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HMD 264 73 Holger von Jouanne-Diedrich, Jürgen Slaar, Simon Schmidt Next Generation Outsourcing aus IT-Dienstleistersicht Next Generation Outsourcing (NGO) ist eine neue Form des IT-Sourcings, die konsequent die Unterstützung der Geschäftsprozesse des Kun- den in den Vordergrund stellt. IT-Dienstleister müssen auf diesen Trend reagieren und ihre IT-Architektur entsprechend neu ausrichten. Der Beitrag beschreibt anhand eines exemplarischen Fallbeispiels, wie dies in der Praxis aussehen kann, d. h., wie die Kriterien von NGO durch eine neue IT-Architektur erfüllt werden können. Inhaltsübersicht 1 Next Generation Outsourcing 2 Fallstudie: Projekt TANGO 2.1 Vision von TANGO 2.2 Lösungsansatz von TANGO 3 NGO und TANGO 4 Ausblick 5 Literatur 1 Next Generation Outsourcing Lange Zeit galt die IT als sogenannter »Enabler« für neue Geschäftsmodelle. Der Einsatz von In- formationstechnologie wurde als eine wichtige strategische Entscheidung wahrgenommen. Seit einiger Zeit wird jedoch diskutiert, ob IT nach wie vor diesen strategischen Stellenwert einnimmt oder ob sie, ähnlich wie z. B. Strom und Wasser, zur Commodity wird und zukünftig nicht mehr entscheidend zum Wettbewerbs- vorteil beiträgt (vgl. z. B. [Carr 2003], [Zarne- kow & Brenner 2004], [Zarnekow et al. 2005] und [DBR 2004, S. 6]). Diese Entwicklung vom Enabler zur Com- modity zielt auch auf eine Senkung der Stück- kosten im Produktionsvorgang von IT-Dienst- leistungen und wird in der Regel als Industriali- sierung der IT bezeichnet. In Bezug auf die Beschaffung wird darunter die »Automatisie- rung und Standardisierung des IT-Leistungs- bezuges (IT-Sourcing) durch Übertragung be- währter Methoden und Prozesse aus dem Bereich des klassischen Beschaffungsmanage- ments« [Jouanne-Diedrich et al. 2005, S. 18] ver- standen. Eine solche Entwicklung der Standar- disierung ist im Hardware- und Software- bereich bereits relativ weit fortgeschritten. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Entwicklung auch im Bereich der IT-Ser- vices fortsetzt. Im Zuge dieser Industrialisierung der IT ist auch das Outsourcing von Informationstechno- logie und den damit verbundenen Leistungen im Wandel begriffen. Der klassische Ansatz des IT-Outsourcings war bisher hauptsächlich durch die Optimierung der Kosten getrieben (vgl. [Zahn et al. 2007, S. 17]). Nachdem jedoch viele Unternehmen bereits Outsourcing-Erfah- rungen sammeln konnten und die Unterneh- men ihre Outsourcing-Verträge bereits zum wiederholten Mal verlängern, rücken neben dem Aspekt der Kostenoptimierung auch As- pekte wie die Steigerung der Leistungseffizienz, Prozessoptimierung und Verbesserung der Ser- vicequalität in den Vordergrund. Die Kostensen- kung spielt bei Outsourcing-Vorhaben zwar nach wie vor eine entscheidende Rolle, doch die Nutzer von Outsourcing erwarten inzwischen verstärkt einen Mehrwert in Form spürbarer und messbarer Unterstützung der Fachabtei- lungen (vgl. [Singh 2007, S. 2]). Abbildung 1 zeigt die Entwicklung und die spezifischen Eigenschaften vom klassischen IT- Outsourcing (ITO) über das Business Process Outsourcing (BPO) bis hin zum sogenannten

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Holger von Jouanne-Diedrich, Jürgen Slaar, Simon Schmidt

Next Generation Outsourcing aus IT-Dienstleistersicht

Next Generation Outsourcing (NGO) ist eineneue Form des IT-Sourcings, die konsequent dieUnterstützung der Geschäftsprozesse des Kun-den in den Vordergrund stellt. IT-Dienstleistermüssen auf diesen Trend reagieren und ihreIT-Architektur entsprechend neu ausrichten. DerBeitrag beschreibt anhand eines exemplarischenFallbeispiels, wie dies in der Praxis aussehenkann, d. h., wie die Kriterien von NGO durch eineneue IT-Architektur erfüllt werden können.

Inhaltsübersicht1 Next Generation Outsourcing2 Fallstudie: Projekt TANGO

2.1 Vision von TANGO2.2 Lösungsansatz von TANGO

3 NGO und TANGO4 Ausblick5 Literatur

1 Next Generation OutsourcingLange Zeit galt die IT als sogenannter »Enabler«für neue Geschäftsmodelle. Der Einsatz von In-formationstechnologie wurde als eine wichtigestrategische Entscheidung wahrgenommen.Seit einiger Zeit wird jedoch diskutiert, ob ITnach wie vor diesen strategischen Stellenwerteinnimmt oder ob sie, ähnlich wie z. B. Stromund Wasser, zur Commodity wird und zukünftignicht mehr entscheidend zum Wettbewerbs-vorteil beiträgt (vgl. z. B. [Carr 2003], [Zarne-kow & Brenner 2004], [Zarnekow et al. 2005]und [DBR 2004, S. 6]).

Diese Entwicklung vom Enabler zur Com-modity zielt auch auf eine Senkung der Stück-kosten im Produktionsvorgang von IT-Dienst-leistungen und wird in der Regel als Industriali-

sierung der IT bezeichnet. In Bezug auf dieBeschaffung wird darunter die »Automatisie-rung und Standardisierung des IT-Leistungs-bezuges (IT-Sourcing) durch Übertragung be-währter Methoden und Prozesse aus demBereich des klassischen Beschaffungsmanage-ments« [Jouanne-Diedrich et al. 2005, S. 18] ver-standen. Eine solche Entwicklung der Standar-disierung ist im Hardware- und Software-bereich bereits relativ weit fortgeschritten. Eskann davon ausgegangen werden, dass sichdiese Entwicklung auch im Bereich der IT-Ser-vices fortsetzt.

Im Zuge dieser Industrialisierung der IT istauch das Outsourcing von Informationstechno-logie und den damit verbundenen Leistungenim Wandel begriffen. Der klassische Ansatz desIT-Outsourcings war bisher hauptsächlichdurch die Optimierung der Kosten getrieben(vgl. [Zahn et al. 2007, S. 17]). Nachdem jedochviele Unternehmen bereits Outsourcing-Erfah-rungen sammeln konnten und die Unterneh-men ihre Outsourcing-Verträge bereits zumwiederholten Mal verlängern, rücken nebendem Aspekt der Kostenoptimierung auch As-pekte wie die Steigerung der Leistungseffizienz,Prozessoptimierung und Verbesserung der Ser-vicequalität in den Vordergrund. Die Kostensen-kung spielt bei Outsourcing-Vorhaben zwarnach wie vor eine entscheidende Rolle, doch dieNutzer von Outsourcing erwarten inzwischenverstärkt einen Mehrwert in Form spürbarerund messbarer Unterstützung der Fachabtei-lungen (vgl. [Singh 2007, S. 2]).

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung und diespezifischen Eigenschaften vom klassischen IT-Outsourcing (ITO) über das Business ProcessOutsourcing (BPO) bis hin zum sogenannten

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IT-Prozess

Geschäftsprozess

IT-Produkt GPUL

Hardware Software Applikationen Service-Leistung

Next Generation Outsourcing (NGO). NGO kannsystematisch zwischen dem klassischen IT-Out-sourcing und dem Business Process Outsour-cing eingeordnet werden (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Einordnung von NGO zwischen ITO und BPO [Jouanne-Diedrich 2007, S. 8]

Ein wichtiger Aspekt des NGO-Ansatzes ist dieTrennung der Geschäftsprozesse von den IT-Produkten. Unter einem IT-Produkt wird hierein »Bündel von IT-Leistungen verstanden, mitderen Hilfe ein Geschäftsprozess oder ein Ge-schäftsprodukt des Leistungsabnehmers unter-stützt und dort ein Nutzen erzielt wird« [Jouan-ne-Diedrich et al. 2005, S. 19]. IT-Produkte wer-den hier also nicht mehr klassisch technisch,sondern über ihren Beitrag zur Geschäftspro-zessunterstützung definiert – sie werden damitzu sogenannten Geschäftsprozessunterstüt-zungsleistungen (GPUL) – siehe Abbildung 3.

Auf der Grundlage der oben skizzierten Ent-wicklung der Industrialisierung der IT lassensich für das Next Generation Outsourcing fol-gende Kriterien ableiten (siehe Tab. 1).

Abb. 1: Outsourcing-Entwicklung über die Zeit

Abb. 3: GPUL als Bindeglied zwischen Geschäfts- und IT-Prozess (in Anlehnung an [Jouanne-Diedrich 2008, S. 18])

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Viele der hier genannten Kriterien werden inder Praxis in einzelnen Outsourcing-Verträgenbereits realisiert. Neu jedoch ist eine konse-quente Umsetzung all dieser Kriterien, um denAnforderungen, die sich aus der konsequentenOrientierung an den Geschäftsprozessen derOutsourcing-Kunden ergeben, gerecht zu wer-den. Die Vision von NGO ist, dass der Kunde keintechnisches Know-how mehr benötigt, sondernauf Geschäftsprozessebene mit dem Dienst-leister, der die nachgefragten Services imple-mentiert, sprechen kann.

Im Rahmen der Industrialisierung der IT unddes damit verbundenen Next Generation Out-sourcing ergeben sich vor allem zwei Herausfor-derungen für die Anbieter von IT-Services. Zumeinen müssen sie den Zwiespalt zwischenniedrigen Kosten auf der einen Seite und hoherQualität sowie Agilität auf der anderen Seiteberücksichtigen. Der Weg dorthin führt in derRegel über die Verringerung der Eigenleis-tungstiefe (vgl. [DBR 2004, S. 3]) und somit derAuslagerung von Infrastruktur-, Applikations-und Geschäftsprozessmanagement sowie Soft-

wareentwicklung. Zum anderen muss der Spa-gat zwischen der von den Kunden gefordertenFlexibilität und einer möglichst hohen Standar-disierung gelingen, um von Kostenvorteilenprofitieren zu können. Um diese Herausforde-rung zu bewältigen, benötigt das Unternehmeneine flexible Plattform, auf der sich Services ver-schiedener Partner aggregieren lassen (vgl.[Bettels 2008, S. 1 f.]).

2 Fallstudie: Projekt TANGO

Die Prinzipien des Next Generation Outsour-cing formulieren derzeit die Rahmenbedin-gungen eines Infrastruktur-Optimierungspro-jektes »Target Architecture for Next GenerationOperations« (TANGO) bei der Siemens IT Solu-tions and Services. Diese Fallstudie zeigt inkompakter Form die Einwirkungen und Vorteiledes Next Generation Outsourcing, um IT im Un-ternehmen zu industrialisieren.

Die Motivation des TANGO-Projektes be-gründet sich aus der relativ hohen Anzahl inter-ner Verfahren und Applikationen bei Siemens IT

Kriterium Beschreibung

Prozessorientierung NGO ist konsequent prozessorientiert im Sinne des durchgängigen Einsatzes von Standardprozessen.

Produktorientierung Informationstechnologie wird im NGO im Sinne von nutzenstiftenden Geschäftsprozessunterstützungsleistungen (GPUL) als IT-Produkt beschafft.

Variable Losgrößen Die IT-Produkte werden beim NGO innerhalb eines fortlaufend durchlaufenden Prozesses in beliebigen Mengen (»Losgröße n«) flexibel beschafft und abgerechnet.

Beschaffung durch Fachseite Nicht mehr der (interne) IT-Dienstleister beschafft die GPUL, sondern die Fachseite selber.

Reine Buy-Entscheidung Die Fachseite erstellt nicht mehr selbst IT-Unterstützung im Rahmen von Projekten, sondern beschafft IT-Produkte. Daher stellt sich keine Make-or-Buy-Entscheidung mehr, sondern nur noch eine reine Buy- bzw. Sourcing-Entscheidung.

Lösungsneutrale Spezifikation Die Geschäftsbereiche müssen sich nicht mehr um die technische Umsetzung der IT-Produkte kümmern, sondern spezifizieren diese lösungsneutral.

Tab. 1: NGO-Kriterien [Jouanne-Diedrich 2007, S. 9]

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Solutions and Services. Diese entstanden durcheine historisch gewachsene IT-Landschaft, wiesie auch in vielen Unternehmen vorherrscht(vgl. [Starke & Tilkov 2007, S. 676]). Das Projektzielt auf eine Reduzierung der Anzahl von Ver-fahren und eine Fokussierung auf wesentlicheTools und Applikationen.

Von besonderem Interesse ist, dass über eineKonsolidierung hinaus auf dieser Architekturauch Outsourcing-Kunden bedient werden, diedie Applikationen und Zielarchitektur nutzen.

2.1 Vision von TANGODie Vision von TANGO ist die Kombination be-währter Prozesse, Methoden und Tools, um eineindustrialisierte Bereitstellung von IT-Servicesdurch eine standardisierte Produktion zu reali-sieren.

Darüber hinaus folgt TANGO einem ge-schäftsprozessorientierten Ansatz, wie er durchdas NGO-Modell skizziert wird, und hilft dabeidie oben bereits erwähnten IT-Produkte aufmöglichst standardisierte Art und Weise demAnwender zur Verfügung zu stellen. Dabeiwählt der Dienstleister aus einem Portfolio diegewünschten Leistungen aus und ergänzt sie zueinem IT-Produkt, um so ein den Kundenwün-schen entsprechendes IT-Angebot zu erstellen.

Dieser Ansatz meistert außerdem den Ziel-konflikt der »Industrialisierung der IT«, derdarin besteht, eine Standardisierung der Ziel-architektur und gleichzeitig eine Flexibilitätdem Kunden gegenüber zu realisieren, wie es in»reifen« Industrien längst dem Standard ent-spricht.

Im Vordergrund des Outsourcing-Geschäftswird in Zukunft stehen, dass dem Outsourcing-Kunden Funktionalitäten zur Unterstützungseines Geschäfts zur Verfügung gestellt wer-den, wann und wo diese benötigt werden – undnicht mehr, wie diese vom Outsourcing-Dienst-leister umgesetzt werden.

So stellen zukünftig Dienstleister IT-Pro-dukte bereit und sorgen sich um deren ein-wandfreie Funktionalität.

Ziel des TANGO-Projektes ist es, die archi-tektonischen Grundlagen zur Bereitstellungdieser unterstützenden IT-Produkte auf einerglobalen Basis sicherzustellen.

2.2 Lösungsansatz von TANGOTANGO bricht die existierende IT-Landschaft infunktionale Elemente auf. Jedes Element folgtdem Ziel, flexible, modulare und standardi-sierte Leistungen zu der IT-Infrastruktur beizu-tragen.

Um dieses Ziel zu realisieren, sind einzelneModule erstellt worden, die sich nach einemprozessorientierten Paradigma organisieren.Dies bedeutet, dass sich der Einsatz von IT-Res-sourcen und Serviceangeboten nach den Ge-schäftsanforderungen richtet, um die geeig-neten Leistungen präzise und flexibel erbringenzu können.

Abbildung 4 zeigt einen Überblick über dieZielarchitektur von TANGO, in der fünf wesent-liche Module unterschieden werden können.Diese Teilprojekte bedienen unterschiedlicheAnforderungen, die eine NGO-konforme IT-Ar-chitektur meistern muss:

! PortalGeschäftskunden erhalten über das Portal dieMöglichkeit, nach eigenen Wünschen IT- oderBusiness-Prozesse zu unterstützen. Gemäßden Anforderungen des Kunden werden hin-ter diesem Portal entsprechende Servicekom-ponenten und Leistungen verkettet, um seineIT-Prozesse auszuführen und seine Business-Prozesse zu unterstützen.

! Service Management Application (SMA) »Standard«Dieses Modul stellt häufig wiederverwendeteServices zusammen. Im Wesentlichen wirdhier eine Ansammlung von IT-Prozessen undVerfahren realisiert, die in einer serviceorien-tierten Architektur flexibel zu Prozessen zu-sammengefasst werden können.

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Tango

Service Management Application »Standard«

Service Management Application »Flexible«

Communication Layer

Communication Layer

Federated DBSPort

al

Common ModulesMaster Data Tools

MonitoringReporting

ITSM Process SupportCharging und Billing

Cus

tom

er

Customer, Partners (e.g. Countries)

Configurable Interfaces

! Service Management Application (SMA) »Flexible«Jedes Verfahren hat seine Eigenheiten, diesich nur mit erhöhtem Aufwand in eine auto-matisierte Umgebung einfügen. Um den An-forderungen des NGO zu genügen, werdenServices, die aus dem Rahmen der SMA »Stan-dard« fallen, durch eine modellgetriebene Ar-chitektur zeitnah in die Servicelandschaft vonTANGO eingefügt.

! Federated Database SystemEine integrierte Servicelandschaft baut aufeiner homogenen Datenarchitektur auf. Ausdiesem Grunde werden bestehende Daten-quellen zu einer integrierten Datenarchitek-tur zusammengefasst. Eine solche föderierteDatenbank gibt einerseits maximale Flexibili-tät in der Umsetzung der TANGO-Architektur,andererseits eine geeignete Abstraktion vonphysikalischen Datenbanken, um eine evolu-tionäre Transformation zu einer konsoli-dierten Datenlandschaft zu ermöglichen.

! Common ModulesDie Common Modules liefern alle Rahmenbe-dingungen, die nicht im Bereich von kunden-orientiertem Service oder Datenhaltung an-

gesprochen werden. Dies beinhaltet ITIL-konforme Prozessplanung in ITSM ProcessSupport, Funktionalitäten im Rahmen desMonitorings (Business Activity Monitoringsowie Enterprise Performance Monitoring)sowie spezifische Ansprüche des Business In-telligence im Bereich Reporting.

TANGO folgt einer Architektur, die NGO wider-spiegelt, jedoch entsteht diese nicht auf demReißbrett, sondern muss stattdessen eine be-reits existierende IT-Landschaft mit Flexibilitätund Modularität ausstatten. Vor diesem Hinter-grund ist TANGO auch nicht als eine generelleArchitekturlösung, sondern als Weiterentwick-lung einer existierenden Lösung zur industriali-sierten IT zu sehen.

Die Möglichkeiten einer flexiblen Architek-tur werden entscheidend dadurch gestützt, dassAnforderungen und Definitionen von Aufgabenan die IT unabhängig von der zugrunde liegen-den Technik erfasst werden können. Dies ist nurmöglich, indem Methoden zum Einsatz kom-men, die eine klare und (semi-)automatisierbareVerbindung zwischen Business und IT herstellen.In diesem Kontext werden die Service Manage-ment Applications »Standard« und »Flexible« im

Abb. 4: TANGO-Zielarchitektur

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Rahmen einer modellgetriebenen Architekturdurch Geschäftsanforderungen definiert undschnell und kosteneffizient umgesetzt. Ebensobaut eine solche Landschaft auf eine hohe inter-ne Konfigurierbarkeit, wie sie durch eine service-orientierte Architektur geliefert wird, auf. In die-sem Sinne kann man in der Zukunft einzelne IT-Produkte in Form von NGO beziehen.

Insgesamt werden durch diese Architektur-lösung entscheidende Merkmale des NextGeneration Outsourcing umgesetzt. Durch diegemeinsame Zugriffsfläche des Portals lassensich die von Geschäftskunden getriebenenGeschäftsprozesse einheitlich anbieten, die sichin der Zusammenarbeit der verschiedenenModule im Hintergrund herauskristallisieren.Diese Lösung bietet eine skalierbare IT, um ver-schiedene Losgrößen zu realisieren, die in ihrerfachlichen Definition – unabhängig von dertechnischen Umsetzung in Applikationen undinternen Verfahren – ein kunden- und produkt-orientiertes Angebot darstellen.

Diese Zielarchitektur von TANGO soll nichtnur intern bei Siemens genutzt werden, durchdie Mandantenfähigkeit der Architektur wer-den auch und vor allem Outsourcing-Kunden,wie große Mittelständler und Konzerne, auf derArchitektur arbeiten.

3 NGO und TANGONachdem im vorangegangenen Kapitel dasTANGO-Projekt und dessen Bestandteile be-schrieben wurden, wird die Architektur vonTANGO direkt im Kontext von Next GenerationOutsourcing betrachtet.

! ProzessorientierungVerschiedene Kunden verfolgen unterschied-liche Ziele mit eigenem Verständnis von ihrenBusiness-Prozessen. Die Architektur muss fle-xibel genug sein, um Anforderungen standar-disiert auffassen und umsetzen zu können.Dies bedeutet, dass ein gewisses Einver-ständnis über Prozesse vorhanden sein muss.Sind jedoch Prozesse im Kontext von NGO de-

finiert, so können diese auch schnell und kos-tengünstig ausgeführt werden.

! ProduktorientierungDie Anforderungen von NGO sind gemeinhinauf IT-Produkte fokussiert. Als solches wer-den standardisierte Leistungen oder Serviceseingefordert, die im Kundenunternehmeneingesetzt werden können. Die genauen An-forderungen an solche Dienste und Leistun-gen sind von Fall zu Fall verschieden und wer-den durch angepasste Services innerhalb vonTANGO bedient.

Die Bereitstellung der Dienste und Leis-tungen fordert unter anderem detailliertesWissen über die genauen Anforderungen desKunden. Ein Ausfall von Hard- und Software-komponenten muss für den laufenden Be-trieb transparent gemacht werden, d. h., dieAuswirkungen auf die Geschäftsprozesse desKunden müssen klar erkennbar sein.

! Variable LosgrößenEine Kernanforderung ist die skalierbare An-frage von Diensten aus dem Angebot derTANGO-IT-Infrastruktur. Die Belegung mussdanach einer klaren und transparenten Ab-rechnung und Verrechnung unterliegen.Außerdem müssen angebotene IT-Produkteflexibel und einfach in gewünschten Zusam-menstellungen erbracht werden können.

! Beschaffung durch FachseiteDie Anfrage nach IT-Diensten und Leistungenpassiert aufgrund von geschäftsorientiertenBeschreibungen und Anforderungen. In die-sem Sinne unterstützt NGO den Bedarf, dieIT transparent an Geschäftsanforderungenauszurichten.

! Reine Buy-EntscheidungDaraus ergibt sich keine unmittelbare Anfor-derung an den IT-Dienstleister (TANGO); esunterstreicht jedoch, dass die Kommunika-tion und Steuerung über die Fachabteilungdes Kunden läuft.

! Lösungsneutrale SpezifikationDie prozessorientierte, technologisch unab-hängige Definition der Anforderungen kann

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nur durch geeignete Schnittstellen realisiertwerden, um die IT-Produkte in unterschied-lichen Umgebungen einsetzen zu können.Plattformunabhängige Realisation mussdurch den Einsatz entsprechender Standardsbereitgestellt werden, die die geschäfts-nahen Anforderungen mit einer IT-nahenUmsetzung eindeutig in Verbindung bringen.Lösungen dürfen nicht an Hardware oderSoftware gekoppelt sein.

Die von NGO geforderte Prozessorientierungverlangt zunächst ein weitreichendes Prozess-Know-how beim Kunden. Außerdem ist ein ge-wisser Grad an Standardisierung der Prozesseder jeweiligen Kunden notwendig, um dieseauch kostenorientiert abbilden zu können. Die-se Standardisierung wird in TANGO durch dasoben beschriebene Modul SMA »Standard«realisiert. Der interne Erstellungsprozess ge-schieht hoch standardisiert, doch die letztend-liche Zusammensetzung der einzelnen Be-standteile zu einem IT-Produkt kann individuellund auf die Kundenprozesse abgestimmt erfol-gen. Des Weiteren sind bereits einige Standard-prozesse in SMA »Standard« hinterlegt, sodasseine Neugestaltung nicht immer zwingend er-forderlich ist. So kann auf bereits bestehendeProzessmodellierungen zurückgegriffen wer-den.

Neben der Prozessorientierung ist dieOrientierung an den IT-Produkten ein wichtigesNGO-Kriterium. Es ist erforderlich, eine sinn-volle und nutzenorientierte (automatisierte)Zusammenstellung der IT-Produkte für denKunden zu gewährleisten. Um passende IT-Pro-dukte anbieten zu können, ist ein umfang-reiches Wissen über die Anforderungen desKunden notwendig. Außerdem gilt es, die Zu-sammenhänge und Abhängigkeiten einzelnerIT-Produkte zu berücksichtigen. Ziel von NGO istes, bei einem Ausfall eines IT-Produktes bzw.beim Ausfall eines Bestandteils (z. B. Server)dediziert auf die Auswirkungen für den Ge-schäftsprozess schließen zu können. Diesem

Ziel versucht TANGO durch eine konsequenteModularisierung sowie ein konsequentes Mo-nitoring nahezukommen.

Die IT-Produkte werden beim Next Genera-tion Outsourcing für die jeweiligen Geschäfts-prozesse in beliebigen Mengen (»Losgröße n«)flexibel beschafft und abgerechnet. Dies stellteinen Anbieter von IT-Produkten vor die Heraus-forderung der Abrechenbarkeit und der tech-nischen Realisierung, IT-Produkte flexibel undbedarfsorientiert bereitzustellen. Dem versuchtTANGO mit dem Modul SMA »Flexible« zu be-gegnen.

Im Rahmen von NGO rücken die tech-nischen Aspekte immer weiter in den Hinter-grund. Der Fokus verschiebt sich hin zu einerreinen Unterstützungsleistung. Daher wirdeine Outsourcing-Entscheidung auch immerseltener von der IT-Abteilung, sondern häufigervon der Fachseite beurteilt und getroffen.Dieser Wandel hin zur reinen Beschaffung vonIT-Produkten durch die Fachseite macht einedifferenzierte Aufbereitung der Angebote not-wendig. Es zählen weniger die Bits und Bytes alsvielmehr der Mehrwert, den ein bestimmtesIT-Produkt realisiert.

Eine ähnlich gelagerte Entwicklung ist derTrend weg von der Make-or-Buy-Entscheidung(vgl. [Zahn et al. 2007, S. 35 ff.]), hin zur reinenBuy-Entscheidung. Das heißt, der Anwenderdenkt nicht darüber nach, z. B. eine Applikationselber zu betreiben, sondern sucht sofort nacheiner Möglichkeit, diese auf dem Markt zu be-ziehen. Da diese Entscheidung aber allein beidem Kunden liegt, findet sie keine direkte Ent-sprechung bei TANGO. Sie wird lediglich durchdie weiter oben bereits beschriebenen Tech-niken unterstützt.

Um das Kriterium der lösungsneutralenSpezifikation zu erfüllen – also der Bereitstel-lung der benötigten Funktionalität ohne Rück-sichtnahme auf Details der Umsetzung –, ist esnotwendig, die jeweiligen IT-Produkte mit zahl-reichen Schnittstellen ausstatten zu könnenund sie losgelöst von Hard- und Software anzu-

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bieten. Nur so können sie in unterschiedlichenUmgebungen und in verschiedenen Prozess-landschaften bei den jeweiligen Kunden zumEinsatz kommen.

Dieser wohl herausforderndsten Aufgabeversucht TANGO durch seinen modularen Auf-bau gerecht zu werden. Weiterhin hält TANGOeine große Zahl von Schnittstellen vor, undjederzeit können flexibel neue Schnittstellenhinzugefügt werden.

4 AusblickZusammenfassend ist festzustellen, dass dieEinführung von TANGO dabei unterstützt, dieoben genannten Kriterien, die nach [Jouanne-Diedrich 2007, S. 9] für NGO gelten, zu erfüllen.

So wird beispielsweise dem Kriterium derstrikten Prozessorientierung durch den modu-laren und gleichzeitig hochgradig standar-disierten Aufbau der TANGO-Architektur Rech-nung getragen, sodass dem Outsourcing-Kunden jederzeit die kostengünstige IT-tech-nische Unterstützung seiner Geschäftsprozesseangeboten werden kann.

Der Outsourcing-Markt ist im Wandel be-griffen, die Unternehmen und auch die Out-sourcing-Dienstleister stehen vor neuen Her-ausforderungen. TANGO stellt hier einenLösungsansatz bereit, um auf diese Herausfor-derungen reagieren zu können. Die zukunfts-fähige und wegweisende Gestaltung dieserArchitektur schafft die Grundlage, um auf dieAnforderungen, die mit Next Generation Out-sourcing einhergehen, zu reagieren und dieseumzusetzen.

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Dr. oec. Holger von Jouanne-DiedrichSiemens AGSiemens IT Solutions and ServicesLyoner Str. 2760528 Frankfurt am [email protected]

Dipl.-Ing. (BA) Jürgen SlaarSiemens AGSiemens IT Solutions and ServicesRichard-Strauss-Str. 7681679 Mü[email protected]

Simon Schmidt MScFachhochschule für Technik und Wirtschaft BerlinKirchstr. 2410557 [email protected]