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Neues aus der Sozialversicherung Stand Januar 2018 Praxis + Recht Seminar

Neues aus der Sozialversicherung - DAK-Gesundheit · PDF fileKrankenversicherung allgemein (7,30 % AN und 7,30 % AG) 14,60 % + (ZB) – durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz (begrenzter

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Neues aus der SozialversicherungStand Januar 2018

Praxis + Recht Seminar

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Impressum

Herausgeber: DAK-Gesundheit, Nagelsweg 27–31, 20097 Hamburg Internet: www.dak.de

© 2017 DAK-Gesundheit

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung nur nach schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Aus Gründen der Lesbarkeit werden in diesen Unterlagen durchgehend die männlichen Wortformen verwendet, auch wenn geschlechtsneutrale Aussagen getroffen werden sollen.

Alle Informationen sind sorgfältig recherchiert worden. Trotzdem kann für die Richtigkeit keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere kann es durch nachträgliche Rechtsänderungen zu anderen Sachverhalten kommen.

Redaktionsschluss: 22. Dezember 2017 Stand: Januar 2018

Redaktion: MBO Verlag GmbH, Annette Gräber, Achtermannstr. 19, 48143 Münster

Art.-Nr.: 330501-DAK

Bildnachweis Titel: pressmaster/Fotolia

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Inhalt

1. Werte der Sozialversicherung 2018 .............4

1.1. Übersicht über alle sozialversicherungsrele-

vanten Beitragssätze, Bemessungsgrenzen,

Beitragszuschüsse ...............................................4

1.2 Sachbezüge ..........................................................5

1.3 Sonstige Werte ....................................................5

2. Fälligkeiten 2018

Abgabe-/Fälligkeitstermine 2018 ........................7

3. Melderecht ........................................................8

3.1 Bestandsprüfungen bei der DEÜV .......................8

3.2 Änderungen beim Datenaustausch

Entgeltersatzleistungen .......................................8

3.3 Neue Personengruppe .........................................9

3.4 Meldekennzeichen Saisonarbeitnehmer .............9

3.5 A1-Bescheinigung bei Entsendung ....................10

3.6 Gefahrtarifabgleich beim

digitalen Lohnnachweis UV ...............................10

3.7 Sondermeldung 57 .............................................10

3.8 sv.net ..................................................................11

4. Versicherungsrecht .......................................12

Jahresarbeitsentgeltgrenze – Beurteilung von

Versicherungsfreiheit/Versicherungspflicht ......12

4.1 Feststellung des Jahresarbeitsentgelts ............12

4.2 Regelmäßigkeit des Arbeitsentgelts .................12

4.3 Familienzuschläge .............................................12

4.4 Vorausschauende Betrachtung ..........................12

4.5 Allgemeine/Besondere Jahresarbeits-

entgeltgrenze (JAEG) .........................................12

4.6 Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze

zu Beschäftigungsbeginn ...................................12

4.7 Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze

während der Beschäftigung...............................13

4.8 Verringerung des Jahresarbeitsentgelts ...........13

4.9 Anhebung der JAEG ..........................................14

4.10 Voraussetzungen für die Befreiung

von der Versicherungspflicht .............................14

4.11 Wirkungen der Befreiung von der

Versicherungspflicht ..........................................14

4.12 Elternzeit und JAEG ...........................................15

4.13 Auswirkung auf die Pflegeversicherung ............16

4.14 Ende der Versicherungsfreiheit .........................16

5. Werkstudenten ...............................................17

5.1 Das Werkstudentenprivileg ...............................17

5.2 Beschäftigungen während der Vorlesungszeit

mit wöchentlicher Arbeitszeit über 20 Stunden

(Abend/Nacht und Wochenende) ......................17

5.3 Befristete Studentenjobs ...................................17

5.4 Beschäftigungen in Semesterferien .................18

5.5 Weitere Detailanpassungen ..............................18

6. Beschäftigung von Rentnern

(Flexirente) ......................................................19

6.1 Versicherungspflicht – Grundsatz .....................19

6.2 Übersicht Regelaltersgrenze..............................19

6.3 Fallkonstellationen zur Beurteilung

von Altersvollrentnern (ab 01.01.2017) .............20

6.4 Neue Hinzuverdienstregelungen .......................20

6.5 Stufenlose Teilrenten .........................................20

6.6 Rentenangleichung Ost .....................................21

7. Beschäftigung von Menschen

mit Behinderung .............................................22

7.1 Budget für Arbeit ...............................................22

7.2 Inklusionsbeauftragter .......................................22

7.3 Rechte der Schwerbehindertenvertretung:

Kündigung eines Schwerbehinderten ................23

8. Arbeitsrecht ....................................................24

8.1 Reform des Mutterschutzrechts ........................24

8.2 Entgelttransparenzgesetz ..................................26

8.3 Betriebsrentenstärkungsgesetz .........................28

8.4 Tarifeinheitsgesetz (BVerfG-Urteil) ....................30

9. Steuerrecht ......................................................31

9.1 Kindergeld und Kinderfreibeträge .....................31

9.2 Geringwertige Wirtschaftsgüter ........................31

9.3 Lohnsteuerliche Einordnung der Überlassung

von Fahrrädern an Arbeitnehmer ......................32

9.4 Häusliches Arbeitszimmer (Urteile) ...................34

9.5 Einordnung von Deutschkursen

für Flüchtlinge ....................................................35

10. Weitere relevante Themen ...........................36

Brexit ..................................................................36

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Werte der Sozialversicherung 2018

Auf dieser und den folgenden Seiten haben wir die für Sie praxisrelevanten Rechengrößen und Beitragssätze sowie sonstige Grenzwerte tabellarisch zusammengestellt.

1. Werte der Sozial- versicherung 2018

West Ost

monatliche Beitragsbemessungsgrenzen– Kranken-/Pflegeversicherung 4.425,00 EUR– Renten-/Arbeitslosenversicherung 6.500,00 EUR 5.800,00 EUR

Beitragssätze*Krankenversicherung allgemein (7,30 % AN und 7,30 % AG) 14,60 % + (ZB)– durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz (begrenzter Personenkreis) 1,0 %– kassenindividueller Zusatzbeitragssatz der DAK 1,5 %Krankenversicherung ermäßigt (7,00 % AN und 7,00 % AG) 14,00 %Pflegeversicherung 2,55 % (AG 1,275 %, AN 1,275 %)Zuschlag für Kinderlose 0,25 %Besonderheit Sachsen 2,55 % (AG 0,775 %, AN 1,775 %)Rentenversicherung 18,60 %Knappschaftliche Rentenversicherung 24,70 %Arbeitslosenversicherung 3,00 %Künstlersozialabgabe 4,20 %Insolvenzgeldumlage 0,06 %

Höchstbeiträge monatlich– Krankenversicherung (allgemein 14,60 %) 646,05 EUR– Krankenversicherung (ohne Krankengeldanspruch 14,00 %) 619,50 EUR

(plus kassenindividueller Zusatzbeitrag) 66,38 EUR– Pflegeversicherung 112,84 EUR– Pflegeversicherung für Kinderlose 123,90 EUR– Rentenversicherung 1.209,00 EUR 1.078,80 EUR– Arbeitslosenversicherung 195,00 EUR 174,00 EUR

Jahresarbeitsentgeltgrenze 59.400,00 EURJahresarbeitsentgeltgrenze (Bestandsfälle PKV) 53.100,00 EUR

monatliche Bezugsgröße– Kranken-/Pflegeversicherung 3.045,00 EUR– Renten-/Arbeitslosenversicherung 3.045,00 EUR 2.695,00 EUR

jährliche Bezugsgröße– Kranken-/Pflegeversicherung 36.540,00 EUR– Renten-/Arbeitslosenversicherung 36.540,00 EUR 32.340,00 EUR

Beitragszuschüsse zur gesetzlichen und privaten KV– freiwillige KV/private KV 323,03 EUR– freiwillige KV/private KV ohne Krankengeldanspruch 309,75 EUR

Beitragszuschuss zur Pflegeversicherungallgemein 56,42 EURBeschäftigung in Sachsen 34,29 EUR

1.1 Übersicht über alle sozialversicherungsrelevanten Beitragssätze, Bemessungsgrenzen, Beitragszuschüsse

* Den kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz trägt der Arbeitnehmer allein. Für bestimmte Personenkreise (vgl. § 242 Abs. 3 SGB V) gilt der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz gem. §242a SGB V. Versicherte ohne Kinder, die nach dem 31.12.1939 geboren wurden und das 23. Lebensjahr vollendet haben, zahlen in der Pflegeversicherung einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 0,25 %.

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Werte der Sozialversicherung 2018

1.2 Sachbezüge

Sachbezugswerte 2017 2018

– Verpflegung 241,00 EUR (Frühstück 51,00 EUR, 246,00 EUR (Frühstück 52,00 EUR, Mittag- und Abendessen jeweils 95,00 EUR) Mittag- und Abendessen jeweils 97,00 EUR)

– Unterkunft 223,00 EUR (für Jugendliche bis zur Vollendung 226,00 EUR (für Jugendliche bis zur Vollendung des des 18. Lebensjahres und Azubis 189,55 EUR) 18. Lebensjahres und Azubis 192,10 EUR)

Anwartschaftsversicherung in der KVBemessungsgrundlage (10 % der mtl. Bezugsgröße) 304,50 EUR

Einkommensgrenze für Familienversicherung– wegen Höhe des Gesamteinkommens 435,00 EUR– bei Ausübung eines Minijobs 450,00 EUR

Beiträge von VersorgungsbezügenBeitrag aus 1/20 der mtl. Bezugsgröße 152,25 EUR

Beiträge für Studenten (Beitragssatz 7/10 des allgemeinen Beitragssatzes KV – mithin 10,22 %, Bedarfssatz 649,00 EUR) gilt seit WS 2016– KV (ohne kassenindividueller Zusatzbeitrag) 66,33 EUR– kassenindividueller Zusatzbeitrag 9,74 EUR– PV (Kinderlose) 16,55 EUR (18,17 EUR)– ab 01.01.2018 keine Veränderungen

Beitragszuschuss für BAföG-Bezieher gem. § 13a BAföG – KV 71,00 EUR– PV 15,00 EUR

Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge für West Ostversicherungspflichtige Praktikanten ohne Arbeitsentgelt (Bemessungsgrundlage: 1 % der mtl. Bezugsgröße)– RV 5,66 EUR 5,01 EUR– ALV 0,91 EUR 0,81 EUR

Höchstkrankengeld (PV, RV, ALV) Monat KalendertagBeiträge daraus 375,60 EUR 12,52 EUR

1.3 Sonstige Werte

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Werte der Sozialversicherung 2018

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2017 2018

Umlageversicherung (Erstattungssatz in Klammern) – U1 2,00 % (bei 70 %)

1,30 % (bei 50 %) 1,70 % (bei 60 %) 3,90 % (bei 80 %)

– U2 0,38 % (bei 100 %)

2,20 % (bei 70 %) 1,50 % (bei 50 %) 1,90 % (bei 60 %) 3,90 % (bei 80 %)

0,47 % (bei 100 %)

Beitragssätze für geringfügig Beschäftigte i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IVKrankenversicherung 13,00 %– Beschäftigte im Haushalt 5,00 %Rentenversicherung 15,00 %– Beschäftigte im Haushalt 5,00 %Pauschalsteuersatz 2,00 %

Umlageversicherung der Minijob-Zentrale – U1 0,90 % (bei Erstattungssatz von 80 %)– U2 0,24 % (bei Erstattungssatz von 100 %)

Gleitzone und Faktor F – Gleitzone 450,01 – 850,00 EUR– Faktor F 0,7547 (ausgehend von 14,6 % KV, 18,6 % RV, 2,55 % PV, 3,00 % ALV, Ø-ZB 1,0 %)

– lange Formel F x 450 + ([850/(850-450)] - [450/(850-450)] x F) x (AE-450)

– verkürzte Formel beitragspflichtige Einnahme = 1,2759625 x AE – 234,568125*

* Die Formel ist abhängig von den dem Faktor F zugrundeliegenden Beitragssätzen.

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Fälligkeiten 2018

Unabhängig von der Wahl des Abrechnungsverfahrens werden die ermittelten Gesamtsozialversicherungsbeiträge (einschließlich der Zusatzbeiträge) spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Mo-nats fällig. Die Beitragsnachweise sind jeweils zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln.

Die Fälligkeits- und Abgabetermine 2018 können Sie der folgenden Übersicht entnehmen.

2. Fälligkeiten 2018Abgabe-/Fälligkeitstermine 2018

2018 Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.

Beitragsnachweis 25. 22. 23. 24. 25. 25. 25. 27. 24. 25. 26. 19.

FälligkeitGSV-Beitrag

29. 26. 27. 26. 29. 27. 27. 29. 26. 29. 28. 21.

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Das neue Verfahren gilt für alle DEÜV-Meldungen, nicht jedoch für Sofortmeldungen und UV-Jahresmeldungen.

Die geänderten Daten kann der Arbeitgeber in seinen Daten- bestand übernehmen, er ist jedoch nicht dazu verpflichtet. Unabhängig davon, ob er die Daten in seinen Bestand übernimmt, hat er den gemeldeten Arbeitnehmer über jede Änderung einer ihn betreffenden DEÜV-Meldung zu informieren.

In den Fällen, in denen eine Änderung der Daten im Bestands-prüfungsverfahren nicht möglich ist, ist weiterhin eine Stornie-rung und Neuerstattung der Meldungen durch den Arbeitgeber erforderlich.

3.2 Änderungen beim Datenaustausch Entgeltersatzleistungen

Wenn Leistungsträger für Leistungen wie Krankengeld, Kinder-krankengeld, Mutterschaftsgeld und ähnliche Entgeltersatzleis- tungen (EEL) Angaben über das Beschäftigungsverhältnis benöti-gen, fordern sie vom Arbeitgeber eine Entgeltbescheinigung an. Dies erfolgt im Datenaustauschverfahren Entgeltersatzleistungen. Mit dem 6. SGB IV-Änderungsgesetz kam es auch bei diesem Datenaustauschverfahren zu einigen Änderungen im Detail. Daher gelten für dieses Verfahren nun neue Gemeinsame Grundsätze nach § 107 SGB IV vom 16.03.2017.

Seit 01.01.2018 gilt der neue Datensatz in der Version 9 – und zwar auch für Nachweiszeiträume vor diesem Stichtag. Bis 31.03.2018 werden allerdings auch noch die Mitteilungen der

3.1 Bestandsprüfungen bei der DEÜV

Neu ist dabei vor allem, dass die Daten, die aufgrund der gemein- samen Aufklärung abgeändert werden müssen, direkt von den Einzugsstellen geändert werden können und dann in einem geson-derten Datenbaustein an den Meldepflichtigen zurückgemeldet werden, damit die Datenbestände bei allen Beteiligten identisch sind. Dies ist der Datenbaustein Bestandsabweichung Melde- verfahren (DBBM).

Ausgenommen von diesem neuen Bestandsprüfungsverfahren blei-ben das Zahlstellenmeldeverfahren, das Erstattungsverfahren nach dem AAG sowie der Datenaustausch zu Entgeltersatzleistungen. In diesen Meldeverfahren bestehen bereits Meldedialoge, durch die die Zwecke einer Bestandsprüfung erreicht werden.

Der Bestandsdatenabgleich im DEÜV-Meldeverfahren ist am 01.01.2018 gestartet. Zum 01.01.2019 ist eine Erweiterung in Bezug auf die Beitragsnachweise geplant.

Ablauf der Bestandsprüfung seit 01.01.2018

Nach Eingang einer DEÜV-Meldung vom Arbeitgeber gleicht die Einzugsstelle die darin gemeldeten Daten mit den Bestandsdaten ab. Stellt sie dabei einen Fehler fest, hat sie diesen – wie bislang auch schon – gemeinsam mit dem Meldepflichtigen z. B. durch ein Telefonat aufzuklären.

Während fehlerhafte Meldungen bislang durch den Meldepflich-tigen zu stornieren und neu zu erstatten waren, besteht seit dem 01.01.2018 die Möglichkeit, dass die Meldedaten bei der Einzugs-stelle (z. B. bei der Krankenkasse) geändert werden.

Wählen die Beteiligten diesen Weg, muss die Einzugsstelle die Änderung unverzüglich mit dem Datenbaustein Bestandsabwei-chung Meldeverfahren (DBBM) an den Meldepflichtigen über- mitteln.

Melderecht

3. Melderecht

Hintergrund:

Im Zuge des Projekts zur Optimierung der Meldeverfahren in der sozialen Sicherung (OMS) wird das elektronische Melde- verfahren seit einer Reihe von Jahren erweitert und verbes-sert. Eine dieser Maßnahmen besteht darin, die vom Arbeit-geber übermittelten Meldedaten bei den Einzugsstellen auf Übereinstimmung mit den vorliegenden Bestandsdaten zu prüfen und einen elektronischen Rückmeldemechanismus zu etablieren. Ursprünglich war daran gedacht worden, fehler-hafte Meldungen von Arbeitgebern rigoros zurückzuweisen. Stattdessen wurde mit dem 6. SGB IV-Änderungsgesetz ein Verfahren festgelegt, bei dem die Einzugsstellen festge-stellte Abweichungen gemeinsam mit dem Meldepflichtigen aufklären sollen.

Beispiel:

Sachverhalt: Der 17-jährige Klaus M. beginnt zum 01.09.2018 eine Ausbildung als Technischer Produkt- designer Fachrichtung Maschinen- und Anlagenkonstruktion. Der Arbeitgeber übermittelt folgende DEÜV-Meldung:

Anmeldung / Abgabegrund 10 / Personengruppe 101 / Beitragsgruppe 1111 / 01-09-2018

Die zuständige Einzugsstelle stellt fest, dass der Arbeit-geber für ihn die falsche DEÜV-Personengruppe verwendet hat. Gemeldet wurde die DEÜV-Personengruppe 101 „Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne besondere Merkmale“. Richtig gewesen wäre die DEÜV-Personen- gruppe 102 „Auszubildende“. Dies wird mit dem Arbeitgeber in einem Gespräch geklärt.

Beurteilung: Die Einzugsstelle kann den Personengruppen-schlüssel in der DEÜV-Meldung im Bestandsprüfungsverfah-ren direkt ändern. Dem Arbeitgeber wird die Änderung mit dem neuen Datenbaustein DBBM übermittelt. Der Arbeitge-ber muss die fehlerhafte Meldung nicht stornieren und nicht neu erstatten.

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Für Arbeitnehmer, die nicht gesetzlich, sondern privat kranken- versichert sind, ist eine solche Abfrage nicht möglich.

Einzelheiten des Verfahrens sind beschrieben in der „Verfahrens-beschreibung für die Erstattung der Mitteilungen im Rahmen des Datenaustausches Entgeltersatzleistungen nach § 107 SGB IV“ vom 22.05.2017 und in den dazugehörigen Anlagen.

3.3 Neue Personengruppe

3.4 Meldekennzeichen Saisonarbeitnehmer

2013 wurde die sogenannte obligatorische Anschlussversicherung in der GKV eingeführt: Für Personen, die aus der Versicherungs-pflicht oder der Familienversicherung ausscheiden, wird die Mitgliedschaft im unmittelbaren Anschluss als freiwillige Kran-kenversicherung fortgeführt (§ 188 Abs. 4 SGB V). Dies gilt nicht, wenn die betreffende Person innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten ihren Austritt erklärt und eine anderweitige Absicherung im Krankheits-fall nachweist.

Die Regelung, die als Sicherung gegen den unbeabsichtigten Verlust des Krankenversicherungsschutzes gedacht war, hat in einer bestimmten Konstellation jedoch zu Fehlentwicklungen geführt. Bei ausländischen Saisonarbeitnehmern wurde häufig die obligatorische Anschlussversicherung durchgeführt, weil eine Sachverhaltsaufklärung (z. B. aufgrund unbekannter Anschrift im Heimatort) nicht möglich war.

Zum 01.01.2018 wurde daher für Saisonarbeitnehmer dazu eine Ausnahmeregelung geschaffen (§ 188 Abs. 4 S. 4–7 SGB V). Endet die Versicherungspflicht mit dem Ende der Saisonbeschäftigung, setzt sich die Versicherung nur dann fort, wenn diese Personen

Q innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Versicherungs-pflicht ihren Beitritt zur freiwilligen Versicherung gegenüber ihrer bisherigen Krankenkasse erklären und

Q ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nachweisen.

Arbeitgeber aus der Vorgängerversion verarbeitet. Der neue Datensatz enthält folgende Ergänzungen:

Q Abgabegrund „99“, mit dem der Wechsel der meldenden Stelle mitgeteilt wird.

Q Beendigungsgrund „06“, der um die geänderten Bedingungen im Mutterschutzrecht erweitert wurde. Als Verlängerungstatbe-stand für die Schutzfrist wurde auch die festgestellte Behinde-rung eines Kindes mit aufgenommen.

Q Ausweitung der Einzelfallgruppen nach Anlage 3 zu dem Gemeinsamen Rundschreiben, also der Gruppen, bei denen kein elektronisches Meldeverfahren wirtschaftlich durchzufüh-ren ist, auf Meldungen zur Änderung der Arbeitsentgelthöhe während der Mutterschutzfristen.

Von größerem Interesse für Arbeitgeber ist eine Änderung bei den Anfragen zu Vorerkrankungszeiten bei gesetzlich kranken- versicherten Arbeitnehmern, die ebenfalls im EEL-Verfahren mit dem Datenbaustein Vorerkrankungen (DBVO) und dem Abgabe-grund „41“ (Anforderung Vorerkrankungsmitteilungen) erfolgen.

Damit die Menge der Anfragen auf das notwendige Maß be-schränkt bleibt, ist wie bisher Voraussetzung für eine Anfrage, dass

Q für die aktuelle Arbeitsunfähigkeit ein Nachweis vorliegt und Q in den letzten sechs Monaten vor Beginn der aktuellen Arbeits-

unfähigkeit mindestens eine bescheinigte potenzielle Vorer-krankung in Bezug auf die aktuelle Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber vorliegt.

Seit dem 01.01.2018 ist es zusätzlich erforderlich, dass

Q die Zeiten der anzufragenden Arbeitsunfähigkeiten – ein-schließlich der aktuellen – insgesamt mindestens 30 Tage umfassen.

Melderecht

Hinweis:

Werden in Entgeltabrechnungssystemen die Fehlzeiten mit einem offenen Ende verwaltet, ist zur Prüfung der Frist die AU mit einer Dauer von einer Woche in die Zukunft ab dem Tagesdatum zu beurteilen.

Beispiel:

Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig krank. Er hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, die ab 31.08.2018 gilt. Es besteht noch eine anrechenbare Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 01. bis 10.06.2018. Außerdem war der Arbeitnehmer in der Zeit vom 14. bis 17.05.2018 ebenfalls erkrankt. Es ist kein voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit erfasst. Das aktuelle Datum ist der 03.09.2018.

Beurteilung: Die aktuelle Fehlzeit wird für die Beurteilung der Anfrage um die Dauer einer Woche verlängert, also bis zum 09.09.2018. Die Anfrage ist nicht zulässig, da die kumulierten Zeiten der angefragten Arbeitsunfähigkeiten (10 Tage + 4 Tage + 10 Tage = 24 Tage) nicht mindestens 30 Tage umfassen.

Hinweis:

Für beschäftigte Altersvollrentner, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben, gilt seit dem 01.01.2017 die neue Personengruppe 120. Erläuterungen und Beispiele dazu finden Sie unter dem Gliederungspunkt 6 „Beschäftigung von Rentnern“.

Definition von Saisonarbeitern

Ein Saisonarbeitnehmer ist ein Arbeitnehmer, der

Q vorübergehend für eine versicherungspflichtige, auf bis zu acht Monate befristete Beschäftigung in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist,

Q um mit seiner Tätigkeit einen jahreszeitlich bedingten, jährlich wiederkehrenden erhöhten Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers abzudecken.

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Melderecht

Der Arbeitgeber hat seit 01.01.2018 Saisonarbeitnehmer bei der DEÜV-Anmeldung gesondert zu kennzeichnen. Die Angabe ist erforderlich bei Beschäftigten mit ständigem Wohnsitz im Ausland, die vorübergehend einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland nachgehen und danach voraussichtlich in das Heimatland zurückkehren. Sie ist nur bei gesetzlich krankenversi-cherten Beschäftigten und für Meldezeiträume ab dem 01.01.2018 erforderlich; nicht erforderlich ist sie bei geringfügig Beschäftig- ten sowie bei Beschäftigten, die ausschließlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind (Personengruppen 109, 110, 190).

Die Angabe zum Kennzeichen „Saisonarbeitnehmer“ ist nur in Anmeldungen aufgrund des Beginns eines Beschäftigungsver- hältnisses sowie der gleichzeitigen An- und Abmeldung (Abgabe-gründe 10 und 40) erforderlich.

3.5 A1-Bescheinigung bei Entsendung

Der Vordruck A1 bescheinigt, welche Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit auf einen Beschäftigten in der EU/EWR oder der Schweiz anzuwenden sind. Entsprechend der Verordnung 883/04 gelten für eine Person stets nur die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit eines einzigen Landes. Bei einer Entsendung gilt die A1-Bescheinigung in EU/EWR-Staaten und der Schweiz als Nachweis gegenüber den Sozialversicherungsträgern, dass für den betreffenden Beschäftigten in Deutschland ein Sozialversiche-rungsschutz besteht.

Bislang wurden A1-Bescheinigungen vom Arbeitgeber in Papier-form angefordert und ebenso von den Krankenkassen übermittelt. Zwischen dem 01.01.2018 und dem 01.01.2019 wird das Verfahren in drei Schritten auf elektronische Kommunikation umgestellt:

Seit 01.01.2018 können Arbeitgeber einen Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung durch Datenübertragung aus einem systemgeprüften Programm oder mittels einer maschinell erstell-ten Ausfüllhilfe übermitteln. Das Antragsverfahren in Papierform bleibt aber weiterhin noch zulässig.

Ab 01.07.2018 erfolgen die Rückmeldungen der zuständigen Stellen – die Ablehnung oder Übermittlung der Daten der A1-Bescheinigung – innerhalb von drei Arbeitstagen in digitaler Form, wenn der Antrag auch elektronisch gestellt worden ist. Von den Entgeltabrechnungsprogrammen werden die Daten in ein druck-bares PDF-Dokument umgewandelt.

Ab 01.01.2019 wird das elektronische Verfahren für alle Betei- ligten verbindlich.

Bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern ist die zustän- dige Krankenkasse die für die A1-Bescheinigung zuständige Stelle. Für Beschäftigte, die nicht gesetzlich krankenversichert sind, ist die Deutsche Rentenversicherung oder gegebenenfalls die Arbeits- gemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen zu- ständig.

3.6 Gefahrtarifabgleich beim digitalen Lohnnachweis UV

Der digitale Lohnnachweis gilt seit 01.01.2017. Derzeit läuft noch die Erprobungsphase, das heißt parallel werden auch noch die herkömmlichen Lohnnachweise in Papierform oder per E-Mail-Anhang erfasst. Ab 2019 soll für das Umlagejahr 2018 dann nur noch das digitale Verfahren aus systemgeprüften Entgeltabrech-nungsprogrammen oder entsprechenden Ausfüllhilfen (z. B. sv.net) die Grundlage für die Beitragsbescheide der Berufsgenossenschaf-ten darstellen. Es muss zur Qualitätssicherung für jeden elektro-nischen Lohnnachweis spätestens unmittelbar vor dem Absenden ein automatisierter Abgleich mit dem Stammdatendienst durchge-führt werden. Die Stammdatendatei muss immer den zuständigen Unfallversicherungsträger, die Mitgliedsnummer und die anzuwen-denden Gefahrtarifstellen sowie die dazugehörigen Betriebsnum-mern enthalten.

Die erforderlichen Informationen und Daten zum Verfahren (ein- schließlich Mitglieder-PIN) wurden bereits Ende 2016 von den zuständigen UV-Trägern mitgeteilt.

Da die Erfahrung gezeigt hat, dass Beschäftigte vielfach den fal- schen Gefahrtarifstellen zugeordnet sind, weil z. B. gegenüber Steuerberatern häufig die Information über den Tätigkeitswechsel eines Arbeitnehmers vergessen wird, wurde Mitte 2017 eine Empfehlung an diese Berufsgruppe ausgesprochen, auf die Richtig-keit der Gefahrtarifstelle besonders zu achten.

3.7 Sondermeldung 57

Bisher erfolgte bei Rentenantragstellung eines Beschäftigten die Anforderung einer „Gesonderten Meldung“ nach § 194 SGB VI mit Grund „57“ einzig auf dem Postweg mittels Formular R0250 an den Arbeitgeber. Die Meldung muss zum einen den Zeitraum enthalten, der im laufenden Kalenderjahr noch nicht gemeldet wurde, zum anderen darf die Meldung frühestens drei Monate vor Rentenbe-ginn durchgeführt werden.

Im Rahmen des BEA-Verfahrens (Bescheinigungen Elektronisch Annehmen) der Rentenversicherung ist es auch möglich, diese Meldung seit 01.01.2018 elektronisch anzufordern.

Seit 01.07.2017 findet ein Testlauf mit den Deutschen Rentenver- sicherungen Hessen, Saarland, Baden-Württemberg und Nord statt. Bisher ist die Teilnahme am Verfahren rvBEA freiwillig. Seit 01.01.2018 soll diese Meldung auch in den Grundmodulen der verwendeten Software enthalten sein. Trotzdem ist für die Teilnah-me weiterhin die Registrierung des Arbeitgebers erforderlich. Sie bleibt also weiterhin freiwillig. Eine genaue Verfahrensbeschrei-bung ist auf den Seiten der Rentenversicherung (www.dsrv.info) hinterlegt.

Hinweis:

A1-Bescheinigungen für Tätigkeiten im Vereinigten König-reich werden nur noch für Entsendezeiträume bis längstens 29.03.2019 ausgestellt.

Hinweis:

Seit der Einführung der 57er Meldung erfolgt die Voraus-berechnung der beitragspflichtigen Einnahmen für die Zeit zwischen Rentenantragstellung und Beschäftigungsende auf der Grundlage der in den letzten zwölf Kalendermonaten erzielten beitragspflichtigen Einnahmen durch die Deutsche Rentenversicherung.

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Melderecht

3.8 sv.net

Die elektronische Ausfüllhilfe sv.net (bedeutet „Sozialversicherung im Internet“) ist seit Jahren ein wichtiger Baustein im Melde-, Beitrags- und Bescheinigungswesen der Sozialversicherung. Mit ihr tauschen Arbeitgeber Sozialversicherungsmeldungen, Beitrags-nachweise und Bescheinigungen auf dem gesetzlich geregelten Weg mit den Sozialversicherungsträgern aus.

Die beiden Produktvarianten sv.net/online und sv.net/classic wurden in den letzten Monaten neu aufgesetzt und umbenannt.

Ziel war eine einfachere Bedienung, erweiterte Funktionalitäten und Erleichterungen beim Ausfüllen von Formularen durch dyna- mische und feldbezogene Hilfetexte. In der Folge wurden die beiden Produktvarianten bis Ende 2017 ersetzt:

Q sv.net/online, als browserbasierte Webanwendung mit der keine Daten zwischengespeichert werden können, durch sv.net/standard,

Q sv.net/classic, mit dem Firmen-, Personal- und Meldedaten auf den jeweiligen Systemen der Anwender abgespeichert werden können, durch sv.net/comfort.

Mit der weiterentwickelten Software wird unter anderem die Ver- fahrenssicherheit durch eine geänderte Benutzerverwaltung und durch die Überarbeitung von Verfahrensabläufen weiter gestei-gert. Zudem ist es jetzt möglich, Benutzerrollen spezifisch für die Nutzung unterschiedlicher Funktionen freizuschalten.

3.8.1 Benutzerrollen und Finanzierung

Für beide Produktvarianten ist nun immer zwischen kostenlosen Normal-Benutzer-Accounts und kostenpflichtigen Premium-Benutzer-Accounts zu unterscheiden. Hintergrund ist die stark zunehmende Nutzung der Produkte durch Anwender mit kommerzieller Ausrichtung oder Arbeitgeber, die sv.net für die Abgabe einer Vielzahl Meldungen genutzt haben. Für diese Anwendergruppen war sv.net bisher nicht konzipiert. Daher wer-den sie nun an den Kosten für die Bereitstellung des entsprechend erweiterten Funktionsumfangs und Services beteiligt.

Normal-Benutzern wird ein begrenzter Funktionsumfang ge- boten. Sie können mittels sv.net/standard oder sv.net/comfort nur Meldungen für die registrierte Betriebsnummer abgeben. Auch können für diese Betriebsnummer nur maximal 100 Mel-dungen pro Kalenderjahr abgegeben werden.

Zur Abgabe von mehr als 100 Meldungen jährlich, zur Nutzung durch mehr als einen Benutzer oder zur Abgabe von Meldungen für weitere Betriebsnummern ist die Registrierung als Premium-Benutzer in sv.net/standard oder sv.net/comfort erforderlich.

Die Premium-Registrierung steht seit 07/2017 in beiden Pro-grammvarianten zur Verfügung und erfordert eine Authentifi-zierung bei der neuen sv.net-Registrierungsstelle. Die Laufzeit der Premium-Mitgliedschaft beträgt drei Jahre und verlängert sich automatisch um weitere drei Jahre, wenn der Zugang nicht rechtzeitig gekündigt wird. Bitte beachten Sie diesbezüglich die bei der Bereitstellung zur Verfügung gestellten AGB. Die Kosten für die erstmalige dreijährige Mitgliedschaft belaufen sich derzeit auf insgesamt 60 Euro, die Kosten für die dreijährige Verlängerung betragen 36 Euro.

3.8.2 Produkteinführung und Zeitplan

Die Einführungsphase der Premium-Funktionalität endete am 31.12.2017. Während dieser Zeit können die Anwendungen un- eingeschränkt genutzt werden. Die genannten Begrenzungen greifen erst ab dem Zeitpunkt der Premium-Registrierung.

Praxistipp

Nutzen Sie die Migrationshilfe zur erleichterten Umstellung von sv.net/classic auf sv.net/comfort für Ihren gespeicher-ten Datenbestand (s. Benutzerhandbuch zu sv.net/comfort Version 17.1.0).

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Versicherungsrecht

Jahresarbeitsentgeltgrenze – Beurteilung von Versicherungsfreiheit/Versicherungspflicht

Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßiges Jahres- arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, in dieser Beschäftigung krankenversicherungsfrei. Die Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts und die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Folgen werden in der Praxis von den Betrieben vorgenommen und sind im Einzelfall nicht immer einfach.

Der GKV-Spitzenverband hat den Betrieben mit seinen Grundsätz-lichen Hinweisen vom 22.03.2017 eine empfehlende Entschei-dungshilfe zur Verfügung gestellt. Auf die wichtigsten Konstella-tionsmöglichkeiten in einem laufenden Beschäftigungsverhältnis möchten wir Sie hier hinweisen.

4.1 Feststellung des Jahresarbeitsentgelts

Berechnungsgrundlage zur Feststellung des regelmäßigen Jahres- arbeitsentgelts ist das regelmäßige Arbeitsentgelt (§ 14 Absatz 1 SGB IV). Alle Zuwendungen, die dem Arbeitnehmer in ursäch-lichem Zusammenhang mit der Beschäftigung gewährt werden, werden zur Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts hinzugerechnet. Bei Mehrfachbeschäftigung werden die regel-mäßigen Arbeitsentgelte aus allen Beschäftigungen zusammen-gerechnet, wenn die jeweilige Beschäftigung allein betrachtet zunächst Versicherungspflicht begründen würde.

4.2 Regelmäßigkeit des Arbeitsentgelts

Zum regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt sind alle Arbeitsentgel-te hinzuzuzählen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-keit mindestens einmal jährlich gezahlt werden. Es sind also auch regelmäßig gewährte Sonderzuwendungen bzw. Einmalzahlungen bei der Ermittlung des Jahresarbeitsentgelts zu berücksichtigen.

4.3 Familienzuschläge

Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt wer-den, bleiben bei der Berechnung des regelmäßigen Jahresarbeits-entgelts unberücksichtigt, obwohl sie als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung einzustufen sind.

4.4 Vorausschauende Betrachtung

Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt wird im Voraus für ein Zeitjahr berechnet.

Dies gilt auch bei befristeten Arbeitsverträgen mit einer Dauer von weniger als einem Jahr.

Berechnet werden muss das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt immer bei

Q Aufnahme der Beschäftigung, Q jeder wesentlichen Änderung der Einkommensverhältnisse, Q einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse, insbesondere

hinsichtlich der Arbeitsentgelteigenschaft, Q der jährlichen Anpassung der Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Entgelterhöhungen dürfen erst von dem Zeitpunkt an berücksich-tigt werden, von dem an der Anspruch auf das erhöhte Entgelt besteht – also z. B. am Ende des Monats.

4.5 Allgemeine/besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG)

Es gibt eine allgemeine und eine besondere Jahresarbeitsentgelt-grenze. Die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze, die betragsmä-ßig niedriger liegt als die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze, gilt für Arbeitnehmer, die am 31.12.2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versiche-rungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunterneh-men in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren (Bestandsschutz!). Für sämtliche übrigen Arbeitnehmer gilt die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Für 2018 gelten die folgenden Werte (vgl. auch Übersicht auf S. 4):

Allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze 59.400 EUR

Besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze 53.100 EUR

4.6 Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze zu Beschäftigungsbeginn

Wird bereits bei Beschäftigungsbeginn die JAEG durch das regel-mäßige Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Beschäfti-gung überschritten, ist die Beschäftigung ab Beginn krankenver-sicherungsfrei.

Besteht bereits eine für sich betrachtet versicherungspflichtige Beschäftigung und wird eine zusätzliche, aufgrund des Überschrei-tens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen, besteht vom Tag des Hinzutritts der weiteren Beschäftigung für den dann mehrfachbeschäftigten Arbeitnehmer auch in der bereits bestehenden Beschäftigung Versicherungsfreiheit. Dies geschieht auch dann, wenn es sich nur um einen kurzen Überschneidungszeitraum handelt.

4. Versicherungsrecht

aktueller Monatsbezug x 12

(unter Berücksichtigung der regelmäßig gewährten Sonder-zuwendungen bzw. Einmalzahlungen)

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Versicherungsrecht

4.7 Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze während der Beschäftigung

Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze im Laufe einer Beschäftigung durch Entgelterhöhung überschritten, besteht bis Ende des laufen- den Kalenderjahres Versicherungspflicht weiter. Erst mit Beginn des nächsten Kalenderjahres und zusätzlichem Überschreiten der dann geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze tritt Versicherungs- freiheit ein.

Bei einer Entgelterhöhung zum 01.01. des Jahres, die erstmalig im Laufe der Beschäftigung zu einem Überschreiten der Jahres- arbeitsentgeltgrenze führt, kommt es frühestens zum 31.12. desselben Jahres zum Ausscheiden aus der Versicherungspflicht, da der Anspruch auf das erhöhte Entgelt erst im Laufe des Kalen-derjahres entstanden ist. Entgeltzahlungsansprüche entstehen erst nach Arbeitsleistung zum Ende des Beschäftigungsmonats (§ 614 BGB). Auch bei rückwirkender Erhöhung des Arbeitsentgelts endet die Krankenversicherungspflicht mit Ablauf des Kalender- jahres, in dem der Anspruch auf das erhöhte Arbeitsentgelt ent- standen ist.

Genauso ist es auch bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgelt-grenze durch Aufnahme einer weiteren – für sich allein betrach-tet – versicherungspflichtigen Beschäftigung zusätzlich zu einer bereits bestehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Versicherungspflicht endet erst mit Ende des Kalenderjahres, in dem die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wurde. Zusätz-liche Voraussetzung ist, dass auch die Jahresarbeitsentgeltgrenze des nächsten Kalenderjahres überschritten wird.

Endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Arbeitnehmer wegen Überschreitens der maßgebenden Jahresarbeitsentgelt-grenze mit Ablauf des Kalenderjahres, wird diese grundsätzlich als freiwillige Mitgliedschaft im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung (§ 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V) ohne Nachweis von Vorversicherungszeiten fortgeführt. Das Mitglied kann allerdings innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeit seinen Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung erklären.

Dies ist aber nur dann möglich, wenn das Bestehen einer ander-weitigen Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird (z. B. durch eine Krankheitskostenvollversicherung bei einer privaten Krankenversicherung) und diese Absicherung sich lückenlos an die vorangegangene Versicherung anschließt.

4.8 Verringerung des Jahresarbeitsentgelts

Die Versicherungsfreiheit endet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG nicht mehr übersteigt. Dabei tritt das Ende der Versicherungsfreiheit unmittelbar ein, das heißt mit dem Tag, bevor die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschritten wird. Eine Reduzierung des regelmäßigen Jahres-arbeitsentgelts auf einen Betrag unterhalb der JAEG führt also zur Versicherungspflicht des Arbeitnehmers, sofern nicht andere Regelungen den Eintritt der Versicherungspflicht verhindern.

Beispiel:

Sachverhalt: Frank P. ist bei Arbeitgeber A beschäftigt. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt liegt unter der Jahres- arbeitsentgeltgrenze. Es besteht seit 01.08.2015 Kranken-versicherungspflicht.

Am 01.04.2018 nimmt er eine zusätzliche Beschäftigung bei Arbeitgeber B auf. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt bei B liegt über der JAEG.

Für sich allein betrachtet ist die Beschäftigung bei B krankenversicherungsfrei.

Beurteilung: Herr P. ist ab dem Hinzutritt der weiteren, krankenversicherungsfreien Beschäftigung am 01.04.2018 in beiden Beschäftigten krankenversiche-rungsfrei.

Beispiel:

Sachverhalt: Martin G. ist seit 01.06.2014 bei Arbeitgeber A beschäftigt. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt liegt unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze, es besteht Kranken-versicherungspflicht.

Am 01.06.2018 nimmt er eine zusätzliche Beschäftigung bei Arbeitgeber B auf. Auch in dieser Beschäftigung liegt sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt unter der Jahresarbeits-entgeltgrenze. Für sich allein betrachtet besteht in dieser Beschäftigung Krankenversicherungspflicht.

Beurteilung: Die Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte führt zur Überschreitung der JAEG 2018 ab 01.06.2018. Trotzdem besteht bis 31.12.2018 Krankenversicherungs-pflicht in beiden Beschäftigungen. Ab 01.01.2019 besteht Krankenversicherungsfreiheit, wenn JAEG auch 2019 über-schritten wird.

Beispiel:

Sachverhalt: Klaus K. ist seit 2013 bei Arbeitgeber A beschäftigt. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt über-steigt seit Beschäftigungsbeginn die jeweils geltende JAEG. Es besteht Krankenversicherungsfreiheit. Ab 01.04.2018 reduziert er seine Arbeitszeit von 40 auf 25 Wochenstun-den. Dadurch verringert sich sein Jahresarbeitsentgelt. Es liegt nun unterhalb der JAEG.

Beurteilung: Ab dem 01.04.2018 unterschreitet das regel-mäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG. Sofort tritt Kranken-versicherungspflicht ein.

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Versicherungsrecht

Die Versicherungsfreiheit endet grundsätzlich auch dann, wenn die Entgeltminderung nur vorübergehend oder zeitlich befristet ist. Nach Ende der Befristung wird dann neu vorausschauend das Jahresarbeitsentgelt berechnet und die Versicherungspflicht/ -freiheit neu beurteilt. Im Falle des Überschreitens der Jahres- arbeitsentgeltgrenze endet die Versicherungspflicht demgegen- über frühestens mit Ende des Kalenderjahres, wenn auch die JAEG des folgenden Kalenderjahres überschritten wird.

Ausnahmen: Kurzarbeit (mit Ausnahme von Transferkurzarbeiter-geld) und stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben In diesen Fällen bleibt der Versicherungsstatus während dieser Zeit unverändert.

4.9 Anhebung der JAEG

Das Ende der Versicherungsfreiheit tritt auch ein, wenn das Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht auf eine Verringerung des Arbeitsentgelts, sondern – zum Beispiel bei gleichbleibendem Entgelt – auf die Anhebung der Jahresarbeits-entgeltgrenze zurückzuführen ist.

4.10 Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht

Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht ist für Arbeit-nehmer möglich, die aufgrund der Anhebung der Jahresarbeits-entgeltgrenze zum Jahreswechsel krankenversicherungspflichtig werden. Durch diese Befreiungsregelung erhalten privat kranken-versicherte Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihren privaten Kranken-versicherungsschutz fortzuführen.

Der Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht ist innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Krankenversiche-rungspflicht vom Arbeitnehmer zu stellen. Er ist an eine Kranken-kasse zu richten, die im Falle des Bestehens von Krankenversiche-rungspflicht wählbar wäre. Sollte die Befreiung abgelehnt werden, gilt diese Krankenkasse als gewählt.

Weitere Voraussetzung ist, dass der Betroffene einen anderen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist (§ 8 Abs. 2 S. 4 SGB V). Dabei muss das Bestehen einer anderweitigen Absi-cherung im Krankheitsfall bereits für den Zeitpunkt nachgewiesen werden, an dem die Befreiung ihre Wirkung entfaltet.

4.11 Wirkungen der Befreiung von der Versicherungspflicht

Die Befreiung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen wurden. Dies gilt auch für familienversicherte Angehörige. Ansonsten beginnt die Befreiung mit dem Anfang des Kalendermonats, der auf die Antragstellung folgt (§ 8 Abs. 2 S. 2 SGB V). Sie kann nicht wider- rufen werden (§ 8 Abs. 2 S. 3 SGB V).

Die Befreiung bezieht sich nur auf die Zeit des bestehenden Ver-sicherungspflichtverhältnisses und wirkt nicht über das Ende der Beschäftigung hinaus.

Während der Zeit der Befreiung wirkt die Befreiung auch auf an- dere für sich allein betrachtete Versicherungspflicht auslösende Tatbestände.

Ein Fortwirken der Befreiung über das einzelne (zur Befreiung führende) Beschäftigungsverhältnis hinaus ist nur dann möglich, wenn im unmittelbaren Anschluss hieran oder auch nach einer kurzfristigen sozialversicherungsrechtlich irrelevanten Unterbre-chung eine neue Beschäftigung aufgenommen wird, die grundsätz-lich versicherungspflichtig wäre. Dies gilt auch für weitere, noch folgende Beschäftigungen.

Als kurzfristige Unterbrechungen werden dabei Zeiträume von bis zu einem Monat angesehen, in denen kein anderer Versicherungs-pflichttatbestand vorliegt.

Beispiel:

Sachverhalt: Anton M. ist seit 2012 bei Arbeitgeber A be- schäftigt. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt liegt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Es besteht Krankenversi-cherungsfreiheit.

Zum 01.01.2018 wurde die JAEG angehoben. Dadurch unterschreitet das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt von Herrn M. nunmehr die JAEG für 2018.

Beurteilung: Seit dem 01.01.2018 unterschreitet das regel-mäßige Jahresarbeitsentgelt die maßgebliche JAEG für 2018. Zu diesem Zeitpunkt tritt Krankenversicherungspflicht ein.

Hinweis:

Betroffene Arbeitnehmer können sich in diesem Fall gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V von der Versicherungspflicht befreien lassen.

Beispiel:

Sachverhalt: Frank B. ist seit 01.06.2015 bei Arbeitgeber A beschäftigt. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt lag bis zum 31.12.2017 über der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Durch Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze zum Jahreswech-sel 2017/2018 unterschreitet sein regelmäßiges Jahres- arbeitsentgelt nun die JAEG (2018 59.400 Euro).

Es besteht seit 01.01.2018 grundsätzlich Krankenversiche-rungspflicht. Herr B. lässt sich auf Antrag von der Kranken-versicherungspflicht befreien.

Am 30.04.2018 endet die Beschäftigung bei Arbeitgeber A. Am 14.05.2018 beginnt Herr B. eine neue Beschäftigung bei Arbeitgeber B.

Das Jahresarbeitsentgelt in der neuen Beschäftigung unter-schreitet die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Es besteht grund-sätzlich Krankenversicherungspflicht.

Beurteilung: Die Befreiung von der Krankenversicherungs-pflicht in der vorherigen Beschäftigung bei Arbeitgeber A wirkt sich auf die Beschäftigung bei Arbeitgeber B aus. Zwischen den beiden Beschäftigungen liegen nur zwei Wochen. In der Beschäftigung bei B ab 14.05.2018 wirkt die Befreiung von der Versicherungspflicht fort.

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Versicherungsrecht

4.12 Elternzeit und JAEG

Wird die Beschäftigung eines versicherungsfreien Arbeitnehmers ohne Entgeltzahlung unterbrochen, z. B. durch unbezahlten Urlaub, besteht die Beschäftigung und damit auch der Versichertenstatus dieses Beschäftigten in der gesetzlichen Krankenversicherung längstens für einen Monat fort.

Bei Unterbrechung der Beschäftigung wegen Elternzeit endet die Versicherungsfreiheit allerdings bereits mit Beginn der Elternzeit; der Monatszeitraum spielt hier keine Rolle (§ 7 Abs. 3 S. 3 SGB IV). Gleiches gilt bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit (§ 7 Abs. 3 S. 4 SGB IV).

Wie die Krankenversicherungspflicht während der Elternzeit und bei Wiederaufnahme der früheren Beschäftigung nach der Eltern-zeit zu beurteilen ist, hängt von der jeweiligen Gestaltung durch die Vertragsparteien ab. Der Arbeitnehmer hat hier eine Wahl- möglichkeit:

Er kann bei Weiterführung der Beschäftigung einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen, auch wenn das Entgelt während der Elternzeit unterhalb der Jahresarbeitsent- geltgrenze liegt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).

Mehrere unterschiedliche Fallgestaltungen sind möglich.

Q Keine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit Wird während der Elternzeit keine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt, kommt für bisher freiwillig versicherte Beschäftigte entweder eine Familienversicherung infrage oder die Fortfüh-rung der freiwilligen Versicherung ohne Beitragszuschüsse des Arbeitgebers.

Eine beitragsfreie Fortführung der Mitgliedschaft ist nur für ver- sicherungspflichtige Beschäftigte möglich (§§ 192 Abs. 1 Nr. 2, 224 Abs. 1 SGB V).

Die (Wieder-)Aufnahme der Beschäftigung mit einem regelmä-ßigen Entgelt oberhalb der JAEG nach dem Ende der Elternzeit führt von Beginn an zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.

Q Teilzeit während der Elternzeit, kein Antrag auf Befreiung Ausgangspunkt ist der Grundfall mit folgender Abwandlung: Ein Beschäftigter hat ein Jahreseinkommen oberhalb der JAEG und ist damit krankenversicherungsfrei. Während der Eltern- zeit übt er eine zulässige Teilzeitbeschäftigung aus. Von der Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB V hat er keinen Gebrauch gemacht. Während der Teilzeitbeschäftigung besteht Krankenversiche-rungspflicht.

Die (Wieder-)Aufnahme der Vollbeschäftigung mit einem regelmäßigen Entgelt oberhalb der JAEG nach Ende der Elternzeit führt nicht von Beginn der Weiterbeschäftigung an zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Die aus Anlass der Ausübung der nicht vollen Erwerbstätigkeit während der Elternzeit bestehende Versicherungspflicht endet nach § 6 Abs. 4 S. 1 SGB V frühestens zum Ablauf des Kalender-jahres, in dem diese Tätigkeit bis zum Ende der Elternzeit ausgeübt wird. Ein Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zum Ende des Kalenderjahres kommt in Betracht, wenn die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresar-beitsentgeltgrenze ebenfalls überschritten wird.

Wird die nicht volle Erwerbstätigkeit während der Elternzeit nicht bis zum Ende der Elternzeit ausgeübt, zieht die (Wieder-)Aufnahme der Vollbeschäftigung mit einem regelmäßigen Entgelt oberhalb der JAEG nach Ende der Elternzeit von Beginn an Versicherungs-freiheit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nach sich. § 6 Abs. 4 S. 1 SGB V ist nicht anzuwenden.

Q Teilzeit während der Elternzeit, Befreiung von der Kran-kenversicherungspflicht

Ausgangspunkt ist der Grundfall mit der folgenden Abwand-lung: Während der Elternzeit wird eine zulässige Teilzeitbe-schäftigung ausgeübt. Die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wird genutzt.

Die (Wieder-)Aufnahme der Vollbeschäftigung mit einem regel-mäßigen Entgelt oberhalb der JAEG nach Ende der Elternzeit führt sofort zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Die Rückkehr zu den ursprünglichen Einkommensverhält- nissen nach Ende der Elternzeit führt in diesen Fällen somit direkt zur Versicherungsfreiheit, wenn bei vorausschauender Betrachtung das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überschreitet.

Beispiel:

Sachverhalt: Janine D. ist seit 01.08.2015 bei Arbeitgeber A beschäftigt. Sie hat ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt über der JAEG. Es besteht Krankenversicherungsfreiheit.

In der Zeit vom 03.05.2016 bis 02.05.2018 befindet sie sich in Elternzeit. Vom 01.04.2017 bis 02.05.2018 geht sie einer zulässigen Teilzeitbeschäftigung bei Arbeitgeber B nach.

Bei Arbeitgeber B hat Frau D. ein regelmäßiges Jahres- arbeitsentgelt unter der JAEG. Es besteht in der Beschäfti-gung Krankenversicherungspflicht. Von der Möglichkeit, sich von der Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen, hat Frau D. keinen Gebrauch gemacht. Ab 03.05.2018 nimmt sie die Beschäftigung bei Arbeitgeber A mit einem regelmäßi-gen Jahresarbeitsentgelt über der JAEG wieder auf.

Die Teilzeitbeschäftigung endet also mit dem Ende der Elternzeit.

Beurteilung: Es besteht in der wieder aufgenommenen Beschäftigung bei Arbeitgeber A bis 31.12.2018 Kranken-versicherungspflicht. Ab 01.01.2019 kann Krankenversiche-rungsfreiheit eintreten, wenn die dann maßgebliche JAEG 2019 auch überschritten wird.

Hinweis:

Für die vorgenannten Teilzeitbeschäftigungen während der Elternzeit spielt es keine Rolle, ob diese bei dem die Eltern-zeit gewährenden Arbeitgeber oder nach Zustimmung bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübt werden.

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Versicherungsrecht

4.13 Auswirkung auf die Pflegeversicherung

Entsprechend dem Grundsatz, dass die Pflegeversicherung der Krankenversicherung folgt, führt die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht dazu, dass keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung besteht.

4.14 Ende der Versicherungsfreiheit

Die Versicherungsfreiheit endet mit dem Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies gilt auch dann, wenn erst nachträglich (z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen) festgestellt wird, dass die JAEG unterschritten worden ist.

Sofern der Arbeitnehmer freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, wurde aus verwaltungspraktischen Erwägungen festgelegt, dass das Versicherungsverhältnis in der Krankenversicherung nicht rückwirkend, sondern zukunftsbezogen berichtigt wird. Die Umstellung des Versicherungsverhältnisses – auf Krankenversicherungspflicht – erfolgt mit Beginn des Monats, der dem Datum des Prüfbescheides folgt. Im Prüfbescheid wird der Arbeitgeber darauf hingewiesen, dass er von diesem Zeitpunkt an das Krankenversicherungsverhältnis umzustellen und die entspre-chenden Änderungen (Anzeige des Beitragsgruppenwechsels) zu melden hat.

Hinweis:

Bestand eine private Krankenversicherung, ist das Versiche-rungsverhältnis entsprechend der wahren Rechtslage abzu-wickeln, also das Bestehen von Krankenversicherungspflicht auch rückwirkend festzustellen. Unter Umständen kann sich daraus eine Doppelversicherung in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung ergeben.

Beispiel:

Sachverhalt: Am 17.04.2018 wird bei einer Betriebsprüfung festgestellt, dass Arbeitnehmer G (freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse) seit dem 01.03.2016 kranken-versicherungspflichtig war. Der Arbeitgeber hatte damals das Jahresarbeitsentgelt falsch berechnet und Krankenver-sicherungsfreiheit angenommen. Der Prüfbescheid wird dem Arbeitgeber am 26.05.2018 zugestellt.

Beurteilung: Es besteht ab 01.06.2018 Krankenversiche-rungspflicht, der Arbeitgeber hat eine Abmeldung mit den alten Beitragsgruppen (9111) und eine Anmeldung mit den neuen Beitragsgruppen (1111) zu übermitteln.

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Werkstudenten

Im Januar 2017 haben die Spitzenorganisationen der Sozialversi-cherung ein neues Gemeinsames Rundschreiben für die sozialver-sicherungsrechtliche Beurteilung von Werkstudententätigkeiten unter dem Datum 23.11.2016 veröffentlicht. Die neuen Regeln sind in der betrieblichen Praxis seit dem 01.01.2017 anzuwenden.

Für die Arbeitgeber ergeben sich aus dem neuen Gemeinsamen Rundschreiben hauptsächlich Auswirkungen auf die Anwendung des Werkstudentenprivilegs.

5.1 Das Werkstudentenprivileg

Das Werkstudentenprivileg gilt für ordentlich Studierende. Dazu zählen eingeschriebene Vollzeitstudenten an einer Hochschule/Fachhochschule oder an einer der fachlichen Ausbildung die-nenden Schule. Voraussetzung für die Anwendung des Werkstu-dentenprivilegs ist, dass der Job für die Studenten eine unterge-ordnete Rolle spielt. Dies ist nur bei Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von bis zu 20 Wochenstunden der Fall. Bei Arbeits-zeiten von über 20 Wochenstunden greift das Werkstudenten- privileg nur, wenn der Student Zeit und Arbeitskraft trotzdem überwiegend für sein Studium einsetzt und die Beschäftigung auf max. 26 Wochen – unter Berücksichtigung der anrechenbaren Vorbeschäftigungen – innerhalb eines Zeitjahres befristet ist. Details dazu und insbesondere für Beschäftigungen mit über 20 Wochenstunden geben die Spitzenorganisationen der Sozial- versicherung per Gemeinsamem Rundschreiben vor.

Auf den folgenden Seiten wollen wir Ihnen ein Überblick über die wesentlichen Neuregelungen für Arbeitgeber verschaffen.

5.2 Beschäftigungen während der Vorlesungszeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit über 20 Stunden (Abend/Nacht und Wochenende)

Aus dem neuen Gemeinsamen Rundschreiben vom 23.11.2016 ergibt sich eine wesentliche Änderung für Studentenjobs, die neben einem Vollzeitstudium an Wochenenden oder in den Abend-und Nachtstunden mit einer wöchentlichen Arbeitszeit über 20 Stunden ausgeübt werden.

Bisher waren solche Beschäftigungen im Rahmen des Werkstu-dentenprivilegs auch dann – mit Ausnahme der Rentenversiche-rung sozialversicherungsfrei –, wenn die wöchentliche Arbeitszeit während der Vorlesungszeit 20 Wochenstunden überschritt. Voraussetzung war lediglich, dass der Student seine Zeit und Arbeitskraft trotzdem überwiegend für das Studium eingesetzt hat. Diese Regelung war sogar für unbefristete Studentenjobs maßgebend.

Zum 01.01.2017 wurden die Regeln konkretisiert. Seither gilt nunmehr der Grundsatz, dass eine unbefristete Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden der Versiche-rungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt.

Dies gilt auch, wenn die Beschäftigung sich den Studienzeiten anpasst und überwiegend am Wochenende und in den Abend- und Nachtstunden ausgeübt wird.

5.3 Befristete Studentenjobs

Auch die Regeln für befristete Studentenjobs mit einer wöchent-lichen Arbeitszeit von über 20 Stunden pro Woche wurden von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung überarbeitet – mit wesentlichen Einschränkungen für die Anwendung des Werkstu-dentenprivilegs.

Bei einer befristeten Beschäftigung und einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden ist nach folgendem Prüfschema vorzugehen:

Prüfschritt 1:

Handelt es sich um eine kurzfristige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV und § 8 Abs. 2 SGB IV?

Antwort „Ja“ => Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung liegt vor; die Prüfung ist an dieser Stelle beendet.

Antwort „Nein“ => es folgt Prüfschritt 2

5. Werkstudenten

Hinweis:

Das Werkstudentenprivileg gilt auch nicht, wenn ein be-fristeter Job mit über 20 Wochenstunden in der Summe die 26-Wochen-Regelung übersteigt.

Beispiel:

Sachverhalt: Student S. nimmt am 15.12.2017 während der Vorlesungszeit eine unbefristete Beschäftigung mit einem Umfang von 25 Arbeitsstunden pro Woche auf. Er arbeitet ausschließlich in den Abend- und Nachtstunden sowie an den Wochenenden.

Beurteilung: Obwohl die Beschäftigung ausschließlich in den Abend- und Nachtstunden sowie an den Wochenenden ausgeübt wird, kommt das Werkstudentenprivileg nicht zum Tragen, weil die Beschäftigung unbefristet ist. Die Beschäftigung unterliegt der Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung.

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Werkstudenten

Prüfschritt 2:

Erfüllt die aktuell zu beurteilende Beschäftigung für sich alleine gesehen die Voraussetzungen für die Anwendung des Werkstu-dentenprivilegs (Studium überwiegt)?

Antwort „Ja“ => weiter mit Prüfschritt 2a

2a): Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit max. 20 Stunden?

Antwort „Ja“ => Versicherungsfreiheit in der KV, PV und ALV liegt vor, in der RV tritt Versicherungspflicht als Arbeitnehmer ein.

Antwort „Nein“ => weiter mit der Prüfung

20-Stunden-Grenze wird überschritten:

2b): Beträgt die wöchentliche Arbeitszeit zwar mehr als 20 Stunden, sie ist jedoch ausschließlich auf die vorlesungs- freie Zeit begrenzt?

Antwort: „Ja“ => Versicherungsfreiheit in der KV, PV und ALV liegt vor, in der RV tritt Versicherungspflicht als Arbeitnehmer ein.

2c): Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt – durch Wochenend-, Abend- oder Nachtarbeit bedingt – mehr als 20 Stunden und wird während der Vorlesungszeit ausgeübt?

Antwort „Ja“ => weiter mit Prüfschritt 3

Prüfschritt 3 – Prüfung der 26-Wochen-Frist:

3a): Ist die Beschäftigung befristet und überschreitet – unter Berücksichtigung des zu bildenden Jahreszeitraums – nicht die 26-Wochen-Frist?

Antwort „Ja“ => Versicherungsfreiheit in der KV, PV und ALV liegt vor, in der RV tritt Versicherungspflicht als Arbeitnehmer ein.

3b): Ist die Beschäftigung befristet und überschreitet – unter Berücksichtigung des zu bildenden Jahreszeitraums – die 26-Wochen-Frist?

Antwort „Ja“ => Versicherungspflicht in der KV, PV, RV und ALV als Arbeitnehmer tritt ein.

Auf die 26-Wochen-Frist werden alle Beschäftigungen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit über 20 Stunden angerechnet – folg-lich auch Beschäftigungen während der Semesterferien, deren Überschreitung nicht ausschließlich durch Abend-/Nacht- oder Wochenendarbeit erfolgte.

Ein übersichtlicheres grafisches Schema haben wir am Ende der Unterlagen angefügt.

5.4 Beschäftigungen in Semesterferien

Auch für Studentenjobs, die während der Semesterferien auf über 20 Wochenstunden ausgedehnt oder nur in den Semesterferien an über 20 Wochenstunden ausgeübt werden, gelten neue Einschrän-kungen.

Bei diesen Jobs greift das Werkstudentenprivileg nur noch dann, wenn die Beschäftigungen mit über 20 Wochenstunden die Grenze von 26 Wochen/182 Kalendertagen innerhalb eines Zeitjahres nicht überschreiten. Auch für diese Jobs gilt also die zeitliche Begrenzung des Werkstudentenprivilegs für befristete Beschäfti-gungen.

5.5 Weitere Detailanpassungen

Darüber hinaus wurden mit dem neuen Gemeinsamen Rundschrei-ben folgende Anpassungen/Konkretisierungen vorgenommen:

Q Das Werkstudentenprivileg endete bisher mit der letzten Prüfungsleistung (z. B. der mündlichen Prüfung). Nun gilt es bis zum Ablauf des Monats, in dem der Studierende vom Gesamt-ergebnis der Prüfungsleistung offiziell schriftlich informiert wurde. Dies kann u. U. etliche Wochen später sein.

Q Wenn ein vorgeschriebenes Praktikum während eines Urlaubs-semesters abgeleistet wird, wird das Werkstudentenprivileg angenommen. Im Gegensatz dazu stehen nicht vorgeschrie-bene Praktika und „normale Beschäftigungen“ während eines Urlaubssemesters. Diese Beschäftigungen unterliegen der Sozialversicherungspflicht als Arbeitnehmer.

Q Für den Übergang vom Bachelor- zu einem Masterstudiengang gilt das Werkstudentenprivileg nicht, weil der Übergang in der Regel nicht lückenlos ist.

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Beschäftigung von Rentnern (Flexirente)

6.1 Versicherungspflicht – Grundsatz

Seit Januar 2017 ist das Flexirentengesetz in Kraft. Das Gesetz hat umfangreiche Änderungen im Zusammenhang mit der Rentenver-sicherungspflicht von beschäftigten Altersvollrentnern mit sich gebracht:

Q Beschäftigte Altersvollrentner sind seit 01.01.2017 bis zum Ende des Monats rentenversicherungspflichtig, indem sie die Regelaltersgrenze erreichen. Erst danach besteht Rentenver- sicherungsfreiheit.

Q Auf die mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze eintretende Rentenversicherungsfreiheit können Rentner, die noch als Ar-beitnehmer beschäftigt sind, von sich aus schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber verzichten und zur Aufbesserung ihrer Rente weiterhin Rentenbeiträge entrichten.

Q Außerdem ist seit dem 01.01.2017 befristet bis 31.12.2021 der Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung für beschäftigte Altersrentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze ausgesetzt.

Q Um die Neuregelung im DEÜV-Meldeverfahren abzubilden, wurde eine neue Personengruppe 120 „versicherungspflichtige Altersvollrentner“ eingerichtet. Die neue Personengruppe steht seit dem 01.07.2017 in den Entgeltabrechnungsprogrammen neben der auch schon bisher verwendeten Personengruppe 119 „versicherungsfreie Arbeitnehmer“ zur Verfügung.

6.2 Übersicht Regelaltersgrenze

6. Beschäftigung von Rentnern (Flexirente)

Hinweis:

Die Regelaltersgrenze ist abhängig vom Geburtsjahr des Arbeitnehmers und liegt zwischen dem 65. und 67. Lebens- jahr. Eine Übersicht, welche Regelaltersgrenze für den Arbeitnehmer maßgebend ist, ist in § 236 SGB VI bzw. in der nachfolgenden Tabelle zu finden.

Versicherte Geburtsjahr/

-monat

Anhebung um Monate

Jahr Monat

1949JanuarFebruar

März–Dez.

123

656565

123

1950 4 65 4

1951 5 65 5

1952 6 65 6

1953 7 65 7

1954 8 65 8

1955 9 65 9

1956 10 65 10

1957 11 65 11

1958 12 66 0

1959 14 66 2

1960 16 66 4

1961 18 66 6

1962 20 66 8

1963 22 66 10

auf Alter

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Beschäftigung von Rentnern (Flexirente)

6.3 Fallkonstellationen zur Beurteilung von Altersvollrentnern (seit 01.01.2017)

1. Vor Erreichen der Regelaltersgrenze: Bis zum Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer seine Regelaltersgrenze erreicht, besteht Rentenversicherungs-pflicht. Bei einem 450-Euro-Job kann sich der Arbeitnehmer wie bei einem „normalen“ Minijob zu Beginn der Tätigkeit von der eintretenden Rentenversicherungspflicht befreien lassen. (DEÜV-Meldung Beitragsgruppe 1 bzw. bei Minijobs mit RV-Pflichtbefreiung 5).

2. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze: Ab Beginn des Folgemonats, in dem der Arbeitnehmer seine Regelaltersgrenze erreicht hat, besteht Rentenversicherungs-freiheit. Der Arbeitnehmer kann aber gegenüber dem Arbeitge-ber schriftlich auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten und weiterhin eigene Beiträge zur Rentenversicherung zahlen. Bei einem 450-Euro-Job ist Voraussetzung für den Verzicht, dass sich der Arbeitnehmer nicht schon zu Beginn der Tätigkeit gegen die Rentenversicherungspflicht entschieden hat. (DEÜV-Meldung Beitragsgruppe 3 bzw. bei Minijobs 5; wenn auf RV-Freiheit verzichtet wurde 1).

6.4 Neue Hinzuverdienstregelungen

Für Altersrentner, die ihre Rente vor Erreichen der Regelalters-grenze beziehen, gelten seit dem 01.07.2017 neue Regeln für den Hinzuverdienst. Die Grenze für den möglichen Hinzuverdienst, ohne dass es zu Kürzungen der Altersrente kommt, wurde auf kalender- jährlich 6.300,00 Euro angepasst. Zuvor betrug sie 450,00 Euro monatlich, wobei pro Jahr ein zweimaliges Überschreiten möglich war. Auch wenn kein komplettes Kalenderjahr gearbeitet wird, kann die neue Hinzuverdienstgrenze in voller Höhe ausgeschöpft werden.

Bitte empfehlen Sie Ihren Beschäftigten, sich individuell bei der Rentenversicherung beraten zu lassen. Hilfreich kann auch der Hinzuverdienstrechner auf den Webseiten der Deutschen Renten-versicherung sein: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/

Dort finden Sie unter dem Reiter Services die Kategorie Online-Dienste. Wenn Sie „Online-Rechner nutzen“ anklicken, gelangen Sie zu den Berechnungshilfen rund um die Flexi-Rente (Hinzuver-dienstrechner und Flexirentenrechner).

6.5 Stufenlose Teilrenten

Seit dem 01.07.2017 gelten auch die neuen Regeln für die Ermitt- lung der Höhe der Teilrente, wenn die Hinzuverdienstgrenze über-schritten wird.

Q Bis zum 30.06.2017 wurden Teilrenten in Höhe von 2/3, 1/2 oder 1/3 der vollen Altersrente gezahlt oder die Zahlung der Altersrente komplett eingestellt.

Q Seit dem 01.07.2017 gibt es flexible, stufenlose Teilrenten. Ein Zwölftel des 6.300,00 Euro übersteigenden Hinzuverdienstes wird zu 40 % auf die Höhe der Altersrente angerechnet. Die so individuell ermittelte Teilrente darf zusammen mit dem Hinzuverdienst aber nicht höher sein als der frühere Verdienst des Versicherten. Ansonsten erfolgt noch ein weiterer Abzug vom Rentenbetrag.

Der Hinzuverdienst eines Altersrentners wird vom Rentenversiche-rungsträger künftig vorausschauend ermittelt. Abhängig von der ermittelten Höhe wird die Altersrente dann als Voll- oder Teilrente ausgezahlt. Jeweils im Juli des folgenden Jahres führt die Renten-versicherung dann eine rückwirkende Prüfung des vorherigen Jah-res auf Basis der tatsächlichen Hinzuverdienste des Altersrentners durch. Dies kann zur Folge haben, dass die Altersrente rückwir-kend von einer Vollrente in eine Teilrente oder von einer Teilrente in eine Vollrente umgewandelt wird, wenn die vorausschauende Betrachtung nicht zutreffend war und die Hinzuverdienstgrenze tatsächlich über- oder unterschritten wurde.

Beispiel:

Sachverhalt: Zum 01.12.2017 hat der Altersvollrentner Walter A. eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. Sein Gehalt beträgt 1.200 Euro/monatlich. Die Regelaltersgrenze erreicht er am 27.01.2018.

Beurteilung: Vom 01.12.2017 bis zum 31.01.2018 besteht Rentenversicherungspflicht. Ab 01.02.2018 ist der Beschäf-tigte rentenversicherungsfrei, weil Herr A. nicht von sich aus schriftlich auf die Versicherungsfreiheit verzichtet hat.

Meldungen durch den Arbeitgeber:

Q 01.12.2017: DEÜV-Anmeldung (Grund 10 und Personen-gruppe 120 „versicherungspflichtiger Altersvollrentner“; Beitragsgruppe 3111)

Q 31.01.2018 DEÜV-Abmeldung (Grund 32 und Personen-gruppe 120 „versicherungspflichtiger Altersvollrentner“; Beitragsgruppe 3111)

Q 01.02.2018 DEÜV-Anmeldung (Grund 12 und Personen-gruppe 119 „versicherungsfreier Altersvollrentner“; Beitragsgruppe 3301)

Hinweis:

Nach Erreichen der Regelaltersgrenze ist der Arbeitgeberan-teil zur Arbeitslosenversicherung nicht mehr zu zahlen. Diese Regelung ist zunächst bis Ende 2021 befristet.

Hinweis:

Durch die rückwirkende Anpassung der Altersrente können sich Auswirkungen auf einen ggf. zuvor erlangten Kranken-geldanspruch des beschäftigten Altersrentners ergeben. Änderungen beim Hinzuverdienst sollten deshalb immer direkt dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt werden.

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Beschäftigung von Rentnern (Flexirente)

6.6 Rentenangleichung Ost

Aktuell sind die gesetzlichen Renten in den neuen Bundesländern noch niedriger als in den alten Bundesländern. Im Juli 2017 wurde die Angleichung der Ostrenten auf das Niveau der Westrenten mit dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz beschlossen.

Der Überleitungsprozess soll in sieben Schritten erfolgen und am 01.07.2018 starten. Im ersten Schritt wird der Rentenwert Ost auf 95,8 % des Wertes in den alten Bundesländern angehoben, in den folgenden Jahren dann jeweils um 0,7 %. Zum 01.07.2024 ent-spricht der Wert in den neuen Bundesländern dann dem Wert in den alten Bundesländern. Ab 2025 werden die Renten in Deutsch-land einheitlich berechnet.

Ebenfalls ab 2025 gibt es eine einheitliche Beitragsbemessungs-grenze RV/ALV und nur noch eine Bezugsgröße. Bis dahin erfolgt lediglich eine Annäherung durch die Entwicklung der Bruttolöhne.

Beispiel:

Sachverhalt: Bei einem beschäftigten Altersvollrentner Moritz R. wird rückwirkend festgestellt, dass die Hinzuver-dienstgrenze überschritten wurde. In der zurückliegenden Zeit war Herr R. längerfristig arbeitsunfähig krank. Aufgrund des Bezugs einer Vollrente war aber der Krankengeldan-spruch ausgeschlossen.

Beurteilung: Aufgrund der rückwirkenden Überschreitung wird die bisher als Vollrente gewährte Altersrente in eine Teilrente umgewandelt. Aufgrund der Teilrente wäre der Krankengeldanspruch rückwirkend grundsätzlich gegeben. Allerdings kann er aufgrund der gesetzlichen Vorausset-zungen (§ 50 SGB V) in der Regel nicht mehr rückwirkend realisiert werden.

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Beschäftigung von Menschen mit Behinderung

Mit dem Bundesteilhabegesetz vom 23.12.2016 wurden die Rech- te von Menschen mit Behinderungen weiterentwickelt. Viele Regelungen des Gesetzes betreffen die Hilfen für Menschen mit Behinderungen. Insbesondere wird das Sozialgesetzbuch IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – neu gefasst.

Einige Neuregelungen betreffen jedoch auch die Praxis in allen Betrieben. Dies sind vor allem das Budget für Arbeit, die Bestel-lung von Inklusionsbeauftragten und die Stellung der Vertreter von Menschen mit Behinderungen.

7.1 Budget für Arbeit

Das Budget für Arbeit ist im Kern ein Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber, der einen leistungsberechtigten Behinderten beschäftigt. Es dient – anders als der Eingliederungszuschuss – nicht der Überbrückung einer Zeit bis zur vollen Leistungsfähigkeit des Beschäftigten, sondern ist ein Ausgleich für die dauerhafte Leistungsminderung des behinderten Mitarbeiters und für seine dauerhaft erforderliche Anleitung und Begleitung. Die gesetzliche Vorschrift ist der § 61 SGB IX (in Kraft seit 01.01.2018).

Der Anspruch auf das Budget für Arbeit ist ein individueller Leis- tungsanspruch von Menschen mit Behinderungen, wenn für sie wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung eigentlich ausschließ-lich eine Arbeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Betracht kommt, jedoch nicht ohne Weiteres eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt (§ 58 SGB IX). Das Budget für Arbeit kommt also vor allem für einen Wechsel aus einer solchen Werkstatt in eine Beschäftigung in einem regulären Betrieb in Betracht.

Schließen solche Personen einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeit-geber außerhalb des Werkstättenbereichs ab, erhalten sie als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Budget für Arbeit in Form eines Lohnkostenzuschusses an ihren Arbeitgeber. Voraus- setzung ist, dass ein tarifliches oder ortsübliches Entgelt verein-bart wird und dass der Arbeitsplatz nicht etwa durch die Ent- lassung einer anderen Person „freigemacht“ wurde.

Der Lohnkostenzuschuss beträgt bis zu 75 % des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts. Dabei gilt allerdings eine fixe, lohnunabhängige Obergrenze: Diese beträgt bundeseinheit- lich 40 % der jeweils geltenden monatlichen Bezugsgröße (West). Für das Jahr 2018 ist der Zuschuss also bei 1.218 Euro pro Monat gedeckelt. Durch landesrechtliche Regelungen kann von dieser Deckelung (40 % der Bezugsgröße) nach oben abgewichen wer-

den. Einzelne Bundesländer bereiten bereits Ausführungs- gesetze zum Bundesteilhabegesetz vor. Zuständig für Anträge zum Budget für Arbeit sind die jeweiligen Leistungsträger, z. B. die Integrationsämter.

Mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrags und der Aufnahme der Tätigkeit beginnt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Es besteht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversiche-rung. Eine Ausnahme gilt jedoch für die Arbeitslosenversicherung. Beim Scheitern des Beschäftigungsverhältnisses haben Mitarbei-ter mit einem Budget für Arbeit wieder einen Aufnahmeanspruch in eine Werkstatt für behinderte Menschen (§ 220 Abs. 3 SGB IX); für die Vermittlung in ein „normales“ Arbeitsverhältnis stehen sie nicht zur Verfügung. Deswegen sind sie in der Arbeitslosenversi-cherung versicherungsfrei (§ 28 Abs. 1 SGB III).

7.2 Inklusionsbeauftragter

Nach § 181 SGB IX (in Kraft seit 01.01.2018) hat jeder Arbeitgeber einen Inklusionsbeauftragten zu benennen, der ihn in Angelegen-heiten schwerbehinderter Menschen verantwortlich vertritt. Der Inklusionsbeauftragte achtet vor allem darauf, dass dem Arbeit- geber obliegende Verpflichtungen erfüllt werden. Ist es erforder-lich – z. B. bei mehreren entfernt voneinander liegenden Betriebs-teilen –, können mehrere Inklusionsbeauftragte bestellt werden.

Die Aufgaben des Inklusionsbeauftragten sind deckungsgleich mit den Aufgaben des bisherigen „Beauftragten des Arbeitgebers“ (§ 98 SGB IX bis 31.12.2017). Es handelt sich im Wesentlichen um eine andere Bezeichnung des Amtes. Zu den Aufgaben gehören z. B.

Q Anfordern des Verzeichnisses von der Personalabteilung über die Anzahl der schwerbehinderten oder gleichgestellten Personen in einem Betrieb (§ 80 SGB IX) einschließlich der Ermittlung der Beschäftigungsquote, die der Agentur für Arbeit bis zum 31.03. eines Jahres zu übermitteln sind;

Q Überwachung, dass die Rechte schwerbehinderter Menschen in Ausschreibungs- und Einstellungsverfahren gewahrt werden,

Q Vermittlung der Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat, Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten und Arbeitgeber.

Es ändert sich also im Wesentlichen die Bezeichnung des Amtes. Der Arbeitgeber kann ohne Weiteres den bisherigen Beauftragten nach § 98 SGB IX ab 01.01.2018 als Inklusionsbeauftragten nach § 181 SGB IX bestellen.

7. Beschäftigung von Menschen mit Behinderung

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Beschäftigung von Menschen mit Behinderung

7.3 Rechte der Schwerbehindertenvertretung: Kündigung eines Schwerbehinderten

Bei der Kündigung eines Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber bereits seit dem 30.12.2016 eine Änderung der Beteiligungspflich-ten berücksichtigen: Vor der Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters ist nicht nur der Betriebsrat zu unterrichten und anzu-hören, sondern gleichermaßen die Schwerbehindertenvertretung. Wird eine der beiden Anhörungen unterlassen, ist die Kündigung unwirksam. Auch bisher war die Anhörung der Schwerbehinder-tenvertretung schon vorgeschrieben und mit Sanktionen bewehrt; die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer Kündigung ist jedoch erst mit dem Bundesteilhabegesetz eingeführt worden (bis 31.12.2017: § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX; seit 01.01.2018 § 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX).

Diese Änderung betrifft auch die Kündigungen von Menschen mit Behinderungen, die schwerbehinderten Menschen gleichge-stellt sind (§ 2 Abs. 3 SGB IX, § 151 Abs. 1, Abs. 3 SGB IX seit 01.01.2018). Das sind Personen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeits-platz auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht erlangen oder nicht be- halten können. Voraussetzung für die Gleichstellung ist ferner, dass das Versorgungsamt auf Antrag die Gleichstellung fest- gestellt hat (§ 151 Abs. 2 SGB IX seit 01.01.2018).

Bei der Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters ist daher nun der folgende Beteiligungsweg zwingend:

Q Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG, Q Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung

nach § 95 Abs. 2 SGB IX/§ 178 Abs. 2 SGB IX, Q Antrag auf Zustimmung des Integrationsamtes

nach § 85 SGB IX/§ 168 SGB IX.

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Arbeitsrecht

8.1 Reform des Mutterschutzrechts

Im letzten Jahreswechselseminar haben wir bereits über die geplanten Änderungen im Mutterschutzrecht berichtet. Da das Gesetzgebungsverfahren doch mehr Zeit in Anspruch genommen hat als ursprünglich erwartet, sind die Gesetzesänderungen erst in Teilen zum 30.05.2017 und der Hauptteil nun zum 01.01.2018 in Kraft getreten. Ein Teil der Bußgeldvorschriften wird sogar erst zum 01.01.2019 in Kraft treten.

8.1.1 Reformziel

An der ursprünglichen Zielsetzung der Gesetzesreform hat sich nichts geändert. Durch die Neuregelungen sollen Mutter und Kind während Schwangerschaft und Stillzeit besonders geschützt werden. Gesundheitsgefährdungen für beide sollen verhindert und Benachteiligungen wie zum Beispiel betriebliche Beschäftigungs-verbote vermieden werden.

8.1.2 Anpassungen seit 30.05.2017

Bereits Ende Mai wurden einige Anpassungen bei den Schutz-fristen, dem Kündigungsschutz und bei der Umsetzung von EU-Vorgaben im Arbeitsschutz von Müttern vorgenommen.

SchutzfristenIm Grundsatz bleiben die Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) unverändert.

Neu wurde in § 6 Abs. 1 MuSchG die Möglichkeit einer Schutz-fristverlängerung bei Geburt eines behinderten Kindes aufge-nommen. Seit 01.01.2018 sind sämtliche Schutzfristen im neu gefassten § 3 MuSchG geregelt.

Schwangere Frauen dürfen weiterhin die letzten sechs Wochen vor und die ersten acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Diese Schutzfrist nach der Niederkunft verlängert sich bei Früh- und Mehrlingsgeburten und seit 30.05.2017 unter bestimm-ten Voraussetzungen auch bei der Geburt eines behinderten Kindes auf zwölf Wochen.

Die Voraussetzungen sind:

Q Es muss eine ärztliche Bescheinigung über die Behinderung des Kindes im Sinne des § 2 SGB IX erstellt und vorgelegt werden. Die Feststellung der Behinderung muss für die Frist- verlängerung innerhalb der ersten acht Wochen nach der Geburt erfolgt sein.

Q Die Mutter muss einen Antrag auf Schutzfristverlängerung (beim Arbeitgeber) stellen.

Das Antragserfordernis soll der Mutter ermöglichen, selbst zu entscheiden, ob sie die Behinderung ihres Kindes bekannt geben möchte oder nicht. Der Arbeitgeber muss dem Antrag stattgeben, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Details über die Antrags-form enthält das Gesetz nicht. Es ist aber zu Beweiszwecken zu empfehlen, sich – bis die formelle Handhabe geregelt ist – den Antrag schriftlich geben zu lassen und ihn zu den Personal- akten zu nehmen.

Kündigungsschutz Schwangeren Frauen darf während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf der Schutzfrist nach der Entbindung (mindestens vier Monate) nicht gekündigt werden. Ausnahmen gelten nur dann, wenn die für den Arbeitsschutz zuständige Aufsichtsbehörde ausdrücklich zugestimmt.

Bereits seit 30.05.2017 gilt diese Regelung gemäß § 9 MuSchG auch für Frauen, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt haben. Sie sind ebenso lange vor einer Kündi- gung geschützt, als hätten sie ein lebendes Kind geboren (seit 01.01.2018 in § 16 MuSchG geregelt).

ArbeitsschutzDie bisherigen Regelungen zum Arbeitsschutz aus der „Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz“ wurden zum 30.05.2017 überarbeitet und konkretisiert. Zum 01.01.2018 werden sie unter Abschnitt 2 – Gesundheitsschutz – in das nunmehr geltende MuSchG integriert (§§ 3 – 16 MuSchG). Die bis dahin geltende Mutterschutzverordnung ist zum Ende des Jahres 2017 außer Kraft getreten.

8.1.3 Gesetzesänderungen seit 01.01.2018

Der überwiegende Teil der Änderungen ist am 01.01.2018 in Kraft getreten. Betroffen sind der Geltungsbereich des Gesetzes, Beschäftigungsverbote und die Durchführung von Gefährdungs- beurteilungen für jeden Arbeitsplatz.

8. ArbeitsrechtHinweis:

Die Schutzfristverlängerung soll zukünftig analog dem Verfahren bei der Schutzfristverlängerung bei Früh- und Mehrlingsgeburten über einen Antrag gegenüber der Krankenkasse erfolgen. Diese informiert dann den Arbeit- geber über die Verlängerung der Mutterschutzleistungen ohne den Grund für die Verlängerung preiszugeben. Eine Anpassung des dafür verwendeten Formulars war zum Zeit-punkt der Niederschrift noch nicht erfolgt (vgl. dazu RS 2017/283 des GKV-Spitzenverbandes).

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Arbeitsrecht

GeltungsbereichsDas neue Mutterschutzgesetz wird unter zusätzlichen Bedingungen auf Schülerinnen und Studentinnen ausgeweitet (§ 1 Abs. 2 Nr. 8 MuSchG). Als zusätzliche Bedingung gilt für beide, dass die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstal-tung verpflichtend vorgibt oder ein im Rahmen der Ausbildung verpflichtend vorgegebenes Praktikum abgeleistet wird. Allerdings sind die Regelungen zum Kündigungsverbot und zu den Leistungen auf diese Personengruppen nicht anwendbar, es sei denn, sie befinden sich in einem Arbeitsverhältnis.

Ebenso erweitert wird der Geltungsbereich auf in Behinderten-werkstätten beschäftigte behinderte Frauen sowie Entwicklungs-helferinnen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 MuSchG). Beamtinnen, Richte-rinnen und Soldatinnen werden über eine analoge Anwendung der Regelung gleichgestellt.

Die Neufassung ist auch auf arbeitnehmerähnliche Personen anzuwenden (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 MuSchG).

Diese Erweiterungen des Geltungsbereichs haben in erster Linie deklaratorische Bedeutung. In der Praxis wurde diesen Personen-gruppen meist der gleiche Schutz gewährt wie Arbeitnehmerinnen.

Beschäftigungsverbote und arbeitszeitlicher Gesundheitsschutz Das Verbot von Mehr-, Nacht- und Sonntagsarbeit bleibt im Kern erhalten.

Neu ist, dass diese Regelungen seit 01.01.2018 branchenunab-hängig gelten. In der Vergangenheit gab es z. B. in der Gastro- nomie abweichende Regelungen.

Nach den §§ 4 bis 6 MuSchG gilt jetzt:

Q Während der gesamten Schwangerschaft und der Stillzeit dürfen Frauen unter 18 Jahren nicht länger als acht Stunden täglich/80 Stunden in der Doppelwoche beziehungsweise Frauen, die älter als 18 Jahre sind, nicht länger als 8,5 Stunden täglich/90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden.

Q Schwangere und stillende Frauen dürfen grundsätzlich nicht zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr beschäftigt werden.

Q Schwangere und stillende Frauen dürfen nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden.

Arbeit in den Abendstunden zwischen 20.00 und 22.00 h Schwangere Arbeitnehmerinnen dürfen ab 2018 branchenun- abhängig bis 22.00 h eingesetzt werden. Dies erfordert aber zwin-gend die Durchführung eines behördlichen Genehmigungsver- fahrens (§ 28 MuSchG) bei der zuständigen landesrechtlichen Aufsichtsbehörde. (Bitte informieren Sie sich über das in Ihrer Region zuständige Amt für Arbeitsschutz).

Dabei wird vorausgesetzt:

Q Die Frau muss sich ausdrücklich einverstanden erklärt haben. Q Ein Arzt muss ihr schriftlich bescheinigen, dass nichts gegen

die geplante Tätigkeit außerhalb der Schutzzeiten spricht, und Q es muss gewährleistet sein, dass die Arbeitnehmerin niemals

während ihrer Arbeit allein ist.

Ausnahmen von diesen Vorgaben sind nicht vorgesehen. Gegen-über der bisherigen Regelung stellen diese Neuerungen in einigen Branchen aber eine Lockerung dar.

Sonn- und FeiertagsarbeitAuch an Sonn- und Feiertagen gilt ein grundsätzliches Beschäfti-gungsverbot. Es ist allerdings ausgenommen, wenn

Q sich die Frau ausdrücklich bereit erklärt, Q eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot nach § 10 ArbZG

zugelassen ist, Q ein Ersatzruhetag gewährt wird, Q und Alleinarbeit ausgeschlossen ist.

Eine schwangere oder stillende Frau kann ihre einmal erklärte Bereitschaft zu Abend-, Sonn- und Feiertagsarbeit jederzeit wider-rufen, ohne Ankündigungsfrist und ohne weitere Voraussetzungen. Der Arbeitgeber hat keine Möglichkeit dagegen vorzugehen.

Gefährdungsbeurteilung – NeuregelungenBislang bestand für Arbeitgeber die Verpflichtung, für jede Tätig-keit, bei der die Gesundheit von Schwangeren oder Stillenden ge-fährdet werden kann, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Gefährdungsbeurteilungen für alle Tätigkeiten im Betrieb gehören zu den allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Pflichten des Arbeit-gebers (§§ 5 ff. Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG). Die Ergebnisse dieser Gefährdungsbeurteilungen sind zu dokumentieren.

Allerdings waren die besonderen Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber Schwangeren und Stillenden bisher an eine mögliche konkrete Gefährdung dieser Personen gebunden. Der Arbeitge-ber musste also erst bei Kenntnis der Schwangerschaft handeln, um eine Gefährdung der werdenden (oder stillenden) Mutter zu verhindern.

Praxistipp:

Es reicht nicht aus, wenn die schwangere Arbeitnehmerin mündlich erklärt, sie sei mit der Arbeit zwischen 20.00 h und 22.00 h einverstanden. Ohne Ausnahme muss vor Beschäfti-gungsaufnahme eine ärztliche Bestätigung vorliegen, die zu Nachweiszwecken zu den Akten genommen werden sollte. Liegt kein Attest eines Arztes vor, kann ein erhebliches Bußgeld verhängt werden, auch wenn die Arbeitnehmerin freiwillig zur Arbeit erscheint.

Hinweis:

Der Arbeitgeber muss mit dem Antrag auf Genehmigung der Arbeit zwischen 20.00 und 22.00 h seiner schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerin gleichzeitig auch die abstrakte Gefährdungsbeurteilung einreichen. Dieser Themenkomplex wird weiter unten ausführlicher behandelt.

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Arbeitsrecht

Neu ist die Pflicht zu einer generellen „mutterschutzsensiblen“ Gefährdungsbeurteilung der Tätigkeiten nach §§ 9 ff. MuSchG. Es findet also eine zweistufige Gefährdungsbeurteilung statt.

1. Abstrakte Gefährdungsbeurteilung Ab 2018 sollen bei allen Gefährdungsbeurteilungen mögliche Gefährdungen von Schwangeren – nach den §§ 9 bis 12 MuSchG – mit geprüft werden. Sowohl die möglichen Gefährdungen als auch erforderlichen Schutzmaßnahmen sind zu dokumentieren (§ 14 MuSchG). Dabei ist eine Situation zu unterstellen, dass eine Schwangere oder Stillende diese Tätigkeit auszuüben hätte. Es handelt sich also um eine vorausschauende Betrachtung. Diese ist auch dann vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber zum Prüfungszeit-punkt überhaupt keine weiblichen Beschäftigten hat. Er soll auf den möglichen Fall vorbereitet sein.

Es muss dabei nicht jeder einzelne Arbeitsplatz geprüft werden. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. Über das Ergebnis dieser ersten Gefährdungsbeurteilung – einschließlich der erforderlichen Schutzmaßnahmen – muss der Arbeitgeber alle Beschäftigten informieren (§ 14 Abs. 2 MuSchG).

2. Konkrete Gefährdungsbeurteilung Wird dem Arbeitgeber eine bestehende Schwangerschaft gemel-det, hat er die vorausschauend ermittelten Erkenntnisse unverzüg-lich zu konkretisieren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Auf die bereits im ersten Schritt erfolgte Analyse und Bestimmung von Schutzmaßnahmen muss dann zurückgegriffen werden.

Über das Ergebnis dieser Gefährdungsbeurteilung (abstrakt und konkret) – einschließlich der erforderlichen Schutzmaßnahmen – muss der Arbeitgeber die betroffenen Beschäftigten informieren (§ 14 Abs. 3 MuSchG).

Der Arbeitgeber muss bei den durchzuführenden Maßnahmen neben den allgemeinen Standards hinsichtlich Technik, Arbeits- medizin und Hygiene auch die vom neu einzurichtenden Ausschuss für Mutterschutz (§ 30 MuSchG) ermittelten Regeln und Erkennt-nisse berücksichtigen, § 9 Abs. 4 Satz 2 MuSchG.

Außerdem sind gem. § 31 MuSchG von der Bundesregierung noch Rechtsverordnungen zur genaueren Durchführung der Gefähr-dungsbeurteilung zu erlassen. In Anbetracht der Bundestagswahl und auf Nachfrage im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt es diesbezüglich aber noch keinen ge-nauen Zeitplan.

Der Gesetzgeber möchte mit der Mutterschutzrechtsreform Be- schäftigungsverbote so weit wie möglich vermeiden. Um das zu erreichen, muss der Arbeitgeber gem. § 13 MuSchG bei problema-tischen, gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten entsprechend der folgenden Reihenfolge in drei Stufen prüfen.

Q Falls eine Gefährdung besteht, muss als erstes der Arbeitsplatz umgestaltet werden (Umgestaltung).

Q Ist dies nicht möglich, ist weiter zu prüfen, ob die Frau auf einem anderen, geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen ist (Umsetzung).

Q Falls auch das nicht möglich oder für die Frau unzumutbar ist, darf als letzte Option ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.

Den Arbeitgeber trifft bezüglich der Unverhältnismäßigkeit des Aufwands bei der Umgestaltung eines Arbeitsplatzes oder dafür, dass kein geeigneter anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, die volle Beweislast.

Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Regeln, könnte eine schwangere Frau einen Rechtsverstoß glaubhaft machen und wegen Diskriminierung klagen.

Strafbarkeit und Bußgeld Bei Gesetzesverstößen kann ein Bußgeld bis 30.000 Euro verhängt werden. Eine vorsätzliche Beschäftigung und eine daraus resul- tierende Gesundheitsgefährdung der Mutter oder des Kindes ohne vorherige Gefährdungsbeurteilung oder eine ähnlich schwer-wiegende Missachtungen der Schutzvorschriften können eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr nach sich ziehen.

8.1.4 Gesetzesänderung 2019

Ab 01.01.2019 werden Gesetzesverstöße, die darauf beruhen, dass die abstrakte Gefährdungsbeurteilung nicht rechtzeitig durchge-führt wurde, geahndet.

Dies stellt ein Entgegenkommen des Gesetzgebers dar, damit sich die Arbeitgeber auf die neue Gesetzeslage einstellen können. Außerdem fehlt es – wie erwähnt – noch an der näheren Ausge-staltung durch Rechtsverordnung, für die die dann neue Bundes- regierung in der Pflicht ist.

8.2 Entgelttransparenzgesetz

Am 06.07.2017 ist das „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen“ (Entgelttransparenzgesetz – EntgTranspG ) in Kraft getreten.

Gesetzesziel ist es, Ungerechtigkeiten bei der Entlohnung zwischen Frauen und Männern abzuschaffen. Um zu verhindern, dass Mitarbeiter allein aufgrund ihres Geschlechts unterschied-lich vergütet werden, erhalten die Beschäftigten zukünftig einen Auskunftsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber, allerdings nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als 200 Mitarbeiter beschäftigt werden.

Die Kernpunkte des Gesetzes sind zusammengefasst:

Q Vorgaben zur Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern bei gleicher und gleichwertiger Arbeit,

Q ein individueller Auskunftsanspruch für Beschäftigte in Betrieben mit über 200 Beschäftigten,

Q die Aufforderung an private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, ein betriebliches Prüfverfahren im Hinblick auf ihre Entgeltregelungen durchzuführen,

Q die Einführung einer Pflicht zum Bericht über den Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit für Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, die nach Handelsgesetzbuch (HGB) berichtspflichtig sind.

Es wird bei der Gesetzesanwendung unterschieden zwischen Arbeitgebern, die

Q tarifgebunden sind, Q einen Tarifvertrag anwenden oder Q die weder tarifgebunden noch anwendend sind.

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Arbeitsrecht

Von Bedeutung für das Auskunftsverfahren ist auch, ob ein Be-triebsrat besteht oder nicht.

Der individuelle Auskunftsanspruch eines Beschäftigten kann erst-mals ab dem 06.01.2018 geltend gemacht werden (vgl. Übergangs-bestimmungen § 25 EntgTranspG).

Arbeitgeber und Betriebsrat sollten bis zu diesem Datum entspre-chende Vereinbarungen zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben abgeschlossen haben.

Wer hat einen Auskunftsanspruch? § 10 Abs. 1 EntgTranspG gewährt Beschäftigten einen individuel- len Auskunftsanspruch gegen ihren Arbeitgeber über die Vergü-tung vergleichbarer Kollegen des anderen Geschlechts, um ihnen eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Vorgaben zur Lohngleichheit auch eingehalten werden. Der Anspruch besteht aber nur für Beschäftigungsverhältnisse in Betrieben, in denen landläufig mindestens 200 Mitarbeiter beschäftigt werden. In kleineren Betrieben besteht kein Auskunftsanspruch.

Als Beschäftigte gelten (§ 5 Abs. 2 EntgTranspG):

Q Arbeitnehmer und Azubis, Q Beamte des Bundes (sowie der Aufsicht des Bundes unter-

stehende Körperschaften, Anstalten, etc.), Q Bundesrichter, Q Soldaten, Q in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen gleichgestellte Personen.

Ob auch Geschäftsführer als Beschäftigte nach der gesetzlichen Definition anzusehen sind, ist noch ungeklärt.

In welchem Umfang und in welcher Form kann der An-spruch geltend gemacht werden?Der Auskunftsanspruch muss in Textform (schriftlich) geltend gemacht werden, § 5 Abs. 2 EntgTranspG. Eine E-Mail ist ausrei-chend. Eine mündliche Anfrage reicht nicht aus.

Auskunft kann nur über die Vergütung für eine gleiche oder gleich-wertige Tätigkeit verlangt werden, die von dem Beschäftigten in der Anfrage auch angegeben werden muss. Sind die Tätigkeiten nicht vergleichbar, besteht generell kein Auskunftsanspruch.

Nach § 4 EntgTranspG liegt eine gleiche Tätigkeit vor, wenn Männer und Frauen entweder an verschiedenen Arbeitsplätzen oder an demselben Arbeitsplatz (Arbeitsplatzsharing) nachein- ander eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausüben. Gleiche Arbeit bedeutet jedoch nicht, dass eine vollständige Übereinstim-mung vorliegen muss. Als Vergleichskriterium gilt die gegenseitige Ersetzbarkeit.

Schwieriger lässt sich gleichwertige Arbeit beurteilen. Die Definition in § 4 Abs. 2 EntgTranspG ist etwas kryptisch. Es heißt dort: Weibliche und männliche Beschäftigte üben gleichwertige Arbeit aus, wenn sie unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren als „in einer vergleichbaren Situation befindlich“ ange-sehen werden können. Berücksichtigungsfähige Faktoren sind u.a. die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeits-bedingungen. Dabei ist von den tatsächlichen und objektiven, für die jeweilige Tätigkeit wesentlichen Anforderungen auszugehen, wie z. B. nötige Vorkenntnisse oder besondere Fähigkeiten.

Die Beschäftigten als Person und deren individuelle Leistungen sind für die Beurteilung einer gleichwertigen Arbeit dagegen nicht von Bedeutung. Ebenso wenig sind individuelle Menge und Güte der Arbeitsleistung und Arbeitsergebnisse für die Bewertung einer gleichwertigen Arbeit heranzuziehen.

Was genau ist Gegenstand des Anspruchs? Der Auskunftsanspruch des Beschäftigten bezieht sich auf das Vergleichsentgelt einer Gruppe von mindestens sechs Beschäf-tigten des anderen Geschlechts, die eine gleiche oder zumindest vergleichbare Tätigkeit ausüben. Bei weniger als sechs Beschäf-tigten darf der Arbeitgeber die Auskunft verweigern, § 12 Abs. 3 EntgTranspG. Weiterhin muss Auskunft erteilt werden über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung.

Auskunft erteilt werden muss vor allem über das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt sowie über bis zu zwei weitere Entgelt-bestandteile (Durchschnittswert) bezogen auf das Kalenderjahr, die explizit benannt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Leistungsprämien, variable Vergütungsbestandteile oder sonstige Entgeltbestandteile wie die Privatnutzung des Dienstwagens. Ver-gütungsregelungen bei anderen Arbeitgebern spielen keine Rolle.

Keine Auskunft muss erteilt werden über regional unterschiedliche Entgeltregelungen bei demselben Arbeitgeber sowie über Verglei-che verschiedener Beschäftigungsgruppen untereinander.

Wann kann der Anspruch geltend gemacht werden?Der Auskunftsanspruch kann nicht beliebig oft eingefordert werden.

Nachdem das Gesetz am 06.07.2017 in Kraft getreten ist, kann eine erste Auskunft jederzeit ab dem 06.01.2018 (vgl. § 25 EntgTranspG) eingefordert werden. Danach kann gem. § 10 Abs. 2 EntgTranspG üblicherweise erst wieder nach Ablauf von zwei Jahren Auskunft verlangt werden. Anders sieht es aus, wenn sich die Rahmenbedingungen erheblich verändert haben, z. B. Stellenwechsel oder anderes Vergütungssystem beim Arbeitgeber.

Wer erteilt die Auskunft? Wer die Auskunft an die Beschäftigten erteilen muss, ist nicht einheitlich geregelt. Dies hängt von verschiedenen Kriterien ab, nämlich

Q ob der Arbeitgeber tarifgebunden oder tarifanwendend ist (Entgelttarifvertrag reicht),

Q ob es einen Betriebsrat gibt oder Q ob keines dieser Kriterien erfüllt ist.

Unklar und noch nicht geregelt ist allerdings, wie vorzugehen ist, wenn ein Tarifvertrag nicht auf alle Mitarbeiter anwendbar ist.

Variante 1: Der Arbeitgeber ist tarifgebunden/tarifanwendend und es gibt einen Betriebsrat

Bei dieser Konstellation ist gem. § 14 EntgTranspG grundsätzlich der Betriebsrat für die Beantwortung des Auskunftsverlangens zuständig.

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Arbeitsrecht

Dazu muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen (z. B. Bruttolohnlisten aufge-schlüsselt nach Geschlecht). Es macht Sinn, dafür eine freiwillige Betriebsvereinbarung zu schließen.

Der Arbeitgeber kann aber auch selbst Auskunft erteilen, wenn er dies dem Betriebsrat zuvor erläutert hat.

Jedenfalls muss der Arbeitgeber die Beschäftigten informie- ren, wer für die Auskunftserteilung im Betrieb zuständig ist, § 14 Abs. 2 Satz 3 EntgTranspG.

Variante 2: Arbeitgeber ist tarifgebunden/tarifanwendend, kein Betriebsrat Besteht dagegen kein Betriebsrat, aber im Betrieb kommen tarif- vertragliche Vorgaben aufgrund schriftlicher Vereinbarung zur Anwendung, ist grundsätzlich der Arbeitgeber für die Beantwor-tung des Auskunftsverlangens zuständig. Allerdings kann er sich in diesem Fall mit den von den zuständigen Tarifvertragsparteien benannten Vertretern darauf verständigen, ob diese Auskunft an die Beschäftigten erteilen, wobei den Arbeitgeber für diesen Fall die erforderlichen Informationspflichten treffen.

Die Beschäftigten sind auch bei dieser Konstellation darüber zu informieren, wer Auskunft erteilt, § 14 Abs. 3 S. 4 EntgTranspG.

Variante 3: Arbeitgeber ist nicht tarifgebunden/tarifanwendend/kein BetriebsratBei Arbeitgebern, die weder tarifgebunden noch aufgrund schrift-licher Bezugnahme tarifanwendend sind, ist ausnahmslos der Arbeitgeber für die Beantwortung zuständig, wenn kein Betriebs-rat besteht.

Besteht dagegen ein Betriebsrat, kann dieser in Anwendung von § 14 Abs. 1 und 2 EntgTranspG die Auskunftserteilung überneh-men.

Den Beschäftigten ist in diesem Fall innerhalb von drei Monaten in Textform vollständig und sachgerecht Auskunft zu erteilen. Erfolgt die Information innerhalb dieses Zeitraums nicht, sieht das Gesetz aber keine Sanktionen vor, sondern nur eine Beweis- lastumkehr im gerichtlichen Streitfall. Falls der Mitarbeiter klagen sollte, müsste der Arbeitgeber dann beweisen, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt.

Berufen sich Arbeitgeber oder Betriebsrat in diesem Zusammen-hang gegenüber den Beschäftigten darauf, dass keine vergleich-bare Tätigkeit vorliegt, muss immer eine konkrete und nachvoll-ziehbare Begründung erfolgen.

Wann besteht ein Anspruch auf Vergütungsanpassung?Stellt sich heraus, dass ein Verstoß gegen das Entgeltgleichheits-gebot bei gleicher oder vergleichbarer Tätigkeit vorliegt, muss der Arbeitgeber das Entgelt zahlen, das ohne Benachteiligung des Geschlechts zu zahlen gewesen wäre.

Es besteht aber keine automatische Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers, vielmehr müssen die Beschäftigten ihre Ansprü-che individuell durchsetzen. Erfolgt keine Vergütungsanpassung, bleibt den Betroffenen nur der Gang zum Arbeitsgericht. Dabei können auch Entschädigungen gem. § 15 Abs. 2 AGG sowie wei-tere Schadensersatzansprüche eingeklagt werden.

Während der Anspruch auf zukünftige Vergütungsanpassung im Falle einer Benachteiligung sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, ist dagegen nicht ausdrücklich geregelt, wie weit eine auf-grund geschlechtsbezogener Benachteiligung zu geringe Vergütung im Nachhinein eingefordert werden kann. Einzelvertragliche oder tarifliche Ausschlussklauseln können die Geltendmachung rück-wirkender Ansprüche wirksam begrenzen, bspw. auf drei Monate – das EntgTranspG enthält jedenfalls keine Regelung, nach der zeitliche Begrenzungen unzulässig sein könnten.

Den klagenden Mitarbeitern dürfte zudem die Beweislast zufallen, seit wann die diskriminierende Vergütungspraxis besteht.

Bericht zur Entgeltgleichheit Nach Einführung des EntgTranspG müssen alle Arbeitgeber, die mehr als 500 Personen beschäftigen und nach §§ 264, 289 Handelsgesetzbuch (HGB) zur Fertigung eines Lageberichtes verpflichtet sind, neuerdings auch einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit erstellen, § 21 EntgTranspG.

In dem Bericht müssen die Maßnahmen des Arbeitgebers zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und deren Wirkungen erläutert und die Bemühungen um die Herstellung von Entgeltgleichheit für Frauen und Männer aufgezeigt werden.

Arbeitgeber, die tarifgebunden oder tarifanwendend sind, müssen ihre Aktivitäten alle fünf Jahre darstellen, alle anderen Arbeitge-ber müssen den Bericht alle drei Jahre veröffentlichen.

Arbeitgeber, die keine Maßnahmen ergriffen haben, müssen dies im Bericht begründen.

Betriebliche Prüfverfahren zur Entgeltgleichheit Private Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die keinen Lagebericht nach HGB erstellen müssen, sind durch das EntgTranspG nur aufgefordert, jedoch nicht verpflichtet, die Entgeltgleichheit im Betrieb regelmäßig überprüfen zu lassen und darüber einen Bericht zu erstatten.

Der Arbeitgeber kann die Art und Weise des Prüfungsverfahrens zwar bestimmen, muss jedoch dabei zwingend die Rechte des Be-triebsrates oder der zuständigen Mitarbeitervertretung beachten, weshalb sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung anbietet.

8.3 Betriebsrentenstärkungsgesetz

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist am 01.01.2018 in Kraft getreten. Es zielt darauf ab, die Betriebsrente insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen weiter zu verbreiten. Zudem werden für Beschäftigte verschiedene Anreize zur zusätzlichen Altersvorsorge geschaffen. Nachstehend erhalten Sie einen Über-blick über die wesentlichen Neuregelungen des Gesetzes.

8.3.1 Das Sozialpartnermodell

Ungefähr 57 % der Beschäftigten in Deutschland haben eine betriebliche Altersversorgung. Ca. 30 % der derzeitigen Rentner beziehen Betriebsrenten neben ihrer gesetzlichen Rente. Aller-dings ist die betriebliche Altersvorsorge gerade in kleinen und mittleren Unternehmen noch nicht weit verbreitet. Dem soll das Betriebsrentenstärkungsgesetz entgegenwirken. Es schafft ein neues Sozialpartnermodell.

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Arbeitsrecht

Damit wird den fünf bisher existierenden Modellen der betrieb-lichen Altersvorsorge (Direktversicherung, Direktzusage, Unter-stützungskasse, Pensionskasse und Pensionsfonds) ein neuer Weg hinzugefügt.

8.3.2 Ausgestaltung des Sozialpartnermodells

Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet die Einführung einer betrieblichen Altersvorsorge oft einen großen bürokratischen Auf-wand. Mit dem neuen Sozialpartnermodell können Gewerkschaf-ten und Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbände ganz einfach neue Betriebsrentensysteme für Unternehmen oder ganze Branchen aufbauen. Es eröffnet den genannten Verhandlungspartnern künf-tig erstmals die Möglichkeit, eine betriebliche Altersvorsorge im Rahmen von Tarifverträgen frei zu verhandeln und zu vereinbaren.

Die Sozialpartner haben nach den Vorschriften des Betriebsren-tenstärkungsgesetzes in den Tarifverträgen für die betriebliche Altersvorsorge große Freiheiten, wie sie das Modell für das jewei-lige Unternehmen im Einzelnen gestalten. Sie können gemeinsam festlegen, wie und wo das Geld angelegt wird. Das Sozialpartner-modell kann über eine Direktversicherung, einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse umgesetzt werden. Die Sozialpartner beteiligen sich dabei an der Durchführung und Steuerung. Möglich ist beispielsweise die Gründung einer eigenen Pensionskasse. Sie bestimmen, wie das Betriebsrentenkapital angelegt wird, wägen Anlagerisiken ab und bewerten Renditemöglichkeiten.

Den Beitrag für die betriebliche Altersvorsorge aufgrund des abgeschlossenen Tarifvertrages zahlt der Arbeitgeber an die entsprechende Versorgungseinrichtung bzw. das Versicherungs- unternehmen. Diese/Dieses erbringt dann die spätere Betriebs- rente. Als Leistungen aus dem Sozialpartnermodell sind aus-schließlich Rentenzahlungen möglich. Kapitalzahlungen sind ausgeschlossen.

Wird ein entsprechender Tarifvertrag im Rahmen des neuen Sozialpartnermodells für ein Unternehmen abgeschlossen, werden Beschäftigte automatisch in die Betriebsrente einbezogen. Dies gilt nur dann nicht, wenn sie ausdrücklich widersprechen (vgl. weiter unten 8.3.4 Opting-Out-Modell).

Nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Beschäftigte können ver- einbaren, dass die einschlägigen, im Rahmen des Sozialpartner- modells abgeschlossenen Tarifverträge für die betriebliche Alters-vorsorge auch für sie gelten sollen.

8.3.3 Reine Beitragszusage

Die besondere Neuerung beim Sozialpartnermodell ist die soge-nannte „reine Beitragszusage“. Arbeitgeber garantieren ihren Arbeitnehmern dabei die Zahlung eines bestimmten Beitrags in ihre betriebliche Altersvorsorge. Sie müssen im Rahmen des neuen Sozialpartnermodells aber nicht mehr für die Höhe der daraus resultierenden künftigen Betriebsrenten haften.

Bei den bisherigen Formen der betrieblichen Altersvorsorge haben die Arbeitgeber die Haftung zu übernehmen, wenn die zugesagte spätere Betriebsrente tatsächlich nicht erwirtschaftet werden kann. Für diesen Fall sind Rücklagen zu bilden. Die Haftungsrege-lung hat bislang viele Arbeitgeber davon abgehalten, überhaupt eine Betriebsrente anzubieten.

Im neuen Sozialpartnermodell gibt es statt der Haftungsregelung eine sogenannte Zielrente. Zugesichert wird dabei kein fester Betrag für die Betriebsrente, sondern es wird nur ein angestrebter Zielwert genannt, der den Arbeitnehmern in Aussicht gestellt wird. Um ein bestimmtes Versorgungsniveau zu erreichen, können sich Arbeitgeber an der Absicherung der Zielrente mit Sicherungsbei-trägen beteiligen. Das muss der entsprechende Tarifvertrag aber explizit vorsehen.

Die neue betriebliche Altersvorsorge im Rahmen des Sozial- partnermodells wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tungsaufsicht (BaFin) überwacht. Dafür gibt es neue Aufsichts- vorschriften.

8.3.4 Das Opting-Out-Modell

Die betriebliche Altersvorsorge ist aktuell in Unternehmen so ge-staltet, dass sich die Beschäftigten aktiv für den Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge entscheiden müssen. Wer von sich aus nicht tätig wird, baut auch keine Betriebsrente auf.

Der neue Ansatz kehrt dieses System um: Es werden alle Arbeit- nehmer des Arbeitgebers zu einem definierten Zeitpunkt, z. B. nach dem Ende der Probezeit, automatisch in die betriebliche Altersvorsorge eingebunden.

Nur wer aktiv widerspricht („opt out“), nimmt nicht an der betrieb-lichen Altersvorsorge teil.

Ab 2018 kann dieses Opting-Out-Modell über Tarifverträge vor-gesehen werden. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber können sich an die Regelungen der Tarifverträge anlehnen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Betriebsvereinbarung.

8.3.5 Bessere Förderung bei Entgeltumwandlungen

Arbeitnehmer konnten bisher Teile ihres Entgelts steuerfrei in Altersvorsorgebeiträge umwandeln. Der steuerfreie Höchstbetrag der Entgeltumwandlung betrug vier Prozent der Beitragsbemes-sungsgrenze für die Rentenversicherung der alten Bundesländer (2017: 3.048 Euro). Die Altersvorsorgebeiträge waren in der glei-chen Höhe auch sozialversicherungsfrei für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Diese Form der steuerlichen Förderung der betrieblichen Alters-vorsorge wird mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz ausgebaut.

Der steuerfreie Höchstbetrag wird ab dem 01.01.2018 auf maximal acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung der alten Bundesländer jährlich angehoben (2018: 6.240 Euro). Der zusätzliche Steuerfreibetrag in Höhe von 1.800 Euro pro Jahr, der aktuell bei Neuzugängen in die be-triebliche Altersvorsorge gezahlt wird, entfällt dafür. Insgesamt ergibt sich mit der Neuregelung eine Anhebung des steuerfreien Volumens für Arbeitnehmer.

Beim sozialversicherungsfreien Höchstbetrag für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergibt sich keine Änderung. Dieser bleibt bei vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung jährlich (2018: 3.120 Euro).

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Arbeitsrecht

8.3.6 Arbeitgeberzuschuss

Neu ist zudem, dass Arbeitgeber bei jeder Form der Entgeltum-wandlung künftig einen Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge von 15 % des Entgeltumwandlungsbetrags des Arbeitnehmers zu leisten haben, soweit der Arbeitgeber durch die Umwandlung Sozialversicherungsbeiträge spart. Damit sollen Arbeitgeber ihre Ersparnis aus der Sozialversicherungsfreiheit der Entgeltumwand-lung an die Arbeitnehmer weitergeben.

Die Neuregelung tritt stufenweise in Kraft. Sie gilt beim Sozial-partnermodell ab 2018, bei neuen sonstigen Verträgen ab 2019 und bei allen schon existierenden Betriebsrenten mit Entgelt- umwandlung ab 2022.

Neue Fördermöglichkeiten für GeringverdienerDas Betriebsrentenstärkungsgesetz sieht auch neue steuerliche Fördermöglichkeiten für Arbeitgeber vor, die sich an der betrieb-lichen Altersvorsorge von Geringverdienern beteiligen. Knapp 30 % der Beschäftigten haben bisher keine zusätzliche Altersvor-sorge aufgebaut, hauptsächlich Geringverdiener. Die Neuregelung soll deshalb Anreize für eine zusätzliche Altersvorsorge für diese Gruppe schaffen.

Arbeitgeber erhalten die neue Förderung, wenn sie Geringverdie-nern zusätzlich zum monatlichen Entgelt zwischen 240 Euro und 480 Euro pro Kalenderjahr in eine betriebliche Altersversorgung einzahlen.

Die neue steuerliche Förderung für den Arbeitgeber beträgt 30 % des zusätzlich eingezahlten Betrages pro Arbeitnehmer und Kalen-derjahr (72 Euro bis maximal 144 Euro). Den Förderbetrag erhalten die Arbeitgeber, indem die ihn von der abzuführenden Lohnsteuer des Arbeitnehmers abziehen und direkt einbehalten.

Als Geringverdiener gelten hier Arbeitnehmer, die monatlich bis zu 2.200 Euro brutto verdienen.

8.4 Tarifeinheitsgesetz (BVerfG-Urteil)

Das Tarifeinheitsgesetz regelt die Vorgehensweise, wenn in einem Betrieb mehrere Tarifverträge gelten. Kurz: es wird im Konfliktfall der Tarifvertrag der kleineren Gewerkschaft mit weniger Mitglie-dern im Betrieb verdrängt und es gilt das „Recht der stärkeren Gewerkschaft“. Über ein gerichtliches Beschlussverfahren kann geklärt werden, welche Gewerkschaft die mitgliederschwächere ist. Der Arbeitgeber muss den anderen im Betrieb zuständigen Gewerkschaften die Aufnahme von Tarifverhandlungen bekannt geben, die kleineren Gewerkschaften mit ihren tarifpolitischen Forderungen aber nur anhören. Diese Gewerkschaften haben dann einen Anspruch auf Nachzeichnung des verdrängten Tarifvertrags.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das von Anfang an hoch umstrittene Gesetz, das 2015 erlassen wurde, im Wesent-lichen für verfassungskonform erklärt (BVerfG vom 11.07.2017 – 1 BvR 1571/15 u.W.). Das Gericht vertritt aber die Auffassung, dass ein Tarifvertrag im Fall einer Kollision im Betrieb nur verdrängt werden darf, wenn gleichzeitig plausibel dargelegt ist, dass die Mehrheitsgewerkschaft die Belange der Angehörigen der Minderheitsgewerkschaft ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt hat. Deshalb fordert das BVerfG in sei-ner Begründung den Gesetzgeber an dieser Stelle zu Korrekturen

auf. In seiner grundsätzlichen Ausrichtung sei das Gesetz jedoch verfassungskonform. Der Gesetzgeber ist nun in der Pflicht, bis zum 31.12.2018 Korrekturen an den gerügten Inhalten vorzuneh-men und die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie deutlich sicherer zu stellen. Vor der Bundestagswahl war dies aber nicht mehr möglich.

Nach dem Urteil des BVerfG müssen zukünftig die Arbeitsgerichte prüfen, ob im Konfliktfall die tariflichen Rechte einer kleineren Gewerkschaft ausreichend und angemessen berücksichtigt wur- den. Außerdem haben die Karlsruher Richter das Streikrecht von Spartengewerkschaften weder angetastet noch eingeschränkt. Arbeitgeber, in deren Betrieb unterschiedliche Gewerkschaften aktiv sind, sollten deshalb nicht dem Irrtum erliegen, dass Ver- handlungen mit der größten Gewerkschaft automatisch dazu führen, dass die kleineren Gewerkschaften nicht mehr aktiv sein können.

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Steuerrecht

9.1 Kindergeld und Kinderfreibeträge

Durch das „Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amts-hilferichtlinien und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinn-kürzungen und -verlagerungen“ wurden bereits 2016 die Anpas-sungen für 2018 festgelegt.

Das Kindergeld betrug 2017 monatlich für erste und zweite Kinder jeweils 192 Euro, für dritte Kinder 198 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 223 Euro. Seit 2018 wird das Kinder- geld um weitere zwei Euro angehoben. Damit ergibt sich für erste und zweite Kinder ein Betrag von jeweils 194 Euro, für dritte Kin-der sind es dann 200 Euro und ab dem vierten Kind jeweils 225 Euro.

Es wird nach der gesetzlichen Neuregelung in § 66 Abs. 3 EStG ab 2018 rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld einge-gangen ist. Die neue Regelung ist gem. § 52 Abs. 49a EStG auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 eingehen. Sie bewirkt, dass das Kindergeld über die zurückliegenden sechs Monate hinaus nicht mehr zur Auszahlung gelangen kann. Der Anspruch wird hierdurch nicht berührt, ist aber formell nicht mehr durchsetzbar.

Nicht nur das Kindergeld, sondern auch der Kinderfreibetrag wurde ab 2018 erneut angehoben – von 4.716 Euro (2.358 Euro) auf 4.788 Euro (2.394 Euro). Sind die Eltern nicht zusammen ver- anlagt, gelten die Werte in Klammern.

Lohnsteuerrechtlich führt die Anhebung dazu, dass sich ab Januar 2018 die Kirchenlohnsteuer bzw. der Solidaritätszuschlag mindern. Der sogenannte Betreuungsfreibetrag bleibt unverändert bei 1.320 Euro bzw. 2.640 Euro (je nach Veranlagungsart).

9.2 Geringwertige Wirtschaftsgüter

Erhöhung des Grenzwerts Die Anschaffungskosten für Arbeitsmittel werden grundsätzlich nicht in voller Höhe im Jahr der Anschaffung berücksichtigt, sondern vielmehr über die Nutzungsdauer des einzelnen Wirt-

schaftsguts. Für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) gibt es allerdings eine Sonderreglung (R 9.12 LStR, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG, § 6 Abs. 2 S. 1 EStG).

Die Anschaffungskosten von Arbeitsmitteln einschließlich der Umsatzsteuer können ggf. im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgesetzt werden. Die entsprechende Wertgrenze ist 2018 ange-hoben worden. So können steuerpflichtige Arbeitsmittel, die inkl. Umsatzsteuer nicht mehr als 952 Euro kosten, ab 2018 sofort im Jahr des Kaufs abgesetzt werden. Bis einschließlich 2017 liegt die Grenze inkl. Umsatzsteuer bei 487,90 Euro. Diese Bruttobeträge entsprechen den Nettobeträgen von 410 Euro (2017) bzw. 800 Euro (2018).

So kann es sich gelohnt haben, gegebenenfalls erst 2018 etwa einen betrieblich genutzten PC anzuschaffen. Kostet er brutto nicht mehr als 952 Euro, kann der Betrag 2018 sofort als Wer-bungskosten abgesetzt werden. Bei einem Kauf eines PC noch in 2017 musste der Betrag bei einem Bruttoaufwand von mehr als 487,90 Euro monatsgenau über drei Jahre (Nutzungsdauer bei einem PC) abgeschrieben werden.

Zu den Arbeitsmitteln können bei ausschließlicher beruflicher Nutzung z. B. Fachbücher, Bücherregal, Bücherschrank, Schreib-tisch, Bürostuhl, Rollcontainer, Schreibtischlampe, Kopiergerät, Aktentasche, PC oder Laptop, Notebook oder Beamer gehören.

9. Steuerrecht

Beispiel:

Sachverhalt: Die Eltern waren davon ausgegangen, dass für ihren 24-jährigen Sohn, der sich seit 07/2016 in einer zweiten Berufsausbildung befindet, kein Kindergeldanspruch mehr besteht. Sie stellten deshalb erst 12/2017 bei der Familienkasse einen Antrag auf Kindergeld. Den Eltern wurde Kindergeld antragsgemäß rückwirkend ab 07/2016 gezahlt.

Abwandlung: Der Kindergeldantrag geht bei der Familien-kasse erst am 05.01.2018 ein.

Folge: Das Kindergeld wird rückwirkend nur ab 06/2017 gezahlt!

Beispiel:

Sachverhalt: Arne T. kauft sich ein Notebook, das nahezu ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt wird. Der Aufwand beträgt 600 Euro inkl. Umsatzsteuer. Fall 1: Anschaffung im Dezember 2017; Fall 2: Anschaffung im Januar 2018.

Beurteilung zu Fall 1: Herr T. kann 2017 ein Zwölftel des Aufwands als Werbungskosten geltend machen. Für 2018 und 2019 werden jeweils 200 Euro berücksichtigt. 2020 werden die restlichen 183 Euro berücksichtigt.

Beurteilung zu Fall 2: Herr T. kann 2018 die vollen Anschaf-fungskosten in Höhe von 600 Euro sofort absetzen.

Beispiel:

Sachverhalt: Sabine M., Mitarbeiterin eines wissenschaft-lichen Instituts, erwirbt am 08.01.2018 einen wissenschaft-lichen Taschenrechner im Wert von 450 Euro zzgl. Umsatz-steuer in Höhe von 85,50 Euro.

Beurteilung: Frau M. kann im Anschaffungsjahr 2018 den vollen Betrag in Höhe von 535,50 Euro als Werbungskosten absetzen.

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Steuerrecht

9.3 Lohnsteuerliche Einordnung der Überlassung von Fahrrädern an Arbeitnehmer

Immer mehr Arbeitgeber überlassen ihren Arbeitnehmern gege-benenfalls auch im Rahmen einer Gehaltsumwandlung (Elektro-)Fahrräder. Dies hat lohnsteuerliche Folgen, denn aus der Fahr-radüberlassung ergibt sich ein geldwerter Vorteil. Einerseits ist der Nutzungsvorteil davon abhängig, um welchen Fahrradtyp es sich handelt. Andererseits ergeben sich weitere Folgen, wenn der Arbeitnehmer etwa sein privates Elektrofahrrad in der Firma (kostenlos oder verbilligt) aufladen darf.

Der Staat fördert die Elektromobilität. Bis zum 31.12.2020 ist der geldwerte Vorteil für das Aufladen mit Strom steuerfrei, wenn ein Arbeitnehmer ein Elektrofahrzeug in der Betriebsstätte des Arbeitgebers kostenlos bzw. verbilligt auflädt. Von dieser Steuer-befreiung profitieren jedoch nur Radfahrer zulassungspflichtiger Elektrofahrräder, die schneller als 25 km/h fahren können. Deshalb ist auch bei der Stromüberlassung zu differenzieren.

9.3.1 Gegenstand der (Elektro-)Fahrradüberlassung

Die kostenlose oder verbilligte allgemeine Überlassung eines Fahrrads, das sich im Eigentum des Arbeitgebers befindet, führt zur Annahme eines geldwerten Vorteils beim Arbeitnehmer. Die ansonsten für Sachzuwendungen maßgebende Freigrenze von monatlich 44 Euro gilt hier nicht. Hinsichtlich der steuerlichen Bewertung der Nutzungsüberlassung eines Elektrofahrrads an den Arbeitnehmer ist eine Differenzierung hinsichtlich des Typs des Elektrofahrrads vorzunehmen (vergleiche gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23.11.2012, BStBl. I 2012, S. 1224). Durch eine etwaige Kostenbeteiligung oder pauschale Zuzahlung des Arbeitnehmers lässt sich der geldwerte Vorteil ggfls. mindern.

Überlassung von Fahrrädern bzw. Elektrofahrrädern bis 25 km/h Der geldwerte Vorteil dafür, dass das Fahrrad beziehungsweise Elektrofahrrads mit einer Geschwindigkeit bis 25 km/h auch privat genutzt werden kann, beträgt monatlich ein Prozent der auf 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbe-triebnahme des Elektrofahrrads (brutto). Mit diesem geldwerten Vorteil sind sämtliche Fahrten abgegolten, also insbesondere auch Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätig-keitsstätte.

Überlassung eines Elektrofahrrads schneller als 25 km/h Bei Elektrofahrrädern mit einer Geschwindigkeit von mehr als 25 km/h, die verkehrsrechtlich daher als Kraftfahrzeug (Kfz) einzu- ordnen sind, gelten die allgemeinen lohnsteuerrechtlichen Be-wertungsvorschriften für die Überlassung von Dienstwagen. Das bedeutet, dass, wenn ein entsprechendes Elektrofahrrads auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird, neben dem Ein-Prozent-Wert ein zusätzlicher geldwerter Vorteil von 0,03 Prozent je Entfernungskilometer und je Monat zu erfassen ist.

Beispiel:

Sachverhalt: Außendienstmitarbeiterin Sonja F. erwirbt am 10.01.2018 einen Schreibtisch für ihr häusliches Arbeits- zimmer. Die Kosten belaufen sich auf 900 Euro brutto.

Beurteilung: Frau F. kann im Anschaffungsjahr 2018 den vol-len Betrag in Höhe von 900 Euro als Werbungskosten abset-zen. Bei einer Anschaffung noch im Dezember 2017 hätte sie für 2017 nur anteilig 5,77 Euro und ab 2018 jährlich 69,23 Euro absetzen können. Im letzten „Abschreibungs“-Jahr (2030) wäre dann nur noch der Restbetrag von 63,47 Euro absetzbar gewesen.

Rechenweg: 900 Euro : 13 Jahre = 69,23 Euro (jährlich abzu-setzender Betrag bei Anschaffung 2017) 69,23 Euro : 12 Monate = 5,77 Euro (anteiliger Betrag für den einzelnen Monat).

Hinweis:

Bei einem Kauf von Büromöbeln ist, wenn eine Sofortab-schreibung nicht möglich ist, von einer Nutzungsdauer von 13 Jahren auszugehen.

Beispiel:

Sachverhalt: Der Arbeitgeber überlässt dem Arbeitnehmer Michalski zur dienstlichen und privaten Nutzung ein als Fahrrad eingestuftes Elektrofahrrad und dem Arbeitnehmer Funke zur dienstlichen und privaten Nutzung ein als Kfz eingestuftes Elektrofahrrad (jeweils UVP 3.000 Euro inkl. Umsatzsteuer). Herr Funke wohnt 20 km entfernt vom Unternehmen.

Beurteilung: Herr Michalski muss einen Wert in Höhe von insgesamt monatlich 30 Euro (1 % von 3.000 Euro) versteuern. Herr Funke muss wegen der Einstufung als Kfz neben dem Vorteil von monatlich 30 Euro zusätzlich noch einen Betrag in Höhe von 18 Euro als Vorteil aus der Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Firma ver-steuern (3.000 Euro x 0,03 % x 20 km).

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Steuerrecht

9.3.2 Fahrradleasing

Die beschriebenen steuerlichen Folgen der Nutzungsüberlassung von Elektrofahrrädern, die sich im Eigentum des Arbeitgebers be-finden, gelten auch in den Leasingfällen, in denen die Überlassung aufgrund des Arbeitsvertrags oder einer anderen arbeitsrecht-lichen Rechtsgrundlage erfolgt (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 22.05.2017, FR 2017, Seite 797).

Die Fahrrad-Überlassungsmodelle sehen in der Regel so aus, dass der Arbeitgeber das Elektrofahrrad anschafft und eine Gehaltsum-wandlung vereinbart wird. Üblicherweise handelt es sich um ein Leasinggeschäft mit einer Laufzeit von drei Jahren inklusive eines Wartungsvertrags. Der Arbeitgeber schließt mit einem Provider, der die gesamte Abwicklung betreut, einen Rahmenvertrag ab. Ferner werden zwischen dem Arbeitgeber und einem Leasinggeber Leasingverträge über die Fahrräder mit einer festen Laufzeit von zumeist 36 Monaten bzw. einer mehrjährigen festgelegten Grund-zeit mit (im Falle der unterlassenen Kündigung) anschließender automatischer Verlängerung abgeschlossen.

Zeitgleich schließt der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer für eben diese Dauer einen Überlassungsvertrag ab, welcher auch eine private Nutzung zulässt. Danach wird das Gehalt für die Dauer der Nutzungsüberlassung um einen festgelegten Betrag als Eigenbe-teiligung heruntergesetzt. In der Regel wird die Gehaltsumwand-lung so ausgestaltet, dass der Barlohn des Arbeitnehmers um den Betrag der Leasingrate herabgesetzt wird.

Dies bedeutet, dass einerseits aufgrund der Gehaltsumwandlung ein geringerer Barlohn, andererseits aber der Nutzungsvorteil über die Ein-Prozent-Regelung (ggfls. zusätzlich über die 0,03-%-Rege-lung) zu versteuern ist.

Elektrofahrrad wird nach Leasingende abgekauftNach Ablauf der Nutzungsüberlassung kann der Arbeitnehmer in den meisten Fällen das Fahrrad zu einem vorher festgelegten Preis erwerben. Sollte der Mitarbeiter sein Fahrrad vom Arbeit-geber oder einem Dritten zu einem geringeren Preis als dem üblichen Endpreis am Abgabeort erwerben, ist der Differenzbetrag als Arbeitslohn (von dritter Seite) zu erfassen. Die Finanzverwal-

tung geht bei einem drei Jahre alten Elektrofahrrad von einem ortsüblichen Preis von 40 % der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Elektrofahrrads aus.

9.3.3 Strom zum Aufladen

Bis zum 31.12.2020 ist der geldwerte Vorteil gemäß § 3 Nr. 46 EStG steuerfrei, wenn ein Arbeitnehmer sein Elektrofahrzeug in der Betriebsstätte des Arbeitgebers kostenlos bzw. verbilligt auflädt. Von der Steuerbefreiung profitierten bisher auch Nutzer zulassungspflichtiger Elektrofahrräder, die schneller als 25 km/h fahren konnten. Diese gelten als Kfz (vgl. BMF-Schreiben vom 14.12.2016, BStBl. I 2016, Seite 1446).

Elektrofahrräder mit Tretunterstützung bis zu 25 km/h Höchstge-schwindigkeit sind dagegen keine Elektrofahrzeuge in diesem Sinne und wurden insoweit nicht begünstigt. Folge daraus war, dass das Aufladen eines entsprechenden Fahrrads grundsätzlich steuerpflichtig war. Es bestand also eine gewisse Ungleichbe- handlung.

Überlassenes Verkehrsmittel Bewertung des Arbeitslohns Gesetzliche Grundlage

Fahrrad Mtl. 1 % der unverbindlichen Preisempfehlung im § 8 Abs. 2 S. 10 EStG Zeitpunkt der Inbetriebnahme einschl. USt (damit sind sämtliche Fahrten abgegolten)

Fahrrad, wenn die Nutzungsüberlassung von Fahr- 96 % des Endpreises, zu denen der Arbeitgeber § 8 Abs. 3 EStG rädern zur Angebotspalette des Arbeitgebers an seine Fahrräder an fremde Dritte überlässt, abzüg- fremde Dritte gehört (zum Beispiel Fahrradverleih- lich 1.080 EUR Rabatt-Freibetrag firmen)Elektrofahrrad, das verkehrsrechtlich als Fahrrad Vgl. Zeilen 1 und 2einzuordnen ist (unter anderem keine Kennzeichen- und Versicherungspflicht)

Elektrofahrrad, das verkehrsrechtlich als Kfz Wie bei Kfz (das heißt Pauschalwert- oder Fahrten- einzuordnen ist (z. B. > 25 km/h) buchmethode); im Gegensatz zu Zeile 1 müssen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeits- stätte zusätzlich angesetzt werden.

Beispiel:

Nach Ablauf von drei Jahren erwirbt der Mitarbeiter Mark H. das ihm zuvor vom Arbeitgeber überlassene, geleaste Elektrofahrrad für 500 Euro. Die unverbindliche Preisemp-fehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme betrug 2.500 Euro. Der als Lohn anzusetzende Vorteil beträgt 500 Euro (40 % von 2.500 Euro = 1.000 Euro, Restwert - 500 Euro Kauf-preis).

Hinweis:

Der Arbeitgeber darf einen niedrigeren Wert als 40 % an- setzen, wenn er diesen entsprechend nachweisen kann!

Quelle: Verfügung des Bayrischen Landesamtes für Steuern vom 22.05.2017, FR 2017, Seite 797

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Höchstbetrag auf das einzelne Zimmer bezogen. Jetzt ist der Bun-desfinanzhof (BFH) mit dem Urteil vom 15.12.2016. Az. VI R 53/12 zu einer personenbezogenen Betrachtung übergegangen.

Nutzen mehrere Steuerzahler ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder Nutzende die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer, die er getragen hat, einkünftemindernd geltend machen, sofern die Abzugsvoraussetzungen in seiner Person vorliegen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gibt es keine Grundlage dafür, den Abzugsbetrag von 1.250 Euro für den Steuer-zahler (anteilig) zu kürzen, weil auch ein anderer Steuerbürger das Arbeitszimmer für eine berufliche Tätigkeit nutzt. Eine Aufteilung des Abzugsbetrags auf mehrere Personen bei gemeinsamer Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers sieht das Gesetz gerade nicht vor. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass dem Steuerzahler der Abzugsbetrag von 1.250 Euro nur bei allei-niger Nutzung des Zimmers in voller Höhe zustehen soll.

Fazit: Der Höchstbetrag ist personenbezogen zu sehen.

9.4.2 Abzugsfähigkeit bei unzureichenden Arbeitsgelegenheiten im Betrieb

Der BFH hat mit Urteil vom 22.02.2017 BFH III R 9/16 entschieden, dass nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in den Betriebsräumen zwangsläufig einen (zumutbaren) „anderen Arbeitsplatz“ darstellt. Im Urteilsfall war der als Logopäde tätige Kläger in zwei Praxen in angemieteten Räumen tätig, die weit überwiegend von seinen An-gestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Der BFH hat dem Kläger Recht gegeben und entschieden, dass soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes so eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner Tätigkeit verrichten muss, das Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen kommt. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen (Umfang der Nutzungsmög-lichkeit, Zugang zum Gebäude) ergeben.

Im Streitfall ergab sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Nutzung der Räume durch die Angestellten, Größe, Ausstattung, Vertraulichkeit der für die Bürotätigkeit erforderlichen Unterlagen und Umfang der Büro- und Verwaltungstätigkeiten) eine Unzumut-barkeit der Nutzung der Betriebsräume.

Steuerrecht

Kostenloses Aufladen eines Elektrofahrrads in der Firma Aufladen ist

Q bei Einstufung als Fahrrad steuerfrei Q bei Einstufung als Kfz steuerfrei

Wichtig: Ersetzt der Arbeitgeber den Aufwand für das Aufladen des privaten Elektrofahrrads beim Arbeitnehmer zuhause, ist dies nicht steuerfrei, da nur das Aufladen beim Arbeitgeber oder einem verbundenen Unternehmen begünstigt ist!

Kostenerstattung für das Aufladen des Elektrofahrrads zu Hause beim Arbeitnehmer Kostenerstattung ist

Q bei Einstufung als Fahrrad steuerpflichtig Q bei Einstufung als Kfz steuerpflichtig

Ladegerät Steuerfrei ist gemäß § 3 Nr. 46 EStG auch die zur privaten Nut- zung überlassene betriebliche Ladevorrichtung. Wird statt einer Nutzungsüberlassung die Ladestation an den Arbeitnehmer ver-schenkt, ist dieser geldwerte Vorteil zwar steuerpflichtig, er kann aber vom Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG mit 25 % pauschal versteuert werden. Das Gleiche gilt für Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den Erwerb und die Nutzung einer Ladevorrichtung.

9.4 Häusliches Arbeitszimmer (Urteile)

9.4.1 Wechsel zur personenbezogenen Ermittlung

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können bis zu 1.250 Euro jährlich vom Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG). Bisher haben die Finanzämter den

Hinweis:

Die Bundesregierung hat auf eine Anfrage nach dem Grund der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung geantwor- tet, dass eine Ausweitung der Steuerbefreiung nicht der Zielrichtung der gesetzlichen Regelung entspreche. Verein-fachungen bei der Erfassung und Abrechnung möglicher Vorteile durch das Aufladen von Elektrofahrrädern bis 25 km/h seien zurzeit aber Gegenstand der Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder (Quelle: Bundestag-Drucksache 18/13307, Antwort auf die Frage 20).

Mit BMF-Schreiben vom 26.10.2017 (AZ.: IVC5-S2334/14/ 10002-06) hat das Bundesfinanzministerium die Gleichstel-lung der Elektrofahrräder, die als Fahrrad einzustufen sind, erwirkt.

Aus Billigkeitsgründen wird nunmehr auch deren Ladung nicht zum Arbeitslohn gezählt und ist damit steuerfrei.

Beispiel:

Sachverhalt: Das Lehrerehepaar R. nutzt das Arbeitszim-mer in ihrem Einfamilienhaus gemeinsam ausschließlich für berufliche Zwecke. Die jährlichen Kosten des Zimmers belaufen sich auf insgesamt 2.000 Euro. Beide Ehepartner können jeweils 1.000 Euro als Werbungskosten geltend machen.

Abwandlung: Betragen die Kosten z. B. 2.800 Euro, könnten die Ehepartner jeweils die Aufwendungen bis zum Höchst-betrag von 1.250 Euro steuerlich absetzen.

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Steuerrecht

9.4.3 Nur ein Höchstbetrag für mehrere Arbeitszimmer

Ein weiteres Arbeitszimmer etwa in einer beruflich veranlassten Zweitwohnung eröffnet nicht nochmals den Abzug des Höchst- betrags von 1.250 Euro (BFH v. 09.05.2017, Az. VIII R 15/15).

Die vom BFH aufgestellten Grundsätze werden von der Finanzver-waltung angewandt. Das Bundesfinanzministerium hat mit Datum vom 06.10.2017 ein überarbeitetes Schreiben zur einkommen-steuerlichen Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer veröffentlicht.

9.5 Einordnung von Deutschkursen für Flüchtlinge

Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 04.07.2017 behandelt die Frage, ob Arbeitgeberleistungen für Deutschkurse zur beruflichen Integration von Flüchtlingen zu Arbeitslohn führen. In der Regel wird steuerpflichtiger Arbeitslohn nur vorliegen, wenn der persönliche Vorteil des Einzelnen ggü. dem betrieblichen Interesse des Arbeitgebers überwiegt.

Nach dem BMF-Schreiben führen berufliche Fort- oder Weiter-bildungsleistungen des Arbeitgebers nicht zu Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Bei Flüchtlingen und anderen Arbeitnehmern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sind Bildungsmaßnahmen zum Erwerb oder zur Verbesserung der deutschen Sprache dem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers zuzuordnen, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt. Arbeitslohn kann bei solchen Bildungs-maßnahmen nur dann vorliegen, wenn konkrete Anhaltspunkte für den Belohnungscharakter der Maßnahme vorliegen.

Schaubild zu den Abzugsvoraussetzungen bei einem häuslichen Arbeitszimmer

Arbeitszimmer ist der Mittelpunkt Für die berufliche oder betriebliche Arbeitszimmer ist nicht der Mittel- der gesamten beruflichen und Tätigkeit steht kein anderer Arbeits- punkt der gesamten beruflichen betrieblichen Tätigkeit platz zur Verfügung. und betrieblichen Tätigkeit bzw. für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit steht ein anderer Arbeits- platz zur Verfügung.

Berücksichtigung Kostenabzug in voller Höhe Kostenabzug bis zum Höchstbetrag Kein Kostenabzug der Aufwendungen: von 1.250 Euro je Person

Beispiele Arbeitnehmer mit Heimarbeitsplatz Außendienstmitarbeiter ohne Büro Versicherungsangestellte mit in der Firma Arbeitsplatz beim Arbeitgeber

Beispiel:

Sachverhalt: Der Logistikbetrieb L stellt zwei Flüchtlinge aus Syrien mit der Bedingung ein, dass sie ihre Deutschkennt-nisse weiter verbessern sollen. Sie nehmen deshalb an einem Deutschkurs teil, der abends bzw. am Wochenende stattfindet. Der Arbeitgeber übernimmt die Aufwendungen für den Deutschkurs.

Beurteilung: Die Kostenübernahme führt nicht zu Arbeits-lohn. Die verbesserten Deutschkenntnisse dienen der besseren innerbetrieblichen Kommunikation.

Hinweis:

Darüber hinaus weist das Bundesfinanzministerium darauf hin, dass außerhalb der Arbeitgeberförderung Beschäftigte mit Migrationshintergrund kostenlose berufsbezogene Deutschkurse aus der Regelförderung des Bundes in An- spruch nehmen können. Voraussetzung für die Teilnahme sind vorhandene Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 (GER) oder ein beendeter Integrationskurs.

Weitere Informationen und Ansprechpartner für Arbeitgeber finden sich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). http://www.bamf.de/DE/Infothek/ BerufsbezogeneFoerderung/Deutschfoerderung45a/ deutschfoerderung45a-node.html

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Weitere relevante Themen

Der BrexitIm Juni 2016 hat sich die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs in einem Referendum für den Brexit – den Austritt aus der Europäi- schen Union – entschieden. Am 29.03.2017 hat die Regierung der Europäischen Union dann offiziell ihre Absicht mitgeteilt, aus der Europäischen Union auszutreten.

Mit diesem Austrittsersuchen hat das offizielle Austrittsverfahren des Vereinten Königreichs aus der Europäischen Union begonnen. Der tatsächliche Austritt vollzieht sich nach den Vorschriften des EU-Rechts aber nicht sofort, sondern erst mit dem Inkrafttreten eines Austrittsabkommens. Das Austrittsabkommen wird indivi- duell von Vertretern der Europäischen Union und der Regierung des Vereinigten Königreichs ausgehandelt.

Für die Verhandlung des Austrittsabkommens gilt vom Zeitpunkt des Austrittsersuchens an eine Frist von zwei Jahren. Bis Ende März 2019 muss das Austrittsabkommen also stehen. Spätestens nach diesen zwei Jahren endet nämlich nach den Vorschriften des EU-Rechts die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union – es sei denn, der Europäische Rat und das Vereinigte Königreich beschließen einstimmig, dass die Austritts-frist verlängert wird. Dies ist aber bislang nicht geschehen.

Das Austrittsabkommen wird regeln, wie sich Aufenthaltsrechte, der Zugang zum Arbeitsmarkt sowie Renten- und Sozialversiche-rungsrechte nach dem Austritt für die Bürger der Europäischen Union und des Vereinigten Königreichs darstellen werden. Zudem sollen Regeln für die finanziellen Auswirkungen des Austritts getroffen werden.

Zu diesen Themen finden derzeit permanent Gespräche und Ver- handlungen statt. Die Vertreter der Europäischen Union und die Regierung des Vereinigten Königreichs wollen die Gespräche und Verhandlungen bis 10/2018 abschließen. Dies ist nötig, damit ein Austrittsabkommen noch rechtzeitig vor Ende 03/2019 ratifiziert werden kann. Das Austrittsabkommen muss am Ende mit einer qualifizierten Mehrheit von den verbleibenden 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschlossen werden.

Während der Aushandlung des Austrittsabkommens gilt das EU-Recht für das Vereinigte Königreich weiter.

Auswirkungen auf die SozialversicherungIm Bereich der Sozialversicherung ergeben sich durch die Aus-trittsverhandlungen zunächst keine Auswirkungen. Für Arbeit-nehmer und Arbeitgeber gelten nach wie vor die europäischen Verordnungen über Soziale Sicherheit bzw. die entsprechenden Vorschriften zur Entsendung von Arbeitnehmern in die Europäische Union. Sie sind auf jeden Fall bis zum Inkrafttreten eines Austritts-abkommens bzw. längstens bis Ende 03/2019 gültig.

Für Arbeitgeber, die Arbeitnehmer von Deutschland in das Vereinigte Königreich entsenden oder britische Arbeitnehmer im Rahmen einer Entsendung in Deutschland beschäftigen, ändert

sich also zunächst nichts. Die aktuell maßgebenden sozialversi-cherungsrechtlichen Vorschriften für Entsendungen gelten unein-geschränkt weiter. Bei Entsendungen ins Vereinigte Königreich ist eine A1-Entsendebescheinigung erforderlich und bei der zustän-digen Krankenkasse des Arbeitnehmers zu beantragen. Diese gilt im Vereinigten Königreich als Nachweis für einen bestehenden Sozialversicherungsschutz in Deutschland. Auch die europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) gilt im Bedarfsfall nach wie vor, wenn der Arbeitnehmer während der Entsendung in das Vereinigte Königreich Leistungen der Krankenversicherung benötigt.

10. Weitere relevante Themen

Hinweis:

Wenn Arbeitgeber Arbeitnehmer für eine längere Zeit in das Vereinigte Königreich entsenden, sollten sie die erfor- derliche A1-Entsendebescheinigung aufgrund der noch unklaren Rechtssituation nach der Wirksamkeit des Austritts aus der Europäischen Union nicht über den 29.03.2019 hin-aus zwar beantragen. Die Ausstellung erfolgt aber befristet.

Arbeitgeber, die Arbeitnehmer über den 29.03.2019 hinaus in das Vereinigte Königreich entsenden, sollten sich recht- zeitig vor Ende März 2019 mit der Krankenkasse des Arbeit- nehmers in Verbindung setzen, um den weiteren Sozialver-sicherungsschutz zu klären. Welche Regelungen ab dem 30.03.2019 gelten, ist aktuell noch nicht absehbar (siehe Ausblick).

Beispiel:

Sachverhalt: Die Maier KG entsendet ihren Arbeitnehmer Max M. vom 01.05.2018 bis zum 30.11.2019 im Rahmen seiner Tätigkeit in Deutschland nach London. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Entsendung sind erfüllt. Während der Entsendung gelten die deutschen Rechtsvorschriften weiter.

Beurteilung: Für die Entsendung von Herr M. nach London wird von der Krankenkasse eine A1-Entsendebescheinigung befristet für die Zeit vom 01.05.2018 bis zum 29.03.2019 ausgestellt. Für die Zeit vom 30.03.2019 bis zum 30.11.2019 gilt die A1-Entsendebescheinigung nicht mehr. Die Maier KG muss rechtzeitig vor dem 30.03.2019 auf die Kranken-kasse von Herrn M. zugehen, um die Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften zu klären. Welche Regelungen ab dem 30.03.2019 gelten werden, ist noch nicht absehbar.

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Weitere relevante Themen

Ausblick Wie sich der Brexit ab 04/2019 für Arbeitgeber auswirken wird, die Arbeitnehmer von Deutschland in das Vereinigte Königreich oder umgekehrt entsenden, werden erst die Ergebnisse der Aus-trittsverhandlungen zeigen.

Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass das Freizügigkeits-recht in der Europäischen Union, aufgrund dessen jeder EU-Bürger überall wohnen und arbeiten darf, für das Vereinigte Königreich nur noch eingeschränkt gelten wird. Zudem werden die europä-ischen Verordnungen über Soziale Sicherheit mit Inkrafttreten des Austrittsabkommens voraussichtlich nicht mehr gültig sein.

Ob und in welcher Form individuelle, bilaterale Sozialversiche-rungsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vereinbart werden, wie es diese schon mit diversen Abkommensstaaten wie beispielsweise der USA, China oder Indien gibt, und welche Auswirkungen sich für Arbeitgeber durch diese individuellen, bilateralen Sozialversicherungsabkom-men ergeben, bleibt abzuwarten.

Wir werden Sie selbstverständlich über Neuerungen informieren.

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ja nein

ja nein

Prüfschema für befristete Studentenjobs

Prüfschema für befristete Studentenjobs mit wöchentlicher Arbeitszeit über 20 Stunden

Hinweis: unbefristete Beschäftigungen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden unterliegen der Versicherungspflicht als Arbeitnehmer.

Prüfschritt 1: Kurzfristige Beschäftigung gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 SGB IV

SV-frei – Ende der Prüfung –

Prüfschritt 2

Prüfschritt 2: Zu beurteilende Beschäftigung ist zeitlich befristet und gegenüber dem Studium nachrangig?

Versicherungspflicht zu allen SV-Zweigen als AN

weiter mit 2a

ja

nein

nein

ja

Prüfschritt 2a: wöchentliche Arbeitszeit max. 20 Stunden

versicherungsfrei KV, PV, ALV; RV-Pflicht als AN

weiter mit 2b

ja nein

Prüfschritt 3: Prüfung der 26-Wochen-Frist (unter Berücksichtigung des Jahreszeitraums + aller anrechenbaren Beschäftigungen mit AZ > 20 Std.)

Prüfschritt 2c: mehr als 20 Stunden wöchentliche Arbeitszeit während der Vorlesungszeit, welche sich auf Wochenend-, Abend- oder Nachtarbeit beschränkt?

versicherungsfrei KV, PV, ALV; RV-Pflicht als AN(ggf. Prüfschritt 3 berücksichtigen)

weiter mit 3

nicht überschritten

versicherungsfrei KV, PV, ALV; RV-Pflicht als AN

weiter mit 2c

Versicherungspflicht zu allen SV-Zweigen als AN

überschritten

Versicherungspflicht zu allen SV-Zweigen als AN

Prüfschritt 2b: 20-Stunden-Grenze überschritten, aber Beschäftigung wird nur in der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) ausgeübt?

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Stand 07/2014

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W402-1003 / Gedruckt 01/18 Nachträglich kann es z. B. durch Gesetzesänderungen zu abweichenden Regelungen kommen. Aktuelle Auskünfte erhalten Sie in Ihrem Servicezentrum der DAK-Gesundheit.

DAK-GesundheitGesetzliche KrankenversicherungNagelsweg 27–31, 20097 Hamburgwww.dak.de

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