40
6. Jahrgang . 5/6 Mai/Juni 2015 Zeitschriſt für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaſt Rohstoffe und chemische Industrie ROHSTOFFE – BAUSTOFFE . CHEMIE – PAPIER – ZUCKER . HANDWERK Memorandum zum Arbeitsschutz im türkischen Bergbau Der BG RCI-Förderpreis 2015 Unterweisung: Spannend, effizient und nachhaltig Neuer Trainings-Turm Absturzprävention

Neuer Trainings-Turm Absturzprävention · Quecksilber, Arsen, Benzol, Nitro- oder Ami-noverbindungen, Schwefelkohlenstoff so-wie Hautkrebs durch Ruß, Erkrankungen durch Röntgenstrahlen

  • Upload
    others

  • View
    15

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • 6. Jahrgang . 5/6 Mai/Juni 2015

    Zeitschrift fr Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie

    ROHSTOFFE BAUSTOFFE . CHEMIE PAPIER ZUCKER . HANDWERK

    Memorandum zum Arbeitsschutz im trkischen BergbauDer BG RCI-Frderpreis 2015

    Unterweisung: Spannend, effizient und nachhaltig

    Neuer Trainings-Turm Absturzprvention

  • EditorialLiebe Leserin, lieber Leser!

    Glck, Zufriedenheit, Lebensqualitt? Gern berraschen uns die Medien mit immer neu-en Erkenntnissen, wie es um unser Lebens-glck bestellt ist. Noch berraschender sind die Kriterien, mit denen man unseren Zufrie-denheitsquotienten zu erfassen sucht. Hand-feste Faktoren, die die heutige Qualitt unse-rer sozialen Sicherung ausmachen, geraten dabei selten in den Blick oder werden still-schweigend vorausgesetzt.

    Aber nicht nur die Medien, wir selbst nehmen so manche Errungenschaft als selbstverstnd-lich, um die vor drei, vier Generationen noch erbittert gerungen wurde. Denken wir an das Beispiel der Absicherung gegenber Berufs-krankheiten. Ursprnglich, als die gesetzliche

    Unfallversicherung ins Leben gerufen wurde, ging es allein um die Absicherung gegenber Arbeitsunfllen. Erst Jahrzehnte spter folgten zaghafte Versuche, die Berufskrankheiten in die Unfallversicherung einzubeziehen.

    Die vormalige Berufsgenossenschaft der che-mischen Industrie war eine der wenigen, die sich dafr einsetzte: An der Frage der Ent-schdigung gewerblicher Berufskrankheiten

    ist die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie in besonderem Mae interessiert und zwar insofern, als bei ihr mehr als in den meisten anderen Industrien gewerbliche Er-krankungen vorkommen drften, meldete sie an das damalige Reichsversicherungsamt. Doch es dauerte mehr als ein weiteres Jahr-zehnt, bis es zur erstenBerufskrankheitenver-ordnung kam.

    Mit ihr wurde eine Reihe gewerblicher Be-rufskrankheiten den Arbeitsunfllen gleich-gestellt. Es handelte sich um Erkrankungen durch bestimmte Stoffe wie Blei, Phosphor, Quecksilber, Arsen, Benzol, Nitro- oder Ami-noverbindungen, Schwefelkohlenstoff so-wie Hautkrebs durch Ru, Erkrankungen durch Rntgenstrahlen sowie den Grauen Star bei Glasblsern. Im Bergbau wurde die Wurmkrankheit der Bergleute entschdigt, im Erzbergbau in Sachsen die Schneeber-ger Lungenkrankheit, eine durch radioakti-ve Strahlung hervorgerufene Lungenkrebser-krankung, die spter im Uranerzbergbau noch groe Bedeutung erlangen sollte.

    Die Leistungen im Fall einer Berufskrankheit entsprachen denen im Falle eines Unfalls. hnlich wie bei einem Unfall musste der Nach-weis erbracht werde, dass ein urschlicher Zusammenhang zwischen der schdigenden Einwirkung und der Erkrankung bestand.

    Analog zu den Unfallverhtungsvorschriften erlieen die Berufsgenossenschaften nun auch Krankheitsverhtungsvorschriften. Die-se regelten neben Vorsorgeuntersuchungen auch die Einrichtung der Arbeitsrume, die

    Bereitstellung von Waschgelegenheiten, Ar-beitsschutzmitteln und Arbeitskleidung fr gefhrdete Beschftigte. An Krankenhusern wurden erste Abteilungen fr Berufskrankhei-ten eingerichtet.

    Die erste Berufskrankeitenverordnung sie wurde am 12. Mai 1925 verabschiedet. Das ist 90 Jahre her und Anlass genug, sich der Anfnge zu erinnern. Aus den ursprnglich elf Berufskrankheiten sind inzwischen 77 geworden, darunter seit 1929 die Silikose, die sich bald zur hufigsten Berufskrankheit entwickelte. Die Berufsgenossenschaften ver-strkten die Prvention auf diesen Gebieten und grndeten Forschungsinstitute, deren Nachfolgeeinrichtungen, wie das heutige In-stitut fr Prvention und Arbeitsmedizin (IPA) in Bochum, sich mit modernster Ausstattung den aktuellen wie den zuknftigen Herausfor-derungen in der Prvention stellen.

    Die Entschdigung von Berufskrankheiten, ihre Verhtung und die umfassende Rehabi-litation von Erkrankten sind elementare Bau-steine der sozialen Sicherung in Deutschland. Sie sind ein herausragender Beitrag zur Si-cherung der Lebensqualitt der Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter in unseren Mitgliedsun-ternehmen wie in der gesamten gewerblichen Wirtschaft.

    Ihr

    Thomas KhlerSprecher der Geschftsfhrung

    2

    BG RCI.magazin 5/6 2015EDITORIAL

  • Euroquarz GmbH, DorstenErneut mit dem BG RCI-Gtesiegel ausgezeichnet 28

    Arbeitssicherheit im trkischen BergbauKooperation vereinbart 29

    06. 10. September 2015International Mines Rescue Body Conference in Hannover 31

    Gtesiegel Sicher mit SystemBBM Firmengruppe erneut ausgezeichnet 31

    21. 22. September 2015, Heidelberg4. Symposium Gefahrstoffe am Arbeitsplatz: Probenahme Analytik Beurteilung 32

    RezensionNanowerkstoffe in der Praxis 33

    Lbecker Kunststoffwerk GmbH1.000 Tage unfallfrei ein Verdienst aller Beschftigten 33

    BrandheiBrandschutz in kleinen Betrieben 34

    Umgang mit Airbag und Gurtstraffern1000. Seminarteilnehmer geehrt 35

    Berichte und Informationen BG RCI mit neuen SeminarangebotenUnterweisung: Spannend, effizient und nachhaltig 36

    Neue Studenten gesuchtMaster-Studiengang Management Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 37

    Neue Schwerpunktaktion zur VerkehrssicherheitBleib fair auf Autobahn und Landstrae!Reise zur Fuball-EM 2016 zu gewinnen/ Alle Prventionsmaterialien im Internet 38

    2014 kein weiterer Rckgang bei Arbeitsunfllen 40

    Impressum 40

    BlickpunktEditorial 2

    Glnzende Ideen ausgezeichnet!BG RCI vergibt Deutschlands hchst dotierten Arbeitsschutzpreis 4

    Frderpreis 2015 6

    Trainings-Turm AbsturzprventionGanzjhriges witterungsunabhngiges Training fr Hhenrettung und Absturzprvention 14

    Azubis finden Wettbewerb coolInternet-Sieger und Finalisten im Teamwett - bewerb stehen fest 16

    No risk no fun?Pokern Sie nicht mit Gefahren sondern mit einem neuen Kartenspiel! 17

    Aus dem realen Unfallgeschehen lernenTdlicher Unfall beim Flexen eines vermeintlich leeren Fasses 18

    Zentrale Expositions datenbankNeues Angebot erleichtert Betrieben Dokumentation nach Gefahrstoffverordnung 19

    Schlema VIII bergnge gestaltenSozio-konomische Aspekte angesichts von Toleranzkonzentrationen und abgesenkten Grenzwerten 20

    Initiative Neue Qualitt der ArbeitNeue Frderrunde erffnet 25

    Gesetzliche Unfallversicherung G7-Beschluss zu Vision Zero Fund 25

    Neue TermineForum protecT 2015/2016 25

    Aus der PraxisKnauf Gips KG, NiederauemDas A-Team 26

    Kann GmbH Baustoffwerke, Frstenfeldbruck1.000 Tage unfallfrei! 28

    Titelbild: Neu in Leipzig: Witterungsunabhngiges Training fr Hhenrettung und Absturzprvention (S. 14). Foto: bgrci/Peter Eichler

    3

    5/6 2015 BG RCI.magazin INHALT

  • BG RCI.magazin 5/6 2015BLICKPUNKT

    44

    Glnzende Ideen ausgezeichnet!

    BG RCI vergibt Deutschlands hchst dotierten Arbeitsschutzpreis

    Langsam wurden die Lichter im Mozartsaal der Alten Oper zu Frankfurt am Main gedmmt. Musik erklang. Der Trailer lief an: Am Anfang jeder Vernderung steht die Idee. Die Spannung stieg. Denn endlich war es soweit: Der begehrte Arbeitsschutz-Oscar der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie wurde wieder einmal verliehen.

    Der Frderpreis Arbeit - Sicherheit - Gesund-heit wurde in diesem Jahr zum 18. Mal ver-geben. Mit einer Gesamtgewinnsumme von 100.000 Euro ist er der hchstdotierte Ar-beitsschutzpreis in Deutschland. An dem Wettbewerb 2015 haben deutschlandweit 689 Frauen und Mnner mit 279 Beitr-gen teilgenommen. Fr ihre kreative Arbeit erhielten nun 51 von ihnen 17 Frder- und Sonderpreise. Das Besondere: der Preis ist personengebunden und geht direkt an die innovativen Kpfe in den Unternehmen.

    Seit 1997 haben sich rund 12.000 Men-schen aus ber 4.000 Betrieben mit mehr

    als 6.000 Ideen an dem Wettbewerb betei-ligt. Er stand in diesem Jahr unter dem Motto Sicherheit auf allen Wegen und wurde am 24. April 2015 verliehen.

    Ihre Ideen tragen dazu bei, Menschenleben zu retten und Leid zu verhindern, wrdig-te Dr. Christoph Hommertgen, Vorsitzender der Vertreterversammlung der BG RCI, die Preistrgerinnen und Preistrger in seiner Laudatio. Damit htten sie einen wesentli-chen Beitrag geleistet zur erfolgreichen Um-setzung der BG RCI-Prventionsstrategie Vi-sion Zero. Null Unflle gesund arbeiten! Ziel von Vision Zero ist es, dass niemand

    bei der Arbeit verletzt, gettet, so schwer verletzt wird oder erkrankt, dass er oder sie lebenslange Schden davontrgt.

    Eine Initiative wie der Frderpreis braucht Menschen, die die Dinge nicht als gege-ben oder unvernderlich hinnehmen, son-dern die Chancen einer Optimierung hin zu mehr Sicherheit und Gesundheit erkennen und entsprechend handeln, verdeutlichte Wolfgang Daniel, Vorstandsvorsitzender der BG RCI. Schlielich knne Arbeitssicher-heit nicht verordnet werden. Das Ziel von null Unfllen sei nur zu erreichen, wenn Menschen wie Sie sich mit Esprit, Weit-

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    555

    sicht und Verantwortungsgefhl unserer gemeinsamen Sache annehmen, dank-te Daniel den Auszuzeichnenden fr ihr Engage ment.

    Machen Sie doch, was Sie wollen laute-te der Titel des Festvortrags von Dr. Maja Storch, wissenschaftliche Leiterin des In-stituts fr Selbstmanagement und Motiva-tion Zrich. Sie beleuchtete spritzig und amsant das Thema Selbstmanagement und damit die Frage, warum Wollen und Tun so oft im Widerspruch zueinander stehen. Grund sei, dass unser emotiona-les Erfahrungsgedchtnis, also das Unbe-wusste oder Bauchgefhl, meist ber die Vernunft und den Verstand siegen wrde. Arbeitssicherheit scheitere, so Dr. Storch, daher oftmals daran, dass die in Aussicht genommenen Manahmen als uncool oder zu langwierig empfunden wrden oder der Chef sie auch nicht befolge. Arbeitsschutz muss Spa machen und kann nur dann ge-lingen, wenn Kopf und Bauch im Einklang miteinander sind. Die Preistrger des Fr-derpreises seien das beste Beispiel dafr, dass dies erfolgreich gelingen knne, so Dr. Maja Storch.

    Erstmals in diesem Jahr gab es zwei bran-chenbergreifende Frderpreise. Ausge-zeichnet wurden zwei Mitarbeiter der Total Bitumen Deutschland GmbH, Brunsbttel fr ihre Idee der Optimierung der Trans-portsicherheit bei Gefahrgut sowie zwei

    Beschftigte der Firma Streeprotec, Mari-enhausen, fr den von ihnen entwickelten Auslaufschutz fr Betonrutschen.

    Fahrmischer liefern den Beton zu den Bau-stellen. Dort wird er ber eine fest mit dem Fahrzeug verbundene Rutsche entladen. Oft-mals bleiben dabei Betonreste auf der Rut-sche, die dann die Strae verschmutzen und somit eine Verkehrsgefhrdung darstellen knnen. Michael und Alexandra Grbe von Streeprotec haben einen Auslaufschutz fr Betonrutschen entwickelt, der genau dies verhindert. Fr diesen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit verlieh ihnen die Jury den branchenbergreifenden Frderpreis Sicherheit auf allen Wegen der BG RCI.

    Die Total Bitumen Deutschland GmbH pro-duziert am Standort Brunsbttel verschie-dene Bitumensorten fr den Straenbau. Dabei werden pro Jahr ca. 20.000 Tank-kraftwagen-Transporte (TKW) durchgefhrt. Die Verladung und der Transport des rund 200 C heien Materials erfolgen ber ex-terne Speditionsfirmen.

    Jrg Bley und Stefan Pein haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie die si-chere Befrderung vom Werk zum Kunden gewhrleistet werden kann. Sie hatten die Idee, unter den TKW-Fahrern einen Sicher-heitswettbewerb zu etablieren. Der Erfolg kann sich sehen lassen: die rund 40.000 Be- und Entladungen im letzten Jahr ver-

    liefen unfallfrei! Fr ihre Optimierung der Transportsicherheit bei Gefahrgut verlieh ihnen die Jury den zweiten branchenber-greifenden Frderpreis der BG RCI.

    Unflle und Berufskrankheiten sind nicht schicksalhaft. Sie haben Ursachen, und die lassen sich durch Engagement und prven-tive Manahmen verhindern, hatte Thomas Khler, Sprecher der BG RCI-Geschftsfh-rung, bei der Festveranstaltung am Vor-abend der Preisverleihung festgestellt. Die Preistrgerinnen und Preistrger htten mit ihren Ideen einen aktiven Beitrag dafr ge-leistet, Arbeitspltze sicherer und gesnder zu machen. Damit tragen Sie dazu bei, das Ziel null Unflle und Berufskrankheiten zu erreichen.

    Neben dem branchenbergreifenden Fr-der- und Sonderpreis vergaben die sechs Branchen der BG RCI Baustoffe - Stei-ne - Erden, Bergbau, Chemische Industrie, Lederindustrie, Papierherstellung und Aus-rstung sowie Zucker noch jeweils einen branchenspezifischen Frderpreis und bis zu zwei Sonderpreise.

    Die ausgezeichneten Arbeiten stellen wir in dieser und den nchsten Ausgaben des BG RCI.magazins ausfhrlich vor. Weitere Informationen finden Sie unter www.bgrci-foerderpreis.de Ulrike Jansen, BG RCI, Heidelberg

    Die Gewinner des Frderpreises Arbeit Sicherheit Gesundheit 2015 der BG RCI wurden am 24. April in Frankfurt geehrt. Fotos: bgrci/Armin Plger

  • 66

    BG RCI.magazin 5/6 2015FRDERPREIS 2015

    Branchenbergreifender BG RCI-Frderpreis 2015

    Alexandra Grbe, Michael Grbe Unternehmen: Streeprotec, Marienhausen

    Auslaufschutz fr Betonrutschen

    berall, wo gebaut wird, begegnet man ih-nen den Fahrmischern. Sie liefern den Baustoff Beton zu den Baustellen. Vor Ort wird der Beton ber eine fest mit dem Fahr-zeug verbundene Rutsche entladen. Nach dem Entladen verbleiben hufig Betonreste auf dieser Rutsche.

    Die Reste drfen bei der Weiterfahrt des Betonmischers nicht auf die Strae gelan-gen. Sie knnen nachfolgende Fahrzeuge verschmutzen oder gar beschdigen und die Griffigkeit des Fahrbahnbelags vermindern. Deshalb sollten die Rutschen eigentlich vor Ort mit Wasser gesubert werden.

    In der Praxis ist dies aus Grnden des Um-weltschutzes oft nicht erlaubt. Damit den-noch eine Verunreinigung der Straen ver-mieden wird, haben Alexandra und Michael Grbe einen Auslaufschutz fr Betonrut-schen entwickelt.

    Er besteht aus Kunststoff und wird mit zwei Laschen und einer fest schlieenden Dicht-lippe am Ende der Rutsche befestigt. Be-tonreste werden dadurch zuverlssig zu-rckgehalten.

    Die BG RCI-Preisjury hat Alexandra und Mi-chael Grbe einen branchenbergreifenden

    Frderpreis 2015 zuerkannt, weil ein effek-tives und kostengnstiges Zubehr entwi-ckelt wurde, das eine Reihe von Vorteilen in sich vereint. Zeitdruck und Sauberkeit schlieen sich nun nicht mehr aus. Die Ver-schmutzung der Straen wird vermieden, ebenso die Gefhrdung anderer Verkehrs-teilnehmer. Der Auslaufschutz stellt damit einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicher-heit dar.

    1 Betonreste knnen auf die Fahrbahn ge-langen und andere Verkehrsteilnehmer gefhrden.

    2 Der Auslaufschutz ist leicht an den Beton-rutschen zu montieren.

    3 Michael Grbe mit dem von ihm und von Alexandra Grbe entwickelten Auslauf-schutz fr die Betonrutschen an Fahrmi-schern.

    Alle

    Fot

    os: b

    grci

    /Arm

    in P

    lge

    r

    1

    3

    2

    Die Preistrger

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin FRDERPREIS 2015

    777

    Branchenbergreifender BG RCI-Frderpreis 2015

    Preistrger: Jrg Bley, Stefan Pein Unternehmen: Total Bitumen Deutschland GmbH, Brunsbttel

    Optimierung der Transportsicherheit bei Gefahrgut

    Die Total Bitumen Deutschland GmbH produ-ziert am Standort Brunsbttel verschiedene Bitumensorten fr den Straenbau. Verladung und Transport erfolgen ber externe Spediti-onsfirmen und deren Fahrer. Der Umgang mit dem ca. 200 C heien Material unterliegt den Gefahrgutbestimmungen. Von Brunsbttel aus werden pro Jahr ca. 20.000 Tankkraftwagen- (TKW-)Transporte durchgefhrt. Daher stellte sich die Frage, wie die sichere Befrderung von der Lade- bis zur Entladestelle beim Kun-den nachhaltig verbessert und dauerhaft ge-whrleistet werden kann. Jrg Bley und Stefan Pein entwickelten die Idee, einen Sicherheits-wettbewerb unter den Tankkraftwagen-Fahrern

    zu etablieren. Ein Punktesystem erfasst dabei alle wichtigen Sicherheitskomponenten. Die Punkte werden anhand verschiedener Katego-rien vergeben: Fragebgen zur Sicherheit, die sichere Abfllung an den Lade- und Entlade-stellen, TKW-Sicherheitskontrollen im Werk, Gefahrgutkontrollen ohne Abweichungen und Vorfallmeldungen.

    Die Auswertung erfolgt jhrlich, und die fnf besten Fahrer erhalten eine Sachprmie und einen Pokal. Die Akzeptanz dieser Initiative unter den Fahrern ist gro. Das beweist nicht nur die stetig steigende Anzahl der Teilneh-mer, sondern auch das Ergebnis mit ca.

    40.000 unfallfrei durchgefhrten Be- und Entladungen im Jahr 2014.

    Die Preisjury hat Jrg Bley und Stefan Pein von der Total Bitumen Deutschland GmbH in Brunsbttel den branchenbergreifenden Fr-derpreis der BG RCI fr die Idee zu diesem Sicherheitswettbewerb unter den TKW-Fah-rern zuerkannt. Der Beitrag berzeugt durch den kreativen Ansatz und die nachhaltige Wirkung. Lsungen, die in positivem Sinne an das Verhalten der Beschftigten anknp-fen, sind beispielhaft und stellen einen wert-vollen Beitrag zur Verbesserung des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes dar.

    1 Die persnliche Schutzausrstung ist ein Muss. Ihre berprfung ist unerlsslich.

    2 Informationsblatt und Checkliste.

    3 Hier werden die Sicherheitseinrichtungen am Fahrzeug berprft.

    4 Stefan Pein und Jrg Bley hatten die Idee zum Wettbewerb unter den Tankkraftwagen-Fahrern.

    Die Preistrger

    1

    2 43

  • 88

    BG RCI.magazin 5/6 2015FRDERPREIS 2015

    BG RCI-Frderpreis 2015: Baustoffe - Steine - Erden

    Preistrger: Siegfried Zipprick, Thomas Koll Unternehmen: Gerstbau Nordhoff GmbH, Leverkusen

    Sicheres Arbeiten auf Systemgersten

    In der Bauindustrie sind Systemgerste ein unverzichtbarer Bestandteil fr sicheres Ar-beiten. berall dort, wo besondere Elemen-te wie Sulen, Balkone oder Nischen die Gleichmigkeit der Gebudehlle unter-brechen, mssen die Gerstbelge entspre-chend angepasst werden. Weit verbreitet ist hier die Nutzung von Holzbohlen verschie-dener Gren, die neben- und bereinander mit Hilfe von Schrauben und Ngeln befes-tigt werden, um einen lckenlosen Belag herzustellen. Aus dieser Vorgehensweise re-sultieren aber Stolperstellen, da die Bohlen nicht hhengleich zu den bereits verlegten Belgen eingebracht werden knnen.

    Zur Abhilfe entwickelten Siegfried Zipprick und Thomas Koll eine Belagtraverse und eine Panzerbelagsicherung. Es handelt sich um einfach konstruierte Sicherungselemen-te aus Stahl, die man im Gerstbau ohne zustzlichen Aufwand einsetzen kann. Sie sorgen fr eine formschlssige und sichere Befestigung der Bodenelemente am Gerst. Sulen, Trger oder andere vertikalen Ele-mente knnen nun frei von Stolperkanten und Lcken umbaut werden.

    Die Jury hat Siegfried Zipprick und Thomas Koll den Frderpreis 2015 der Branche Bau-stoffe - Steine - Erden zuerkannt, weil hier

    mit zwei einfachen Sicherungselementen die typischen Gefahren bei der Nutzung von Gersten beraus effektiv vermieden wer-den. Die ebene Arbeitsflche gewhrleistet, dass Stolpern und Strzen auf Gersten der Vergangenheit angehren.

    1 Bisher ein Schwachpunkt beim Einsatz von System-gersten: Bei Aussparungen oder runden Baukrpern werden Bohlen zum Abdecken von ffnungen einge-setzt.

    2 Durch die neu entwickelte Belagtraverse sind ff-nungen im Gerstbelag ohne Stolperstellen und die Gefahr des Verrutschens gesichert.

    3 Die Panzerbelagsicherung fixiert die Bodenbelge zu-verlssig an ihrem Platz.

    4 Siegfried Zipprick (l.) und Thomas Koll (r.) mit den von ihnen entwickelten Bauteilen Belagtraverse und Panzerbelagsicherung, die das Arbeiten auf System-gersten noch sicherer machen.

    1

    3

    2

    4

    Die Preistrger

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin FRDERPREIS 2015

    999

    BG RCI-Frderpreis 2015: Bergbau

    Preistrger: Wolfgang Sieling, Jrgen Radick Unternehmen: K+S KALI GmbH, Werk Werra, Grube Hattorf-Wintershall

    Mobile Anschlageinrichtung fr PSA gegen Absturz zur Nutzung von GebirgsankernIm Kali- und Salzbergbau werden zur Si-cherung der Grubenbaue Gebirgsanker eingesetzt. Diese werden in hoher Anzahl in die Firste eingebracht, um das Lsen und Herabfallen von Salzplatten zu verhindern.

    Eine neu entwickelte Mobile Anschlagein-richtung ermglicht es jetzt erstmals, die vorstehenden Enden der Gebirgsanker als Anschlagpunkt fr Persnliche Schutzaus-rstung (PSA) gegen Absturz zu nutzen. Dazu wird eine mobile und wiederverwendbare Anschlagse auf die Anker aufgeschraubt. Da die Gebirgsanker ohne Hilfsmittel nicht erreichbar sind, wurde gleichzeitig eine

    Aufschraubvorrichtung entwickelt, die ein einfaches und sicheres Montieren von der Sohle aus ermglicht. Die Anschlagse wird von Hand aufgeschraubt und so fest wie mglich gegen die Ankermutter angezo-gen. Ein sogenannter Stpsel zeigt durch Herausfallen an, dass die Anschlagse weit genug aufgeschraubt ist und ausreichend fest sitzt. Die Wirbelfunktion der se ver-hindert anschlieend das unbeabsichtigte Lsen beim Gebrauch. Mit einer Teleskop-stange wird anschlieend ein Karabinerha-ken in die Anschlagse gehngt, um die per-snliche Schutzausrstung gegen Absturz anzuschlagen.

    Wolfgang Sieling und Jrgen Radick von der Grube Hattorf-Wintershall der K+S KALI GmbH hatten die Idee zu der neuen Vor-richtung. In mehrjhriger Arbeit brachten sie die inzwischen geprfte und fr die Ver-wendung als PSA zugelassene Anschlagein-richtung zur Praxisreife.

    Fr diesen wertvollen Beitrag zum Arbeits-schutz, der auch in anderen Bergbauzwei-gen problemlos Anwendung finden kann, hat die BG RCI Wolfgang Sieling und Jrgen Radnick mit dem Frderpreis 2015 der Bran-che Bergbau ausgezeichnet.

    1 Die neue, wiederverwendbare Anschlageinrichtung wird auf die Gebirgsanker aufgeschraubt. Die Anschlagse ist geprft, als persnliche Schutzausrstung gegen Absturz zugelassen und ge-kennzeichnet.

    2 Mit der gleichzeitig neu entwickelten, verlngerbaren Aufschraubvorrichtung wird die wiederver-wendbare Anschlagse von der Sohle aus und von Hand auf die Anker aufgeschraubt.

    3 Die PSA gegen Absturz wird mit einem Karabiner eingehngt. Der herabhngende Stpsel zeigt, dass die Anschlagse weit genug aufgeschraubt ist und sicher sitzt.

    4 Wolfgang Sieling und Jrgen Radick von der Grube Hattorf-Wintershall der K+S KALI GmbH tf-telten drei Jahre an ihrer Idee und brachten die Anschlagse zur Praxisreife.

    Foto

    s 1,

    3 u

    nd 4

    : BG

    RCI

    /Ger

    old

    Soes

    tmey

    er,

    Foto

    2: K

    +S K

    ALI G

    mbH

    Die Preistrger

    1

    4

    2 3

  • 1010

    BG RCI.magazin 5/6 2015FRDERPREIS 2015

    BG RCI-Frderpreis 2015: Chemische Industrie

    Preistrger: Carolin Schmidt, Dirk Meiner Unternehmen: Alufin GmbH Tabularoxid, Teutschenthal

    TAKE 5 Gefhrdungsbezogene ChecklisteDas Unternehmen Alufin GmbH Tabular-oxid beschftigt sich mit der Herstellung und dem Verkauf von gesintertem Alumi-niumoxid. Fr mittelstndische Unterneh-men sind Themen wie Gesundheit, Arbeits-sicherheit, Umwelt, Qualitt und Energie von ganz besonderem Interesse. So betreibt die Alufin GmbH Tabularoxid ein umfassendes und ganzheitliches HSEQEn-Management-system.

    Die relativ hohe Zahl an Arbeitsunfllen hat das Unternehmen erst in den letzten Jahren durch eine konsequente und professionelle Bearbeitung des Themas Arbeitssicherheit auf Null reduzieren knnen. Dabei sollte ein Schwerpunkt auf der konsequenten Durch-fhrung der Gefhrdungsbeurteilung durch jeden Beschftigten vor Aufnahme mgli-

    cherweise gefhrlichen Arbeiten liegen. Im Sinne eines umfassenden Managementsys-tems sollten daneben auch die Aspekte Um-weltschutz und Qualitt Bercksichtigung finden. Rckmeldungen sollten den Verant-wortlichen Hinweise auf Verbesserungsmg-lichkeiten geben.

    Carolin Schmidt und Dirk Meiner, Beschf-tigte des Unternehmens, haben fr diese Anforderungen eine berzeugende Antwort gefunden. Sie entwickelten das inzwischen ganzheitliche System TAKE 5 Gefhr-dungsbezogene Checkliste. Sie umfasst in Form eines Klappblocks, den jeder Be-schftigte bei sich trgt, alle relevanten Fra-gen zu den vorgenannten Themen. Vor der Aufnahme mglicherweise gefhrlicher T-tigkeiten berprfen die Beschftigten, ob

    die Arbeitsaufgabe klar definiert ist, die er-forderlichen Arbeitsmittel und Schutzma-nahmen vor Ort sind und die Ttigkeit ohne Umweltbelastungen und in hoher Qualitt durchgefhrt werden kann. Mittlerweile lie-gen ber 1.000 Rckmeldungen vor.

    Der Beitrag berzeugt durch eine einfache und preiswerte, aber sehr anwendungs-freundliche Gestaltung. Hervorzuheben ist insbesondere der ganzheitliche Ansatz. Kreative und wirtschaftliche Lsungen wie diese sind beispielhaft und ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Jury hat Carolin Schmidt und Dirk Meiner von der Alufin GmbH Tabularoxid deshalb mit dem Frder-preis 2015 der Branche Chemische Industrie ausgezeichnet.

    1 2

    3

    Die Preistrger

    1 TAKE 5: Fnf Minuten fr Gesundheit, Sicherheit, Umwelt, Energie und Qualitt.

    2 Jeder im Werk hat das Booklet in der Tasche.

    3 Carolin Schmidt und Dirk Meiner mit dem TAKE 5-Booklet.

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin FRDERPREIS 2015

    111111

    BG RCI-Frderpreis 2015: Lederindustrie

    Preistrger: Reno Glser, Marcus Dorn Unternehmen: Armstrong DLW GmbH, Bietigheim-Bissingen

    Sicheres Arbeiten am LaborwalzwerkDie Armstrong DLW GmbH ist ein fhren-der Hersteller von elastischen und textilen Bodenbelgen und bietet eine breite Pro-duktpalette fr den Gewerbe- und Objekt-bau. Die Ursprnge des Unternehmens lie-gen ber 100 Jahre zurck. Damals wurden ausschlielich Linoleumbelge hergestellt.

    Inzwischen werden in Bietigheim-Bissingen zum groen Teil Kunststoffe vor allem PVC fr die Herstellung der Bodenbelge ein-gesetzt. Diese werden mit Hilfe von Walzwer-ken, Extrudern oder Kalandern vom Rohstoff bis zum Endprodukt bearbeitet.

    Das Technikum des Unternehmens fhrt re-gelmige Materialprfungen der Produkte durch, arbeitet aber auch an Entwicklungen im Kundenauftrag. Hierfr sind Laborwalz-

    werke im Einsatz, die die Materialien zwi-schen zwei gegenlufig rotierenden Walzen erwrmen, homogenisieren und zu einer Folie auswalzen. Der Walzenspalt bildet eine permanente Einzugsstelle und ist nur schwer abzusichern. Bisher waren hier be-reits Sicherheitseinrichtungen installiert, die den Zugang zur Gefahrstelle aber nicht vollstndig verhindern konnten.

    Gesucht wurde ein System, das diese Ge-fhrdung beseitigt oder auf ein Minimum reduziert, die Arbeit am Walzwerk aber nicht wesentlich beeintrchtigt. In vielfl-tigen Entwicklungsschritten wurde eine Schutzvorrichtung gebaut, die gewhrleis-tet, dass der Maschinenbediener nicht an den Walzenspalt gelangen kann, solange die Maschine luft. Alle Anforderungen an

    die Maschine sind erfllt, auch wurde si-chergestellt, dass eine Reinigung gefahr-los erfolgen kann. Die neue Sicherheitsvor-richtung kann zu diesem Zweck aufgeklappt werden. Dabei wird der Antrieb der Maschi-ne automatisch ausgeschaltet. Das System hat sich inzwischen bewhrt und findet die Akzeptanz der Beschftigten.

    Reno Glser und Marcus Dorn von der Arm-strong DLW GmbH in Bietigheim-Bissingen haben mit ihrer Idee einen wesentlichen Beitrag zu mehr Sicherheit beim Arbeiten an Laborwalzwerken geleistet. Ihnen wur-de dafr der Frderpreis 2015 der Branche Lederindustrie zuerkannt.

    Die Preistrger

    1 Die Schutzeinrichtung stoppt gefahrbringende Bewegung.

    2 Sichere Materialzugabe am umgebauten Walzwerk.

    3 Marcus Dorn (l.) und Reno Glser (r.) an ihrem Walzwerk.

    1

    3

    2

  • 1212

    BG RCI.magazin 5/6 2015FRDERPREIS 2015

    BG RCI-Frderpreis 2015: Papierherstellung und Ausrstung

    Preistrger: Bernd Witzke, Jrgen Siebert Unternehmen: SCA, Werk Witzenhausen, Witzenhausen

    LED-Leisten im Hallenboden bieten Fugngern SicherheitDie SCA in Witzenhausen stellt mit 100 Be-schftigten pro Jahr rund 30.000 Tonnen Toilettenpapier fr die Eigenmarken von Handelsunternehmen her. Das Thema Ar-beitssicherheit stndig im Blick zu halten, Gefhrdungen zu erkennen und zu eliminie-ren, gehrt im Unternehmen und speziell im Werk Witzenhausen zur Alltagsphilosophie.

    Durch verschiedene Initiativen und Aktivi-tten, in die alle Beschftigten einbezogen sind, zum Beispiel durch die Programme Be aware of Safety und Safety Days, werden das Bewusstsein fr das Thema Arbeitssi-cherheit erhht, Probleme erkannt und L-sungsvorschlge entwickelt. Dazu gehren auch die Gefhrdungen im innerbetriebli-

    chen Verkehr. In den Werkshallen werden stndig groe Papierrollen transportiert. Am Ende der Papiermaschine wird das Papier auf Rollen, sogenannte Mutterrollen, aufge-rollt, die bis zu 10 Tonnen wiegen knnen. Diese werden zur Weiterverarbeitung ber weitere Wege transportiert. Wegen der An-ordnung von Tren, Wegen und bergngen passieren jedoch gleichzeitig auch Fugn-ger diese Bereiche.

    Im Werk Witzenhausen wurde mit einer ein-fachen, jedoch sehr wirkungsvollen Idee die Fugngersicherheit optimiert. Bernd Witz-ke, Fachkraft fr Arbeitssicherheit, brach-te in definierten Bereichen im Hallenboden LED-Leisten an. Wie eine Verkehrsampel re-

    gelt jetzt eine Rot-Grn-Schaltung den Fu-gngerverkehr.

    Diese Lsung wurde zusammen mit dem Betriebselektriker Jrgen Siebert umgesetzt und allen Beschftigten, Fremdfirmenmitar-beitern sowie Leiharbeitnehmern zur Kennt-nis gebracht. Sie wird von allen akzeptiert und stellt somit eine einfache und vielfltig bertragbare Lsung dar. Bernd Witzke und Jrgen Siebert wurden dafr mit dem Frder-preis 2015 der Branche Papierherstellung und Ausrstung ausgezeichnet.

    1 2

    3

    Die Preistrger

    1 Verblffend einfach: Die in den Boden eingelassenen LED-Leisten signalisieren klar und deutlich, ob man gehen kann ...

    2 ... oder stehenbleiben muss, weil der Transport der groen Papier-rollen dies erfordert.

    3 Haben Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz immer fest im Blick: Die Preistrger Bernd Witzke und Jrgen Siebert (v.l.).

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin FRDERPREIS 2015

    131313

    BG RCI-Frderpreis 2015: Zucker

    Preistrger: Elmar Lampe Unternehmen: Nordzucker AG, Werk Klein Wanzleben, Magdeburg

    Ketten als Absturzsicherung in groen Behltern mit EinbautenDer Nordzucker-Konzern ist einer der fhren-den europischen Zuckerhersteller und be-schftigt weltweit rund 3.300 Mitarbeiter. Das Werk in Klein Wanzleben bei Magdeburg ist ei-ner der ltesten Standorte fr Zuckerverarbei-tung in Deutschland. Bereits 1883 wurde hier die erste Zuckerfabrik in Betrieb genommen. Sie verkrpert in technischer Hinsicht die Phi-losophie des Unternehmens und setzt, bezo-gen auf Konzeption und Technologie, nach wie vor Mastbe. Sicherheit und Gesundheit der Personen, die fr oder mit Nordzucker ar-beiten, stehen in der Prambel des Nordzu-cker Verhaltenskodex an erster Stelle. Elmar Lampe ist Ingenieur im Werk Klein Wanzleben und als Fachkraft fr Arbeitssicherheit fr den Arbeits- und Gesundheitsschutz verantwort-

    lich. Auerhalb der Kampagne wie der Fachbegriff fr die Produktionsphase lautet stehen die Anlagen still, und die Zeit wird fr Revisions- und Instandhaltungsarbeiten ge-nutzt. Das beinhaltet auch die Arbeiten in den Extraktionstrmen, den Sorgenkindern von Elmar Lampe. Die Trme sind 20 Meter hoch. In ihnen findet der entscheidende Schritt zur Zuckergewinnung statt: aus Zuckerrben wird der Rohsaft extrahiert. Nach einer Kampagne werden die Trme gereinigt und einer grndli-chen Revision unterzogen. Jede Schweinaht wird sorgfltig berprft. Dazu muss das Per-sonal in die Behlter einsteigen und sich von oben nach unten durcharbeiten. Die Trme ha-ben einen Durchmesser von ca. 9 Metern, das Innenleben besteht aus einer Hohlwelle, an

    der ber die gesamte Hhe Flgel, sogenann-te Aufhalter, angebracht sind. Das erschwert die Mglichkeit, sich bei den Revisionsarbei-ten optimal abzusichern. Elmar Lampe ist es gelungen, fr dieses Sicherheitsproblem eine Lsung zu finden. So wurden im oberen Teil der Trme in den Auenwnden rundherum Durchsteckffnungen in Form von kurzen Rohrstcken und Anschlge fr die Befesti-gung von Ketten angebracht. Die Ketten wer-den fr die Kontrolle und Reparaturarbeiten in den Behlter eingelassen, und der Mitarbeiter kann sich durch Einhaken in die Kettenstcke in dem jeweiligen Behlterabschnitt sichern. Dieses effiziente Sicherungssystem kann an allen Extraktionstrmen eingesetzt werden.

    Die Preistrger

    1 Bis zu 20 Meter hoch sind die Ex-traktionstrme, in denen aus den Zuckerrben der Rohsaft gewon-nen wird.

    2 Die Ketten des neu entwickelten Sicherungssystems werden fr die Kontrolle und Reparaturar-beiten in den Behlter eingelas-sen. Der Mitarbeiter kann sich in einem beliebigen Behlterab-schnitt durch Einhaken in die Ket-tenstcke sichern.

    3 Elmar Lampe, Fachkraft fr Ar-beitssicherheit, hatte die Idee zu dem effizienten Sicherungssys-tem.

    2

    3

    1

  • 14

    BG RCI.magazin 5/6 2015BLICKPUNKT

    Leipzig: BG RCI erffnet neuen Trainings-Turm Absturzprvention

    Das ist in Deutschland einmaligGanzjhriges witterungsunabhngiges Training fr Hhenrettung und Absturzprvention

    Auf dem Windrad bringt eine Be einen Mon-teur ins Straucheln. Er verstaucht sich den Fu. ber die Steigleiter kann er nicht mehr nach unten. Ein Rettungstrupp seilt ihn ab. Ein Lader ist ber eine Bschung 60 Meter in die Tiefe gestrzt. Fr den Notarzt gibt es nur einen Weg, um zu dem eingeklemmten Fahrer zu gelangen: er muss sich abseilen lassen. Bei der Inspek-tion des undichten Hallendaches gert der zu-stndige Mitarbeiter auf einen Lichtausschnitt. Der Kunststoff bricht unter ihm weg. Die per-snliche Schutzausrstung gegen Absturz ret-tet ihm das Leben. >

    Foto

    s: b

    grci

    /Pet

    er E

    ichl

    er/N

    orbe

    rt U

    litzk

    a/La

    mbe

    rt J

    lich

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    Wer fr solche Szenarien nicht gewapp-net ist, macht die Risiken nur noch grer. Deswegen ist stndiges Training unver-zichtbar, und deswegen haben wir diesen Turm gebaut. Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschftsfhrung der BG RCI, will mit dem jngsten Angebot seines Hauses auch auf knftige Herausforderungen reagieren knnen: Der Turm ist in Deutschland ein-malig. Man kann darin ganzjhrig und wit-terungsunabhngig trainieren. Das ist ein Riesenvorteil. Und auch an der Auensei-te ist das Abseilen aus 23 Meter Hhe kein Problem: Die Sdseite des Turms ist um 7 Grad geneigt und steht oben etwa 2 Meter ber. So knnen sich die Hhenretter auch auen ohne Wandkontakt frei abseilen.

    Die Fhigkeit zum Retten fllt nicht vom HimmelIn nur vier Monaten Bauzeit wurde der Turm auf einer Grundflche von 8 mal 10 Metern errichtet. 75 Tonnen Stahl kamen zum Ein-satz, mehr als 6.400 Schrauben sorgen fr die notwendige Stabilitt. Der Turm beher-bergt ein innenliegendes Treppenhaus und drei Ebenen, davon eine mit umlaufendem Podest. Ganz oben betritt man eine gesicher-te, nach drei Seiten offene Freiflche, von der aus Abseilen an den Turmauenseiten mglich ist.

    Meesmann: Wenn wir von Rettung sprechen, haben wir unausweichlich spektakulre Ein-stze vor Augen. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Entscheidend ist vielmehr die Fhigkeit zum Retten. Nur wer sie stndig

    trainiert und durch neue bungstechniken perfektioniert, wird auch im Ernstfall einsatz-fhig und erfolgreich sein.

    Der Turm bietet aber auch hervorragende Bedingungen, um den Umgang mit der per-snlichen Schutzausrstung gegen Absturz zu erlernen und zu trainieren. Und auch das Retten aus der Schutzausrstung will ge-lernt sein. Denn auch dabei geht es darum, schwerwiegende Fehler, die lebensbedro-hend sein knnen, zu vermeiden. Dipl.-Ing. Jens Schulz leitet den Standort Leipzig des Kompetenz-Centers Notfallprvention der BG RCI. Er hat auf dem Gebiet der Absturz-prvention groe Erfahrung: Noch vor ein paar Jahrzehnten hat man sich mit einfachen Seilschlingen gegen Absturz gesichert. Dann kam der berhmte Radeberger Haken, der das Auf- und Abseilen erleichterte. Jetzt ha-ben wir den Turm.

    Jeder ist willkommenFr ihn sind die richtige Auswahl und die si-

    chere Anwendung der persnlichen Schutz-ausrstung gegen Absturz die entscheiden-den Faktoren, wenn es um die Sicherheit geht. Hinzu kommen die Personenrettung an Steigleitern, Windentechnik, Plattform-rettung und Schrgabseilungen, vertikale Personenrettung sowie das Retten aus Be-hltern und engen Rumen. Schulz: Bisher haben wir jhrlich rund 1.000 Trainingsteil-nehmer, die aus allen Teilen Deutschlands nach Leipzig kommen. Mit dem Turm wird sich die Zahl deutlich steigern. Wir knnen bungsszenarien fr viele Branchen abbil-den, ob Chemie, Energie, Steinbruch oder andere Gewerbezweige. Auerdem gibt es hier Trainingsangebote von Herstellern spe-zieller Ausrstungen. Jeder ist herzlich will-kommen. Und er fgt hinzu: Absturzunflle sind zu 100 Prozent vermeidbar man muss sich nur vorher einige Gedanken machen!

    Die neue Anlage bietet auch Gelegenheit, die Zusammenarbeit des Kompetenz-Cen-ters mit den Rettungsdiensten der Stadt Leipzig zu intensivieren. Neben zahlreichen anderen Gsten war deshalb auch Brand-direktor Peter Heitmann eigens zur Erff-nung gekommen und beglckwnschte die BG RCI zu der neuen Anlage.

    Interessenten finden weitere Informatio-nen zum Ausbildungsangebot unter www.atemschutzzentrum.net. Per Telefon ist das Kompetenz-Center Notfallprvention in Leip-zig unter 06221/5108 28712 zu erreichen. Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum

    Jetzt auch Turmherr: Dipl.-Ing. Jens Schulz leitet den Standort Leipzig des Kompetenz-Centers Notfallprvention der BG RCI. Die Installation im Hintergrund zeigt die vielfltigen bungsmglichkeiten in der neuen Anlage.

    Der neue Turm bietet folgende Trainingsmglichkeiten:

    Auswahl und sicheres Benutzen der persnlichen Schutz-ausrstung gegen Absturz

    Retten - aus Behltern und engen Rumen - von Plattformen - aus dem Hochregallager Training fr Spezialisten - Auf- und Abseilen - Hhenrettung - Retten an Windenergie-Anlagen - bungen von Rettungsorganisationen

    Das Kompetenz-Center Notfallprvention firmierte bis Ende vergangenen Jahres als Standort Leipzig der Hauptstelle fr das Grubenrettungswesen der BG RCI.

    Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschftsfh-rung der BG RCI (r.), und Jens Schulz haben fr den Schlssel zum Turm den rechten Platz ge-funden.

    Foto

    s: b

    grci

    /Pet

    er E

    ichl

    er/N

    orbe

    rt U

    litzk

    a/La

    mbe

    rt J

    lich

    15

  • BG RCI.magazin 5/6 2015BLICKPUNKT

    BG RCI-Sicherheitswettbewerb fr Auszubildende

    Azubis finden Wettbewerb coolInternet-Sieger und Finalisten im Teamwettbewerb stehen fest

    70 Mitgliedsunternehmen der BG RCI haben mehr als 2.000 Auszubildende zum Sicherheitswettbewerb 2014/15 an-gemeldet. Die Bestplatzierten aus der Internetversion des Wettbewerbs stehen bereits fest, ebenso die 8 Finalgrup-pen aus dem Teamwettbewerb, die sich im Juni in Rotenburg an der Fulda gegenberstehen.

    Die Unternehmen hatten diesmal zwei Wett-bewerbe zur Auswahl. Fr Unternehmen, die groe Gruppen von bis zu 15 Auszubilden-den ins Rennen schicken knnen, gab es den Teamwettbewerb. Fr Betriebe mit we-niger Auszubildenden startete im Mrz ein Internetwettbewerb, der inzwischen abge-schlossen ist.

    Team- wie auch Internetwettbewerb umfas-sen zahlreiche Themen des Arbeits- und Ge-sundheitsschutzes, die vom Start im ver-gangenen Herbst bis zum Finale in diesem Sommer im Zentrum des Sicherheitsmara-thons stehen von Absturzgefahren ber Gesunde Ernhrung bis zum Brand- und Explosionsschutz, ein bei den Azubis be-sonders beliebtes Themenfeld.

    Gewinner seid ihr alleDie besten Rankings im Internetwettbe-werb erreichten zwei Auszubildende von der Moritz J. Weig GmbH & Co.KG, Mayen. Platz 3 sicherte sich eine Auszubilden-

    de der Gesellschaft fr Nuklear-Service GmbH, Essen. Von diesem Unternehmen konnten sich fnf weitere Azubis unter den besten 30 platzieren. Die weiteren Pltze verteilen sich auf Auszubildende folgen-der Unternehmen: Wacker Chemie AG, Mnchen (12 Auszubildende), Johannes Rckers GmbH & Co. KG, Ahaus (3), Pul-cra Chemicals GmbH, Geretsried (2) sowie Ninkaplast GmbH, Bad Salzuflen, Klinge-le Papierwerke GmbH & Co. KG, Remshal-den, Henkel AG & Co. KGaA, Dsseldorf, Sdzucker AG, Mannheim, und BASF SE, Ludwigshafen, mit jeweils 1 Auszubilden-den.

    Sicherheit gehrt von Anfang an dazu lautet das Motto des Wettbewerbs. Die 15 bestplatzierten Internetteilnehmer sind als Gste zum groen Teamfinale nach Roten-burg eingeladen. Insgesamt haben sich zu dieser Veranstaltung rund 400 Auszubilden-de, zahlreiche Azubi-Fangruppen, Betreuer und viele weitere Gste angemeldet.

    Wir sind im Teamfinale dabeiBeim Teamwettbewerb werden sich nach der zweiten, firmenbergreifenden und berregional organisierten Wettbewerbs-stufe mit zuletzt 32 Teams folgende 8 Mann-schaften mit insgesamt 120 Auszubilden-den gegenberstehen und die Pltze unter sich ausmachen: RAG Anthrazit Ibbenbren GmbH, K+S Kali GmbH mit je einem Team aus den Werken Sigmundshall, Neuhof-El-lers und Werra, Vattenfall Europe Mining AG mit Team 1 und Team 2, DBE und Dyckerhoff GmbH Deuna Zement. Auf alle teilnehmen-den Auszubildenden warten Pokale und Sicherheitsprmien in Form von Warengut-scheinen in unterschiedlicher Dotierung.

    Arbeitssicherheit ist fr uns kein Fremdwort mehrDer Stellenwert des Sicherheitswettbe-werbs ist nicht nur bei den Unternehmen, deren Auszubildende es bis ins Finale schaffen, unbestritten. Wir wollen Ein-fluss nehmen auf das Unfallgeschehen

    16

    Foto

    : bgr

    ci/V

    olke

    r Wic

    iok

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    No risk no fun?Pokern Sie nicht mit Gefahren sondern mit einem neuen Kartenspiel!

    Handeln auch Sie hin und wieder nach dem Motto No risk no fun? Pokern Sie gerne hoch und glauben, dass die anderen nur bluffen? Jetzt knnen Sie das spielend um-setzen mit dem BG RCI-Gefahren-Poker. Aber lassen Sie dieses Motto nur beim Spiel gelten, keinesfalls bei der Arbeit.

    Denn die Gefhrdungen, die am Arbeits-platz auftreten knnen, sind kein Bluff. Daher sind Gefhrdungsbeurteilungen das zentrale Instrument im Arbeitsschutz. Auch bei dem Zukunftskonzept Vision Zero gel-ten sie als Schlssel zur Verringerung von Arbeitsunfllen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen. Gefhr-dungsfaktoren zu erkennen, zu bewerten und geeignete Manahmen zu treffen, ist zwar in erster Linie Aufgabe des Unterneh-mers, aber sptestens bei der Umsetzung der Manahmen sind alle Beschftigten mit im Boot.

    Sinnvoll ist es, die Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter bereits bei der Erfassung der Ge-fhrdungen mit einzubeziehen, denn wer kennt den Arbeitsplatz und die durchgefhr-ten Arbeiten besser als sie? Zur Motivation sind in diesem Kartenspiel (in Anlehnung an das BG RCI-Merkblatt A 017 Gefhrdungs-beurteilung Gefhrdungskatalog) ver-schiedene typische Gefhrdungsfaktoren dargestellt, wie sie in vielen Betrieben auf-tauchen knnen.

    Teilweise stark berzeichnet, stellen die Kar-tenfarben verschiedene Themenbereiche dar. Die Kartenfarbe Kreuz steht beispiels-weise fr stoffliche Gefhrdungen: Gefahr-stoffe, Brnde und Explosionen, Biologische

    Mit dem neuen Kartenspiel Gefahren-Poker will die BG RCI das Bewusstsein fr Gefhrdungsfaktoren auch im privaten Bereich wachhalten. Das Spiel ist unter medienshop.bgrci.de zu bestellen und kann beispielsweise bei betrieb-lichen Sicherheitsaktionen zur Verteilung kommen.

    Gefhrdung. Pik benennt die physikali-schen Gefhrdungen elektrischer Strom, Ganzkrperschwingungen, berdruck. Karo zeigt Gefhrdungen durch die Ar-beitsumgebung, wie Absturz, unkontrolliert bewegte Teile und das Gefahrenfeld Pflan-zen Tiere Menschen. Herz schlielich zielt auf aktuelle Themen der Arbeitswelt, wie Bildschirmarbeitspltze, berforderung und Koordinierung.

    Das Kartenspiel umfasst 52 Spielkarten und zustzlich 3 Joker, so dass es auch fr Rom-m und Canasta genutzt werden kann.

    Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg

    171717

    Neues Kartenspiel: 52 Spielkarten mit typischen Gefhrdungsfaktoren.

    AZUBI-Wettbewerb 2014/2015

    Wir sind dabei!

    www.bgrci-azubiwettbewerb.de

    Foto

    s: w

    ww

    .cor

    bis.

    com

    /bgr

    ci

    RZ_Azubi_Plakat_2014_2015_Finale.indd 1 15.05.14 13:28

    von morgen, ist in diesem Zusammen-hang ein oft zitiertes Statement. Aber was sagen die Auszubildenden selbst? Erstmals wird ihre Teilnahme durch eine professio-nelle Meinungsumfrage begleitet. Bisheri-ges Fazit: Die Auszubildenden begren es in groem Umfang, dass die BG RCI einen solchen Wettbewerb veranstaltet. Fast 70 Prozent der Befragten empfehlen auch an-deren Auszubildenden, dabei mitzumachen. 80 Prozent geben an, dass sie sich jetzt mit Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz besser auskennen und achtsamer an ihre Arbeit gehen als zuvor.

    Norbert Ulitzka, Gerold Soestmeyer, BG RCI, Bochum

  • Aus dem realen Unfallgeschehen lernen

    Tdlicher Unfall beim Flexen eines vermeintlich leeren Fasses

    Situation am UnfalltagIn einer kleineren Reparaturwerkstatt arbeitet Peter G. als Kfz-Schlosser. Zu seinen blichen Aufgaben gehren kleinere Repa-raturarbeiten an Gabelstaplern und Lkw. Er ist 55 Jahre alt und verfgt deshalb ber groe Berufserfahrung.

    Peter G. nimmt ein 200-Liter-Fass, das seit einem halben Jahr ungenutzt in einer Ecke der Werkstatt abgestellt ist.

    Er legt das Fass auf die Seite und markiert auf dem Metall die geplanten Trennnhte.

    Anschlieend stellt er das Fass kopfber auf den Hallenboden. Er beugt sich darber, setzt den Trenn-schleifer an und beginnt zu flexen.

    Pltzlich kommt es zu einer Explosion. Deckel und Boden lsen sich vom restlichen Fass und werden weggeschleudert. Der Fassboden trifft zuerst den Schlosser am Kopf und durchschlgt anschlie-end das Hallendach der Werkstatt in ca. 5 Meter Hhe.

    Jeder Unfall ist einer zu viel. Die BG RCI-Prventionsstrategie Vision Zero. Null Unflle gesund arbeiten! strebt eine Arbeitswelt an, in der niemand gettet oder so schwer verletzt wird oder erkrankt, dass er lebenslange Schden davontrgt. Ein bewhrter Ansatz hierfr ist die Unterweisung anhand realer Arbeitsunflle. Sie kann eine innerbe-triebliche Diskussion darber anstoen, ob es vor Ort Ttigkeiten mit vergleichbaren Gefhrdungen gibt. Gegebenen-falls knnen rechtzeitig ergriffene Manahmen verhindern, dass sich das tragische Geschehen in hnlicher Weise wiederholt.

    Unfallhergang

    18

    BG RCI.magazin 5/6 2015BLICKPUNKT

    Am Unfalltag nimmt sich Peter G. abweichend vom gewohnten Ar-beitsalltag eine andere Aufgabe vor. Er mchte ein seit lngerem unbenutztes 200-Liter-Fass mit einem Trennschleifer in Lngsrich-tung auftrennen und zwei Halbschalen daraus herstellen.

    So sollten die fertigen Halb-schalen aussehen (Foto nach-gestellt).

    Einschnitt am Fassboden.

    Der Unfallort.

  • Zentrale Expositions-datenbankNeues Angebot erleichtert Betrieben Dokumentation nach Gefahrstoffverordnung

    19

    5/6 2015 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    UnfallfolgenPeter G. erleidet schwerste Kopfverletzun-gen und verstirbt noch am Unfallort.

    Unfallursachen Im Fass befanden sich Lsemittelreste. Ob

    dies nicht bekannt war oder ob die Gefah-ren durch explosionsfhige Atmosphre unterschtzt wurden, lie sich nicht mehr ermitteln.

    In der Gefhrdungsbeurteilung waren die Brand- und Explosionsgefahren fr Ttig-keiten mit Trennschleifern nicht berck-sichtigt.

    Es war kein Freigabe-/Arbeitsscheinver-fahren vorgesehen.

    Der Beschftigte war nicht unterwiesen worden.

    Manahmen Die Gefhrdungsbeurteilung wurde aktu-

    alisiert, insbesondere hinsichtlich - Brand- und Explosionsgefahren, - Umgang mit vermeintlich leeren

    Gebinden, - Arbeitsmittel als Zndquellen. Ein Freigabe- bzw. Arbeitserlaubnisschein

    wurde eingefhrt. Es wurden Betriebsanweisungen fr Ar-

    beitsmittel in der Werkstatt erstellt. Anhand der erstellten Unterlagen wurden

    Unterweisungen durchgefhrt; dies wurde dokumentiert.

    A 026

    UnterweisungGefhrdungsorientierte Handlungshilfe

    Allgemeine Themen 4/2014

    Insbesondere wurde unterwiesen, dass Fsser mit Wasser gefllt werden ms-sen, bevor daran Feuer- und Heiarbeiten durchgefhrt werden (siehe auch BG RCI-Merkblatt T 005 Fassmerkblatt Umgang mit entleerten gebrauchten Gebinden).

    Der geschilderte Unfallhergang fr Ihre der Unterweisung Sie knnen diesen Unfallhergang als

    aufgearbeitete Folienprsentation unter downloadcenter.bgrci.de herunterladen und direkt fr Ihre betriebliche Prven-tionsarbeit einsetzen. Bei einer Vor-Ort-Unterweisung knnen Sie die Foli-enprsentation in ausgedruckter Form verwenden.

    Zu diesem Thema gibt es das Sicherheits-kurzgesprch Instandhaltungsarbeiten Feuerarbeiten Arbeiten mit Brandgefhr-dung (SKG 001): Folienprsentation unter downloadcenter.bgrci.de oder als DIN A 4-Abreiblock mit zustzlichen Erlu-terungen fr die Unterweisenden unter medienshop.bgrci.de; fr Mitgliedsbe-triebe der BG RCI in der Regel kostenlos.

    Gefhrdungsmglichkeiten und geeignete Schutzmanahmen fr den Umgang mit entleerten, gebrauchten Gebinden sind im Merkblatt T 005 Fassmerkblatt zu-sammengestellt (medienshop.bgrci.de).

    Konkrete Themen- und Medienvorschlge zu den Gefhrdungsfaktoren Gefhrliche Arbeiten und Gefahren durch explosi-onsfhige Atmosphre bietet Merkblatt A 026 Unterweisung (unter download-center.bgrci.de oder als Printfassung un-ter medienshop.bgrci.de).

    Vielfltige Informationen finden Sie au-erdem im Explosionsschutzportal der BG RCI (www.exinfo.de).

    Diesen und weitere didaktisch aufgear-beitete Unfallhergnge finden Sie auch in unserem Merkblatt A 030 (inklusive CD-ROM fr die Folienprsentationen) im Medienshop.

    Dr. Imke Birkenstock, Dr. Gnter Klesper, BG RCI, Heidelberg und Kln

    Foto

    s/Ill

    ustr

    atio

    nen:

    bgr

    ci

    Betriebe mssen genau erfassen und belegen, wann Beschftigte whrend ihrer Arbeit Gefahr-stoffen ausgesetzt sind. Die neue Zentrale Expo-sitionsdatenbank (ZED) der Deutschen Gesetzli-chen Unfallversicherung (DGUV) hilft dabei, diese gesetzliche Pflicht mit wenig Aufwand zu erfllen. Die Datenbank kann unter https://zed.dguv.de auf-gerufen werden.

    Arbeitgeber sind laut Arbeitsschutzgesetz verpflich-tet, Gefhrdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und Schutzmanahmen zu ergreifen. Die Gefahr-stoffverordnung przisiert diese Pflicht fr gifti-ge, krankmachende oder explosive Substanzen. Dies betrifft auch krebserzeugende und erbgut-verndernde Stoffe wie Dieselmotorabgase in Kfz-Werksttten, Hartholzstube in Schreinereien oder Benzol in der Kunst- und Farbstoffindustrie. Laut Verordnung muss der Arbeitgeber die entsprechen-den Belastungen ermitteln, Schutzmanahmen ergreifen sowie die Belastungen dokumentieren. Die Daten sind 40 Jahre aufzubewahren.

    Die Zentrale Expositionsdatenbank der DGUV (ZED) ist ein kostenfreies Angebot, in dem sich diese Da-ten erfassen und sicher speichern lassen. "Vor al-lem fr kleine und mittlere Unternehmen reduziert sich damit der Aufwand, denn die ZED liefert ih-nen fertige Strukturen, in denen sie ihre betriebs-eigenen Daten einfach und dauerhaft ablegen knnen", sagt Dr. Roger Stamm, ZED-Projektleiter in der DGUV. "So sind Daten zuknftig auch dann noch verfgbar, wenn zum Beispiel ein Betrieb gar nicht mehr existiert."

    Die DGUV verwaltet die bermittelten Daten treu-hnderisch und bernimmt damit fr das Unterneh-men die Archivierungspflicht und auch die Aushn-digungspflicht an Beschftigte bei Ausscheiden. Die Teilnahme ist fr alle Unternehmen freiwillig und kann jederzeit beendet werden. Die ZED wird vom Institut fr Arbeitsschutz der DGUV betrieben.

    Wir berichten in einer der folgenden Ausgaben des BG RCI.magazins ausfhrlich ber die Zentrale Ex-positionsdatenbank im Rahmen unserer Serie ber das Gefahrstoff-Symposium Schlema VIII.

    nul Unterweisungsmaterialien bieten die Merkblt-ter A 026, A 030 und SKG 001.

  • 2020

    BLICKPUNKT

    Beitrge aus dem Schlema VIII Gefahrstoffsymposium 2015

    bergnge gestaltenSozio-konomische Aspekte angesichts von Toleranzkonzentrationen und abgesenkten GrenzwertenVon Dr. rer. nat. Henning Wriedt

    Ebenfalls sind fr einige Stoffe ohne krebs-erzeugende Wirkung in den vergangenen 15 Jahren Empfehlungen fr gesundheits-basierte Grenzwerte abgeleitet worden, die deutlich unter den frheren Grenzwerten liegen. Weitere solcher stark abgesenkten Grenzwerte befinden sich zurzeit in den entsprechenden wissenschaftlichen Gre-mien in der Diskussion (s. dazu ebenfalls Tabelle 1). Sptestens nach ihrer bernah-me als Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) in die TRGS 900 werden viele Betriebe erhebliche Anstrengungen unternehmen mssen, um bei bestimmten Ttigkeiten die Einhaltung dieser Werte zu erreichen.

    Die Schwierigkeiten, manche Werte inner-halb weniger Monate betrieblich umzuset-zen, sind dem AGS durchaus bewusst. Er hat deshalb Lsungswege entwickelt, mit denen das vorgegebene Ziel verordnungs-konform erreicht werden kann.

    Lsungsangebote des AGSDas risikobezogene Manahmenkonzept des AGS fr krebserzeugende Stoffe als An-satz, mit dem die Minimierung der Expositi-on operationalisiert werden soll, ist per se ein bergangskonzept. Dies spiegelt sich vor allem im dreistufigen Manahmenteil, also in Nr. 5 der TRGS 910, wider, in dem der Minderung hoher Risiken, also hoher Expositionen, hchste Prioritt eingerumt ist. Zudem soll die derzeit in Vorbereitung befindliche Neufassung der Gefahrstoff-Ver-ordnung (GefStoffV) eine dreijhrige ber-gangsfrist nach Verffentlichung einer Tole-ranzkonzentration vorsehen, bevor Betriebe bei deren Nichteinhaltung entweder ein ge-schlossenes System verwenden mssen oder den Vorgaben einer entsprechenden Schutzmanahmen-TRGS zu folgen haben.

    Im Vordergrund steht zunchst die Eigen-verantwortung der Betriebe: Im Rahmen des zu erstellenden Manahmenplans haben sie in diesen drei Jahren die Mg-lichkeit, ausgehend von den eigenen Gegebenheiten geeignete Manahmen zur Expositionsminderung auszuwhlen

    Im Rahmen des risikobezogenen Manahmenkonzeptes fr Ttigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen hat der Aus-schuss fr Gefahrstoffe (AGS) in den vergangenen Jahren Exposition-Risiko-Beziehungen (ERB) fr bislang 20 Stoffe oder Stoffgruppen abgeleitet. Fr einige dieser Stoffe sind die resultierenden Toleranzkonzentrationen sehr niedrig und liegen zum Teil erheblich unter den frheren Technischen Richtkonzentrationen (TRK), wie aus Tabelle 1 zu er-sehen ist. Kann die Toleranzkonzentration nicht eingehalten werden, ist eine weitere Expositionsminderung hchst dringlich. Damit stehen zahlreiche Betriebe aktuell vor einer anspruchsvollen Aufgabe.

    und auf den Weg zu bringen. Dass dieser Prozess mit dem Betriebsrat abzustim-men ist, sollte sich von selbst verstehen schlielich unterliegen die Festlegun-gen im Manahmenplan vollstndig der betrieblichen Mitbestimmung nach 87 (1) Nr. 7 BetrVG.

    Tabelle 1: Stoffe mit niedrigen Toleranzkonzentrationen oder deutlich abgesenkten AGW (bzw. wissenschaftlich begrndeten Vorschlgen fr eine solche Absenkung)

    Stoff/Stoffgruppe Toleranzkonzentration oder AGW [g/m]

    ehemaliger TRK-Wert [g/m]

    krebserzeugende Stoffe

    Arsen-Verbindungen 8,3 (E) 100 (E)

    Benzo(a)pyren 0,7 (E) 2 / 5 (E)

    Beryllium AGW: 0,06 (A); 0,14 (E) 2 / 5 (E)

    Cadmium und seine Verbindungen

    1 (E) 15 / 30 (E)

    Chrom (VI)-Verbindungen 1 (E) 50 / 100 (E)

    Cobalt und seine Verbindungen

    5 100 / 500 (E)

    Nickel-Verbindungen 6 (A) 500 (E)

    Keramikfasern 100.000 F/m 500.000 F/m

    nicht krebserzeugende Stoffe

    abgesenkter AGW [mg/m] bisheriger AGW [mg/m]

    Allgemeiner Staub (A-Fraktion)

    1,25 3

    Mangan 0,02 (A); 0,2 (E) 0,5 (E)

    Nickel-Metall 6 (A) TRK: 500 (E)

    Vanadium 0,005 (A); 0,03 (E) 0,5 (E)

    wissenschaftlich begrndete Vorschlge

    Cyanide 1 (E) 5 (E)

    Kupfer 0,01 (A) 0,1 (A)

    Stickstoffmonoxid (NO) 2,5 (2 ppm) / 0,6 (0,5 ppm)

    30 (25 ppm)

    Stickstoffdioxid (NO2) 1 (0,5 ppm) 9,5 (5 ppm)

    Zink 0,1 (A) 1 / 2 (A)

    BG RCI.magazin 5/6 2015

  • 212121

    BLICKPUNKT

    Als Hilfestellung erarbeitet der AGS fr be-sonders weitverbreitete krebserzeugende Stoffe sogenannte Manahmen-TRGS, in de-nen verfahrens- und branchenspezifische Beschreibungen des Stands der Technik zu finden sind. Diese Beschreibungen knnen auch als Mastab genutzt werden, um die eigenen betrieblichen Schutzmanahmen zu beurteilen. Der Stellenwert derartiger Manahmen-TRGS ist fr solche Ttigkeiten besonders hoch, bei denen die weitere Ex-positionsminderung groe Anstrengungen erfordert. Beispiele fr solche TRGS sind in Tabelle 2 zu finden.

    Die Bedeutung dieser Manahmen-TRGS wird unter der neuen GefStoffV weiter wachsen, da fr krebserzeugende Stoffe bei dauerhafter berschreitung ihrer Tole-ranzkonzentration oder ihres AGW und nach Ablauf einer dreijhrigen bergangsfrist die Verwendung eines geschlossenen Systems zwingend erforderlich wird es sei denn, dass die Ttigkeiten entsprechend den Vor-gaben der entsprechenden Manahmen-TRGS verrichtet werden.

    Nun ist das Konzept der TRGS 910 nicht das einzige bergangskonzept, das der AGS ent-wickelt hat. Vor anderthalb Jahren wurde ein strukturell hnliches Konzept auf den Weg gebracht mit dem Ziel, den Betrieben ber die Schwierigkeiten nach der Absenkung des Allgemeinen Staubgrenzwertes fr die alveolengngige Fraktion (kurz: A-Fraktion) hinwegzuhelfen. Dieses auf fnf Jahre an-gelegte Konzept ist in Nr. 2.4.2 der TRGS 900 beschrieben. Es sieht unter anderem die Aktualisierung der Gefhrdungsbeurtei-lung einschlielich einer aktuellen Expositi-onsermittlung vor sowie die Aufstellung ei-nes Schutzmanahmenkonzepts, in dem in Form eines Manahmenplans zu beschrei-ben ist, wie die Einhaltung des AGW erreicht werden soll.

    Auch fr Ttigkeiten mit Staubbelastung ist eine Schutzmanahmen-TRGS in Vorberei-tung (TRGS 504), die speziell solchen Be-

    trieben Untersttzung bieten soll, in denen Ttigkeiten mit hoher Staubbelastung an der Tagesordnung sind. Der AGS ist bemht, die TRGS mglichst noch im Herbst 2015 zu ver-abschieden.

    Analog zum risikobasierten Manahmen-konzept der TRGS 910 ist fr Ttigkeiten mit Staubbelastung das Expositionsspektrum ebenfalls in drei Bereiche aufgeteilt: Als Bereich hoher Exposition gelten Expositi-onen oberhalb des bisherigen AGW; hier ist die Verwendung von Atemschutz ver-pflichtend, so dass eine Genehmigung der Aufsichtsbehrde in der Regel unverzicht-bar sein wird, wenn Atemschutz dauerhaft verwendet werden muss. Der eigentliche bergangsbereich ist der Bereich mittlerer Exposition zwischen altem und neuem AGW,

    in dem die Bestimmungen von Nr. 2.4.2 der TRGS 900 greifen. Er ist allerdings bis Ende 2018 befristet und wird dann automatisch gleichfalls zum Bereich hoher Exposition. Unterhalb des neuen AGW befindet sich schlielich der Bereich niederer Expositi-on, in dem keine gesundheitliche Gefhr-dung besteht und dementsprechend keine zustzlichen Manahmen zu treffen sind.

    Die hier skizzierten bergangskonzepte sind keine komplette Neuerfindung des AGS fr das risikobezogene Manahmen-konzept fr krebserzeugende Stoffe. Be-reits davor gab es im Technischen Regel-werk bergangskonzepte, wenngleich mit anderer Struktur als die neuen Anstze. Gleichwohl dienten sie demselben Ziel einer allmhlichen Annherung an einen

    Tabelle 2: Schutzmanahmen-TRGS fr krebserzeugende Stoffe

    TRGS (vorgesehener) Titel der TRGS relevante krebserzeugende Stoffe

    vorhandene, bereits an das risikobezogene Konzept angepasste TRGS

    513 Ttigkeiten an Sterilisatoren mit Ethylenoxid und Formaldehyd

    Ethylenoxid

    517 Ttigkeiten mit potentiell asbest-haltigen mineralischen Rohstoffen

    Asbest

    519 Asbest: Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten

    Asbest

    551 Teer und andere Pyrolyseprodukte aus organischem Material

    Benzo(a)pyren, PAHs

    558 Ttigkeiten mit Hochtemperaturwolle Keramikfasern

    noch anzupassende oder neu zu erarbeitende TRGS

    513 Ttigkeiten an Sterilisatoren mit Ethylenoxid und Formaldehyd

    Formaldehyd

    522 Raumdesinfektion mit Formaldehyd Formaldehyd

    528 Schweitechnische Arbeiten Chrom VI, Cobalt, Nickel

    552 N-Nitrosamine N-Nitrosamine

    554 Abgase aus Dieselmotoren DME

    559 Mineralischer Staub Quarz-Staub

    561 Krebserzeugende Metalle (Arbeitstitel) Arsen, Beryllium, Cadmium, Chrom VI, Cobalt, Nickel

    5/6 2015 BG RCI.magazin

    Foto

    : bgr

    ci/N

    orbe

    rt U

    litzk

    a

  • 2222

    BLICKPUNKT

    Zielwert bzw. an dessen sichere Einhaltung. Beispiel fr einen etwas lteren bergangs-ansatz ist die TRGS 505 (Blei) aus dem Jahr 2007, der ein vierstufiges Handlungskonzept zum Schutz der Beschftigten in Abhngig-keit von der Hhe ihrer Bleibelastung im Blut beinhaltet. Die langjhrigen betrieblichen Erfahrungen mit dieser TRGS belegen, dass ein solcher Weg sowohl gangbar als auch zielfhrend ist.

    Nach diesem Blick auf Gegenwart und Ver-gangenheit stellt sich die Frage: Werden in Zukunft weitere bergangskonzepte ben-tigt und, sollte dies der Fall sein, welche Vor-aussetzungen mssen fr solche Konzepte gegeben sein?

    Knftige bergnge: Bedarf, Voraussetzungen und StrukturWeitere bergangskonzepte fr nicht krebs-erzeugende Stoffe knnten dann erforder-lich werden, wenn ihr gegenwrtiger AGW betrchtlich abgesenkt wird. In Tabelle 1 sind einige Stoffe aufgefhrt, fr die sich ein solcher Fall bereits konkret abzeichnet. Ferner mssten die Einhaltung des neuen AGW die Betriebe vor erhebliche Schwie-rigkeiten stellen und die branchenblichen Verfahrens- und Betriebsweisen nicht aus-reichen, den neuen AGW zu erreichen. Zu-dem mssten sie auch nicht oder nicht mehr dem Stand der Technik entspre-chen, dessen Ermittlung durch den AGS in der TRGS 460 beschrieben ist.

    Fr eine solche Situation und sofern sich das bergangskonzept fr den Allgemeinen Staubgrenzwert bewhrt sollten entspre-chende bergangsregelungen im regula-torischen Werkzeugkasten als weiteres Instrument zur Verfgung stehen und bei Bedarf, wenngleich als Ausnahmelsung, zur Anwendung kommen knnen. Das wre dann eine modernisierte Form der frheren bergangsregelungen, die die GefStoffV vor 2005 kannte.

    Allerdings mssten neben einer deutlichen AGW-Absenkung und dem Nachweis erheb-licher Schwierigkeiten mit einer raschen betrieblichen Umsetzung des abgesenk-ten AGW zwei weitere Bedingungen gege-ben sein: Eine klare zeitliche Befristung der bergangsregelung msste mglich sein und die Lnge des bergangszeitraums

    msste toxikologisch oder arbeitsmedi-zinisch abgesichert werden knnen. Das knnte dann der Fall sein, wenn der kriti-sche Gesundheitseffekt, der bei Einhaltung des AGW verhindert werden soll, die Folge lang anhaltender oder stndig wiederholter Exposition ist, jedoch bei einer mehrjhri-gen, aber zeitlich begrenzten berschrei-tung des abgesenkten AGW keine Gesund-heitsschden zu befrchten sind.

    Liegen diese Voraussetzungen vor, ist ein Konzept fr den bergang vom alten zum neuen AGW denkbar, das analog zu den Regelungen fr den Allgemeinen Staub-grenzwert an folgenden Eckpunkten aus-gerichtet ist:

    Gefhrdungsbeurteilung aktualisieren und technische Schutzmanahmen nach den branchenblichen Verfahrens- und Betriebsweisen umsetzen,

    Exposition auf Grundlage dieser Schutz-manahmen neu ermitteln,

    Schutzmanahmenkonzept aufstellen mit der Zielsetzung, den neuen AGW inner-halb des bergangszeitraums einhalten zu knnen,

    Beschftigte ber das Schutzmanah-menkonzept informieren,

    Beschftigten Atemschutz zur Verfgung stellen.

    Anders als beim Allgemeinen Staubgrenz-wert sollte die zustzliche Erarbeitung ei-ner Schutzmanahmen-TRGS die Ausnahme bleiben, nicht zuletzt auch deswegen, um die begrenzten Ressourcen des AGS nicht ber Gebhr zu strapazieren. Sollten aller-dings fr Ttigkeiten mit den betreffenden Stoffen bereits Manahmen-TRGS bestehen, so mssten diese selbstverstndlich ent-sprechend angepasst werden.

    Sollte es fr den betreffenden Stoff Vorga-ben zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in der entsprechenden Verordnung (ArbMed-VV) geben, so bleiben diese durch eine bergangsregelung unberhrt. Sind sie an die berschreitung des AGW geknpft wie beim Allgemeinen Staubgrenzwert dann ist selbstverstndlich der abgesenkte AGW fr das Auslsen der Vorsorge mageblich. Allerdings ist es dem Ausschuss fr Arbeits-medizin unbenommen, in Arbeitsmedizi-nischen Regeln Einzelheiten (zum Beispiel

    empfohlene Methoden, Hufigkeit der Un-tersuchung) fr die entsprechende Vorsorge vorzugeben, fr die auf Basis medizinischer Erwgungen eine Staffelung in Abhngigkeit von der Hhe der Exposition denkbar ist. Fr Stoffe, fr die bisher keine arbeitsmedizi-nische Vorsorge vorgesehen ist, erscheint eine deutliche AGW-Absenkung nicht als hinreichendes Argument, sie in den Kata-log der arbeitsmedizinischen Pflicht- oder Angebotsvorsorge aufzunehmen. Unbenom-men davon bleibt Beschftigten die Mg-lichkeit zur Wunschvorsorge, die ihnen bei AGW-berschreitung wohl kaum versagt werden kann.

    Fr Ttigkeiten mit Stoffen, fr die solche bergangsregelungen geschaffen werden, sollte das Expositionsspektrum in gleicher Weise wie fr Ttigkeiten mit Staubbelas-tung in drei Bereiche aufgeteilt werden: Als Bereich hoher Exposition gelten Expositi-onen oberhalb des bisherigen AGW; hier ist die Verwendung von Atemschutz ver-pflichtend, so dass eine Genehmigung der Aufsichtsbehrde in der Regel unverzicht-bar sein wird, wenn Atemschutz dauerhaft verwendet werden muss. Der eigentliche bergangsbereich ist der Bereich mittlerer Exposition zwischen altem und neuem AGW, in dem befristet die bergangsbestimmun-gen gelten, und der mit Ablauf der ber-gangsfrist gleichfalls zum Bereich hoher Ex-position wird. Unterhalb des abgesenkten AGW befindet sich schlielich der Bereich niederer Exposition, in dem keine gesund-heitliche Gefhrdung besteht und dement-sprechend keine zustzlichen Manahmen zu treffen sind.

    Soziokonomische AspekteRegulation und damit auch die oben skiz-zierten bergangsregelungen muss stets das rechtliche Gebot der Verhltnismig-keit bercksichtigen: Das angestrebte Er-gebnis der Regelung muss in einem ange-messenen Verhltnis zum Aufwand stehen, der erforderlich ist, um das gesetzte Ziel zu erreichen. Auf einer anderen Ebene ent-spricht dieses Gebot dem Spagat zwischen gesunden und gesicherten Arbeitspltzen, den es aus Arbeitnehmersicht zuweilen auszufhren gilt. Oder aus Techniksicht formuliert: Lsungen mssen nicht nur technisch, sondern auch konomisch re-alisierbar sein.

    BG RCI.magazin 5/6 2015

  • 232323

    BLICKPUNKT

    Ich behaupte nun, dass die skizzierten ber-gnge durchaus geeignet sind, dem Verhlt-nismigkeitsgebot zu gengen. Sie sind nmlich mit Stellschrauben ausgestattet, mit denen sich zeitliche Handlungsspiel-rume erffnen lassen, um so den kono-mischen Gegebenheiten der Betriebe Rech-nung zu tragen.

    Ergnzt werden kann ein solcher zeitlicher Spielraum durch eine Dreistufung von

    betrieblichem Schutzmanahmenkon-zept bzw. Manahmenplan, mit dem Betriebe zunchst die Stufe branchen-blicher Verfahrens- und Betriebsweisen eigenstndig einfhren knnen,

    Angebot externer Hilfen und Empfehlun-gen, z. B. von UV-Trgern, Aufsichtsbehr-den der Lnder oder Branchenverbnden, die Betriebe nutzen knnen, um die Stufe guter Praxis auf Branchenebene zu errei-chen, sowie

    Schutzmanahmen-TRGS, mit deren Hilfe Betriebe schlielich den Gipfel des Stan-des der Technik erklimmen knnen.

    In dem hier entwickelten Konzept fr ber-gnge sind somit alle rechtlich relevanten Aspekte abgedeckt:

    als Nachweis der Erfordernis fr die Set-zung oder Absenkung eines AGW dient die wissenschaftliche Begrndung des AGW,

    die Frage der technischen Machbarkeit kann sofern erforderlich beantwor-tet werden durch Beispiele guter Praxis oder durch die Beschreibung des Stands der Technik in einer TRGS, die primr gut-willigen Betrieben als Hilfestellung die-nen sollen, und

    die Frage der konomischen Machbarkeit wird beantwortet mit Hilfe von Manah-menplan und Lnge des Zeitraums der bergangsregelung; dabei ist der Ma-nahmenplan bewusst als Dual use-In strument angelegt, das einerseits gutwilligen Betrieben als Steuerungs-instrument im Rahmen ihres betrieblichen Arbeitsschutz-Managements dienen soll, das andererseits aber durchaus auch von den Aufsichtsbehrden als Kontrollinstru-ment genutzt werden soll, um unwillige Betriebe zur Verbesserung ihres Arbeits-schutzniveaus zu zwingen.

    Soweit die berlegungen zu denkbaren knftigen bergangregelungen. Aber lieen sich bergnge mglicherweise auch ganz anders gestalten? Knnten wir vielleicht von den Anstzen europischer Nachbarn oder der EU insgesamt lernen? Schaden kann der Blick ber den nationalen Tellerrand sicher-lich nicht.

    Technikbezogene Grenzwerte als Alternative?In einigen Staaten der EU, unter anderem in Finnland und Grobritannien, besteht rechtlich die Mglichkeit, technikbezogene Grenzwerte zu setzen. Das sind Grenzwerte, bei deren Ableitung neben der gesundheitli-chen Wirkung zustzlich die technische und die konomische Machbarkeit bercksich-tigt werden. Ebenfalls auf EU-Ebene sind fr den Arbeitsschutz solche Grenzwerte mit Machbarkeitsbezug rechtlich mglich: In der Chemikalien-Richtlinie (RL 98/24/EG) sind neben den rein gesundheitsbezogenen Arbeitsplatz-Richtgrenzwerten in Art. 3 (2) auch verbindliche Arbeitsplatzgrenzwer-te in Art. 3 (4) vorgesehen, die zustzlich Durchfhrbarkeitsfaktoren widerspiegeln knnen. Die Krebs-Richtlinie (RL 2004/37/EG) sieht sogar ausschlielich technikbe-zogene Grenzwerte vor, die gem Art. 16 (1) auf Basis wissenschaftlicher und tech-nischer Daten abzuleiten sind.

    Zu bedenken ist allerdings, dass auf EU-Ebene bislang nur vier technikbezogene Grenzwerte existieren gegenber rund 120 gesundheitsbezogenen. Zudem ist das seit zehn Jahren laufende Vorhaben der EU-Kommission, zustzliche technikbezoge-ne Grenzwerte fr etwa 25 weitere krebser-zeugende Stoffe abzuleiten, aus politischen Grnden derart ins Stocken geraten, dass derzeit niemand vorhersagen kann, ob und wenn ja, wann und in welchem Um-fang es zu Ergebnissen fhren wird. Zwar hat der Beratende Ausschuss fr Sicherheit und Gesundheit seine Empfehlungen fr die Hhe der Werte bereits Ende 2013 an die zu-stndige Generaldirektion der Kommission bermittelt, aber ob diese die Klippen des kommissionsinternen Impact Assessment, also der Prfung der Vertrglichkeit mit den politischen Zielen der Kommission, umschif-fen kann, erscheint angesichts der Zielset-zungen der Kommission und des gegenwr-tigen politischen Klimas hchst ungewiss.

    Unabhngig von den politischen Schwierig-keiten weist die Ableitung technikbezogener Grenzwerte auf EU-Ebene ein gravierendes Problem auf: das Fehlen einer abgestimm-ten Methode oder eines Leitfadens fr eine solche Ableitung. Das ist in der Arbeitsgrup-pe Chemikalien am Arbeitsplatz, die die Stellungnahme des Beratenden Ausschus-ses vorbereitet hat, im Verlauf des mehr-jhrigen Diskussionsprozesses ber die 25 Stoffe berdeutlich geworden. Den Diskus-sionen lag ein Dossier eines von der Kom-mission beauftragten Kontraktors zugrunde, dessen Zusammenfassung inzwischen im Internet ffentlich verfgbar gemacht wor-den ist.*

    Zentraler Streitpunkt war die vom Kontrak-tor gewhlte Methode von Kosten-Nutzen-Abschtzungen als Grundlage der sozio-konomischen Analyse. Im Rahmen dieser Methode wird der Nutzen an der Zahl der durch die Absenkung des Grenzwertes rech-nerisch in der Zukunft vermiedenen Krebs-flle beziffert. Da in der Arbeitsgruppe ber diese Methode zwischen den drei vertrete-nen Gruppen (EU-Mitgliedstaaten, Arbeitge-ber, Arbeitnehmer) kein Einverstndnis zu erzielen war, wurden die Stoffe nach den unterschiedlichen Methoden bewertet, die die Gruppen selber fr sinnvoll hielten. Zwar konnte am Ende fr die Mehrzahl der Stoffe ein Konsens ber die Hhe der Werte er-reicht werden, doch basierte dieser hufig auf ganz unterschiedlichen Begrndungen der drei Gruppen, abhngig von der von ih-nen jeweils zugrundeliegenden Methode.

    Fragwrdigkeit von Kosten-Nutzen-AbschtzungenMit ihrer vehementen Kritik an der Metho-de der Kosten-Nutzen-Abschtzungen stan-den die Vertreter der Arbeitnehmer in der Arbeitsgruppe durchaus nicht allein. Die Methode war auf zwei Ebenen hchst strit-tig: Methodenimmanent wurden die zustz-lichen Unsicherheiten kritisiert, die zu den Unsicherheiten der quantitativen Schtzun-gen des Krebsrisikos notgedrungen hinzu-treten. Sie resultieren vor allem aus den Schtzungen der aktuellen Expositionsh-he und -struktur, dem ber die kommenden 40 Jahre prognostizierten Expositionsver-

    5/6 2015 BG RCI.magazin

    * Zu erreichen unter: http://ec.europa.eu/so-cial/BlobServlet?docId=10149&langId=en

  • 2424

    BERICHTE UND INFORMATIONEN

    lauf, der fr die kommenden 40 Jahre prog-nostizierten Beschftigungsentwicklung in den exponierten Branchen, dem aktuellen Stand der technischen Schutzmanahmen sowie dem geschtzten Aufwand fr die Nachrstung der technischen Schutzma-nahmen und dies fr die EU insgesamt. Allein durch das Ausma der daraus ent-stehenden Unsicherheiten knnen darauf aufbauende Abschtzungen nur ber eine der Kaffeesatzleserei vergleichbare Aussa-gekraft verfgen.

    Zu diesem methodenimmanenten Problem tritt eine fundamentale Kritik an solchen Ab-schtzungen hinzu, die auf ethischen Er-wgungen fut: In den Abschtzungen wird die Dimension des individuellen Risikos, also das Krebsrisiko des einzelnen Arbeit-nehmers, ausgeblendet. Stattdessen wird ausschlielich auf das Kollektivrisiko der Summe aller Exponierten abgestellt. Letzt-lich bedeutet das aber, dass im Rahmen einer solchen Methode kleine Gruppen von Beschftigten hoch belastet bleiben knnen, da die Reduzierung ihrer Exposi-tion rechnerisch wenig bringt und, wenn berhaupt, nur sehr wenige Krebsflle ver-mieden werden. Das wiederum bringt der Gesellschaft insgesamt jedoch keinen nen-nenswerten quantitativen Nutzen gegen-ber den geschtzten Kosten.

    Von Seiten der Vertreter der Arbeitnehmer ist deswegen die Frage aufgeworfen worden, ob ein methodischer Ansatz auf Grundlage sol-cher Kosten-Nutzen-Abschtzungen ber-haupt mit bestimmten Grundrechten in der Charta der Grundrechte der EU vereinbar ist, insbesondere mit der Wrde des Menschen (Art. 1) und dem Recht auf Unversehrtheit (Art. 3). Zudem haben sie auf eine implizite Voraussetzung solcher Abschtzungen hin-gewiesen, die jedoch meistens unerwhnt bleibt: das Bestehen eines Mindestmaes an Gleichheit in einer Gesellschaft und das

    heit immer auch konomischer Gleichheit. Oder anders formuliert: Wer trgt das Risiko wer hat den Nutzen?

    Bekannte Schwchen technikbezogener GrenzwerteNach diesem Blick auf grundstzliche Frage-stellungen zurck zu den konkreten berle-gungen zu technikbezogenen Grenzwerten. Aus deutscher Sicht stellen sie keine Inno-vation dar, gab es doch mit den TRK-Werten fr krebserzeugende Stoffe derartige Grenz-werte bis 2004 auch in Deutschland. Ohne damit die anfnglichen Verdienste dieser Werte schmlern zu wollen, insbesondere die Deckelung der Expositionshhen, ist an die zahlreichen Defizite dieses Konzepts zu erinnern, die letztlich zu seiner Abschaffung gefhrt haben.

    Zu nennen sind hier zunchst die hufig vor-gefundene unzulssige betriebliche Gleich-behandlung von technik- und gesundheits-bezogenen Grenzwerten, also die fehlenden Bemhungen um eine weitere Expositions-reduzierung auch bei Einhaltung des TRK-Wertes, sowie die nur mit groer Verzge-rung vorgenommenen Absenkungen von TRK-Werten durch den AGS entsprechend dem Stand der Technik. Darber hinaus sind aber vor allem hervorzuheben sowohl die fehlenden Hinweise an die Betriebe auf ge-sundheits- oder risikobezogene Werte als Zielgren fr knftig zu erwartende Ab-senkungen der technikbasierten Werte als auch die Festlegung eines einzigen Wertes (oder in Ausnahmefllen von zwei Werten) fr smtliche Ttigkeiten mit dem jeweiligen Stoff. Demgegenber wre fr unterschied-liche Ttigkeiten durchweg eine Staffelung der technisch erreichbaren Expositionswer-te denkbar gewesen, also fr jeden Stoff die Ableitung ttigkeitsspezifischer technikba-sierter Werte anstelle eines einzigen Wer-tes, der blicherweise an der Ttigkeit mit der hchsten Exposition ausgerichtet war.

    ErgebnisAls Ergebnis dieses Blicks ber den natio-nalen Tellerrand lsst sich festhalten, dass er uns keine neuen, erhellenden Anregun-gen beschert hat, sondern im Gegenteil ein Dj vu-Erlebnis, eine Begegnung mit der eigenen Vergangenheit. Damit lsst sich auch der Schluss ziehen, dass sowohl die EU als Ganzes als auch einige Mitgliedstaa-ten einen solchen Blick ber den Tellerrand noch vor sich haben, der in Deutschland vor mehr als zehn Jahren bei der Erarbeitung der GefStoffV 2004 gewagt wurde. Damals wur-de das niederlndische Regulationsinstru-ment Aktionsplan entdeckt und in geeig-neter Weise in die GefStoffV aufgenommen und einige Jahre spter als Manahmen-plan auch in das risikobezogene Manah-menkonzept integriert.

    Der Manahmenplan ist als betriebliches Instrument fr die eigenverantwortliche Ge-staltung der Absenkung von Expositionsni-veaus prdestiniert, wie dies bei der Mini-mierung der Exposition fr krebserzeugende Stoffe oder fr Stube erforderlich ist und fr weitere Stoffe erforderlich werden knnte. Bei Schwierigkeiten kann das Instrument ergnzt werden durch betriebsbergreifen-de branchenbezogene Hilfen und Leitfden bis hin zu Technischen Regeln, mit denen gleichzeitig dem Verhltnismigkeitsgebot Genge getan werden kann.

    Auch im europischen Vergleich erscheint eine so angelegte Gestaltung von bergn-gen zielfhrender als Konzepte, die sich auf technik- bzw. machbarkeitsbezogene Grenz-werte sttzen und deren Defizite hinlnglich belegt sind.

    Dr. rer. nat. Henning WriedtBeratungs- und Informationsstelle Arbeit & Gesundheit, Hamburg

    BG RCI.magazin 5/6 2015

  • Initiative Neue Qualitt der Arbeit

    Neue Frderrunde erffnetDas Bundesministerium fr Arbeit und Soziales (BMAS) hat die Bewerbungs-phase fr die aktuelle Runde des Frderprogramms "Neue Qualitt der Ar-beit" erffnet. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind eingeladen, sich mit Projektideen im Bereich "Mitarbeiterorientierte Perso-nalpolitik" zu bewerben. Aber auch Verbnde, Vereinigungen, Gewerkschaf-ten, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie Stiftungen knnen sich beteiligen.

    Die Projektideen sollen sich einem der folgenden vier Handlungsfelder zuordnen lassen: Personalfhrung, Chancengleichheit und Diversity, Gesundheit sowie Wissen und Kom-petenz. Gesucht werden Projektideen, die einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, die Arbeitsfhigkeit der Erwerbsttigen zu erhalten, insbesondere Handlungsanstze, die zur Gestaltung digitaler Arbeit beitragen. Besonders frderungsfhig sind Projekte, die KMU und ihre Beschftigten befhigen, in neuen, digital vernetzten Wertschpfungs-ketten konkurrenzfhig zu bleiben, indem nachhaltige Personalplanungs- und Personal-entwicklungskonzepte sowie betriebliche Weiterbildungs- und Qualifizierungsstrategien entwickelt, erprobt und transferiert werden.

    Interessierte bewerben sich in einem ersten Schritt mit einer Projektskizze, die sowohl in elektronischer als auch in schriftlicher Form bis zum 28. August 2015 vorzulegen ist. Im Anschluss daran werden ausgewhlte Bewerber aufgefordert, einen frmlichen Pro-jektantrag einzureichen. Der Frderzeitraum betrgt maximal 36 Monate. Frderbeginn ist voraussichtlich das erste Halbjahr 2016. Das BMAS frdert die ausgewhlten Projekte im Rahmen einer Anteilfinanzierung mit einer Zuwendung in der Regel mit bis zu 70 Pro-zent der zuwendungsfhigen Gesamtausgaben des geplanten Vorhabens. Eine Frderung fr bereits begonnene Vorhaben ist ausgeschlossen. Die Antragsunterlagen, den Frder-leitfaden Neue Qualitt der Arbeit sowie weitere Hinweise und Nebenbestimmungen finden Sie unter www.inqua.de. bmas /n

    Gesetzliche Unfallversicherung

    G7-Beschluss zu Vision Zero FundDie Berufsgenossenschaften und Unfall-kassen begren den jngsten Beschluss der G7, einen Fonds fr mehr Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit welt-weit zu schaffen. Auf dem Weltkongress fr Sicherheit und Gesundheit bei der Ar-beit im vergangenen Jahr in Frankfurt ha-ben wir zusammen mit der Internationalen Arbeitsorganisation und der Internationa-len Vereinigung fr soziale Sicherheit die Vision einer Welt ohne tdliche Arbeitsun-flle vorgestellt, sagte Dr. Joachim Breu-er, Hauptgeschftsfhrer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Berlin. Es freut uns sehr, dass diese

    Vision Zero so schnell zu konkreten po-litischen Manahmen fhrt. An der Ent-wicklung des Vision Zero Fund habe sich die gesetzliche Unfallversicherung mit kon-kreten Vorschlgen beteiligt.

    Die gesetzlichen Unfallversicherer set-zen sich bereits seit Jahrzehnten fr bes-sere Arbeitsbedingungen ein. Sie beraten Lnder wie China, Indien und seit kurzem auch Bangladesch beim Aufbau von Insti-tutionen, die Menschen gegen die Folgen von Arbeitsunfllen und Berufskrankhei-ten versichern und die Unternehmen im Arbeitsschutz untersttzen. Aus diesen

    Kontakten wissen wir, dass noch viel zu tun ist, um menschenwrdige Arbeit fr alle Menschen zu verwirklichen, berich-tet Breuer. Wir wissen aber auch, dass Verbesserungen mglich sind. Bei vielen Regierungen habe sich in den vergangenen Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass Arbeitsschutz eine wichtige Voraussetzung fr die nachhaltige wirtschaftliche und so-ziale Entwicklung sei. Unter www.dguv.de > Internationales findet sich ein berblick ber die Beratungsprojekte der gesetzli-chen Unfallversicherung. dguv/n

    252525

    BERICHTE UND INFORMATIONEN5/6 2015 BG RCI.magazin

    Die Forum protecT-Reihe der BG RCI wird 2015 und 2016 mit zwei weiteren Veranstal-tungen fortgesetzt. Die Termine:

    8. 9. Dezember 2015, Bad Wildungen

    16. 17. Februar 2016, Magdeburg

    Nhere Informationen zum Programm und zu den Anmeldemodalitten finden Sie rechtzeitig unter www.forum.protect.de. nul

    Neue Termine

    Forum protecT 2015/2016

  • BG RCI.magazin 5/6 2015AUS DER PRAXIS

    Knauf Gips KG, Niederauem

    Das A-Team

    Die Arbeit des A-Teams des Arbeitssi-cherheits-Teams der Knauf Gips KG in Bergheim-Niederauem ist nicht ganz so abenteuerlich, aber es handelt sich doch um eine Spezialeinheit im eigenen Haus. Das Unternehmen verarbeitet pro Jahr rund 240.000 Tonnen REA-Gips Gips aus den Rauchgasentschwefelungsanlagen des benachbarten RWE-Kraftwerks. ber eine Autoklavierung, Trocknung und Mahlung stellt der Betrieb Produkte fr Fubden her, den sogenannten Flie-Estrich. Das Werk beschftigt 38 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

    Eigentlich befindet sich das Unternehmen in puncto Arbeitssicherheit und Gesundheits-schutz auf hohem Niveau und trgt das G-tesiegel der BG RCI bereits seit mehreren Jahren. Warum dann die Grndung eines Arbeitssicherheits-Teams?

    Das ging uns alles noch nicht weit genug, sagt Guido Osterhammel, Mitglied des A-Teams. Schlielich geht es um uns als Beschftigte. Unser Leitsatz ist: Jede Mitar-

    beiterin und jeder Mitarbeiter soll den Ar-beitsplatz genauso gesund verlassen, wie er gekommen ist.

    Wer kennt sie nicht, die Mnner vom A-Team? Gemeint sind die Akteure jener Fernsehserie, in der vier Mnner im Mit-telpunkt stehen und berzeugend solche Werte verkrpern wie Loyalitt und Teamfhigkeit. Im Stile Robin Hoods hel-fen sie Menschen, die in Not geraten sind. Befindet sich die Gruppe einmal in einer scheinbar ausweglosen Situation, findet sie trotz aller Widrigkeiten stets eine Lsung eine erfolgreiche Spezialeinheit eben.

    Das A-Team wurde 2011 gegrndet und ar-beitet seitdem fr den Arbeits- und Gesund-heitsschutz. Adolf Neunzig, Jrg Kreiterling und Martin Holtz von der Produktion sowie Daniel Wulff-Janssen, Anwendungstechnik, und Guido Osterhammel, Instandhaltung, wollen Sicherheit und Gesundheit bei allen Kolleginnen und Kollegen frdern, die ef-fektive Unfallverhtung und den Gesund-heitsschutz im Werk erhalten und das Si-cherheits- und Gesundheitsbewusstsein nachhaltig ausbauen. Und das schnell, unbrokratisch und basisorientiert. Da-bei bleiben die gesetzlichen Vorgaben natrlich nicht unbeachtet. Auch ein Ein-greifen in den Verfahrensprozess oder die Anlagentechnik ohne Rcksprache mit der Werkleitung ist nicht erlaubt.

    Das Team, in dem brigens alle Mit-glieder gleichberechtigt sind, arbei-tet eigenstndig, es gibt keine direkte Berichterstattung an die Werkleitung. Die Gruppe verfgt ber ein eige-nes Budget, mit dessen Hilfe sich so manches rasch umsetzen lsst.

    So prsentiert sich die Knauf Gips KG in Bergheim-Niederauem aus der Luft. Fotos: knauf

    2626

    Hier stellt sich das A-Team das Team Arbeits-sicherheit mit seinem Aufgabenspektrum per Plakat vor.

  • 5/6 2015 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    Festgelegt wurde, sich einmal im Monat zu treffen und alle anstehenden Aufgaben zu besprechen. Eine regelmige Rotation sorgt dafr, dass alle Beschftigten die Gelegenheit haben, sich mit neuen Ideen einzubringen.

    Die Aufgaben des A-Teams sind weit ge-fchert. So gibt es zum Beispiel Hilfestel-lung bei den Unterweisungen mit einem anschlieenden Rundgang zur Feststellung von Gefhrdungen und Belastungen. Dazu gehren persnliche Vor-Ort-Gesprche, wo-bei jeder zu Wort kommt im rechten Ton, um das besondere Betriebsklima zu erhal-ten und zu frdern. Auch die Optimierung der persnlichen Schutzausrstung ist ein wesentliches Thema.

    Aber auch im Brand- und Umweltschutz sind die Mitglieder des A-Teams aktiv. Dabei wer-den Mitarbeiter auf die Gefahren aufmerk-sam gemacht, zum Beispiel das Erkennen von Brandlasten, und gemeinsam wird nach Lsungen gesucht, etwa wenn es um die Zu-gnge zu den Feuerlschern geht. Lehrgnge zum Brandschutz werden gefrdert, eben-so Evakuierungsbungen oder die Hand-habung der Feuerlscher. Darber hinaus gibt es Hinweise zum ordnungsgemen Umgang mit umweltgefhrdenden Stoffen

    und deren Entsorgung. Auch Energiespar-manahmen stehen im Fokus.

    Wir wollen auch Hilfestellung geben, um Ausfallzeiten durch psychische Belastun-gen zu minimieren. In Zeiten von Arbeits-verdichtung, Zeitdruck, Stress und demo-graphischem Wandel darf das nicht unter den Tisch fallen, sagt Osterhammel.

    Viele Ideen und Anregungen wurden bis heute umgesetzt. So wurde eine elek trisch angetriebene Sackkarre fr den Treppen-transport angeschafft oder ein geeigne-ter bergang ber eine Dampfleitung in der Produktionshalle installiert. Das Ri-siko, irgendwo im Betrieb abzustrzen, wurde durch eine ganze Reihe von Ma-nahmen minimiert. Auch die Rutschgefahr auf Treppen wurde durch die Anbringung von Treppenkantenprofilen wesentlich reduziert.

    Alle Ttigkeiten und Projekte, die das A-Team der Knauf Gips KG durchfhrt, werden allen Beschftigte monatlich per Newsletter bekanntgegeben. Osterham-mel: Wir haben es geschafft, die Kom-munikation zwischen der Werkleitung, den Vorgesetzten und den Mitarbeitern zu verbessern und unsere Kolleginnen und

    272727

    Einmal im Monat informiert ein Newsletter die Be-legschaft ber die jngsten Sicherheitsmanahmen und -projekte des A-Teams.

    Kollegen zu sensibilisieren, besser auf-einander aufzupassen. Das funktioniert brigens auch mit unseren Fremdfirmen.

    Wir gemeinsam fr uns. Das A-Team setzt dieses Motto vorbildlich, erfolgreich und nachhaltig um. Wir alle wollen gesund bleiben auf dem Weg zur Arbeit und zu-rck nach Hause, an der Arbeitsstelle und natrlich auch in der Freizeit. Die Arbeit des A-Teams der Knauf Gips KG ist loh-nenswert und nachahmenswert.

    Alwin Knigsmann, BG RCI, Bonn

    Das A-Team sorgte hier fr eine Absturz-sicherung am Mischerzugang.

    Treppenkantenprofile mit Antirutschbelag machen diese und andere Treppen jetzt sicherer.

    Neu gestaltet: Der bergang ber eine Dampf leitung.

  • BG RCI.magazin 5/6 2015AUS DER PRAXIS

    Kann GmbH Baustoffwerke, Frstenfeldbruck

    1.000 Tage unfallfrei!

    Eine besondere Leistung in Sachen Arbeits-sicherheit hat zuletzt auch das Werk Frs-tenfeldbruck der Kann GmbH Baustoffwerke erzielt: Das Werk arbeitet seit ber 1.000 Tagen ohne Arbeitsunfall.

    Wenn man bedenkt, welche zum Teil schmerzhaften Verletzungen bei Arbeits-

    unfllen entstehen, kann man ermessen, wie viel durch diese hervorragende Leistung fr die Gesundheit der Mitarbeiter erreicht wurde, sagt Wilhelm Neiser, Technischer Leiter bei der Kann GmbH. Nahezu ber drei Jahre gelang es den mehr als 30 Beschf-tigten, sich vor den unangenehmen Folgen eines Arbeitsunfalls zu schtzen.

    Die alleinige Beachtung der Arbeitssicher-heitsvorschriften reicht hierfr nicht aus. Neiser: Es bedarf eines hohen Maes an Aufmerksamkeit und Umsi