Kräfte auf den Querschnitt ermittelt. Dazu müssen die Windkraftbeiwerte und Windangriffsflächen in AQUA in Abhängigkeit vom Anströmwinkel als Kurven definiert werden. Die Ermittlung dieser Kurven ist ausschließlich im Windkanal oder mittels CFD möglich, jedoch sind solche Werte für einfache Querschnittsformen häufig auch veröffentlicht, so dass für die gängigen Querschnitte (Rechteck, Kreis und Stahlbauprofile) entsprechende Werte im Programm bereits vorhanden sind. Für einen Querschnitt L 300 x 100 x 12 werden z.B. folgende Kurven automatisch erzeugt.

cwca

ct

clat

S

180

135

90.0

45.00.0

-180

-135

-90.0

-45.0

0.0

2.00

1.50

1.00

0.500

0.0

-2.00

-1.50

-1.00

-0.500

0.0

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3.7 Beispiel Tingkau-Brücke Hongkong

Im Rahmen einer nachträglichen Vergleichsrechnung eines Projektes des Büros Schlaich, Bergermann und Partner, der Schrägkabelbrücke Tingkau / Hongkong mit Spannweiten von 448 bzw 475 m, wurde eine dynamische Windhistory aufgestellt und berechnet. Das Projekt wurde 1994 vom Highways Departement Hongkong ausgeschrieben und von der Züblin AG gebaut. Bei der Planung zur Aerodynamik hat Davenport, Ontario / Canada mitgewirkt. Es waren vorgegeben das Windprofil der 1-Std-Mittel und Böengeschwindigkeiten je nach Belastungsbreite. Diese Werte mussten zuerst auf das Profil von 10 Minuten und 5 Sec-Böengeschwindigkeiten umgerechnet werden, was iterativ erfolgte.

h v60 (v10) vboe llon sigma v10 010 35 38.73 71.5 150 12.36 38.65

080 51 54.14 73.5 400 7.31 53.98150 62 63.73 78.8 467 5.69 64.31300 66 68.68 83.6 660 5.63 68.62

Hieraus wurde das vollständige Profil mit Zwischenwerten festgelegt, damit die Knick-punkte und Unschönheiten des Profils verschwinden: h 010 025 045 080 150 200 300 v-10 38.65 43.50 48.00 53.98 64.31 67.50 68.62 v-boe 71.5 71.5 72.0 73.5 78.8 81.0 83.6 Als Folge der Geschwindigkeitsvorgaben ergaben sich etwas überhöhte Turbulenzen in 10 m Höhe:

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16

Höhenprofil Windgeschwindigkeit, Turbulenz und effektive Wellenlängen LF 8700

0

0

0

10

1

100

20

2

200

30

3

300

40

4

400

50

5

500

60

6

600

70

7

700

80

8

800

90

9

900

100

10

1000

110

11

1100

120

12

1200

130

13

1300

140

14

1400

150

15

1500

160

16

1600

170

17

1700

m/s

m/s

m

V, V-BOE

TLON,TLAT,TVER

LLON,LLAT,LVER

0

50

100

150

200

250

300

m

LLON

LLAT

LVER

TLON

TLAT

TVER V

V-BOE

Die vom Bauherrn definierten Sicherheitsfaktoren

γ = 1.9 für Mittelwerte des Windes γ = 1.4 für Breitband-Wind γ = 1.2 für Schmalband-Wind

beziehen sich natürlich auf den Staudruck bzw. auf die Windkraft. Wenn man jedoch statt des anzusetzenden Staudrucks die Windgeschwindigkeit erhöht, so erhöhen sich auch die aerodynamischen Dämpfungen. Dies ist jedoch bei dieser etwas ungewöhnlichen Aufteilung wegen des quadratischen Zusammenhangs zwischen Windgeschwindigkeit und Staudruck nicht eindeutig umsetzbar. Es wurde deshalb folgendes Konzept angewandt:

• Für die Durchschnittswindgeschwindigkeit vmean wird der Faktor zu f1 = √1.9 festgelegt

• Der Turbulenzanteil, σv bzw. die Differenz vboe-vmean bekommt einen zweiten Faktor aus der Bedingung

q_bruch = 1.9 * q_mean + 1.4 * (q_boe - q_mean)

• Lässt sich kein eindeutiger Faktor ableiten, weil der Faktor je nachdem, welche Bö gerade vorherrscht, unterschiedlich ist, legen wir die 1 s – Jahr-hundert-Bö zugrunde; dann ergibt sich der Faktor aus dem Vergleich von vmean und vboe(1s) zu

f2 = ca 1.2

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• Der dritte, sogenannte Schmalbandfaktor wird über eine Reduktion des

Resonanzfaktors berücksichtigt. man würde unter Anwendung von wirklichkeitsnahen Resonanzfaktoren zu einem effektiven Sicherheitsfaktor des Schmalbandanteils von 1.4 kommen (gleich f2, da sich der dynamische Effekt alleine aus dem Böenanteil ergibt); die Reduktion der Effektivität von 1.4 auf 1.2 bedeutet bei Zufallserregung, dass die realistisch annehmbare Dämpfung mit einem Faktor f3 erhöht wird.

f3 = (1.6/1.2)**2 Die o.a. Umrechnungen zeigen u.a., dass auch ungewöhnliche, ganz projektspezifische Sicherheitskonzepte im SOFILOAD-Verfahren umgesetzt werden können. Bei der Modellierung des Systems ergab sich die Schwierigkeit, dass der Brückenquerschnitt als Tragwerk zweiteilig war, mit einer vierendeel-artigen Verbindung in der Horizontalebene, während er im Windkanal als ein zusammenhängender und starrer Querschnitt vermessen wurde. Wir haben deshalb unter GENF beide Systeme modelliert: (a) den rechten und linken Brückenquerschnitt mit allen Tragwerkseigenschaften, jedoch ohne Windlast und (b) eine überlagerte, statisch bestimmte und massenlose Verbindungskonstruktion zwischen den beiden Teilen, die ohne Zwängung verzerrt werden konnte und nur Windlasten getragen hat.

Die Windkraftbeiwerte wurden aus Versuchen explizit vorgegeben.

cw

cactclat

S

180

165

150

135

120

105

90.0

75.0

60.0

45.0

30.0

15.00.0

-180

-165

-150

-135

-120

-105

-90.0

-75.0

-60.0

-45.0

-30.0

-15.0

0.0

0.500

0.0

-0.500

0.0

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3.8 Weitere Beispiele Das Timehistory-Verfahren zur Windbemessung wurde bisher, d.h. vor der Implemen-tierung in SOFiSTiK – zunächst noch mit ganz groben Modellen – z.B. in folgenden Fällen erfolgreich angewandt. Deutsche Fernmeldetürme, Mitte der 80-er Jahre: es lief damals eine Modernisierungswelle des Funkbetriebs mit entweder GFK-Schutzzylindern oder mit vielen neuen Antennen an der Spitze der Türme an, durch welche natürlich die Windbelastung erhöht wurde. Wir konnten, teils als Ingenieure und teils als Gutachter, anhand der Zeitablauf-Untersuchungen nachweisen, dass auch diese zusätzlichen Windkräfte aufgenommen werden können:

• Fernsehtürme Koblenz, Hamburg, 1983 – 85, Betontürme mit steifem-leichtem Mast: die Spektralrechnung mit Einmassenmodell führte am Mastfuß zu einem zu hohen Moment. Mit der neuen Rechnungsart konnten Schnittkraftreduktionen von 10 % bzw 15 % erreicht werden.

• Richtfunkturm Stuttgart-Frauenkopf, 1987: hier war der Mast ziemlich weich.

Der entscheidende kraftreduzierende Effekt war die aerodynamische Dämpfung.

• Fernsehturm Nürnberg, 1988: der Turm sollte um ca 10 m verlängert werden. Hier konnte ein Tilger, der gleichzeitig zwei Masteigenschwingungen bedämpft hat, berücksichtigt werden.

• Fernmeldeturm Uelzen, 1992: ebenfalls eine Mastverlängerung um ca 10 m

wurde möglich. Neben der angesprochenen Tingkau-Brücke wurden auch weitere Brücken mit besonderen Windverhältnissen untersucht:

• Helgeland-Brücke Norwegen, 1989 (sehr schön, wahnsinnig schlank): unter Berücksichtigung der Nichtlinearitäten und dadurch Schnittkraftumlagerungen konnte das horizontale Feldmoment um ca 20 % reduziert werden. Folglich konnte auf die sonst nötige örtliche Längsvorspannung des Feldes verzichtet werden. Eine spätere Rechnung mit komplexen Windkraft-Derivativa zeigte, dass man noch immer ca 12 % Reserven hat.

• Millau-Brücke 1999: Angebotsberechnung, für den Bauzustand wurde ein

horizontaler, rollender Tilger eingeplant und konnte rechnerisch verfolgt werden.

In wieweit bei der Berechnung von Hochhäusern in Deutschland die sehr auf der sicheren Seite liegenden Annahmen in Zukunft genauer erfasst werden dürfen, ist derzeit noch eine offene Frage.

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3.9 Literatur [1] C. Katz

Dynamische Beanspruchung beim Transport eines Fertigteils, SOFiSTiK-Seminar Band 3, Balkemaa, 2000

[2] C.Dyrbye, S.Hansen Wind Loads on Structures, Wiley, 1996

[3] I. Kovacs Computersimulation des dynamischen Antwortverhaltens von windbelasteten Großbrücken im Traglastbereich. FEM 95 Stuttgart, Verlag Ernst & Sohn, 1995

[4] I.Kovacs, H-P.Andrä Traglastnachweis von Turmbauwerken unter dynamischer Windbelastung Bautechnik, Heft 11 / 1993

[5] R.Bergermann, M.Schlaich Die Tingkau Schrägkabelbrücke in Hongkong – Entwurf und Konstruktion. Bauingenieur Bd. 74 (1999) Nr 10