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Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~it Mtinchen. Nikotin und die Diiitetik des Tabakrauchens. Von W. Str~ub und August Amann. Mit 10 Textabbildungen. (Eingegangen am 18. Dezember 1939.) Ober die toxikologische Topographie und dell Wirkungswert des INTikotins ist zwar viel bekannt, fiber die Kinetik und die damit zusammen- h~ingende Di~tetik dieses Genul~giftes noch recht wenig, und doch ist dies der Kernpunkt der Wfirdigung des Nikotins als Genu~gift. Die folgende Mitteilung soll bier Kl~irung bringen. TSdliehe Dosen yon %ikotin bei versehiedenen Bedingungen der Einvefleibung. Alle Versuche wurden an Katzen ausgeffihrt, die mit 70mg/kg 0hloralose narkotisiert waren. Der Blutdruck aus der Carotis und manchmal auch die Atmung wurden registriert. Wenn man Nikotin rasch intravenSs in die Jugularis injiziert, so liegt die D.l.m. zwischen ],3 und 1,5 mg/kg, ein Wert, der sich hinreichend mit dem frfiher yon D. Macht 1 festgestellten deckt. Der Tod tritt kritisch und scharf wenige Minuten nach der Einverleibung durch eine Atem- li~hmung ein. Wenn man den Blutgehalt der Katze zu 7 % des KSrpergewichts annimmt, so w~ire also bei der intravenSsen Injektion yon 1,5 mg/kg Nikotin mindestens einen Augenblick lang die Nikotinkonzentration des Blutes ungef~hr 1 : 50000. Ermittelt man die tSdliche Dosis am nicht kiinstlich respirierten Tiere, so ergibt sich, daI3 die absolute DosengrS]e mit zunehmender Infusions- dauer wiichst. Wir haben immer eine 0,5 %ige 1NikotinlSsung infundiert und folgende Werte erhalten: Tabelle 1. Nr. Nikotin Infusionsdaaer Absolute Menge Bemerkung mg/k~/Std. Min. mg 1,15 2,10 2,50 3,10 7,10 551 242 159 ~16 44 10,55 8,71 I 6,74 5,93 5,21 1 j. Ph~rm~col. (Am.) 50, 93--99 (1934). lebt tot

Nikotin und die Diätetik des Tabakrauchens

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Page 1: Nikotin und die Diätetik des Tabakrauchens

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit~it Mtinchen.

Nikotin und die Diiitetik des Tabakrauchens. Von

W. Str~ub und August Amann.

Mit 10 Textabbildungen.

(Eingegangen am 18. Dezember 1939.)

Ober die toxikologische Topographie und dell Wirkungswert des INTikotins ist zwar viel bekannt, fiber die Kinetik und die damit zusammen- h~ingende Di~tetik dieses Genul~giftes noch recht wenig, und doch ist dies der Kernpunkt der Wfirdigung des Nikotins als Genu~gift. Die folgende Mitteilung soll bier Kl~irung bringen.

TSdliehe Dosen yon %ikotin bei versehiedenen Bedingungen der Einvefleibung.

Alle Versuche wurden an Katzen ausgeffihrt, die mit 70mg/kg 0hloralose narkotisiert waren. Der Blutdruck aus der Carotis und manchmal auch die Atmung wurden registriert.

Wenn man Nikotin rasch intravenSs in die Jugularis injiziert, so liegt die D.l.m. zwischen ],3 und 1,5 mg/kg, ein Wert, der sich hinreichend mit dem frfiher yon D. Mach t 1 festgestellten deckt. Der Tod tritt kritisch und scharf wenige Minuten nach der Einverleibung durch eine Atem- li~hmung ein.

Wenn man den Blutgehalt der Katze zu 7 % des KSrpergewichts annimmt, so w~ire also bei der intravenSsen Injektion yon 1,5 mg/kg Nikotin mindestens einen Augenblick lang die Nikotinkonzentration des Blutes ungef~hr 1 : 50000.

Ermittelt man die tSdliche Dosis am nicht kiinstlich respirierten Tiere, so ergibt sich, daI3 die absolute DosengrS]e mit zunehmender Infusions- dauer wiichst. Wir haben immer eine 0,5 %ige 1NikotinlSsung infundiert und folgende Werte erhalten:

Tabelle 1.

Nr. Nikotin Infusionsdaaer Absolute Menge Bemerkung mg/k~/Std. Min. mg

1,15 2,10 2,50 3,10 7,10

551 242 159 ~16 44

10,55 8,71

I 6,74 5,93 5,21

1 j. Ph~rm~col. (Am.) 50, 93--99 (1934).

lebt tot

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Wenn man diese LSsung mit der Gesehwindigkeit von 1,15 mg/kg/Std. infundiert, so iiberlebt das Tier auch dann noch, wenn man im ganzen die achtfache D.l.m. verwendet hat. Diese Geschwindigkeit stellt also das eine Extrem dar. Andererseits fanden wit beiVerwendung yon 7,1 mg/kg/Std. eine Infusionsdauer yon 44 Minuten. Die bei der jeweiligen Gesehwindig- keit insgesamt benStigten Giftmengen sind aueh in den Zwisehenwerten immer noch wesentlich grSl]er als die D. 1. m. bei der maximalen Geschwindig- keit einer intraven6sen Injektion. Die Endpunkte der Infusionen mit ver- schiedener Geschwindigkeit sind ebenfalls die scharfen Momente tier Atem- lghmung. Dieses natiirliche Ende einer Nikotineinverleibung kann sehr hinausgezogen werden, wenn man das Tier kiinstlich respiriert. So konnten wir unter solchen Umstgnden his zu 42 mg/kg his znm Tode dem Tier infundieren. Vergleicht man die absoluten Werte der bis zum Atemstill- stand eingeflossenen Menge, so sind sie untereinander ziemlich gleieh, d. h. im Mittel 6,63 mg/kg, wiewohl die Infusionszeiten variieren zwisehen 44 nnd 242 Minuten. Da andererseits bei der momentanen Injektion zum gleichen Effekt 1,5 mg/kg nStig sind, ist anzunehmen, dab die gleiehe absolute Menge zum gleichen Effekt bei der langsamen Infusion ebenfalls die effektive Dosis ist, d. h. da~ das Atemzentrum bei einer beispielsweise 242 Minuten dauernden Infusion einer 0,5%igen NikotinlSsung ebenfalls mit 1,5 mg/kg stirbt und nicht yon jener achtfachen, tatsgchlich ein- geflossenen Mange. Es mug demnach, je langsamer die Infusion ver]guft, desto mehr Nikotin versehwinden, sei es dutch ZerstSrung oder dutch Ausscheidung. Nach neueren Untersuchungen (Bodngr , J. Vi tez , L a d i s l a u s N a g y und Alex. D i c k m a n n e) am Mensehen ist jetzt an- zunehmen, dal~ eine merkliche Nikotinausseheidung nicht stattfindet. Es bleibt also nut iibrig anzunehmen, dab ein der Wirkung entgegen- gesetzter Proze~ im Blute stattfindet (wahrscheinlich ZerstSrungsproze[~). Der Organismus hat demnaeh Einriehtungen, mit den vielfaehen D.l.m. der Einze]injektion fertig zu werden, sofern man ibm nur Zeit dazu lgftt. Nach den oben zitierten Untersuchungen yon Bodn~r usw. 2 hat eine Ver- suehsperson nacheinander 24 Zigaretten geraueht und dabei insgesamt 224 mg Nikotin resorbiert. Naeh allgemeinen Angaben soll die D.l.m. yon Nikotin fiir den Menschen, rasch resorbiert, etwa 50 mg betragen. Die obengenannte Versuchsperson ist demnaeh mit dam 4,5faehen der tSdlichen Mensehendosis fertig geworden.

b[ach den gleiehen Autoren (1. c.) werden aus einer Zigarette 5--6 mg Nikotin resorbiert. Da bekanntlich die Resorption dutch die Rachen-, Mund- und Nasenschleimhaut nieht nut sehr gut, sondern aueh sehr raseh vor sich geht, seheinen wit bereehtigt, diese Werte des Rauchens mit unseren intravenSsen Dauerinfusionen in Vergleieh zu bringen.

Biochem. Z. 276, 317 (1935).

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Wenn man also die Ergebnisse unserer Infusionsversuehe ins Menseh- fiche iiber~riigt, so ist die ResorptionsgrSl]e und damit der Effekt des gerauehten Nikotins ganz die Funktion der Gesehwindigkeit des Rauchens, natiirlieh nur hinsiehtlieh der akuten Wirkungen des Nikotins, und dies diirfte der Kernpunkt unseres Problems tiberhaupt sein.

Nebenwirkungen der akuten :Nikotinvergittung.

Wenn man die sieher tSdliehe Dosis yon 2,0 mg/kg auf einmal intra- venSs injiziert, so treten immer die Erseheinungen der Abb. ] auf, d. tl.

Abb. 1. Wirkung yon 2,0 mg Nikotin pro kg Katze. 0bere Kurve Blutdruck, untere Atmung.

eine sofortige Blutdrueksenkung dureh Vagusreizung, die sehr tier geht, abet raseh in eine BluMrueksteigerung betrgchtlieher HShe umsehl/igt. Die Steigerung des Blutdrucks halt viel 1/inger an als die vorhergehende Senkung. Sie kann his zu mehreren Minuten anhalten, sehl~gt aber dann in eine abermalige Blutdrueksenkung bis zur Aufhebung des KreMaufs urn. Die gleiehzeigig registrierte Atmung steht w/~hrend der initialen Blutdruck- senkung einen Moment still, beginnt wieder w/ihrend der Blutdruek- steigerung, wird aber bald, und zwar bei noeh ausreiehendem Kreislauf schleeht, und versagt sehlieglieh.

Wenn man start der Injektion eine Infusion der 0,5 %igen Nikotin- 15sung vornimmt, so kann man bei allen tSdliehen Infusionsgesehwindig- keiten diese Initialwirkungen feststellen, z.B. zeigt Abb. 2 den Effekt einer Infusion yon 3,067 mg/kg/Std. Nikotin, bei der der initiale Vagus-

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effekt sehr klein, die Blutdrucksteigerung aber noch roll erhalten ist. Erst mit nichttSdlichen Dosen, z. B. 1,159 mg/kg/Std, kann man sich so einschleichen, dal] diese initialen Erscheinungen ganz ausbleiben (Abb. 3). Man kann iiberhaupt sagen, da$ diese 0berfallserscheinungen mit der

Abb, 2. Dauerinfusion yon 3,067 mg/kg/Std . Nikotin. a) Beginn der Infusion. b) 20 ~[inutea sp[iter. c) 80 Ninuten sD~tter.

Abb. 3. Dauerinfnsion yon 1,149 mg/kg/Std . Nikotkr, nicht tSdlich, nur fortdauernde Blutdrucksenkung. a)Unmittelbar naohBeginn derInfusion, b) 112 ~ inu ten spi~ter, c) Nach 190 hs d) Nach 548 5finuten.

Langsamkeit der Infusion abnehmen, und vermuten, dal~ dies auch auf die Vorg~inge beim Tabakrauehen zu iibertragen is~.

Zur Analyse dieser Erscheinungen wu~den einige Antagonismen gepriift. Z.B. ergab sich (Abb. 4), dal~ dutch vorherige Behandlung mit Atropin die initiale Blutdrucksenkung total verschwindet, die nachfolgende Blutdrucksteigerung abet unveri~ndert bleibt. Letztere diirfte demnaeh

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k~um eine parasymp~thische Reizung sein Sie ist aber auch wahrsehein- lich nicht Effekt einer sympathischen Gef~i]wirkung, denn sie weicht

nieht einer vorherigen Behandlung ~ mit Ergotamin, die sieh vorher ~ gegen Adrenalin als wirksam erwies

i ~ (A55.5). ~ Vom Yohimbin wird ange-

g ~ nommen, dab es ghnlich wie Ergo- �9 ~ ~ tamin Sympathikusenden lahmt. In ~ besonderen Versuchen, deren Be- il ~ legung durch Abbildungen sich er-

m

~ iibrigt, konnte die Vorbehandlung

m

Arehiv f. experiment. Path. u. Pharmakol . Bd. 194.

~ Abb. 5. Einzelinjektion yon 0 ,1mg/kg Nikotin ;2 nach 0,9 mg/kg Ergotamin.

~ mit Yohimbin die Blutdrucksteige- ~ z rung durchNikotin nieht verhindern. �9 "~ Antagonismen haben bekannt-

"~ ~ lieh far die Deutung yon Vergif- z ~ tungserseheinungen nur problema- - ~ tisehen Wert. Es steeken zu viele .~ ~ quantitative Fragen darin, und be- ~ sonders seheint uns ein Ausbleiben ~ ' p _ ,

~-~. yon Wirkungen wenig kausalen e . ~ o "s Deutungswert zu haben.

~ Nikotin und t lochdruck.

~ Athi gi .~ ~ Inder olo edesHoehdrueks N ~ �9 u wird gerne dem Rauehen, oder wie

~ ~ man als selbstverstiindlieh annimmt ~ ~ dem Niko~in, ein wesentlieher AnteH

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an Kausalit~t in die Schuhe gesehoben, insbesondere seit am ganzen Tier gefunden wurde, dab das Nikotin Adrenalin aus der Nebenniere aus- schiittet (W. B. C a n n o n s, Ft. E i c h h o l t z 4 ) . A n i t s e h k o w S konnte diese Tatsaehe an der ausgesehnittenen Nebenniere in einer Anordnung: Star- l ingsehes Herz-, Lungen und Nebennierenprgparat reproduzieren. Er land, dal~ Nikotinkonzentrationen zwischen 1:25000 und 1 : 1 Million der Bh tmenge zugesetzt Adrenalin aussehiitteten, Wenn aueh der reeh- nerisehe Ansehlul~ dieser A n i t s c h k o w s e h e n Werte an die Nikotinwerte unserer Dauerinfusionen kaum mSglich ist, so ist doeh zu sagen, dag die in unseren Versuehen beobachtete Blutdrueksteigerung die initiale Wirkung

Abb. 6. a) Injektion yon 0,1 mg/kg Nikotin v o r Exstirpation der Nebenrfieren; b) dieselbe Mengc am selben Tier umnittelbar n a e h Exstirl)ation beider Nebennieren.

einer t S d l i c h e n Nikotinvergiftung ist, bei der man mit einer Nikotin- konzentration yon etwa 1:50000 im Blur zu reehnen hat, wie sie beim Tabakrauchen wohl nie erreieht wird. Im Laufe der Nikotinwirkung sinkt a.ber der Blutdruck ab, und es ist den Kurven nicht anzusehen, wieviel etwa Adrenalinwirkung in ihnen enthalten sei~ kann. Ferner ist, zu bemerken, dag zur Erzeugung eines Hoehdrueks wohl eine kontinuier- liehe Adrenalin-Dauersekretion zu erwarten wgre und nieht ein einzelner Stol~, wie offenbar bei A n i t s e h k o w s Beobaehtungen. Um extreme Verhgltnisse zn sehaffen, haben wir Nikotin in nebennierenlose Tiere infundiert. Die Nikotinwirkung war mit und ohne Nebennieren die gleiehe

(Abb. 6).

3 j. Pha.rmacol. (Am.) 3, 319 (1912). -- 4 Naunyn-Schmiedebergs Arch. 99, 172 (1923). -- 5 Ebenda 137, 180 (1928).

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N i k o t i n u n d die D i / i t e t i k des T a b a k r a u c h e n s . 4 3 5

Ktirzlich ist yon W. S t r a u b und K. S t e f ~ n s s o n 6 (siehe such G. Voge le r 7) festgestellt worden, daft ein funktioneller Antagonismus zwisehen Adrenalin und Ferroeisen besteht. Wir haben ihn zur K1/trung unserer Frage herangezogen. Es wurde zu verschiedenen Zeiten der Nikotin- wirkung bei Dauerinfusionen, und zwar sowohl im Stadium einer deutlichen Blutdrueksteigerung als such sparer eine Infusion yon Ferrobiearbonat yon erprobter Konzentration durchgefiihrt. Aus der Arbeit vonW. S t r a u b und K. S te fAnsson ist zu entnehmen, dal~ ein dureh Dauerinfusion von

Abb.7. Zwei Injektionen yon Nikotin und zwei Infusionen yon Ferrobicarbonat in verschiedenen Stadien der Nikotinwirkung.

Adrenalin hervorgerufener oder unterhaltener Hoehdruck sofort durch die Ferrosalzinfusion unterbrochen wird (Abb. 2 bei W. S t r a u b und K. Stef~nsson) . In unseren Nikotinversuchen trat nun niemals eine Deformation der Blutdruckkurve auf, wenn Ferroeisen gegeben wurde (Abb. 7). Da die Ferroreaktion eine aufterordentlich empfindliche ist, kann man wohl annehmen, daft im Bereiche unserer ertr/igliehen und nicht t6dliehen l~ikotininfusionen keine Adrenalinausschiittnng vorhanden ist.

Nikotin und Vagus.

Daft Nikotin bei Einzelinjektionen im Vagusgebiet reizt und l~hmt, ist lange bekannt. Es ist abet such bekannt, daft die Vagusl/~hmung am Herzen durch Nikotin welt entfernt ist yon der Spezifit/tt etwa der Atropin- wirkung.

s N a u n y n - S c h m i e d e b e r g s Arch . 194, 969 (1940). - - 7 E b e n d a 194, 281 (194o).

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Wenn man am durchsehnittenen Vagus einer Katze unter Bestehen einer Dauerinfusion yon Nikotin in einem friiheren Stadium des Nikotin- einflusses den Vagus reizt, bekommt man meistens den Effekt wie in Abb. 8, d.h. eine echte Bhtdrucksenkung und merkwtirdigerweise darauf eine stei!e BlutdruekerhShung. Die ganze Erseheinung maeht den Eindruek

wie das zusammengestauehte Bild der Wirkung einer Nikotineinzelinjektion (siehe Abb. 1).

Wenn man li~ngere Zeit hindureh die Dauerinfusion vornimmt und die Reizbarkeit des nieht durehsehnittenen Vagus yon Zeit zu Zeit priift, so be- kommt man Erseheinungen wie in Abb. 9, d. h. die Abwgrtszaeke der Vagus- reizung versehwindet ~ollstiindig, aueh die Aufwartszaeke ist sehr klein. Das Maximalstadium der L~ihmung wurde mit 5,25 mg Nikotin erreieht. Es ist nun be- merkenswer% day naeh dem Absetzen der Nikotininfusion die e[ektrisehe geizung des Vagus unwirksam wurde, wobei be- sonders auffgllt, dab die positive Phase

Abb. S. ~:lektrische Wgusrr i,~, dieser Reizwirkung aueh welt in die Anfangsstadiuln eilIer Nikotin-Dauer- Erholung aus der Nikotinvergiftung hin-

infusion. ein zunahm. Dies legte die Vermutung

nahe, day die fiir die reins Vaguswirkung paradoxe Blutdrueksteigerung Effekt einer Mitreizung des Depressors ist. Dies wurde des weiteren nntersueht.

Nikotin und Depressor.

Technik.

Der Depressor verl~uft bei der Katze gemeinsam mit dem Vagus. Er ist bekanntlieh ein rein zentripetal lsitender Nerv. Wenn man den Vagus d er Katze etwa in der Mitre des Halses durehsehneidet und den zentralen Stumpf reizt, bekommg man eine rsine Depressorwirkung, d. h. ein Absinken des Bhtdrueks auf reflektorisehem Wege in tier bekannten Weise (siehe besonders E b e r h a r d Koch s und W. M. Baylissg). In unseren Versuehen hatten wit auBerdem den anderen Vagus durehsehnitten und nieht mit Elektroden armiert. Die eine Carotis fiihrte zum Blutdruek-

s Koch, Eb.: Die reflektorische Selbststeuerung des Kreislaufs, Verlag Theodor Steinkopff, Dresden und Leipzig 1931. _ 9 Bayliss, W.M.: The Vaso-Motor-System, Monographs on Physiology Langmans, Green and Co., London.

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manometer, die andere war frei prgpariert. Sie diente aus anderen Griinden zur Priifung des Kompressionsreflexes auf den Blutdruek.

Uber die Einwirkung yon Oiften auf den Depressor ist in der Literatur sehon allerlei mitgeteilt (siehe E b e r h a r d KoehS, W.M. Baylissg) . Aueh fiir das Nikotin ist angegeben worden, dab der Depressormeehanismus gelghmt wiirde. Bei diesen Versuehen mit Giften im Depressorexperiment ist allerdings der 8dbstzweek der Depressor gewesen, wghrend in unseren Versuehen das Nikotin Selbstzweek sein sollte. Deshalb haben wit das Nikotin unter Dauerinfusion einfliegen lassen, um auf einem sieheren, zahlenmiil]ig definierbaren Boden der Giftwirkung zu stehen. In Abb. 10a--d ist das Resultat der Nikotinwirkung auf den Depressor mit- geteilt, das gesetzmggig zu sein seheint und iedenfalls in unserer Unter- suehungsreihe dutch keine Ausnahme beeintrgeh~igt war. Abb. 10a ist der Effekt einer Depressorreizung mit einer dauernd beibehaltenen Reiz- intensitgt yon 1--5 Milliamp6re eines Sehwingungskreises, Abb. 10b tier entgegengesetzt wirksame Effekt ein.er Aortenkompression. Kurze Zeit naeh der Infusion einer mgl]igen Nikotinkonzentration versehwindet, wie sehon bekannt, der Depressorreflex, nebenbei bemerkt nimmt aueh der Aortendruekreflex ab, die Aussehlgge in der Kurve nehmen mehr und mehr ab, gehen dann dureh einen Indifferenzpunkt und werden wieder positiv, und zwar wie Abb. 10e zeigt, sehr stark positiv, etwa so stark positiv, wie vorher negativ. Es sind das Erseheinungen, die atropinunempfindlich sind, wie in Abb. 10d die Injektion yon 3 mg Atropin. DaB eine derartige Umkehr im Depressorgebiet stattfinden kann, er vielleieht dazu neigt, hat W. M. Bay l i s s 9 fiir das Stryehnin sehon naehgewiesen. Hier zeigt es sieh aueh fiir das Nikotin.

Im Programm unserer Untersuehung stand besonders das Quantitative des Giftverbrauehs. In dem mitgeteilten Versueh waren im Moment der eben vollzogenen Umkehr des Reflexes 2,03 mg/kg Nikotin eingeflossem Es ist anzunehmen, dab ein absehwgehender Effekt auf diesen Reflex sehon yon viel kleineren Dosen erzielt wird. Die maximale Umkehr war bei 5,08 mg/kg eingetreten. In mehreren anderen Versuehen haben wir naeh dem Beginn der Umkehr der Depressorwirkung naeh Nikotin ge- fahndet und gefunden, dab sie sehon dutch 1,14 mg/kg Nikotin erzielt wurde.

Es ergibt sieh also, daS der Depressor, der bekanntlieh ein sehr sensi- river und fein abgestufter Regler des Blutdrueks ist, sehon yon so kleinen Mengen Nikotin gest6rt wird, wie sie beim Rauehen bestimmt vor- handen sin& Denn sehon eine Zigarette sehiekt ia (siehe oben)un- geffi.hr 6 mg Nikotin in den Organismus des Rauehers. Vielleieht k6nnte auf diesem Wege das Nikotin in der Pathologie des Rauehens eine RolIe spielen.

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Z u s a m m e n f a s s u n g .

l. Bei intravenSser Dauerinfusion des Nikotins ist die tSdliche Dosis um so gr51~er, je langsamer die Infusion verl~uR, bei gleicher Konzen- tration der einflie~enden Menge.

2. Es ist nicht wahrscheinlich, dal3 die dutch Nikotin bewirkte Aus- schtittung yon Adrenalin aus der Nebenniere bei den Erscheinungen des Hoehdrueks eine kausale Rolle sp~elt.

3. Dagegen st5rt das I~ikotin die Blutdruekregelung dutch den Depressor. Der Depressorreflex wird erst abgeschw~cht und dann um- gekehrt.

4. Die so erzielte Regulationsentgleisung unter Nikotill erfolgt yon Dosen bTikotin, die aueh beim Rauchen zur Verfiigung stehen.