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77 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 17 (2013), Heft 2 Fachthemen DOI: 10.1002/dama.201300563 Neufassung von DIN 4108-2 – Sommerlicher Wärme- schutz mit Konstruktionen aus Kalksandstein Volker Fux Martin Schäfers Olga Pekrul Die Neuausgabe von DIN 4108-2 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“ berücksichtigt neue Klimadaten- sätze des Deutschen Wetterdienstes sowie eine Karte mit neuen Sommerklimaregionen, die aus diesen geänderten klimatischen Randbedingungen resultiert. Darüber hinaus ist das vereinfachte Nachweisverfahren zum sommerlichen Wärmeschutz überarbeitet wor- den. Die bisherige Anforderungsgröße Übertemperaturstunden wurde durch die neue Anforderungsgröße Übertemperaturgradstunden ersetzt. Ziel der Überarbeitung ist eine bessere Abbildung der Realität durch das Prognose-Verfahren. Anhand der Betrachtung zweier Beispielräume wird der Einfluss der Wärmespeicher- kapazität der raumbegrenzenden Bauteile untersucht. Hierzu werden sowohl das verein- fachte Sonneneintragskennwert-Verfahren als auch dynamisch-thermische Simulations- rechnungen herangezogen. Revised DIN 4108-2 – Heat protection in summer with Calcium Silicate constructions. The revised Standard DIN 4108-2 “Thermal protection and energy economy in buildings – Part 2: Minimum requirements to thermal insulation” considers new climate data from the German Weather Service as well as a map with modified summer climate regions which follow from the changed climatic conditions. Furthermore the simplified analysis method concerning summer overheating has been subject to a basic revision. The pre- vious requirement indicator “Overheating-hours” was replaced by the new indicator “Overheating-degree-hours”. Ambition of the revision of the standard is an enhanced prediction accurateness of the prognosis method. On the basis of two exemplarily analyzed room situations, the influence of the heat stor- age capacity of the room surrounding constructions is examined. For this the simplified “sun-transmittance-characteristic-value-method” is used as well as dynamic-thermal- simulation computations. 1 Einleitung Nutzer von Wohn- wie auch von Büro- und Verwaltungsgebäuden erwarten, dass innerhalb der zum Aufenthalt genutzten Räume während des gesam- ten Jahres eine angemessene thermi- sche Behaglichkeit gewährleistet ist. Mit der Weiterentwicklung energeti- scher Standards für neu zu errichtende Gebäude in den vergangenen Jahr- zehnten wurde die Behaglichkeit wäh- rend der Wintermonate positiv beein- flusst und stellt heute in Neubauten in aller Regel kein Problem mehr dar. Anders sieht es hingegen bei der Be- trachtung der Sommermonate aus. Die Strategie, die Energieeffizienz von Ge- bäuden durch große, südorientierte Fensterflächenanteile und die damit einhergehenden passiven Solarstrah- lungserträge zu steigern, wurde häufig mit nicht zumutbaren Innenraumtem- peraturen in heißen Sommerperioden „bezahlt“. Um angesichts dieser Entwicklun- gen ein Mindestmaß an thermischer Behaglichkeit zu gewährleisten, wer- den in der Energieeinsparverordnung 2009 [1] durch die Inbezugnahme von DIN 4108-2:2003-07 [2] Mindestan- forderungen an den sommerlichen Wärmeschutz gestellt. Diese Anforde- rungen haben zum Ziel, unzumutbare Temperaturbedingungen mit Hilfe baulicher Maßnahmen zu verhindern. Damit werden gleichzeitig nicht not- wendige, maschinelle (energieinten- sive) Kühlmaßnahmen vermieden. Der Nachweis dieser Anforderungen kann entweder mit dem vereinfachten „Son- neneintragskennwertverfahren“ oder mittels dynamisch-thermischer Simu- lationsrechnungen erbracht werden. Zwischen dem (alten) Sonnen- eintragskennwertverfahren aus DIN 4108-2:2003-07 auf der einen und Er- fahrungen aus der Praxis sowie Ergeb- nissen von Simulationsrechnungen auf der anderen Seite wurden in der Vergangenheit regelmäßig signifikante Abweichungen festgestellt [3]. Damit zukünftig ein vereinfach- tes Nachweisverfahren, das von Ar- chitekten und Bauingenieuren als aus- reichend zuverlässiger „Regelnach- weis“ angewendet werden kann, zur Verfügung steht, wurde das Sonnen- eintragskennwertverfahren im Rah- men eines öffentlich geförderten For- schungsprojekts [4] einer grundlegen- den Überarbeitung unterzogen. Weitere Ziele der Revision des Sonneneintragskennwertverfahrens waren die Berücksichtigung unter- schiedlicher Nutzungsrandbedingun- gen in Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie eine Erweiterung der Möglich- keiten zur Einbeziehung der Nacht- lüftung und eine Berücksichtigung der passiven Kühlung innerhalb des Nach- weisverfahrens. Nachfolgend werden in Ab- schnitt 2 die neuen Regelungen zum sommerlichen Wärmeschutz in DIN 4108-2:2013-02 [5], welche in der zu- künftigen Energieeinsparverordnung zum Nachweis in Bezug genommen werden, erörtert. Anhand von exem- plarischen Beispielrechnungen wird in Abschnitt 3 insbesondere der Ein- fluss der Wärmespeicherkapazität der

Neufassung von DIN 4108-2 - Sommerlicher Wärmeschutz mit Konstruktionen aus Kalksandstein

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77 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Mauerwerk 17 (2013), Heft 2

Fachthemen

DOI: 10.1002/dama.201300563

Neufassung von DIN 4108-2 – Sommerlicher Wärme-schutz mit Konstruktionen aus Kalksandstein

Volker FuxMartin SchäfersOlga Pekrul

Die Neuausgabe von DIN 4108-2 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“ berücksichtigt neue Klimadaten-sätze des Deutschen Wetterdienstes sowie eine Karte mit neuen Sommerklimaregionen, die aus diesen geänderten klimatischen Randbedingungen resultiert. Darüber hinaus ist das vereinfachte Nachweisverfahren zum sommerlichen Wärmeschutz überarbeitet wor-den. Die bisherige Anforderungsgröße Übertemperaturstunden wurde durch die neue Anforderungsgröße Übertemperaturgradstunden ersetzt. Ziel der Überarbeitung ist eine bessere Abbildung der Realität durch das Prognose-Verfahren.Anhand der Betrachtung zweier Beispielräume wird der Einfl uss der Wärmespeicher-kapazität der raumbegrenzenden Bauteile untersucht. Hierzu werden sowohl das verein-fachte Sonneneintragskennwert-Verfahren als auch dynamisch-thermische Simulations-rechnungen herangezogen.

Revised DIN 4108-2 – Heat protection in summer with Calcium Silicate constructions. The revised Standard DIN 4108-2 “Thermal protection and energy economy in buildings – Part 2: Minimum requirements to thermal insulation” considers new climate data from the German Weather Service as well as a map with modifi ed summer climate regions which follow from the changed climatic conditions. Furthermore the simplifi ed analysis method concerning summer overheating has been subject to a basic revision. The pre-vious requirement indicator “Overheating-hours” was replaced by the new indicator “Overheating-degree-hours”. Ambition of the revision of the standard is an enhanced prediction accurateness of the prognosis method.On the basis of two exemplarily analyzed room situations, the infl uence of the heat stor-age capacity of the room surrounding constructions is examined. For this the simplifi ed “sun-transmittance-characteristic-value-method” is used as well as dynamic-thermal-simulation computations.

1 Einleitung

Nutzer von Wohn- wie auch von Büro- und Verwaltungsgebäuden erwarten, dass innerhalb der zum Aufenthalt genutzten Räume während des gesam-ten Jahres eine angemessene thermi-sche Behaglichkeit gewährleistet ist. Mit der Weiterentwicklung energeti-scher Standards für neu zu errichtende Gebäude in den vergangenen Jahr-zehnten wurde die Behaglichkeit wäh-rend der Wintermonate positiv beein-fl usst und stellt heute in Neubauten in aller Regel kein Problem mehr dar. Anders sieht es hingegen bei der Be-trachtung der Sommermonate aus. Die Strategie, die Energieeffi zienz von Ge-

bäuden durch große, südorientierte Fensterfl ächenanteile und die damit einhergehenden passiven Solarstrah-lungserträge zu steigern, wurde häufi g mit nicht zumutbaren Innenraumtem-peraturen in heißen Sommerperioden „bezahlt“.

Um angesichts dieser Entwicklun-gen ein Mindestmaß an thermischer Behaglichkeit zu gewährleisten, wer-den in der Energieeinsparverordnung 2009 [1] durch die Inbezugnahme von DIN 4108-2:2003-07 [2] Mindestan-forderungen an den sommerlichen Wärmeschutz gestellt. Diese Anforde-rungen haben zum Ziel, unzumutbare Temperaturbedingungen mit Hilfe baulicher Maßnahmen zu verhindern.

Damit werden gleichzeitig nicht not-wendige, maschinelle (energieinten-sive) Kühlmaßnahmen vermieden. Der Nachweis dieser Anforderungen kann entweder mit dem vereinfachten „Son-neneintragskennwertverfahren“ oder mittels dynamisch-thermischer Simu-lationsrechnungen erbracht werden.

Zwischen dem (alten) Sonnen-eintragskennwertverfahren aus DIN 4108-2:2003-07 auf der einen und Er-fahrungen aus der Praxis sowie Ergeb-nissen von Simulationsrechnungen auf der anderen Seite wurden in der Vergangenheit regelmäßig signifi kante Abweichungen festgestellt [3].

Damit zukünftig ein vereinfach-tes Nachweisverfahren, das von Ar-chitekten und Bauingenieuren als aus-reichend zuverlässiger „Regelnach-weis“ angewendet werden kann, zur Verfügung steht, wurde das Sonnen-eintragskennwertverfahren im Rah-men eines öff entlich geförderten For-schungsprojekts [4] einer grundlegen-den Überarbeitung unterzogen.

Weitere Ziele der Revision des Sonneneintragskennwertverfahrens waren die Berücksichtigung unter-schiedlicher Nutzungsrandbedingun-gen in Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie eine Erweiterung der Möglich-keiten zur Einbeziehung der Nacht-lüftung und eine Berücksichtigung der passiven Kühlung innerhalb des Nach-weisverfahrens.

Nachfolgend werden in Ab-schnitt 2 die neuen Regelungen zum sommerlichen Wärmeschutz in DIN 4108-2:2013-02 [5], welche in der zu-künftigen Energieeinsparverordnung zum Nachweis in Bezug genommen werden, erörtert. Anhand von exem-plarischen Beispielrechnungen wird in Abschnitt 3 insbesondere der Ein-fl uss der Wärmespeicherkapazität der

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Einteilung des Gebiets der Bundes-republik Deutschland in drei Sommer-klimaregionen (Region A, B und C). Diese Einteilung stand aufgrund der regionalen Verschiebung klimatischer Verhältnisse in einigen Bereichen Deutschlands nicht mehr im Einklang mit den o. g. neuen Testreferenzjahren. Daher war eine Neueinteilung der Kli-maregionen erforderlich. Die neue Re-gionalisierung des Bundesgebiets ist in Bild 1 dargestellt und beruht auf dem Zusammenwirken der Einfl ussgrößen Lufttemperatur und solare Einstrah-lung der neuen Testreferenzjahre und dem daraus resultierenden sommerli-chen Wärmeverhalten von Gebäuden.

Die folgenden Regionen und Städte wurden durch die Neueintei-lung der Sommerklimaregionen einer wärmeren Klimazone zugeordnet: – Schleswig Holstein – Binnenland

(Region B) – Nordhessen/Kassel (Region B) – Östliches Ruhrgebiet (Region C) – Würzburg und mittlerer Main (Re-

gion C) – Mosel und Mittelrhein (Region C)

Die bisher als „sommerheiß“ einge-stufte Region Berlin–Dessau–Cottbus wurde im Zuge der Neueinteilung hin-gegen der (kühleren) gemäßigten Re-gion B zugeordnet.

2.1.2 Neue Kenngröße zur Festlegung von Anforderungen

Zur Festlegung von Anforderungen für den sommerlichen Wärmeschutz wurde in der Vergangenheit die Häu-fi gkeit betrachtet, mit der die (gemes-sene oder berechnete) operative Innen-temperatur einen von der jeweiligen Klimazone abhängigen, Grenzwert überschritt. Diese Häufi gkeit kann in Form von Übertemperaturstunden quantifi ziert werden und gibt die An-zahl der Stunden an, während der vor-gegebene Grenzwert (z. B. 26 °C für Klimaregion B) überschritten wird. Da für den Nutzer eines Gebäudes nicht nur die Überschreitungshäufi gkeit, son-dern auch die jeweilige Höhe der Über-schreitung der Grenztemperatur rele-vant ist (32 °C werden z. B. als unan-genehmer empfunden als 27 °C), wur-den die Anforderungen in DIN 4108-2:2013-02 anhand der Größe „Übertem-peraturgradstunden“ formuliert. Die Defi nition der Übertemperaturgrad-stunden wird aus Bild 2 ersichtlich.

darauf hin, dass eine Überarbeitung der Testreferenzjahre notwendig ist.

Vor diesem Hintergrund und auf der Grundlage der neuesten klimato-logischen Erkenntnisse wurden vom Deutschen Wetterdienst neue Testre-ferenzjahre entwickelt [7]. Diese be-rücksichtigen bereits den sich in den vergangenen Jahrzehnten abzeich-nenden Klimawandel und bilden die Grundlage für die Nachweisverfahren zum sommerlichen Wärmeschutz in DIN 4108-2:2013-02.

Um innerhalb des Sonneneintrags-kennwertverfahrens regionale Unter-schiede der sommerlichen Klimaver-hältnisse zu berücksichtigen, erfolgte bereits in DIN 4108-2:2003-07 eine

raumumschließenden Bauteilfl ächen auf das sommerliche Wärmeverhalten untersucht.

2 Die Neufassung von DIN 4108-22.1 Änderungen gegenüber

DIN 4108-2:2003-072.1.1 Neue Klimadaten

Die Grundlage für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes mittels dynamisch-thermischer Simulation bilden sogenannte Testreferenzjahre, welche vom Deutschen Wetterdienst zur Verfügung gestellt werden. Abwei-chungen zwischen bisherigen Testre-ferenzjahren und realen Messdaten aus jüngerer Zeit [6] deuteten bereits

Bild 1. Sommerklimaregionen aus [5]Fig. 1. Summer climate regions [5]

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Mauerwerk 17 (2013), Heft 2

nicht erforderlich ist, liegen in Abhän-gigkeit von der Orientierung und Nei-gung der Fenster zwischen 7 % und 15 %. Diese Nachweisbefreiung dürfte in der heutigen Baupraxis allerdings von untergeordneter Bedeutung sein, da ein Großteil aktuell üblicher Raum-situationen deutlich größere Fenster-fl ächenanteile aufweist.

Anders sieht dies hingegen für die zweite Nachweisbefreiung aus: Alle Wohngebäude sowie Gebäude mit Wohnnutzung, bei denen der grund-fl ächenbezogene Fensterfl ächenanteil kleiner als 35 % ist und deren Fenster mit Ost-, Süd- und Westorientierung mit außenliegenden Sonnenschutz-vorrichtungen in Form von Fenster-läden oder Rollläden (3/4 geschlos-sen) ausgestattet sind, bedürfen kei-nes Nachweises. Bei Betrachtung von Wohngebäuden, die mit dieser Form des Sonnenschutzes ausgestattet sind, fällt auf, dass diese Nachweisbefreiung für einen großen Anteil der Gebäude aus dieser Gruppe greifen dürfte. An-ders herum betrachtet, können die An-forderungen im Falle von Wohngebäu-den durch eine entsprechende Planung (alle grundfl ächenbezogenen Fenster-fl ächenanteile < 35 %, Ausführung von außen liegenden Rollläden) von vorn-herein ohne die Notwendigkeit eines rechnerischen Nachweises erfüllt wer-den.

2.3 Vereinfachter Nachweis – Sonnen-eintragskennwertverfahren

Das Sonneneintragskennwertverfah-ren stellt ein vereinfachtes Verfahren mit standardisierten Randbedingun-gen zum Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes dar. Die nachfolgend beschriebene Systematik des Sonnen-eintragskennwertverfahrens wurde im Zuge der Überarbeitung von DIN 4108-2 beibehalten. Dies stellt für Pla-ner, die in der Vergangenheit bereits Nachweise nach dem Sonneneintrags-kennwertverfahren geführt haben, ei-nen Vorzug dar.

Auf der Grundlage einer Vielzahl von Simulationsrechnungen erfolgte allerdings eine Neukalibrierung der anteiligen Sonneneintragskennwerte Sx, bei der die neuen Klimadaten zu-grunde gelegt und die neue Anforde-rungskenngröße „Übertemperaturgrad-stunden“ herangezogen wurden.

Für den zu bewertenden Raum oder Raumbereich ist jeweils der vor-

gionen (B und C) keine für die erfor-derliche Tageslichtbeleuchtung ausrei-chende Fenstergröße zugelassen wer-den.

Die verschiedenen Varianten, wel-che für die Erbringung des Nachwei-ses der Anforderungen an den som-merlichen Wärmeschutz infrage kom-men, werden in den folgenden drei Abschnitten beschrieben.

2.2 Vom Nachweis befreite Gebäude

In DIN 4108-2:2013-02 werden, wie auch bereits in der Vorgängerfassung der Norm, bestimmte Gebäude vom Nachweis befreit. Zum einen werden alle Räume mit einem geringen grund-fl ächenbezogenen Fensterfl ächenan-teil vom Nachweis ausgenommen. Die zulässigen Maximalwerte des grund-fl ächenbezogenen Fensterfl ächenan-teils, unterhalb derer ein Nachweis

In Tabelle 1 der DIN 4108-2:2013-02 sind die Bezugstemperaturen für die drei Klimaregionen sowie die An-forderungswerte für die Übertempera-turgradstunden angegeben. Die Diff e-renz zwischen den Anforderungswer-ten von Wohn- und Nichtwohngebäu-den resultiert im Wesentlichen daraus, dass als Bezugszeit für die Ermittlung der Übertemperaturgradstunden unter-schiedliche Anwesenheitszeiten heran-gezogen werden (Wohngebäude 24 h, Nichtwohngebäude Montag bis Frei-tag 7 Uhr bis 18 Uhr).

Die Festlegung unterschiedlicher Bezugswerte der operativen Innentem-peratur erfolgt vor dem Hintergrund der Adaption des Menschen an das vorherrschende Außenklima. Würde in allen Regionen dieselbe Anforde-rung an das sommerliche Raumklima wie in der Sommer-Klimaregion A gestellt, könnte in den wärmeren Re-

Bild 2. Defi nition der Größe „Übertemperaturgradstunden“ am Beispiel der Bezugstemperatur 26 °C (Gh26). Die grau markierten Bereiche entsprechen den Übertemperaturgradstunden [8]Fig. 2. Defi nition of “Overheating-degree-hours” by example of a reference tempe-rature of 26 °C (Gh26); the grey area corresponds to the overheating-degree-hours [8]

Tabelle 1. Bezugswerte der operativen Innentemperatur für die drei Sommer-klimaregionen und Anforderungswerte für die Übertemperaturgradstunden [5]Table 1. Reference values of operative internal temperature for the three summer climate regions and requirement indicators for overheating-degree-hours [5]

Sommer- Klimaregion

Bezugswert θb,op der Innentemperatur °C

Anforderungswert Übertemperatur-gradstunden Kh/a

Wohngebäude Nichtwohngebäude

A 25

1200 500B 26

C 27

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die Berücksichtigung der Eff ekte, die aus einer passiven Kühlung resultie-ren.

Die anteiligen Sonneneintrags-kennwerte wurden auf der Grundlage umfangreicher dynamisch-thermischer Simulationsrechnungen neu hergelei-tet [9], [10] und werden jeweils in ei-nem kompletten Satz für Wohnge-bäude und für Nichtwohngebäude in DIN 4108-2:2013-02 angegeben. Der Nachweis mit dem neuen Sonnenein-tragskennwertverfahren liegt – ent-gegen dem alten Verfahren – im All-gemeinen auf der sicheren Seite. Bei Nichterfüllung des Nachweises nach diesem einfachen Verfahren kann da-her in manchen Fällen durch genauere Betrachtung mittels dynamisch-ther-mischer Simulationsrechnungen der Nachweis erbracht werden. Details zu dieser genaueren Berechnung werden im folgenden Abschnitt dargestellt.

2.4 Nachweis durch dynamisch-ther-mische Simulationsrechnung

Mit Hilfe von dynamisch-thermischen Simulationsrechnungen kann die Ein-haltung der in Abschnitt 2.1.2 darge-stellten Anforderungen (Übertempera-turgradstunden) auf der Basis der Er-mittlung von Stundenwerten der ope-rativen Innentemperatur nachgewie-sen werden. Hierfür existiert mittler-weile eine Vielzahl geeigneter numeri-scher Rechenprogramme. Aufgrund der großen Anzahl der dabei zu be-rücksichtigenden Einfl ussgrößen wer-den in Abschnitt 8.4 der DIN 4108-2 einheitliche Berechnungsrandbedin-gungen defi niert, die bei der Nachweis-führung heranzuziehen sind. Für die folgenden Randbedingungen werden dort klare Vorgaben gemacht: – Simulationsumgebung (Dokumen-

tation der verwendeten Software) – Nutzungen/Nutzungszeiten – Klimadaten für die Berechnungen

(Vorgabe von anzusetzenden Test-referenzjahren für die drei in Ab-schnitt 2.1.1 dargestellten Klimazo-nen)

– Beginn der Simulationsrechnungen und Zeitraum für die Auswertung

– Interne Wärmeeinträge – Soll-Raumtemperatur für Heizzwe-

cke (für Wohn- und Nichtwohnge-bäude)

– Grundluftwechsel, erhöhter Tagluft-wechsel und Nachtluftwechsel

– Steuerung des Sonnenschutzes

dass im Zuge der Nachweisführung keine Werte für einen konkret geplan-ten Sonnenschutz z. B. aus Hersteller-angaben bekannt sind, werden in Ta-belle 7 der DIN 4108-2:2013-02 An-haltswerte für die üblichsten Sonnen-schutzsysteme vorgegeben. Diese Werte wurden gegenüber DIN 4108-2:2003-07 an den aktuellsten Stand marktüb-licher Sonnenschutzvorrichtungen an-gepasst. Da die tatsächliche Größe des Abminderungsfaktors Fc auch von der Art des Glaserzeugnisses (Zwei- oder Dreischeibenverglasung oder Sonnen-schutzglas), auf dem die Sonnenschutz-vorrichtung angebracht wird, abhängt, werden diese in DIN 4108-2:2013-02 für die drei verschiedenen üblichen Verglasungsarten explizit angegeben.

Der zulässige Sonneneintrags-kennwert Szul ergibt sich aus der Summe von insgesamt sechs anteili-gen Sonneneintragskennwerten Sx:

Szul = ΣSx (4)

Durch die anteiligen Sonneneintrags-kennwerte werden die Einfl üsse der Bauart, der Art der Nachtlüftung und der Klimazone (S1), des grundfl ächen-bezogenen Fensterfl ächenanteils (S2), der Art der Verglasung (S3), der Fens-terneigung (S4) und der Fensterorien-tierung (S5) auf das Raumklima be-rücksichtigt (Bild 3). Der anteilige Son-neneintragskennwert S6 ermöglicht

handene Sonneneintragskennwert dem maximal zulässigen Sonneneintrags-kennwert gegenüberzustellen.

Svorh ≤ Szul (1)

Eingangsparameter des vereinfachten Nachweisverfahrens zur Bestimmung des vorhandenen Sonneneintragskenn-werts Svorh sind Fenster- und Grund-fl äche des zu untersuchenden Raumes (Aw, AG), sowie der Gesamtenergie-durchlassgrad der Verglasungen (gtot):

(2)

Svorh =

Aw,jj

∑ · gtot,j

AG

Der Gesamtenergiedurchlassgrad er-gibt sich aus dem Gesamtenergiedurch-lassgrad des Glases (g) und gegebenen-falls dem Abminderungsfaktor (Fc) der Sonnenschutzvorrichtung:

gtot = g · Fc (3)

Die Abminderungsfaktoren der Son-nenschutzvorrichtung liegen theore-tisch zwischen 1 (keine Sonnenschutz-vorrichtung) und 0 (vollständige Ab-schirmung der Strahlungsenergie). Da eine vollständige Abschirmung der Strahlungsenergie i. d. R. nicht mög-lich ist, liegen die in der Praxis kleinst-möglichen Werte von Fc in der Grö-ßenordnung von 0,15. Für den Fall,

Bild 3. Systematik des SonneneintragskennwertverfahrensFig. 3. Scheme of the sun-transmittance-characteristic-value-method

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stehen aus Beton. Das Dach ist ober-seitig mit 200 mm PS-Hartschaum (WLG 035) versehen. Der Bodenauf-bau setzt sich von unten nach oben aus der Betondecke, einer 60 mm di-cken Trittschalldämmung (WLG 040), 40 mm Estrich und Teppich zusam-men. Die Fenster bestehen aus 3-fach-Isolierglas mit einem Ug-Wert von ca. 0,6 W/(m²K) und einem g-Wert von ca. 0,6 mit einem Rahmenanteil von 30 %.

Für die mittlere Bauart (Vari-ante II) werden die Innenwände und das Dach, abweichend von der schwe-ren Bauweise, als Leichtbaukonstruk-tionen ausgebildet. Die 10 cm dicken Innenwände bestehen aus einem Stän-derwerk, das beidseitig mit Gipsfaser-platten verkleidet und mit 75 mm Mi-neralfaserwolle gedämmt ist. Der Dach-aufbau gliedert sich von unten nach oben in 12,5 mm Gipsfaserplatte, 40 mm Holz- und Spanplatte, 220 mm Glaswolle WLG 035 und 22 mm Holz-faserdämmplatte WLG 045. Darüber befi nden sich Konterlattung und Trag-lattung mit Dacheindeckung.

Um eine leichte Bauweise (Vari-ante III) zu modellieren, werden – zu-sätzlich zu den leichten Innenwänden und dem leichten Dach – die Außen-wände als Leichtbaukonstruktion aus-gebildet. Der Aufbau gliedert sich von außen nach innen in 15 mm MDF, 240 mm Glaswolle WLG 035, 15 mm Gipsfaserplatte, 40 mm Glaswolle WLG 035 und 12,5 mm Gipsfaser-platte.

Die einzelnen Bauteilaufbauten sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

3.2 Dynamisch-thermische Simulations-rechnungen

Wie bereits in Abschnitt 2.4 beschrie-ben, sind die Randbedingungen der dynamisch-thermischen Gebäudesi-mulation in Abschnitt 8.4 „Anforde-rungen und Randbedingungen für thermische Gebäudesimulationen“ von DIN 4108-2 festgeschrieben. Da sich der Standort des Beispielgebäudes in Klimazone B befi ndet, ist das Testrefe-renzjahr TRY-Zone 4 (2011) anzuset-zen. Der stündliche Verlauf der Außen-temperatur und der (horizontalen) Ge-samtstrahlung für den jährlichen Be-trachtungszeitraum ist Bild 5 zu ent-nehmen. Die Berechnung ist für ein komplettes Jahr, beginnend am 1. Ja-nuar an einem Montag um 0:00 Uhr, durchzuführen.

zimmer (Bild 4). Die Außenfassade und Fenster des Wohnzimmers sind nach Osten und Süden ausgerichtet. Mit einer Grundfl äche von ca. 27 m² und einer Gesamtfensterfl äche von ca. 8,5 m² ergibt sich ein grundfl ächen-bezogener Fensterfl ächenanteil von etwa 32 %. Die Fassaden- und Fens-terseite des Kinderzimmers ist nach Süden gerichtet und ergibt mit einer Grundfl äche von ca. 9 m² und einer Fensterfl äche von ca. 2 m² einen grund-fl ächenbezogenen Fensterfl ächenan-teil von etwa 28 %.

Um den Einfl uss der speicherfä-higen Bauteilmassen auf den sommer-lichen Wärmeschutz zu veranschau-lichen, werden für jeden Raum drei Varianten der Bauarten untersucht: schwere, mittlere und leichte Bauart.

Für die schwere Bauart (Vari-ante I) werden die Außen- und Innen-wände aus Kalksandstein-Mauerwerk der Rohdichteklasse 1,8 ausgebildet. Die Außenwände bestehen aus 17,5 cm dicken Kalksandsteinen mit einseiti-gem Putz und einem außenseitigen Wärmedämmverbund-System aus 200 mm PS-Hartschaum der WLG 035. Die Innenwände bestehen aus 11,5 cm dicken Kalksandsteinen mit beidseiti-gem Putzauftrag. Sowohl das Flach-dach als auch die Geschossdecke be-

– Wärmeübergangswiderstände – Bauliche Verschattung – Passive Kühlung

Durch die Festlegung dieser Randbe-dingungen wird gewährleistet, dass bei der Nachweisführung keine Festlegun-gen der Randbedingungen durch den Nachweisführenden erfolgt, die das Ergebnis in ungewünschter bzw. un-zulässiger Weise verfälschen. Außer-dem wird dadurch eine Vergleichbar-keit von Simulationsergebnissen über-haupt erst möglich.

3 Exemplarische Berechnungen anhand zweier Beispielräume

3.1 Untersuchte Raumsituationen

Um den Einfl uss unterschiedlicher Bauausführungen hinsichtlich der ther-misch wirksamen Bauteilmasse aufzu-zeigen, werden vergleichende dyna-misch-thermische Simulationsrechnun-gen mit dem Gebäude- und Anlagen-simulationsprogramm TRNSYS (Ver-sion 17.1) durchgeführt. Für die exem-plarische Berechnung werden zwei Räume im Dachgeschoss eines Wohn-gebäudes mit Flachdach betrachtet, das sich in der Klimaregion B befi n-det. Bei den beiden Räumen handelt es sich um ein Wohn- und ein Kinder-

Bild 4. Grundrisse der untersuchten RaumsituationenFig. 4. Ground plans of the reviewed rooms

Wohnzimmer

Kinderzimmer

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Tabelle 2. Bauteilaufbauten [11]Table 2. Constructions [11]

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Maßnahmen zu ergreifen, um den Sonneneintrag zu reduzieren. Die ma-ximalen operativen Innenraumtempe-raturen betragen für das Wohnzimmer ohne Nachtlüftung 34,1 °C bei der Va-riante III, 30,6 °C bei Variante II und 28,7 °C bei der schweren Variante I. Mit erhöhter Nachtlüftung ergeben sich (geringfügig) niedrigere maximale Innenraumtemperaturen von 33,3 °C (882 Kh/a) für Variante III, 29,4 °C (285 Kh/a) für Variante II und 27,4 °C (57 Kh/a) für Variante I.

Der ermittelte Temperaturverlauf des Kinderzimmers verhält sich analog zu dem Temperaturverlauf des Wohn-zimmers. Trotz der Südausrichtung der Fassadenfl äche liegt aufgrund des ge-ringeren grundfl ächenbezogenen Fens-terfl ächenanteils eine geringere An-zahl an Übertemperaturgradstunden vor. Auszüge der Temperaturverläufe sind in den Bildern 8 und 9 darge-stellt.

3.3 Gegenüberstellung der Simulations-ergebnisse mit der Beurteilung nach dem Sonneneintragskennwert-verfahren

Zu Vergleichszwecken wird für alle Bauart- und Nachtlüftungsvarianten die Berechnung des sommerlichen Wärmeschutzes nach dem vereinfach-ten Sonneneintragskennwertverfah-ren parallel zur Simulation durchge-führt. Bild 10 zeigt die Gegenüberstel-lung von vorhandenen und zulässigen Sonneneintragskennwerten für beide

gend als Verschattungseinrichtung eine außenliegende Markise mit einem Fc-Wert von 0,5 angenommen, die ab einer Grenzbestrahlungsstärke von 300 W/m² (Direkt- und Diff usstrah-lung) auf die jeweilige Fassadenfl äche heruntergefahren wird. Weitere bauli-che Verschattungen durch Überhänge oder seitliche Überstände werden nicht berücksichtigt.

Die Ergebnisse der dynamisch-thermischen Gebäudesimulation mit und ohne erhöhter Nachtlüftung zei-gen für eine sommerheiße Periode, dass die Temperaturverläufe für die drei Varianten von der wirksamen speicherfähigen Masse abhängen (vgl. Bilder 6 und 7). Je schwerer die Bau-art, desto geringer sind die operative Raumtemperatur und somit auch die Übertemperaturgradstunden. Ebenso wirkt sich die erhöhte Nachtlüftung positiv auf den Verlauf der operativen Raumtemperatur aus und verringert die Häufi gkeit sowie Höhe der Über-schreitung der Bezugstemperatur. Hier zeigt sich der Vorteil wärmespeichern-der Massen in der Baukonstruktion. Während sich für die schwere Bauart ohne Nachtlüftung 338 Kh/a ergeben, liegen die Übertemperaturgradstunden für die mittlere Bauart bei 790 Kh/a. Damit ist für diese beiden Bauarten der Grenzwert von 1200 Kh/a für Wohngebäude unterschritten und der Nachweis erfüllt. Für die leichte Bau-art ergeben sich 1638 Kh/a. Somit ist der Nachweis des sommerlichen Wär-meschutzes nicht erfüllt und es sind

Die Nutzungszeit eines Wohnge-bäudes ist auf 24 h täglich festgelegt. Mit einem mittleren internen Wärme-eintrag von 100 Wh/(m²d), bezogen auf die jeweils betrachtete Nettogrund-fl äche, ergeben sich mittlere interne Lasten von 4,16 W pro m² Wohnfl ä-che.

Der Grundluftwechsel für Wohn-gebäude beträgt n = 0,5 h–1. Zusätzlich wird für die Simulation ein erhöhter Tagluftwechsel während der täglichen Aufenthaltszeit (6:00 bis 23:00 Uhr) angesetzt, der auf n = 3 h–1 steigt, wenn die Raumlufttemperatur 23 °C über-schreitet und über der Außenlufttem-peratur liegt. Hintergrund des Ansat-zes eines erhöhten Tagluftwechsels ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Simulation mit den Ergebnissen des vereinfachten Sonneneintragskenn-wertverfahrens, da die Simulations-rechnungen, die diesem vereinfachten Verfahren zugrunde liegen, ebenfalls von erhöhtem Tagluftwechsel ausge-hen. Damit wird der realitätsnahe Fall angesetzt, dass sich tagsüber Personen im Wohngebäude aufhalten und für den Tagluftwechsel sorgen. Die Simu-lation wird zum einen ohne Nachtlüf-tung und zum anderen mit erhöhter Nachtlüftung durchgeführt, und die Ergebnisse werden verglichen. Die er-höhte Nachtlüftung wird in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr für alle drei Varianten über einen Luftwechsel von n = 2,0 h–1 angesetzt.

Ausgehend vom ungünstigsten Fall, wird auf der sicheren Seite lie-

Bild 5. Jährlicher Verlauf von Außentemperatur und horizontaler Gesamtstrahlung für die Klimaregion B (DWD Klima-region 4, Normaljahr) [11]Fig. 5. Course of outside temperature and horizontal overall radiation during a year for the climate region B (German Weather Service climate region 4, normal year) [11]

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Bild 7. Verlauf von Außentemperatur, Bezugstemperatur und operativer Raumtemperatur der Varianten I bis III unter Berücksichtigung einer erhöhten Nachtlüftung für den Wohnbereich über eine sommerheiße Periode [11]Fig. 7. Course of outside temperature, reference temperature and operative internal temperature of the variants I to III with increased night ventilation for the living room during a hot summer period [11]

Bild 6. Verlauf von Außentemperatur, Bezugstemperatur und operativer Raumtemperatur der Varianten I bis III ohne Berücksichtigung einer erhöhten Nachtlüftung für den Wohnbereich über eine sommerheiße Periode [11]Fig. 6. Course of outside temperature, reference temperature and operative internal temperature of the variants I to III without increased night ventilation for the living room during a hot summer period [11]

34,1 °C

30,6 °C28,7 °C

Räume. Es kann festgestellt werden, dass für den Raum Wohnen der Nach-weis des sommerlichen Wärmeschut-zes ohne Nachtlüftung für keine der Varianten erfüllt wird. Mit erhöhter Nachtlüftung kann zumindest der Nachweis für Variante I (schwere Bau-art) erfüllt werden. Die Varianten II (mittel) und III (schwer) erfüllen den Nachweis nicht. Variante I erfüllt ge-

mäß Simulationsergebnissen den Nach-weis des sommerlichen Wärmeschut-zes.

Die Ergebnisse des Kinderzim-mers liefern analoge Erkenntnisse. Ohne Nachtlüftung wird der verein-fachte Nachweis nur bei schwerer Bau-art erfüllt, wohingegen mit einem ge-naueren Nachweis durch Simulations-rechnung auch der Nachweis für die

beiden anderen Varianten erbracht werden kann.

Im Vergleich zwischen den unter-schiedlichen Nachweisverfahren lie-fert das vereinfachte Sonneneintrags-kennwertverfahren – hinsichtlich der Beurteilung des sommerlichen Wär-meschutzes – generell ungünstigere Werte. Somit ist sichergestellt, dass Beurteilungen des sommerlichen Wär-

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Mauerwerk 17 (2013), Heft 2

meschutzes nach dem vereinfachten Nachweisverfahren – entgegen dem alten Sonneneintragskennwertverfah-ren – auf der sicheren Seite liegen. Bei Nichteinhaltung der vergleichenden Sonneneintragskennwerte kann in manchen Fällen jedoch über eine (auf-wendigere) thermische Simulation ein davon abweichendes Ergebnis erzielt werden [11].

Eine Gegenüberstellung aller Be-rechnungsergebnisse, einschließlich der berechneten Übertemperaturgrad-stunden, zeigt Tabelle 3.

4 Fazit

Die vorgestellten Berechnungsergeb-nisse belegen, dass sich Bauweisen mit hohen wirksamen Speichermassen

positiv auf den sommerlichen Wärme-schutz auswirken. Eine hohe wirk-same Wärmespeicherfähigkeit kann einfach und wirtschaftlich durch funk-tionsgetrennte Außenwände mit einer raumseitig angeordneten Tragschale mit hoher Rohdichte und einer außen liegenden Dämmstoff ebene sowie mas-siven Geschossdecken und schweren Innenwänden realisiert werden. Bei

Bild 8. Verlauf von Außentemperatur, Bezugstemperatur und operativer Raumtemperatur der Varianten I bis III ohne Berücksichtigung einer erhöhten Nachtlüftung für das Kinderzimmer über eine sommerheiße Periode [11]Fig. 8. Course of outside temperature, reference temperature and operative internal temperature of the variants I to III without increased night ventilation for the children‘s room during a hot summer period [11]

32,1 °C29,7 °C

26,9 °C

Bild 9. Verlauf von Außentemperatur, Bezugstemperatur und operativer Raumtemperatur der Varianten I bis III unter Berücksichtigung einer erhöhten Nachtlüftung für das Kinderzimmer über eine sommerheiße Periode [11]Fig. 9. Course of outside temperature, reference temperature and operative internal temperature of the variants I to III with increased night ventilation for the children‘s room during a hot summer period [11]

31,0 °C28,9 °C

26,0 °C

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der Wahl solcher Konstruktionen darf gemäß DIN 4108-2 automatisch – ohne eine exakte Ermittlung der wirk-samen Wärmespeicherkapazität eines Raumes Cwirk – von einer schweren Bauweise ausgegangen werden.

Das wesentliche Ziel der Überar-beitung des Sonneneintragskennwert-verfahrens lag darin, eine bessere Über-einstimmung zwischen den Ergebnis-sen dieses Verfahrens und Ergebnissen von Simulationsrechnungen (mit de-nen die exakteste Abbildung realer Ver-hältnisse möglich ist) zu erlangen. Wei-terhin war beabsichtigt, dass das Son-neneintragskennwertverfahren grund-sätzlich auf der „sicheren Seite“ liegen soll, also nicht wie das alte Sonnenein-tragskennwertverfahren in vielen Fäl-len günstigere Prognosen als das ge-nauere Verfahren liefern soll. Für alle innerhalb der dargestellten Untersu-chungen betrachteten Varianten wur-den beide Zielstellungen erreicht.

Ein deutlicher Mehrwert von DIN 4108-2:2013-02 gegenüber der Vorgän-gerfassung der Norm liegt neben dem zuverlässigeren Sonneneintragskenn-wertverfahren in der umfangreichen Defi nition von Randbedingungen für dynamisch-thermische Simulations-rechnungen. Wurden in der Vergan-genheit häufi g Freiräume bzw. Lücken der Norm dazu genutzt, durch die ge-schickte Wahl verschiedener nicht vor-geschriebener Randbedingungen einen Nachweis mit dem genauen Verfah-ren „hinzurechnen“, sind dem durch die Festlegung klarer Randbedingun-gen Grenzen gesetzt und es wurde eine weitestgehende Vergleichbarkeit von Nachweisen nach dem genauen Ver-fahren realisiert.

Bild 10. Gegenüberstellung der nach dem vereinfachten Verfahren berechne-ten Sonneneintragskennwerte aller Un-tersuchungsvarianten; der jeweils vor-handene Sonneneintragskennwert (rote Linie) darf hierbei nicht unterschritten werden [11]Fig. 10. Comparison of sun-transmit-tance-values resulting from the sun-transmittance-characteristic-value-me-thod; the values have to be higher than the reference sun-transmittance-value (red line) [11]

Tabelle 3. Gegenüberstellung der Berechnungsergebnisse der thermischen Simula-tion sowie der Berechnung nach dem vereinfachten Verfahren und Beurteilung nach DIN 4108-2:2013 [11]Table 3. Comparison of the thermal simulation results and the results of the sun-transmittance-characteristic-value-method as well as evaluation based on DIN 4108-2:2013 [11]

KEINE NACHTLÜFTUNG

Anforderung DIN 4108-2

WOHNEN

Bauweise

Variante I schwer Variante II mittel Variante III leicht

Vereinfachtes Verfahren: nicht erfüllt nicht erfüllt nicht erfüllt

Eintragskennwerte Svor < Szul

0,093 > 0,061 0,093 > 0,054 0,093 > 0,043

Thermische Simulation: Grenzwert: max: 1200 Kh/a

338 Kh/a 790 Kh/a 1638 Kh/a

KINDERZIMMER

Vereinfachtes Verfahren: erfüllt nicht erfüllt nicht erfüllt

Eintragskennwerte Svor < Szul

0,072 < 0,077 0,072 > 0,070 0,072 > 0,059

Thermische Simulation: Grenzwert: max: 1200 Kh/a

35 Kh/a 376 Kh/a 762 Kh/a

ERHÖHTE NACHTLÜFTUNG

Anforderung DIN 4108-2

WOHNEN

Bauweise

Variante I schwer Variante II mittel Variante III leicht

Vereinfachtes Verfahren: erfüllt nicht erfüllt nicht erfüllt

Eintragskennwerte Svor < Szul

0,093 < 0,100 0,093 > 0,090 0,093 > 0,075

Thermische Simulation: Grenzwert: max: 1200 Kh/a

57 Kh/a 285 Kh/a 882 Kh/a

KINDERZIMMER

Vereinfachtes Verfahren: erfüllt erfüllt erfüllt

Eintragskennwerte Svor < Szul

0,072 < 0,116 0,072 < 0,106 0,072 < 0,091

Thermische Simulation: Grenzwert: max: 1200 Kh/a

0 Kh/a 118 Kh/a 322 Kh/a

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Licht e des Klimawandels – Teil 2: Ent-wicklung des Gesamtkonzepts für ein künftiges technisches Regelwerk zum Nachweis des sommerlichen Wärme-schutzes. Endbericht für das BBR – For-schungsvorhaben, 2011.

[10] Maas, A., Schlitzberger, S., Kempkes, C.: Ermittlung aktueller Randbedingun-gen für den sommerlichen Wärmeschutz und weiterer Gebäudeeigenschaften im Lichte des Kl imawandels – Teil 2: Ent-wicklung eines Gesamtkonzepts für ein künftiges technisches Regelwerk zum Nachweis des sommerlichen Wärme-schutzes. Ergänzung zum Endbericht für das BBR-Forschungsvorhaben, 2012.

[11] Fux, V.: Thermische Gebäudesimula-tion zum sommerlichen Wärmeschutz nach DIN 4108-2:2013. Hochschule für Technik Stuttgart, 2013.

Autoren dieses Beitrages:Dr.-Ing. Volker FuxHochschule f ür Technik Stuttgart, Fakultät Bau-ingenieurwesen, Bauphysik und Wirtschaft, Schellingstraße 24, 70174 StuttgartDr.-Ing. Martin SchäfersDipl.-Wirtsch.-Ing. Olga PekrulForschungsvereinigung Kalk-Sand eVEntenfangweg 15, 30419 Hannover

der EnEV 2012 – Anforderungsmetho-dik, Regelwerk und Wirtschaftlichkeit. BMVBS-Online-Publikation 05/2012.

[5] DIN 4108-2:2013-02: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden, Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. NABau im DIN, Berlin 2013.

[6] Hauser, G., Kempkes, C., Schlitzber-ger, S.: Vergleichende Untersuchungen von Standard-Klimadatensätzen (Test-referenzjahren) mit gemessenen Lang- z eit-Klimadatensätzen für den Standort Kassel. Bauphysik 28 (2006), H. 4, S. 221–232.

[7] Aktualisierte und erweiterte Testrefe-renzjahre (TRY) von Deutschland für mittlere und extreme Witterungsver-hältnisse. Bundesamt für Bauwesen und R a umordnung (BBR), Forschungs-initiative Zukunft Bau, Bonn 2011, www.dwd.de.

[8] Otto, F.; Ringeler, M.: Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Wohngebäuden durch Holzfaser-Dämmplatten. Ingenieurbüro für Bau-physik Prof. Hauser, Kassel 2005.

[9] Maas, A., Schlitzberger, S., Kempkes, C.: Ermittlung aktueller Randbedingun-gen für den sommerlichen Wärmeschutz und weiterer Gebäudeeigenschaften im

Abschließend sei an dieser Stelle noch auf ein EXCEL-Programm des Bundesverbands Kalksandstein eV zum überarbeiteten Sonneneintrags-kennwertverfahren verwiesen, welches ab sofort unter www.kalksandstein.de im Downloadbereich bereit steht und planenden Architekten und Ingenieu-ren die Nachweisführung erleichtert!

Literatur

[1] Energieeinsparverordnung EnEV 2009: Verordnung zur Änderung der Energie-einsparverordnung vom 29. April 2009.

[2] DIN 4108-2:2003-07: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden, Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. NABau im DIN, B e rlin 2003.

[3] Maas, A.: Neuausgabe der Norm DIN 4108-2:2003-07 „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“. EnEV aktuell, Fachzeit-schrift zur Energieeinsparverordnung. Heft IV 2012. Hrsg. DIN, Berlin.

[4] BMVBS (Hrsg.): Untersuchung zur weiteren Verschärfung der energeti-schen Anforderungen an Gebäude mit