Neue Zürcher Zeitung

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  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    NeuöZürcörZäitunNZZ – GEGRÜNDET 1780

    Samstag/Sonntag, 5./6. März 2016

    Nr.54

    237.Jg. AZ 8021 Zürich

    Fr. 4.90

    € 4.90

    Apropos ReifeprüfungSich über die «Mündigkeit» des Stimmvolks auszulassen, ist deplaciert. Imposant bleibt vielmehr die unangefochtene Akzeptanz der direkten Demokratie, was immer dabei auch herauskommt. Von Martin Senti

    Was ist sie nun, die Schweiz? «Europas Herz der Finsternis»,wieder britische «Independent»2007 schrieb?Oderdocheherein «Hoffnungsschimmer für ganz Europa», wie «Spiegel On-line» am vergangenen Sonntag sinnierte? Die Wahrnehmungder Schweiz und ihrer Abstimmungsdemokratie in umliegen-den Ländern ist aufschlussreich: Die landesweit plakatiertenSchäfchen,über die sichder«Independent»seinerzeit aufhielt,sind zwar immer noch dieselben. Doch offenkundig habenauch unsere Nachbarn in Sachen Rechtspopulismus dazuler-nen müssen – er ist keine Schweizer Eigenart, keine SVP-Er-findung. Erfreut nehmen die Beobachter zur Kenntnis, dassman dem Populismus selbst in Plebisziten Paroli bieten kann.

    Zugegeben: Die Erleichterung war am Abstimmungssonn-tag auch in der Schweiz deutlich spürbar. Denn ganz so sicherwarman sichdiesbezüglichauchhiernicht mehr. Als«Zeichender Reife und von demokratischer Mündigkeit» wertete dennauch eine befreite Bundesrätin Simonetta Sommaruga dieklare Ablehnung der SVP-Durchsetzungsinitiative.

    Die Karawane zieht weiter Das Ergebnis war rechtsstaatlich und staatspolitisch bedeut-sam,auch wenndie Verliererdies nun kleinzuredenversuchen.Manmag alsodieFreudederJustizministerin teilen.Doch ihreSchulmeisterei war unpassend – wie übrigens auch die an-schliessende Umarmung einer Kampagnenleiterin der obsie-

    genden Seite. Adoleszenz und Reife sind definitiv keine Kate-gorien für eine bundesrätliche Bewertung von Abstimmungs-ergebnissen. Und Hand aufs Herz: Wenn es allenfalls zu einerneuen «Durchsetzungsinitiative» käme, zwecks wortgetreuerUmsetzung der Masseneinwanderungsinitiative: Wer möchteheute darauf wetten, dass dannzumal nicht doch wieder«Ängste und Unsicherheiten» obsiegen? Mit solchen Worten jedenfalls hatte dieselbe Justizministerin 2010 frustriert dieAnnahme der Ausschaffungsinitiative interpretiert.

    Keine Frage: Die rechtspopulistische Herausforderungbleibt bestehen, europaweit. Also wird auch die SVP-Kara-wane weiterziehen. Abstimmungsniederlagen ist man dort ge-wohnt, Hauptsache, man dominiert weiterhin die politischeAgenda.Auch wennSVP-Chefstratege ChristophBlochernunsäuselt, die SVP solle künftig weniger mit Initiativen opponie-ren, dafür vermehrt ihre Verantwortung als stärkste Regie-rungspartei wahrnehmen, so darf man auch darauf nicht wet-ten. Die Minen sind längst gelegt: Asylgesetzrevision, Selbst-bestimmungsinitiative – ganz zu schweigen vom europapoliti-schen Hickhack, das nun wieder voll in Fahrt kommt.

    DieSVP wird sturam Oppositionskursfesthalten, erist ele-mentar für ihren Machterhalt. Die Rechnung ist schnell ge-macht: Die Volkspartei hat sich in den vergangenen 25 Jahrenvon einer serbelnden, bäuerlich-gewerblichen 10-Prozent-Par-tei zu einer pointiert nationalkonservativen 30-Prozent-Parteimit selektiv liberaler Note gemausert. Sie hat auf diesem Wegden konservativ-katholischen Flügel der Christlichdemokra-ten regelrecht konvertiert, und sie konnte auch beachtlich imKreise konservativ-libertär tickender Freisinniger mobilisie-ren. Zusammen dürfte ihrdas geschätzte 10 Prozentan zusätz-lichen Wählerstimmen eingebracht haben. Zuvor schon hattedie umgepolte Volkspartei sämtliche Kleinparteien am rech-ten Rand geschluckt (mit Ausnahme der Tessiner Lega), wo-mit ein weiteres Drittel des heutigen SVP-Potenzials aus

    eigentlichen Protestwählern bestehen dürfte. Dieser «Flug-sand» (wie es einst Adolf Ogi trefflich ausgedrückt hat) kämeder SVP schnell wieder abhanden, sollte sie an oppositionel-lem Schub abgeben. Die Volkspartei wird dieses Segment des-halb weiterhin mit aussen-, ausländer- und asylpolitischenVolksinitiativen bei Launehalten, mitgiftelnderInstitutionen-Kritikund Anti-Eliten-Rhetorik. Sie wirdkeinesfalls zulassen,dass ihr eine neue populistische Konkurrenz am rechten Randerwächst – es ist denn auch kein Zufall, dass in der Schweiz füreinePegidakein Platz ist.Und sozielenmoralische Appelleandie SVP, sie möge endlich ihre Verantwortung als Regierungs-partei wahrnehmen, leider ins Leere.

    Also doch eher «Finsternis»? Die Frage stellt sich so nicht.Denn egal, was die SVP tut: Globalisierung und Auflösungnationaler Grenzen haben nun einmal unerwünschte Neben-wirkungen, die allüberall politisch instrumentalisiert werden.Man kann natürlich versuchen, rechtspopulistische Strömun-gen zu tabuisieren oder zu verbieten. Die Schweiz geht einenandern Weg: Sie versucht, aufkeimende Fremdenfeindlichkeitin die Kanäle der demokratischen Auseinandersetzung zu-rückzuleiten. Es darf an dieser Stelle eine These gewagt wer-den: Die SVP mag selber den Fremdenhass mit schüren,gleichzeitig leistet sie aber auch eine nicht zu unterschätzendedemokratische Integrationsarbeit. Sie ebnet Wutbürgern denWeg zur demokratischen Partizipation und hilft so auch mit,Druck abzubauen. Natürlich kann das einmal ins Auge gehen,was die «Ausrutscher» (Minarette, Ausschaffung) beweisen.

    Die Konkordanz als System der Machtteilung und -beschrän-kung vermag die rechtspopulistische Herausforderung aberstets wieder zu bändigen. Die SVP scheint zudem beim Wäh-leranteil von rund 30 Prozent an ihre Grenzen gelangt zu sein.In der Konkordanz ist sie damit auch als stärkste politischeKraft nicht mehr als eine Minderheit neben anderen Minder-heiten.Es bleibtein Mobilisierungspotenzialvonbis zu70 Pro-zent, um rechtspopulistische Auswüchse abzuwehren.

    Licht und SchattenAlso doch ein «Hoffnungsschimmer»? Wo Licht ist, ist auchSchatten: Die Konkordanz hat zweifellos ihre systemischenNachteile: Die Volksrechte eignen sich dazu, gesellschaftlicheKonflikte aufzubauschen und Polarisierungen zu verschärfen.Undim Parlamentmehren sichBlockaden, wenndiePolelinksund rechts aus komplett unterschiedlichen Motiven zusam-menspannen. Generell mangelt es zudem an Verantwortlich-keit: Alle könnenmitregieren,alledürfenfallweiseauchoppo-nieren – und niemand muss für die Entscheide (oder Nullent-scheide) geradestehen. Gleichzeitig aber tendiert die Konkor-danz auch stets dazu, die Pole wieder einzubinden. Ständigwechselnde Mehrheiten in Sachfragen verhindern ewige Ge-winner und Verlierer. Und schliesslich sorgt die unangefoch-tene Autorität der direkten Demokratie für eine faszinierendhohe Akzeptanz und damit Legitimität der Politik.

    Es ist also die Direktdemokratie als Verfahren, welche diePolitik legitimiert, und nicht das sachpolitisch tatsächlich Er-reichte. Damitwird auch jedesituativbewertete«Mündigkeit»der Stimmbürger obsolet – das bleibt Geschmacksache. Wennschon pädagogisiertwerdenmuss, dannpasst«Reife»am ehes-ten auf das System der Konkordanz selber, das auch verhal-tensauffällige Parteien wie die SVP auszuhalten versteht.

    PETROBRAS-SKANDAL

    Brasiliens Ex-PräsidentLula da Silva unter Korruptionsverdacht SEITE 3NEUES ZÜRCHER GYMNASIUM

    Der Kanton willin Uetikon eine Mittel-schule bauen SEITE 25ARBEITSMARKT IN DEN USA

    Die Zahl der Stellennimmt zu, die Löhnehingegen sinken SEITE 31, 35

    KAFFEE-ANBAU IN CHINA

    Immer mehr Bauernentdeckendie Kulturpflanze SEITE 37FUSSBALL-NATIONALMANNSCHAFT

    Trainer Vladimir Petkovic verlängertseinen Vertrag SEITE 58WM-VERGABE 2006

    Ein Untersuchungs-bericht präsentiert neuebrisante Fakten SEITE 59, 15

    WETTERIm Nordosten zunächsttrocken, später wie überallstark bewölkt und zumTeil anhaltender Regen;Schneefallgrenze auf 500Meter sinkend. SEITE 27

    Traueranzeigen 10, Kino 29,TV/Radio 55, 56, Sportresultate 57

    www.nzz.ch

    Redaktion und Verlag: Neue Zürcher Zeitung, Falkenstrasse 11, Postfach,8021 Zürich, Telefon: +41442581111, Leserservice/Abonnements: +41442581000,weitere Angaben im Impressum Seite 50

    PROJEKTE IN AFRIKA

    Viele Ideen werdengross angekündigt,scheitern aber – etwadie Erneuerung einesNationalparks SEITE 11

    SENIOREN IM GEFÄNGNIS

    In der Altersabteilungder Justizvollzugs-anstalt Lenzburg sitzengebrechliche Straftäter ein SEITE 21

    UmstritteneZuwanderungEinseitige Schutzklausel So funktio-niert das Instrument zur Umsetzungder MasseneinwanderungsinitiativeSeite 17

    Flankierende Massnahmen DerBundesrat macht einen Vorschlagim Kampf gegen zu tiefe LöhneSeite 19

    Kommentar Die einseitige Schutz-klausel funktioniert nicht – sie kannnur ein Platzhalter seinSeite 15

    Schwerer Standfür Schutzklausel Bundesrat setzt weiter auf Verhandlungen mit der EU

    Wer von der bundesrätlichenVorlage zur Umsetzung derMasseneinwanderungsinitiativeKlärung erwartet hat, hat sichzu früh gefreut. Nun soll dasParlament für den Bundesrat dieKastanien aus dem Feuer holen.

    gmü./flj. Bern Der Bundesrat hat amDonnerstag seine Botschaft zur Umset-zung der Masseneinwanderungsinitia-tive präsentiert. Priorität hat für ihnzwar weiterhin eine einvernehmlicheLösungmit derEU.Bis Grossbritannienim Juni über den Verbleib in der EU ab-gestimmt hat – Stichwort Brexit –, dürf-ten Verhandlungen mit der EU jedochblockiert sein. Ob sich die EU danachfür eine Lösung mit der Schweiz erwei-chen lässt, ist offen.

    Um die Fristen der vom Volk vorzwei Jahren knapp angenommenenInitiative zu respektieren, legt der Bun-desrat dem Parlament daher einenPlan B vor. Dabei setzt er wie erwartet

    auf eine einseitige Schutzklausel, mitder die Zuwanderung ab einem gewis-sen Schwellenwert für das FolgejahrmitHöchstzahlen und Kontingenten auchfür EU-Bürger beschränkt würde. Zu-gleich aber warnte JustizministerinSimonetta Sommaruga (sp.) vor einerunilateralen Lösung. Diese verstossegegen das Freizügigkeitsabkommen,unddieReaktion derEUwärenicht ab-sehbar, was grosse Rechtsunsicherheitbringe.

    Damit reicht der Bundesrat dieheisse Kartoffel letztlich ans Parlamentweiter. Und dort dürfte die einseitigeSchutzklausel einen schweren Standhaben. Die SP und die Grünen lehnensie rundweg ab. Die FDP will sie zwarprüfen, fordert aber auch die Prüfungvon alternativen Lösungen. Mit der Zu-stimmung der SVP ist nicht zu rechnen,solange nicht klar ist, dass mit der Klau-sel die Zuwanderung «signifikant» ge-senkt würde. Vages Lob kommt von derCVP, die in ihrer Medienmitteilung voneiner «brauchbaren Grundlage» spricht.

    Diese Kakofonie täuscht darüberhinweg, dass es durchaus einen mehr-heitsfähigen gemeinsamen Nenner derParteien – ohne SVP – gibt, unterstütztvon den Wirtschaftsverbänden und denKantonen. Dieser umfasst einerseits einklares Bekenntnis zu den Bilateralenund andererseits die Priorisierung einer

    einvernehmlichen Lösung mit der EU.Im Hinblick auf die parlamentarischenBeratungen dürfte eine Mitte-Links-Mehrheit daher einen Weg finden, umnoch etwas Zeit zu gewinnen, im Mini-mum bis nach der Brexit-Abstimmung.Parteivertreter bestätigten am Freitag,dass Gespräche in diese Richtung be-reits stattgefunden hätten. Allerdings istman sich offenbar noch uneins darüber,wie man dabei genau vorgehen soll. ZurDebattestehtunteranderem eineRück-weisung der Vorlage an den Bundesrat;dagegen stemmte sich die CVP gestern jedoch explizit.

    Klar ist, dass sich das Volk früheroder später an der Urne zur Umsetzungder Masseneinwanderungsinitiativewird äussern können. So unterstündeeine Umsetzung auf Gesetzesebenedem Referendum. Ob die SVP es ergrei-fen würde, wenn sie den Volkswillenvom 9. Februar 2014 verletzt sähe, istfraglich. Sie kündigte am Freitag für die-sen Fall nämlich bereits an, eine Volks-initiative zur Kündigung des Freizügig-keitsabkommens zu lancieren. Initiative

    statt Referendum– fürdiesenWeghattesich die SVP bereits bei der Umsetzungzur Ausschaffungsinitiativeentschieden,die Durchsetzungsinitiative aber amvergangenen Sonntag verloren.

    Zum Paket, das der Bundesrat zu-handen des Parlaments verabschiedethat, gehören nebst der Schutzklauselaucheineweitere Verschärfungder flan-kierenden Massnahmen sowie die Aus-weitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien, wovon sich der Bundesrat dievorläufige Sicherung der Forschungs-zusammenarbeit mit der EU erhofft.

    H e u t e m i t

    d e m M a g a

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    Bücher: Dichter müssen die Welt nicht erklären, aber manchmal auf den Kopf stellen Seite 51–54

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    Die regelmässig erscheinenden Sonderbeilagen und Schwerpunktthemen der «Neuen Zürcher

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    2 INTERNATIONAL Samstag, 5.März 2016Neuö Zür cör Zäitung

    AUFGEFALLEN

    PKK-Chef Öcalanals Kronzeuge Erdogans

    Inga Rogg Schon die heute geschmähten Anhänger vonRepublikgründer Atatürk bleuten den Bürgern ein, dass sichdie Türkei in einem Abwehrkampf gegen fremde Mächte be-finde. Laut der Regierung war die Lage aber noch nicht soernst wie jetzt. Erstmals in ihrer Geschichte werde die Türkeigleichzeitig von innen und aussen attackiert, schrieb kürzlichIbrahim Kalin, Sprecher von Präsident Erdogan.

    Dabei wird die Liste der Feinde sowohl im Inneren wie imÄusserenvon Tagzu Taglänger. Ganz oben steht dieArbeiter-partei Kurdistans (PKK), die mit ihren Angriffen im Südostendarauf ziele, die türkische Nation zu spalten. Aber nicht nurdas: In Gestalt ihres syrischen Ablegers greife sie die Türkeivonaussenan. Damitwiederummachtensichdie «Terroristen»zum Erfüllungsgehilfen des syrischen Regimes, Russlands undIrans, die mit ihrem Krieg gegen das syrische Volk gleichzeitigeinen Krieg gegen Ankara führten, schrieb der Chefredakteureines Regierungsblattes kürzlich. «Seht ihr das denn nicht?»,erschallt es aus Ankara an die Adresse der Amerikaner. «Ent-scheidet euch endlich», fordert Erdogan. «Wir oder die Terro-risten.» Aber die Amerikaner wollen einfach nicht hören.

    Vielleicht hätten Erdogan und seine Mannschaft auf PKK-Chef Öcalan hören sollen? Der hatte schon vor Jahren gesagt,dass man den Amerikanern nicht trauen könne, wie ein regie-rungsnaher Kolumnist dieserTage feststellte.Diesehättenvorzwei Jahrzehnten alles getan, um eine friedliche Lösung desKurdenkonflikts zu hintertreiben. Überhaupt gehe es den«Imperialisten» nur darum, die Völker der Region gegenein-ander aufzuhetzen, um sie zu kolonisieren.

    Abernichtnur gegen dieAmerikaner, auchgegendie PKKführt das Regierungslager derzeit gerne Öcalan ins Feld. DieRebellen hättensich seinemBefehlwidersetzt, dieWaffen nie-derzulegen. Was der seit siebzehn Jahren inhaftierte Öcalandazu meint, ist nicht bekannt. Seit einem Jahr hat er keinenKontaktmehrmit kurdischenVertretern. Unddabeisolles auf absehbare Zeit auch bleiben. Vielleicht käme der Kronzeugesonst gar auf die Idee, der Regierung zu widersprechen.

    IN KÜRZE

    Haftstrafe für Aylans Schlepper(Reuters) Im Prozess um denertrunke-nen Flüchtlingsbuben Aylan Kurdi hateintürkischesGericht zweiSyrer zu vierJahren und zwei Monaten Haft verur-teilt. Ihnen wurde Menschenschmuggelzur Last gelegt, wie die Nachrichten-agentur Dogan am Freitag meldete.Vom Vorwurf der bewussten Vernach-lässigung mitTodesfolgewurden siefrei-gesprochen. Der dreijährige Aylan warAnfang September in der Ägäis ertrun-ken. Eine Foto seiner am Strand vonBodrum angespülten Leiche löste welt-weit Bestürzung und Trauer aus undrückte die Flüchtlingskrise in den Mit-telpunkt der Aufmerksamkeit. Für vielesymbolisierte es Tatenlosigkeit im Wes-ten sowie den Unwillen, denen zu hel-

    fen, die sich vor Krieg und Gewalt inihrer Heimat retten wollen. Weil Ka-nada der Familie die Reise zu Verwand-ten verweigerte, stiegen die Flüchtlingein dasBoot.NebenAylan kamen beiderFlucht aus Kobane auch sein fünf Jahrealter Bruder, seine Mutter und weitereMenschen beim Versuch ums Leben,Griechenland per Boot zu erreichen.Der Vater Abdullah versuchte währendStunden vergeblich, seine Kinder undseine Frau vordem Ertrinken zu bewah-ren. IneinemInterviewsagteerdem bri-tischen Guardian: «Ich hätte mit ihnensterben sollen.» Aylan wurde im Sep-tember an der Seite seiner Mutter undseines Bruders in seiner nordsyrischenHeimatstadt Kobane beigesetzt.

    Syrer nutzen Waffenruhefür Proteste gegen Asad(ap) Regierungsgegner haben die Waf-fenruhe in Syrien zu DemonstrationengegenPräsidentBasharal-Asadgenutzt.Am Freitag gingen in von Rebellen ge-haltenen Gebieten inAleppo, Homsundder Provinz Idlib Hunderte von Men-schen auf die Strassen und forderten

    Asads Rücktritt. Zudem forderten siedie Regierung auf, Gefangene freizulas-sen und Belagerungenaufzugeben. Diessind zentrale Forderungen der Opposi-tion bei den Friedensgesprächen, dienächsten Mittwoch in Genf wieder auf-genommen werdensollen.Mit ähnlichenDemonstrationen von Oppositionellenhatte vorfast genau fünfJahren derAuf-stand gegen Asad begonnen, der sichzum Bürgerkrieg auswuchs.

    Seniorenheimin Jemen gestürmt(ap) Bewaffnete haben nach Angabenaus Sicherheitskreisen ein Seniorenheimin der Stadt Aden im Süden von Jemengestürmt. Dabei seien am Freitag sech-zehn Menschen getötet worden, unterihnenvierindische Nonnen.Die Angrei-fer hätten die Nonnen zuvor von denanderen getrennt und sie anschliessenderschossen, sagten Sicherheitsbeamte.Späterhättensiedie älterenMenschen inHandschellen gelegt und das Feuer er-öffnet.In Adenbreitetesich Gesetzlosig-keit aus,nachdem einevon Saudiarabiengeführte Koalition den Ort im Sommervon den Huthi-Rebellen zurückeroberthatte. Die Terrormiliz Islamischer Staathat für mehrere tödliche Attacken dieVerantwortung übernommen.

    Zwei italienische IS-Geiselnin Libyen befreit(ap) Zwei italienische Geiseln sind imWesten Libyens aus der Gewalt der Ter-rormilizIslamischerStaat befreitworden.Das sagte der Vorsitzende des Stadtrats

    von Sabratha, Hussein al-Sawadi, amFreitag. Diebeidenseienaus einemHausim Nordwesten der Küstenstadt gerettetworden. Sie hätten versucht, selbst eineVordertür niederzureissen. ÖrtlicheKämpfer seien ihnen zu Hilfe gekom-men.Die Verfassungder Italienersei gut,obwohl sie eine Woche nichts zu essenbekommen hätten. Al-Sawadi bestätigteauch, dass zwei andere am 19. Juli ver-schleppte Italiener bei den jüngstenKämpfen zwischen IS-Rebellen und Sol-daten ums Leben gekommen seien.

    Spanien beschlagnahmtUniformen für Jihadisten(afp) Die spanische Polizei hat 20 000Uniformen beschlagnahmt, die für Jiha-disten im Irak und in Syrien bestimmtwaren. Die Militäruniformen wurden imFebruar in drei Schiffscontainern in denspanischen HäfenValencia und Alicanteentdeckt.Wie diePolizeimitteilte,warendie Uniformen als Altkleider deklariert.

    Tokio stoppt Bauarbeitenan US-Luftwaffenbasispwe. Tokio In einer überraschendenWendung hat Japans Regierung sich imStreitumeine amerikanischeLuftwaffen-basisauf derInsel Okinawa aufeinen ge-richtlichen Vergleich eingelassen. AmFreitag wurden die Bauarbeiten für diegeplante Luftwaffenbasis in Henoko –wie empfohlen – eingestellt und Gesprä-che mit der Präfekturregierung aufge-nommen. Als Zeichen, dass es nicht vielzu verhandeln gibt, stellte Ministerpräsi-dent Abe indes klar, dass die Regierungan ihrer Position festhalte. In dem Streitgeht es um die Verlegung der amerikani-schen Luftwaffenbasis Futenma mit demZiel, die Sicherheit der Bevölkerung vonOkinawa zu erhöhen. Die japanischeRegierung will im Einklang mit denAmerikanern die Basis innerhalb Okina-was nach Hekono umsiedeln. Gestütztauf ein solides Wählermandat verlangtdagegen der Gouverneur von Okinawa,die Basis anderswo in Japan anzusiedeln.Bringendie neuenGesprächekeine Eini-gung, geht der Streit vor Gericht weiter.

    Breites Bündnisgegen Najib in Malaysiart. Singapur In Malaysia spitzt sich diepolitische Krise zu. 58 Persönlichkeiten,diediverse politischeStrömungen vertre-ten, haben in einer gemeinsamen Erklä-rung zum Sturz von MinisterpräsidentNajib Abdul Razak aufgerufen. Sie wer-fen dem Regierungschef Korruption,Amtsmissbrauch sowie Unterdrückungdemokratischer Freiheiten vor. An derSpitze der Bewegung steht der früherelangjährige Ministerpräsident MahathirMohamad. Dessen Opposition zu Najibist nicht neu. Mit seinem Austritt aus derRegierungspartei Umnound dergemein-samen Pressekonferenz mit Vertreternder Opposition hat der 90-Jährige amFreitag aber die Tonlage dramatisch ver-schärft. Es handelt sich um einen Aufruf an die Regierungspartei, Najib abzuset-zen. Der rechtliche Weg dazu wäre einMisstrauensvotum im Parlament.

    Vermisster Buchhändlerin Hongkong aufgetaucht(dpa) Einer von fünf im letzten Jahrverschwundenen Hongkonger Buch-händlern ist aus China zurückgekehrt.Lui Por sei am Freitagmorgen in Hong-kong eingetroffen, teilte die Polizei mit.Die Händler hatten alle politisch heikleBücher in Hongkong vertrieben. Diechinesische Polizei hatte erst Wochennach ihremVerschwindenbestätigt,dassdie Buchhändler auf dem Festland in-haftiert seien und die Behörden bei denErmittlungen «unterstützten». Lui hatteletzten Sonntag zusammen mit zweiweiteren Vermissten im chinesischenFernsehen gestanden, in China illegaleBücher vertrieben zu haben.

    Mehr Machtfür Polens Justizminister

    (dpa) Am Freitag ist in Polen der Be-schluss der nationalkonservativen Re-gierung über die Zusammenlegung vonJustizministerium und Generalstaatsan-

    waltschaft in Kraft getreten. Der polni-sche JustizministerZbigniew Ziobrohat

    damit erheblich mehr Macht: Er ist nunauch Generalstaatsanwalt und kannVerfahrenanordnen oderan sichziehen.Politiker der liberalkonservativen Op-positionspartei Bürgerplattform warn-ten vor den Konsequenzen des Macht-zuwachses. «Ein Politiker wird darüberentscheiden, ob Anklage erhoben oderErmittlungen eingestellt werden», sagteder Parlamentarier Arkadiusz Myrcha.

    Serbiens Präsidentruft Neuwahlen aus(ap) Der serbische Präsident TomislavNikolic hat das Parlament vorzeitig auf-gelöst und Neuwahlen angesetzt. Diesesollen am 24. April stattfinden. DieregierendeKoalitiongiltals grosseFavo-ritin. Ministerpräsident Vucic begrün-dete die Neuwahlen damit, dass dasKabinett einen eindeutigen Auftrag fürWirtschafts- und andere Reformenbrauche. Diesesind Voraussetzung, dassSerbien EU-Mitglied wird.

    Zwei der vier in Bodrum verurteilten Syrer werden abgeführt. AP

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    3Samstag, 5.März 2016 INTERNATIONALNeuö Zürcör Zäitung

    Xis Traum vom starken LandChina steigert die Armeeausgaben weiter und stärkt vor allem die Marine

    Seit Mao gilt die Doktrin, dassdie Volksbefreiungsarmee derverlängerte Arm derKommunistischen Partei ist.Präsident Xi Jinping beherzigtdas – und baut das Militär imgrossen Stil um.

    MATTHIAS MÜLLER, PEKING

    VerschiedeneTräumedürftenStaats-undParteichef Xi Jinping einen unruhigen

    Schlaf bescheren. Sein Lieblingstraum ist jener von der Wiedergeburt Chinas alsstarkes Land, das aus Sicht der Macht-haberin Pekingeinst denMittelpunktderWelt darstellte. In solch einem Glanz solldas Reich der Mitte eines Tages wiedererstrahlen.

    Da der chinesische Präsident für dieErfüllung seines Wunsches eine schlag-kräftige Armee benötigt, sprach erEnde 2012 bereits vom «Traum einerstarken Armee». Bis dieser in Erfüllunggeht, braucht China einen langen Atemund viel Geld. Zumindest an finanziel-len Mitteln wird die Reform nicht schei-

    tern. Das Militärbudget werde in die-sem Jahr etwas weniger stark zulegenals im vergangenen, sagte eine Spreche-rin des Nationalen Volkskongresses amFreitag in Peking. Der nominale Zu-wachs werde zwischen 7 und 8 Prozentliegen, nach rund 10 Prozent auf 889Milliarden Yuan (rund 135 MilliardenFranken) 2015.

    Allerdings gibt es an der Verlässlich-keit dieser Zahlen Zweifel. Im vergan-genen Jahr hiess es beim StockholmInternational Peace Research Institute,die tatsächlichen Militärausgaben Chi-

    nas überträfen jene im Budget ausge-wiesenen Zahlen um 50 Prozent. So sol-len etwa Investitionen in Forschung undEntwicklung nicht voll erfasst sein.

    Unverhohlene Drohungen

    Selbst wenn die Militärausgaben im lau-fenden Jahr nicht mehr zweistellig zu-legen sollten, meint es Xi dennoch ernstmit seinem Vorhaben. In den vergange-nen mehr als sechzig Jahren gab es zwarinsgesamt elf grössere Reformen derVolksbefreiungsarmee. Allerdings istder nun vorangetriebene Umbau des

    chinesischen Militärs punkto Umfangund Tempoeinzigartig in derGeschichteder Volksrepublik.

    Laut dem Militärexperten ChristianBecker von der Stiftung Wissenschaftund Politik in Berlin verfolgt Xi dreiZiele: Erstens soll die als verkrustet gel-tende und unter einem bürokratischenWasserkopf leidende Volksbefreiungs-armee professioneller werden; zweitenswill Xi schlankere Strukturen sowieweniger Hierarchien, und drittens sollendie Luft- und Seestreitkräfte auf Kostender bisher dominierenden Landstreit-

    kräfte gestärkt werden. Das amerikani-sche Militär sei Vorbild, auch wenn dasin Peking keiner zugebe, fügt Becker an.

    Die Ausrichtung des Umbaus ist einFingerzeig an die asiatischen Nachbarn,mit denen China im Streit liegt. Nebenden Unruhen im Südchinesischen Meer,das China fast vollständig für sich bean-sprucht, gibt es auch mit Japan Zwist. Esgeht dabei um kleine, unbewohnteInseln im Ostchinesischen Meer, wo esneben grossen Fischbeständen auch Öl-und Gasvorkommen geben soll.

    Vorangegangen waren den Reform-plänen starke politische Signale. Xi

    treibt seine Antikorruptionskampagneauch in der Volksbefreiungsarmee vor-an. Er setzte in einem ersten Schritt dreihochrangige Militärs als Zeichen seinesWillens, die Armee auch gegen Wider-stände zu reformieren, wegen Korrup-tion schachmatt. Neben Gu Junshan ge-rieten die beiden Generäle Xu Caihousowie Guo Boxiong ins Visier der Be-hörden. Beide galten als treue Gefolgs-leute Jiang Zemins, des bis 2002 amtie-renden Vorgängers von Xi. Der starkeMannin Pekingkuscht auch vor grossenNamen nicht – sosoll wohldieBotschaft

    lauten. Die Warnungen Xis sind eindeu-tig: Jeder, der sich den Reformen wider-setzt, sollte sich besser zurückziehen.

    Kampf der Korruption

    Anlässlich der Parade zum 70. Jahrestagdes Kriegsendes Anfang Septembervergangenen Jahres verkündete Xi, dieArmee um300 000 aufrund 2 MillionenSoldaten zu verringern. Ein Blick auf die Verteilung des Personals auf Land-,See- und Luftstreitkräfte im Verhältnisvon 7:1:2 zeigt das bestehende Missver-hältnis: Die Volksbefreiungsarmee wird

    stark von den Landstreitkräften domi-niert. Beim amerikanischen Militär lau-tet das Verhältnis 4:3:3.

    Mit dem Personalabbau reagiertChina auch auf die stark gestiegenenPersonalkosten. Die Volksbefreiungs-armee leidet darunter, dassdie Löhneinder Gesamtwirtschaftin der Vergangen-heit kräftig zugelegt haben. Viel Geldfloss und fliesst nicht nur in neue Waf-fensysteme, sondern auch in Personal.Dieses Verhältnis soll sich künftig zu-gunsten moderner Kriegsgeräte ändern.

    Auch wenn der umfangreiche Um-

    bau ein Schritt in die richtige Richtungist, wenn es darum geht die Volksbefrei-ungsarmee zu verschlanken, gilt dasMilitär weltweit als wenig reformfreu-dig. Mit dem umfassenden Umbauschafft sich Xi zudem auch Feindeinnerhalb der Armee. Von den traditio-nell bevorzugten Landstreitkräften seiim Vorfeld des Umbaus offen Kritikvorgetragen worden, weiss ChristianBecker. Chinas Staatschef wird vermut-lichnoch viele unruhigeNächteverbrin-gen, bis sein Traum von einem «starkenChina» mit einer«starken Armee»Rea-lität geworden ist.

    Widersacher vonRousseff angeklagttjb. Das Oberste Gericht hat eine An-klage gegen den einflussreichen Präsi-denten des Unterhauses, Eduardo Cu-nha, gutgeheissen. Cunha gilt als trei-bende Kraft hinter einem Absetzungs-verfahren gegen Rousseff. Er sollSchmiergelder in derHöhe von5 Millio-nen Dollar aus dem Petrobras-Skandalerhalten haben. Die Ethikkommissiondes Unterhauses hat ein Ausschlussver-fahren gegen Cunha eröffnet.

    Im Herzen des Skandals angelangt Brasiliens ehemaliger Präsident Luiz In´ acio Lula da Silva soll Schmiergeld angenommen haben

    Die Ermittlungen im Petrobras-Skandal sind beim ehemaligenPräsidenten Lula da Silvaangelangt. Der einst mächtigsteMann Brasiliens wurde jetztzum Verhör abgeführt. DieBevölkerung schwankt zwischenEuphorie und Revolte.

    TJERK BRÜHWILLER, SÃO PAULO

    Luiz In´ acio Lula da Silva habe gelassenreagiert, als Beamte der brasilianischenBundespolizei am Freitagmorgen an dieTüre seiner Wohnung in S˜ ao Bernardoklopften und ihn zum Verhör abführten.Die Polizeiaktion im Rahmen der Er-mittlungen im Petrobras-Skandal kamnicht überraschend. In den vergangenenWochenhaben sichdie Hinweiseauf einepersönlicheVerwicklungdes ehemaligenPräsidenten in den Korruptionsskandalverdichtet. Laut Aussagen der Staats-anwaltschaft besteht ein starker Ver-dacht,dassLulada SilvavonGeldernausillegalen Quellen profitiert habe.

    Grosszügige Spenden

    Die Staatsanwaltschaft nennt mehrereKanäle,über dieLula daSilvavermutlichbegünstigt wurde. Demnach sollSchmiergeld über zwei in den Skandalverwickelte Baukonzerne in Immobiliengeflossen sein. Ein Landhaus und einedreistöckige Strandwohnung, die demEx-Präsidenten gehören, wurden fürmehrere Millionen Reais renoviert. Be-zahlt haben die Arbeiten die FirmenOdebrecht und OAS, teilweise sogar inbar. Die Staatsanwaltschaft spricht voneinem «unüblichen Vorgehen».

    Im Fokus der Ermittler sind auch dasInstituto Lula, die Nichtregierungsorga-nisation des Ex-Präsidenten, sowie dieFirma Lils, mit der Lula da Silva seineAktivitäten als Redner vermarktet.Sechs in den Skandal verwickelte Bau-firmen haben zwischen 2011 und 2014mehrals30 Millionen Reais(8 MillionenFranken) an Spenden und Honoraren indas Institut und die Firma gesteckt. Lautder Staatsanwaltschaft wurden auchKontodaten Lulas, des Instituts und derFirma eingesehen.

    Nach dem Verhör begab sich Lula indie Zentrale seines Partido dos Traba-lhadores (PT) und äusserte sich zu denGeschehnissen. Er bezeichnete die Ak-tion als eine «Show», um ihn und seinePartei zu kriminalisieren. Er habe sich

    wie ein Häftling gefühlt. Lula da Silvastellte sich als Opfer dar, kritisierte denfür die Untersuchungen verantwort-lichen Staatsanwalt und forderte mehrRespekt. Gleichzeitig gab sich der Ex-Präsident kämpferisch und kündigte an,die Parteibasis zu mobilisieren.

    Abtrünniger GenosseAm Flughafen Congonhas in S ˜ ao Paulo,wo das dreistündige Verhör stattfand,sowie vor dem Wohnsitz von Lula daSilva kam es am Freitag zu spontanenKundgebungen von Gegnern und Sym-pathisanten des Ex-Präsidenten. Diesearteten in tumultartige Szenen aus, sodass die Polizei die beiden Gruppentrennen musste. Euphorisch reagiertedie Börse in S˜ ao Paulo auf die Entwick-lung. Der Leitindex legte zeitweise umfast 6 Prozent zu, der amerikanischeDollar verlor gegenüber dem brasiliani-schen Real an Wert.

    Die Stimmung des PT war schon tagszuvor in den Keller gesackt, nachdemdie Zeitschrift «Isto´ e» Auszüge aus

    einem Verhör mit dem im Novemberverhafteten SenatorDelc´ ıdiodo Amaralveröffentlicht hatte. Amaral war derWortführer des PT im Senat. In seinerAussage, von der er sich eine Straf-erleichterung erhofft, gab Amaral zuProtokoll, dass Lula da Silva persönlichangeordnet habe, das Schweigen von

    Zeugen zu erkaufen. Präsidentin DilmaRousseff warf er vor, ihre Position aus-zunutzen,um in dieErmittlungeneinzu-greifen. Laut Personen aus dem Um-kreis der Ermittlungen sind die Aus-sagen des Senators authentisch. Ob siederWahrheitentsprechenund wiesieandie Öffentlichkeit gelangten, ist eineandereFrage.Rousseffund Lulabestrei-ten alles und werfen Amaral Verleum-dung vor. Sollte aber nur ein Bruchteilstimmen, würde dies den Skandal auf ein völlig neues Niveau heben.

    Schon jetzt wirkt die Regierung inBrasilia nervös. Am Donnerstag und amFreitag berief Rousseff Krisensitzungenmit ihren engsten Ministern ein, um dieLage zu analysieren. Die Aktion gegenLula da Silva ziele indirekt auf Rousseff,

    sagt die Regierung. Auch wenn gegendie Präsidentin keine Ermittlungen lau-fen, so dürften die neusten Entwicklun-genden RufnacheinemAbsetzungsver-fahren wieder lauter werden lassen. Da-bei geht es weniger darum, Rousseff zuentmachten als vielmehr ihre Partei,deren dubiose Rolle im Petrobras-Skan-

    dal immer deutlicher wird.

    Zwangsjacke fürtürkische Zeitung«Zaman» unter Aufsicht gestellt

    kam. Istanbul Die regierungskritischeZeitung «Zaman» verliert ihre Unab-hängigkeit. Auf Anordnung der Justiz

    haben bei der auflagestärksten Opposi-tionszeitung der Türkei amtliche Treu-händer das Management übernommen,wie die staatliche NachrichtenagenturAnadolu am Freitag berichtet hat. Einoffizieller Grund für den Gerichts-beschluss wurde nicht genannt.

    VordemRedaktionsgebäudein Istan-bul versammelten sich am Freitag Jour-nalisten und Leser von «Zaman». AmAbend kames zu Ausschreitungen:Poli-zisten drangen gewaltsam in das Ge-bäude ein und lieferten sich Schlachtenmit Demonstranten. Dabei setzten sieWasserwerfer und Tränengas ein.

    Die Zwangsverwaltung steht offen-kundig im Zusammenhang mit einerRepressionswelle gegen Medien undUnternehmen, die dem islamischen Pre-diger Fethullah Gülen nahestehen. Dertürkische Staatspräsident Recep TayyipErdogan führt eine erbitterte Fedegegenseinen ehemaligen Weggefährten,dem er Umsturzpläne unterstellte.Ebenfalls am Freitag nahm die Polizeivier bekannte Geschäftsleute fest, de-nen ebenfalls Beziehungen zu Gülenvorgeworfen werden. Sie sollen dessenHizmet-Bewegung, die in der Türkei alsTerrororganisation gebrandmarkt wird,finanziell unterstützt haben.

    Ein einflussreicher Abgeordneter derislamisch-konservativen Regierungspar-tei AKP, Emrullah Isler, lobte die fakti-sche Übernahme von «Zaman» als wich-tigen Schritt im Kampf gegen «die paral-lele Struktur», wie die AKP die Gülenis-ten bezeichnet. Die Zeitung zahle denPreis für ihren Verrat am türkischenStaat. Im Oktober 2015 waren Adminis-tratoren bereits bei der oppositionellenZeitung «Bugün» einmarschiert.

    Sahin Alpay, einer der Kolumnisten

    des regierungskritischen Blatts, sprachvon einem schwarzen Tag für die Türkei,wo jetzt ein Leitmedium auf Anordnungeines politischen Führers konfisziertworden sei. Die Knebelung der Presse-freiheit bringt die EU in eine unange-nehme Lage, da sie der Türkei eine Be-schleunigungder Beitrittsverhandlungenin Aussichtgestellthat. ImGegenzugsollAnkara den Flüchtlingsstrom nach Grie-chenland eindämmen. Erdogans autori-tärer Kurs macht es für die EU schwieri-ger, einen Handel mit den Türken zurechtfertigen. Bemerkenswerterweiseschlugdiepolitischunter DruckstehendeJustiz zueinemZeitpunkt zu,als derEU-Rats-Präsident Donald Tusk in Ankaraweilte, um den EU-Türkei-Gipfel vomMontag vorzubereiten.

    Lula da Silva in der dreistöckigen Wohnung an der Copacabana, die für ihn aufwendig hergerichtet wurde. MARCELO SAYAO / EPA

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

    5/70

    Gesamtzahl der bereitserfolgten Umsiedlungen und

    bereitgestellten Plätze

    6410

    642

    Belgien

    Zypern

    FrankreichDeutschland

    Irland

    Schweden

    Spanien 2951 Portugal

    19714

    Niederlanden5947

    Finnland2078

    Bulgarien1302

    Lettland

    MaltaLuxem-burg

    Litauen

    Tschechien

    Est-land

    Rumänien4180

    Slowe-nien

    Ungarn

    968Kroatien

    Österreich1953

    Slowakei

    902 1294 2691

    38123766

    9273

    27536 Polen6192NZZ-Infografik/lea.QUELLE: EU-KOMMISSION

    Die europaweite Umverteilung der Flüchtlinge stockt

    Stand der Umsiedlungsbemühungen in der EUDie Mehrheit der EU-Staaten hat sich darauf geeinigt, 160000 Flüchtlinge aus Italien, Griechenland und Ungarn umzusiedeln. 25 Staaten haben sich bisher dazuverpichtet, gut 98 000 Menschen zu übernehmen. Die Diskrepanz zur Gesamtzahl erklärt sich grösstenteils daraus, dass Ungarn, von wo 54000 Personen hättenumgesiedelt werden sollen, gegenwärtig nicht in das Programm einbezogen wird.

    UmgesiedelteFlüchtlinge

    Bereitgestellte Plätze

    Flüchtlingsaufnahmegemäss EU-Verteilquote

    160000EU-weit umzusiedelnde Flüchtlinge

    INTERNATIONAL 5Samstag, 5.März 2016 Neuö Zür cör Zäitung

    Rettungsversuche für europäische LösungFortschritte in der Kooperation zwischen der EU und der Türkei in der Flüchtlingskrise

    Die Zusammenarbeit mitAnkara dürfte ein Eckpfeilerder EU-Strategie in derFlüchtlingskrise bleiben. Faktischwird sie jetzt ergänzt durch dieAbriegelung der Balkanroute.

    NIKLAUS NUSPLIGER, BRÜSSEL

    Donald Tusk ist ein Mann mit einerschwierigenMission.Unermüdlichtour-

    te der EU-Rats-Präsident in den letztenTagen von Wien über mehrere Balkan-staatennach Athen undAnkara, um vordem EU-Sondergipfel vom Montag zuretten,was kaummehrzu rettenscheint:eine europäische Antwort auf dieFlüchtlingskrise. Am Freitag erklärteTusk in seinem Einladungsschreibenzum Gipfel, er sehe erstmals Anzeichenfür einen aufkommenden Konsens.

    Positiv beurteilte er sein Treffen mitdem türkischen MinisterpräsidentenAhmet Davutoglu, der am Montag inBrüssel erwartet wird. Zwar betonteTusk, dass er mit den türkischen Be-

    mühungen zur Reduktion der Flücht-lingszahlen noch unzufrieden ist. Lautdem Uno-Hochkommissariat fürFlüchtlinge haben im Januar und Fe-bruar 124 000 Flüchtlinge die Ägäisüberquert. Zudem kämpft die Schlep-per-Überwachungsmission der Nato inder Ägäis mit Anlaufschwierigkeiten.

    «Kommt nicht nach Europa!»

    Dennoch: Die Kooperation mit der Tür-kei wird ein wichtiger Pfeiler der EU-

    Strategie bleiben, zumal es Anzeichenfür Fortschritte gibt. Laut Tusk sollDavutoglu eingewilligt haben, in türki-schenGewässerngestoppteBootsflücht-linge, aber auch alle MigrantenohneAn-spruch auf Asyl rasch von Griechenlandzurückzunehmen. Obwohl zwischenAthen und Ankara ein Rückübernah-meabkommen gilt, war die Umsetzungsehr bürokratisch, bis diese Woche erst-mals rund 300 Migranten per Bus in dieTürkei zurückgebracht werden konnten.Um die Türkei versöhnlich zu stimmen,hat die EU-Kommission Ankara amFreitag auch Fortschritte auf dem Weg

    zur Visa-Liberalisierungbescheinigt undeine erste Tranche von 55 MillionenEuro für die Schulung syrischer Flücht-lingskinder in der Türkei gesprochen.

    Österreich hat nicht auf die Türkeiwarten wollen und mit der Einführungvon Tagesquoten bereits neue Faktengeschaffen: Nach einer Kettenreaktionauf der Balkanroute stecken immermehr Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze fest. Tusk kriti-sierte zwar unilaterale Aktionen, dieMisstrauen säten. Gleichzeitig signali-

    sierte er Unterstützung für die Grenz-schliessung. Das am letzten EU-Gipfelbeschlossene «Ende der Politik desDurchwinkens» entlang der Balkan-route werde nun umgesetzt, sagte Tusk.Er appellierte an «Wirtschaftsmigran-ten»: «Kommt nicht nach Europa! KeineuropäischesLand wird weiterein Tran-sitland sein.» Auch die EU-Kommissionbetonte, dass die Dublin-Regeln wiedergelten müssten, bis sie von einem neuenRegime offiziell abgelöst würden.

    Damit zeigt sich immer deutlicher,dass sich die EU den Ansatz Wiens undBudapests zu eigen macht und in Kauf

    nimmt, dass Griechenland zu einemAuffangbecken für Flüchtlinge wird.Die EU-Kommission hat diese Wochebeschlossen, Griechenland 700 Millio-nen Euro zur Bewältigung der humani-tären Katastrophe zur Verfügung zustellen. Am Freitag stellte sie in einemFahrplan zur Rettung des Schengen-Raums auch mehr kurzfristige Unter-stützung für Griechenland beim Grenz-schutz inAussicht,bis diegeplante euro-päische Grenz- und Küstenwache be-schlossen und einsatzbereit ist.

    Im Prinzip hatte die europäischeLösung niemals vorgesehen, dassFlüchtlinge auf eigene Faust in ihr be-vorzugtes Zielland reisen. Sie sollten anHotspots an der Aussengrenze regis-triert und danach teilweise in andereEU-Staaten umgesiedelt werden. Wäh-rend in Griechenland viervon fünfHot-spots funktionieren, sind in Italien aberbloss zwei von sechs Registrierungs-Zentrenvoll funktionsfähig. Sehr magerfällt dieBilanzauch beider Umsiedlungvon 160 000 syrischen, irakischen underitreischen Asylsuchenden aus. Erstrund 650 Personen wurden seit letztem

    Herbstaus Griechenlandund Italienauf die anderen EU-Staaten umgesiedelt.

    Geringe Aufnahmebereitschaft

    Dadas Programmnicht in Gang kommt,kursieren in Brüssel inzwischen Pläne,die Aufnahmekapazitäten für die Neu-ansiedlung von Flüchtlingen direkt ausderTürkei zu nutzen. Einsolches Reset-tlement-Programm einerKoalition willi-ger EU-Staaten ist implizit Teil derKooperation zwischen der EU und

    Ankara.Angesichtsder verstopften Bal-kanroute stellt sich aber auch die Frageder Umverteilung von Flüchtlingeninnerhalb der EU mit neuer Dringlich-keit, wie Tusk einräumte.

    Der griechische MinisterpräsidentAlexis Tsipras hat angedroht, alle EU-Beschlüsse zu blockieren, solange seinLand nicht entlastet wird. Doch dieAuf-nahmebereitschaft der meisten anderenEU-Staaten dürfte klein bleiben, so-lange die Zahl der ankommendenMigranten nicht deutlich sinkt. Insofernbleibt derWeghin zu einer einvernehm-lichen EU-Strategie unwägbar.

    Endstation Athen Im griechischen Hafen von Piräus kommen täglich Tausende von Migranten an und wissen nicht, wie es weitergeht

    Seit Mazedonien die Grenzegeschlossen hat, ist die Zahl derin Griechenland festsitzendenMigranten auf 30 000 gestiegen.Sie werden nur notdürftigversorgt und informiert. DerStaat ist praktisch abwesend.

    ELISA HÜBEL, ATHEN

    Frühmorgens am Hafen von Piräus. Eswird ein sonniger Tag. Vor einer Lager-halle ist Sprachengewirr zu vernehmen.Mehrere hundert Flüchtlinge drängensich vor einigen Lastwagen. Sie stehenSchlange, um Sandwiches, Milch undSäfte von freiwilligen Helfern in grün-weissen Westen in Empfang zu nehmen.Vor einem Kleinlaster verteilen MännerinschwarzenKuttenund mitlangenweis-senBärten Lebensmittelpakete – Vertre-ter der griechisch-orthodoxen Kirche.

    Unter den Wartenden steht ein jun-ger Mann mit nur einem Bein, der voneiner alten Frau gestützt wird. Einer derGeistlichenschlägt einKreuz.Eine Frauverteilt hausgemachteTeigtaschen, auchCroissants hat sie gekauft, für dieFlüchtlingskinder. Plötzlich ist Musik zuvernehmen. Gespielt wird die MelodiedesSchlagers«EinSchiffwirdkommen»von Lale Andersen aus den sechzigerJahren. Das Liebeslied mutet surreal anin dieser Umgebung, denn natürlichkommen Schiffe an, doch die meistenvon ihnen haben Flüchtlinge an Bord.

    Ratlosigkeit allenthalben

    Sie haben eine gefährliche Überfahrtvon der türkischen Küste zu den Inselnin der Ägäis hinter sich. Nach Angaben

    des Migrationsministeriums kommentäglich 3000 Migranten nach Griechen-land. Über 30 000 von ihnen halten sichderzeit im Land auf. Bis in einer Wochemüsse man möglicherweise mit 150 000rechnen, hat Aussenminister Nikos Kot-zias erklärt. Angesichts der Entschei-dung Mazedoniens und anderer Länderentlang der Balkanroute, ihre Grenzenfaktisch zu schliessen, stecken sie fest.

    Der griechische Regierungschef Ale-xis Tsipras fordert mehr europäischeSolidarität, gleichzeitig forciert die Re-gierungin Athen dieAusschaffungen.Inden letzten Tagen wurden mehr als300 Menschen aus Marokko, Algerienund Tunesien, die laut griechischer Dar-stellung über keinen Asylgrund ver-fügen, in die Türkei zurückgeschickt.Diese Rückführungen sollen deutlichbeschleunigt werden.

    Mit der Unterbringung der vielenMenschen ist die griechische Regierungüberfordert. Die zur Verfügung gestell-ten Unterkünfte reichen bei weitemnicht aus. Inder kommenden Wochesol-len in alten Kasernen und Flughäfenlandesweit neue Camps entstehen. Bisdie neuen Einrichtungen fertiggestelltsind, müssen viele Migranten auf derStrasse schlafen. Am zentralen AthenerViktoria-Platz übernachten auch in die-sen Tagen wieder Hunderte unterfreiem Himmel. Es handelt sich über-wiegendum Asylsuchende ausAfghani-stan. Sie hoffen auf eine Chance auf Weiterreise.Schlepper, die eineFahrt andie Grenze ermöglichen, sind sehr aktiv.

    Aufgrund der unhaltbaren hygienischenSituation, zurückzuführen auf die Men-schenmenge auf dem Viktoria-Platz, istder Athener Bürgermeister GiorgosKaminis unter Druck geraten. Am Frei-tagbat erdie ehrenamtlichenHelfer, diehier Lebensmittel verteilen, damit auf-zuhören. Zur Verbesserung der Lageversprach er ein neues Auffanglager inder Stadt.

    «Wir warten im Nichts»

    Nur dreissig Minuten entfernt, amHafen von Piräus, interessiert dieFlüchtlinge jedoch nur die Frage, wie esweiter in Richtung Norden, in Richtung

    Grenzegeht.Sie greifennachden Hand-zetteln des Europäischen Unterstüt-zungsbüros für Asylfragen, die in kurdi-scher und arabischer Sprache geschrie-ben sind und von Helfern verteilt wer-den. Sie wollen hier weg, wissen abernicht, wohin.

    Der sechzehnjährige Musab aus Sy-rien hält sich mit seiner Mutter, seinemVater und seinen Geschwistern bereitsseit zwei Tagen hier auf. Die Familiekommt aus Damaskus, ihr Haus wurdezerbombt. «Wir wissen nicht, was wir jetzt machen sollen. Wir warten. Wirwarten im Nichts. Wir wissen nicht, wasnochkommt,und keinerkann eineAnt-wort geben», sagt die Mutter, der Sohn

    übersetzt. Es sei zum Verzweifeln, klagt

    die 36-Jährige, die ein gestreiftes, hell-braunesKopftuchträgt. Indas Gesprächmischt sich jetzt auch die 23-jährigeIman ein, die gleich neben der Familieauf einer Decke sitzt. Sie spricht perfektEnglisch und sagt, sie sei Architektinund komme ebenfalls aus der syrischenHauptstadt. Sie hat die Familie auf demWeg durch dieTürkei getroffen und sichihr angeschlossen, daheim in Damaskuswaren sie Nachbarn.

    Iman hat vor etwa einem Monatihren Ehemann und ihre Eltern in derHeimat zurückgelassen. Auch ihr Hauswurde von Bomben zerstört. Würde derKrieg jetzt aufhören, sagt sie, dannwürde sie auf der Stelle zurückkehren.Sie habe den Traum, ihr Land wiederaufzubauen, wie die Trümmerfrauen inDeutschland nach dem Zweiten Welt-krieg.Doch dassei imMomenteineIllu-sion, derKrieghöre nicht auf, manwissenicht einmal, wer auf wen schiesse.

    Der Weg nach Norden

    Die junge Architektin hat für ihre Reisedurch Libanon und die Türkei einigetausend Euro ausgegeben, wie sie sagt.50 Euro investierte Iman bei der An-kunft auf der Insel Lesbos vor einigenTagen noch in ein Busticket. Damithätte sie vom Hafen von Piräus direktnach Idomeni fahren können. Doch dasTicket sei nun nicht mehr gültig, be-schwert sie sich. Die griechischen Be-hörden haben diese Fahrten untersagt,weil sie um jeden Preis verhindern wol-len,dass weitereFlüchtlingean diegrie-chisch-mazedonische Grenze gelangen.Dort campieren derzeit gegen 13 000Menschenunter prekären Bedingungen.

    Ärzte vor Ort warnen davor, dass

    sich sehr schnell Epidemien und Seu-chen ausbrechen könnten. Bereits jetztmüssen täglich mehr als 700 Menschenvon der Hilfsorganisation Ärzte ohneGrenzen im Lager von Idomeni behan-delt werden. Vor allem Atemwegsinfek-tionengrassierenund eineMagengrippe– nicht zuletzt deshalb, weil es an sanitä-ren Anlagen mangelt. Durch starkeRegenfälle hat sich das Gelände amFreitag in einen Morast verwandelt.

    Dennoch wollen sich Iman, Musabund seine Familie nicht vom Weg in denNorden abhalten lassen. «Egal, wie dieLage dort ist, wir haben schon wesent-lichSchlimmereserlebt!», sagt Iman. Sieblickt dabei auf das einige Meter ent-fernte Hafenbecken, das silbrig-blauund träge in der Sonne funkelt. In derFerne steuert gerade ein weiteres Fähr-schiff Piräus an.

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    6 Samstag, 5. März 2016Neue Zürcher Zeitung

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    INTERNATIONAL 7Samstag, 5.März 2016 Neuö Zür cör Zäitung

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    Berta C´ aceres

    ErmordeteUmweltaktivistinund Indio-Führerin

    Gezerre statt Aufbruch in Spanien Die politische Blockade nach den Parlamentswahlen wirkt ernüchternd

    Von den Protestparteien habensich die Spanier frischen Windin Madrid erhofft. Doch dieRegierungsbildung droht amGerangel im zersplittertenParlament zu scheitern.

    CORNELIA DERICHSWEILER, MADRID

    «Was nun?», fragt sich die Zeitungsver-käuferin Teresa Mantilla im MadriderStadtviertel Chueca, so wie Millionenvon Landsleuten. Seit zwei Monaten istSpanienohne Regierung,hängtpolitischin der Schwebe. Die 50-Jährige zucktratlos die Schultern, während sie vorihremKiosk dieStapelmit denneuestenAusgabender Tagespresse zurechtrückt.

    Vertrackte Situation

    «Das Gezerre bei der Regierungs-bildung ist zermürbend», findet Man-tilla. Im Parlament liefere man sich bis-sige Wortgefechte, sei nur auf Konfron-tation,nichtauf Konsensbedacht.Dabeisei diese Situation ohne arbeitsfähigeRegierung doch fatal für ein Land, dassich wirtschaftlich erhole, aber immernoch auf wackeligen Beinen stehe.

    Die Lage ist in der Tat vertrackt.Nach den Parlamentswahlen vom20. Dezember hat weder das rechtenoch das linke Lager genügend Stim-

    men für eine Mehrheit im Parlament.Der Sozialist Pedro S´ anchez versuchte,

    die politische Blockade zu überwinden:Er schloss mit der liberalen Protest-partei Ciudadanos ein Bündnis. Ge-meinsam kommen aber beide Kräftenur auf 130 der 350 Sitze. Die absoluteMehrheit liegt bei 176 Mandaten.Weder die linke Protestpartei Podemosnoch der konservative Partido Populardes amtierenden MinisterpräsidentenRajoy waren bisher bereit, sich demPakt anzuschliessen oder ihn durchStimmenthaltung zu billigen.

    «Wenn es das ist, was uns die neuePolitik gebracht hat . . .», seufzt ein Leh-rer mittleren Alters mit Umhängetascheam Kiosk. Im Dezember ist er vollerHoffnung auf demokratische Erneue-rung wählen gegangen. Die beiden Pro-testparteienhatten Spanienaufgerüttelt.Sie hatten das starre Zweiparteien-system für überholt erklärt, Dialog undKompromissbereitschaft unter den Par-lamentariern gefordert. Sie seien schnellim Establishment angekommen, meintder Mann. So wie die Altparteien seiensie nun vor allem darauf bedacht, denpolitischen Gegner zu diskreditieren.

    In der Tat ist es dem Sozialisten S ´ an-chez, der auf eine «Regierung des Wan-dels» setzt, bisher nicht gelungen, diebeiden Newcomer einzubinden. Pode-mos nämlich meint, der Pakt mit denunternehmerfreundlichen Ciudadanoshabedie Chancenfür wirklichenWandel

    torpediert. DieLinksparteiwill einEndeder Sparpolitik und ein Unabhängig-

    keits-Referendum in Katalonien. Ciuda-danos wiederum ist gegen diese Vor-schläge. Auch die konservative Volks-partei von Ministerpräsident Rajoy ver-wehrt S ´ anchez jede Unterstützung. Da-bei geht es weniger um Programmati-sches als um den Anspruch, als stärkstePartei eine «grossen Koalition» mitSozialisten und Ciudadanos anzuführen.Dies aber ist für die Sozialisten undenk-bar. Sie meinen, der im Korruptions-sumpfsteckende Partido Popular gehöreauf die Oppositionsbank.

    Ein zerrissenes Land

    Für den Politologen Fernando Vallesp´ ınzeigtdie verfahreneSituationdie Bruch-stellen einer gespaltenen Gesellschaftund die fehlende Bereitschaft, diese zuüberwinden. In «El Pa´ ıs» bezeichnet erSpanienals«ein Land ohneeinheitlichesProjekt, zerrissen von territorialen undideologischen Spannungen, die die poli-tischenWortführersogarnoch mitunge-wöhnlichem Vergnügen» bekräftigten.Zunächst sah es so aus, als ob sowohlPodemos als auch der konservative Par-tido Popular mit Neuwahlen kokettier-ten, um so Stimmengewinne zu erzielen.Diese Rechnung droht laut jüngstenUmfragen nicht aufzugehen. Beide wa-ren bei den Koalitionsverhandlungenbesonders unflexibel.

    Angekündigter Mord

    in Honduras Prominente Umweltschützerin erschossenBerta C´ aceres hat denMächtigen in Honduras, einemchinesischen Staatsunternehmenund der Weltbank die Stirngeboten. Es hat sie das Lebengekostet.

    PETER GAUPP, SAN JOS É DE COSTA RICA

    Der Mord an der 44-jährigen Natur-schützerin und EingeborenenführerinBerta C ´ aceres hat weit über Hondurashinaus Bestürzung ausgelöst. MehrereBewaffnete sind am Donnerstagmorgenin ihr Haus in La Esperanza im Westendes Landes eingebrochen und haben die

    vierfache Mutter erschossen. Berta C´ a-ceres war Mitgründerin und Koordina-torin des Rats der indigenen Völker vonHonduras und Teil einer sich über ganzLateinamerika erstreckenden Bewe-gung, die sich im Namen von kulturellenTraditionen und Minderheitenrechtengegen viele Grossprojekte im Bergbauund zur Stromerzeugung stemmt.

    Kampf gegen Staudamm

    In ihrer Heimatregion führte sie denKampf gegen das hydroelektrische Pro- jekt Agua Zarca am R´ ıo Gualcarque,weil dieses die Lebensgrundlage desLenca-Volkesgefährde und einengehei-ligten Fluss schände. Alle rechtlichenEinsprachen und Petitionen ans Parla-ment, die auf das in internationalenKonventionen verankerte Anhörungs-recht der Indigenen pochten, blieben indem Fall erfolglos. Es folgten Protest-züge und Strassensperren. Nachdem im

    Juli 2013 ein Demonstrant von einemSoldaten erschossen worden war, zogsich das mit dem Staudammbau beauf-tragte chinesische StaatsunternehmenSinohydro zurück, und die Weltbankkündigte ihre Finanzierungszusagen.DiehonduranischeKonzessionärinDes-arrollos Energ´ eticos (Desa) versuchtedaraufhin, das Projekt mit europäischenPartnern zu retten, weshalb es in letzterZeit wieder zu Konfrontationen kam.

    Laut C´ aceres wurden in letzter Zeitdrei weitere Mitstreiter getötet. Sie selbstsoll unzählige Drohungen gegen LeibundLebenerhalten haben. 2009hatte dieInteramerikanische Menschenrechts-kommission den honduranischen Staatverpflichtet, für C´ aceres’ Sicherheit zusorgen. Eine permanente Leibwachelehnte die Aktivistin allerdings ab. Vorihrem Wohnsitz patrouillierte aber diePolizei. In der Mordnacht hielt sie sichlaut Sicherheitsminister Juli´ an Pacheco jedoch in einem Domizil auf, das sie denBehörden nicht gemeldet hatte.

    Zahlreiche Menschenrechtsorganisa-tionen haben ihre Entrüstung über dieUntat geäussert. Laut der Regional-direktorin von Amnesty International,Erika Guevara, handelt es sich vor demHintergrund einer jahrelangen Ein-schüchterungskampagne um eine ange-kündigte Tragödie.

    Endemische Gewalt

    Präsident Juan Orlando Hern´ andez ver-urteilte den Mord als «Angriff auf ganzHonduras». Man zähle in dem Fall auf

    die Hilfe der Vereinigten Staaten undwerde die Täter fassen. In der hondura-nischen Hauptstadt Tegucigalpa kam esam Donnerstagabend zu gewalttätigenProtesten und Brandschatzungen, wor-auf die Nationaluniversität ihre Veran-staltungen für 48 Stunden sistierte. DerRegierung kommt die Tat ungelegen,weil sie propagandistische Kapital ausdem Umstand zu schlagen versuchte,dass die Zahl der gewaltsamen Todes-fälle im letzten Jahr leicht zurückgegan-genistund Hondurasals weltweiterSpit-zenreiter in dieser Statistik vom benach-barten El Salvador abgelöst worden ist.

    Zweite Niederlage für S´ anchezcdw. Der Sozialist Pedro S´ anchez istam Freitagabend auch im zweiten Wahl-gang im Parlament gescheitert. Für dasAmt des Ministerpräsidenten hätte ernur eine einfache Mehrheit benötigt,mehr Ja- als Nein-Stimmen hätten ihmdiesmal gereicht. Sein Bündnis mit denliberalen Ciudadanos erhielt aber nur

    131 Stimmen. Mit Nein votierten 219Abgeordnete – in seltener Eintracht da-beiderkonservative PartidoPopularunddie Linkspartei Podemos. Nun habendieParlamentarier zwei Monate Zeit, umweiterzuverhandeln.Wenn sie sichdabeinicht auf einen Kandidaten einigen, fin-den am 26. Juni Neuwahlen statt.

    Sozialistenchef Pedro S ´ anchez ist ausgebremst. ANDREA COMAS / REUTERS

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    In Sichtweite von Lugano, auf der gegenüberliegenden Seeseite,liegt die 2,6 Quadratkilometer grosse italienische Gemeinde Cam-pione,dieeinembreiterenPublikumvorallemwegenihresgrossenSpielkasinos bekannt ist. Unter dem mächtigen Monte Sighignolagelegen,istCampionevollständigvon schweizerischemGebiet um-geben. Wandert man auf der Nordseite von der Enklave zur Berg-kuppedesSighignola,somussmangleichzweimaldieLandesgren-ze überqueren, denn noch vor dem Gipfelpunkt wird das Gebietwieder italienisch.Die merkwürdige Grenzziehung hat in den letz-ten 200 Jahren alle Versuche einer «Begradigung» überlebt.

    Der Sonderstatus von Campione geht zurück auf das JahrmitdermagischenZahl777,alsderlokaleLangobarden-HerrscherToto das Gebiet testamentarisch dem Erzbischof von Mailandvermachte und dieser es wiederum an das Mailänder KlosterSant’Ambrogio weitergab. Es blieb darauf über 1000 Jahre im Be-sitz des Klosters, bis zur Ankunft der französischen Revolutions-truppen im Jahre 1797. Dann wurde es von Napoleon zu seinerCisalpinischen Republik in Oberitalien geschlagen.

    Das umliegendeGebiet mit Lugano als Zentrum kam hinge-gen bereits 1512 als Folge der Lombardei-Feldzüge der Eidgenos-senalsUntertanengebietunterSchweizerHerrschaft.1798endetedieser Status, als Napoleon in der Helvetik den Kanton Luganoschuf. Fünf Jahre später wurde die Region Lugano Teil des nunvollwertigen Schweizer KantonsTessin.

    Die napoleonischen Wirren und der Wiener Kongresszementierten die jahrhundertealte Sonderstellung von Campione.Drei Anläufe, um die Enklave der Eidgenossenschaft anzuschlies-sen, scheiterten. Im Jahr 1800 und dann nochmals während des

    Europa

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    ( B i l d : G u n n a r K n e c h t e l / L a i

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    Wiener Kongresses versuchte das Tessin, durch GebietsabtauschdenAnschlussvonCampioneandieSchweizzuerreichen.Die En-klavesolltedabeigegendasabgelegeneTessinerBergdorf Indeminian der italienischen Grenze oberhalb von Luino getauscht werden.Das Vorhaben scheiterte aber an den Einwohnern von Campione,die in einer Volksbefragung den Handel ablehnten.1848 waren esdann die Campionesi,die angesichts des ersten italienischen Unab-hängigkeitskriegs den Anschluss an die Schweiz suchten. DiesmallehntendiesaberdieEidgenossenab,umihreNeutralitätindiesemKrieg nicht aufs Spiel zu setzen. 1861, als die Lombardei – unddamitCampione–TeildesKönigreichsItalienwurde,erreichtedieSchweiz immerhin,dass das Campione gegenüberliegende Seeufer,das bis dahin ebenfalls zur Enklave gehört hatte, ihr zugeschlagenwurde.ImGegenzugerhieltCampionefreienZugangzumSchwei-zer Markt. Dieser Gebietsabtritt – zusammen mit dem bereits1848 erö neten Damm von Melide – ermöglichte es, dass in denfolgenden JahrendieBahnlinie Lugano–Chiassoauf reinschweize-rischem Gebiet gebaut und 1874 erö net werden konnte.

    Noch einmal kam Campione in der ersten Hälfte des20.Jahrhunderts in den Strudel der europäischen Machtpolitik.Inseinem Bestreben, Campiones Zugehörigkeit zu Italien zu unter-

    NZZ-INFOGRAFIK /ekl.2 Kilometer

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    8 Samstag, 5. März 2016Neue Zürcher Zeitung

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

    9/70

    INTERNATIONAL 9Samstag, 5.März 2016 Neuö Zür cör Zäitung

    Eine Mörderin mit Kopftuch Die Tötung eines Kleinkindes durch eine usbekische Kinderfrau löst in Russland hitzige Debatten aus

    Eine abscheuliche Bluttat inMoskau befeuert die Migrations-debatte. Nationalisten nutzenden Fall, um Stimmung gegenZentralasiaten zu machen. Dasstaatliche Fernsehen berichtetderweil gar nicht über den Mord.

    DANIEL WECHLIN, MOSKAU

    Ein Kindermord hat in Moskau eineDebatte ausgelöst, die der Kreml nichtwollte. Am Anfang stand die Verhaf-tung einer 38-jährigen Usbekin. Sie waram Montag im Nordwesten der russi-schenHauptstadt bei einerMetrostationmit dem Kopf eines ermordeten Klein-kindes aufgetaucht, rief «Allahu akbar»und drohte,sich in die Luftzu sprengen.Die Staatsanwaltschaft hat am Freitagformell Anklage wegen Mord gegen dieGastarbeiterin aus der früheren Sowjet-republik Usbekistan erhoben.

    Debatte um Einwanderung

    Sprengstoffwurde beider Frau nicht ge-funden, aber russische Nationalistennutzen den Fall nun, um gegen Zentral-asiaten zu hetzen. Die KommunistischePartei entwarf ein fragwürdiges Ver-botsschild, um im Internet für eine ver-schärfte Einwanderungspolitik zu wer-ben. Das Poster zeigt eine Frauengestaltmit schwarzem Kleid und Kopftuch. Inder rechten Hand streckt die Figur demBetrachter einen vom Rumpf abge-trennten Kopf entgegen.

    Die Kampagne der Kommunistengeht anderen Politikern zu weit. DerDuma-Abgeordnete Oleg Pacholkowvon der Partei Gerechtes Russland warf den Kommunisten die politische Instru-mentalisierung der Bluttat vor. Ersprach von einer «direkten Anstiftungzu ethnischem Hass» und forderte denGeneralstaatsanwalt zum Handeln auf.Inzwischen haben dieKommunisten dasstilisierte Verbotsschild von ihrer Web-site entfernt. Die Debatte über Migra-tion dürfte damit aber nicht zu Endesein. Nicht zum ersten Mal werden in

    Russland – nicht nur von dem Kommu-nisten – eine Visumspflicht für Bürgeraus den ehemaligen SowjetrepublikenZentralasiens, die Einführungfixer Aus-länderquoten oder strikte Einreisesper-ren für Kriminelle gefordert.

    Vorwurf der Zensur

    Russland ist aufgrund seiner alterndenGesellschaft und schrumpfenden Bevöl-kerung dringend auf Zuwanderung undausländische Arbeitskräfte angewiesen.Dochein ohnehinschon scharfesMigra-

    tionsgesetz, korrupte Behörden sowieeine schwelende, aber weit verbreitete

    Fremdenfeindlichkeit belasten das Ver-hältnis zu den Migranten und drängenviele in die Illegalität ab. Im Jahr 2015hielten sich bei einer Gesamtbevölke-rungvon 143Millionenrund 11,6Millio-nen Migranten in Russland auf. EinDrittelvonihnenstammteausdem mus-limisch geprägten Zentralasien. DerGrossteil arbeitet im Billiglohnsektor.

    Die Usbekin war als Kinderfrau beieiner Familie angestellt, die ihr ein vier- jähriges, behindertes Mädchen anver-traute. Im Internet tauchte mittlerweileein Video auf, in dem die Frau ihre Tateingestand und sie als Rache dafür be-zeichnete, dass Präsident Wladimir Pu-tin Syrien mit Flugzeugen bombardiere.Wann undwie dasVideogedreht wurde,ist unklar. Angeblich soll es Teil einerVernehmung sein. Die Frau machteeinen verwirrten Eindruck. In Medien-berichten wurde ihrVater zitiert,der umVergebung bat und sagte, seine Tochtersei schon wiederholt in psychiatrischerBehandlung gewesen,weil sie «Stimmenim Kopf» gehört habe. Die MoskauerErmittlungsbehörden warnten vor vor-eiligen Schlüssen. Zudem wiesen sieMedienberichtezurück,wonachim Mo-biltelefon der Kinderfrau Kontakte zuExtremisten gefunden worden seien.

    Zu reden gibt auch die Berichterstat-tung über die Bluttat. Online, in Boule-vardmedien, aber auch in renommiertenBlättern wurden sofort die von Passan-ten mit ihrenHandy-KamerasgedrehtenAufnahmen vor der Metrostation ver-öffentlicht und, wie in Russland üblich,

    Name und Herkunft der Tatverdächti-gen publiziert. Die staatlichen TV-

    Kanäle schwiegen derweil überden Fall.DieZeitung «RBK» berichtete, dass derKreml die Sender angewiesen habe,nicht über den Fall zu berichten. DiesdementiertePutins SprecherDmitriPes-kow. Die Sender hätten selbst entschie-den, keine «Verrückten» zu zeigen. Erteile aber diese Entscheidung. Darin er-hielt er Unterstützung von prominentenJournalisten wie Wladimir Posner. Esmüsse nicht immer alles gezeigt werden,wie dies auch der Umgang mit Verbre-chen in anderen Ländernbelege, lauteteder Tenor.Andere erklärten das Schwei-gen mit der Furcht vor ethnisch moti-vierten Ausschreitungen in Moskau.

    Gift und Galle

    Teile der Opposition, etwa Kreml-Kriti-ker Alexei Nawalny, sprachen indessenvonZensur.Gleichzeitigwarnteer davor,die Bluttat per se mit dem Islam gleich-zusetzen. In den sozialen Netzwerkenwar die Rede davon, dass die Staats-medien versuchten, negative Schlag-zeilen im Zusammenhang mit der russi-schen Syrien-Intervention zu unterdrü-cken. Auffallend ist, dass die staatlichenFernsehkanäle keine Zurückhaltungkannten, als sieetwa die Propagandalügeüber die Kreuzigung eines Buben in derOstukraine verbreiteten oder die erfun-deneVergewaltigungeines russlanddeut-schen Mädchens in Berlin zum Anlassnahmen, Gift und Galle gegen die euro-päische Migrationspolitik und liberaleGesellschaftsformen zu spucken.

    Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Usbekin. MAXIM SHEMETOV / REUTERS

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    Sein ganzes Wirken und Schaffen galt bis zum Schluss seiner Familie, demUnternehmen und seinen Mitarbeitenden.

    Wir trauern um

    Umberto Erculiani9. Juni 1931 bis 25. Januar 2016

    Mit Visionen und Herzblut engagierte er sich als charismatischer Eigentümer und prägte entscheidend die Unternehmenskultur. Wir schätzten ihn alsFührungspersönlichkeit und Firmenlenker sowie als grosszügigen Menschen und

    Ratgeber.Er wird uns fehlen.

    Grand Hotel National AGVerwaltungsrat, Geschäftsleitung und Mitarbeitende

    CH-6006 Luzern, im März 2016

    Die Trauerfeier fand auf Wunsch des Verstorbenen im engen Familienkreis statt.

    Anstelle von Blumenspenden unterstütze man unter dem Vermerk«Umberto Erculiani»: Seraphisches Liebeswerk Antoniushaus/SpendenkontoAntoniushaus Solothurn, PK 45-676-1, IBAN CH73 0900 0000 4500 0676 1.

    Das Leben vergeht, die Erinnerung bleibt.

    Traurig nehmen wir Abschied von meiner lieben Mu er, unserer Grossmu er,Urgrossmu er und Tante

    Elsbeth Maurer-Müller27. Juni 1926 bis 3. März 2016

    Nach einem zufriedenen und reich erfüllten Leben wurde sie von ihren zunehmenden undgeduldig ertragenen Altersleiden erlöst. Friedlich dur e sie in der P egeabteilung desTer anums Zollikerberg für immer einschlafen.

    Wirdankendem engagierten Personal fürdie liebevolleP ege undBegleitung. Wirsind sehrfroh, dass sie sich während der letzten Lebensjahre im Ter anum geborgen fühlen dur e.

    In Liebe und Dankbarkeit

    Barbara Hofer-Mauer und Markus JollerAndrea Hofer und Thomas HeineDaniela und Thomas Rinderknecht-Hofer mit Lukas und Janund Verwandte

    Auf Wunsch der Verstorbenen ndet die Beisetzung im engsten Familienkreis sta .

    Diese Anzeige gilt als Leidzirkular.

    Zürich, 4. März 2016

    Wir trauern um unseren

    Heinz Pletscher Ehemaliger Zentralpräsident des Schweizerischen Baumeisterverbands

    Er ist am 29. Februar 2016 im 79. Altersjahr gestorben.

    Heinz Pletscher stand dem Schweizerischen Baumeisterverband von 1993 bis 2002 alsZentralpräsident vor. Er hat sich mit grossem Engagement für die Belange unseres

    Verbandes sowie das gesamte Baugewerbe eingesetzt. Mit seinem Wirken hat erwesentlich zur Weiterentwicklung des Schweizerischen Baumeisterverbands und desBauhauptgewerbes beigetragen. Heinz Pletscher hat sich dadurch vielfältige Verdiensteerworben.

    Wir alle, die ihn als Partner, Kollegen und Unternehmer kannten, werden ihn ehrend inErinnerung behalten.

    In stiller Trauer

    Schweizerischer BaumeisterverbandZentralvorstand und Direktion

    Die Trauerfeier ndet am Samstag, 12. März 2016, um 13.30 Uhr in der Kirche Schleitheim statt(Parkmöglichkeiten beim Schulhaus und bei der Badi). Sie sind herzlich

    zum anschliessenden Leidmahl eingeladen. Die Urnenbeisetzung ndet im engsten Familien-und Freundeskreis auf dem Friedhof Schleitheim statt.

    Anstelle von Blumenspenden ist die Unterstützung der gemeinnützigen Organisationen«Parkinson Schweiz» (PK 80-7856-2 / Vermerk: Heinz Pletscher / Forschung)oder «Stiftung Kinderkrebsforschung Schweiz» (PK 45-9876-3) empfohlen.

    Wir trauern um meinen lieben Gatten, unseren Vater, Grossvater und Schwiegervater

    Dr. iur. Peter Bürki-SteinerFürsprecher

    16. September 1930 bis 1. März 2016

    Er hat uns nach langer, mit grossem Mut und Geduld ertragener Krankheit für immerverlassen. Wir werden ihn als treu besorgten Ehemann, Vater und liebenswürdigenFreund stets in bester Erinnerung behalten.

    Peter Bürki war ein grosser Musikliebhaber. Anstelle einer Abdankung wünschte ersich ein Gedenkkonzert. Dieses ndet Mittwoch, 16. März 2016, um 16.00 Uhr in derreformierten Kirche in Meilen statt.

    Es spielt für Sie das Quatuor Perpsycordes. Anschliessend treffen wir uns zum Gedan-kenaustausch in der Parkresidenz Tertianum in Meilen.

    In stiller Trauer:

    Marianne Bürki-SteinerFranziska Barth mit Nathalie und Lukas, Michael Kalte eiterAnnette Bürki mit MelanieLiselotte und Walter Riesen-BürkiBarbara Bürki und Frank Hocke mit Connor

    Die Urnenbeisetzung ndet im engsten Familienkreis statt.

    Traueradresse: Marianne Bürki-Steiner, Dorfstrasse 38, 8706 Meilen

    Statt Blumen gedenke man Médecins Sans Frontières, PK 12-100-2, UBS SA,CH (Schweiz)-1211 Genève 2, Konto: 240-376066.00Q, IBAN: CH18 0024 0240 3760 6600Q,BIC: UBSWCHZH80A (Vermerk: Peter Bürki).

    Traueradresse: Vreni Germann-MeyerKlosbachstrasse 1508032 Zürich

    In grosser Trauer und in Liebe nehmen wir Abschied von

    Els Tschupp-van GastelDipl. Architektin ETH

    20. Februar 1929 bis 1. März 2016

    Nach kurzer Krankheit durfte sie friedlich einschlafen.Wir verlieren in ihr eine wunderbare und liebenswerte Freundin.

    Wir danken den Ärzten und dem P egepersonal der Klinik Hirslanden und des Tertianums Segeten für die liebevolle und kompetente P ege.

    Dank geht an alle Verwandten und Freunde, die Els Tschupp in ihrem Leben Guteserwiesen haben und ihr beigestanden sind.

    Im Namen ihrer Freundinnen und Freunde: Vreni Germann-Meyer undEsther Schoellkopf SteigerFamilien Tschupp in Zürich und Graubünden

    Die Gedenkfeier ndet statt am Donnerstag, 24. März 2016, um 15.00 Uhrim Musiksaal des Stadthauses Zürich, Stadthausquai 17, 8001 Zürich.

    Anstelle von Blumenspenden gedenke man der Stiftung Mühlehalde Zürich, PK 80-21096-3,oder der Schweizerischen Stiftung für Taubblinde, Langnau a. Albis, PK 80-9944-5.

    Wende Dein Gesicht der Sonne zu,dann fällt der Schatten hinter Dich.

    (Maori)

    BESTATTUNGEN UND BEISETZUNGEN

    StadthausStadthausquai 17, 8001 ZürichTelefon 044 412 31 78www.stadt-zuerich.ch/bestattungsamt

    Friedhof-Öffnungszeiten:1. 3. 2016 bis 30. 4. 2016, 7.00–19.00 Uhr

    Bestattungen und Beisetzungenvom Montag, 7. März 2016Muri-Niklos, Peter, Jg. 1941, von Zürich,Gatte der Muri geb. Niklos, Maria, 8057Zürich, Gorwiden 2. – 14.00 Uhr Urnenbei-

    setzung im Friedhof Nordheim, anschlies-send Abdankung in der FriedhofkapelleNordheim.Theissl geb. Stöckli, Ruth Irene, Jg. 1945,von Zürich und Tägerig AG, 8038 Zürich,Paradiesstrasse 45. – 14.00 Uhr Ab-schiedsfeier in der Friedhofkapelle Üetli-berg.

    Bestattungen und Beisetzungenvom Dienstag, 8. März 2016Feuz geb. Schlegel, Emma Dorothea, Jg.1932, von Lauterbrunnen BE, verwitwetvon Feuz-Schlegel, Gottfried, 8003 Zürich,Zweierstrasse 138. – 10.30 Uhr Urnenbei-setzung im Friedhof Sihlfeld D, anschlies-

    send Abdankung in der FriedhofkapelleSihlfeld D.Gmür, Peter Karl, Jg. 1957, von Luzern,8003 Zürich, Erlachstrasse 39. – 11.15 UhrUrnenbeisetzung im Friedhof Sihlfeld D.Olmo, Marie-Louise, Jg. 1936, von Zürich,8049 Zürich, Ottenbergstrasse 12. – 14.00Uhr Erdbestattung im Friedhof Manegg,anschliessend Abdankung in der Friedhof-kapelle Manegg.Sywähl geb. Lang, Elisabeth, Jg. 1932,von Zürich und Benken SG, verwitwet vonSywähl-Lang, Arthur Albert, 8051 Zürich,Hirzenbachstrasse 85. – 10.30 Uhr Urnen-beisetzung im Friedhof Schwamendingen,anschliessend Abdankung in der röm.-kath.Kirche St. Gallus.

    Annahmezeitenfür Traueranzeigen und Zirkulare

    Schriftliche AufgabeMittels E-Mail oder Fax bis spätestens17.30 Uhr am Vortag der PublikationE-Mail:inserate nzz.chFax: 044 258 13 70

    Telefonische Auskünftewährend der Bürozeiten9.00 – 18.00 Uhr, Tel. 044 258 11 11

    Persönliche AnnahmeNZZ-Shop:Montag bis Freitag 9.00 – 17.30 UhrFalkenstrasse 11 / Ecke Schillerstrasse8008 ZürichNZZ-Empfang:Sonntag 14.00 – 17.30 UhrFalkenstrasse 11, 8008 ZürichTel. 044 258 11 11

    Samstag geschlossen

    Trauerzirkulare

    Aufträge, die bis 14.00 Uhr bestellt werden, sind noch gleichentags abholbereit Sofortige Couvert-Mitnahme möglich

    10 Samstag, 5. März 2016Neue Zürcher Zeitung

  • 8/20/2019 Neue Zürcher Zeitung

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    INTERNATIONAL 11Samstag, 5.