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U. Müller-Ladner S. Gay Neue Werkzeuge zur molekularen Analyse der Arthrose Z Rheumatol 62:120–121 (2003) DOI 10.1007/s00393-003-0502-2 ZfRh 502 STATE-OF-THE-ART-LECTURES ZUM CAROL NACHMAN-SYMPOSIUM 2003 Ulf Müller-Ladner ( ) ) Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Universität Regensburg Franz Josef Strauss Allee 11 93042 Regensburg, Germany Steffen Gay Department für Rheumatologie Zentrum für Experimentelle Rheumatologie Universität Zürich Gloriastr. 25 8091 Zürich, Switzerland Die Etablierung der neuen molekularbiologischen Techniken in die klinische Forschung zielt darauf, auf molekularer Ebene sowohl die Ursachen einer Erkrankung als auch die Effekte von artefiziellen Sti- muli zu erfassen und deren Wert für einen späteren therapeutischen Einsatz zu beurteilen oder neue Therapieformen zu überwachen. Für sämtliche Ebe- nen der Gen- und Proteinexpression stehen derzeit hochentwickelte Verfahren zur Verfügung. Die meis- ten dieser Verfahren stammen direkt aus der Mole- kularbiologie oder wurden z.B. von der Erforschung maligner Erkrankungen oder bezüglich der Arthrose aus den Erkenntnissen zur rheumatoiden Arthritis übertragen. Blotten bedeutet z.B. die Übertragung von Ma- kromolekülen, welche durch eine Gelelektrophorese getrennt wurde, auf eine immobilisierende Membran mit nachfolgender Visualisierung der aufgetrennten Bestandteile des Ursprungsmaterials durch eine spe- zifische oder unspezifische Farbreaktion. Western Blots weisen z.B. elektrophoretisch aufgetrennte Pro- teine nach. Kombiniert man diese Technik mit einer Immunpräzipitation, sind auch funktionelle Unter- suchungen möglich. Mit dieser Technik konnte z.B. nachgewiesen werden, dass die Stimulation von IL-4 zu einer Phosphorylierung des Gentranskriptions- faktors STAT6 in Fibroblasten führt (1). Eine der wichtigsten methodischen Entwicklungen zum Nach- weis von Messenger-RNA in den letzten Jahren ist die In-situ-Hybridisierung. Hierbei werden der nachzuweisenden RNA exakt gegenläufige markierte Nukleotidketten synthetisiert und direkt auf Gewebs- schnitten mit der gesuchten RNA hybridsiert. In ei- nem zweiten Schritt erfolgt dann die räumliche und zelluläre Lokalisation der gesuchten mRNA durch immunhistochemische Doppelmarkierung (2). Durch die Entwicklung der automatisierten Polymerase- Kettenreaktion (PCR), d.h. der 20- bis 30fachen Ver- doppelung der Einzelstränge durch Synthese von neuen Doppelsträngen mittels spezifischen Oligo- nukleotiden (sog. „Primern“) als Startsignal für eine DNA-Polymerase konnten auch im Gelenk in nur kleiner Zahl bei der Arthrose exprimierte Gene nachgewiesen werden. Der direkte Nachweis kann hierbei durch die Vervielfältigung der mRNA direkt am Gewebeschnitt mittels der In-situ-RT-PCR erfol- gen (3). Neben der Suche nach bekannten Genen eignen sich neue molekularbiologische Techniken auch zur Detektion von nicht bekannten oder bisher nicht mit einer Erkrankung assoziierten Genen. Das derzeit aktuellste, aber noch sehr teure Verfahren ist die real-time PCR. Bei dieser Technik kann durch com- putergestütztes „Zählen“ von abgespaltenen Fluores- zenzmolekülen, welche aus Oligonukleotiden wäh- rend eines PCR-Zyklus freigesetzt werden, kontinu- ierlich die Zahl der vervielfältigten DNA-Segment- Kopien bestimmt werden. Diese ist proportional der Zahl der ursprünglichen RNA-Kopien eines Genes, daher lassen sich im linearen Bereich der PCR direk- te Vergleiche von Proben gegen Kontrollen erfassen. Eines der sensitivsten Verfahren ist der DNA- oder RNA-Fingerprint. Hier wird unter Verwendung der PCR und speziell für dieses Verfahren entwickelten Primern aus der Gesamt-RNA einer Zelllinie oder Zellpopulation ein Abbild der exprimierten Gene bzw. deren mRNA geschaffen, ein so genannter Fin-

Neue Werkzeuge zur molekularen Analyse der Arthrose

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U. Müller-LadnerS. Gay

Neue Werkzeuge zur molekularen Analyseder Arthrose

Z Rheumatol 62:120–121 (2003)DOI 10.1007/s00393-003-0502-2

ZfR

h502

STATE-OF-THE-ART-LECTURESZUM CAROL NACHMAN-SYMPOSIUM 2003

Ulf Müller-Ladner ())Klinik und Poliklinik für Innere MedizinUniversität RegensburgFranz Josef Strauss Allee 1193042 Regensburg, Germany

Steffen GayDepartment für RheumatologieZentrum für Experimentelle RheumatologieUniversität ZürichGloriastr. 258091 Zürich, Switzerland

Die Etablierung der neuen molekularbiologischenTechniken in die klinische Forschung zielt darauf,auf molekularer Ebene sowohl die Ursachen einerErkrankung als auch die Effekte von artefiziellen Sti-muli zu erfassen und deren Wert für einen späterentherapeutischen Einsatz zu beurteilen oder neueTherapieformen zu überwachen. Für sämtliche Ebe-nen der Gen- und Proteinexpression stehen derzeithochentwickelte Verfahren zur Verfügung. Die meis-ten dieser Verfahren stammen direkt aus der Mole-kularbiologie oder wurden z.B. von der Erforschungmaligner Erkrankungen oder bezüglich der Arthroseaus den Erkenntnissen zur rheumatoiden Arthritisübertragen.

Blotten bedeutet z.B. die Übertragung von Ma-kromolekülen, welche durch eine Gelelektrophoresegetrennt wurde, auf eine immobilisierende Membranmit nachfolgender Visualisierung der aufgetrenntenBestandteile des Ursprungsmaterials durch eine spe-zifische oder unspezifische Farbreaktion. WesternBlots weisen z.B. elektrophoretisch aufgetrennte Pro-teine nach. Kombiniert man diese Technik mit einerImmunpräzipitation, sind auch funktionelle Unter-suchungen möglich. Mit dieser Technik konnte z.B.nachgewiesen werden, dass die Stimulation von IL-4zu einer Phosphorylierung des Gentranskriptions-faktors STAT6 in Fibroblasten führt (1). Eine derwichtigsten methodischen Entwicklungen zum Nach-

weis von Messenger-RNA in den letzten Jahren istdie In-situ-Hybridisierung. Hierbei werden dernachzuweisenden RNA exakt gegenläufige markierteNukleotidketten synthetisiert und direkt auf Gewebs-schnitten mit der gesuchten RNA hybridsiert. In ei-nem zweiten Schritt erfolgt dann die räumliche undzelluläre Lokalisation der gesuchten mRNA durchimmunhistochemische Doppelmarkierung (2). Durchdie Entwicklung der automatisierten Polymerase-Kettenreaktion (PCR), d.h. der 20- bis 30fachen Ver-doppelung der Einzelstränge durch Synthese vonneuen Doppelsträngen mittels spezifischen Oligo-nukleotiden (sog. „Primern“) als Startsignal für eineDNA-Polymerase konnten auch im Gelenk in nurkleiner Zahl bei der Arthrose exprimierte Genenachgewiesen werden. Der direkte Nachweis kannhierbei durch die Vervielfältigung der mRNA direktam Gewebeschnitt mittels der In-situ-RT-PCR erfol-gen (3).

Neben der Suche nach bekannten Genen eignensich neue molekularbiologische Techniken auch zurDetektion von nicht bekannten oder bisher nicht miteiner Erkrankung assoziierten Genen. Das derzeitaktuellste, aber noch sehr teure Verfahren ist diereal-time PCR. Bei dieser Technik kann durch com-putergestütztes „Zählen“ von abgespaltenen Fluores-zenzmolekülen, welche aus Oligonukleotiden wäh-rend eines PCR-Zyklus freigesetzt werden, kontinu-ierlich die Zahl der vervielfältigten DNA-Segment-Kopien bestimmt werden. Diese ist proportional derZahl der ursprünglichen RNA-Kopien eines Genes,daher lassen sich im linearen Bereich der PCR direk-te Vergleiche von Proben gegen Kontrollen erfassen.Eines der sensitivsten Verfahren ist der DNA- oderRNA-Fingerprint. Hier wird unter Verwendung derPCR und speziell für dieses Verfahren entwickeltenPrimern aus der Gesamt-RNA einer Zelllinie oderZellpopulation ein Abbild der exprimierten Genebzw. deren mRNA geschaffen, ein so genannter Fin-

gerprint. Die Nukleotidsequenz der Banden (=am-plifizierte Gensegmente) lässt sich nachfolgend überautomatisierte Sequenzierverfahren ermitteln. DieAnwendung des weiterentwickelten RAP-PCR fürDifferential Display konnte z.B. nachweisen, dass sy-noviale Fibroblastenpopulationen von Patienten mitArthrose nur relativ wenige Unterschiede in ihrerGenexpression zu Fibroblastenpopulationen von Pa-tienten mit anderen Gelenkerkrankungen aufweisen(4). Verändert man das Genexpressionsmuster einerZellpopulation im Experiment durch definierte Sti-muli, so kann es Ziel der Untersuchung sein,möglichst viele Gene, die herauf- oder herunterregu-liert sein könnten, in einem Ansatz zu erfassen. Ne-ben verschiedenen Subtraktionsverfahren wird diesseit kurzer Zeit durch die sog. cDNA-Array-Technikermöglicht. Hierbei werden DNA-Segmente definier-ter Gengruppen (z.B. von 200 verschiedene Zytoki-

nen und Signalmolekülen) auf eine Membran indus-triell positioniert und nachfolgend mit der radio-aktiv markierten RNA der Zellpopulation hybri-disiert. Über Auswertungsschemata lassen sich danndie Genexpressionsmuster für diesen Versuch visuelldarstellen. Ähnliche Ansätze existieren auch für dieProteindarstellung, die sog. Proteomics.

Als derzeit höchstentwickelte Stufe der molekula-ren Analyse gilt die Kombination aus Laser-gesteuer-ter Mikrodissektion mit den o. a. molekularen Ana-lysemethoden, mit der sich aus kleinen definiertenArealen im Gelenk ein spezifisches Genexpressions-profil (z.B. an einer Destruktionszone) erstellenlässt. Diese Methodik benötigt allerdings noch rela-tiv viel RNA und wurde primär für die rheumatoideArthritis entwickelt (5), sie wird aber derzeit speziellfür die Anwendung bei der Arthrose optimiert.

121U. Müller-Ladner und S. GayNeue Werkzeuge zur molekularen Analyse der Arthrose

Literatur

1. Müller-Ladner U, Judex M, Ballhorn Wet al (2000) Activation of the IL-4STAT pathway in rheumatoid syno-vium. J Immunol 164:3894–3901

2. Müller-Ladner U, Kriegsmann J, GayRE, Gay S (1996) A rapid new double-labeling technique for tissue speci-mens: Immunogold-silver staining forin situ hybridization combined with al-kaline-phosphatase anti alkaline phos-phatase (APAAP) immunohistochemis-try for antigens. Histochem J 28:133–140

3. Kriegsmann J, Müller-Ladner U, SprottH et al (2001) Detection of mRNA bynonradioactive direct primed in situreverse transcription (in situ RT). His-tochem Cell Biol 116:199–201

4. Müller-Ladner U, Judex M, Jüsten H-Pet al (1999) Analyse des Genexpres-sionsmusters in synovialen Fibroblas-ten von Patienten mit rheumatoiderArthritis mittels RNA-Fingerprint. MedKlin 94:228–232

5. Judex M, Neumann E, Lechner S et al(2003) Laser-mediated microdissectionfacilitates analysis of area-specific geneexpression in rheumatoid synovium.Arthritis Rheum 48:97–102