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TITELTHEMA 8 Was kann KI – heute und morgen? LEGAL TECH DIGITAL ECONOMY NEW WORK BUSINESS ORGANIZATION Sonderdruck www.rethinking-law.com Smart Contracts & Embedded Legal Knowledge Nico Kuhlmann 18 Die Zukunft ist jetzt Dr. Alexander Steinbrecher 4 Mensch und Maschine – Entrepreneur Florian Glatz, Dr. Sven von Alemann 16 Sonderdruck (Gekürzter Auszug)

NEW WORK BUSINESS ORGANIZATION LEGAL TECH · Bedeutungsgehalt von Sprache immer besser erschließen. Jeder Schritt in der Digitalisierung des Rechts wird in den nächsten Jahren von

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T I T E L T H E M A ■ 8

Was kann KI – heute und morgen?

L E G A L T E C H ■ D I G I TA L E C O N O M Y ■ N E W W O R K ■ B U S I N E S S O R G A N I Z AT I O N

Sonderdruckwww.rethinking-law.com

Smart Contracts & Embedded Legal KnowledgeNico Kuhlmann ■ 18

Die Zukunft ist jetzt Dr. Alexander Steinbrecher ■ 4

Mensch und Maschine – EntrepreneurFlorian Glatz, Dr. Sven von Alemann ■ 16

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Technologie allein reicht jedoch nicht aus, um innerhalb einer Organisation die erforderliche Qualität und Messbarkeit bei der Arbeit mit Recht zu garantieren. Der digitale Wandel wird nicht nur den Ein-satz innovativer Technik und Tools mit sich bringen, die Arbeitsprozesse selbst und ganze Organisati-onen im juristischen Umfeld werden sich verändern.

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Isabelle Brück Produktmanagerin Rethinking Law

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Editorial

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Was ist Legal Tech?

R echtsberufe nutzen IT. E-Mail, Textverarbeitung und Kanz-leimanagementsysteme sind

aus dem juristischen Alltag nicht weg-zudenken. Warum also der Hype um Legal Tech? Legal Tech unterstützt die inhaltliche Arbeit von Juristen. Ver-träge und Dokumente aus Bausteinen, Transaktionen auf der Blockchain und Due Diligence mit Hilfe von Machine Learning sind digitale Werkzeuge. Sie sind jedoch nicht nur Hilfsmittel, be-rühren den Kern dessen, was bisher fast ausschließlich Hand- bzw. Kopf-arbeit war.

Es lassen sich grob drei Bereiche un-terscheiden:

■ Industrialisierung von Recht, ■ Blockchain-basierte Innovationen, ■ Machine Learning/Künstliche

Intelligenz.

I. Jeder Fall ist anders.So lautet das Credo der Juristen. Das stimmt. Und gleichzeitig enthalten Verträge, Dokumente, Schriftsätze und Verwaltungsanweisungen usw. häufig wiederkehrende Elemente und Bausteine. Man muss sie nur identi-fizieren. Sie sind der Ausgangspunkt

für die Industrialisierung 1, das heißt für eine Standardisierung auf hohem Niveau. Auch bisher schon wird auf Bausteine und Vorlagen von früheren Gestaltungen zurückgegriffen, wenn ein neuer Vertrag oder Text erstellt wird. Legal Tech-Anwendungen pro-fessionalisieren die Arbeit mit Bau-steinen. Statt mühsamem und nicht systematisch gepflegtem Copy & Paste entstehen digitale Fertigungssysteme und -straßen. Sie fügen mit einer in-telligenten Architektur Bausteine si-tuationsgerecht und unter Umständen nach entsprechender Eingabe von Da-ten und Informationen automatisiert zusammen. Werden Verträge mit Bau-steinen erstellt, lassen sie sich auch auf Bausteinbasis verwalten.

Der Lebenszyklus eines Dokuments oder Vertrages wird durch die Bau-stein-Basierung transparent und vor allem jederzeit aus Perspektiven, an die man unter Umständen noch gar nicht gedacht hat, auswertbar – bis hin zur Due Diligence auf Knopfdruck. Während das Recht immer kompli-zierter wird und dadurch die Kosten steigen, bietet die Industrialisierung als erster Schritt in die Digitalisierung des Rechts die Möglichkeit, effektiver zu arbeiten, die Qualität zu steigern – Standardisierung auf hohem Niveau (!) – und dabei die Kosten dennoch zu senken.

II. Die Blockchain kann die Grund-lage für den nächsten großen Sprung in der Digitalisierung des Rechts sein.Bekannt ist die Blockchain bisher vor allem als technische Basis für Krypto-währungen, allen voran Bitcoins. Sie führt eine Möglichkeit ein, deren Aus-wirkungen sich noch nicht abschätzen lassen: dezentrales, anonymisiertes

1 Der Begriff der Industriellen Rechtsdienstleistungen wurde bereits eingeführt in Breidenbach, Landkarten des Rechts – von den Chancen industrieller Rechtsdienstleis-tungen, FS Heussen, 2009.

Legal Tech setzt sich aus den beiden Begriffen Legal Services und Technology zusammen und ist der Oberbegriff für den Ein-satz von digitalen Technologien und Softwareanwendungen im Umgang mit dem Recht.

text — Stephan Breidenbach & Florian Glatz

Vertrauen. Für den Geschäfts- und Rechtsverkehr zwischen zwei Perso-nen werden bisher Mittler wie zum Beispiel Banken benötigt. An ihre Stelle tritt auf der Blockchain anony-misiertes Vertrauen. Mittler werden überflüssig, Zahlungen laufen direkt und Verträge werden automatisch exekutiert. Man spricht von Smart Contracts, besser aber von Smart Exe-cution. Auch Lieferketten, von der Her-kunft der Rohstoffe bis zu den Arbeits-bedingungen der Zulieferer, lassen sich transparent gestalten. De Beers, der größte Diamantenproduzent und -händler der Welt, hat kürzlich eine Blockchain-Lösung angekündigt. Sie nutzt das einzigartige Profil eines je-den Diamanten und macht den Weg von der Fundstätte bis in das Verkaufs-geschäft nachvollziehbar.

Die Blockchain braucht Code. Jeder Prozess,

jede Prüfung, jeder Baustein auf der Blockchain

muss sich in digitalem Code abbilden lassen.

Die Industrialisierung des Rechts wird somit zur Vorstufe für weitere und tiefer gehende Entwicklungen, allen voran die Blockchain. Was industriell bereits vorbereitet ist, was in Regeln, Prozessschritte und Bausteine bereits zerlegt und strukturiert ist, lässt sich in die Blockchain-Welt künftiger An-wendungen transferieren. Ohne In-dustrialisierung, ohne präzise Vorbe-reitung, bleibt der Weg versperrt.

III. Künstliche Intelligenz soll auch dem Juristen helfen.Die Erwartung, dass ein Rechner an Stelle des Juristen denkt, ist auf lange Sicht unrealistisch. Jedenfalls wenn mit Denken gemeint ist, einen Sach-verhalt – in Sprache – zu verstehen und dann selbstständig unter Normen

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Legal tech & Innovation

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zu subsumieren. Und doch: KI ermög-licht Operationen, die aussehen, als ob eigenständige Denkprozesse statt-gefunden hätten. Verblüffend und wirksam. Machine Learning als Teil-gebiet der Künstlichen Intelligenz, bekannter durch den von Google frei gegebenen Algorithmus Deep Lear-ning, ermöglicht Verfahren, die den Bedeutungsgehalt von Sprache immer besser erschließen. Jeder Schritt in der Digitalisierung des Rechts wird in den nächsten Jahren von Machine Lear-ning-Anwendungen begleitet werden. Nicht der Zaubercomputer, der den Ju-risten ersetzt, sondern die Intelligenz in vielen kleinen Schritten steht an. Wir werden im riesigen Datenmeeer präziser. Dabei lassen sich ähnliche Texte auffinden und vergleichen. Da-ten werden präzise aus den Textwüs-ten extrahiert. Und Prozesse lassen sich anhand von Daten nachvollziehen.

IV. Für Juristen und Unternehmen stellt sich die Frage: Was ist heute schon möglich?Und was ist jetzt zu beobachten oder vorzubereiten, um morgen nicht den Anschluss zu verlieren? Digitalisie-rung will gestaltet werden. Legal Tech bietet immer bessere Werkzeuge. Kre-ativität und Gestaltungswillen können sie nicht ersetzen. ■

1. Brauchen wir überhaupt Legal Tech?Es läuft doch bisher auch schon gut.Stimmt. Und es könnte noch besser laufen. Viele wiederkehrende Arbeiten, Routinen und Elemente bieten sich an, durch Legal Tech vereinfacht oder ersetzt zu werden. Wäre es nicht sinnvoll, sich auf den Mehrwert für das Unternehmen zu konzentrieren und kreativ zu sein, statt die Zeit in repetitiver Tätigkeit zu verlieren? Hinzu-kommt: Stellen Sie sich vor, Sie machen einfach nicht mit. Gut. Sie müssen dann nur zum Beispiel damit rechnen, dass Ihre Wettbe-werber Verträge in kürzester Zeit mit Vertragsgeneratoren erstel-len und ihr Vertragsmanagement über die gesamte Lebensdauer von Verträgen besser im Griff haben. Wird man das irgendwann auch von Ihnen fordern?

2. Ist es nicht verrückt, sich jetzt komplettan eine Legal Tech Lösung zu binden?Stimmt. Wenn Sie Tools und Software gerade evaluiert haben, sind schon wieder die nächsten Lösungen auf den Markt gekom-men. Innovation und Tempo nehmen zu. Entscheidend ist, sich im ersten Schritt mit dem eigenen Know-how und den eigenen Wissensbeständen, insbesondere Verträgen und Prozessen, aus-einanderzusetzen. Wiederkehrende Elemente in der Arbeit der Rechtsabteilung können identifiziert werden und als Bausteine aufbereitet werden. Prozesse können analysiert und dabei schlan-ker gemacht werden. Industrialisierung von juristischer Tätigkeit verlangt, Regeln hinter der eigenen Tätigkeit und Bausteine der laufenden Textproduktion präzise und konsequent aufzubereiten und so das eigene Wissen zu bewirtschaften. Dabei dreht sich alles um die Leitfrage, was die Menschen in Ihrer Organisation und Ihre Prozesse besser unterstützt. Es geht um die Inhalte. Technologie allein wird es nicht richten.

Lassen Sie sich dabei von Software und Tools unterstützen, dann sollten diese vorsehen, dass die einmal geleistete Arbeit, denn um die geht es, problemlos und ohne Programmierkenntnisse aktu-alisiert werden kann. Und, wenn gewünscht, auch einfach in eine andere Legal Tech-Anwendung übertragen werden kann. Digitali-sierung ist nie fertig. Sie ist in sich ein Prozess, in dem ständig Pro-totypen entwickelt, verbessert und unter Umständen wieder abge-löst werden. Software-Silos helfen dabei nicht.

F r A G e n A n

Legal Techtext — Stephan Breidenbach

Stephan BreidenbachHochschullehrer, Mediator und Unter-nehmer / Mitgründer des Legal Tech Centers an der Europa-Universität Viadrina

Seit 15 Jahren arbeitet er mit seinen Gesellschaften knowledgeTools International und betterlaw an der nächsten Generation digitaler Rechtsdienstleistungen und entwickelt Technologien zur Unterstützung der inhaltlichen Arbeit von Juristen, insbesondere Vertrags- und Textgeneratoren und Wissensmanagementsysteme für Großverfahren (u. a. Toll Collect) und Gesetzgebung (u. a. BMJV).

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Der Hype ist vorbei, Ruhe kehrt ein. Weit gefehlt! Seit mehreren Jahren prägen die Worte Legal Tech 1 und Digitalisierung die Schlagzeilen der

juristischen Berichterstattung. Kanzleien und Rechtsabteilungen scheinen laut LTO, Azur und JUVE kaum andere Themen so zu beschäftigen wie Legal Tech. Wenn selbst rechtswissenschaft-liche Fakultäten in Deutschland Forschungs-stellen für Legal Tech einrichten, 2 dann muss das Thema im Hier und Jetzt angekommen sein, oder?

Viele sehen den Einsatz von Informationstech-nologie (IT) in Rechtsabteilungen und Kanzlei-en nur als Möglichkeit von Rechtsabteilungen,

1 Der Begriff Legal Tech hat sich als Kurzbezeichnung für Legal Technology etabliert. Er ist laut Wagner, BB 2017, 898 ein Sammelbegriff für „Informa-tionstechnik (IT), die im juristischen Bereich zum Einsatz gelangt“.2 Siehe das Legal Tech Center an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina unter der Leitung von Prof. Dr. Breiden-bach (https://legaltech.center) sowie die Forschungsstelle Legal-Tech an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Schwintowski (www.forschungsstelle- legal-tech.de) und den Bucerius Law Port an der Bucerius Law School (www.bucerius-education.de/english/lawport/ueber).

dem seit Jahren steigenden Kostendruck zu be-gegnen. Wenn Rechtsabteilungen die Kosten für Inhouse-Anwälte und die Beauftragung von ex-ternen Anwälten jährlich reduzieren müssen, dann suchen sie ihre Rettung in der Kostenver-lagerung. Mit anderen Worten: Maschinen statt Menschen. Wenn Rechtsabteilungen in der stei-genden Arbeitsflut nicht untergehen sollen, dann suchen sie ihre Rettung in der Effizienzsteige-rung. Anders ausgedrückt: Mehr Maschinen statt mehr Menschen.

Eine andere Perspektive gerät dabei leicht aus dem Blick: Wenn Rechtsabteilungen sich darauf konzentrieren, ihren Mehrwert für das Unter-nehmen zu steigern, können Technologie und Digitalisierung diesen Prozess der Wertschöp-fungssteigerung beschleunigen und die Inno-vationskraft der Rechtsabteilung innerhalb des Unternehmens steigern. Diese Perspektive soll nachfolgend den Blickwinkel bilden.

Rechtsabteilungen durchleben seit Jahrzehnten wie viele andere Unternehmensfunktionen einen Wandel, der das Selbstverständnis, die unter-nehmerischen Erwartungen und die strategi-

text — Dr. Alexander Steinbrecher

Die Zukunft ist jetzt

Wie Legal Tech die Qualität, Innovationskraft und Wertschöpfung von

Rechtsabteilungen fördern kann

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sche Ausrichtung nachhaltig verändert hat. Die Ausrichtung einer Rechtsabteilung auf die kon-sequente Förderung der Unternehmensziele und die Schaffung von messbarem Mehrwert für das Unternehmen lässt sich schneller und dauerhaf-ter erreichen, indem unternehmensspezifische Legal Tech-Instrumente zur praktischen An-wendung in der Rechtsabteilung kommen. Legal Tech ist indes kein Allheilmittel. Rechtsabtei-lungen sollten es – wohlüberlegt – als eines von vielen Instrumenten zur Steigerung ihrer Inno-vationskraft und Wertschöpfung nutzen.

Die Rechtsabteilung der Zukunft ist im Jetzt angekommenKeine Rechtsabteilung gleicht der anderen. Sie spiegelt das Unternehmen wider, in dem sie ver-ankert ist. Die Rechtsabteilung eines mittelstän-dischen Unternehmens ist anders aufgestellt und ausgerichtet als die eines global operierenden Konzerns. Aber auch innerhalb von Rechtsabtei-lungen von vergleichbaren Unternehmen (Mit-arbeiter- und Finanzkennzahlen) gibt es teil-weise gravierende Unterschiede im Hinblick auf ihr Selbstverständnis, die unternehmerischen Erwartungen und ihre strategische Ausrichtung. Zudem unterliegen vor allem die Rechtsabtei-lungen in Großunternehmen häufig einem kon-tinuierlichen organisatorischen Wandel – Ge-treu dem Motto: „Die einzige Konstante ist die ständige Veränderung.“ Gleichwohl gibt es rote Fäden, die sich durch die meisten Rechtsabtei-lungen spinnen: Die meisten Rechtsabteilungen sind aus dem „Back-Office“ in das „Front-Office“ umgezogen. Wenn mittelständische und große Unternehmen in einem globalisierten und durch-regulierten Geschäftsumfeld immer häufiger und immer schneller auf der Basis von unvollständi-gen Informationen und ungewissen Annahmen entscheiden und handeln müssen, dann nützen Juristen in Hinterzimmern nichts. Inhouse- und externe Anwälte können im Chor ein Lied davon singen, dass die Erwartungen der Unternehmen an schnelle, präzise und verständliche Rechts-beratung seit Jahren steigen. Das ist Chance und Herausforderung zugleich. Es ist eine Chance, weil es der Rechtsabteilung ermöglicht, „mitten-drin statt nur dabei“ zu sein, wenn es um unter-nehmerische Entscheidungsprozesse geht. Es ist eine Herausforderung, weil die Windstärke im Orkan eine gewisse Wetterfestigkeit erfordert.

Viele Rechtsabteilungen sehen sich seit Jahren einer steigenden Arbeitsbelastung ausgesetzt. Unter der juristischen Überregulierung leiden nicht nur Unternehmen, sondern auch ihre An-

wälte. Rechtsabteilungen werden weiterhin als Wächter über das rechtskonforme Handeln des Unternehmens gesehen. Der Dieselskandal ist ein vielbenutztes Beispiel dafür, wie Rechtsabteilun-gen von heute auf morgen an den Rand der Über-forderung kommen können.

Wenn man Umfragen Glauben schenken darf, dann erwarten die meisten Rechtsabteilungen

in den kommenden Jahren eine spürbare Steigerung ihrer

Arbeitsbelastung.

Auch das ist zugleich Chance und Herausforde-rung für Rechtsabteilungen. Es ist eine Chance, weil es Rechtsabteilungen ermöglicht, differen-zierter die zu erledigenden Aufgaben zu verteilen und zu erledigen. Rechtsabteilungen können da-bei davon lernen, wie die sogenannten Professio-nal Services Providers (insbesondere die großen und internationalen Unternehmensberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Anwaltsgesellschaf-ten) Mittel und Wege gefunden haben, die Ar-beitsorganisation, -prozesse und -ergebnisse in puncto Effizienz und Effektivität zu optimieren. Wohlüberlegt lassen sich die einen oder anderen Elemente auf Rechtsabteilungen übertragen. Es ist daher kein Wunder, dass die Begriffe „Legal Operations“, „Lean Management“ oder „Make or Buy“ mittlerweile Einzug in den Sprachgebrauch von Unternehmensjuristen gefunden haben.

Die Erwartungen der Unternehmen an ihre Rechtsabteilungen sind vielfach ähnlich. Sie sol-len effizient, agil, innovativ und gewinnbringend sein. „Mehr Leistung bei geringeren Kosten“ ist ein häufig zu hörendes Wehklagen aus Rechtsab-teilungen. Auch das ist zugleich Chance und Her-ausforderung. Es ist eine Chance, weil Effizienz, Agilität, Innovationskraft und Wertschöpfung konstituierende Merkmale einer performanten Rechtsabteilung sind. Wenn der unternehmeri-sche Erfolg dadurch beeinflusst wird, dass das Unternehmen effizient, agil, innovativ und wert-schöpfend handelt, warum sollen dann nicht die Unternehmensabteilungen eben diesen Maßstä-ben unterliegen? Wenn Rechtsabteilungen mit-tendrin statt nur dabei sein wollen, wenn es um unternehmerische Entscheidungsprozesse geht, dann sollten sie die Chance ergreifen, sich so aufzustellen und auszurichten, dass sie effizien-te, agile, innovative und gewinnbringende Legal

Legal tech & Innovation

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Manager sind, die im Front Office sitzen. 1 Natür-lich ist es eine große Herausforderung, dieser Er-wartung gerecht zu werden und in Budgetrunden mit der Unternehmensführung um jeden Cent kämpfen zu müssen. Diese Herausforderung lässt sich nur meistern, wenn die Rechtsabteilung ihren Mehrwert für die Förderung der Unter-nehmensziele in messbarer Art und Weise nach-weisen kann. Es mag unvorstellbar sein, ist aber wahr: es gibt Rechtsabteilungen, die ein Vielfa-ches ihrer Kosten für das Unternehmen erwirt-schaften. Die Entwicklung einer Rechtsabteilung von der reinen Kostenstelle zum Profitcenter ist zugegeben schwierig, aber möglich.

Legal Tech fördert die Qualität, Innova-tionskraft und Wertschöpfung von Rechts-abteilungenDer technologische Fortschritt hält seit Jahren in Unternehmen Einzug. Das gilt für die Produkte und Dienstleistungen, die Unternehmen anbie-ten. Das gilt aber auch für Arbeitsorganisation in Unternehmen. Mehr und mehr Besprechun-gen finden nicht mehr telefonisch, sondern per Videokonferenz statt. Das spart Zeit und Geld, fördert aber auch die Arbeits- und Geschäfts-beziehungen, also die Qualität der Besprechung. Dokumente werden nicht mehr kreuz und quer per E-Mail verteilt, sondern in der Cloud geteilt und gemeinsam bearbeitet. Auch das spart Zeit und Geld und fördert die Effektivität der Zusam-menarbeit. Benutzerfreundliche und zugleich leistungsstarke Software erleichtert Unterneh-men die Datenverarbeitung, das Dokumenten- und Wissensmanagement. Davon profitieren auch Rechtsabteilungen. Zudem gibt es bereits heute zahlreiche Legal Tech-Tools, die den Ar-beitsalltag in Rechtsabteilungen erleichtern: elektronische Akten sind mittlerweile auch in großen Schiedsgerichtsverfahren keine Selten-heit mehr; eine elektronische Due Diligence in M&A-Transaktionen ist heute schon so praxis-tauglich wie eine e-discovery. Einfache Verträge können Vertragsgeneratoren bereits in anspre-chender Qualität quasi von elektronischer Hand erstellen – das fängt bei Vertraulichkeitsverein-barungen an, geht über Miet- und Arbeitsverträge

1 Das US-amerikanische Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner hat es in der Publikation „5 Ways to Make Legal More Agile” im April 2018 auf den Punkt gebracht: „In 2020, the corporate value of the legal func-tion will be determined by the speed at which legal guidance, adjusted for the business’s risk appetite, is built into strategic decision making” (im Internet abrufbar unter www.gartner.com/smarterwithgartner).

bis hin zu allen standardisierten Vertragstypen. Immer beliebter werden in Rechtsabteilungen auch Softwaretools für das Legal Spend Manage-ment.

All das gibt Rechtsabteilungen die Möglichkeit, mehr Zeit (und Ressourcen) für Aufgaben zu ha-ben, bei denen Brain Work gefragt ist und Mehr-wert für das Unternehmen geschaffen werden kann. Wenn Rechtsabteilungen Inventur machen würden, um zu verstehen, mit welchen Tätig-keiten und Aufgaben sie geringen, mittleren und großen Mehrwert für das Unternehmen schaffen, weil sie unternehmerische Risiken minimieren und die geschäftlichen Opportunitäten maxi-mieren, dann sollten sie Legal Tech-Instrumen-te zuvörderst in den Arbeitsbereichen einsetzen, in denen die Rechtsabteilung geringeren Mehr-wert generiert. 2 Die Rechtsabteilung arbeitet dadurch in zeitlicher Hinsicht nicht weniger. Sie investiert ihre Zeit nur zielgerichteter in die Auf-gaben, die größeren Mehrwert für das Unterneh-men bringen. Und es legt gerade in den Rechts-abteilungen von kleinen und mittelständischen Unternehmen Ressourcen frei für Aufgaben, die bislang noch häufig von externen Anwälten erle-digt werden, wie etwa die Vertragsgestaltung und -verhandlung oder die Erstellung von Rechts-gutachten. Die damit verbundene Aufwertung der Rechtsabteilung in der unternehmensinter-nen Wahrnehmung ist ein gewichtiger, aber von Rechtsabteilungen überraschenderweise selten wahrgenommener Aspekt.

Rechtsabteilungen können aus Legal Tech zudem Innovationskraft schöpfen. Wenn die Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen im Zeit-alter der Digitalisierung angekommen sind, dann können Rechtsabteilungen nicht bei den Arbeits-weisen des vergangenen Jahrhunderts verharren. Technologie revolutioniert und transformiert die Arbeit in Ingenieur-, Finanz-, Steuer- und Perso-nalabteilungen. Davon können Rechtsabteilun-gen profitieren, indem sie Technologie gleicher-maßen für die Erfüllung der eigenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten nutzbar machen. Das fängt bei juristischen Online-Schulungen an

2 Vgl. die bildhafte Transformation der Organisationsstruktur in inter-nationalen Anwaltskanzleien von der Pyramide zur Rakete auf Seite 10 der Studie „How Legal Technology Will Change the Business of Law“ der Boston Consulting Group in Zusammenarbeit mit dem Bucerius Center on the Legal Profession aus 2016 (im Internet abrufbar unter www.bucerius-education.de).

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und hört bei der eigenen Entwicklung von unter-nehmensspezifischen Vertragsgeneratoren auf. Wenn Rechtsabteilungen es schaffen, mit Hilfe von Technologie allen Nichtjuristen im Unter-nehmen den Zugang zum Recht zu erleichtern und ihr Verständnis für rechtlich relevante As-pekte in den Geschäftsabläufen zu erhöhen, dann wird die Rechtsabteilung nicht der Bremser, son-dern der Motor der geschäftlichen Aktivitäten sein.

Die Realität in den allermeisten Rechtsabtei-lungen sieht zugegeben noch anders aus. Die Gründe liegen teilweise in den Unternehmens-kulturen, teilweise in den Legal Tech-Angeboten begründet. Es gibt zweifelsohne Unternehmen, die kulturell und im Hinblick auf ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio technikaffiner sind als andere Unternehmen. Das strahlt auf die Rechts-abteilung aus. Auch die Budgets von Rechtsabtei-lungen sind unterschiedlich groß, ganz abgese-hen davon, dass wirtschaftlich sehr erfolgreiche Unternehmen eher bereit sind, in Legal Tech-An-wendungen zu investieren. Demgegenüber ist das Angebot an Legal Tech-Instrumenten bislang für international operierende Unternehmen und ihre Rechtsabteilungen noch nicht so ausgereift, wie es notwendig wäre. Viele Vertragsgeneratoren richten sich eher an Verbraucher als an Unter-nehmen. Legal Tech-Produkte werden häufig eher lokal entwickelt und sind demzufolge auch nur lokal anstatt international anwendbar. Zu-dem ist Legal Tech-Software noch selten mit den Softwareanwendungen kompatibel, die Unter-nehmen und Rechtsabteilungen bereits nutzen. All das führt verständlicherweise dazu, dass sich Rechtsabteilungen in Bezug auf Legal Tech-In-vestitionen gegenwärtig noch in der Phase des Suchens statt des Findens befinden. 3

FazitLegal Tech ist kein Allheilmittel. Die Art und Weise, wie das Thema in Deutschland unter In-house- und externen Anwälten diskutiert und be-handelt wird, deutet stark auf einen Hype hin. Es herrscht die Erwartung, Legal Tech werde die Ar-beit von Rechtsabteilungen und Kanzleien schon

3 Für die Studie „Digital Economy & Recht“ des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen (BUJ) und der Wirtschaftskanzlei CMS gaben die meisten Befragten schon 2016 an, dass das vorhandene Budget für die Vorbe-reitung auf die Digitalisierung in der Rechtsabteilung zu gering und erforder-liche Ressourcen nicht vorhandenen seien (im Internet abrufbar unter www.buj.net/Server/BUJ-News/2016/Digital-Economy-und-Recht-2016-Teaser.pdf).

bald so revolutionieren wie das erste iPhone den Mobiltelefonmarkt. Wenn manche Autoren beim Thema Legal Tech vom bevorstehenden Mas-sensterben in der Anwaltszunft sprechen, dann herrscht Realitätsverlust. 4 Hinzu kommt, dass das Angebot an Legal Tech-Produkten bislang die Nachfrage von Rechtsabteilungen übersteigt. Eine aufgeschlossene, aber kritische Haltung er-scheint zielführender. 5

Die internationale Wochenzeitung The Econo-mist hat es auf den Punkt gebracht: „Tomorrow’s winners will come from adding technology to yes-terday’s successes.“ 6 Wenn eine Rechtsabteilung in der Vergangenheit die Chance und Herausfor-derung gemeistert hat, effizient, agil, innovativ und gewinnbringend zu operieren, dann können bereits heute Legal Tech-Instrumente dazu bei-tragen, diese erfolgreiche Arbeit der Rechtsabtei-lung fortzusetzen und auszubauen. Aber es wäre ein Irrglaube zu erwarten, dass eine Rechtsabtei-lung allein durch Legal Tech-Instrumente effizi-ent, agil, innovativ und gewinnbringend werden kann. Legal Tech und Digitalisierung sind Bau-steine, die Rechtsabteilungen schon heute befä-higen, sich zukunftsweisend aufzustellen. Nicht mehr und nicht weniger. Aber die Zukunft von Legal Tech ist zweifelsohne jetzt und nicht erst morgen. ■

4 Laut der Befragung zum Berufsrechtsbarometer 2017 des Soldan Instituts (www.soldan.de) bejahen 46% der befragten Rechtsanwältinnen und Rechts-anwälte die Aussage, dass „Legal Tech vor allem Nicht-Anwälte nutzen und so Rechtsanwälte aus typischem Anwaltsgeschäft verdrängen“ werde. Demgegenüber stimmen nur 13% der Befragten der Aussage zu, dass Legal Tech den Zugang der Bevölkerung zum Recht verbessern wird. Ganze 33% der befragten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte haben sich mit Legal Tech noch nicht beschäftigt.5 Einen guten Überblick verschafft Kilian, NJW 2017, 3043ff. Umfassend und instruktiv zu Legal Tech sind Hartung/Bues/Halbleib (Hrsg.), Legal Tech – Die Digitalisierung des Rechtsmarkts, 2018, sowie Breidenbach/Glatz (Hrsg.), Rechtshandbuch Legal Tech, 2018.6 Gatineau, What’s next for Canada’s economy, in: The Economist, Ausgabe vom 01.03.2018 (im Internet abrufbar unter www.economist.com/the-ameri-cas/2018/03/01/whats-next-for-canadas-economy).

The Economist The Economist ist eine 1843 gegründete briti-sche Wochenzeitschrift mit Millionenauflage. Als ein journalistischer Meinungsführer welt-weit mit den Schwer-punkten Politik, Wirt-schaft und Finanzen, ist es das letzte große Printmedium, das für seine nicht namentlich gekennzeichneten Qualitätsartikel be-kannt ist.

Dr. Alexander Steinbrecher, LL.M. (Tulane)ist Rechtsanwalt und als Head of Group Corporate, M&A and Legal Affairs bei Bombardier Transportation in Berlin tätig.

Der Autor ist als Head of Group Corporate, M&A and Legal Affairs bei Bombardier Transportation in Berlin tätig. Der Beitrag gibt aus-schließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder.

The Legal 500 zählt ihn zu den innovativsten und einflussreichsten Unternehmensjuristen in Deutschland.

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11 rethinking Law 0.2018 Juni 2018

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SB Lieber Paul, Du bist seit vielen Jahren auf KI fokussiert und in diesem Bereich vor allem auf Machine Learning spezialisiert. Mein Wunsch ist, dass Du heute kurz erklärst, was heute im Bereich KI geht und was nicht.

PB Sehr gerne. Was KI heute methodisch im Kern ausmacht, sind zwei Dinge: Mustererkennung und Suche. Mustererkennung bedeutet, dass ich in großen Datenmengen Muster ableiten kann, die es mir erlauben, Zusammenhänge zu erken-nen und Prognosen abzugeben. Ein gutes Beispiel ist die Handschrifterkennung. Handschrift kann durch Algorithmen entziffert werden, wenn ich diese zunächst mit einer großen Menge an Bil-dern von handschriftlichen Zeichen ‚trainiere‘. Diese Daten müssen gelabelt sein, das heißt, mit den Trainingsbildern muss jeweils für den Com-puter verarbeitbar die Information verknüpft sein, was auf dem Bild zu sehen bzw. zu lesen ist. Wenn ich dem Algorithmus nun ein neues Schriftbild vorlege, kann er eine Prognose dazu abgeben, was die Schriftzeichen wahrscheinlich für ein Wort darstellen sollen. Und je nachdem, mit wie vielen Bildern der Algorithmus trainiert wurde, desto besser funktioniert das.

Diese Art der Technologie ermöglicht auch An-wendungen wie Gesichtserkennung oder Kre-ditscoring, teilweise auch die rein musterbasierte Übersetzung von Texten. Der andere große Be-

I n t e r v I e w

Was kann KI – heute und morgen?

reich an Anwendungen wird auch oft in Kombi-nation mit Mustererkennungsverfahren ange-wandt: Suchalgorithmen finden in einem großen Raum an Möglichkeiten, der für einen Menschen nicht leicht zu durchschauen wäre, die beste Va-riante. Das geht immer dann, wenn das Problem, für das ich eine optimale Lösung finden möchte, abgeschlossen und abstrakt beschreibbar ist. Spiele wie Schach oder Go eignen sich besonders gut dafür und sind diesem Verfahren sehr gut zu-gänglich. Für Menschen ist das Finden des Opti-mums sehr schwierig, weil der Möglichkeitsraum so groß ist, für Algorithmen jedoch nur eine Frage der Rechenpower. Auch ein Routing-Algorith-mus, der bestimmt, wie ich am schnellsten von A nach B komme, ist im Grunde eine Suche durch den Optionenraum.

SB Dann ist das, was derzeit Michael Fried-mann mit seinen Datenbeständen macht, mit all den Fragen an Rechtsanwälte, die beant-wortet worden sind und die jetzt aufbereitet und durch Watson erschlossen werden sollen – dann ist das im Grunde das Gleiche. Wenn jetzt eine neue Frage kommt, dann sucht Wat- son in diesem bereits vorhandenen Antwor-traum nach einer Antwort, die so nah wie mög- lich dran ist.

PB Genau. Das ist eine Kombination aus Muster-kennung und Suche. Die meisten Mustererken-

Professor Stephan Breidenbach und Dr. Paul von Bünau nähern sich in diesem Interview der Frage, was Künstliche Intelligenz heute im Kern ausmacht und was Voraussetzungen für echtes Verstehen wären. Darüber hinaus erörtern sie, welche Innovationen KI im Bereich der Rechtsdienstleistungen heute ermöglicht und welche Potenziale in Zukunft noch gehoben werden können.

SB — Prof. Stephan Breidenbach

PB — Dr. Paul von Bünau

Dr. Paul von Bünau Geschäftsführer bei idalab, einer Agentur für Data Science, die auf Maschinelles Lernen, Künstliche Intelligenz und Data Strategy spezialisiert ist.

idalab berät eine Vielzahl von Kunden u. a. in den Berei-chen Bankwesen, Mobilität und Biotechnologie. Paul von Bünau studierte Mathematik, Infor-matik und Physik und promovierte im Bereich Statistische Datenanalyse.

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nungsalgorithmen haben eine Suchkomponen-te. Die Schwierigkeit liegt in diesem Fall darin, annähernd so gut, wie das ein junger Associate könnte, die Bedeutung einer Fallbeschreibung mit einer möglicherweise völlig anders lautenden Beschreibung des gleichen Sachverhaltes abzu-gleichen.

SB Wenn man sich vorstellt, dass Maschinen juristische Fälle lösen und Fragen beantwor-ten – und nicht nur eine Antwort in einem existierenden Antwortuniversum suchen, sondern echte Antworten geben–, dann setzt das mindestens zwei grobe Schritte voraus. Der erste Schritt lautet: Ich muss den Sach-verhalt auf Basis natürlicher Sprache verste-hen. Dann muss ich daraus Schlüsse ziehen, die wiederum auf Sprache, nämlich einer Ge-setzeslage, Urteilen oder einer Kombination davon beruhen und dieses dann übereinan-der bringen. Das nennt der Jurist Subsumti-on: den Sachverhalt unter die Norm bringen. Wenn ich das richtig verstehe, ist AI heute zu beiden Schritten noch nicht in der Lage.

PB So ist es. Beide Schritte sind ähnlich: Um sie umzusetzen, müsste ein Computer in der Lage sein, Texte wirklich zu verstehen. Das setzt aber voraus, dass es gelingt, Bedeutung so im Speicher eines Computers zu repräsentieren, dass auf Ba-sis dieser Repräsentation z.B. logische Schlüsse möglich sind. Das geht heute noch nicht. Es ist allerdings möglich für standardisierte Falltypen, die durch vier oder fünf Parameter beschrieben sind, eine automatische Bearbeitung anzuschlie-ßen. Das ist beispielsweise im Fall von Flugzeug-verspätungen umsetzbar.

SB Das, was wir bisher machen und was wir als Industrialisierung bezeichnen, gerade mit KnowledgeTools, ist ja, dass wir auf Grund solcher Parameter von Hand etwas vor- einstellen, was dann in einer Fertigungsstra-ße automatisch läuft. Du sagst, Künstliche Intelligenz bringt eventuell den Schritt dazu, dass diese Vorauswahl der Elemente aus ei-nem Text heraus extrahiert wird.

PB Richtig. Derartiges würde sicherlich in der Bewerbung solcher Produkte als ‚Verstehen‘ be-zeichnet werden, hätte aber mit echtem Verste-hen überhaupt nichts zu tun. Die praktischen Auswirkungen können natürlich trotzdem gigan-tisch sein, gerade wenn man von Fällen spricht,

die möglicherweise mit menschlicher Arbeit gar nicht mehr kostengünstig abzuarbeiten sind. Be- stimmte Schadenersatzansprüche könnten so erstmals überhaupt durchsetzbar sein. Man muss unterscheiden zwischen dem Verstehen eines Falls und dem Verstehen des juristischen Wis-sens. Ersteres ist bei standardisierten Typen von Fällen in Grenzen möglich. Letzteres noch gar nicht – auch, weil es bis jetzt an einer computer-lesbaren Wissensrepräsentation mangelt.

SB Wagst Du eine Prognose, wann das mög-lich sein wird?

PB Ich kenne heute noch keine methodisch-tech-nologische Forschungsrichtung, die eines Tages voraussichtlich echtes Verstehen ermöglichen wird. Das sollten wir uns in 50 Jahren noch ein-mal anschauen. Allerdings nur, wenn wir von den Voraussetzungen ausgehen, die wir heute haben: Hauptsächlich in Texten codiertes Wissen, wel-ches in dieser Form für Computer ganz besonders unzugänglich ist. Würde jetzt irgendeine Organi-sation beschließen, eine große Anzahl Juristen damit zu beauftragen, eine Repräsentation des

Was KI heute methodisch im Kern ausmacht, sind zwei Dinge: Mustererkennung und Suche. Mustererkennung bedeutet, dass ich in großen Datenmengen Muster ableiten kann, die es mir erlauben, Zusammenhänge zu erkennen und Prognosen abzugeben.

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gesamten juristischen Wissens von Hand zu bau-en, wäre das wie eine Mondlandung. Dann könnte man nämlich das menschliche Wissen so an die Algorithmen herantragen, so dass diese damit ar-beiten können.

SB Der nächste Schritt ist natürlich: Wir ha-ben keine Daten oder wir glauben keine zu ha-ben. Ganz viele Daten, die produziert werden – wenn man allein nur an die Gerichtsurteile denkt –, verschwinden in irgendwelchen Da-tenbanken. Viele andere Daten über Trans-aktionen haben wir einfach nicht. Wir wissen nicht, was in Verträgen drinsteht, weil diese ganz überwiegend nicht in computerlesbarer Form hinterlegt werden. Wenn wir über die nächsten Schritte reden, dann reden wir doch darüber, dass diese Daten ausgewertet wer-den und zwar mit Methoden, die aus Eurem Bereich kommen.

PB Richtig. Um die Verträge zu strukturierten Daten zu machen – also zu einer tabellarischen Repräsentation der Kerninformation, die durch Algorithmen verarbeitbar sind –, dann ist das so aufwendig, dass auch Computer dies nicht alleine schaffen. Man muss stattdessen davon ausgehen, Menschen hier algorithmisch zu unterstützen. Nur die Kerninformation extrahieren kann man hingegen in einfachen Fällen. Zum Beispiel beim Mietrecht: Kündigungsmodalitäten zu extrahie-ren ist inzwischen möglich. Bei komplexeren Ver-tragsarten, wie einem Gesellschaftervertrag für eine GmbH, wird es schon deutlich schwieriger.

SB Von Kevin Kelly, unserem Altmeister, habe ich mitgenommen, dass er gesagt hat, es geht nicht darum, dass ich eine große Intelligenz entwickle, die wir als künstlich bezeichnen, sondern KI an den einzelnen Stellschrauben anzuwenden. KI ist die neue Elektrizität. An-

dere sagen: KI ist das neue Öl. Man braucht es überall. Und wenn ich Dich richtig verstehe, überall dort, wo Daten auftauchen und eine Struktur bekommen.

PB So kann man es sehen. ‘KI ist das neue Öl’ meint, dass man sich vom Bild der ganz großen disruptiven, kognitiven Leistung lösen sollte. Es geht dann eher darum, an vielen Stellen inkre-mentell Prozesseffizienz zu schaffen, indem ein-zelne Arbeitsschritte optimiert werden können. Das ist sicherlich die Richtung, in die man stärker denken sollte, wenn man durch den Einsatz von KI bald Erfolge haben möchte.

SB Lass uns doch jetzt mal in die Zukunft schauen und fragen: An welchen Stellen wird für Dich schon sichtbar, dass es noch nicht ge-nutzte Potentiale gibt?

PB Wenn ich als Laie eine Rechtsdienstleistung einkaufen möchte, dann ist es für mich sehr inte-ressant zu wissen, welche Erfolgsaussichten ich habe, wovon diese abhängen und mit was für Kos-ten ich zu rechnen habe. Das ist eine Information, die ich heute nur durch eine sogenannte kosten-lose Erstberatung bekomme. Diese ist allerdings meist zu langsam und eventuell auch keine echte Beratung. Wenn ich mich selbst sachkundig ma-che, beispielsweise indem ich etwas google, kann ich mich aber nicht darauf verlassen, dass diese Information auch stimmt.

SB In einer datengetriebenen juristischen Welt wüsstest Du andererseits, wie diese oder eine ähnlich gelagerte Frage von unter-schiedlichen Gerichten in der Vergangenheit zu welcher Tageszeit wie entschieden worden ist. Das kann durchaus relevant sein, denn es gibt Untersuchungen aus Amerika, die sagen, dass das Urteil von der Tageszeit und der Ent-fernung vom Mittagessen abhängt.

PB Das bringt uns zu einem Prozessschritt, den wir vorhin schon angesprochen haben. Nämlich: Der Inhalt meiner Anfrage muss verstanden, also so repräsentiert werden, dass die Vergleichbar-keit gewährleistet ist. Das wird heute noch nicht mit hoher Präzision funktionieren. Stellt man sich aber einen Interaktionsmechanismus vor, der schrittweise präziser wird, indem der Algo-rithmus zurückfragt und damit ausgehend von einer unstrukturiert formulierten Anfrage das Thema nach und nach weiter strukturiert, ist es schon denkbar, dass man dem Algorithmus mit geringem Aufwand eine hohe Informationsquali-tät zur Verfügung stellen kann, so dass dann sol-

Kevin Kelly Kevin Kelly ist ein Pionier des Tech-Zeit-alters. Der Gründer des Wired Magazines gilt als Visionär des World Wide Webs. In seinem aktuellen Sachbuch The Inevitable (2016) skizziert er zwölf Trends, die unsere Art zu arbeiten, zu lernen und zu kommunizieren in den kommenden 30 Jahren prägen.

Ich kenne heute noch keine methodisch-technologische

Forschungsrichtung, die eines Tages voraussichtlich echtes Verstehen ermöglichen wird.

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che Vergleiche möglich werden. Das ermöglichen zum Beispiel Chatbots. Diese können erste An-fragen zunächst grob in verschiedene Kategorien einordnen, aber dann durch gezieltes Fragen den Menschen in einen Strukturierungsprozess mit-nehmen, der sich nicht so anfühlt, als ob man ein großes Formular ausfüllt.

SB Schauen wir uns zum Schluss nochmal das Feld der Verträge an: Was werden wir al-les mit Verträgen anfangen können? Wo sind die Schrauben, wo KI und Machine Learning als nächstes ansetzen?

PB Ich glaube, ein großes Anwendungsfeld, das bald möglich sein wird und einen großen Mehr-wert hat, ist die Vertragsanalyse. Diese könnte es mir bald ermöglichen, einem Computer einen Vertrag vorzulegen und mir von diesem auf-schlüsseln zu lassen, welche Klauseln in 99% Prozent der Verträge zu finden sind, und welche 1% die sind, die ich mir noch einmal genauer an-schauen sollte.

SB Möchtest Du uns zum Schluss eine gene-relle Prognose zum Rechtssystem mit auf den Weg geben? Sind die Entwicklungen für Dich dystopisch? Oder versprichst Du Dir eine Stei-gerung von Qualität und Zugang zum Recht?

PB Ich glaube, für manche Rechtsanwälte kann es durchaus dystopisch sein – ganz einfach weil sie vielleicht nicht mehr in der Lage sein wer-den, so deutlich mit ihrer Leistung zu verdienen. Ich glaube gesamtgesellschaftlich ist es drin-gend notwendig, dass wir durch das Schaffen von Transparenz, Klarheit und kostengünsti-gen Antworten breiteren Zugang zu rechtlicher Unterstützung bekommen, damit die Leute, die eigentlich Recht haben, dieses auch praktisch be- kommen können. Das wiederum muss sicherlich bei der Gesetzgebung anfangen. Heutzutage muss man als Kapitalgesellschaft seine Bilanz als XML-Datei abgeben, weil auf Basis dieser struk-turierten Form algorithmisch operiert werden kann. Meiner Ansicht nach müssten auch Geset-ze in einer abstrakten ’Programmiersprache‘ for-muliert werden, denn dann könnte man sie einer Wissensbasis zugänglich machen. Heutzutage Gesetze in Text zu schreiben ist, wie die Bibel nur auf Latein zugänglich zu machen. Der demo-kratisierende Effekt wird dabei nicht durch die Formulierung in einer Programmiersprache er-reicht, sondern durch das, was dann folgen kann: algorithmisch unterstützte Rechtsdienstleistun-gen zu demokratisierten Preisen.

SB Vielen Dank für das Gespräch. ■

Heutzutage Gesetze in Text zu schreiben ist, wie die Bibel nur auf Latein zugänglich zu machen. Der demokratisierende Effekt wird dabei nicht durch die Formulierung in einer Programmiersprache erreicht, sondern durch das, was dann folgen kann: algorithmisch unterstützte Rechtsdienstleistungen zu demokratisierten Preisen.

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Embedded Law

Eigentlich liegt es auf der Hand. Recht besteht aus Regeln. Und Regeln sind eine Form von Code. Sie beschrei-ben eine notwendige Prüfung, einen

Prozess oder eine Berechnung. Existiert bereits Code, steht einer Digitalisierung – fast – nichts mehr im Weg. Warum hat es so lange gedauert, bis die digitale Welle auch das Recht erreicht hat?

Recht als CodeRecht ist Sprache und lebt von Sprache. 1 Und Sprache ist alles andere als eindeutig. Sie lebt von Kontext. Rechtliche Sprache liefert Regeln in ei-ner Abstraktion, die für Unvorhergesehenes offen ist sowie Raum lässt für Interpretationen und für Fortentwicklungen. Diese Flexibilität erschwert gleichzeitig Prognosen. Recht ist wet code. 2 Nur das Gehirn, die wet ware, kann es erfassen. Com-puter Code lebt von Präzision und eindeutigen Regeln und automatisiert, was in der Program-mierung vorhergesehen wurde. Computer Code ist dry code.

Bei näherem Hinsehen enthält Recht jedoch viele Passagen, die keine Bewertungen oder Subsum-tionen benötigen. Daten und Informationen, also digitalisierbare Eingaben, reichen. Und recht-liche Texte – zum Beispiel Verträge, Complian-ce-Dokumente oder Verwaltungsentscheidungen – enthalten wiederkehrende Elemente. Sie lassen sich als Bausteine standardisieren. Kombiniert man beides, so wird aus einer Information, bei-spielsweise einem Wohnort in einem Bundesland und einem Baustein, einer rechtlichen Formulie-rung speziell für dieses Bundesland, ein teilauto-matisierbarer Vertrag. Wet code und dry code sind nicht zwei getrennte Welten. Die Welt der Regeln strebt bei genauer Betrachtung und konsequenter Standardisierung in die digitale Welt.

1 Vgl. Breidenbach, Rulemapping in: Breidenbach/Glatz, Rechtshandbuch Legal Tech, 2018, S.247 m. w. Nw.2 Vgl. Szabo, Wet code and dry, http://unenumerated.blogspot.com.ee/2006/11/wet-code-and-dry.html, 2008, zuletzt abgerufen 04.06.2018.

Industrialisierung des RechtsDer erste Schritt ist daher, Recht zu indust-rialisieren. 3 Industrialisierung heißt in diesem Kontext ‚Standardisierung auf hohem Niveau‘. Repetitive Elemente werden als Bausteine Be-standteile digitaler Fertigungsstraßen – um in der Industrie-Metapher zu bleiben. Menschli-che Entscheidung wird mit automatisierbaren Schritten und standardisierten Bausteinen zu einer effektiveren und womöglich besseren Pro-duktion von Recht genutzt. Industrie war immer das Versprechen von hoher Qualität zu einem günstigen Preis. Und: Digitale Werkzeuge sollen nur unterstützen. Richtig eingesetzt lassen sie dem Menschen Raum für Unvorhergesehenes.

Regeln abbilden – RulemappingSchon dieser erste Schritt verlangt von Juristen und Legal Engineers, die an der Schnittstelle von Juristen, IT und Mandanten arbeiten, Klar-heit und Präzision. Digitalisiert werden kann nur, was ein Entwickler von einem Juristen ver-standen hat. Tatbestandsmerkmale sind für den Rechner ein Bedingungsgefüge. Sie müssen ex-akt bestimmt sein, mit allen Alternativen und ihrem Verhältnis zueinander, um eine Rechtsfol-ge durch Code auszulösen. Dabei hilft es enorm, Recht und Regeln zu visualisieren. Sie werden dadurch transparenter und nachvollziehbarer.

Rulemapping 4 ist eine visuelle Sprache, um Re-geln und damit insbesondere Recht abzubilden. Sie folgt der traditionellen Arbeitsweise des Ju-risten, mit dem Ziel mit der rechtlichen Prüfung oder dem Prozess zu beginnen und von dort aus die Tatbestandsmerkmale oder Prozessschrit-te abzuarbeiten. Untermerkmale, Ausnahmen und Unterausnahmen öffnen sich in der Tiefe je nach Bedarf. Dadurch entsteht eine Regel- bzw.

3 Ausführlich Breidenbach, Industrialisierung des Rechts in: Breidenbach/Glatz, Rechtshandbuch Legal Tech, 2018, S.37ff.4 Vgl. ausführlich Breidenbach, Rulemapping, in: Breidenbach/Glatz, Rechtshandbuch Legal Tech, 2018, S. 235ff.

Von der Industrialisierung über blockchain-gestützte Transaktionen zum eingebetteten Recht

text — Stephan Breidenbach

Stephan BreidenbachHochschullehrer, Mediator und Unternehmer / Er hat einen Lehrstuhl für Bürger-liches Recht an der Europa Universität Viadrina und ist Mitgründer des Legal Tech Centers

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Digital economy & recht

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Wissensarchitektur, in der komplizierte Regel-gefüge bestehend aus Recht, Prozessschritten, Berechnungen und Textbausteinen transpa-rent werden. Rulemapping ist bereits präziserer Code und damit das Bindeglied zu dry code. Das ist nicht nur für die Industrialisierung, sondern auch für den Übergang in die Blockchain-Welt entscheidend.

AutomatisierungSind die Regeln – möglichst visuell – erfasst und damit kommunizierbar und gestaltbar zwischen allen Beteiligten, ist das Fundament für die In-dustrialisierung hergestellt. Auf dieser Basis sind gleichzeitig die Weichen gestellt, um zu automa-tisieren. Wo es nur auf Daten und Informationen ankommt, produzieren präzise angelegte Werk-zeuge dann automatisch Vertrags- und Schrift-satzvarianten, Compliance-Dokumente und -Reports oder Verwaltungsbescheide. Sind Be-wertungen notwendig, stoppt der Ablauf exakt an dieser Stelle, um diese Bewertung von der richti-gen, in einem Rollenkonzept vorgesehenen Stelle, einzuholen.

Blockchain für TransaktionenIndustrialisierung und ihr folgend Automati-sierung sind ein großer und wirkungsmächtiger Schritt in der Digitalisierung. 5 Die konsequente Weiterentwicklung führt zur nächsten Stufe: der Blockchain. Im Zentrum stehen jetzt die Trans-aktionen. 6 Abstrakte Werte und konkrete Objekte des Wirtschaftslebens, Geld, Forderungen, Güter oder Immaterialgüter können in standardisier-ten und automatisierten Transaktionen ausge-tauscht werden. Zwei große Sprünge sind hier enthalten. Die Blockchain stellt ein einheitliches Format zur Verfügung, um Transaktionen mit be-liebigen Assets oder Werten, von der Musiklizenz über Gesellschaftsanteile bis zum Grundstück, zu ermöglichen. Und sie standardisiert die Auf-zeichnung der jeweiligen Transaktion in einer

5 Die sich exponentiell erweiternden Möglichkeiten von Machine Learning, dem hier wohl wichtigsten Teilbereich von Künstlicher Intelligenz (KI), werden hier nicht weiter verfolgt und bilden einen Schwerpunkt für eine der nächsten Ausgaben von Rethinking Law.6 Vgl. ausführlich Glatz, Blockchain, in: Breidenbach/Glatz, Rechtshand-buch Legal Tech, 2018, S. 59 ff.

Wo gibt es wiederkehrende Elemente in Arbeitsvorgängen?

Wo gibt es wiederkehrende Textpassagen?

Welche Entscheidungen erfordern nur – digitalisierbare – Daten und Informationen?

Wie können Nicht-Juristen, zum Beispiel Vertriebsmitarbeiter, durch intelligente Oberflächen, Bausteine und differenzierte Rollenkonzepte unterstützt werden, rechtssichere Verträge abzuschließen, ohne die Rechtsabteilung einzuschalten?

Wie lässt sich vorhandenes Wissen aufarbeiten?

Wie kann bereits geleistete und gestaltete Arbeit in vergleichbaren Konstellationen wiederverwendet werden?

Muss bei Verträgen immer wieder das Rad neu erfunden werden?

Wie können Verträge so verwaltet werden, dass eine Due Diligence auf Knopfdruck möglich wird?

In welchen Bereichen im eigenen Arbeitsfeld gibt es tatsächlichen Bedarf für eine Industrialisierung? Die Antworten auf die folgenden Fragen sind hilfreich für eine erste Einschätzung.

B e D A r F F Ü r e I n e I n D U S t r I A L I S I e r U n G

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Referenzdatenbank. In einer einzigen Datenbank führt sie zusammen, was vorher verteilt und frag-mentiert war. Sie ist geographisch verteilt und lo-gisch verknüpft. Damit können Transaktionen in heutzutage noch nicht absehbarem Umfang auto-matisiert werden.

Die Blockchain ermöglicht, auf Mittler zu ver-zichten. Durch das anonymisierte Vertrauen, vor allem in die Aufzeichnung der Transaktion, wer-den Vertrauen tragende Institutionen wie zum Beispiel Banken oder herkömmliche, vermitteln-de Plattformen prinzipiell überflüssig. Bitcoins, die bekannteste Kryptowährung, Kapitalbe-schaffung über sogenannte Tokens, Finanztrans-aktionen bis hin zur komplizierten Begründung und Abwicklung von Schuldscheindarlehn, Ver-trieb und gleichzeitige Echtzeitabrechnung von Musik mit allen Anspruchsberechtigten 1, Ehe-schließungen sowie sämtliche Transaktionen im Internet der Dinge (IoT): Die Liste der möglichen Transaktionen ohne Mittler lässt sich beliebig fortsetzen.

Smart Contracts 2 unterstützen die Transaktio-nen und bilden die Elemente einer vertraglichen Austauschbeziehung ab. Sie koordinieren den Vertragsschluss und automatisieren die Abwick-lung, die Execution. Die rasante Entwicklung lässt Smart Contracts als selbständige Agenten im Blockchain-Universum agieren und eigen-ständig Transaktionen vornehmen und abwi-ckeln. 3

Werden die Möglichkeiten von Rulemapping in Prototypen und bei der Umsetzung von Industria-lisierung genutzt, wird der nächste Schritt auf die Blockchain leichter. Denn die Regeln sind nicht mehr in Software-Silos vergraben, sondern visu-ell zugänglich und transparent. Gleichzeitig sind sie bereits Code, der sich im Wesentlichen auto-matisch in Blockchain-Code übersetzen lässt.

1 Siehe das Beispiel der Sängerin und Produzentin Imogen Heap, Heap, Blockchain Could Help Musicians Make Money Again, Harvard Business Review 2017, https://hbr.org/2017/06/blockchain-could-help-musicians-ma-ke-money-again, zuletzt abgerufen am 04.06.2018.2 Vgl. mit weiteren Beispielen Fries, Legal Law and Legal Tech – Was macht die Digitalisierung mit dem Privatrecht?, NJW 2016, 2862.3 Glatz, Blockchain, in: Breidenbach/Glatz, Rechtshandbuch Legal Tech, 2018, S.72.

Auf diese Weise kann der in der Industrialisie-rung und Standardisierung vorbereitete Weg auf der Blockchain konsequent weitergegangen wer-den. Die Industrialisierung bereitet auf den Zeit-punkt vor, zu dem diese Technologie durch Be-nutzbarkeit und Verbreitung durchbricht. Ohne diese Vorstufe gibt es jedoch keinen Code, der auf der Blockchain ausgeführt werden kann. Die präzise Vorarbeit lohnt, um sich auf die Zukunft teil-automatisierter Transaktionen vorzuberei-ten.

Embedded LawWas in dieser Entwicklung bereits enthalten ist und immer deutlicher wird, ist eine weitere grundlegende Tendenz und ein Paradigmen-wechsel: Embedded Law. 4 Recht wird in Prozesse und Transaktionen eingebettet. Es sorgt für sich selbst und auch dafür, dass die eigenen Standards eingehalten werden. Und Recht verliert so immer mehr an Sichtbarkeit. Es wird unsichtbar und setzt sich selbst durch. Richard Susskind hat als erster über „embedded legal knowledge“ geschrie-ben. 5 Gemeint war, die Systeme und Prozesse so zu programmieren, dass sie das Recht automa-tisch einhalten. Sein Beispiel: ein Alkoholtestge-rät, in das man blasen muss, bevor sich das Fahr-zeug bei negativem Ergebnis starten lässt.

Embedded Law kennzeichnet jedoch weit mehr, als es das einfache Beispiel nahelegt. In einer Welt, in der alles mit allem vernetzt wird, in der Milliarden von Rechnern miteinander kommu-nizieren, müssen Systeme, Prozesse und Trans-aktionen gestaltet, standardisiert und auto-matisiert werden. Der Kühlschrank bestellt als selbständiger Agent im blockchain-gestützten Internet der Dinge. Wie anders als durch Einbet-tung von Recht kann sich hier Recht überhaupt durchsetzen? iTunes und ähnliche Systeme sind ein frühes Beispiel. Die Möglichkeiten, Musik-

4 Ruhl, Embedding Law in the „Second Economy“ – Implications for Legal Practice, https://law2050.com/2013/03/20/embedding-law-in-the-se-cond-economy-implications-for-legal-practice/, zuletzt aufgerufen am 04.06.2018.5 Susskind, The End of Lawyers? – Rethinking the Nature of Legal Services, 2008.

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stücke zu nutzen, auf verschiedenen Geräten ab-zuspielen oder weiterzugeben, sind eingebettet. Die Software gibt vor, was in der zugrunde liegen-den Lizenzvereinbarung geregelt ist. Die Limita-tionen der Software sind sich selbst durchsetzen-des Recht. Weiter geht die Blockchain-Nutzung der britischen Musikerin Imogen Heap. 6 Vertrieb und Abrechnung für alle Schutzrechtsinhaber werden automatisch und in Echtzeit sicherge-stellt. Smart Execution, der zurzeit wichtigste Aspekt von Smart Contracts, ist auf der Block-chain bereits Embedded Law.

Was hält uns davon ab, prinzipiell Compliance in unsere Unternehmenssysteme einzubauen oder als Staat sogar zu fordern? 7 Embedded Complian-ce verhindert Transaktionen, die nicht den Vor-schriften entsprechen. Digitale Aufzeichnungen führen derzeit dazu, Verstöße, die früher unent-deckt blieben, nachvollziehen zu können. Kann nicht in Zukunft eingebaute Compliance solche Verstöße bereits von Beginn an verhindern? Zu-nächst ist das nur eine Tendenz. Sie bereichert je-doch das Spektrum unserer Denkmöglichkeiten. Embedded Law ist eine neue Perspektive, Recht und Regulierung zu denken und zu gestalten.

Regulierung neu denken?Die Aspekte der Digitalisierung, insbesondere die exponentiell wachsende Vernetzung und das Internet der Dinge, fordern von uns ohnehin, über Regulierung neu nachzudenken. Wenn Daten in Echtzeit fließen und Transaktionen in Echtzeit vollzogen werden, kann dann auch Regulierung in Echtzeit gedacht werden? Als ein Teil von Em-bedded Law kann es sein, dass der Gesetzgeber oder Regulierer die Einbettung verlangt oder so-gar in Echtzeit auf den Daten- und Transaktions-strom zugreift. Die Regulierung kann mit Tools und Sensoren arbeiten, die Verwerfungen und Verstöße entdecken. Sie kann sich Live-Updates aus Systemen ziehen. Bereits heute sind Systeme

6 Heap, Blockchain Could Help Musicians Make Money Again, Harvard Business Review 2017, https://hbr.org/2017/06/blockchain-could-help-musi-cians-make-money-again, zuletzt aufgerufen am 04.06.2018.7 In diese Richtung geht Ruhl, Ruhl, Embedding Law in the „Second Eco-nomy“ – Implications for Legal Practice, https://law2050.com/2013/03/20/embedding-law-in-the-second-economy-implications-for-legal-practice/, zuletzt aufgerufen am 04.06.2018.

im Einsatz, die manipulierte Kurse in Handels-systemen entdecken. Sie ermitteln mit Hilfe sta-tistischer Analysen, wenn Menschen versuchen, zufällige Entwicklungen vorzuspiegeln.

Zukunft gestaltenWas heißt das praktisch? Das Ganze kann sich als Alptraum entwickeln, in dem eine unsicht-bare Regulierung unser Leben noch mehr gängelt und fremdbestimmt. Eine Zukunft, in der das, was wir womöglich nicht wollen, nicht mehr zu sehen und damit nicht mehr bewusst zu gestalten ist. Das Mittel dagegen ist Transparenz und Par-tizipation. Eine lernende Gesellschaft muss sich ihrer Möglichkeiten und Grenzen bewusst sein.

Oder wir betrachten die Zukunft von Embedded Law als neu zu erschließenden Möglichkeits-raum. Wenn wir ohnehin unsere Systeme – hof-fentlich – im Prozess der Digitalisierung über-prüfen und ohne Denkverbote und eingefrorene Routinen neu gestalten und dies freundlich für Konsumenten, Unternehmen und Bürger, dann können wir auch derart gestalten, dass Recht ein-gebettet wird und wirkt, ohne dass man es sieht. Transparenz sollte dennoch als Möglichkeit stets verfügbar sein: Sehen auf Verlangen. ■

Werden die Möglichkeiten von Rulemapping in Prototypen und bei der Umsetzung von Industrialisierung genutzt, wird der nächste Schritt auf die Blockchain leichter.

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FG Herr von Alemann, Sie sind vom Beruf des klassischen Rechtsanwalts zum Legal Tech-Unternehmer gewechselt. Wie hat sich dieser Wechsel für Sie ausgewirkt?

SvA Man kann sagen, ich habe die Seiten gewech-selt. Ich war acht Jahre Rechtsanwalt, in einer Großkanzlei, in Rechtsabteilungen verschiede-ner Größen. Dies ist ein people’s business, auch wenn der externe oder interne Mandant ein Un-ternehmen ist. Der Hauptteil der Arbeit entfällt auf Kommunikation, Moderation und Beratung von Menschen. Natürlich haben wird auch in die-sen Tätigkeiten Software genutzt. Allerdings ist diese Software in der Regel wenig smart, es sind E-Mail-Programme, Textverarbeitung, Tabel-lenkalkulation, Dokumentenmanagement-Sys-teme oder Recherche-Tools. Hier hatte ich also in erster Linie mit Menschen als Gegenstand mei-ner Tätigkeit zu tun.Dann habe ich zusammen mit einem Data Scien-tist und einem Entwickler eine Plattform zur automatisierten Vertragsanalyse basierend auf Künstlicher Intelligenz entwickelt, also eine Ma-schine. Unser System will natürlich gepfl egt wer-den, es benötigt Daten, Infrastruktur, Funktio-nalitäten, Wartung und Input. Der Kontakt zum Menschen wird dadurch indirekter und erscheint immer in Bezug auf die Maschine. Denn sie soll ja dem Nutzer so gut wie möglich dienen. Folglich beschäftige ich mich nunmehr mit Maschinen.

FG Sie haben also den Menschen als Gegen-über durch Maschinen ersetzt?

SvA So könnte man es sehen. Aber ist dies wirklich so? Bauen wir nur eine Maschine und stellen sie unseren Kunden hin, damit diese ihre Probleme lösen? Natürlich nicht. Es ist weiterhin wichtig, die Kundenwünsche zu verstehen, die Probleme seiner Kunden zu kennen, Prozesse zu analysie-ren und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Aber unsere Software unterstützt uns dabei. Unser Fokus liegt also nicht auf der Maschine, sondern auf dem Nutzer. Unsere Maschine wird damit nur Mittel zum Zweck, die Herausforderungen der Nutzer zu lösen. Und diese Herausforderungen sind vielfältig.

FG Gibt es weitere Kontinuitäten zwischen Ihrer Arbeit als Jurist und der als Legal Tech-Unternehmer?

SvA Die grundlegende Arbeitsweise von Mensch und Maschine im juristischen Bereich ist ähn-lich. Die Rechtswissenschaft und die praktische Anwendung in der Rechtsberatung ist idealiter sehr logisch, in unserem Rechtskreis stark posi-tivistisch und regelbasiert. Auch Softwarecode ist streng logisch, baut auf Frameworks auf und folgt einer Syntax. Nur wird dieses Prinzip in der Juristerei regelmäßig durchbrochen, ei-nerseits durch Gesetzestexte, die unbestimmte Rechtsbegriffe und Auslegungsspielraum ent-halten, andererseits durch die Vertragsfreiheit. Wir können grundsätzlich kreativ entscheiden, wie wir mit anderen Menschen durch Verträge in Verbindung treten. Code ist dagegen unnach-giebig, Fehler führen zum Absturz oder zu nicht

Dr. Sven von AlemannDr. Sven von Alemann ist Rechtsanwalt und Unternehmer.

Nach Tätigkeiten in einer Großkanzlei und Rechtsabtei-lungen im IT- und Technologierecht hat er im Jahr 2017 die rfrnz GmbH mitgegründet. Daneben publiziert er und hält Vorträge zu Innovationen und neuen Technologien im Rechtsmarkt, insbesondere zum Thema Künstliche Intelligenz im Recht.

FG — Florian Glatz

SvA — Dr. Sven von Alemann

I n t e r v I e w

Mensch und Maschine – Entrepreneur Als Anwalt „Mensch“ als Unternehmer „Maschine“

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Digital economy & recht

rethinking Law 1 .2019 Februar 2019

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lauffähigen Programmen. Aus diesem Grund sind übrigens die Entwickler wahrscheinlich noch größere Pedanten als Juristen. Sie müssen es sein.

FG Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Entwicklern und Ingenieuren?

SvA Im klassischen juristischen Arbeitsverhält-nis haben Rechtsanwälte, die sich auf das Thema Mensch verstehen, klar das Sagen. In einem Un-ternehmen, das gleichberechtigt von Data Scien-tists, Entwicklern und Rechtsanwälten geführt wird, entscheiden sehr unterschiedliche Berufe und Persönlichkeiten gemeinsam. Gemeinsam ist dabei meist die analytische Vorgehensweise bei Problemen. Ich denke, der Unterschied liegt dar-in, dass in der menschlichen Rechtsberatung ein direkter und ungefi lterter persönlicher Kontakt zum Mandanten notwendig ist. Bei der Entwick-lung von Software verläuft – sehr vereinfacht ge-sagt – die Kommunikation mit dem Nutzer über den Umweg der Maschine. Die Kombination der Vorgehensweisen bietet die Chance, ein Produkt zu schaff en, das sehr lösungsorientiert und auf die Bedürfnisse des Nutzers zugeschnitten ist.

Erfahrung, Expertise und Ressourcen der dort tätigenden Rechtsanwälte aufb aut, wird es viele Bereiche geben, vor allem in Unternehmen und im hochvolumigen low- und medium-risk Be-reich, die sehr stark mit Hilfe von Technologie und Automatisierung beraten wird.

FG Welche Aufgaben kann eine KI besser er-füllen als ein Mensch?

SvA Einer der Vordenker aus diesem Bereich, Andrew NG, hat sinngemäß gesagt: „Wenn der Mensch für eine geistige Aufgabe 1 Sekunde oder weniger benötigt, dann wird diese Aufgabe mit großer Wahrscheinlichkeit jetzt schon oder in der nahen Zukunft automatisiert werden.“ Es geht also um geistige Routineaufgaben. Und von die-sen geistigen Routineaufgaben haben wir auch in der juristischen Tätigkeit eine Menge, nicht alles in der täglichen Arbeit von Anwälten ist Jura am Hochreck. Wenn wir diese Routineaufgaben au-tomatisieren können, dann kann sich der Jurist wieder auf seine Kernkompetenz konzentrieren: maßgeschneiderte juristische Lösungen für die Bedürfnisse des Mandaten mit Kreativität, Kom-petenz und Erfahrung zu entwickeln.

Wenn wir (...) Routineaufgaben automatisieren können, dann kann sich der Jurist wieder auf seine Kernkompetenz konzentrieren: maß-geschneiderte juristische Lösungen (...) zu entwickeln.

FG Wie verändert sich das Berufsbild des Ju-risten?

SvA Ich denke, es wird eine Ausdiff erenzierung geben. Die Kommunikation und persönliche Be-ratung wird in aller Regel weiterhin ausschlag-gebend sein. Aber die Tools werden intelligen-ter und wichtiger. Nicht nur wird Software in Bereiche vordringen, die bislang menschlicher Tätigkeit vorbehalten waren. Es werden auch im B2B-Bereich – gerade innerhalb von Unterneh-men – automatisierte Entscheidungsprozesse eingeführt werden, die wie heute schon im B2C Bereich (z.B. fl ightright, myright oder geblitzt.de) eine automatisierte Beratung bieten. Aber die Tätigkeitsfelder werden sich stark unterscheiden, mehr als heute. Während es weiter eine high-end Beratung durch große und/oder spezialisierte Kanzleien geben wird, die in erster Linie auf der

FG Werden also menschliche Rechtsbera-ter mittelfristig überf lüssig im Massenge-schäft?

SvA Ich denke nicht. Auch wenn beispielsweise unser System mit maschinellem Lernen selbst-ständig Verträge analysiert, hängt auch dieser Prozess noch stark vom Input eines Menschen ab. Beispielsweise müssen die Verträge auf de-ren Basis unser System trainiert wird vorher gelabelt werden, d.h. Rechtsexperten geben ihre Einschätzung zum Inhalt ab. Auch liegt es an Menschen zu definieren, wie ein Nutzer das System bedienen soll und welche Funktionali-täten ihm angeboten werden. Rechtliche Bera-tung wird mithin auch in Zukunft durch eine Mischung aus Mensch und Maschine durchge-führt, mit einem sich wandelnden Verhältnis der beiden Zutaten. ■

Digital economy & recht

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Smart Contracts & Embedded Legal Knowledge

Smart ContractsIm Zeitalter der allgegenwärtigen Informations-technologie hat Legal Tech 1 das Potenzial, die Teilnahme an der Rechtsordnung durch neue Konzepte grundlegend zu verändern. Ein zuneh-mend beachteter Aspekt der anstehenden Ver-änderungen wird unter dem Begriff Smart Con-tracts diskutiert. Vereinfacht gesagt ist Smart Contracts der Oberbegriff für den durch die digi-tale Transformation möglich gewordenen auto-matisierten Abschluss oder die automatisierte Ausführung von Verträgen. Bei der automatisier-ten Ausführung von Verträgen wird das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen automatisiert fest-gestellt, um dann die vertraglich vereinbarte oder gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolge automa-tisiert herbeizuführen.

Die technische Grundvoraussetzung von Smart Contracts ist somit nicht die durch Bitcoins 2 be-kannt gewordene Blockchain-Technologie, 3 ob-wohl diese viele Vorteile mit sich bringt, 4 sondern vielmehr das Internet der Dinge. Der Begriff In-ternet der Dinge beschreibt allgemein ein Netz-werk von Computern, Smartphones, Fahrzeugen, Haushaltsgeräten und sonstigen internetfähigen Geräten, die mit Sensoren und teilweise auch Ak- tuatoren ausgestattet und untereinander in der Form vernetzt sind, dass diese Geräte Daten aus-tauschen können. Die Sensoren dieser Geräte lie-fern dann allein oder in Kombination mit weiteren Geräten die Daten, um im ersten Schritt festzu-stellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen vor-liegen. In einem zweiten Schritt führen diese Ge-räte dann die vorgesehene Rechtsfolge aus.

1 Zum Begriff: Kuhlmann, in: Bär/Grädler/Mayr (Hrsg.), Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht, 2. Band: Wissenschaft und Recht, 2018, 87 ff; Kuhlmann DSRITB 2016, 1039 ff.2 Kuhlmann, CR 2014, 691 ff.3 So auch Heckelmann, NJW 2018, 504 (505). Siehe zur Blockchain-Techno-logie Schrey/Thalhofer, NJW 2017, 1431 ff.4 Kaulartz, DSRITB 2016, 1023 (1024).

Embedded Legal KnowledgeSobald es technologisch möglich ist, den verein-barten Vertrag oder zumindest einzelne Klauseln davon automatisiert auszuführen, wird es in be- stimmtem Umfang auch möglich sein, dass straf-rechtliche oder sonstige gesetzliche Verbote auto- matisiert durchgesetzt werden können. Dies wird in der internationalen Diskussion als Smart En- forcement oder auch als Embedded Legal Know- ledge bezeichnet. 5

Diese automatisierte Durchsetzung von rechtli-chen Verboten erfolgt in drei Stufen: Zuerst durch das Hervorrufen der Erkenntnis beim Handeln-den, dass in der konkreten Situation ein verbo-tenes Verhalten vorliegt, dann die Benachrich-tigung der zuständigen Stellen über den Verstoß gegen das Verbot und schließlich die automati-sierte Durchsetzung des Verbots.

I. ErkenntnisIn der ersten Stufe geht es darum, den Handeln-den auf den gerade stattfindenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot aufmerksam zu machen.

Die visuelle Anzeige im Armaturenbrett des Kraftfahrzeugs, dass aktuell die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird, ist bereits seit Jahren in vielen Modellen vorhanden. Zusätzlich werden die Insassen gegebenenfalls durch ein akustisches Signal auf den Verstoß gegen die Anschnallpflicht hingewiesen. In Zu-kunft werden solche Hinweise zunehmend dort auftauchen, wo zur Durchführung einer Hand-lung ein elektronisches Gerät verwendet wird, das über eine entsprechende Sensorik verfügt.

Diese Hinweise sind insbesondere dann von Vorteil, wenn der Handelnde das entsprechende

5 Susskind, Tomorrow's Lawyers: An Introduction to Your Future, 2013, 46.

Smart Contracts Der Oberbegriff Smart Contracts wird für den automatisierten Abschluss oder die automatisierte Durch-führung von Verträgen verwendet.

Internet der Dinge Der Begriff Internet der Dinge beschreibt allge-mein ein Netzwerk von Computern, Smart-phones, Fahrzeugen, Haushaltsgeräten und sonstigen internetfä-higen Geräten, die mit Sensoren ausgestattet und untereinander in der Form vernetzt sind, dass diese Geräte Daten austauschen können.

Die digitale Transformation stellt uns auch vor die Frage, ob die Einhaltung gesetzlicher Verbote automatisiert durchgesetzt werden sollte.text — nico Kuhlmann

32 rethinking Law 1 .2018 Oktober 2018

Digital economy & recht

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Verbot gar nicht kannte. Zudem muss sich der Handelnde auch nicht auf generell-abstrakte Hinweise verlassen, wie beispielsweise Verkehrs-schilder über die zulässige Höchstgeschwindig-keit. Vielmehr können diese Hinweise in Zukunft vermehrt individuell-konkret in der jeweiligen Situation erfolgen, in der ein Verstoß droht oder bereits stattfindet.

II. BenachrichtigungDie zweite Stufe besteht dann darin, die zustän-digen Stellen über den Verstoß gegen das gesetzli-che Verbot zu informieren.

Das Kraftfahrzeug, das vom Fahrer trotz des Hinweises auf die Überschreitung der zulässi-gen Höchstgeschwindigkeit nicht abgebremst wird, könnte diesen Verstoß direkt auf elektro-nischem Weg an das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg melden. Wenn es sich um ein gemie-tetes oder geleastes Kraftfahrzeug handelt, kann zudem eine Benachrichtigung an den Vertrags-partner erfolgen.

Durch einen solchen automatisiert erfolgten Hinweis würden die zuständigen Stellen in die Lage versetzt, den jeweils rechtlich vorgese-henen Prozess in Gang setzen zu können. Das Kraftfahrt-Bundesamt könnte die für den Ver-stoß vorgesehenen Punkte eintragen und der Vertragspartner beispielsweise sein eventuell

Embedded Legal Knowledge Die Integrierung von rechtlichen Vorgaben in smarte Geräte wird als Embedded Legal Knowledge bezeichnet.

bestehendes Sonderkündigungsrecht wegen wie-derholten Verstoßes gegen die gesetzlichen Vor-schriften des Straßenverkehrs ausüben.

Dies würde dazu führen, dass Verstöße gegen gesetzliche Verbote nicht nur dann eine Folge haben, wenn das Fehlverhalten ausnahmsweise einmal durch Zufall entdeckt wird, sondern jedes Mal, wenn der Verstoß begangen wird.

III. DurchsetzungAuf der dritten Stufe wird das Verbot dann un-mittelbar durchgesetzt. Ein Hinweis an den Han-delnden oder eine Benachrichtigung der zustän-digen Stellen könnte dann auch entfallen, weil ein Verstoß im Ergebnis nicht stattfindet.

Ein Kraftfahrzeug, dessen Sensoren beispiels-weise messen, dass der Fahrer dabei ist, die zu-lässige Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten, könnte die Geschwindigkeit automatisiert auf die auf dem aktuellen Straßenabschnitt erlaubte Höchstgeschwindigkeit reduzieren. Bereits seit einiger Zeit werden fast alle neuen Kraftfahrzeu-ge elektronisch bei 250 km/h abgeriegelt. Diese Funktion könnte insofern erweitert werden, dass die Abriegelung bei der auf dem konkreten Stra-ßenabschnitt zulässigen Höchstgeschwindigkeit erfolgt.

Aber auch in vielen anderen Lebensbereichen könnte dieses Konzept der automatisierten Durchsetzung von gesetzlichen Verboten Einzug halten. In einigen ist es bereits angekommen. Öf-fentliche Zigarettenautomaten funktionieren be-reits seit einiger Zeit nur dann, wenn anhand des Personalausweises nachgewiesen wurde, dass der Käufer das Mindestalter erreicht hat. Zudem blockieren moderne Einkaufswagen automa-tisch, sobald diese vom Gelände des Supermarkts entfernt werden.

Ein weiteres und weitgehend unbekanntes Bei-spiel für die automatisierte Durchsetzung von Verboten betrifft Banknoten und basiert auf der sog. EURion-Konstellation. Bei dieser Konstel-lation, deren Bezeichnung eine Kombination aus dem Währungscode des Euros und dem Namen des Sternbilds Orion ist, handelt es sich um ein auf Geldscheinen angebrachtes Muster von gel-ben Ringen, welches für das menschliche Auge

Macht es in vielen Situatio-nen nicht mehr Sinn, oben auf einer Klippe ein Gelän-der anzubringen, als unten einen Krankenwagen zu stationieren?

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bei flüchtiger Betrachtung zwar kaum wahr-nehmbar ist, das aber vom Kopierer erkannt wird und den Kopiervorgang blockiert. Das originalge-treue Vervielfältigen von Geldscheinen in Farbe und damit ein Verstoß gegen § 146 StGB ist be-reits gegenwärtig an modernen Kopiermaschinen nicht mehr möglich (los, probieren Sie es aus!).

Ausblick Unzählige Anwendungsbereiche für eine auto-matisierte Durchsetzung von rechtlichen Verbo-ten sind denkbar. Warum startet der Motor eines Kraftfahrzeugs überhaupt noch, wenn der Fahrer mehr Alkohol im Blut hat, als gesetzlich zulässig ist, oder vielleicht sogar gar keinen Führerschein

besitzt? Warum bremst ein Kraftfahrzeug bei einer roten Ampel nicht automatisch ab? Warum funktioniert eine E-Zigarette noch in geschlos-senen Räumen, in denen der Gebrauch untersagt wurde? Warum macht eine Digitalkamera noch Fotos in Museen, in denen dies verboten wurde? Warum können Fotos von Privatpersonen noch auf sozialen Medien veröffentlicht werden, wenn eine entsprechende Einwilligung fehlt? Warum startet ein Laubsauger überhaupt noch in ge-schlossenen Ortschaften während der Ruhezeit? Und warum druckt ein 3D-Drucker noch essen-tielle Bestandteile einer Schusswaffe aus, wenn keine entsprechende waffenrechtliche Besitz- erlaubnis vorliegt?

Eine naheliegende Antwort wäre: weil wir eine technologie-basierte Rechtsdurchsetzung und diese Form der Fremdbestimmtheit nicht wollen,

sei diese privat geregelt oder vom Staat vorge-schrieben und beaufsichtigt. Die Eingriffsinten-sität und die Missbrauchsgefahr sind enorm.

Eine grundlegende Frage ist, welche Beeinträch-tigungen wir als Gesellschaft bereit sein werden, in Kauf zu nehmen, um den Regelungsgehalt von gesetzlichen Verboten durchzusetzen. Dabei gilt es zu vermeiden, dass die Handlungsfreiheit und die Selbstbestimmung erodieren. Allerdings werden bei dieser Diskussion auch die allgemei-ne grundrechtliche Schutzpflicht des Staates aus Art. 1 I 2, 2 I, II 1 GG gegenüber potenziellen Ge-schädigten und das damit zusammenhängende Untermaßverbot eine Rolle spielen. In Deutsch-land sterben beispielsweise jedes Jahr mehrere Tausend Menschen im Straßenverkehr und eine signifikante Anzahl dieser Todesfälle kann auf einen vorherigen Verstoß gegen die Vorschriften des Straßenverkehrs zurückgeführt werden.

FazitViele Wege führen zum Recht. Im Zeitalter der Smart Contracts und des Internets der Dinge be-steht nun die Möglichkeit, dass sich die Art und Weise der Partizipation an der Rechtsordnung grundlegend verändern könnte. Mit allen Vor- und Nachteilen. In manchen Situationen wird es dann – im übertragenen Sinn – zweckmäßiger sein, ein Geländer oben auf einer Klippe anzu-bringen, als unten einen Krankenwagen zu stati-onieren. ■

Warum startet ein Laubsauger überhaupt noch

in geschlossenen Ortschaften während der Ruhezeit?

Nico Kuhlmann Hogan Lovells

Nico Kuhlmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Hogan Lovells in Hamburg sowie Doktorand. Er ist Gründer des Hamburg Legal Tech Meetups, Initiator der Women of Legal Tech-Liste, Blogger für den Legal Tech Blog und bekam von Hogan Lovells die weltweite Auszeich-nung Master of Innovation verliehen.

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