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rN tur _ ,. l w ssenscnanen Zusammengestellt von H. Altenmfiller (K6nigswinter) Neurowissenschaften als polifische Herausforderung Seit 1984 befassen sich internationale wissenschaftliche Konferenzen jeweils kurz vor dem Weltwirtschaftsgipfel mit einem Thema aus dem Bereich ,,Biowissenschaften und Ethik". In diesem Jahr wurden auf Einladung des Bundeskanzlers im Klostergut Jakobsberg bei Boppard am Rhein vom 21. bis 25. April Fragen der Neurowis- senschaften er6rtert. Bei der Ubergabe des an den Welt- wirtschaftsgipfel gerichteten Ergebnisberichts an Bun- desforschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber gab Prof. Dr. Benno Hel3, Max-Planck-Institut ffir Ern/ihrungs- physiologie, Dortmund, der Erwartung Ausdruck, dab die Empfehlungen in den politischen Prozel3 in den sie- ben Gipfelstaaten eingebracht werden - so wie dies mit den Resultaten der letztjfihrigen Konferenz in Ram- bouillet geschah, die sich mit Reproduktionsmedizin und Genforschung befal3t hatte und die ihren Niederschlag unter anderem in dem Bericht der Benda-Arbeitsgruppe (Naturwissenschaften 1/1986) und den Vorbereitungen eines Embryonenschutzgesetzes dutch den Bundesjustiz- minister gefunden hat. Die Jakobsberg-Konferenz zum Thema ,,Neurowissen- schaften und Ethik", an der 25 Naturwissenschaftler, Mediziner, Juristen und Geisteswissenschaftler aus den sieben ,,Gipfelstaaten" Bundesrepublik Deutschland, Canada, Frankreich, Grol3britannien, Italien, Japan und USA, aus der EG, der Europ/iischen Wissenschaftsstif- tung sowie des International Council of Scientific Unions teilgenommen hatten, befal3te sich unter der fachlichen Federffihrung der Max-Planck-Gesellschaft mit vier Fragenkomplexen. Im Bereich der Grundlagen- forschung ging es um Molekularbiologie der neuronalen Informationsfibertragung - Struktur und Funktion von Ionenkan/ilen -, Chemische Erregungsfibertragung im Gehirn, Konstruktionsprinzipien neuronaler Netzwerke statische und plastische Reaktionsformen und Lern- verm6gen - sowie den ethischen Hintergrund der Gene- tik in Neurologie und Psychiatrie. Bei den Klinischen Neurowissenschaften standen Hirntod und Intensivbe- handlung sowie funktionelle Neurochirurgie und Psy- chochirurgie im Mittelpunkt. Im Bereich ,,Geistige Ge- sundheit" wurden Epidemiologie der Depression, Arz- neimittelabMngigkeit und Sucht sowie Probleme der Forschung und Entwicklung in der Klinischen Pharma- kologie und der gegenw/irtige Stand der Therapiefor- schung in der Psychiatrie erSrtert. In Anwesenheit von Bundespr/isident Dr. Richard yon Weizs~icker schlieB- lich war eine besondere Sitzung dem generellen Thema der ethischen Fragen bei der Erforschung und Behand- lung neurologischer und seelischer St6rungen gewidmet. Die Reihe der 1983 vom japanischen Ministerpr/isidenten Nakasone angeregten Konferenzen soll fortgesetzt wer- den mit den Themen Entwicklungsbiologie und -medizin, Pflanzenbiologie, Landwirtschaft und Umwelt sowie In- formationswissenschaften und Biokommunikation. Der Bundesforschungsminister sieht den Bericht nicht nur als eine Aufforderung dazu, neue Ansfitze in der molekularbiologischen Grundlagenforschung zu verst/ir- ken - das menschliche Gehirn ist das noch am wenigsten bekannte Organ; die Molekularbiologie verspricht eine Ffille neuer Erkenntnism6glichkeiten auch zur Entwick- lung yon spezifisch wirkenden Pharmaka. Die Jakobs- berg-Konferenz habe auch gezeigt, wie wichtig es gerade in Grenzgebieten der Wissenschaft sei, diese und die dar- aus entwickelten Techniken von vornherein verantwort- lich zu gestalten. Riesenhubers Bemerkung in der Schlul3sitzung, die Sprachlosigkeit zwischen Wis- senschaft und Offentlichkeit mfisse fiberwunden werden, wandelte David Roy, der Direktor des Bioethik-Zen- trums in Montreal, in den konkreten Vorschlag urn, zur kontinuierlichen Kommunikation zwischen beiden Be- reichen unter der Agide des Weltwirtschaftsgipfels eine Akademie zu grfinden. In diesem Sinne hatte auch der Pr~isident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Heinz A. Staab, der Konferenz an ihrem Beginn eine ,,symboli- sche Bedeutung ffir die Beziehungen zwischen Politik und Wissenschaft" zugesprochen. Als zentrale ethische Aufgabe der Neurowissenschaften und Biomedizin stellte die Konferenz die Freiheit des lndividuums, die Wahrung menschlicher Autonomie und Freiheit heraus. So formulierte der britische Philosoph Sir Stuart Hampshire bei seinem Versuch, einen philoso- phischen Begriffsrahmen daffir zu schaffen und die Psychiatrie zu ,,entmystifizieren", das Mil3trauen gegen diese entstehe aus der Furcht, dab hier Individuen nicht als solche behandelt wfirden. Zum Thema Ethikkommissionen, welche fiber die Ein- haltung der ethischen Prinzipien zu wachen haben, for- derte die Jakobsberg-Konferenz, diese sollten hinrei- chend gemischt zusammengesetzt sein, um zu garantie- ren, dag die unterschiedlichen Interessen in hSchstmSg- lichem MaBe abgewogen in die Entscheidungen einflie- Ben (,,broadly enough formed to maximize the balancing of interests"). Wfihrend in der Bundesrepublik diese Gremien vorwiegend wissenschaftsintern zusammenge- setzt sind, geht man in den USA, in Canada und neuer- dings auch in Frankreich andere Wege: Die Offent- lichkeit und andere als naturwissenschaftliche Fachrich- tungen sind in den Kommissionen vertreten. Der GSttin- ger Philosoph Prof. Dr. Gfinther Patzig sieht in diesem Punkt die Bundesrepublik im Rfickstand, doch beginne sich einiges zu ver/indern: Die bisher geringe Zahl der Ethiker unter den Philosophen nimmt zu. Keine ernstlichen ethischen Probleme wurden in Jakobs- berg bei der Untersuchung der Molekularstruktur von Nervenzellen und ihrer gegenseitigen Kommunikation gesehen. Die genaue Erforschung der Beziehungen zwi- 338 Naturwissenschaften 73 (1986) 9 Springer-Verlag 1986

Neurowissenschaften als politische Herausforderung

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rN tur _ , . l w ssenscnanen

Zusammengestellt von H. Altenmfiller (K6nigswinter)

Neurowissenschaften als polifische Herausforderung Seit 1984 befassen sich internationale wissenschaftliche Konferenzen jeweils kurz vor dem Weltwirtschaftsgipfel mit einem Thema aus dem Bereich ,,Biowissenschaften und Ethik". In diesem Jahr wurden auf Einladung des Bundeskanzlers im Klostergut Jakobsberg bei Boppard am Rhein vom 21. bis 25. April Fragen der Neurowis- senschaften er6rtert. Bei der Ubergabe des an den Welt- wirtschaftsgipfel gerichteten Ergebnisberichts an Bun- desforschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber gab Prof. Dr. Benno Hel3, Max-Planck-Institut ffir Ern/ihrungs- physiologie, Dortmund, der Erwartung Ausdruck, dab die Empfehlungen in den politischen Prozel3 in den sie- ben Gipfelstaaten eingebracht werden - so wie dies mit den Resultaten der letztjfihrigen Konferenz in Ram- bouillet geschah, die sich mit Reproduktionsmedizin und Genforschung befal3t hatte und die ihren Niederschlag unter anderem in dem Bericht der Benda-Arbeitsgruppe (Naturwissenschaften 1/1986) und den Vorbereitungen eines Embryonenschutzgesetzes dutch den Bundesjustiz- minister gefunden hat. Die Jakobsberg-Konferenz zum Thema ,,Neurowissen- schaften und Ethik", an der 25 Naturwissenschaftler, Mediziner, Juristen und Geisteswissenschaftler aus den sieben ,,Gipfelstaaten" Bundesrepublik Deutschland, Canada, Frankreich, Grol3britannien, Italien, Japan und USA, aus der EG, der Europ/iischen Wissenschaftsstif- tung sowie des International Council of Scientific Unions teilgenommen hatten, befal3te sich unter der fachlichen Federffihrung der Max-Planck-Gesellschaft mit vier Fragenkomplexen. Im Bereich der Grundlagen- forschung ging es um Molekularbiologie der neuronalen Informationsfibertragung - Struktur und Funktion von Ionenkan/ilen -, Chemische Erregungsfibertragung im Gehirn, Konstruktionsprinzipien neuronaler Netzwerke

statische und plastische Reaktionsformen und Lern- verm6gen - sowie den ethischen Hintergrund der Gene- tik in Neurologie und Psychiatrie. Bei den Klinischen Neurowissenschaften standen Hirntod und Intensivbe- handlung sowie funktionelle Neurochirurgie und Psy- chochirurgie im Mittelpunkt. Im Bereich ,,Geistige Ge- sundheit" wurden Epidemiologie der Depression, Arz- neimittelabMngigkeit und Sucht sowie Probleme der Forschung und Entwicklung in der Klinischen Pharma- kologie und der gegenw/irtige Stand der Therapiefor- schung in der Psychiatrie erSrtert. In Anwesenheit von Bundespr/isident Dr. Richard yon Weizs~icker schlieB- lich war eine besondere Sitzung dem generellen Thema der ethischen Fragen bei der Erforschung und Behand- lung neurologischer und seelischer St6rungen gewidmet. Die Reihe der 1983 vom japanischen Ministerpr/isidenten Nakasone angeregten Konferenzen soll fortgesetzt wer-

den mit den Themen Entwicklungsbiologie und -medizin, Pflanzenbiologie, Landwirtschaft und Umwelt sowie In- formationswissenschaften und Biokommunikation. Der Bundesforschungsminister sieht den Bericht nicht nur als eine Aufforderung dazu, neue Ansfitze in der molekularbiologischen Grundlagenforschung zu verst/ir- ken - das menschliche Gehirn ist das noch am wenigsten bekannte Organ; die Molekularbiologie verspricht eine Ffille neuer Erkenntnism6glichkeiten auch zur Entwick- lung yon spezifisch wirkenden Pharmaka. Die Jakobs- berg-Konferenz habe auch gezeigt, wie wichtig es gerade in Grenzgebieten der Wissenschaft sei, diese und die dar- aus entwickelten Techniken von vornherein verantwort- lich zu gestalten. Riesenhubers Bemerkung in der Schlul3sitzung, die Sprachlosigkeit zwischen Wis- senschaft und Offentlichkeit mfisse fiberwunden werden, wandelte David Roy, der Direktor des Bioethik-Zen- trums in Montreal, in den konkreten Vorschlag urn, zur kontinuierlichen Kommunikation zwischen beiden Be- reichen unter der Agide des Weltwirtschaftsgipfels eine Akademie zu grfinden. In diesem Sinne hatte auch der Pr~isident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Heinz A. Staab, der Konferenz an ihrem Beginn eine ,,symboli- sche Bedeutung ffir die Beziehungen zwischen Politik und Wissenschaft" zugesprochen. Als zentrale ethische Aufgabe der Neurowissenschaften und Biomedizin stellte die Konferenz die Freiheit des lndividuums, die Wahrung menschlicher Autonomie und Freiheit heraus. So formulierte der britische Philosoph Sir Stuart Hampshire bei seinem Versuch, einen philoso- phischen Begriffsrahmen daffir zu schaffen und die Psychiatrie zu ,,entmystifizieren", das Mil3trauen gegen diese entstehe aus der Furcht, dab hier Individuen nicht als solche behandelt wfirden. Zum Thema Ethikkommissionen, welche fiber die Ein- haltung der ethischen Prinzipien zu wachen haben, for- derte die Jakobsberg-Konferenz, diese sollten hinrei- chend gemischt zusammengesetzt sein, um zu garantie- ren, dag die unterschiedlichen Interessen in hSchstmSg- lichem MaBe abgewogen in die Entscheidungen einflie- Ben (,,broadly enough formed to maximize the balancing of interests"). Wfihrend in der Bundesrepublik diese Gremien vorwiegend wissenschaftsintern zusammenge- setzt sind, geht man in den USA, in Canada und neuer- dings auch in Frankreich andere Wege: Die Offent- lichkeit und andere als naturwissenschaftliche Fachrich- tungen sind in den Kommissionen vertreten. Der GSttin- ger Philosoph Prof. Dr. Gfinther Patzig sieht in diesem Punkt die Bundesrepublik im Rfickstand, doch beginne sich einiges zu ver/indern: Die bisher geringe Zahl der Ethiker unter den Philosophen nimmt zu. Keine ernstlichen ethischen Probleme wurden in Jakobs- berg bei der Untersuchung der Molekularstruktur von Nervenzellen und ihrer gegenseitigen Kommunikation gesehen. Die genaue Erforschung der Beziehungen zwi-

338 Naturwissenschaften 73 (1986) �9 Springer-Verlag 1986

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schen Struktur und Funktion informationsiibertragen- tier Proteine, also der Rezeptoren und Ionenkanfile an den Zellmembranen, vermittelt ein neues grundlegendes Verstg.ndnis davon, wie Nervenimpulse iibertragen wer- den. Davon allzu rasch und allgemein Aufklfirung yon bisher unbekannten Ursaehen psychischer Krankheiten und der Wirkungsweise neuropharmakologischer Sub- stanzen zu erwarten, scheint aber nach dem Bericht yon Jakobsberg zumindest verfriiht; dazu ist noch vM mehr Grundlagenforschung notwendig. Neuerdings weift man, dab es im Gehirn zwei neuronale Netze gibt, die beim chemischen Ubertragen von Erre- gungen zusammenspielen. An den Synapsen des ersten werden Transmitterstoffe freigesetzt. Dafiir, dab die Nervenzellen anf die erregenden oder hemmenden Si- gnale reagieren, sorgen im zweiten Netz produzierte Neuromodulatoren. Dieses Zusammenspiel, yon dem man Erkenntnisse fiir die Entwicklung neuer Medika- monte erhofft, soll nach einhelliger Meinung der in Ja- kobsberg versammelten Wissenschaftler ein Schwer- punkt kiinftiger Forschungen sein. Freilich tun sich hier auch M6glichkeiten des ethisch nicht zu rechtfertigenden Migbrauchs der Grundiagenforschung etwa fiir die che- mische Kriegffihrung auf. Die komplexen, lernf/ihigen Nervennetze und -systeme des menschlichen Gehirns und vor allem das menschli- che Verhalten sind nicht dadurch zu begreifen, dab man die ,,Verdrahtung" einfacher Nervensysteme yon wirbel- losen Tieren vollst'Sndig erkl/irt. In Jakobsberg wurde die Bedeutung der theoretischen Synthese yon Gehirn- modellen unterstrichen. Fortschritte im Wissen fiber Nervennetze und -systeme er6ffneten ungeahnte M6g- lichkeiten nicht nur fiir die medikament6se Behandlung yon Krankheiten, sondern anch fiir eine breite Anwen- dung in Computerwissenschaft und Robotik. M6glichen ,~.ngsten vor tiefgreifender Manipulation sucht die Ja- kobsberg-Konferenz zu begegnen: Selbst wenn man die Struktur und Funktion der Nervenzellen sowie die Kon- struktionsprinzipien neuronaler Netzwerke, in deren Elastizit/it das Geheimnis der Lernf/ihigkeit liegt, voll verstfinde, bedeute das noch keine Bedrohung fiir die traditionelte Auffassung der menschlichen Freiheit. Ob- wohl man yon solchem umfassenden Wissen noch weit entfernt ist, wurde versichert, damit werde der Inhalt der Gedanken nicht enthiillt, sie blieben vielmehr h6chst pers6nlicher Natur. ,,Kein Gen, kein Molekiil und kein Medikament kann je politische, religi6se oder soziale Anschauungen bestimmen oder verfindern." Als typisches Beispiel fiir das ethische Dilemma des Arztes und der Gesellschaft wurden die neuesten Fort- schritte in der prS.morbiden Diagnose yon Chorea Hun- tington er6rtert: Sotlen nach einem positiven Test, der den entsprechenden Gendefekt feststellt, die Betroffenen erfahren, dab sie im Alter von etwa 50 Jahren an dem vorerst als unheilbar geltenden Veitstanz erkranken? Soll nach einer pr/inatalen Diagnose in diesem Fall abge- trieben werden, obwohl der werdende Mensch einige Jahrzehnte lang ein unbeschwertes normales Leben fiih- ten k6nnte? In der Frage, ob das EEG eine giiltige Methode ist,

um den Hirntod festzustellen, und ob dieser dem Tod eines Menschen gteichzusetzen ist, gab es in Jakobsberg keine Einstimmigkeit. Im europfiisch-amerikanischen Kulturkreis ist das Thema nicht nur in der Intensivmedi- zin und der damit gegebenenM6glichkeiten der Lebens- verl~ngerung aktuell, sondern auch wegen tier Organent- nahme fiir Transplantationen. In Japan dagegen ist dies kein Thema 6ffentlicher Er6rterung, weft die Organent- nahme prinzipiell abgelehnt wird. Einen breiten Raum nahm in Jakobsberg die Diskussion fiber die M6glichkeiten ein, die Funktion ausgefallener Hirnzellen durch Transplantation yon Zellen der Neben- niere oder aus fetalem Gewebe zu ersetzen. So sehr die Forschung hier noch in den Anffingen steckt, so gravie- rend sind gerade hier die schon absehbaren ethischen Probleme. Wie weit wird dadurch die Pers6nlichkeit - etwa bei der Therapie der Alzheimerschen Krankheit

operativ verS.ndert ? Insgesamt machte die Jakobsberg-Konferenz deutlich, dab auf nahezu allen Gebieten der Neurowissenschaften ein groBer Bedarf an intensiver interdisziplin/irer Grund- lagenforschung besteht. Eines ihrer wichtigsten Ziele ist es, neue Arzneimittel fiir eine Vielzahl von Krankheiten zu finden, die spezifischer wirken als die heutigen Psy- chopharmaka. Deren Massenverbrauch solle in epide- miologischen Studien untersucht werden - auf keinen Fall diirften sie fiir nichtmedizinische Zwecke verbraucht werden. Freilich: Auch wenn sie nicht die Bem/ihungen ersetzen diirfen, soziale Verh/iltnisse als Ursache psy- chischer Krankheiten zu verbessern, k6nne doch die ,,Medizinierung der sozialen Probleme" einer voriiberge- henden Notwendigkeit entsprechen_ Eine ganze Reihe yon Geistes- und Gemiitskrankheiten kann hente noch nicht befriedigend behandelt werden. Allein an Depressionen leiden etwa 300 Millionen Menschen. Bei der dringenden psychiatrischen For- schung sind auch therapeutische Versuche notwendig, die jedoch yon Ethikkommissionen gepriift werden und zu denen die Patienten ihre informierte EinwiIligung ge- ben miissen. Uber Register und Datenbanken in der Psychiatrie solle, so die Jakobsberg-Konferenz, eine in- ternationate Vereinbarung geschlossen werden, die si- cherstellt, dab legal Daten fiir ausschlieglich medizini- sche Zwecke gesammelt werden k6nnen, die nicht so anonymisiert sind, dab keine Re-Identifikation m6glich ist. Damit sowie mit der Billigung yon Richtlinien, mit denen die Zahl der Tierversuche in der Schmerzfor- schung reduziert werden kann - bei tier grunds/itzlichen Versicherung, dab dabei und etwa in der neurochirurgi- schen Forschung Tierversuche in gewissem Umfang un- verzichtbar sind -, hat die Konferenz eine direkte Ver- bindung zur aktuellen Politik gezogen.

Zum ersten Mal: Gottfried Wilhelm Leibniz-Fiirderpreis ttervorragende Forscher sollen an deutschen Einrich- tungen vergleichbar gute Arbeitsbedingungen haben, wie ihnen bei Rufen ins Ausland angeboten werden. Die M6glichkeit dazu bietet jetzt das neue ,,Gottfried Wil-

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