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ISSN 0378-5106 Nr. 25 Januar – April 2002/I B E R U F S B I L D U N G Europäische Zeitschrift

Nr. 25 Januar – April 2002/I ISSN 0378-5106 Die BERUF S · 2004-03-09 · Nr. 25 Januar – April 2002/I ISSN 0378-5106 Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung erscheint dreimal

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ISSN 0378-5106Nr. 25 Januar – April 2002/I

Die Europäische Zeitschrift Berufsbildungerscheint dreimal jährlich in vier Sprachen (DE, EN,ES, FR). Ein Jahresabonnement umfasst alle im Kalenderjahr(Januar bis Dezember) erscheinenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift Berufsbildung. Es verlängertsich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nichtbis zum 30. November gekündigt wird. Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG,Luxemburg, zugesandt. Die Rechnung erhalten Sie von Ihrem zuständigen EU-Vertriebsbüro. Im Preis ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.Zahlen Sie bitte erst nach Erhalt der Rechnung.

CEDEFOP

Europe 123, GR-570 01 Thessaloniki (Pylea)Postadresse: PO Box 22427, GR-551 02 ThessalonikiTel. (30-310) 490 111 Fax (30-310) 490 020E-mail: [email protected] Homepage: www.cedefop.eu.int Interaktive Webseite: www.trainingvillage.gr

Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung

Europäische Zeitschrift Berufsbildung

Nr. 25 Januar – April 2002/I

B E R U F S

B I L D U N GE u r o p ä i s c h e Z e i t s c h r i f t

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Cedefop

BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

CedefopEuropäisches Zentrum

für die Förderungder Berufsbildung

Europe 123GR-570 01 THESSALONIKI

(Pylea)

Postanschrift:PO Box 22427

GR-551 02 THESSALONIKI

Tel. (30) 310 490 111Fax (30) 310 490 099

E-mail:[email protected]

Homepage:www.cedefop.eu.intInteraktive Website:

www.trainingvillage.gr

Haben Sie Interesse daran, einen Beitrag zu verfassen?Dann lesen Sie bitte Seite 126.

Das Cedefop unterstützt die Euro-päische Kommission dabei, durchden Informationsaustausch undErfahrungsvergleich zu Themenvon gemeinsamem Interesse fürdie Mitgliedstaaten die Berufsbil-dung und die ständige Weiterbil-dung auf Gemeinschaftsebene zufördern und weiterzuentwickeln.

Es stellt Verbindungen zwischender Berufsbildungsforschung,-politik und -praxis her. Es verhilftden politischen Entscheidungsträ-gern und praktisch Tätigen auf al-len Ebenen der EU zu einem bes-seren Verständnis der Entwicklun-gen im Bereich der Berufsbildung,um ihnen Schlussfolgerungen fürkünftige Tätigkeiten zu erleich-tern. Es bemüht sich ferner dar-um, Wissenschaftler und Forscherzur Ermittlung von Entwicklungs-tendenzen und Zukunftsfragenanzuregen.

Der Verwaltungsrat des Cedefophat sich für den Zeitraum 2000 bis2003 auf eine Reihe mittelfristigerPrioritäten verständigt. In ihremRahmen konzentrieren sich dieTätigkeiten des Cedefop auf vierHauptthemenbereiche:

❏ Förderung der Kompetenzenund des lebensbegleitenden Ler-nens;❏ Förderung neuer Lernformenim gesellschaftlichen Wandel;❏ Förderung von Beschäftigungund Wettbewerbsfähigkeit;❏ Verbesserung des gegenseitigenVerständnisses und der Transpa-renz in Europa.

Die von den Autoren geäußerten Ansichten decken sich nicht notwendigerwei-se mit der Position des Cedefop. In der Europäischen Zeitschrift für Berufsbil-dung haben die Autoren das Wort, um ihre Analysen und unterschiedlichen,teilweise sogar gegensätzlichen Standpunkte darzulegen. Auf diese Weise willdie Zeitschrift einen Beitrag zur kritischen Diskussion leisten, die für die Zu-kunft der beruflichen Bildung auf europäischer Ebene unerlässlich ist.

Redaktioneller Beirat:

VorsitzenderMartin Mulder Wageningen University, Niederlande

Steve Bainbridge Cedefop, GriechenlandAviana Bulgarelli Isfol, ItalienJuan José Castillo Universitad Complutense de Madrid, SpanienUlrich Hillenkamp Europäische Stiftung für Berufsbildung, ItalienTeresa Oliveira Universidade Nova de Lisboa, PortugalJordi Planas Universitat Autònoma de Barcelona, SpanienLise Skanting Dansk Arbejdsgiverforening, DänemarkHilary Steedman London School of Economics and Political Science,

Centre for Economic Performance, Vereinigtes KönigreichIvan Svetlik University of Ljubljana, SlovenienManfred Tessaring Cedefop, GriechenlandÉric Verdier Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS),

LEST/CNRS, Frankreich

Redaktionssekretariat:

Erika Ekström Institutet För Arbetsmarknadspolitisk Utvärdering(IFAU), Schweden

Jean-François Giret CEREQ, FrankreichGisela Schürings Europäische Stiftung für Berufsbildung, Italien

Chefredakteur:

Éric Fries Guggenheim Cedefop, Griechenland

Verantwortlich:Johan van Rens, DirektorStavros Stavrou, stellvertretender Direktor

Übersetzung: Corinna Frey

Layout: Zühlke Scholz & PartnerWerbeagentur GmbH, Berlin

Umschlag: Rudolf J. Schmitt, Berlin

Technische Produktion mit DTP:Axel Hunstock, Berlin

Redaktionsschluss: 25.1.2002

Nachdruck – ausgenommen zu kommerziellenZwecken – mit Quellenangabe gestattet

Katalognummer: TI-AA-02-025-DE-CPrinted in Belgium, 2002

Diese Zeitschrift erscheint dreimal jährlich aufDeutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.

Die portugiesische Sprachversionwird veröffentlicht von:CIDESMinistério do Trabalho e da SolidariedadePraça de Londres 2-2°P-1049-056 LisboaTel. (351-21) 843 10 36Fax (351-21) 840 61 71E-mail: [email protected] kann dort direkt bezogen werden.

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BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

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Inhalt

Hommage

Ettore Gelpi, Weltbürger, internationaler Erziehungswissenschaftler,Menschenrechtler und moderner Anarchist – eine Dankesschuld ................. 3Norbert Wollschläger

Neue Paradigmen in Ausbildung und Kommunikation ..................................... 5Ettore Gelpi

Forschungsbeiträge

Bildungsdynamik und Bildungssysteme .............................................................. 9Jean VincensEs gibt kein einheitliches Bildungsentwicklungsmodell in Europa. Die Unter-schiede erklären sich aus dem Verhältnis zwischen Bildung und Wirtschaftsent-wicklung.

Modernisierungsansätze der beruflichen Bildungzwischen Modul- und Berufskonzept .................................................................. 30Matthias PilzTrotz innovativer Ansätze bleiben die jeweiligen nationalen Berufsbildungs-konzepte prägend. Daher ist es nach wie vor problematisch, von einemKonvergenzprozess zu sprechen.

Brückenschlag zwischen Theorie und Praxisin der Berufsbildung der Niederlande ................................................................ 37Gäby Lutgens, Martin MulderEvaluierung eines Versuchs, Auszubildende mithilfe einer rechnergestütztenkollaborativen Lernumgebung zur Kommunikation in der Ausbildung und zurZusammenarbeit an gemeinsamen Aufgaben anzuregen.

Analyse der Berufsbildungpolitiken

Arbeitserfahrung und Curriculum: Beispiele aus Spanien ............................. 43Fernando MarhuendaIn Spanien wird der Stellenwert des Praktikums im Unternehmen nach wie vorunterschätzt. Seine systematische Einbettung in Ausbildungslehrgänge erscheintdringend geboten.

Die Gestaltung und Evaluation der Ausbildung in Form von Praktika:Profil des Unterstützungsteams ...........................................................................59Miguel Aurelio Alonso GarcíaDas Vorgehen mithilfe eines „Unterstützungsteams“ ist von zentraler Bedeutungfür den Erfolg der Ausbildung in Form von Praktika; es bildet zweifellos denSchlüssel zur Verbesserung der Qualifikation und der beruflichen Eingliederungin Spanien.

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BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

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Bildung unter Modernisierungsdruck - Strukturwandel,veränderte Bildungsambitionen und Internationalisierungals Herausforderungen ..........................................................................................73Arthur SchneebergerIn Österreich erschwert der drastische Rückgang der Lehrstellenzahl den amstärksten benachteiligten Gruppen den üblichen Übergang ins Erwerbsleben –Gründe und Auswege

Neue Entwicklungen im irischen Berufsbildungssystem:Das „praxisorientierte staatliche Abschlusszeugnis“(Leaving Certificate Applied) ...............................................................................89Jim GleesonIst das Learning Certificate Applied ein trojanisches Pferd – ein Mittel, um einenTeil der jungen Menschen wieder in Qualifizierungsmaßnahmen zu integrieren,oder ein Mittel, um wieder ein Gleichgewicht zwischen Ausbildungsabgängenund –fortsetzungen herzustellen?

Lektüre zum Thema

Literaturhinweise ................................................................................................ 107

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NorbertWollschlägerCedefop

Ettore GelpiWeltbürger, internationalerErziehungswissenschaftler,Menschenrechtler undmoderner Anarchist –eine Dankesschuld

Es war Mitte der siebziger Jahre, als sichunsere Wege zum ersten Mal kreuzten.Ettore Gelpi, von Haus aus Verfassungs-rechtler, Erziehungswissenschaftler ausÜberzeugung, bei der UNESCO in Pariszuständig für Lifelong Education, Autorunzähliger Veröffentlichungen, bevorzug-te Sprachen Italienisch, Englisch, Franzö-sisch, Spanisch und Portugiesisch, uner-müdlicher Streiter für gesellschaftliche Re-formen und Gleichheit der Bildungschan-cen. Wir, damals im Cedefop in Berlin,die das Glück hatten, mit ihm zusammenzu arbeiten, empfanden eine besondereArt von Respekt für Ettore. Auf ihn warVerlass. Er half mit seinem wissenschaft-lichen Rat, wann immer er konnte. Nieschlug er eine Einladung zu einer Konfe-renz oder einem Seminar aus. Bat manihn, einen Artikel zu schreiben, sagte erstets zu. Ohne Honorar. Und Abgabeter-mine hielt er ein. Er war nicht nur Fach-kollege. Er war kollegialer Freund. Undwie wir überzeugt von dem politischenund gesellschaftlichen Stellenwert unse-res beruflichen Tuns.

Irgendwie verloren wir uns dann aus denAugen. Nicht nur wegen des Umzugesnach Thessaloniki. Forschungsthemenwechselten, Prioritäten hatten sich geän-dert, neue Kooperationspartner warengefunden, frühere Kontakte lösten sichauf, Freundschaften wurden vernachläs-sigt. Wie das so ist in internationalen Ein-richtungen. Hin und wieder las manEttores Namen in Teilnehmerlisten wich-tiger Konferenzen, stieß man auf ein neu-es Buch von ihm oder einen neuen Auf-satz.

Wirklich erinnerte ich mich an ihn abererst auf der Suche nach einem Key notespeaker für die Agora Konferenz im April.Es ging um das Verhältnis von allgemei-ner und beruflicher Bildung, ihrem im-mer noch sehr unterschiedlichen Imagebzw. Stellenwert in der heutigen Gesell-schaft, und welche Veränderungen erfor-derlich seien. Das zentrale bildungspoli-tische Thema schlechthin, Gegenstandheftigster Debatten und Motiv vielfältigsterReformbemühungen im Bildungsreich,überall in Europa. „Die berufliche Bildungder herrschenden Klasse ist ihre Allge-meinbildung; die Allgemeinbildung derbeherrschten Klasse ist ihre Berufsbil-dung.“ So hatte, in Anlehnung an Fried-rich Engels, Ende der sechziger Jahre derVorsitzende der deutschen Lehrergewerk-schaft das Problem zugespitzt formuliert.Und die Frage war, was sich seitdem realverändert hatte.

Ettores private Adresse fand sich im Pari-ser Telefonbuch. Gleich der erste Versuchklappte. Seine Stimme klang, wie ich siein Erinnerung hatte. Französisch und,nicht zu verleugnen, noch immer der ita-lienische Akzent. Ein kurzes „Norbert …wer? Ach ja, Cedefop. Natürlich. Damals.Wie lange ist das her? Geht’s gut? Wosteckst Du jetzt eigentlich?“ Herzlicheserneutes Zusammentreffen am Telefon.Meine Bitte war schnell vorgebracht. DasThema rasch umschrieben. Die alte Alli-anz sofort wieder hergestellt. Seine Zusa-ge kam prompt. Ja, das Thema interessie-re ihn sehr, wie kaum ein anderes. Erwerde einen Vortrag ausarbeiten. Ciao undbis bald.

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Ettore hielt Wort. Der Vortrag kam weni-ge Tage später per E-Mail. Seine Sekretä-rin ließ ausrichten, dass ihm an dem Do-kument sehr viel gelegen sei, er selbstaber aus gesundheitlichen Gründen lei-der nicht an der Konferenz teilnehmenkönne. Ich wollte ihm noch vorschlagen,eine Videokonferenz-Schaltung zwischenParis und Thessaloniki einzurichten. Sohätte er zumindest virtuell an der Agorateilnehmen und seine Key note vortragenkönnen. Nur wußte ich nicht, wie krankEttore wirklich war. Seit langem schon.

Meinen Dank für sein Engagement hat erselbst nicht mehr erhalten. Deshalb an

dieser Stelle und öffentlich „Un très grandmerci, cher ami, au nom de nous tous etpour tout ton engagement.“

Ettore Gelpi verstarb am 22. März 2002,im Alter von 69 Jahren, in Paris an denFolgen einer langen, schweren Krankheit.Zwei Tage nachdem er seinen letzten Vor-trag fertiggestellt hatte.

* * *

Der Redaktionsbeirat hat sich dafür aus-gesprochen, Ettore Gelpis Gedanken zumVerhältnis von allgemeiner und berufli-cher Bildung hier zu veröffentlichen.

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Ettore Gelpi1933 – 2002Neue Paradigmen in

Ausbildung und Kom-munikation

Die Mächtigen von Athen wurden auf ihreHerrschaft vorbereitet, indem sie in Phi-losophie, Rhetorik und in der Kunst desPlädoyers ausgebildet wurden. Diese Ein-weisung in ihr öffentliches Leben auf demForum war ihre „berufliche Bildung“, zu-gleich aber auch eine vollendete Form all-gemeiner Bildung, die es ihnen erlaubte,die Macht zu ergreifen und zu erhalten.

Die Erziehung des Volkes erfolgte im Rah-men mehr oder weniger nobler Tätigkei-ten – Heranbildung der Kinder, Handel…– und sicherte im Wesentlichen das Über-leben; diese Ausbildung beinhaltetedurchaus auch allgemeinbildende Kom-ponenten.

Allgemeine und berufliche Bildung sindalso nicht so eindeutig voneinander zutrennen. Eindeutig sind hingegen Finalitätund Resultate dieser Ausbildungen. Inberuflichen Bildungsgängen ist heute aberleider nur allzu oft weder von Finalitätennoch von Philosophie die Rede, manspricht nur über Modalitäten.

In Reaktion auf die katastrophalen Krisender Gegenwart, von den „Twin Towers“bis hin zum Anstieg der Arbeitslosigkeit,dem man jahrelang mit zweifelhaften Re-zepten entgegenzuwirken suchte, setztman zur Problemlösung auf die militäri-sche Option, obwohl es um Missständeeiner Tragweite geht, die sich dieser völ-lig entzieht. Situationen in Ländern wieArgentinien, die offensichtlich nicht mehrkontrollierbar sind, tiefgreifende Krisendes Unternehmertums und der Gewerk-schaften werfen auch Zweifel an denBildungssystemen der verschiedenen Län-der auf; auch diese sind ursächlich für diedramatischen Probleme.

Nun soll zwar die Frage der Bildung nichtfür alles verantwortlich gemacht werden,was auf diesem Planeten offensichtlich

nicht funktioniert, aber man darf die Rol-le der Bildung auch nicht unterbewerten.Die Europäer begeistern sich immer nochfür Bildungskonzepte, die Anfang der 70erJahre entstanden sind, sie haben aber ver-gessen, dass die wirtschaftliche Euphoriein Europa damals einen Höhepunkt er-reicht hatte, der Theoretikern und Prakti-kern Spielraum gewährte, diverse Verbin-dungen zwischen allgemeiner und beruf-licher Bildung zu knüpfen.

Am Ursprung des Kurswechsel stehenmeiner Ansicht nach die so genannte Öl-krise, ja der Beginn des unerbittlicheninternationalen Wettbewerbs im Rahmender sich abzeichnenden Globalisierung,eine immer schwächere Stellung der Ge-werkschaften, die kaum noch in der Lagewaren, für die Vermittlung allgemeinerBildung an die Arbeiter einzutreten, diein den so genannten Krisenzeiten als Lu-xus betrachtet wurde, sowie das, was ichhier behandeln werde: die Preisgabe derFrage der Allgemeinbildung durch die Ex-perten.

Die allgemeine Bildung verschwindet vonder Tagesordnung.

Ich habe selbst erlebt, wie bestimmteAkteure immer mehr das Interesse verlo-ren und vielmehr darauf bestanden, dieVermittlung allgemeiner Kenntnisse sei fürdie berufliche Bildung von Arbeitern wieFührungskräften unerheblich. Gestützt aufeine unsägliche Literatur, hatte die nach-wachsende Generation von Management-und Ausbildungsspezialisten nur nocheine berufliche Bildung im Blick, die al-lein auf Funktionalität, Effektivität undMobilität der Arbeitskräfte ausgerichtetwar.

Aus Ausbildern mit einer stark kulturellgeprägten persönlichen Geschichte wur-den passive Weitervermittler einer ihnen

Eröffnungstext der AGORA-Sitzung „Image und Stellen-wert der beruflichen Bil-dung – welche Veränderun-gen sind erforderlich?“29. und 30. April 2002, Thes-saloniki, Griechenland

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selbst fremden „Kultur“, welche häufigweder den Interessen der Arbeitskräftenoch den Interessen des Unternehmensentsprach. Und wir, wir beschäftigten unsnur noch unter Genossen bzw. auf reinwissenschaftlicher Ebene mit dieser Fra-ge; wobei wir allerdings stets in engemKontakt nicht etwa mit Ideologen, son-dern mit seriösen Vertretern von Unter-nehmen und Gewerkschaften standen.

Und die Firmen, die neuartige Ausbil-dungsgänge verkaufen, vermehren sichderweil, ihre Schulungen werden immerteurer, die Ergebnisse immer bescheide-ner.

Ich möchte diese Veranstaltung zumAnlass nehmen, um Sie mit diesen Fra-gen zu konfrontieren und die Situationnicht weiter schönzureden, was zu nichtsführt. Um die anstehenden Veränderun-gen, die von großer Tragweite sind,bewältigen zu können, sind Behörden undUnternehmen ebenso wie die Gesellschaftinsgesamt heute dringender denn je aufMänner und Frauen angewiesen, die kul-turelle Werte verinnerlicht haben. WelcherStellenwert kommt Wissenschaft undTechnik zu? Sie sind Teil dieser Kultur undmüssen als solcher bestimmte Bedingun-gen erfüllen: Sie dürfen nicht zu Totalita-rismen führen, sie müssen ihre Funktio-nen erfüllen und dürfen nicht mehr Raumbeanspruchen, als ihnen zusteht. Aberdieser historische Kampf ist nicht leichtzu führen, und dies ist der Kern meinerHypothese. Will man erreichen, dass dieAusbildung dazu beiträgt, den gesell-schaftlichen Erfordernissen gerecht zuwerden, so müssen auch Wissenschaftler,Lehrkräfte und Verwalter herangebildetwerden, die in der Lage sind, sich derEinflussnahme und dem Druck einzel-staatlicher und internationaler Macht-strukturen zu widersetzen, welche einetechnische Ausbildung diktieren, die fak-tisch zum Absterben der Bildung führt.

In diesem Zusammenhang kommt derAusbildung der Männer und Frauen, dieBildungsaufgaben im weitesten Sinneübernehmen, sowie der mit Bildungs-fragen befassten Wissenschaftler elemen-tare Bedeutung zu. Es ist notwendig, sicheiner unterschwelligen Prostitution zuwidersetzen, deren Resultate offensicht-lich sind. Eine Neuordnung der Ausbil-dung kann sicherlich nicht bedeuten, die

Arbeitskräfte anhand ihrer spezifischenAufgaben nach Beschäftigtengruppen zutrennen. Der Wissenschaftler muss sichebenso wie der leitende Angestellte phi-losophisches Wissen aneignen; der ange-lernte Arbeiter ist auf mathematischeKenntnisse ebenso angewiesen wie derIngenieur.

Ein solcher Bildungsansatz wird der kri-senhaften Bildungssituation neue Impul-se verleihen, d. h. einer Situation, die fest-gefahren ist, weil man das Augenmerkausschließlich auf Strukturen und gesetz-liche Regelungen richtet.

Meine Freunde vom Cedefop fordern michnach zwanzigjähriger Unterbrechung zumerneuten Nachdenken auf. Und meineFreunde aus Kameoka verleihen mir ei-nen Preis für mein seit zwanzig Jahrenwährendes Bemühen in Japan zur Ent-wicklung der Bildungskonzepte im Be-reich der ständigen Weiterbildung, die alsetwas aufgefasst wird, das auch den Er-werb kulturellen Wissens sowie selbst-gesteuertes Lernen umfassend einbezieht.

C. Griffin verweist im Abschnitt EttoreGelpi(1) nachdrücklich auf die Verbindun-gen, die ich zwischen Ausbildung, Bildungund Kultur hergestellt habe. Mit einem Malwird das Gesamtbild deutlich. Die Kriseist umfassend und man versucht, andereQuellen zu untersuchen. Ich habe mei-nen Kampf geführt, einen Kampf, derheute anerkannt ist, weil er niemals inAbgeschiedenheit geführt wurde. Ständighabe ich mich mit offiziellen wie mit un-abhängigen Gruppen auseinandergesetzt,die diese Ideen schon immer geteilt ha-ben, weil sie diesen Ideen entsprechendleben und weil sie dem Druck der unter-schiedlichen Formen von Korruption nichtnachgeben, die seit 30 Jahren auf denBildungsbereich und die Berufsbildungeinwirken. Der im Betrieb tätige Arbei-ter, der zugewanderte Arbeitnehmer, derKenntnisse erwirbt, um in dem neuenLand, in dem er arbeitet, überleben zukönnen, die Frau, die darum kämpft, Ar-beit zu finden und diese zu behalten, derjunge Lehrling, der sich nicht damit zu-frieden gibt, am Ende des Monats einenbescheidenen Lohn zu empfangen, sie allewissen um die Bedeutung, die der allge-meinen Bildung zukommt, wenn es dar-um geht, die eigene Zukunft zu gestaltenund nicht, ausgepresst wie eine Zitrone,

(1) P. Jarvis, Koord. 20th CenturyThinkers in Adult and ContinuingEducation, 2. Ausgabe, S. 274-288

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einfach abgeschoben zu werden. Ich ken-ne diese Menschen und ich habe stets denKontakt zu ihnen gesucht. Wir haben ge-meinsam nachgedacht. Häufig sind sie diewahren Forscher, und ich fordere die hierAnwesenden auf, sich ganz ohne Dem-agogie, sondern vielmehr mit Lernbereit-schaft, Wissbegierde und Zuneigung andiese Menschen zu halten.

Ich befand mich nicht nur in Oppositionzu den Einrichtungen, die unter demEinfluss der Geldgeber bzw. unter demEinfluss derjenigen standen, die sich alsGeldgeber gerierten, sondern manchesMal auch in Opposition zu den Gewerk-schaften, die direkten oder indirektenZwängen seitens einzelstaatlicher oderinternationaler Institutionen unterlagen.Trotz des freundschaftlichen Klimas, indem diese Konflikte ausgetragen wurden,handelte es sich in der Sache um harteAuseinandersetzungen.

Möglicherweise gehe ich mit meinenBerufskollegen, mit Wissenschaftlern,Lehrkräften und Funktionären so scharfins Gericht, weil sie um die Machtverhält-nisse wissen und früher auch willens wa-ren, für die Verbindung von allgemeinerund beruflicher Bildung, d.␣ h. für demo-kratische Bildungsverhältnisse zu kämp-fen. Oftmals musste ich – und muss nochimmer – Enttäuschungen hinnehmen, aber

ich glaube, dass ich als Werktätiger, derseit vielen Jahren in der Welt der Bildungunterwegs ist, nicht nur das Recht, son-dern vor allem die Pflicht habe, mich die-sen manipulativen Einflüssen entgegen-zustellen.

Ich wäre glücklich, wenn ich erlebenkönnte, wie diese Frage von Ausbildungs-firmen, in Zeitschriften und in Seminarengemeinsam mit denjenigen untersucht underörtert wird, die Urheber dieser Bildungsind. Klar ist, dass man nicht über Kulturreden kann, ohne diejenigen einzubezie-hen, die ein Interesse an allgemeiner undkultureller Bildung bekunden. Und eben-so empfinde ich es als anstößig, dass sichimmer mehr Personen zu Fragen der Ar-beit äußern, ohne die Arbeitswelt über-haupt zu kennen.

Sie haben mich hierher eingeladen, uman einem Neuanfang teilzuhaben: SolltenSie einfach nur jemanden suchen, der Ih-nen eine kritische Analyse aller zum The-ma Weiterbildung erschienenen Texte lie-fert, dann sind Sie an den Falschen gera-ten. Im Lauf von 30 Jahren haben sichdie eifrigen Verfechter der Kultur in Blau-pausen von Managern verwandelt, dieglauben, technische Kenntnisse und dieFähigkeit zum Umgang mit der Techno-logie machten eine Vertiefung der eige-nen kulturellen Kenntnisse überflüssig.

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Bildungsdynamik undBildungssysteme

(1) An diesem Projekt arbeiten folgen-de Forschungsteams mit:• Université des Sciences Socialesde Toulouse, Laboratoire Interdiscipli-naire de Recherches sur les Ressour-ces Humaines et l’Emploi (LIRHE)• Universitat autonoma de Barce-lona (UAB) Grup de Recerca Educacioi Treball (GRET)• London School of Economics(LES) Center for Economic Perfor-mance (CEP)• Zentrum für Sozialforschung Hal-le (ZSH)• Centro di Recherche Economichee Sociali (CERES) Roma• Center for Research On Innovati-on and Society (CRIS) Berlin & SantaBarbara

Dieser Artikel basiert auf einem kollekti-ven Forschungsvorhaben, dem ProjektEDEX (Educational Expansion and LabourMarket)(1), das von der Europäischen Ge-meinschaft finanziell unterstützt wird.

Das umgreifende Ziel dieses Forschungs-vorhabens bestand darin, die Modalitätenund Konsequenzen der massiven Zunah-me der Zahl der Erwerbstätigen, die übereinen Bildungsabschluss verfügen, zuuntersuchen, und zwar im Laufe der letz-ten 40 Jahre in den fünf folgenden euro-päischen Ländern: Deutschland, Spanien,Frankreich, Italien und im Vereinigten Kö-nigreich.

Für die Phase 1 des Projekts (WorkPackage 1 = WP1) waren Hilary Steedmanund der Autor dieses Artikels verantwort-lich. Sie wurde im Laufe des Jahres 2000abgeschlossen.

Dieser Artikel verwendet die im Schluss-bericht (Steedman und Vincens 2000)vorgestellten Ergebnisse, stellt aber kei-ne Zusammenfassung des Schlussberichtsdar. Vielmehr sollen die Überlegungen,die im Bericht dargelegt wurden, mitSchwerpunkt auf den neuesten Ergebnis-sen weitergeführt sowie die Interpretationder Daten, die im Bericht selbst nur an-gedeutet wurde, weiter ausgeführt wer-den.

Eine der methodischen Besonderheitendes EDEX-Projekts bestand darin, dass einGenerationenansatz zugrunde gelegt wur-de. Durch die vorangehenden Arbeiten,die von denselben Teams dank der finan-ziellen Unterstützung durch das Cedefopdurchgeführt worden waren (Mallet et al.,1997), war nahegelegt worden, dass diemeisten Bildungsabschlüsse von jungen

Menschen erworben werden, und daherdie Anhebung des Bildungsniveaus derBevölkerung über einen demografischenProzess erfolgt:

❏ Das Bildungsniveau, das eine Genera-tion im Alter von 30 Jahren erreicht hat,verändert sich in der Folge sehr wenig.Es gibt zwar Ausnahmen, doch insgesamttrifft diese Aussage zu.

❏ Daraus ergibt sich, dass die Anhebungdes allgemeinen Bildungsstands über einFortschreiten in der Altersskala, nämlichüber Generationen mit immer mehr Aus-bildungsabsolventen, erfolgt.

❏ Dieses Merkmal des Prozesses des Er-werbs von Abschlüssen ermöglicht es, dieEntwicklung des Bildungsstands nachzu-zeichnen, indem einfach die Abschluss-struktur der verschiedenen Generationen,die zu einem gegebenen Zeitpunkt dieBevölkerung ausmachen, verglichen wird.

❏ Dieser Ansatz, der sich auf die Betrach-tung aufeinanderfolgender Generationenstützt, ermöglicht auch eine neuartigeAnalyse der Bildungssysteme: Man ver-folgt eine Generation, die zu einem ge-gebenen Zeitpunkt ins Schul- bzw. Bil-dungssystem eintritt und die Schule durch-läuft, wobei sie sich auf die verschiede-nen Bildungsgänge verteilt, aus denensich das Bildungssystem zu diesem Zeit-punkt zusammensetzt. Eine Veränderungdieser Aufteilung im Laufe der Zeit ist dasErgebnis sowohl einer veränderten Nut-zung unveränderter Bildungsgänge alsauch der Veränderung im Angebot an Bil-dungsgängen. Diese als „Méthode desgraphes des systèmes éducatifs“ bezeich-nete Methode, die von B.␣ Fourcade vonLIRHE ausgearbeitet wurde, hat sich da-

Indem der Artikel die wichtigs-ten Entwicklungen der Struk-tur der (Aus)bildungsabschlüs-se in fünf Mitgliedstaaten derEuropäischen Union be-schreibt – Deutschland, Spani-en, Frankreich, Italien undVereinigtes Königreich –, zeigter, dass es kein einheitlichesBildungsentwicklungsmodellgibt, und erläutert, dass sichdie Unterschiede aus dem Ver-hältnis zwischen Bildung undWirtschaftsentwicklung herlei-ten. Die Entwicklung der Bil-dung lässt sich in der Tat anzwei Verhältnissen festma-chen: dem zwischen Ausbil-dungsangebot und -nachfrageund dem zwischen Kompe-tenzangebot und –bedarf amArbeitsmarkt. Doch bildet na-türlich auch die Vergangenheiteinen entscheidenden Faktor:denn da jedes Land aus seinenpolitischen Traditionen undArbeitsbeziehungen herauseine andere Antwort auf Pro-bleme gibt, die sich allen stel-len, entwickeln sich die Bil-dungssysteme nach wie vor inungleicher Weise weiter.

Jean VincensEmeritusUniversität fürSozialwissenschaften,Toulouse

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bei als sehr fruchtbar erwiesen (Béduwéund Fourcade 2000).

Der erste Teil dieses Artikels stellt diewichtigsten Züge der Entwicklung derAbschlussstruktur in den fünf Ländern vor.Im zweiten Teil wird versucht, die haupt-sächlichen Gründe für die Bildungs-expansion herauszuarbeiten. Im drittenTeil wird schließlich versucht, die Kon-vergenzen und Divergenzen der Entwick-lung in den fünf Ländern eingehenderdarzustellen.

Teil 1Die Entwicklung

1) Die Daten

In Tabelle I werden die 1940, 1950, 1960und 1970 geborenen Generationen unterVerwendung einer vereinfachten Klassifi-kation, die von Hilary Steedman vorge-schlagen und im EDEX-Bericht verwen-det wurde, verglichen.

Es handelt sich um folgende Kategorien:

1a. Ohne Bildungsabschluss: im Verei-nigten Königreich: no qualifications; inFrankreich: sans diplôme; in Italien:Licenza elementare oder senza titolo (diein den Daten nicht getrennt sind); inDeutschland: ohne Bildungsabschluss undohne Antwort; in Spanien sense estudis.

1b. Abgeschlossene Pflichtschule: inFrankreich: Certificat d’études primaires;in Spanien: Primaris; in Deutschland:Hauptschulabschluss.

2. Abschluss des Sekundarbereichs␣ I:im Vereinigten Königreich: O Level, CSEund GCSE ; in Frankreich: BEPC ; inDeutschland: Realschule; in Italien: Scuolamedia; in Spanien: Bachillerato elementalund EGB obere Stufe.

3. Berufsbildende Abschlüsse: im Ver-einigten Königreich: others, Trade Appren-ticeship, City&Guilds, ONC/OND, NVQ 2/3; in Frankreich: CAP/BEP; in Deutsch-land: Lehrlingsabschluss, BFS; in Italien:Abschluss der Scuola professionale; inSpanien: die FP.

4. Abschluss des allgemeinbildenden,fachlich-/technischen oder berufsbil-

denden Sekundarbereichs␣ II (Hoch-schulzugangsberechtigung): im Verei-nigten Königreich: A Level; in Deutsch-land: Abitur und Fachhochschulreife; inFrankreich: Baccalauréat; in Italien:Maturità, diploma di Magisterio, diplomadi Scuola Tecnica; in Spanien: Bachil-lerato Superior, BUP und COU.

5. Hochschulabschlüsse: im VereinigtenKönigreich: degrees , HNC/HND undteaching and nursing; in Frankreich:Licence und darüber sowie AbschlüsseBac+2; Deutschland: Universitätsab-schlüsse, Meister- und Technikerab-schlüsse; Italien: Universitätsabschlüsse;Spanien: kurze und lange Universitäts-studiengänge.

Wie alle Klassifikationen hat auch dieseihre Unzulänglichkeiten. Vor allem dieKategorie 2, Abschlüsse des Sekundar-bereichs␣ I, hat sich in einigen Ländern imLaufe der Zeit verändert: in Frankreich,im Vereinigten Königreich und in Italiensind diese Abschlüsse zu Abschlüssen derPflichtschule geworden. Wir werden dasim Folgenden berücksichtigen.

Ausgehend von der jeweils neuesten vor-liegenden Arbeitskräfteerhebung der ein-zelnen Länder ist in Tabelle 1 für vierGenerationen die Struktur der Gesamtbe-völkerung nach Bildungsabschlüssen auf-geführt. Die 1940 geborene Generation istim Jahr 2000 60 Jahre alt und teilweisenicht mehr erwerbstätig. Die 1970 gebo-rene Generation ist 30 Jahre alt und hatgerade im Wesentlichen die Bildungsab-schlüsse erreicht, die ihr Berufsleben prä-gen werden.

Tabelle 1:❏ Die 1940er Generation war 1960 20Jahre alt und wurde somit im Wesentli-chen im Bildungssystem der 50er Jahreausgebildet. Da die meisten Bildungsab-schlüsse in der Erstausbildung erworbenwerden, stellt die im Jahre 1998 untersuch-te Abschlussstruktur dieser Generation da-her eine gute Annäherung an die „Pro-duktion“ der Bildungssysteme der 50erJahre dar. Entsprechend war die 1950erGeneration im Jahr 1970 20 Jahre alt, ihreAbschlussstruktur spiegelt die Bildungs-produktion der 60er Jahre wider.

❏ Wir können davon ausgehen, dass dieStufen 1a, 1b und 2 der Bildung im Rah-men der Schulpflicht entsprechen. Tabel-

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le 1 zeigt in der Tat sehr deutlich den Ein-schnitt auf den Stufen 1b bzw. 2: wenndie Stufe 1b hohe Werte aufweist, ist dieStufe 2 schwach ausgeprägt oder gar nichtvorhanden und umgekehrt. Die wichtigs-te Ausnahme betrifft Frankreich für dieGenerationen, die 1940 und 1950 gebo-ren wurden: Der Abschluss am Ende desSekundarbereichs␣ I erforderte eine schu-lische Ausbildung, die über die Pflicht-schulzeit hinausging. Später hat dasCertificat d’études primaires (Stufe 1b) anBedeutung verloren, und damit wurde dasBrevet d’études du premier cycle (Stufe 2)der erste Schulabschluss, den man errei-chen konnte. Im Vereinigten Königreichwar ein ähnlicher Verlauf zu beobachten.In Italien ist die Licenza media inferioreeigentlich das Abschlusszeugnis derPflichtschule.

Daher entsprechen die Stufen 3, 4 und 5der Ausbildung im Anschluss an die Schul-pflicht. Die Bildungsexpansion kam durchzwei Prozesse zustande: (i) durch dieVerlängerung der Schulpflicht und denRückgang des Prozentsatzes derer, die dieSchule ohne Abschluss verlassen, und (ii)die Expansion der Ausbildung im An-schluss an die Schulpflicht. Der zuletztgenannte Vorgang war, wie Tabelle 2zeigt, von großer Bedeutung. Um die Un-terschiede zwischen den Zeiträumen undLändern zu verdeutlichen, gibt diese Ta-belle die kumulierten Prozentsätze derBildungsstufen der verschiedenen Gene-rationen ausgehend von den Hochschul-abschlüssen (Kategorie 5 der Klassifika-tion) an, was eine Einschätzung des Pro-zentsatzes einer Generation ermöglicht,deren Bildungsniveau über das Niveau derabgeschlossenen Pflichtschule hinausgeht.

Tabelle 2:Die Stufe 4 entspricht einem Abschluss,der den Zugang zum Hochschulwesenermöglicht, die Stufe 3 entspricht „kürze-ren“ beruflichen Bildungsgängen (fürFacharbeiter und Fachangestellte).

2) Kommentar

1) Die Ausgangslage: Betrachten wir zu-nächst die Generation der 1940 Gebore-nen. In der Kategorie 5 heben sich dreiLänder (Vereinigtes Königreich, Frank-reich und Deutschland) von den anderenab, die deutlich niedrigere Zahlen aufwei-sen. Bei der Zwischensumme 5+4 schließtItalien zu den drei führenden Ländern auf,

Spanien bleibt auf einem niedrigeren Ni-veau; bei der Zwischensumme 5+4+3 lie-gen Deutschland und das Vereinigte Kö-nigreich deutlich an der Spitze, gefolgtvon Frankreich.

Die 1940er Generation ist am Ende deszweiten Weltkriegs in die Schule gekom-men. Die Schulpflicht ging damals in Spa-nien bis zum Alter von 13, in Deutsch-land, Italien und in Frankreich bis zumAlter von 14 und im Vereinigten König-

Tabelle 1

Abschlussstruktur einiger Generationen

1940 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

1a Ohne Bildungs-abschluss ␣ 9 39 28 56 32

1b AbschlussPflichtschule 24 - 27 - 57

2 Sek.␣ I ␣ 1 ␣ 9 ␣ 6 23 -3 Berufsbildung 51 34 20 ␣ 3 34 Sek.␣ II - ␣ 3 ␣ 7 12 25 Hochschule 14 16 12 ␣ 5 6

1950 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

1a ␣ 8 24 18 31 121b 14 - 18 - 632 ␣ 2 12 ␣ 7 34 -3 53 38 30 ␣ 5 54 - ␣ 4 10 20 85 21 22 17 10 13

1960 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

1a ␣ 9 16 23 10 ␣ 41b 11 - ␣ 4 - 542 ␣ 3 23 ␣ 9 43 -3 56 30 31 ␣ 7 144 - ␣ 7 12 30 125 22 25 21 10 16

1970 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

1a ␣ 8 11 17 ␣ 6 ␣ 21b ␣ 9 - ␣ 1 - 382 ␣ 3 23 ␣ 4 41 -3 58 31 30 ␣ 7 204 - ␣ 9 16 39 185 20 26 32 ␣ 7 23

* Arbeitskräfteerhebung 1999, also im Alter von 29 Jahren

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reich bis zum Alter von 15 Jahren. Weni-ger als 20␣ % dieser Generation absolvier-te eine längere allgemeinbildende Ausbil-dung als Grundlage für eine fachlich-tech-nische Ausbildung auf mittlerer Stufe oderfür ein Hochschulstudium. Ein großer Teildieser Generation sollte Facharbeiter-oder Fachangestelltentätigkeiten ausüben,für die eine formelle Ausbildung mit ei-nem Abschluss oder eine informelle Aus-bildung „on the job“ möglich waren. Ge-nau diese Situation spiegelt sich in denDaten wider.

Deutschland sorgt dafür, dass zwei Drit-tel dieser Generation eine formale Aus-bildung erhält, die Berufsausbildung wirdbesonders ausgebaut. Das Vereinigte Kö-nigreich weist ebenfalls ein sehr umfang-reiches Berufsbildungswesen auf, auchwenn dieses längst nicht so ausgeprägtist wie in Deutschland. Frankreich nimmtim Hinblick auf die Berufsbildung (Stufe

3) eine Zwischenposition ein, in Italienund in Spanien ist diese Art der Ausbil-dung kaum entwickelt. Das bedeutet, dassin diesen beiden Ländern und in geringe-rem Maße auch in Frankreich und im Ver-einigten Königreich „training on the job“,das nicht durch einen Abschluss aner-kannt wird, eine wichtige Rolle spielt.

Deutschland und das Vereinigte König-reich weisen im Jahr 1950 die am weites-ten entwickelten Bildungssysteme auf, inderen Rahmen die Berufsbildung (Stufe3) nicht vom Staat finanziert oder verwal-tet wird, sondern in der Verantwortungder Betriebe (Deutschland) bzw. verschie-denster Organisationen (Vereinigtes Kö-nigreich) liegt. In Frankreich finden kur-ze berufliche Bildungsgänge in den staat-lichen Berufsbildungszentren und in derLehre statt.

2) Die Entwicklung von der 1940er Ge-neration zur 1970er Generation wird so-wohl durch diese Unterschiede zu Beginnals auch durch die im Verlauf der Periodegetroffenen Entscheidungen beeinflusst.

Die Gesamtsumme aus 5+4+3 nimmt inallen Ländern von der 1940er Generationzur 1950er Generation stark zu, wobei dieZunahme in Spanien, Frankreich und Ita-lien deutlich höher ausfällt, als in den bei-den anderen Ländern. Die Zahlen für die1960er Generation weisen in Spanien,Frankreich und Italien eine Fortsetzungdieser Zunahme auf, während es inDeutschland und im Vereinigten König-reich zu einer deutlichen Verlangsamungkommt. Die Zahlen der 1970er Generati-on schließlich zeigen in Deutschland eineannähernde Stagnation, im VereinigtenKönigreich eine schwache Zunahme undeine weitere Zunahme in den anderen Län-dern. Im Jahr 1998, als die 1970 geboreneGeneration knapp 30 Jahre alt ist, hat dannder Prozentsatz dieser Generation, der übereinen postobligatorischen Abschluss ver-fügt, in Deutschland und in Frankreichannähernd 80␣ %, im Vereinigten Königreich66␣ %, in Spanien 61␣ % und in Italien 53␣ %erreicht; in Italien wird allerdings der Pro-zentsatz der Absolventen, vor allem imHochschulbereich, auch nach dem Altervon 30 Jahren noch zunehmen.

Die Struktur dieser postobligatorischenAbschlüsse ist am Anfang unserer Betrach-tung verschieden und hat sich in den ein-

Tabelle 2

Abschlüsse nach der Pflichtschulzeit -kumulierte Prozentsätze

1940 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

5 14 16 12 5 65+4 14 19 19 17 85+4+3 65 53 39 20 11

1950 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

5 21 22 17 10 135+4 21 26 27 30 215+4+3 74 64 57 35 26

1960 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

5 22 25 21 10 165+4 25* 32 33 40 285+4+3 78 62 64 47 42

1970 Geborene Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

5 20 26 32 7 225+4 27* 35 48 46 415+4+3 78 66 78 53 61

* Die Summe 4+5 wurde dahingehend korrigiert, dass auch die Abiturienten, die nach Erwerb desAbiturs eine Lehrlingsausbildung abgeschlossen haben, erfasst sind.

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zelnen Ländern auf je eigene Weise ver-ändert.

Diese Ausgangslage und die folgendenEntwicklungen können etwas genauererfasst werden, indem der Anteil der Stu-fen 4 und 5 in der Zwischensumme 5+4+3berechnet werden. Tabelle␣ 3 zeigt dieErgebnisse für die vier Kohorten.

Tabelle 3Je geringer der Koeffizient ist, um so ge-ringer ist der Anteil der Abschlüsse vonlängeren Bildungsgängen im Sekundarbe-reich und von Bildungsgängen im Hoch-schulbereich an der Gesamtheit der post-obligatorischen Abschlüsse. Auf der an-deren Seite zeigt das sehr deutlich dieBedeutung der beruflichen Bildung inDeutschland und im Vereinigten König-reich für die 1940er Generation sowie dasweitgehende Fehlen dieser Art von Aus-bildung (mit einem formellen Abschluss)in Italien und in Spanien sowie dieZwischenposition Frankreichs.

Der Anteil langer Bildungsgänge imSekundarbereich und von Bildungsgängenim Hochschulbereich nimmt in allen Län-dern von einer Generation zur nächstenzu. Nur Spanien bildet hier eine Ausnah-me, was die Entwicklung der beruflichenBildung in diesem Land widerspiegelt.Italien ist ein Sonderfall: Hier machen be-rufliche Bildungsgänge, auf die ein Ein-tritt in den Arbeitsmarkt folgt, einen grö-ßeren Teil der langen Bildungsgänge imSekundarbereich aus als in den anderenLändern.

Die Unterschiede in der Ausgangssituati-on (der 1940er Generation) lassen sichrecht einfach durch das sehr geringe Ge-wicht der kurzen beruflichen Ausbildungs-gänge in Spanien, in Italien und in gerin-gerem Maße auch in Frankreich erklären.Alle Länder mit Ausnahme von Spanienweisen vergleichbare Prozentsätze vonAbsolventen der Stufe 5+4 auf, nurDeutschland liegt leicht zurück.

Zumindest bis zur 1960er Generation ver-läuft die Entwicklung in Frankreich, inItalien und im Vereinigten Königreichanalog. Spanien schließt zu diesen dreiLändern auf, Deutschland weist eine lang-samere Zunahme auf. Der Übergang vonder 1960er Generation zur 1970er Gene-ration zeigt ausgeprägtere Entwicklungs-unterschiede: Frankreich ist das erste

Tabelle 3

Anteil der Stufen 4 und 5 am Prozentsatz 5+4+3

Deutsch- V. König- Frank- Italien Spanienland reich reich

1940 Geborene 0,22 0,36 0,49 0,85 0,73

1950 Geborene 0,28 0,41 0,47 0,86 0,81

1960 Geborene 0,32* 0,52 0,52 0,85 0,67

1970 Geborene 0,35* 0,53 0,62 0,87 0,78

*Die Summe 4+5 wurde in der oben angegebenen Weise korrigiert.

Land, in dem der Anteil der Absolventender Stufe 5+4 annähernd 50␣ % der Gene-ration erreicht – der Generation, die imJahr 2000 30 Jahre alt ist -, Italien liegtnicht weit dahinter. Spanien scheint sichin dieselbe Richtung zu entwickeln, wäh-rend der Prozentsatz im Vereinigten Kö-nigreich 35␣ % nicht überschreitet und inDeutschland 30␣ % nicht erreicht. Die Da-ten bezüglich der 1980er Generation lie-fern uns einige zusätzliche Hinweise: InFrankreich hat der Anteil der Personen,die zumindest einen Abschluss der Stufe4 (baccalauréat - Abitur) erreichen, in den90er Jahren stark zugenommen und beider 1975er Generation und den folgen-den 60␣ % erreicht. Dies ist aber vor allemauf die Abnahme des Prozentsatzes der-jenigen, deren höchster Abschluss einAbschluss der Stufe 3 war, zurückzufüh-ren. Im Vereinigten Königreich ist derAnteil der Jugendlichen, die zumindestden A Level erreichen, nach 1998 starkgestiegen und scheint sich bei knapp 40␣ %der nach 1975 geborenen Generationeneinzupendeln. In Deutschland scheint dieEntwicklung gleichmäßiger zu verlaufen.In der 1975er Generation liegt der Anteilderjenigen, die einen Bildungsabschlussbesitzen, der den Zugang zu einer derFormen der Hochschulbildung ermöglicht,bei ungefähr 37 bis 38␣ %.

Ganz deutlich zu erkennen ist, dass eskein einheitliches Modell der Bildungs-expansion gegeben hat, durch das Frank-reich und in stärkerem Maße noch Italienund Spanien veranlasst gewesen wären,die beiden im Bildungsbereich fortge-

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schritteneren Länder zu imitieren unddenselben Weg einzuschlagen.

Die hauptsächlichen Fragen, die durch dieBildungsexpansion in diesen fünf Ländernaufgeworfen werden, betreffen die Bil-dung im Rahmen der Schulpflicht und instärkerem Maße noch die postobligato-rische Bildung. Warum bestehen derartgroße Unterschiede beim Anteil der Per-sonen, die eine Hochschulzugangsberech-tigung oder einen Hochschulabschlusshaben? Warum sind die kurzen oder mitt-leren Berufsbildungsgänge in den betrach-teten Ländern so verschieden?

Wenn man diese Fragen stellt, muss mandie Beziehungen zwischen Bildung undWirtschaftsentwicklung befragen.

3. Bildung und Wirtschaftsentwick-lung

Eine spezifische Untersuchung dieserBeziehungen geht eindeutig über denRahmen dieser Arbeit hinaus, die – undhier verwenden wir den Titel eines in jün-gerer Zeit erschienenen Artikels (Bils undKlenow 2000) - nicht versucht, auf dieFrage zu antworten: „Does SchoolingCause Growth“?

Dennoch sind einige Bemerkungen an-gebracht.

1) Die Länder, deren Wirtschaftsniveau1960 am schwächsten war, sind auch die,deren Bildungsniveau am niedrigsten war.Es handelt sich um die Länder, die dieschnellste wirtschaftliche Entwicklungdurchgemacht und gleichzei t ig dieschnellste Bildungsexpansion erreicht ha-ben. Ein Beispiel: Das Einkommen einesEinwohners in Italien hat sich, ausge-drückt als Prozentsatz des Einkommenseines Einwohners des Vereinigten König-reichs, folgendermaßen verändert:

1960 1983 199866% 90% 103%

(Quellen: 1960 und 1983, CERC 1985, S. 38; 1998,OECD 2000, S. 17; für 1960 und 1983: verfügbaresVolkseinkommen, für 1998: BIP)

2) Die Wirtschaftsentwicklung wird durcheine ganze Reihe von gesellschaftlichenVeränderungen begleitet, wie der Verstäd-terung, der Entstehung von ausgedehnte-ren Arbeitsmärkten und neuen Formen

der Arbeitsorganisation, durch zunehmen-de gewerkschaftliche Organisation undVerbreitung von Tarifverträgen sowie diewachsende räumliche und beruflicheMobilität. Durch die Wirtschaftsentwick-lung nimmt der Bedarf an Kompetenzen(skills) zu, die gerade genannten Phäno-mene tragen aber dazu bei, dass sich dieArt des Erwerbs der Kompetenzen unddie Art, wie sie ermittelt werden, tiefgrei-fend ändert. Die Unterschiede im post-obligatorischen Bildungsniveau der1940er Generation spiegelt damit die Un-terschiede in der Wirtschaftsentwicklungzu Beginn der 60er Jahre wider. Deutsch-land und das Vereinigte Königreich wei-sen zu diesem Zeitpunkt das höchste Ein-kommen pro Kopf der Bevölkerung auf.Frankreich kommt nur auf 71␣ % des Pro-Kopf-Einkommens des Vereinigten König-reichs (CERC 1985).

3) Um diese Veränderungen zu erklären,muss zwischen Entwicklung der Kompe-tenzen und Entwicklung des Schulbesuchsunterschieden werden. Die formelle Bil-dung, die in organisierter Weise in Formvon Bildungsgängen erteilt und durchAbschlusszeugnisse „gekrönt“ wird, hat inWirklichkeit im Zeitraum 1950 bis 2000vier verschiedene Rollen gespielt: Sie hatdazu beigetragen, dass die Einzelnen mitden Kompetenzen ausgestattet wurden,die für die Wirtschaftsentwicklung nütz-lich waren; sie ist zum Teil an die Stelleder weniger sichtbaren Ausbildung getre-ten, die in den Industrie- und Handwerks-betrieben oder in den häufig als Famili-enbetrieben geführten landwirtschaftli-chen Betrieben „on the job“ erteilt wur-de; sie hat zu einem Prozess der formel-len Zertifizierung der Kompetenzen bei-getragen, der für das Funktionieren desArbeitsmarkts im Rahmen der neuen Or-ganisationsformen der Gesellschaft immerwichtiger wird, und schließlich hat sie imSelektionsprozess des Arbeitsmarkts eineFilterrolle übernommen, d.␣ h., sie ist zueinem der Mechanismen für die sozialePositionierung des Einzelnen geworden.

Je nach Niveau der Wirtschaftsentwick-lung zu Beginn der 60er Jahre kam die-sen Rollen in den verschiedenen Ländernunterschiedliche Wichtigkeit zu, was zuden Unterschieden der Bildungssystemebeigetragen hat. Die Bildungssystemespiegelten die Merkmale des Bildungsan-gebots und der Bildungsnachfrage wider,

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die im wesentlichen auf Erstausbildungausgerichtet waren. Eine vergleichendeStudie der Bildungsexpansion muss sichauf dieses Angebot und diese Nachfragekonzentrieren. Wenn man von Bildungs-angebot und Bildungsnachfrage spricht,so bedeutet das nicht, dass ein Wettbe-werbsmarkt vorhanden wäre. Der zweiteTeil dieses Artikels wird sich darum bemü-hen, genauer zu beschreiben, was diesesAngebot und diese Nachfrage sowie wasihre Entwicklung bestimmt. Beim Verlas-sen des Bildungssystems stellen die jun-gen Absolventen das Angebot an ausge-bildeten Personen dar, das auf die Nach-frage aus den Unternehmen trifft. Die Ar-beitsmärkte spielen eine wichtige Rollebei der Nutzung der Abschlüsse. DieseRolle wirkt natürlich auf das Angebot unddie Nachfrage nach Ausbildung zurück.Aber auf welche Weise? Das ist eine derFragen, auf die wir zu antworten versu-chen.

Teil 2Bildungsangebot undBildungsnachfrage

In einer marktbestimmten Umgebung gehtjegliche Produktion aus Initiativen hervor,die entweder durch das Angebot oderdurch die Nachfrage ausgelöst werden. DieAnbieter können neue Güter anbieten, dieNachfrage legitimiert dieses Angebot, in-dem die Güter gekauft werden. Aber auchdie Nachfragenden können ihre Wünscheäußern, indem sie erklären, welchen Be-darf sie haben; die Anbieter setzen danndiese latente Nachfrage in konkrete Güterund Dienstleistungen um. Der Bildungs-bereich funktioniert nur zu einem kleinenTeil nach diesem Schema. Jedes Land ver-fügt über sein Bildungssystem, das eigeneMerkmale aufweist und üblicherweise lang-fristig stabile politische Entscheidungenwiderspiegelt. Unter diesem Gesichtspunktgeht das Angebot der Nachfrage voraus,zuweilen setzt sie sich vollständig gegen-über der Nachfrage durch: Das ist der Fallder Schulpflicht. Aber es gibt auch Spiel-räume. Die verschiedenen Akteure, derStaat und die Gebietskörperschaften, dieFamilien, die Unternehmen, die Gewerk-schaften (vor allem die der Lehrkräfte)spielen beim Aufbau und der Entwicklungder Bildungssysteme eine Rolle und neh-men daher auch auf ihre Ergebnisse Ein-fluss: nämlich auf die Zahl der Absolven-

ten und auf die Abschlussstruktur jeder Ge-neration.

1. Die öffentliche Hand

Die politischen Entscheidungen im Bil-dungsbereich waren in den untersuchtenLändern im wesentlichen unumkehrbar,Veränderungen der politischen Mehrheits-verhältnisse haben zu keinen wesentli-chen Veränderungen in diesem Bereichgeführt. So sind die wesentlichen Zügeder Bildungssysteme der betrachteten Län-der zwischen 1950 und 2000 gleich ge-blieben, außer vielleicht in Spanien, dassein Bildungssystem ausgehend von ei-nem sehr niedrigen Niveau ausgebaut hat.Daher ist es relativ einfach, die Bildungs-expansion in ihren Kontext zu stellen.Schwieriger dagegen ist es, gemeinsameTendenzen zu ermitteln.

Die Politik aller betrachteten Länder zielteauf einen Ausbau der Bildung ab, und die-ses Ziel war um so ehrgeiziger, je niedri-ger das Ausgangsniveau war. Dieser Poli-tik lagen vier Hauptgedanken zugrunde:

❏ Der erste war der Gleichheitsgedanke.Es sollte eine Situation geschaffen wer-den, die allen Kindern gleiche Chanceneinräumte. Doch dies erwies sich sehrbald als recht komplizierte Angelegenheit.Sollten alle eine gemeinsame Mindestaus-bildung durchlaufen? Und wie lange soll-te eine solche Ausbildung dauern? Sollteeine Situation der gleichen Chancen amAusgangspunkt geschaffen werden undein System der Differenzierung nach schu-lischem Erfolg und nicht nach sozialerHerkunft oder nach Familieneinkommeneingerichtet werden? Dieser Erfolg hängtaber auch von der Familiensituation ab,sodass das Problem durch die Entschei-dung für ein auf den Schulerfolg gestütz-tes Kriterium nicht völlig gelöst wird. Aufdiese Fragen konnten in jedem Land an-dere Antworten gegeben werden.

❏ Der zweite Gedanke bestand darin, je-dem Kind das Minimum an Wissen zu ver-mitteln, dessen Besitz für das Leben unddie Arbeit in der heutigen Gesellschaft alsnotwendig erachtet wurde; dazu gehörteauch die Verbreitung der Werte, auf de-nen die jeweilige Gesellschaft aufbaut.

❏ Der dritte Gedanke hat je nach Landeine unterschiedliche Rolle gespielt. Das

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war der Gedanke, dass für die Wirtschafts-entwicklung eine Mobilisierung der Be-gabungen und eine Expansion der Bil-dung erforderlich sind. Damit wird dieBildung als eine Bedingung, die Wirt-schaftswachstum ermöglicht, zuweilensogar als seine Ursache betrachtet, alsoals eine unabhängige Variabel im Wachs-tumsprozess.

❏ Der vierte Gedanke bestand darin, dieAbsolventen auf den verschiedenen Ni-veaus ihrem wahrscheinlichen Werdeganggegenüberzustellen, d.␣ h. eine vereinfachteDarstellung der Beziehungen zwischen denNiveaus der Abschlüsse und den Arbeits-plätzen, die Berufsanfängern zugänglichsind. Die Länderberichte zeigen gut, wiedieser Gedanke umgesetzt wurde: Bei-spielsweise wurde in Italien bis 1962 fürjede Schülergeneration im Alter von zehnJahren eine Orientierung vorgenommen,in deren Folge ungefähr 45␣ % einer Gene-ration auf einen Eintritt ins Erwerbslebenim Alter von 14 Jahren vorbereitet wurdenund eine praktische Ausbildung zu diesemZweck erhielten; die übrigen durchliefenebenfalls bis zum Alter von 14 Jahren denSekundarbereich␣ I und wechselten an-schließend in den Sekundarbereich␣ II überoder auch in den Arbeitsmarkt, wo sie eherim Dienstleistungssektor arbeiteten als inder Industrie.

Der Staat hat beim Aufbau des Bildungs-systems in den fünf betrachteten Länderndefinitiv die vorherrschende Rolle ge-spielt: er legte die verschiedenen Bil-dungsgänge und ihre Verbindungen festsowie die allgemeinen Zugangsbedin-gungen und zuweilen sogar die Zahl derPersonen, die in einen bestimmten Bil-dungsgang aufgenommen werden konn-ten. Dies betrifft zumindest den Pflicht-schulbereich, den allgemeinbildendenSekundarbereich, der zum großen Teil dieBedingung für den Zugang zum Hoch-schulbereich darstellt, und schließlichauch den größten Teil des Hochschulbe-reichs selbst. Bezüglich der sogenanntenkürzeren beruflichen Bildungsgänge, diehäufig direkt an das Ende der Pflicht-schulzeit anschließen, ist die Situationkomplizierter.

2. Die Unternehmen

Die Unternehmen waren über die Lehr-lingsausbildung immer in der Berufsbil-

dung präsent. Die Lehrlingsausbildung hatjedoch in den einzelnen Ländern ganz ver-schiedene Formen angenommen. Derhöchste Grad an Institutionalisierung istin Deutschland anzutreffen, wo die Un-ternehmen im dualen System für einenwichtigen Teil der beruflichen Ausbildungder größten Gruppe jeder Generation sor-gen. Wenn die Berufsbildung in erster Li-nie durch staatlich finanzierte Einrichtun-gen erteilt wird, sind die Unternehmendennoch nicht ausgeschlossen, da sie ander Definition der Ausbildungsgänge be-teiligt sind.

Die Unternehmen nehmen auch durch dieVerwendung der Absolventen, die in denArbeitsmarkt eintreten, auf mittelbareWeise Einfluss. Die Unternehmen benö-tigen Kompetenzen, d.␣ h. Personen, diein der Lage sind, die für die Herstellungvon Gütern und die Erstellung von Dienst-leistungen erforderlichen Aufgaben aus-zuführen. Diese Aufgaben können in ver-schiedenster Weise kombiniert werden, sodass der Inhalt der Arbeitsplätze und dieArbeitsplatzstruktur der Unternehmennicht unbedingt durch die Technik unddie Art des hergestellten Guts bestimmtsind. Daher suchen die Unternehmen vorallem Personen, die ihre Arbeitsplätze ameffizientesten ausfüllen können, am we-nigsten kosten und sehr anpassungsfähigsind. Auch die Unternehmen sind Nutzerdes Bildungssystems und reagieren auf diequalitativen und quantitativen Verände-rungen, die sich im Angebot an Absol-venten ergeben, die wiederum aus derBildungsexpansion herrühren. In be-stimmten Konfigurationen der Beziehun-gen zwischen Ausbildungssystem und denArbeitsmärkten ist das mit einer Strategieder Abstimmung zwischen Ausbildungund Beschäftigung nicht unvereinbar. DerFall reglementierter Berufe, in denen einbestimmter Abschluss die Bedingung fürden Zugang zur betreffenden Berufsaus-übung darstellt, ist das beste Beispiel da-für.

3. Familien und Jugendliche

Sie stellen die Nachfrage nach Ausbildungdar. Oft ist zu lesen, dass es sich hierbeium eine „soziale Nachfrage“ handelt, dieautonom ist und eine Grundtendenz derEntwicklung der Gesellschaften darstellt.Kivinen und Ahola (1999) beispielsweiseschreiben: „Facing growing social de-

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mand, governments are forced to expandeducational provision. At the same time,this feeds ‘educational self-propulsion’which means that the educational levelof the population rises irrespective ofchanges in occupational structures andskills demand“. Diesem Ansatz zufolgewäre die Bildungsexpansion im Wesent-lichen dieser etwas mysteriösen sozialenNachfrage zu verdanken.

Um die Entwicklung der Bildungssystemeund der Bildungsnachfrage zu verstehen,erscheint es vernünftiger, diese Nachfra-ge nach Bildung als Ergebnis der inZwänge eingebundenen Entscheidungs-prozesse seitens der Einzelpersonen undder Familien zu betrachten. Die Elemen-te, die diesen Entscheidungen zugrundeliegen, sind vielfältig und komplex. Siewerden von der Bildungsökonomie undder Bildungssoziologie untersucht. Die-se Argumentation berücksichtigt die Kos-ten und den erhofften Ertrag in einemKontext unvollständiger Information, indem die Einzelperson lediglich über ihrepersönliche Wahrscheinlichkeit Bescheidweiß, den jeweiligen Abschluss zu errei-chen, wenn sie den betreffenden Bil-dungsgang wählt, und über die Wahr-scheinlichkeit, den mit diesem Abschlussverbundenen mittleren Verdienst zu er-halten. Unter diesen Bedingungen be-rücksichtigt die Einzelperson den Ertrag,der mit verschiedenen Arten von Bil-dungsgängen verbunden ist, die unmit-telbaren Bildungskosten und die Op-portunitätskosten bzw. den Verdienst, derihr durch das Studium oder die Ausbil-dung im Vergleich zu einer Beschäftigungentgeht. Angenommen eine Person hatam Ende der Pflichtschulzeit die Wahlzwischen zwei Möglichkeiten: (i) Beginneines dreijährigen Bildungsgangs mit derWahrscheinlichkeit p, diesen erfolgreichabzuschließen, in dem Wissen, dass die-ser Abschluss ihr eine Beschäftigung E1mit einem mittleren Verdienst W1 (miteiner gegebenen Variationsbreite) ermög-licht; (ii) Eintritt in den Arbeitsmarkt, wosie sofort einen Verdienst W2, der unterW1 liegt, erhalten kann, in dem Wissen,dass sie nach drei Jahren eine Beschäfti-gung E‘2 mit dem Verdienst W‘2 (auchhier mit einer bestimmten Variationsbrei-te) erhalten kann. Nehmen wir weiter an,dass die direkten Bildungskosten gleichNull sind. Die Entscheidung zur Fortset-zung der Ausbildung wird sehr wahr-

scheinlich dann fallen, wenn die Wahr-scheinlichkeit p zum Erwerb des Ab-schlusses hoch ist, wenn W2 und W‘2deutlich niedriger sind als W1 und wenndie Variationsbreite des Verdiensts in derBeschäftigung E1 geringer ist, als die inder Beschäftigung E‘2. Eine geringeWahrscheinlichkeit p kann jedoch zurEntscheidung zugunsten eines unmittel-baren Eintritts in den Arbeitsmarkt füh-ren.

Daraus folgt, dass die Bildungsnachfrageder Familien und der Jugendlichen di-rekt durch die Organisationsweise desBildungssystems beeinflusst wird, die dieBedingungen für die Wahrscheinlich-keiten aufstellt, die verschiedenen ange-botenen Bildungsgängen erfolgreich zuabsolvieren, und sich auch auf die Wahr-scheinlichkeit auswirkt, einen Arbeits-platz zu erhalten, der mit einem gegebe-nen mittleren Verdienst verknüpft ist.Eine Selektion anhand von schulischenKriterien zu Beginn eines Bildungsgangsschränkt natürlich die Wahlmöglichkeitenein.

Die Zunahme der Bildungsnachfrage imLaufe der Zeit erscheint uns letzten En-des als Antwort auf verschiedene Stimuli,die eine Kombination aus den Verände-rungen der Bildungssysteme und den Per-spektiven der Arbeitsmärkte darstellen.Daher ist es möglich, Zeiträume zu fin-den, in denen die Nachfrage aufgrund vonAnreizen zunimmt, die vom Arbeitsmarktausgehen, und diese Nachfrage auf dasBildungssystem dahingehend Druck aus-übt, dass das Bildungsangebot ausgebautwird. Zu anderen Zeitpunkten kann sichdas Bildungsangebot durch staatliche Ent-scheidungen ändern und auf die Nach-frage reagieren; es kann aber auch pas-sieren, dass sich eine solche Veränderungdes Bildungsangebots kaum auf die Nach-frage auswirkt, da sich die Voraussetzun-gen, unter denen die Einzelpersonen ihreWahl treffen, durch die Veränderung desAngebots nicht wesentlich ändern.

4. Die Bildungsdynamik

Die Bildungsexpansion im Laufe des letz-ten halben Jahrhunderts ist in unseren fünfLändern in wesentlichen Punkten denstaatlichen Entscheidungen zu verdanken.Diese Entscheidungen lassen aber aucheinige Spielräume offen, vor allem in den

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häufigen Fällen, in denen der Staat dieInhalte und Zugangsbedingungen zu denBildungsgängen definiert, die Zahl der Plät-ze in den einzelnen Bildungsgängen abernicht genau festlegt. Diese Zahl hängt vonder Nachfrage ab, die sich manifestiert,d.␣ h. von den Entscheidungen der Famili-en. Der Staat entwickelt diesen oder jenenBildungsgang in Abhängigkeit einer ent-sprechenden Nachfrage. In jedem der fünfLänder gibt es eine vielfältige Kombinati-on von offenen Bildungsgängen, in denensich die Zahl der Plätze mit mehr oderweniger Verspätung nach der Nachfragerichtet, und von geschlossenen Bildungs-gängen, in denen die Zahl der Plätze vonpolitischen Entscheidungen oder von öko-nomischen Variabeln abhängt (beispiels-weise wird die Zahl der Plätze der ver-schiedenen Lehrlingsausbildungsgänge imdualen System in Deutschland in ersterLinie von den Unternehmen anhand ihrerEinschätzung der künftigen Wirtschaftsent-wicklung festgelegt).

Die Entwicklung weist Gemeinsamkeitenzwischen den Ländern auf, aber auchwesentliche Unterschiede, die diesen po-litischen Entscheidungen und ihren Wech-selwirkungen mit der Nachfrage sowiedem Verhalten der Unternehmen geschul-det sind. Wie haben sich die Unterneh-men die Kompetenzen verschafft, die sienachgefragt haben? Die beobachteteBildungsexpansion ist daher das Ergeb-nis von Einflüssen, die zwei Beziehungs-komplexe aufeinander ausüben: die Be-ziehungen, die zwischen Bildungsange-bot und Bildungsnachfrage bestehen, unddie Beziehungen, die zwischen Angebotund Nachfrage nach Kompetenzen aufden Arbeitsmärkten bestehen.

Die Regulierung des Bildungsangebots inden fünf Ländern ist komplex. Fast über-a l l g ibt es e inen marktbest immtenBildungssektor, in dem die Zahl der Plät-ze von den Preisen abhängt, die die Teil-nehmer zu zahlen bereit sind. Der größteTeil des Angebots unterliegt aber ande-ren Regelungsarten. Die wichtigsten dreisind (i) die staatliche Reaktion auf dieAusbildungsnachfrage, (ii) die Regulie-rung im Rahmen von Haushaltszwängenund (iii) die Regulierung durch die Ein-schätzung der Nachfrage von Seiten derUnternehmen. Schließlich kann es auch,vor allem im Hochschulbereich, zu einernahezu marktbestimmten Regulierungkommen, wenn die Studierenden dieBildungskosten selbst tragen müssen.

Teil 3VergleichendeUntersuchung

Von 1960 bis 2000 hat sich die Bildung inden fünf Ländern in unterschiedlichen Ge-schwindigkeiten entwickelt, die vor allemdas 1960 bereits erreichte Niveau wider-spiegeln, wie im ersten Teil gezeigt wur-de. Dennoch wurde die Entwicklung auchdurch politische Entscheidungen geprägt:die beiden Länder, die 1960 den fort-schrittlichsten Stand erreicht hatten,Deutschland und vor allem das Vereinig-te Königreich, waren auch die Länder, indenen diesbezüglich die einschneidenstenpolitischen Entscheidungen getroffenwurden. Im Übrigen haben alle Länderaußer Spanien bei der Entwicklung ihrerBildung die Hauptzüge des vor 1960 be-stehenden Systems beibehalten, wobeijedes Land natürlich bestimmte Bereichestärker betont hat als andere. Spanien hatsich beim Aufbau seines derzeitigen Bil-dungssystems am französischen Modellorientiert. Das war nicht die einzige Mög-lichkeit, die in Frage kam, aber sicherlichdiejenige, die den Gegebenheiten derspanischen Gesellschaft am besten ent-sprach.

Der Pflichtschulabschnitt ist ein ersterAspekt dieser Expansion. Es ist der Be-reich, in dem die Gemeinsamkeiten amdeutlichsten sind. Darauf folgt die post-obligatorische Bildung: in diesem Bereichsind um einiges stärker ausdifferenzierteBildungslandschaften anzutreffen. Hier

Tabelle

13 Jahre 14 Jahre 15 Jahre 16 JahreSpanien X 1964 1990

Deutschland X 1960(1966)

Italien X 1999

Frankreich X 1959(1969)

VereinigtesKönigreich X 1944 1973

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finden wir sowohl die allgemeinbilden-den Bildungsgänge des Sekundarbereichs,die um 1950 herum vor allem als Vorbe-reitung auf den Hochschulbereich dien-ten, und die berufsbildenden Bildungs-gänge einschließlich der Lehre, die aufbestimmte Berufe vorbereiteten. Die drit-te Gruppe bilden die Hochschulstudien-gänge, die 1960 in den fünf betrachtetenLändern ähnliche Züge aufwiesen, wobeiFrankreich aufgrund der stark ausge-prägten Trennung zwischen Grandesécoles und Universitäten eine Ausnahmebildete.

Wir werden auf diese drei Bereiche zu-rückkommen.

1. Pflichtschule und Mittelschule

Die folgende Tabelle zeigt die Entwick-lung des Alters, in dem die Schulpflichtendet. Das Zeichen X gibt dieses Endalterim Jahr 1944 an, das Datum zwischenKlammern gibt an, in welchem Jahr eineÄnderung in Kraft trat.

Tabelle1950 weisen die fünf Länder eine Gemein-samkeit auf: im Alter von 10 oder 11 Jah-ren, nach den ersten vier oder fünf Schul-jahren, stehen die Schülerinnen und Schü-ler vor einer wichtigen Entscheidung überihren weiteren schulischen Weg. InDeutschland verzweigt sich die Schulbil-dung nach der Grundschule in drei weiter-führende Wege, in den anderen Ländernin zwei Wege.

Der kurze Weg führt mit oder ohne wei-tere berufliche Ausbildung zu einem Ein-tritt ins Erwerbsleben im Alter von 14 Jah-ren. Der lange Weg ist der Bildungswegdes Sekundarbereichs␣ II, der zu einemAbschluss führt, der die Aufnahme einesUniversitätsstudiums ermöglicht (der Ab-schluss ist die notwendige, aber nichtimmer allein ausreichende Bedingungdafür). In Frankreich kann der kurze Bil-dungsgang durch zwei oder drei Schul-jahre im Sekundarbereich␣ I verlängertwerden, über die der Übergang zum lan-gen Bildungsgang (Sekundarbereich␣ II)möglich ist. In Deutschland gibt es einenmittleren Bildungsgang, die Realschule, anderen Ende man im Alter von 16 Jahreneinen Abschluss erhalten kann.

Im Laufe der 50er und 60er Jahre tritt einewichtige Änderung ein. Die Verzweigung

der Bildungsgänge im Alter von 10 oder11 Jahren verliert an Bedeutung oder ver-schwindet ganz - außer in Deutschland.Es besteht eine Tendenz zur Vereinheitli-chung der Bildung bis zum Ende derSchulpflicht. Das entspricht dem Gedan-ken der Chancengleichheit: Begabten Kin-dern aus allen gesellschaftlichen Kreisensollte ein weiterführender Schulbesuchermöglicht werden.

Die Bildungsgänge des Sekundarbereichsbeginnen im Alter von 11 Jahren. DerZeitraum von 11 bis 14 oder 15 Jahren,d.␣ h. praktisch die Zeit bis zum Ende derSchulpflicht, stellt eine Schulstufe undgleichzeitig eine Selektionsphase dar,auch wenn das nicht in allen Ländern of-fiziell eingeräumt wird. In Spanien, in Ita-lien, im Vereinigten Königreich und inFrankreich können die Jugendlichen amEnde dieser Stufe einen Abschluss erwer-ben, der aber je nach Land eine andereBedeutung hat. In Italien ist die Licenzamedia inferiore, die im Prinzip im Altervon 14 Jahren erworben wird, Bedingungfür einen weiterführenden Schulbesuch,wird jedoch von einem großen Teil jederGeneration erworben. In Spanien kommtdem Bachillerato elemental dieselbe Rol-le zu. In Frankreich stellt das Brevetd’études de premier cycle (BEPC) keineBarriere dar. Für die Fortsetzung der schu-lischen und beruflichen Laufbahn stütztman sich auf die Ergebnisse des bisheri-gen Schulbesuchs. Im Übrigen erfolgt eineerste Orientierung nach zwei Schuljahrenim Sekundarbereich, d.␣ h. in einem Min-destalter von 13 Jahren. Jugendliche, diezu diesem Zeitpunkt in kurze beruflicheAusbildungsgänge gelenkt werden, sindjedoch aufgrund ihres schulischen Rück-stands zumeist schon älter. Im Vereinig-ten Königreich ist der O Level nach wievor sehr selektiv: von seinen Ergebnissenhängt ab, ob ein weiterführender, alsozum A Level führender Bildungsgang ein-geschlagen werden kann.

In Deutschland bleibt die Verzweigung imAlter von 11 Jahren bestehen, aber im-mer mehr junge Menschen wechseln inden mittleren Bildungsgang und in denlängeren Bildungsgang über, der zumAbitur führt.

Die Entwicklung der folgenden Jahrzehntewird diese Tendenzen lediglich bestäti-gen.

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Die Verlängerung der Schulpflicht war fürsich genommen bereits ein Faktor derBildungsexpansion. Dadurch hat zunächstschon einmal die Mindestzahl an Schul-jahren, die jeder absolvieren muss, zuge-nommen. Dann wurden zudem Anstren-gungen unternommen, damit ein großerTeil der Schüler und Schülerinnen einengrundlegenden Bildungsabschluss er-reicht, wodurch sich die Zahl der Abgän-ger ohne Abschluss stark verringert hat.In bestimmten Ländern wurden stärkereBemühungen um eine Vereinheitlichungdieses Bildungsgangs unternommen, ins-besondere in Frankreich im Laufe der 70erJahre mit dem Collège unique.

Durch diese Verlängerung der Schulpflichttrat die Differenzierung, die die Schulemöglicherweise auch unbeabsichtigt be-wirkt, deutlicher zu Tage. Der schulischeErfolg bezieht sich nach wie vor auf aka-demische Kriterien, Entscheidungen überdie weitere schulische Laufbahn beziehensich immer weniger auf soziale Kriterienund zunehmend auf gute schulische Leis-tungen. Die Unterschiede bei den Schul-leistungen, die schon in der Grundschulebei Kindern im Alter zwischen sechs undelf Jahren zu beobachten sind, nehmenin der Regel in den folgenden Jahren nichtab.

2. Nach der Pflichtschule: verschiede-ne Kombinationen

Die Tabellen I und II zeigen eine gewis-se konvergierende Entwicklung zwischenden fünf Ländern: es besteht von Gene-ration zu Generation die Tendenz zur ge-genseitigen Annäherung des Prozentsat-zes, der über einen Abschluss eines post-obligatorischen Bildungsgangs verfügt,der bis in die 60er – 70er Jahre in deneinzelnen Ländern noch sehr unter-schiedlich war. Diese Annäherung warganz eindeutig nur durch sehr unter-schiedliche Entwicklungsgeschwindig-keiten möglich, d.␣ h., indem die Ländermit Rückstand schneller aufgeholt haben.Wir haben aber auch feststellen können,dass diese Annäherung auf verschiede-ne Arten eingetreten ist: der Anteil derlangen Bildungsgänge im Sekundarbe-reich und der Hochschulbildungsgängeist in Frankreich, Italien und in Spaniensehr viel schneller gestiegen als inDeutschland oder im Vereinigten König-reich.

Wie kam es dazu? Um dies zu beantwor-ten, müssen wir den im zweiten Abschnittvorgestellten Analyserahmen benutzen.Das Bildungsangebot und die Beziehun-gen zwischen den Bildungsgängen undBeschäftigungsmöglichkeiten sind vonLand zu Land unterschiedlich; daher un-terscheiden sich auch die Entscheidun-gen der Jugendlichen und der Familien.Die realen Unterschiede zwischen demBildungsangebot der verschiedenen Län-der sind jedoch weniger leicht zu ermit-teln. Überall gibt es lange Bildungsgän-ge im Sekundarbereich und ein durchden Staat finanziertes Hochschulwesen.Hier hört die Analogie aber auch schonauf.

Die wesentliche Frage ist in allen Länderndie folgende: welche Wege eröffnen sich,wenn die Jugendlichen die Pflichtschuleabgeschlossen haben (bzw. in Deutsch-land aufgrund des dreigliedrigen Bil-dungssystems bereits im Alter von 11 Jah-ren), oder, genauer formuliert, wie las-sen sich die Bildungs- bzw. Berufsbil-dungs-„Sequenzen“ beschreiben, zwi-schen denen sich die Jugendlichen ent-scheiden müssen? Um 1950 herum war dieAntwort nicht schwer: eine kleine Grup-pe der Jugendlichen wechselte in langeBildungsgänge im Sekundarbereich über,deren Hauptzweck in der Vorbereitung aufein Hochschulstudium bestand. Die gro-ße Mehrheit der Jugendlichen trat direktin den Arbeitsmarkt ein oder belegte eineberufsbildende Ausbildung, um einenFacharbeiter- oder Fachangestelltenberufzu ergreifen. Hinter dieser offensichtlichenEinfachheit können sich aber sehr kom-plexe Beziehungen zwischen den Bil-dungsgängen und den Beschäftigungs-möglichkeiten sowie sehr unterschiedli-che Organisationsweisen der Bildungs-systeme verbergen.

Beginnen wir mit der Situation um 1960herum.

2.1 Die Situation um 1960

1) DeutschlandDie schulische Orientierung im Alter von11 Jahren erfolgt auf der Grundlage derschulischen Leistungen und der sozialenHerkunft. Wahrscheinlich haben nichtmehr als 20␣ % der 1940er Generation ei-nen Mittelschulabschluss oder ein Abiturerreicht.

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Aber das Hauptmerkmal ist das dualeAusbildungssystem, das sich an die dreiallgemeinbildenden Bildungswege an-schließt (1960 vor allem an die beiden kür-zeren). Die Hauptzüge dieses Systemssind wohlbekannt: Die Unternehmen bie-ten Lehrlingsausbildungsplätze an undwählen aus, welche Bewerber sie einstel-len; die Ausbildungsgänge sind standar-disiert; die Wahrscheinlichkeit, denAbschluss zu erreichen, ist normalerwei-se hoch; außer im Handwerk bringt derAbschluss gute Chancen auf einen quali-fizierten Arbeitsplatz mit sich, nur weni-ge Jugendliche sind arbeitslos; nach derLehre gibt es reale Möglichkeiten für ei-nen Aufstieg durch berufsbegleitendeAusbildung (in der 1962er Generationhaben fast 30␣ % der Inhaber eines Hoch-schulabschlusses diesen Weg genommen);und schließlich messen die Unternehmenden allgemeinbildenden Abschlüssenohne Lehre kaum Wert bei.

2) Vereinigtes KönigreichDie 1940er Generation spiegelt noch dasalte Ausbildungssystem wider: ein hoherProzentsatz der Jugendlichen kommt nichtüber die Pflichtschule hinaus und verlässtdie Schule ohne Abschluss. Kurze beruf-liche Bildungsgänge sind verbreitet, wer-den aber an unterschiedlichsten Einrich-tungen außerhalb des eigentlichen Schul-systems und nach Eintritt ins Erwerbsle-ben besucht.

In der 1940er Generation können die In-haber eines Abschlusses des Sekundar-bereichs␣ I (zweite Stufe der für Tabelle␣ Iverwendeten Klassifikation) noch zu de-nen gezählt werden, die einen Bildungs-gang absolviert haben, der über die Schul-pflicht hinausgeht. Die Teilsumme 2+3+4macht 46␣ % der Generation aus; dieserWert liegt deutlich über dem in Frankreich(33␣ %).

3) ItalienIn diesem Land weist das Bildungssystembereits zu Beginn der 60er Jahre die Zügeauf, die es bis zu den allerjüngsten Refor-men beibehalten wird. Nach der Pflicht-schule, die mit der Licenza secondariainferiore abgeschlossen wird, umfasst dasBildungsangebot wenig entwickelte kur-ze berufliche Bildungsgänge und vor al-lem einen s tark ausdi f ferenzier tenSekundarbereich␣ II, der neben philologi-schen und naturwissenschaf t l ichen

Gymnasialzweigen auch Fachoberschulenund Berufsfachschulen enthält. DiesesSystem existierte bereits im Jahre 1945.Es wurde weiterentwickelt und flexiblergestaltet. Ein Hauptmerkmal des italieni-schen Bildungswesens besteht darin, dassdie Absolventen der Fachoberschulen undBerufsfachschulen bereits 1960 annähernddrei Viertel der Absolventen der Sekun-darbereichs␣ II ausmachten. Dieser Ab-schluss ermöglicht den Zugang zur Uni-versität, wobei Beschränkungen gelten,die 1969 verschwinden werden. Für die1940er Generation macht die Zwischen-summe 4+5 17␣ % der Generation aus, d.␣ h.einen Prozentsatz, der dem im Vereinig-ten Königreich und in Frankreich nahekommt und über dem in Deutschlandliegt. Der niedrige Anteil der kurzenBerufsbildungsgänge bedeutet, dass dieAusbildung häufig „on the job“ erfolgt undnicht zu einem Abschluss führt.

Die Reformen des Jahres 1998 könntenstarke Auswirkungen zeitigen. Die Schul-pflicht wird bis zum Alter von 15 Jahrenverlängert, die Jugendlichen müssen aberbis zum Alter von 18 Jahren entweder imSchulsystem oder im Rahmen der regio-nalen Berufsbildung oder der Lehre ver-bleiben. Alles wird davon abhängen, wiediese drei Arten der Ausbildung organi-siert werden, die sich wohl auf das be-reits Bestehende stützen müssen.

4) FrankreichEin Merkmal dieses Landes ist ein Bil-dungsangebot, das gänzlich vom Staatbereitgestellt wird (ein System, in dessenRahmen alle schulische und berufliche Bil-dung im Schulwesen erfolgt). Das Systemsah zu Beginn der 60er Jahre folgenderma-ßen aus: Nach der Grundbildung konn-ten die Jugendlichen unmittelbar auf denArbeitsmarkt gelangen, wo dann Lehr-lingsausbildungsmöglichkeiten bestanden,die zu einem Abschluss führten, oder siekonnten kurze Berufsbildungsgänge imSchulwesen beginnen. Die lange Ausbil-dung im Sekundarbereich führte zum Ab-itur; aber es gab viele, die die Schule vordem Abitur abbrachen. Auch „training onthe job“, das zu einer nicht durch einenAbschluss anerkannten Qualifikation führ-te, war sehr verbreitet. Im Rahmen derReform von 1959 wurde mit der Verein-heitlichung der Bildung im Anschluss andie fünf Grundschuljahre begonnen undes wurde beschlossen, dass alle Jugendli-

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chen im Alter von elf Jahren die Sekun-darbildung beginnen sollten.

5) SpanienDie Lage zu Beginn der 60er Jahre wirddurch die Bildungsstruktur der 1940erGeneration ziemlich gut repräsentiert:eine sehr schwache Entwicklung der lan-gen Sekundarbildung und so gut wie kei-ne kurzen Berufsbildungsgänge. Die meis-ten Facharbeiter und Fachangestelltenwerden „on the job“ ausgebildet, nach-dem sie am Ende ihrer Pflichtschulzeit insErwerbsleben eingetreten sind.

Daher ist die Organisationsweise der kur-zen beruflichen Bildung und ihre Bedeu-tung um 1960 herum je nach Land unter-schiedlich. Deutschland ist das einzigeLand, das eine nicht-schulische und starkinstitutionalisierte Ausbildung eingerich-tet hat, die einer Ausbildung „on the job“ohne Abschluss, aber mit Anerkennungdurch die Unternehmen praktisch keinenPlatz einräumt. Auch im Vereinigten Kö-nigreich gibt es keine kurze beruflicheAusbildung im Schulwesen. Hier wird dieBerufsbildung von einer Vielzahl unter-schiedlicher Organisationen wahrgenom-men, wobei aber auch dem nicht durchAbschlüsse anerkannten „training on thejob“ einige Bedeutung zukommt. Frank-reich kombiniert die Ausbildung im Schul-wesen vor Eintritt ins Erwerbsleben mitLehrl ingsausbi ldung einersei ts und„training on the job“ ohne Abschluss an-dererseits. Italien und Spanien setzen vorallem auf „training on the job“.

2.2 Die Entwicklung

1) DeutschlandDie Bildungsexpansion kommt durch dieZunahme des Prozentsatzes der Absolven-ten der Mittelschule und des Gymnasiumsvon Generation zu Generation zustande.Dieser Prozentsatz steigt von 40␣ % in der1962er Generation auf über 60␣ % in der1972er Generation. Daher dient dasAbschlusszeugnis der allgemeinbildendenSchule zunehmend als Selektionsinstru-ment für den Zugang zu den am meistenbegehrten beruflichen Bildungsgängen:zur Zeit nehmen etwa ein Drittel der Ab-iturienten eine Lehre im dualen Systemauf, vor allem im Banken- und Versiche-rungsgewerbe. Somit bauen die verschie-denen Teile des Systems aufeinander auf.Die Beibehaltung des dreigliedrigen all-

gemeinbildenden Systems hat sicherlichBestrebungen zur Verlängerung dieserBildungsgänge gebremst. Möglich war dasallerdings nur durch die Existenz desLehrlingsausbildungssystems, das attrak-tive Ausbildungs- und Beschäftigungs-möglichkeiten bietet. Für die Familienbedeutet die Entscheidung für den mitt-leren Weg der allgemeinen Bildung (dieRealschule) eine vernünftige Ausrichtung:Sie berücksichtigt die Wahrscheinlichkeitdes schulischen Erfolgs auf dieser Stufe,die Möglichkeiten, danach eine Lehre zubeginnen, und die vorhandenen Beschäfti-gungsperspektiven. Diese „risikoärmere“Sequenz wird der Sequenz der „Fluchtnach vorne“ vorgezogen, die bedeutenwürde, einen möglichst langen schuli-schen bzw. im Anschluss universitärenBildungsgang zu wählen. Die deutlicheZunahme des Prozentsatzes derjenigen,die im Anschluss an das Abitur eine Leh-re beginnen und kein Universtitätsstudiumaufnehmen, läßt mehrere Auslegungen zu:a) Man kann darin angesichts der zuneh-menden Risiken eines Universitätsstudi-ums eine Entscheidung für mehr Sicher-heit sehen; b) man kann aber auch wei-ter ausholen und dies so interpretieren,dass sich die Familien tendenziell immerhäufiger für lange Bildungsgänge imSekundarbereich entscheiden, da sie wis-sen, dass diese nicht nur zur Universität,sondern auch zu den besten Lehrlings-ausbildungsgängen führen. Langfristigwürde sich das in einer Zunahme des Pro-zentsatzes derjenigen niederschlagen, dielange Bildungsgänge im Sekundarbereichdurchlaufen.

Das deutsche System hat aufgrund seinerKohärenz und der Anpassungsfähigkeitdes dualen Systems im Laufe der betrach-teten Periode dieselbe Gesamtstrukturbewahrt.

2) Vereinigtes KönigreichDie Bildung im Rahmen der Schulpflichtwurde durch die allgemeine Einführungder Comprehensive schools und die Ver-längerung der Schulpflicht bis zum Altervon 16 Jahren zunehmend einheitlichergestaltet, wodurch eine große Zahl vonJugendlichen einen Schulabschluss erwer-ben konnte und der Prozentsatz derjeni-gen, die die Bedingungen für den Besucheiner weiterführenden Schule erfüllten,stark zugenommen hat. In der 1960erGeneration ging der Prozentsatz derjeni-

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gen, die nach dem Alter von 16 Jahrendie Schule hätten fortsetzen können, nichtüber 23␣ % hinaus. Dieser Prozentsatz er-reicht bei der 1970er Generation 26␣ % undbei der 1980er Generation 45␣ %. Der Pro-zentsatz derjenigen, die zumindest dreiFächer mit dem A Level abschließen,nimmt im betrachteten Zeitraum ebenfallszu, und zwar von etwa 7␣ % der 18-Jähri-gen des Jahres 1965 auf 23␣ % der 18-Jähri-gen des Jahres 1996.

Und schließlich hat die Arbeitslosigkeit beiden 18- bis 19-Jährigen, die in den 60erJahren sehr gering war, zugenommen: inden 80er Jahren hat sie 20␣ % erreicht,danach ist sie zurückgegangen.

In diesem Kontext sind sehr viele Jugend-liche im Alter zwischen 16 und 18 Jahrenlediglich mit einem allgemeinbildendenAbschluss (Stufen 2 und 4 unserer Klassi-fikation) ins Erwerbsleben eingetreten.

Hier scheinen zwei Faktoren eine wichti-ge Rolle zu spielen:

❏ Die Merkmale des Bildungsangebot imSekundarbereich␣ II: der Zugang ist durchden vorherigen Schulerfolg beschränkt,das Anspruchsniveau ist nach wie vor sehrhoch.

❏ Das Verhalten der Unternehmen, dieder allgemeinen Bildung entweder als An-zeichen für potenzielle Fähigkeiten oderals Indikator für erworbene Kompeten-zen einen bestimmten Wert zumessen.

Unter diesen Bedingungen sind die Wahl-möglichkeiten der Familien und der Ju-gendlichen eingeschränkt. Die Zahl derJugendlichen, die im Alter zwischen 16und 18 Jahren ins Erwerbsleben eintre-ten, ist auch daher sehr hoch, da vieleJugendliche dieser Altersgruppe gleichzei-tig arbeiten und ihre Ausbildung fortset-zen. Die Unterrichtsorganisation ermög-licht es den Jugendlichen, schon ab demBeginn des Sekundarbereichs ihre schu-lischen Leistungen und damit auch dieWahrscheinlichkeit ihres schulischen Er-folgs, zunächst am Ende des Pflichtschul-bereichs und sodann im Verlauf der Stu-fe, die zum A Level führt, einzuschätzen.Für einen Teil der Jugendlichen erfolgtdie Entscheidung wahrscheinlich nicht inForm eines klaren Schnitts, d.␣ h. Entschei-dung zwischen Fortsetzung der Schule

und Aufnahme einer Arbeit, sondern isteher eine allmähliche Entscheidung, diesich aus den schulischen Ergebnissen undden Gelegenheiten, die der Arbeitsmarktbietet, herausschält. Daraus erklärt sichder hohe Anteil der Personen, die ledig-lich über den Abschluss der Pflicht-schulzeit verfügen, unter den 30-Jährigendes Jahres 1998. Die kurzen Berufsbil-dungsgänge haben im Laufe der letzten40 Jahre eher an Bedeutung verloren.

3) ItalienDer Eintritt in den Sekundarbereich␣ II istrecht einfach. Daher beginnt ein großerProzentsatz jeder Generation diesen Bil-dungsweg, aber viele brechen ihn auchwieder ab. Die Entwicklung zeigt jedoch,dass der Anteil der Jugendlichen, die denAbschluss des Sekundarbereichs␣ II errei-chen, ständig zunimmt: bei den Genera-tionen, die um 1950 herum geboren wur-den, waren es etwa 25␣ %, bei den um 1966herum geborenen Generationen waren es47␣ %.

Der Übergang ins Erwerbsleben mit demAbschluss Licenza media inferiore undeventuell noch einigen Jahren im Sekun-darbereich␣ II ist häufig. Auch hier bedeu-tet das, dass die Unternehmen Personendieses Bildungsniveaus einstellen undwahrscheinlich recht viele Möglichkeitenzur nicht durch einen Abschluss beschei-nigten Ausbildung „on the job“ bestehen.

Die Jugendlichen können sich dafür ent-scheiden, die weiterführende Schule zubesuchen, denn im Fall schlechter Ergeb-nisse, die zu einem Abbruch führen, ent-stehen ihnen keine Nachteile: sie hättensich nicht für einen anderen Bildungswegentscheiden können, der ihren Be-dürfnissen besser entsprochen hätte.

4) FrankreichDie schulische Bildung im Rahmen derSchulpflicht wurde zunehmend verein-heitlicht, die kurze fachlich-technischeAusbildung im Rahmen des berufsbilden-den Schulwesens wurde ausgebaut. Da-mit wurde ein System der Bildung undschulisch-beruflichen Orientierung einge-richtet, das sich an schulischen Kriterienorientierte und an alle Jugendlichen ei-ner Generation richten sollte. Seit der all-gemeinen Einführung des Collège uniqueam Ende der 70er Jahre sollten alle Ju-gendlichen zunächst den Sekundarbe-

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reich␣ I abschließen (Ende der Classe de3e entspricht etwa der 10. Klasse), bevorsie allgemeinbildende oder fachlich/tech-nische Bildungsgänge, die zum Abitur füh-ren, oder Berufsbildungsgänge aufneh-men. Bis 1985 handelte es sich bei letzte-ren um kurze Bildungsgänge, die zumCertificat d’Aptitudes Professionnelles(CAP) (Berufsbefähigungszeugnis) odervor allem zum Brevet d’Études Profes-sionnelles (BEP) (Berufsbildungszeugnis)führten.

Die Entscheidung für den einen oder an-deren Bildungsweg erfolgt anhand derschulischen Ergebnisse und der Wünscheder Familie. Das hat in den Augen derFamilien zu einer Entwertung der kurzenBerufsbildungsgänge beigetragen. 1985wurden die Baccalauréats professionnels(berufsorientiertes Abitur) eingerichtet,die auf dem BEP aufbauen und den Zu-gang zum Hochschulwesen eröffnen. Die-se Diversifizierung des Bildungsangebotszielte darauf ab, die Bildung zu entwi-ckeln, und fand ihren Ausdruck in der po-litischen Zielsetzung: „80␣ % jeder Gene-ration sollen das Abitur erreichen“.

Der Staat hat während des gesamten be-trachteten Zeitraums seinen Willen unterBeweis gestellt, die Ausbildung im Rah-men des „öffentlichen Diensts“, d.h. imSchulwesen im engeren Sinn, zu entwi-ckeln. Eine Öffnung hin auf die alternie-rende Ausbildung und die Erneuerung derLehre erfolgte erst in jüngerer Zeit. DieNachfrage der Familien und Jugendlichenwurde durch das vorhandene Bildungs-angebot im Großen und Ganzen nicht ein-geschränkt. Vielmehr hat das Angebot instarkem Maße zur Steuerung der Nach-frage beigetragen: in einer Volkswirtschaft,in der die Jugendarbeitslosigkeit zunahmund die Unternehmen Jugendlichen ohneAbschluss keine Stellen mehr anboten,erschien es als beste Lösung, so lange wiemöglich den schulischen bzw. universi-tären Bildungsweg zu beschreiten. DerWandel bei der Arbeitsorganisationscheint ebenfalls eine Rolle gespielt zuhaben. Vor allem die schwindenden Mög-lichkeiten einer auf Berufserfahrung auf-bauenden Arbeiterlaufbahn hat die Fami-lien dazu gebracht, auf die Schule zu set-zen (Beaud und Pialoux 2000). DieOpportunitätskosten sind niedrig geblie-ben. Aufgrund der Vielfalt der angebote-nen Bildungswege ist die Wahrscheinlich-

keit gestiegen, den Abschluss zu errei-chen, da in der Realität die Schüler-lenkung dazu führt, dass die Schüler-population in Gruppen eingeteilt wird, diesehr verschiedene Bildungsgänge bele-gen, auch wenn sie zu Abschlüssen füh-ren, die dieselbe Bezeichnung tragen.Durch diese inhaltlichen Unterschiedeerhöht sich die Erfolgswahrscheinlichkeit:so liegt beispielsweise die Erfolgquote beiden verschiedenen Zweigen des Abiturszwischen 74 und 81␣ % (Abiturprüfungvom Juli 1999).

5) SpanienDie Entwicklung ähnelt der in Frankreichmit etwa 15 Jahren Verzögerung. Sie weistallerdings zwei eigenständige Züge auf:

❏ Das erste Merkmal ist die Schnelligkeitdes Wandels, die in den Tabellen 1 und 2gut zu erkennen ist. Der Prozentsatz ei-ner Generation, der über einen Abschlusseines kurzen Berufsbildungsgangs verfügt,hat sich in 30 Jahren nahezu versieben-facht. Der Anteil der Absolventen desSekundarbereichs␣ II und des Hochschul-wesens hat sich verfünffacht. Der Anteilder Inhaber von Abschlüssen, die überdem Pflichtschulabschluss liegen, steigtvon 11␣ % in der 1940er Generation auf61␣ % in der 1970er Generation, d.␣ h. eineZunahme um das Fünf- bis Sechsfache.Im Vergleich dazu hat sich dieser Prozent-satz in Frankreich nur verdoppelt. Es warallerdings auch sehr viel Spielraum fürVeränderungen vorhanden, da der Anteilderjenigen, die in der Generation der 1940Geborenen nicht über einen Abschluss derGrundschule hinausgekommen waren, beiungefähr 40␣ % lag.

❏ Die wirtschaftliche Entwicklung der50er und 60er Jahre hatte zum zunehmen-den Besuch des Sekundarbereichs␣ I, andessen Ende der Bachillerato elementalerworben wird, geführt. Das Gesetz von1970 hat zu einer Expansion der Berufs-bildung im schulischen Rahmen geführt,wodurch die Nachfrage nach allgemein-bildenden Bildungsgängen gebremst wur-de. Diese Nachfrage hat - bedingt durchdie Bildungspolitik in der Periode despolitischen Übergangs der 70er und 80erJahre - dann aber wieder angezogen. Dienötigen Investitionen wurden getätigt, unddie Bildungsexpansion verzeichnet in Spa-nien nicht die in den anderen Ländernzwischen der 1960er und der 1970er Ge-

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neration zu beobachtende Verlangsa-mung.

Wird die politische Entscheidung für eingänzlich schulisches Bildungssystem die-selben Auswirkungen haben wie in Frank-reich, d.␣ h. eine „Flucht nach vorne“ zuden höchstmöglichen Abschlüssen? Hiersind zwei Faktoren maßgeblich: die Leb-haftigkeit des Wirtschaftswachstums kanndazu führen, dass die Opportunitätskostender Bildung aufgrund einer starken Nach-frage nach Arbeitskräften steigen; der star-ke Geburtenrückgang in den letzten Jah-ren kann aber auch zu einer starken Ein-wanderung von wenig ausgebildeten Ar-beitskräften führen und die jungen Spa-nier dazu bringen, sich von diesen durchhöhere Abschlüsse abzuheben.

6) Letzten Endes haben drei Länder,Deutschland, das Vereinigte Königreichund Italien, ihre 1960 bereits vorhandeneKombination von allgemeiner und beruf-licher Bildung im Wesentlichen beibehal-ten. Frankreich und Spanien haben sichfür ein gänzlich schulisches Bildungs-system entschieden. In Frankreich hat daszur Schaffung eines fachlich/technischenZweigs (Filière technique) geführt, dervom BEP zum berufsorientierten Abiturund anschließend gegebenenfalls zurAufnahme eines kurzen Hochschulstu-diengangs führt.

2.3 Hochschulwesen:

1) Die EntwicklungAus Tabelle 1 geht deutlich hervor, dassder Prozentsatz der Personen mit einemHochschulabschluss in allen Ländern vonGeneration zu Generation zugenommenhat. Der Unterschied zwischen der 1940erund der 1970er Generation ist klar zu se-hen. Gleichzeitig wird deutlich, dass sichdie Zunahme in den einzelnen Ländernganz verschieden entwickelt hat: In Itali-en war sie sehr gering, in Deutschlandmoderat, im Vereinigten Königreich etwasstärker und in Frankreich und in Spaniensehr stark.

Natürlich konnte diese Zunahme nur des-halb stattfinden, weil zuvor eine Zunah-me im Sekundarbereich␣ II stattgefundenhat, da der Abschluss des Sekundarbe-reichs␣ II üblicherweise zwingende Voraus-setzung für den Zugang zum Hoch-schulwesen ist. Deutschland stellt die

Hauptausnahme dar, da hier auch Ab-schlüsse zu den Hochschulabschlüssenzählen, die über die Weiterbildung ohneeinen Abschluss des Sekundarbereichs␣ IIerreicht werden können. Tabelle 2 zeigt,dass die Zwischensumme 4+5 (Sekundar-bereich␣ II plus Hochschulwesen) in derTat stark zugenommen hat.

Doch geht, wie aus Tabelle 4 ersichtlich,der Prozentsatz der Personen mit Ab-schluss des Sekundarbereichs␣ II, die ei-nen Hochschulabschluss erwerben, in al-len Ländern außer in Frankreich tenden-ziell zurück.

Tabelle 4:Wie lassen sich diese beiden Phänomeneerklären: die unterschiedliche Zunahmedes Anteils der Personen mit Hochschul-abschluss in den verschiedenen Ländernund der zunehmende Abstand zwischender Zahl der Personen mit Abschluss desSekundarbereichs␣ II und der Zahl derje-nigen, die anschließend einen Hochschul-abschluss erwerben?

2) AnalyseDas Hochschulwesen jedes Landes ent-spricht einem jeweils eigenen Entwick-lungstyp, in dem Bildungsangebot undBildungsnachfrage auf spezifische Weisezusammenwirken.

Der einfachste Fall ist wahrscheinlich dasVereinigte Königreich. Die Zahl der an-gebotenen Studienplätze hängt sehr weit-gehend von der staatlicherseits gewährtenFinanzierung ab. Die Universitäten wäh-len ihre Studierenden anhand der Ergeb-nisse aus, die sie bei der A-Level-Prüfung

Tabelle 4

Anteil der Personen mit Hochschulabschlussan der Gesamtsumme aus Personen mit Abschlussdes Sekundarbereichs␣ II und Personenmit Hochschulabschluss

Deutsch- Vereinigtes Frank- Italien Spanienland Königreich reich

1940er Generation 1,00 0,84 0,63 0,30 0,751950er Generation 1,00 0,84 0,63 0,30 0,621960er Generation 0,88 0,78 0,63 0,33 0,571970er Generation 0,75 0,74 0,66 0,15 0,53

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erreicht haben. Daher hängt die Zahl derStudierenden von der Zahl der verfügba-ren Studienplätze ab. Jedes Mal wenn dieRegierung beschloss, die Zahl der Studi-enplätze zu erhöhen, ist auch die Zahlder Studierenden und der Absolventengestiegen. Der Anteil der Absolventen je-der Generation hängt daher von der Ge-samtzahl der Personen dieser Generationab: Bei einer stabilen Studienplatz-Anzahlführt ein Geburtenrückgang zu einer Zu-nahme des Anteils der Hochschulabsol-venten innerhalb dieser Generation. Einesolche Situation führt dazu, dass wenigerbegehrte Universitäten ihre Auswahlkrite-rien mehr oder weniger senken - oderumgekehrt, wenn die Zahl der Personen,die ein Studium beginnen möchte, zu-nimmt. In den letzten Jahren war eineZunahme des Anteils der Personen miteinem Abschluss des Sekundarbereichs␣ IIzu verzeichnen, aber auch eine Zunahmeder von den Studierenden zu tragendenStudienkosten. Daher ist es den Universi-täten auch durch eine Aufweichung ihrerAuswahlkriterien nicht gelungen, alle Stu-dienplätze zu vergeben, und die Zahl derAbsolventen ist tendenziell stabil geblie-ben. Die meisten Veränderungen der letz-ten 40 Jahre lassen sich wahrscheinlichmit der Rationierung des Studienplatzan-gebots erklären. Doch wird dieser Faktorderzeit tendenziell ersetzt durch die Aus-wirkungen der Nachfrage, die auf die Stei-gerung der Bildungskosten und mögli-cherweise auch auf den Rückgang derWahrscheinlichkeit, den Hochschulab-schluss zu erreichen, und die zunehmen-de Unsicherhei t bezügl ich des mitHochschulabschlüssen verbundenen Er-trags reagiert. Außerdem stellen die Un-ternehmen nach wie vor Personen, dieden Sekundarbereich␣ II abgeschlossenhaben, direkt ein, so dass die Opportuni-tätskosten eines Universitätsstudiumsnicht geringer werden.

Deutschland hat ein anderes Modell: DasAngebot hängt von den Mitteln ab, diedie öffentliche Hand zur Verfügung stellt.Im Laufe der betrachteten Periode habenmehrfach Diskussionen stattgefunden, obdiese Mittel erhöht werden sollen odernicht. Seit Beginn der 80er Jahre sind diestaatlichen Mittel für die Hochschulbil-dung jedoch tendenziell gleich geblieben.Doch bedeutet das im Gegensatz zum Ver-einigten Königreich nicht, dass die Zahlder Studierenden begrenzt ist. Der Begriff

des „Studienplatzes“ ist nämlich in denmeisten Studiengängen sehr viel unbe-stimmter. Da ein Universitätsstudium inder Regel sehr lange dauert, hat der miteinem solchen Abschluss verbundene Er-trag häufig abgenommen. Außerdem hatsich die duale Ausbildung in Banken- undVersicherungsberufen sehr weitgehend fürAbiturienten geöffnet. Und schließlichwurde vor etwa 30 Jahren in Form derFachhochschulen ein kürzerer Hochschul-studiengang geschaffen. Diese Studien-gänge sind mit einem Abitur oder mit derFachhochschulreife zugänglich, einemAbschluss, der ausgehend von einemRealschulabschluss in Kombination miteiner Lehre im dualen System erworbenwerden kann. Heute entwickelt sich zu-nehmend der Weg des Erwerbs einesFachhochschulabschlusses über eine dua-le Ausbildung im Anschluss an ein Abitur(Haas 2001). Daher wächst trotz der Zu-nahme des Anteils der Absolventen desallgemeinbildenden Sekundarbereichs derAnteil der Hochschulabsolventen nurwenig. Darin manifestiert sich erneut dieMitwirkung der Unternehmen an der Aus-bildung.

Die Besonderheiten der Situation in Frank-reich treten im Vergleich mit den beidenzuvor besprochenen Ländern deutlichhervor. Das erste Merkmal des französi-schen Hochschulwesens ist die Vielfalt desBildungsangebots: Dieses besteht aus ei-nem geschlossenen Bereich, dem derGrandes écoles und der Gesundheits-berufe, in dem ein noch strengerer „Stu-dienplatz“-Begriff herrscht als im Verei-nigten Königreich, zum einen, einemvölllig offenen Bereich, nämlich den meis-ten Universitätsstudiengängen, für die esausreicht, ein Abitur zu haben, um sicheinzuschreiben, zum anderen und schließ-lich dem zwar geschlossenen Bereich derberufsorientierten Kurzstudiengänge, indem jedoch die Zahl der Studienplätze imLaufe der letzten 30 Jahre stark zugenom-men hat. Durch diese komplexe Strukturkonnte die Regulierung der Zahl der Ab-solventen in bestimmten Studiengängenmit dem Prinzip eines freien Zugangs zumHochschulwesen vereinbart werden. Diestarke Zunahme des Anteils der Absolven-ten des Sekundarbereichs (d. h. der Abitu-rienten) ist übrigens teilweise auch dankder Diversifizierung des betreffenden Bil-dungsgangs zustande gekommen. Nunhaben aber Inhaber des Abiturs, die ei-

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nen der allgemeinbildenden Zweige ab-solviert haben, sehr viel höhere Erfolgs-aussichten in den Universitätsstudien-gängen und natürlich beim Zugang zu denGrandes écoles als Inhaber des Abiturs dertechnologischen Zweige. Im Rahmen derKurzstudiengänge werden jedoch vor al-lem im Bereich der Ausbildung zumTechnicien Supérieur (BTS) Bildungsgän-ge angeboten, die die Absolventen einestechnologischen Abiturs mit annehmba-rem Erfolg absolvieren. Die Struktur desfranzösischen Hochschulwesens legt da-her eine Fortführung des individuellenBildungswegs nach dem Abitur nahe, undzwar zum einen, weil es keine Hinder-nisse für die Einschreibung vorsieht, undzum anderen, weil es eine solche Vielfaltan Studiengängen anbietet, dass die mei-sten jungen Menschen denjenigen aus-wählen können, in dem sie eine ausrei-chende Erfolgswahrscheinlichkeit haben.Die Konsequenz dieses Systems bedeu-tet, dass die Abschlüsse des Hochschul-bereichs sehr heterogen sind und sichnicht an dieselben Arbeitsmarktsegmenterichten. Im Jahre 1998 waren 39␣ % derAbgänger des Bildungssystems Inhabervon Hochschulabschlüssen; 48␣ % davonwaren jedoch Absolventen von Kurz-studiengängen.

Frankreich verfolgt seit 40 Jahren einesehr offene Politik des Angebots an Hoch-schulbildung, was zu einer sehr lebhaf-ten Nachfrage geführt hat, da das Niveaueines Abschlusses (ausgedrückt in derMindestdauer für seinen Erwerb) beimZugang zu einem Arbeitsplatz eine wich-tige Rolle spielt. Seit etwa 20 Jahren er-scheint aufgrund der hohen Arbeitslosig-keit bei der Arbeitsplatzsuche ein mög-lichst hoher Abschluss als Trumpf, dazwischen der Quote der Jugendarbeitslo-sigkeit und dem Abschlussniveau eine ne-gative Korrelation besteht. Der Umfangund die Diversifizierung des Ausbildungs-angebots sind sicherlich die wichtigstenGründe für die Zunahme des Anteils derAbsolventen von Bildungsgängen imAnschluss an das Abitur von Kohorte zuKohorte, und das erklärt auch die Tatsa-che, dass das Verhältnis Kategorie 5 /Kategorien 4+5 im Gegensatz zu den an-deren Ländern nicht zurückgegangen ist.

In Italien ist der Anteil der Personen mitHochschulabschluss erstaunlich gering,während der Anteil der Absolventen des

Sekundarbereichs␣ II, also der Inhaber ei-nes Abschlusses, der die Aufnahme einesHochschulstudiums ermöglicht, sehr hochist. In der Tat schreiben sich sehr vieleAbiturienten an der Universität ein, da derZugang frei ist. Aber sie arbeiten gleich-zeitig, wodurch sich ihre Studiendauerverlängert und was vielfach zum Abbruchdes Studiums führt. Außerdem stellt dieVielfalt der Abschlüsse des Sekundar-bereichs␣ II vor allem für Jugendliche, dieFachoberschulen oder Handelsschulenabsolviert haben, möglicherweise keineausreichende Vorbereitung auf ein aka-demisches Universitätsstudium dar. Zu-dem scheinen Universitätsabschlüsse viel-fach erst im Alter von über 30 Jahren er-worben zu werden. Ein Vergleich des ita-lienischen mit dem französischen Systemgibt hier Aufklärung: In Frankreich bietetdie Vielfalt des Hochschulwesens, vor al-lem im Bereich der berufsorientiertenKurzstudiengänge den Inhabern einestechnologischen Abiturs Studiengänge an,in denen sie recht hohe Erfolgsquotenhaben. Ähnliche Möglichkeiten gab es inItalien bis zu den jüngsten Reformennicht. Doch ist es wahrscheinlich, dassviele der Personen, die ihr Hochschulstu-dium ohne Abschluss abbrechen, ihrenmehr oder weniger langen Aufenthalt ander Universität dennoch auf dem Arbeits-markt geltend machen können.

Spanien zeichnet sich, wie wir gesehenhaben, durch eine sehr schnelle Bildungs-expansion seit Beginn der 60er Jahre aus.Der Zugang zum Hochschulbereich warzu Beginn der betrachteten Periode rela-tiv restriktiv geregelt und wurde spätergelockert. Die Entwicklung von Kurz-studiengängen hat zur Zunahme des An-teils der Personen mit Hochschulabschlussbeigetragen. Diese machen 35 bis 40␣ %der Gesamtzahl der Hochschulabsolven-ten aus.

.

Schlussfolgerung

Aus der Untersuchung der Bildungs-expansion des letzten halben Jahrhundertsin den fünf betrachteten Ländern könnenfolgende Merkmale herausgestellt werden:

❏ Neben den großen anfänglichen Un-terschieden in der Wirtschaftsentwicklungwaren nicht minder große Unterschiede

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beim formalen Bildungsstand vorhanden,d.␣ h. bei der durch einen Abschluss attes-tierten Bildung und Ausbildung. Währenddes gesamten betrachteten Zeitraums hatsich der Rückgang der wirtschaftlichenUnterschiede und der Unterschiede beimBildungsniveau fortgesetzt, ohne dass diesim Rahmen dieser Studie auf einen einfa-chen kausalen Zusammenhang hättezurückgeführt werden können.

❏ Das Aufholen des Rückstands wurdenicht durch die Imitation des Modells derLänder erreicht, die zum Beginn der Peri-ode am weitesten fortgeschritten waren.Im Bildungsbereich hat jedes Land seineneigenen Weg beschritten. Die Entwicklungwar nicht unerheblich durch die Merkma-le, die die Bildungssysteme bereits zuBeginn der Periode aufgewiesen hatten,bestimmt. Das spanische System und dasfranzösische System sind sehr ähnlich, dieSysteme der anderen drei Länder hinge-gen weisen deutliche Besonderheiten auf,so dass jeder Versuch einer Typologisie-rung recht willkürlich wäre. Aus unsererStudie geht nicht hervor, dass hier einnordeuropäisches Modell einem Modellder Mittelmeerländer gegenüberstünde.Denn das deutsche Modell weist Beson-derheiten auf, die mit den Merkmalen desModells des Vereinigten Königreichs kon-trastieren.

❏ Die meisten Abschlüsse werden vordem Alter von 28 oder 30 Jahren erwor-ben. Dieser Zeitraum umfasst die Erstaus-bildung im engeren Sinn, die vor Eintrittins Erwerbsleben erfolgt, aber auch dieBerufsbildung im Rahmen der Lehre undin verschiedenen Kombinationen von Ar-beitsphasen und Phasen der Ausbildung.Es sieht so aus, dass eine klare Unterschei-dung zwischen Ausbildungsphasen undArbeitsphasen immer weniger gegeben ist.Im Moment bedeutet das einfach nur, dassdie zehn oder zwölf Jahre, die sich andas Ende der Pflichtschulzeit anschließen,für immer mehr Personen eine Zeit sind,in der sie über ihre Ausbildung und Ar-beit auf der Suche nach ihrer Identität undihrer Position in der Gesellschaft sind. Dasgeschieht aber in einem keineswegs un-veränderlichen Rahmen und in sehr un-terschiedlichen Kombinationen.

❏ Alle fünf Länder scheinen sich jedochin Richtung auf eine Situation zu bewe-gen, in der mindestens 80␣ % einer Gene-

ration eine 12-jährige Bildung (einschließ-lich Lehre) durchlaufen, bevor ihr größterTeil auf einer Vollzeitstelle erwerbstätigwird. Die Phase der „Ausbildung nach derErstausbildung“, also der Weiterbildung,würde dann erst im Anschluss beginnen.Folglich scheinen sich die fünf Länder inRichtung auf den Gedanken einer gesell-schaftlich notwendigen Ausbildung biszum Alter von etwa 18 Jahren zu bewe-gen, ohne aber die gesetzliche Dauer derSchulpflicht zu verlängern. Deutschlandund Frankreich haben diese 80-%-Schwel-le bereits erreicht bzw. überschritten.

❏ In dem Maße, in dem die Bildung ex-pandiert, nimmt auch die Unterschiedlich-keit der Bildungssysteme zu, da jedesLand auf die Probleme, die sich in allenLändern stellen, auf seine eigene Weisereagiert, die eng mit seinen politischenTraditionen und der Organisation seinersozialen Beziehungen zusammenhängt.Das wird insbesondere an der Rolle sicht-bar, die den Abschlüssen (bzw. bestimm-ten Abschlüssen) zuerkannt wird, aber vorallem auch am Aufbau des Bildungs-systems im weiteren Sinn.

❏ Anhand der Entwicklung seit 50 Jah-ren wird die Komplexität der Beziehun-gen zwischen Staat, Unternehmen undden Familien und Jugendlichen im Bezugauf die Bildungsexpansion deutlich. EineAusweitung des Ausbildungsangebots anden Bildungseinrichtungen führt nicht un-bedingt zu einem stärkeren Zustrom anBewerbern. Die Bildungsnachfrage spie-gelt ein Ensemble an Entscheidungenwider, die allem Anschein nach den Er-trag und die Kosten (geldlicher oder an-derer Art) der Bildungsmöglichkeiten be-rücksichtigen. Hier spielen die Unterneh-men eine entscheidende Rolle, wenn siesich an der Organisation der beruflichenBildung beteiligen oder, falls sie das nichttun, wenn sie die Abgänger des Schulsys-tems am Ende der Schulpflicht oder amEnde des Sekundarbereichs␣ II de factoeinarbeiten. Das Vorhandensein von Ab-schlüssen ermöglicht es sowohl, unter Be-werbern für eine Stelle auszuwählen, alsauch sich zu vergewissern, dass die aus-gewählte Person bestimmte Kompetenzenbesitzt. Die Filtertheorie und die Human-kapital-Theorie stehen hier nicht im Ge-gensatz (Dupray 2000). Je nach dengrundsätzlichen politischen und sozialenEntscheidungen, die zur jeweils spezifi-

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schen Organisation des Bildungssystemsgeführt haben, legen die Unternehmenden Schwerpunkt auf den einen oder aufden anderen Aspekt. Der Vergleich zwi-schen Deutschland und dem VereinigtenKönigreich gibt zu diesem Punkt Auf-schluss: in Deutschland haben sich dieUnternehmen seit langem dafür entschie-den, ein System genau definierter Ausbil-dungsberufe zu entwickeln, in dem derSchwerpunkt auf der Aneignung von

Bildungskapital liegt. Im Vereinigten Kö-nigreich werden Jugendliche eingestellt,die „on the job“ ausgebildet werden odereine unternehmensexterne Ausbildungdurchlaufen können. Die Entscheidungender Familien und der Jugendlichen kön-nen im jeweiligen Kontext rationell sein,aber dennoch zu Lösungen führen, diescheinbar gegensätzlich sind. Mit diesemArtikel wurde eine Illustration der Analy-se der Bildungsnachfrage vorgestellt.

Die meisten statistischen Zahlen und Informatio-nen zu den Einrichtungen, die in diesem Artikelverwendet wurden, stammen aus dem Synthese-bericht, der im Literaturverzeichnis zitiert wird(Steedman und Vincens 2000), oder aus nationalenBerichten, die von den verschiedenen Teams imLaufe der ersten Phase des EDEX-Projekts erstelltwurden.

Beaud, S., Pialoux (1999): Retour sur la conditionouvrière. Fayard, Paris. S. 1-468.

Béduwé, C., Fourcade, B. (2000): Hausse d’éduca-tion et fabrication des compétences. LIRHE, note322 décembre.

Bils, M., Klenow, P. (2000): Does Schooling CauseGrowth? American Economic Review Vol 90, n° 5,S. 1160-1183.

Buechtemann, Ch., Verdier, E. (1998): Educationand Training Regimes, Macro-Institutional Evidence.Revue d’Économie Politique, Vol. 108, No 3, Mai-Juni, S. 293-320.

Centre d’études des revenus et des coûts (1985):Les revenus des Français. La croissance et la crise1960-1983 4ème rapport de synthèse. Paris, LaDocumentation Française.

Dupray, A. (2000): Le rôle du diplôme sur le marchédu travail: filtre d’aptitudes ou certification de

compétences productives? L’orientation scolaire etprofessionnelle 29 n° 2, S. 261-289.

Germe, J. F. (2000): Logiques institutionnelles etélévation des niveaux de formation. Document detravail EDEX. Mai.

Haas, J. (2001): La tradition sous un nouveau jour.La mise en place et le développement des étudesen mode dual en Allemagne. EDEX-Document; deut-scher Bericht im Auftrag des Zentrums für Sozial-forschung Halle (liegt allerdings nicht in deutscherSprache vor).

Hartog, J. (2000): Human Capital as an Instrumentof Analysis for the Economics of Education.European Journal of Education Vol. 35, No I, S. 7-20.

Kivinen, O., Ahola, S. (1999): Higher Educationas human risk capital Higher Education 38, S. 191-208.

Mallet et al., (1997): Abschlüsse, Kompetenz undArbeitsmärkte in Europa, Europäische Zeitschrift„Berufsbildung“ (Cedefop) Nr. 12, S. 23-39.

OECD: Perspectives de l’emploi. Juni 2000.

Steedman, H., Vincens, J. Educational Expansionand Labour Market (EDEX). Dynamique dessystèmes éducatifs et qualification des générations.Comparaison internationale. Mai 2000.

Literatur

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(1) Mit Einführung einer umfassendenReform des schottischen Bildungs-systems im Herbst␣ 1999 sind die NC-Module Teil des Higher Still Systemsgeworden (vgl. SQA 1999a, 1999b u.Pilz 1999b) und werden nun, bei weit-gehend identischer Ausgestaltung,unter dem Namen National Units ge-führt. Die NC-Module außerhalb desHigher Still Systems können nur nochbis zum Sommer␣ 2002 neu belegtwerden und müssen bis 30.09.2004erfolgreich abgeschlossen sein (SQA1999c).

Modernisierungsan-sätze der beruflichenBildung zwischen Mo-dul- und BerufskonzeptDie gesellschaftlichen, ökonomischen undtechnischen Entwicklungen stellen für dieberufliche Bildung in Europa eine großeHerausforderung dar. Wenn auch in Zu-kunft eine moderne und den Herausfor-derungen entsprechende berufliche Qua-lifizierung von Jugendlichen gewährleistetwerden soll, so ist nach den Wegen zurAnpassung und Aktualisierung der beruf-lichen Bildung zu fragen. Zwei verschie-dene dieser Anpassungswege stellen ei-nerseits die Modularisierung, wie sie ins-besondere in Großbritannien vorzufindenist, und andererseits die Weiterentwick-lung des Berufskonzepts, wie sie z.B. inDeutschland betrieben wird, dar.

Das schottische NC-Modul-system als Beispiel fürModularisierungsansätze

Um sich einer definitorischen Klärung derBegrifflichkeiten zu nähern, bietet sich dieUntersuchung am konkreten Beispiel an.Ein Land mit komplexen Modularisie-rungsansätzen ist Schottland, welches alsäußerst innovativ gilt, längere Erfahrungmit umfassenden Modulkonzepten alsEngland und Wales besitzt sowie beson-ders weitreichende Ansätze implementierthat (vgl. OECD 1987). Bereits seit 1984besitzt Schottland ein Modulsystem, wel-ches eine puristische Ausprägungsformaufweist und Raffe (1988, S.␣ 162f.) zu demErgebnis kommen lässt: „Moves towardsmodularization are found in many othercountries, but rarely in the thoroughgoingform in which it has been applied inScotland.“

Das System besteht aus derzeit ca.␣ 4000verschiedenen National Certificate-Modu-

len (NC-Modulen).(1) Jedes Modul hat diestandardisierte Länge von 40␣ Unterrichts-stunden und wird durch einen Modul-steckbrief, der den Namen Descriptorträgt, näher bestimmt. Im Descriptor wer-den genau operationalisierte Angabenzum inhaltlichen Umfang und in Bezugauf die zu vermittelnden Kenntnisse undFähigkeiten gemacht. Diese werden nachfestgelegten Verfahren abgeprüft und do-kumentiert. Weniger determiniert sindmethodische Aspekte und mediale Frage-stellungen, hier werden im Descriptor nurVorschläge, aber keine verbindlichen Vor-gaben gemacht. Teilnehmer haben dasRecht, Modulprüfungen abzulegen, ohneeinen formal geregelten Lernweg durch-laufen zu haben. Da somit der Lernwegoffen und die Lernergebnisse standardi-siert sind, werden diese Module auch als„outputorientiert“ bezeichnet. Entwickeltwerden die Module von der halbstaatli-chen Stelle Scottish Qualifications Author-ity (SQA) in Zusammenarbeit mit Exper-ten aus dem Bildungssektor. Die Entwick-lungsteams überprüfen und aktualisierenzudem jährlich etwa 300␣ NC-Module. DieSQA übernimmt außerdem die Zertifi-zierung und Dokumentation der bestan-denen Module im Scottish QualificationsCertificate, einem staatlichen Bildungs-pass. Da die Module von verschiedenstenöffentlichen und privaten Einrichtungen,wie den allgemeinbildenden Schulen,Colleges, privaten Bildungsträgern oderauch Unternehmen offeriert werden kön-nen, übernimmt die SQA die Qualitäts-überwachung der Anbieter und autorisiertdiese. Der Zeitraum, in dem ein Modulvermittelt wird, differiert je nach Lernort.In Schulen werden die jeweils 40␣ Stun-den umfassenden Module über einen Zeit-raum von 13␣ Wochen unterrichtet, wäh-rend im betrieblichen Bereich auch we-sentlich längere Zeiträume üblich sind.

Anhand des modularenschottischen „National Cer-tificate“ und des deutschendualen Systems arbeitet derAutor zwei gegensätzlicheAusbildungskonzepte her-aus: das Modulkonzept aufder einen, das Berufskon-zept auf der anderen Seite.Zwischen diesen beiden„Endpunkten“ lässt sicheine ganze Skala von Be-rufsbildungskonzeptionenansiedeln.Der Autor beschreibt zweiinnovative Vorhaben, die inSchottland und in Deutsch-land durchgeführt wurden,und analysiert, wie jedesvon beiden sich von „sei-nem“ Ausgangsmodell ent-fernt und Aspekte des ande-ren Modells „eingebaut“hat. Er zeigt in beiden Fäl-len deutlich den Spielraumin Bezug auf das jeweiligeAusgangsmodell auf, ver-meidet es aber tunlichst,von einem „Konvergenz-prozess“ zu sprechen.

Matthias PilzBerater für EU-Bil-

dungsprogramme beider BezirksregierungHannover und Lehr-beauftragter an der

Universität Lüneburg

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Teilnehmen können alle Personen ab dem14.␣ Lebensjahr, ohne dass bestimmte Ein-gangsvoraussetzungen bestehen. EineNiveaustufeneinteilung, wie sie aus an-deren Modulprogrammen z.B. den engli-schen NVQs und schottischen SVQs be-kannt ist (vgl. NCVQ 1995; SQA 1997a u.1997b), existiert hier nicht, genau wie dasPrüfungsergebnis keine Leistungsdifferen-zierung zulässt, da kein Notensystem be-steht. Vorkenntnisse sind teilweise er-wünscht, werden aber nicht zwingend zurTeilnahmeberechtigung z.B. in Form vonentsprechenden Befähigungsnachweiseneingefordert. Die Belegung und Kombi-nation von Modulen kann von den Teil-nehmern eigenständig sowie flexibel, dafrei von Restriktionen, vorgenommenwerden. Weil jedes Modul einzeln zertifi-ziert wird, ist die Belegung nur eines Mo-duls genauso wie die Kombination einergroßen Anzahl von Modulen aus unter-schiedlichen Bereichen oder zum Ziel derSpezialisierung die Belegung von diver-sen Modulen aus einem Themengebietmöglich. Die Teilnehmer haben die Mög-lichkeit, den Qualifizierungsprozess zuunterbrechen und jederzeit wieder in dasNC-Modulsystem einzusteigen, wobei allebereits bestandenen Module weiterhin An-erkennung finden (vgl. Howieson, 1992;Connelly, 1999; Scotvec, 1996a).

Wenn das NC-Modulsystem als besondersradikal in seiner Ausgestaltung bezeich-net wird, so drängt sich die Frage auf,welche Anhaltspunkte für eine solcheBewertung maßgeblich sind. Die ideal-typischen Charakteristika für eine Bil-dungsphilosophie in Modulsystemen lässtsich über folgende Prozesse skizzieren:

❏ das Bestehen von Teilqualifikationenmit Zertifizierungsanspruch und Qualitäts-garantie durch Standardisierung;

❏ die Vermittlung und Bereitstellung spe-zifischer Qualifikationen im Unternehmen;

❏ die Ausrichtung an den individuellenBedürfnissen und Anforderungen der Teil-nehmer;

❏ die schnelle Anpassung an veränderteRahmenbedingungen bzw. an die Anfor-derungen des Arbeitsmarktes;

❏ die Orientierung am lebenslangen Ler-nen.

Neben dem allgemeinen Charakter einesModulkonzepts lassen sich spezielle In-dikatoren für die Praxisumsetzung vonModulsystemen ableiten. So ist ersichtlich,dass NC-Module zeitlich und inhaltlichbegrenzte Lerneinheiten sind, die flexi-bel angeordnet werden können. Gleich-zeitig führen die Angaben in den Descrip-toren zu einer hohen Standardisierung vonZielen, Inhalten und Prüfungsverfahren.Als besonderes Charakteristikum wurdebereits auf die starke Outputorientierungdurch die über die Standardisierungermöglichte Trennung von Lernprozessund Lernergebnis hingewiesen. Eine wei-tere Besonderheit stellt zudem die einzel-ne Zertifizierung eines jeden Moduls dar.Zu den Eigenarten eines Moduls gehörtletztlich die weitgehende Lernortunab-hängigkeit, wie dies für die NC-Modulebeschrieben wurde.

Werden die für die NC-Module zutreffen-den Charakteristika nun abstrahiert undverallgemeinert (vgl. Abb.␣ 1), so könnendiese als Indikatoren für einen Idealty-pus des Modulkonzepts gelten.

Abb. 1

Das deutsche dualeSystem als Beispielfür eine Ausbildung nachdem Berufskonzept

Das in Deutschland bestehende dualeSystem (vgl. The Federal Minister forEducation and Science 1992) umfasst der-zeit rund 360 verschiedenen staatlich an-erkannten Ausbildungsberufe. Es zeich-net sich neben der Verknüpfung der insti-tutionellen Lernorte Betrieb und Schuledurch eine Fokussierung auf eine kom-

Abb. 1

Indikatoren für das Modulkonzept

❏ Zeitlich und inhaltlich begrenzte Lerneinheit, flexible Anordnungder Lerneinheiten

❏ Hohe Standardisierung von Zielen, Inhalten und Prüfungsverfahren❏ Outputorientierung❏ Zertifikat für jede Lerneinheit❏ Freier Zugang, freier Abgang❏ Lernortunabhängigkeit

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plexe und transferfähige berufliche Bil-dung, welche mit einer umfassendenHandlungskompetenz und der Persönlich-keitsbildung der jungen Erwachsenen ein-hergeht, in einem von den Sozialpartnerneinerseits und den staatlichen Stellen an-dererseits getragenen System aus. Dabeispielt die Orientierung am Berufskonzeptals determinierende Größe für die forma-le und inhaltliche Gestaltung des Berufs-bildungssystems eine entscheidende Rol-le. Zusammenfassend kann die Bildungs-philosophie des Berufskonzepts durch fol-gende, hier nur rudimentär vorgenomme-ne Zusammenstellung von Charakteristi-ka, beschrieben werden (vgl. Blossfeld,1994; Steedman/Mason/Wagner, 1991;Pilz, 1999a, S.␣ 91-93; Deißinger, 1994, 1996u. 1998):

❏ Komplexität und überbetrieblicheTransferfähigkeit des Qualifikationsprofils;

❏ der Staat übt eine Ordnungsfunktionaus und schafft Transparenz durch aner-kannte Ausbildungsberufe;

❏ der Ordnungsrahmen ist langfristig sta-bil und schafft somit Kontinuität imBerufsbildungssystem; gleichzeitig ist dieeinzelne Berufsausbildung ein längerfri-stig und dauerhaft angelegter Lern- undSozialisationsprozess;

❏ der Ausbildungsberuf determiniert Ta-rif- und Statusaspekte;

❏ die Ausbildung generiert eine Berufs-identität sowie Sinnstiftung und die Er-ziehungskomponente fördert die Persön-lichkeitsbildung.

Neben den eher abstrakten Determinan-ten des Berufskonzepts lassen sich auf derPraxisebene konkrete Elemente der Um-setzung der Theorie ausmachen (vgl.Abb.␣ 2). Diese Elemente bestehen zum ei-nen darin, dass die Lehrpläne sehr um-fassend im Sinne des Erwerbs einer weit-gehenden Handlungskompetenz und zeit-lich für eine relativ lange Dauer ausge-legt sind, wobei die Lernabschnitte einerlinearen Anordnung folgen. Zum anderenlassen die Lehrpläne den Lehrkräften einegroße Wahlfreiheit bei der Konkretisie-rung von Lernzielen, den Inhalten, Me-thoden und Prüfungsverfahren. Abgese-hen von einigen Sonderregelungen sindim dualen System der Lernprozess und dasErreichen der Lernziele sehr eng mitein-ander verknüpft. So ist die Teilnahme aneiner Abschlussprüfung ohne die Teilnah-me am Lernprozess in der Regel nichtmöglich. Weiterhin ist die Erlangung desstaatlich geschützten Zertifikats, welchesdie erworbenen Fähigkeiten und Kennt-nisse dokumentiert, an die erfolgreicheBeendigung des Bildungsgangs geknüpft.Abbrecher und Prüfungsversager erhaltenim dualen System kein Zertifikat für Teil-leistungen. Außerdem existiert im dualenSystem eine Zugangsberechtigung, wel-che im Normalfall in Form eines Ausbil-dungsvertrags mit einem Unternehmenbesteht und indirekt eine Abgangsvoraus-setzung, da nur das erfolgreiche Absol-vieren der gesamten Ausbildung zurZertifizierung führt. Der letzte Indikatorfür die praktische Umsetzung des Berufs-konzepts ist das Element der Lernort-abhängigkeit. So ist die Ausbildung imdualen System in der Regel an die Lern-orte Ausbildungsbetrieb und staatliche Be-rufsschule gebunden.

Abb. 2

Zusammenführung derschottischen und deut-schen Erkenntnisse in einGesamtmodell

Das Modulkonzept und das Berufskonzeptkönnen in der hier über die Indikatorendargestellten Form als Idealtypen aufge-fasst werden, die ein Gegensatzpaar bil-den.

Dieses Vorgehen ermöglicht die Überfüh-rung der beiden Idealtypen in konträre

Abb. 2

Indikatoren für das Berufskonzept

❏ Gesamtlernbereich (Lehrplan), lineare Anordnung der Lernabschnitte

❏ Relative Offenheit bei der Wahl von Zielen, Inhalten, Methoden undPrüfungsverfahren

❏ Verknüpfung von Lernprozess und Lernziel

❏ Zertifikat am Ende des Bildungsgangs

❏ Zugangsberechtigung notwendig

❏ Abgangsvoraussetzung indirekt vorgegeben

❏ Lernortabhängig

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Extremtypen und zusätzlich das Aufspan-nen eines Kontinuums, in welches sichdann auch Mischformen mithilfe der ent-wickelten Indikatoren einordnen lassen(vgl. Abb.␣ 3). Diese Mischformen entstam-men in ihrer einfachsten Form einem derbeiden Extremtypen, adaptieren jedochElemente des jeweils anderen Konzeptsoder aber stellen genuine Mischformendar, die keinem der beiden Extremtypenentstammen. Welche Mischformen in derPraxis der Berufsbildung bestehen, sollnachfolgend analysiert werden.

Abb. 3

Die GSVQs als Beispieleiner gemäßigten Modula-risierung in Schottland

Beispielhaft kann hier ein weiteres schot-tisches Bildungsprogramm vorgestellt undin das Einordnungsschema eingeordnetwerden.

Seit 1992 wurden von der SQA bzw. ei-ner Vorläuferorganisation in Zusammen-arbeit mit Lehrkräften, Arbeitgebern undanderen Bildungsexperten 46␣ verschiede-ne General Scottish Vocational Qualifi-cations (GSVQs) entwickelt, wobei einnicht unerheblicher Anteil von NC-Modu-len in das neue Programm integriert wer-den konnte.(2) GSVQs sind speziell aufdie schottischen Colleges zugeschnitteneModulgruppen gewesen und wurden aufdrei verschiedenen Schwierigkeitsstufenangeboten, wobei mit zunehmendem Ni-veau eine ansteigende Anzahl von Vor-leistungen als Zugangsberechtigung zu-meist in Form von bereits abgelegtenModulen vorzuweisen war. Auf der un-tersten Niveaustufe␣ I wurde ein aus 12Modulen bestehendes GSVQ angeboten,welches zur beruflichen Orientierung unddurch die Auswahl einzelner Module auseinem Fakultativangebot erste Schwer-punktsetzungen erlaubte. Für die in 14verschiedenen Berufszweigen, wie Han-del und Gewerbe oder Pflege, offeriertenGSVQs der Stufen␣ II und␣ III waren nacheinem festgelegten Punktesystem diverseModule aus einem Pflichtbereich und ei-nem Wahlbereich zu belegen, wobei ei-nige Module in beiden Stufen innerhalbeines Berufszweigs angeboten und damitauch anerkannt wurden. Die Inhalte dereinzelnen Module waren berufsbezogen,jedoch nicht an speziellen Arbeitsplätzen

ausgerichtet, und wurden ergänzt durchallgemeinbildende Inhalte wie Rechnenund Sprachen. Eine Besonderheit stelltenzudem die Abschlussprüfungen auf denStufen␣ II und␣ III dar. Diese fanden in Formvon Projektarbeiten statt, in denen dieSchüler das Wissen und die erlernten Fä-higkeiten aus allen zum GSVQ gehö-renden Modulen einbringen mussten. ImGegensatz zu den NC-Modulen erfolgteeine Notengebung, die sich in „nicht er-folgreich“, „noch nicht erfolgreich“, „er-folgreich“ und „erfolgreich mit Auszeich-nung“ differenzierte (vgl. Murray 1997 u.Scotvec 1996b u. 1996c).

Werden die GSVQs nun mit Hilfe der obenaufgestellten Indikatoren untersucht, sokönnen folgende Ergebnisse generiertwerden:

Einerseits unterliegen die einzelnen Mo-dule innerhalb des GSVQs wie auch beiden NC-Modulen über die Vorgaben imDescriptor einer starken inhaltlichen Stan-dardisierung und die Zertifizierung jedeseinzelnen Moduls wird garantiert.

Abb. 3

Einordnungsschema für Bildungsprogramme

BerufskonzeptGesamtlernbereich (Lehrplan),lineare Anordnung der Lernabschnitte

Relative Offenheit bei der Wahl vonZielen, Inhalten, Methoden und Prü-fungsverfahrenVerknüpfung vonLernprozess und LernzielZertifikat am Ende des BildungsgangsZugangsberechtigung notwendigAbgangsvoraussetzung indirektvorgegebenLernortabhängig

ModulkonzeptZeitlich und inhaltlich begrenzte Lern-einheit, flexible Anordnung der Lern-einheitenHohe Standardisierung von Zielen,Inhalten und Prüfungsverfahren

Outputorientierung

Zertifikat für jede LerneinheitFreier ZugangFreier Abgang

Lernortunabhängig

(2) Die Einführung des Higher StillSystems hat dazu geführt, dass dieGSVQs 1999/2000 ihre Eigenstän-digkeit verloren haben und im neuenSystem aufgegangen sind (vgl. SQA1999a; 1999b u. Pilz 1999b). Dennochhaben sie im Higher Still System inveränderter Form, z.B. als Teil derScottish Group Awards, weiterhinBestand und eignen sich als Unter-suchungsgrundlage zum Aufzeigenvon Entwicklungslinien in besonde-rer Weise.

Berufskonzept Mischkonzept Modulkonzept

Duales System ? NC-Modulsystem

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Andererseits stehen bei den GSVQs pri-mär der Gesamtzusammenhang von kon-tinuierlichem Lernprozess und Lernergeb-nis sowie der Zusammenhalt aller Modu-le im Vordergrund. Die Abschlussprüfungsignalisiert diesen Anspruch am deutlich-sten. Zwar werden die einzelnen Moduleim Scottish Qualifications Certificate do-kumentiert, haben jedoch sowohl imBildungssystem (z.B. bei der Hochschul-zugangsberechtigung) als auch am Ar-beitsmarkt nur über den Gesamtabschlussdes GSVQs eine Wertigkeit. Das Punkte-system und die für den Gesamtabschlussvergebene Note unterstreichen diese Be-wertung auf struktureller Ebene. Aberauch aus pädagogischer Perspektive wur-de von der SQA und den Colleges sehrgroßer Wert auf das Erreichen des Gesamt-abschlusses durch die Teilnehmer gelegt,was sich in entsprechenden Beratungsge-sprächen und im didaktischen Aufbau desUnterrichts manifestierte. So wurde derLernprozess immer wieder mit der Prü-fungsgestaltung abgeglichen und denLehrkräften eine im Gegensatz zu den NC-Modulen größere Freiheit bei der Anord-nung der Lerninhalte gegeben. Die Exi-stenz einer Outputorientierung kann da-her hier nicht konstatiert werden.

Wie bereits angesprochen, sind die GSVQsvornehmlich für die Offerierung in Colle-ges entwickelt worden und damit an diedortigen Gegebenheiten angepasst. Dar-aus ergibt sich der Umstand, dass eineLernortfokussierung bereits aus konzep-tionellen Determinanten heraus vorliegt.Eng mit der Lernortabhängigkeit verbun-

den ist der Tatbestand, dass die Teilneh-mer keinen freien Zu- und Abgang imGSVQ-Programm genossen, da sie an dieAngebote der Colleges gebunden waren,die in der Regel ausschließlich die linea-re Abfolge eines GSVQs über ein Schul-jahr anboten. Da die Module jedoch teil-weise direkt aufeinander aufbauen, warein Ein- und Ausstieg im laufenden Schul-jahr oftmals nicht möglich. Zudem war fürdas erfolgreiche Absolvieren der Ab-schlussprüfung der Durchlauf aller Mo-dule notwendig, was die Flexibilität hin-sichtlich der Partizipation zusätzlich ein-schränkte.

Werden die Indikatoren für das Modul-konzept nun in der Gesamtheit betrach-tet (vgl. Abb.␣ 4), so kann für die GSVQsein eindeutiges Abrücken von einem rei-nen Modulkonzept und damit hin zu ei-nem Mischkonzept ausgemacht werden.

Abb.␣ 4Nicht nur die Untersuchung der Indika-toren auf der Ebene der Systemelementeführt zu einem Mischsystem. Auch auf derEbene der zugrundeliegenden Bildungs-philosophie kann ein Abrücken von ei-ner singulär durch das Modulkonzept ge-prägte Bildungsphilosophie erkannt wer-den. Eine partielle Adaption von Elemen-ten des Berufskonzepts zeigt sich insbe-sondere im großen Stellenwert, den einGSVQ als umfassendes und komplexesQualifizierungsprogramm sowohl in struk-tureller Hinsicht als auch in der Bewer-tung der Bildungsbeteiligten genoss. EineDominanz in der Vermittlung von Teil-qualifikationen und die Orientierung anextrem spezifischen Qualifikationen füreinen sehr eingeschränkten Tätigkeitsbe-reich kann daher in der den GSVQs zu-grunde liegenden Bildungsphilosophienicht ausgemacht werden.

Neue Ausbildungsberufe inDeutschland als Beispielfür eine Abkehr von einemstarren Berufskonzept

Seit 1997 sind in Deutschland einige neueAusbildungsberufe entstanden, welchesich durch ein bisher nicht bekanntes Maßan Flexibilisierungselementen auszeich-nen. Die Berufe in den Bereichen Infor-mationstechnologie, Medienindustrie und

Abb.␣ 4

Zuordnung der Indikatoren des Modulkonzeptsbei den GSVQs

Zeitlich und inhaltlich begrenzte Lerneinheit,flexible Anordnung der Lerneinheiten OHohe Standardisierung von Zielen,Inhalten und Prüfungsverfahren XOutputorientierung OZertifikat für jede Lerneinheit XFreier Zugang, freier Abgang OLernortunabhängigkeit O

X = Trifft zuO = Trifft nicht zu

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Labortätigkeiten unterscheiden sich aller-dings in der konkreten Ausgestaltung derFlexibilisierung (vgl. Dybowski 2000).Exemplarisch soll hier das neue Struktur-konzept für die Laborausbildung in denBereichen Chemie, Biologie und Lack vomMärz␣ 2000 vorgestellt werden (vgl. Bun-desminister für Wirtschaft und Technolo-gie 2000 u. Reymers 2000).

Die Ausbildung ist in drei verschiedeneQualifikationsbereiche unterteilt. Sechsverschiedene integrative Qualifikationenwie Arbeitsschutz, Umweltschutz oderArbeitsorganisation und Kommunikationwerden, allerdings in unterschiedlicherBreite und Tiefe, in allen drei Labor-berufen über die gesamte Ausbildungs-zeit von regulär 3,5␣ Jahren vermittelt. Da-neben werden für jeden Beruf spezifischePflichtqualifikationen verbindlich vorge-schrieben, die verstärkt in der ersten Hälf-te der Ausbildungszeit vermittelt werdenund für das Erreichen einer umfassendenHandlungskompetenz in einem Berufunerlässlich sind. Für den Biologielabo-ranten sind sieben verschiedene Bereichevon Pflichtqualifikationen definiert, hier-unter befinden sich beispielsweise dieDurchführung mikrobiologischer, moleku-larbiologischer und diagnostischer Arbei-ten.

Der dritte Qualifikationsbereich betrifftWahlqualifikationseinheiten, welche imletzten Ausbildungsdrittel absolviert wer-den und aus einem umfangreichen Kata-log berufsspezifischer und berufsüber-greifender Qualifikationen ausgewähltwerden müssen. Die in speziellen Aus-wahllisten vorgegebenen sechs Wahl-qualifikationen für den Biologielaborantenumfassen im berufsspezifischen Bereichz.B. das Durchführen botanischer oderparasitologischer Arbeiten, wobei minde-stes vier und höchstens sechs Wahl-qualifikationen ausgewählt werden dür-fen. Im berufsübergreifenden Bereich, ausdem maximal zwei Qualifikationen ge-wählt werden können, wird z.B. das An-wenden chromatografischer Verfahrenoder der Umgang mit dem Qualitätsmana-gement vermittelt.

Trotz der Wahlmöglichkeiten wird an derVermittlung einer umfassenden Hand-lungskompetenz festgehalten und bleibenauch in der neuen Ausbildungsordnungjeweils eine allgemeine Zwischen- und

Abb.␣ 5

Zuordnung der Indikatoren für das Berufskonzept beider neugeordneten Laborausbildung

Gesamtlernbereich (Lehrplan),lineare Anordnung der Lernabschnitte ORelative Offenheit bei der Wahl von Zielen,Inhalten, Methoden und Prüfungsverfahren XVerknüpfung von Lernprozess und Lernziel XZertifikat am Ende des Bildungsgangs XZugangsberechtigung notwendigAbgangsvoraussetzung indirekt vorgegeben XLernortabhängig X

X = Trifft zuO = Trifft nicht zu

Abschlussprüfung integraler Bestandteilder Ausbildung. Allerdings sollen die je-weils belegten Wahlqualifikationen Be-rücksichtigung innerhalb der Abschluss-prüfung des Auszubildenden finden.

Werden hier die Indikatoren für dasBerufskonzept zur Anwendung gebracht(vgl. Abb.␣ 5), so kann ein Abrücken vonden idealtypischen Charakteristika nur inHinblick auf die gestiegene Wahlfreiheithinsichtlich der vermittelten bzw. beleg-ten Qualifikationen ausgemacht werden.Hier bietet sich eine Spezialisierung derFähigkeiten und Kenntnisse im Kontextder Möglichkeiten und Stärken des jewei-ligen Ausbildungsbetriebs an. Unter Um-ständen kann zudem den speziellen In-teressen und Neigungen der Auszubilden-den Rechnung getragen werden. Alle an-deren Aspekte werden jedoch wie bisherbeibehalten. So ist die singuläre Belegungund reguläre Zertifizierung einzelner Qua-lifikationen nicht möglich und bleibt derAbschluss eines Ausbildungsvertrags, derzur Determinierung einiger zentraler Cha-rakteristika des Berufskonzepts führt,weiterhin verbindlich vorgeschrieben.

Auf der Ebene der Bildungsphilosophiesind keine Veränderungen auszumachen.In der Rechtsverordnung wird sogar ex-plizit auf die Befähigung zur Ausübungeiner qualifizierten beruflichen Tätigkeit,welche das selbstständige Planen, Durch-führen und Kontrollieren einschließt, hin-gewiesen (Bundesminister für Wirtschaftund Technologie 2000).

Abb

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Fazit

Die beiden hier aufgezeigten Moderni-sierungswege der beruflichen Bildung las-sen sich mittels der generierten Indikato-ren näher analysieren. Für Schottlandkann bei den GSVQs eine Abkehr voneinem radikalen Modulansatz festgestelltwerden.(3) Umgekehrt deutet die verstärk-te Flexibilisierung in den neuen deutschenAusbildungsordnungen auf eine Abkehrvon einem starren Berufskonzept hin. Obdaraus letztlich eine Konvergenz der Be-

rufsbildungssysteme abgeleitet werdenkann, ist allerdings vor dem Hintergrundder grundsätzlich unterschiedlichen Aus-bildungssysteme fraglich und hängt starkvon den weiteren längerfristigen Entwick-lungen ab. Dennoch können die aufmerk-same Beobachtung und fundierte Analy-se der unterschiedlichen europäischenModernisierungsansätze in der beruflichenBildung nützliche Hinweise für weiterge-hende Entwicklungen und zur Vermei-dung von Fehlern in den jeweiligen Län-dern liefern.

(3) Eine umfassende Analyse allerschottischen Bildungsprogramme un-ter Einschluss des neuen Higher StillSystems zeigt ein deutliches Abrückenvom einstig radikal ausgeprägtenModulkonzept (vgl. Pilz 1999a, S.␣ 145-156).

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BrückenschlagzwischenTheorie und Praxisin der Berufsbildungder Niederlande

Einleitung

1996 wurde in den Niederlanden das Ge-setz über Berufs- und Erwachsenenbil-dung erlassen. In diesem Gesetz wird demLernen aus praktischer Erfahrung großesGewicht beigemessen. Dies hat zur Fol-ge, dass der Ort, an dem das Lernen imArbeitsprozess stattfindet, an Bedeutunggewonnen hat. Das kontextbezogene Ler-nen in einer Situation, in der sich derTeilnehmer mit realen Problemen ausein-andersetzen muss, lässt sich in Relationsetzen zum Konzept des Konstruktivismus(Duffy und Jonassen, 1992). Dieser Theo-rie zufolge lernen die Teilnehmer in derPraxis, in einer Ernstsituation. Das Berufs-bildungssystem der Niederlande bietetden 16- bis 20-jährigen Absolventen desallgemeinbildenden oder berufsbildendenSekundarunterrichts der Grundstufe zweiAlternativen zur Auswahl an:

❏ erstens: Besuch der Schule und Arbei-ten während einiger praktischer Ausbil-dungszeiten, beispielsweise im Rahmenvon Lernen am Arbeitsplatz oder vonPraktika;

❏ zweitens: Aufnahme der Arbeit in ei-nem Unternehmen und an einem Tag inder Woche theoretischer Unterricht in derSchule, wie bei einer Lehre. Beide Zwei-ge bieten den Teilnehmern die Möglich-keit, die bei der praktischen Arbeit erlang-ten Kenntnisse zu vertiefen, und umge-kehrt können sie ihr in der Schule erwor-benes Wissen in realen Arbeitssituationenanwenden.

Die zentralen Fragen bei diesem Versuchs-projekt lauteten, wie den Teilnehmern aufder einen Seite die Kommunikation mit-einander und die Zusammenarbeit in denZeiten der außerschulischen Ausbildungerleichtert und auf der anderen Seite dieVerbindung zwischen Theorie und Praxisoptimiert werden kann. Da die Teilneh-mer einen sehr großen Teil der Unter-richtszeit außerhalb des Klassenzimmersverbringen, muss eine Möglichkeit gefun-den werden, den „Zusammenhalt“ unterihnen zu wahren. Durch den Einsatz ei-ner rechnergestützten Umgebung fürkollaboratives Lernen kann ein virtuellesKlassenzimmer für die Zeit geschaffenwerden, in der die Teilnehmer in verschie-denen Unternehmen arbeiten. Schule undArbeit sind auf diese Weise tatsächlichmiteinander verbunden.

Die Möglichkeitendes rechnergestütztenkollaborativen Lernens

Hewitt (1996) und Scardamalia und Be-reiter (1996) verglichen im Rahmen vonForschungsarbeiten virtuelle, durch rech-nergestützte Umgebungen für kolla-boratives Lernen geschaffene Klassen-zimmer und herkömmliche Klassenzim-mer, und zeigten hierbei, dass diese Artder Umgebung einen positiven Einflussauf das intentionale Lernen und daskollaborative Lernen hatte. Wie bei demim vorliegenden Beitrag beschriebenen

Gäby LutgensMaastricht McLuhanInstitute,Universität Maastricht

Martin MulderMaastricht McLuhanInstitute,Universität Maastricht

Lehrer und Teilnehmer imBereich Berufsbildung ma-chen häufig die Feststel-lung, dass es schwierig ist,eine Verbindung zwischendem in der Schule erworbe-nen Wissen und neuen inder Praxis gewonnenen Er-kenntnissen und Erfahrun-gen herzustellen. Es fehlt ander Zeit, von den aufgetre-tenen Problemen zu berich-ten und Lösungen zu erör-tern. Während des Unter-richts in der Schule bleibtauch keine Zeit für die Be-leuchtung der theoreti-schen Hintergründe einesbestimmten Themas. Diemeisten erfahren über denpraktischen Unterricht derübrigen Teilnehmer nichts,und die Lehrer sind nicht inder Lage, auf alle mit ange-messenen Rückmeldungeneinzugehen. Bei dem in die-sem Beitrag beschriebenenProjekt erhielten Berufsbil-dungsteilnehmer die Mög-lichkeit, während ihrespraktischen Unterrichtsmiteinander zu kommuni-zieren und sich mithilfe ei-ner rechnergestützten Um-gebung für kollaborativesLernen gemeinsam mit ähn-lichen Problemstellungenzu beschäftigen. Dieser Bei-trag gibt die Eindrücke vonSchülern und Lehrern imUmgang mit diesem neuenLernwerkzeug wieder.

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Übersicht 1

Der Projektablauf

❏ 2 vorbereitende Untersuchungen über Rahmenbedingungen

❏ 2 x 76 Teilnehmer, eine Gruppe aus jedem Ausbildungszweig

❏ Schulung der Lehrkräfte

❏ Anleitung der Lehrkräfte

❏ Zehnwöchige Kurse mit Gruppen von jeweils zirka zehn Teilnehmern

❏ Einweisung der Teilnehmer in das Forschungsprojekt

❏ 1 Lehrkraft für die Betreuung jeweils einer Gruppe

❏ Analyse der Nachrichten mithilfe des Analysewerkzeugsatzes

❏ Bewertung durch Teilnehmer und Lehrer

Projekt setzten diese Forscher WebCSILE,einen über Internet zugänglichen prob-lemorientierten Rahmen für gemeinsamesArbeiten, ein. WebCSILE basiert aufCSILE, einer rechnergestützten Umge-bung für intentionales Lernen, die Scar-damalia und Bereiter (1989) entwickelthaben. In einigen der an diesem Projektbeteiligten Klassen kam zusätzlich zuWebCSILE noch Web Knowledge Forum(WebKF), das Nachfolgeprogramm vonWebCSILE, zur Anwendung. Die rech-nergestützte Umgebung für kollabora-tives Lernen soll den Teilnehmern Gele-genheit bieten, ihre Erfahrungen zu schil-dern und Diskussionen einzuleiten. Die-se Form der Kommunikation kann asyn-chron erfolgen, vom Arbeitsplatz odervon Zuhause aus. Darüber hinaus kön-nen die Teilnehmer mit dem Austauschvon Erfahrungen und der Erörterung vonProblemen den ersten Schritt zu gemein-samem Arbeiten und Lernen machen. Eswird erwartet, dass die Teilnehmer durchden Gedankenaustausch und die Formu-lierung von Argumenten einen tieferenEinblick in die behandelten Themen ge-winnen. Wenn die Teilnehmer ihre Ge-danken in Wor te fassen , wi rd ihrBewusstsein geschärft, wie sie Problemelösen, und sie eignen sich in der Folgekognitives und metakognitives Wissenan. Wenn der Aufbau von Wissen, soScardamalia und Bereiter (1996, b), zumeigentlichen Ziel wird, werden die Teil-nehmer in der Lage sein, selbst zu er-kennen, was sie lernen müssen. Nach ei-niger Zeit übernehmen sie aktivere Rol-len im Lernprozess und mehr Verantwor-tung für die Dinge, die sie lernen möch-ten.

Der Aufbau von Wissen durch rechner-gestütztes kollaboratives Lernen kann miteiner Einführungsstunde im Klassenzim-mer beginnen. Anschließend muss denTeilnehmern das endgültige Lernziel klarsein, beispielsweise die Lösung eines Pro-blems mit dem Anbau pflanzlicher Kultu-ren unter sehr trockenen klimatischen Be-dingungen. Ferner müssen sie wissen, obdas Thema in mehrere (untergeordnete)Themen zu unterteilen ist. Jedes dieserUnterthemen kann mithilfe von Fragen er-kundet werden, die im Rahmen gemein-samer Bemühungen um Zusammenstel-lung und Austausch des diesbezüglichenWissens beantwortet werden. Für die Er-langung von Wissen über ein bestimmtesThema können die verschiedensten Quel-len genutzt werden: Bücher, Zeitschriften,Fernsehen, Sachverständige usw. Das Zielist die Entstehung einer Lernkultur, beider alle in der Klasse (Teilnehmer undLehrer) Verantwortung für den Wissens-aufbau übernehmen. Alle sammeln Infor-mationen, um sie in das Datennetz ein-zutragen, und lassen die anderen überdiese Einträge an ihren Erkenntnissen teil-haben.

Bei dem gemeinsamen Arbeiten und Ler-nen im Rahmen einer rechnergestütztenUmgebung für kollaboratives Lernen ste-hen die Teilnehmer per Computer mitein-ander in Verbindung. Die Datenbank er-fasst die Einträge, aktualisiert die Dateienund ermöglicht auf diese Weise die Nach-vollziehung des Prozesses des Wissens-aufbaus. Die Daten können danach unter-sucht werden, ob Beziehungen zwischenMitteilungen der Teilnehmer bestehen.Diese Mitteilungen werden als Nachrich-ten bezeichnet. Eine Analyse der Musterder Nachrichten lässt erkennen, wer wel-che Mitteilungen an wen schreibt. Die Leh-rer und Teilnehmer müssen ihre jeweili-gen Aufgaben in einem solchen Prozessvereinbaren. Bei dem hier beschriebenenProjekt wurde der Versuch unternommen,Antworten auf die Frage zu finden, wiedie Lernumgebung in den Unterricht ein-gebunden werden soll und wie die Zusam-menarbeit zwischen den Teilnehmern übereine rechnergestützte Umgebung fürkollaboratives Lernen ermöglicht und füreine bestimmte Zeit aufrecht erhalten wer-den kann. Darüber hinaus wurde beson-ders untersucht, ob und wie in der Schuleerworbenes Wissen und praktische Erfah-rungen integriert wurden.

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Ablauf derForschungsarbeitIm Folgenden wird der Ablauf der For-schungsarbeit im Überblick dargestellt.Auf die einzelnen Punkte dieses Über-blicks wird in den anschließenden Kapi-teln dieses Beitrags ausführlicher einge-gangen.Überblick 1 Ablauf der Forschungsarbeit

Verfahren

In zwei Vorabuntersuchungen wurdenzunächst Informationen über verschiede-ne Bedingungen zusammengetragen (un-ter anderem über die Vorkehrungen, diegetroffen werden müssten, damit sich dieTeilnehmer von zu Hause aus in das Sys-tem einloggen konnten). Jeweils 76 Teil-nehmer der beiden in der Einführungbeschriebenen Ausbildungszweige nah-men an dem Projekt teil. Gruppen vonjeweils zirka zehn Personen besuchtenverschiedene zehnwöchige Kurse, wobeijede Gruppe von mindestens einer Lehr-kraft betreut wurde. Nur Teilnehmer, diezu Hause Zugang zu einem Computerhatten, konnten sich beteiligen. Bei Teil-nehmern ohne Internetzugang übernahmdie Schule die Kosten für ein Probe-abonnement. Um die Telefongebühren ineinem angemessenen Rahmen zu halten,wurden die Teilnehmer angewiesen, täg-lich nur 30 Minuten zu arbeiten. (DieseKosten wurden erstattet.)

Schulung der Lehrkräfte

Vor Beginn der Tests erhielten die Lehr-kräfte eine Schulung in den zentralenThemen kollaboratives Lernen und Lern-gemeinschaften, in der Anwendung vonWebKF und den Möglichkeiten dieses Pro-gramms (sowohl technischer als auchprozessorientierter Art), in den Fragen,wie der Prozess des kollaborativen Ler-nens eingeleitet und aufrecht erhaltenwird, wie und wann einzugreifen ist. Einaus mehreren Schritten bestehender Planwurde der Lehrkraft angeboten, der alsAnleitung für die Übertragung von Auf-gaben dienen sollte. Diese Anleitungumfasste vier Schritte, an deren Endeschließlich eine Aufgabe stand (nachMaastricht PBL, Van Til und Van derHeijden, 1998). Lehrkräfte und Forschererörterten eventuell auftretende Proble-

me und lösten sie nach Möglichkeit ge-meinsam.

Schulung der TeilnehmerDie meisten Lehrkräfte beteiligten sichmehrmals (sowohl an Pilottests als auchan Folgetests). Die Einweisung der Teil-nehmer wurde von einem Forscher über-nommen, wenn es für die Lehrkraft dererste Test war. Bei dem zweiten oder beispäteren Tests wies die Lehrkraft die Teil-nehmer selbst ein und schulte sie. Zu-nächst wurde dabei das Forschungs-projekt vorgestellt. Die Teilnehmer wur-den über das Ziel des Projekts unterrich-tet, Antworten auf die Frage zu finden,ob mithilfe des rechnergestützten kolla-borativen Lernens die Verbindung zwi-schen Theorie und Praxis optimiert wer-den könnte. Ferner wurde der Gedankedes kollaborativen Lernens erläutert, undes wurde dargelegt, wie das kollaborativeLernen durch den Einsatz einer rechner-gestützten Lernumgebung erleichtert wer-den kann. Das wichtigste Ziel der Schu-lung bestand darin, die Teilnehmer mitder Umgebung vertraut zu machen, da-mit sie zu Hause mit ihr arbeiten konn-ten.

Bewertung

Für die Analyse der Datenbanken wurdeein Analysewerkzeugsatz zu Hilfe genom-men. Hierbei handelt es sich um eineReihe von Programmen, die Übersichtenund zusammenfassende Daten über dieNachrichten, Meinungen und Aktivitäteninnerhalb einer (web)KF-Datenbank lie-fern (Burt is , 1998). Mithi l fe diesesAnalysewerkzeugsatzes können quantita-tive Angaben über die Datenbank zusam-mengestellt werden.

Um herauszufinden, welche Erfahrungendie Teilnehmer mit der Anwendung vonWebCSILE oder WebKF gemacht haben,wurde ein Bewertungsbogen verteilt. Inihm konnten Erkenntnisse in Bezug aufdie Lernumgebung und das Internet, dieUnterstützung des Lernprozesses (Schu-lung, Aufgaben, Eingriffe sowie techni-sche und motivierende Unterstützungwährend des Tests), die Zusammenarbeitmit den Klassenkameraden beschriebenund einige Fragen über die Verbindungvon Theorie und Praxis beantwortet wer-

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den. Auch die Lehrkräfte wurden gebe-ten, einen Evaluierungsbogen auszufüllen.Sie sollten ihre Vorstellung vom kollabo-rativen Lernen wiedergeben, ihre an denEinsatz der rechnergestützten Umgebungfür kollaboratives Lernen geknüpften Er-wartungen in Bezug auf die Ermöglichungder Zusammenarbeit mit den Teilnehmernaußerhalb der Schulzeiten sowie ihre Er-fahrungen und ihre Überlegungen für dieZukunft schildern.

Ergebnisse undSchlussfolgerungen

Der Analysewerkzeugsatz lieferte eineenorme Datenmenge. Alle Teilnehmerzusammen (Schüler und Lehrer) versand-ten 764 Nachrichten. (Auf die Lehrer ent-fielen 107 Nachrichten.) Bei 46␣ % handeltees sich um erste oder neue Nachrichten,das heißt, Mitteilungen, die sich neu miteinem Thema beschäftigten. Andere wa-ren isolierte Nachrichten. Ihre Zahl beliefsich auf 197. Bei einer Betrachtung, diesich auf die Threads in der Datenbankbeschränkt, entsteht der Eindruck, dasshier niemand auf die Meldungen von an-deren zu reagieren oder in eine Diskussi-on über Antworten von anderen einzu-steigen schien. Es schien sich um die ver-schiedensten isolierten Meldungen zuhandeln. Bei einer genaueren Untersu-chung des Inhalts der Nachrichten kannsich ein anderes Bild ergeben. Von einerdem Anschein nach isolierten und nichtweiterführenden Nachricht kann ein en-ger Zusammenhang zu einer anderenNachricht hergestellt werden, wenn derInhalt berücksichtigt wird. Fast jedes Mal,wenn sich die Teilnehmer in das Systemeinloggten, lasen sie zunächst die Beiträ-ge der anderen. Die meist gelesenenNachrichten waren die der Lehrer (Insbe-sondere die Aufgaben wurden wieder undwieder aufgerufen, in einzelnen Fällen biszu zehn Mal während der gesamten Dau-er des Tests.) und Nachrichten, die dieTeilnehmer selbst beigesteuert hatten.

Die Zusammenarbeit in Gruppen stehtin einer Beziehung zu der Zusammen-arbeit in einer rechnergestütztenLernumgebung

Bei der Betrachtung der einzelnen Grup-pen zeigten sich Unterschiede. Teilneh-

mer aus Gruppen, die sich aus der Schu-le persönlich kannten und ähnliche Auf-gaben lösen mussten, nutzten die Lern-umgebung regelmäßig zum Lesen undSchreiben. Sie tauschten Informationenund Erfahrungen aus und arbeiteten zu-sammen an der Lösung konkreter Proble-me. Teilnehmer, die nur einmal in derWoche Unterricht hatten und sich unter-einander kaum kannten, sahen die Not-wendigkeit zur Zusammenarbeit nicht. Siewaren nicht an ein gemeinsames Arbei-ten gewöhnt und hielten es nicht für er-forderlich, ihre Gewohnheiten zu ändern.Andere Teilnehmer beschäftigten sichbereits während des schulischen Unter-richts mit der Lernumgebung und arbei-teten an einer Aufgabe, um sich mit denFunktionen des Diskussionsforums ver-traut zu machen und an die Zusammen-arbeit zu gewöhnen, bevor sie die Schulezur Aufnahme des Praktikums verlassenwürden. Sie zogen die mündliche Kom-munikation der schriftlichen Kommunika-tion durch Einträge in das Netzwerk vor.Dies lässt den Schluss zu, dass es einoptimales Verhältnis zwischen der Zusam-menarbeit im persönlichen Kontakt undder rechnergestützten Zusammenarbeit zugeben scheint. Die rechnergestützte Um-gebung für kollaboratives Lernen bot dieMöglichkeit, mit Klassenkameraden zu-sammenzuarbeiten, die alle in anderenUnternehmen arbeiteten und mit konkre-ten Problemen konfrontiert wurden. Teil-nehmer, die diese Möglichkeit nutzten,äußerten sich sehr begeistert. Sie sagtenaus, von den Beiträgen der anderen (dieneue Informationen geliefert, neue Ideenund Sichtweisen eröffnet hätten) gelerntzu haben und stärker motiviert gewesenzu sein, die eigenen Strategien und Er-kenntnisse zu erläutern. Für Teilnehmer,die sich in ein und demselben Raum be-fanden und relativ einfache Aufgaben lö-sen sollten, kam der Computer allerdingsals Hilfsmittel nicht in Betracht. Auch fürdie Teilnehmer, die zuvor kaum mitein-ander in Berührung gekommen waren,bringt das bloße Vorhandensein derrechnergestützten Lernumgebung keineÄnderung.

Zeitaufwand - aus der Sicht von Lehr-kräften und Teilnehmern

Sowohl für Teilnehmer als auch für Lehrerwar mit dem Test ein erheblicher Zeitauf-wand verbunden. Sie mussten sich re-

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gelmäßig einloggen, um alle Beiträge mit-zuverfolgen. Die Teilnehmer hatten jedochnicht den Eindruck, einen zusätzlichenAufwand zu betreiben. Für sie entfiel imGegenzug der Praktikumsbericht. Außer-dem fühlten sie sich besser auf die Praxisvorbereitet. Die Lehrkräfte wussten nun(besser als früher), welchen Problemenihre Schüler in der praktischen Ausbildungbegegneten, und konnten sie deshalb bes-ser unterstützen. Sie nahmen die Lernum-gebung als nützliches Instrument wahr,vertraten allerdings auch die Auffassung,dass die Unterstützung der Zusammenar-beit einen enormen Einsatz erforderte.Dieser Einsatz scheint jedoch notwendigzu sein. Anhand der Bewertungsbogen undder Daten, die aus den Datenbanken undmithilfe des Analysewerkzeugsatzes zusam-mengetragen wurden, konnte eine Bezie-hung zwischen der Rolle der Lehrkraft indem Netzwerk, der Anzahl Nachrichten,die die Teilnehmer verfassten, und ihrenBerichten über Umfang und Qualität derZusammenarbeit hergestellt werden. Jeweniger sich ein Lehrer beteiligte, destoweniger Aktivität zeigten die Teilnehmer.Diese Korrelation wird in einem gesonder-ten Beitrag behandelt (Lutgens, Biemansund De Jong, 1999).

Verbindungsfähigkeit

Eine weitere positive Wirkung war dasGefühl der engeren Zugehörigkeit zu derSchule, die die Teilnehmer bei früherempraktischen Unterricht nicht empfundenhatten. Sie gaben an, das in der Schuleerworbene Wissen bei der Arbeit häufi-ger als früher angewandt zu haben unddurch die Erörterung von Problemen mitanderen aus deren Erfahrungen mehr ge-lernt zu haben.

Vorteile der Möglichkeit, Informa-tions- und Kommunikationstechnolo-gie zu nutzen

Obwohl die Zusammenarbeit hätte wirk-samer sein können, wurde die Möglich-keit, die Informations- und Kommunikati-onstechnologie zum Lernen und gemein-samen Arbeiten einsetzen zu können, ansich als wertvoll eingeschätzt. Die Berat-schlagung mit anderen, das Wissen, wannund wie andere bei unzureichenden Kennt-nissen angesprochen werden können, unddie Entwicklung mehrerer Kompetenzen(Kommunikation, Suche und Sammlungthemenbezogener Informationen und Wis-sen, wie die aus verschiedenen Perspekti-ven gewonnenen Kenntnisse und Erfah-rungen auf neue Situationen übertragenwerden können) sind positive Nebeneffek-te der Nutzung der rechnergestütztenUmgebung für kollaboratives Lernen.

Trotz der Hindernisse, die zu Beginn desProjekts zu überwinden waren (unter an-derem unzureichende Computerinfra-struktur, Wecken der Bereitschaft bei denLehrkräften für die Erprobung neuer päd-agogischer Konzepte, hoher Zeitaufwandfür die Einrichtung der Programme, Schu-lung der Nutzer und Unterstützung desLernprozesses), bekundeten nahezu alleam Projekt Beteiligten Interesse daran,diese oder eine ähnliche rechnergestützteLernumgebung während des praktischenUnterrichts erneut einzusetzen. Die Lehr-kräfte stellten fest, dass sie die Teilneh-mer auf diese Weise besser betreuenkönnten. Die Teilnehmer erklärten, dasssie miteinander kommunizieren und ko-operieren könnten. Sie fühlten sich derSchule während des praktischen Unter-richts enger verbunden.

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Literatur

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Hewitt, J.G. (1996), Progress toward a knowledge-building community, Doktorarbeit, Universität To-ronto, Graduate department of Education.

Lutgens, G.M., Biemans, H.J.A., de Jong, F.P.C.M.(1999) Op weg naar een coachingmodel: de rol vande docent in een samenwerkend-leren-proces, [Aufdem Weg zu einem Fördermodell: Die Rolle derLehrkraft bei dem rechnergestützten kollaborativenLernen], Beitrag für die niederländischen Tage derBildungsforschung, 20. - 21. Mai 1999, Nijmegen,Niederlande.

Scardamalia, M., Bereiter, C., McLean, R.S.,Swallow, J., Woodruff, E. (1989), Computersupported intentional learning environments, Jour-nal of educational computing research, 5, S. 51-68.

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van Til, C.T., van der Heijden, F. (1998) Studie-vaardigheden PGO. Een overzicht, [Lernfähigkeitenbeim problemorientierten Lernen, Ein Überblick]Maastricht: Universitaire Pers.

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Arbeitserfahrung undCurriculum: Beispieleaus Spanien

In diesem Beitrag werdenRolle und Status des Prak-tikums im Unternehmen seitMitte 1998 in Spanien unter-sucht.Zum einen wird die amtli-che Sicht der Aufgabe desPraktikums im Unterneh-men vorgestellt und es wer-den die Grenzen aufgezeigt,die einem solchen Prakti-kum gesetzt sind.Zum anderen wird am Bei-spiel von zwei Fallstudiendie große Bandbreite derMöglichkeiten beschrieben,die die praktische Ausbil-dung im Unternehmen bie-tet und die von der eigent-lichen Einweisung in dieAusübung eines Berufs überden Erwerb von Schlüssel-kompetenzen und sozialenKompetenzen bis hin zurVermittlung von Allgemein-bildung reicht.In dem Beitrag werden dienotwendigen Voraussetzun-gen genannt, die für denErfolg und die Fortentwick-lung dieser Form der Päd-agogik erfüllt sein müssen,und vor allem die Notwen-digkeit betont, das Prakti-kum als gleichwertiges Ele-ment in die Curricula einzu-binden und die für eine an-gemessene Ausführung er-forderlichen Sach- und Per-sonalressourcen bereitzu-stellen, wozu die Schulbe-hörde in Spanien kaum inder Lage zu sein scheint.

Einleitung

Hintergrund

Gegenstand dieser Abhandlung sind ei-nige Aspekte des spanischen Beitrags zudem Projekt mit dem Titel „Work expe-rience as an education and training strat-egy: new approaches for the 21st century“(Arbeitserfahrung als Strategie in der all-gemeinen und beruflichen Bildung: neueKonzepte für das 21.␣ Jahrhundert), dasunter der Vertragsnummer SOE2-CT97-2025 im Rahmen des EU-Programms fürgesellschaftspolitische Schwerpunktfor-schung (GPSF) durchgeführt wurde. DasProjekt befasste sich mit dem pädagogi-schen Wert von Arbeitserfahrung. EinigeProjektergebnisse sind bereits in Buch-form veröf fent l icht (McKenna undO’Maolmhuire, 2000; Marhuenda undCros, 2000; Marhuenda, Cros und Gimé-nez, 2001). Weitere Bücher befinden sichin Vorbereitung, und einige Kapitel wer-den noch überprüft.

An diesem Projekt wirken Forscher ausEngland und Wales (UCL/Institute ofEducation, University of London), Schwe-den (Universität Kristianstad), Irland (Du-blin City University), Spanien (Universi-tät Valencia), Dänemark (CopenhagenBusiness School) und Ungarn (StaatlichesInstitut für Berufsbildung) mit. Da dieProjektpartner aus unterschiedlichen Be-reichen kommen, werden im Verlauf derForschungsarbeit verschiedene Sicht-weisen berücksichtigt. Das Spektrum die-ser unterschiedlichen Gebiete reicht vonder Psychologie zur Curriculumforschung,von der Soziologie zur Betriebswirtschaft.Ihr Berührungspunkt scheint jedoch dieBeschäftigung mit Art und Umfang der amArbeitsplatz stattfindenden Lernprozesse

zu sein, die Menschen als Praktikanten(im Rahmen ihrer Ausbildung im Unter-nehmen) durchlaufen.

Im Mittelpunkt der Untersuchung standdie Altersklasse der 16- bis 19-Jährigen.Erforscht wurden Zweck, Lernvorausset-zungen, Praxis und Ergebnisse der Ar-beitserfahrung. Die Forschungsgruppegliederte ihre Arbeit in drei verschiede-ne, miteinander verbundene Teile. Erstenswurde sowohl das länderbezogene alsauch das wissenschaftliche Schrifttumgeprüft. Zweitens erfolgte die Analyse derPolitiken, die den Bereich der Arbeits-erfahrung für diese Altersklasse in denPartnerländern regeln. Diese Analyse fand1998 statt und wurde im Jahre 2000 wie-derholt. Als drittes wurde die praktischeDurchführung der Maßnahmen zur Erlan-gung von Arbeitserfahrungen untersucht.In jedem Partnerland wurden einige Ein-richtungen für Fallstudien ausgewählt. DieErgebnisse von zweien dieser Fallstudienwerden in diesem Beitrag vorgestellt. Ei-nige pädagogische Merkmale der zur Er-langung von Arbeitserfahrung bei diesenBerufsbildungsinitiativen vorgesehenenModule werden beschrieben und erörtert.Die beiden ausgewählten Einrichtungeneignen sich ausgezeichnet für eine Annä-herung an die Frage, ob von einer Kriseder Beziehung zwischen Bildungssystemund Wirtschaftssystem die Rede sein kann,wie an anderer Stelle ausgeführt wird(García, 1997; Aparisi et al., 1998; Martínezund Marhuenda, 1998). Wegen ihrer päd-agogischen Ausrichtung bieten beide Ein-richtungen die Möglichkeit zu untersu-chen, wie Qualität in der Bildung nichtnur unter dem Gesichtspunkt der Erlan-gung eines Arbeitsplatzes, sondern haupt-sächlich im Hinblick auf die Einhaltungdes Rechts auf Bildung und Arbeit erreichtwerden kann (Simon, 1991; Hart, 1992;

FernandoMarhuendaOrdinariusDepartament deDidàctica iOrganització EscolarUniversität Valencia- Spanien

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Connell, 1997; Marhuenda, 2000). BeideEinrichtungen werten dies als pädagogi-schen Erfolg und verstehen es als Mittelzur sozialen Eingliederung, auch durchErwerbstätigkeit.

Konzept des Projekts

Im Mittelpunkt des Projektkonzeptes stehtder Wert von Arbeitserfahrung als Formdes Lernens und als Möglichkeit der Be-schäftigung mit Ausbildung und Vermitt-lung und damit als Teil des Curriculums.Nach Meinung des Verfassers ist dieseForm der Ausbildung/des Lernens jedochnicht neu, sondern bereits Jahrhundertealt und hat, was noch wichtiger ist, denWechsel verschiedener Produktionsfor-men im Laufe der Geschichte von der Zeitder Handwerkerzünfte bis zur Industria-lisierung und, wie einige Autoren behaup-ten, sogar bis in die postindustrielle Äraüberstanden. Eine Untersuchung diesesWandels durch eine ähnliche Analyse, wiesie Lundgren (1992) in Bezug auf die Lehr-pläne der formalen Bildungssysteme vor-nahm, ist eine lohnende Aufgabe, die al-lerdings den Rahmen dieses Beitragssprengen würde. Eine derartige Untersu-chung ist aber unerlässlich, um der welt-weit verbreiteten Vorstellung widerspre-chen zu können, dass die Bildungsein-richtungen in Frage gestellt seien, weil sienicht in der Lage seien, den Anforderun-gen des Wirtschaftssystems gerecht zuwerden. Diese Vorstellung ist, wie Lund-gren zeigt, schlicht falsch, da diese Be-ziehung mit der Einführung staatlicherBildungssysteme schon vor langer Zeitgelöst wurde. Wir stehen heute vor ande-ren Krisen, die im Wesentlichen die kapi-talistische Produktionsform betreffen. Esist die Absicht derjenigen, die dieses Sys-tem unterhalten, uns glauben zu machen,dass das Bildungswesen diese Problemezu verantworten hat. Diese Behauptungwird immer dann aufgestellt, wenn derBildungserfolg daran gemessen wird, obdie Suche nach einem Arbeitsplatz erfolg-reich ist, und nicht daran, inwieweit dasRecht des Einzelnen auf kulturelle undpersönliche Entfaltung gewahrt wird.

In diesem Beitrag soll die Rolle von Ar-beitserfahrung vor dem Hintergrund derBildungsgrundprinzipien und -strategiender beiden Einrichtungen beleuchtet wer-den. Es soll versucht werden, das Ge-wicht, das der Arbeitserfahrung beigelegt

wird, und die mit der Arbeitserfahrungverbundenen Zielsetzungen zu erörtern.Wenn mit dem Angebot der Arbeits-erfahrung eine pädagogische Absicht ver-bunden ist, zeigt sich dies nicht nur ander Erfahrung selbst, sondern auch an derAusgestaltung des entsprechenden Curri-culums. Im Rahmen der Curriculum-gestaltung umfasst Arbeitserfahrung bei-de alternative Formen von Ausbildungund Lernen, aber auch Produktionsartenfinden Eingang in die Bildungsmaßnahme.

Wir sind der festen Überzeugung, dass diebildungsbezogenen Handlungen und Be-ziehungen am Arbeitsplatz deutliche Aus-wirkungen auf das von den Praktikantenentwickelte und erworbene Wissen habenund außerdem in die Prozesse der Ent-wicklung berufsbezogener Identitäten alsArbeitnehmer im Allgemeinen und Fach-kräfte im Besonderen und folglich auchals Staatsbürger hineinwirken. Wie die Un-tersuchung der politischen Strategienergab, sind diese Zusammenhänge jedochbei den derzeit gültigen Politiken zur Re-gelung der Arbeitserfahrung nicht beach-tet worden.

Einige dieser Voraussetzungen sollen an-hand der Fallstudien untersucht werden.Es wird daher versucht, verschiedeneMaßnahmen zur Erlangung von Arbeits-erfahrung aus allen Berufsfeldern zu ver-gleichen, um berufsbezogene Gemein-samkeiten sowie berufsübergreifendeAspekte zu ermitteln, die mit der heuti-gen Gestaltung der Arbeit zusammenhän-gen und somit relativ unabhängig vondem jeweiligen Beruf sind.

Konzepte für das Lernenaus Arbeitserfahrung

Wir kommen nun zu dem Gegenstand derUntersuchung - Arbeitserfahrung - als ei-ner Unterrichtspraxis, die mit dem dies-bezüglichen Schrifttum über Curriculum-kodes (Lundgren, 1992; Bernstein, 1997,1998) und Curriculumsysteme - oderCurriculummodelle oder -grundprinzipien(Tyler, 1973; Stenhouse, 1984) verglichenwerden kann.

Hiermit werden zwei Ziele verfolgt. Zumeinen sollen die Bildungsprozesse formal- oder systematisch - untersucht werden,

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jedoch im außerschulischen Bereich. DerBegriff Curriculum ist zwar hauptsächlichauf das Bildungssystem angewandt wor-den, doch Arbeitserfahrung ist heute in-nerhalb von formalem oder nicht forma-lem Unterricht in einen curricularen Rah-men eingebettet. Zweitens sollen curri-culare Fragen unter dem besonderen Ge-sichtspunkt der beruflichen Bildung an-statt der allgemeinen Bildung erörtertwerden. Dies bedeutet, die Bildungs-prozesse aus dem schulischen Umfeldherauszulösen und eine Annäherung vomStandpunkt der Arbeitswelt aus zu versu-chen, von dem Punkt aus, an dem dieformale Bildung endet, um der auf einemsoliden Fundament aufbauenden Fortbil-dung Platz zu machen. Die Funktion alsAbschluss der Bildung hat hier Vorrangvor der vorbereitenden Funktion, die sieanderswo, selbst auf den höheren Bil-dungsstufen hat.

Zu diesem Umfeld gehören weitere inter-essante Themen, beispielsweise die Bezie-hungen zwischen Produktionsarten undVerarbeitungsarten, namentlich die Verbin-dungen zwischen Arbeit und Wissen, Han-deln und Denken oder Praxis und Theo-rie. Ähnliche Themen, allerdings auf an-deren Stufen des Bildungssystems, wurdenbereits behandelt (Boud, 1989; Reckmanund Van Roon, 1991). Bei den der Curri-culumtheorie zugrunde liegenden Fragengeht es letztlich darum, wie Hoffnung Rea-lität werden kann, um es in Anlehnung anLundgren (1983) auszudrücken.

Im weiteren Verlauf werden die organi-satorischen Fragen im Zusammenhang mitArbeitserfahrung behandelt, die weit überdie bisherige Auseinandersetzung mit die-sem Thema in der Literatur hinausgehen:die pädagogischen Vorkehrungen für Leh-ren und Lernen im Arbeitsprozess. Ausdiesem Grunde ist eine striktere Annähe-rung an die von Vigotsky, Piaget oderBruner festgelegten Definitionen von Ler-nen und eine etwas ungewöhnliche Artder Verbindung zu der von Kolb (1984)oder Marsick (1987) erarbeiteten Defini-tion erforderlich. Auch die Arbeiten vonArgyris und Schön (1982) oder Schön(1983, 1987, 1991) sowie von Eraut (1994,1998) sind in diesem Zusammenhang vonBedeutung.

Der Vorschlag für eine „Modellierung“ vonArbeitserfahrung (Marhuenda, 2001) be-

zieht sich auf die unterschiedlichen Lern-theorien und könnte dazu führen, denAblauf der Arbeitserfahrung als eine Ab-folge von Stadien, die der Teilnehmer aneiner Maßnahme zur Erlangung von Ar-beitserfahrung durchläuft und sich dabeifortentwickelt, zu überdenken. Hierfürsind neue Praktikant-Lehrer-Ausbilder-Beziehungen, verschiedene Bewertungs-verfahren, andere Schwerpunkte auf ge-änderte Lerninhalte und generell ein ge-schärftes Bewusstsein für die Welt vonArbeit und Bildung und somit für die Weltim weitesten Sinne erforderlich.

All dies kann vielleicht nur erreicht wer-den, wenn, wie Gimeno (1988) anregt,berücksichtigt wird, dass die Arbeits-erfahrung den Regeln des Curriculumsund den Prozessen der Gestaltung undEntwicklung auf verschiedenen Ebenenunterworfen und nicht nur der Rolle derLehrkräfte bei der Curriculumgestaltungüberlassen ist. Hinzu kommt, dass in An-betracht der Tatsache, dass der Arbeits-platz außerhalb des Bildungssystems an-gesiedelt ist, die Prozesse der Curriculum-gestaltung externen Einflüssen ausgesetztsind, die sich auf die gegenwärtige Curri-culumentwicklung auswirken (Lipsmeier,1978; Peege, 1987, 1988).

Arbeitserfahrungenin Spanien:politische Themen

Seit Ende der 80er Jahre des vergange-nen Jahrhunderts sind verschiedene Be-wertungen durchgeführt worden - vonBou (1988, 1990), dem spanischen Mini-sterium für Bildung und Wissenschaft(1990, 1994), der für Bildung, Hochschu-len und Forschung zuständigen Stelle derbaskischen Regierung (1990), von Zabalza(1991), Álvaro (1993), Marhuenda (1994),Guillén (1998). In gewissem Sinne könn-ten diese Arbeiten als Maßnahme zurQualitätssicherung oder auch als Teil ei-nes Überprüfungsprozesses betrachtetwerden. Zumeist sind sie jedoch als in-terne Bewertungen der laufenden Refor-men zu sehen, die mit dem Ziel durchge-führt wurden, den Stand der Durchfüh-rung einzuschätzen und zu prüfen, inwie-weit die diesbezüglichen Vorschriften ein-gehalten werden oder nicht. Allerdingswurde nur bei sehr wenigen dieser Ar-

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beiten der Versuch unternommen, dieVerfahren und Zusammenhänge zu beur-teilen, die Lernen durch Arbeitserfahrungbegünstigen. Dieser Ansatz ist somit eherals Kontrollbewertung zu verstehen, beider organisatorische Aspekte der Arbeits-erfahrung berücksichtigt werden, denn alsÜberprüfung der Hintergründe und derZiele der Arbeitserfahrung an sich.

Die Ausbildung am Arbeitsplatz ist seitMitte der 80er Jahre des vergangenen Jahr-hunderts Bestandteil des spanischenBildungssystems. Diese Phasen der Aus-bildung am Arbeitsplatz (die früher als„prácticas en alternancia“ bezeichnet wur-den) gelten als für die Praktikanten be-sonders vorteilhaft. Studien zufolge sinddie Teilnehmer mit der Arbeit als Prakti-kanten in Unternehmen sehr zufrieden.Der Ausbildung im Arbeitsprozess wirdein sehr hoher Wert beigemessen. DieUnternehmen sehen in den Teilnehmernein gut ausgebildetes Arbeitskräfte-potenzial, während sich den Teilnehmerndie Möglichkeit bietet, die Arbeitsweltkennen zu lernen und nach einer Zeit, inder sie nicht nur Kenntnisse hinzugewon-nen haben, sondern auch Kontakt zu po-tenziellen Arbeitgebern hatten, möglicher-weise einen Arbeitsplatz zu finden. Diepraktische Ausbildung ist für sie eine kon-krete und nützliche Maßnahme, die ihreBeschäftigungschancen verbessert und aufdiese Weise kurzfristig Früchte tragenwird. Die Teilnehmer wechseln von derSimulation in den Werkstätten der Bil-dungseinrichtung zu der Ernstsituationmit konkreten und sinnvollen Arbeiten,wie sie die eigentlichen Arbeitnehmer desUnternehmens ausführen. Dies ist für dieTeilnehmer sehr positiv, weil sie das imKlassenzimmer und in der Werkstatt er-lernte Wissen in der Praxis anwendenkönnen. Dadurch wird der weiter obengenannte instrumentale Ansatz bekräftigt.

Nicht nur die Teilnehmer, sondern auchdie beteiligten Lehrkräfte und die ande-ren Akteure schreiben dieser Phase derAusbildung am Arbeitsplatz eine Reihevon Vorteilen zu. Die Welt des Unterrichtsund die Arbeitswelt haben hier einenBerührungspunkt und bereichern sichgegenseitig. Die Teilnehmer setzen nichtnur das im Klassenzimmer erworbenetheoretische Wissen um, sondern tauchenin die Arbeitswelt ein, werden mit echtenArbeitssituationen konfrontiert und ent-

decken am Arbeitsplatz die Kultur derArbeitswelt im Allgemeinen und die desbetreffenden Unternehmens im Besonde-ren. Allein der Kontakt von Schule undUnternehmen hat bereits pädagogischenWert, unabhängig von der Art eines sol-chen Kontakts und von sonstigen Merk-malen, wie beispielsweise dem hier ab-laufenden Prozess, dem konkreten Ar-beitsplatz und den vorherigen Erfahrun-gen der Teilnehmer.

Innerhalb des Unternehmens gilt der Prak-tikant als Schüler, der sich in einer Lern-phase befindet und der Aufsicht einesMitarbeiters des Unternehmens untersteht.Dieser überwacht die Fortschritte desPraktikanten, fungiert innerhalb des Un-ternehmens als Führer und beantwortetalle Fragen des Praktikanten. Dies bedeu-tet, dass die dem Praktikanten in demUnternehmen zu übertragenden Aufgabenfestgelegt sein sollten und ein Tutor er-nannt werden sollte, der die Verantwor-tung für die Ausbildung des Praktikantenin dem Unternehmen übernimmt. Einwichtiger Aspekt ist in diesem Zusammen-hang die Planung des Ausbildungspro-gramms des Praktikums. Sie liegt im We-sentlichen in der Zuständigkeit des Aus-bilders in der Schule, und die betriebli-chen Ausbilder wirken nur in Ausnahme-fällen mit.

Auf diese Weise kann der Teilnehmernicht nur in die mit dem jeweiligen Fach-bereich verbundenen Aufgaben eingewie-sen werden, sondern Einblick in die Funk-tionsweise des Unternehmens gewinnen,in seine Kultur, in die Gewerkschaften,die Rechte und Pflichten der Arbeitneh-mer, die Arbeitszeiten, die Kunden-beziehungen usw. Die Praktikanten soll-ten in der Zeit der Ausbildung im Betriebden übrigen Arbeitnehmern in Bezug aufdie einschlägigen Vorschriften gleichge-stellt sein. Das heißt, dass sie sich dengegebenen Bedingungen anpassen müs-sen, auch wenn sich die Arbeitszeiten, dieBeziehungen, die Arbeitstage usw. vonden entsprechenden Bedingungen derBildungseinrichtung unterscheiden. EineVergütung der Arbeit der Praktikanten ist- nach wie vor - nicht vorgesehen. DiePraktikanten erhalten eine Entschädigungfür die Fahrkosten, die sich nach der Ent-fernung zwischen Wohnung und Unter-nehmen richtet und mit zunehmenderEntfernung steigt.

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Es gibt ein Abkommen über die Mitarbeit,in dem unter anderem die folgenden Ver-einbarungen getroffen wurden: Der Prak-tikant geht mit dem Unternehmen keinArbeitsverhältnis ein. Alle Notfälle sinddurch eine Versicherung abgedeckt (Schu-le und Staat). Der Praktikant erhält keineVergütung. Das Unternehmen ist nicht zurBezahlung verpflichtet, allerdings erhal-ten die Praktikanten in manchen Fällenein „Taschengeld“.

Ein weiterer unverändert gebliebenerAspekt ist die zeitliche Festlegung derAusbildung am Arbeitsplatz. Sie schließtsich an die Ausbildung in der Bildungs-einrichtung an. Aus instrumentaler Sicht,die sich die Bildungsbehörde zu eigengemacht hat, scheint es folgerichtig zu sein,die Ausbildung am Arbeitsplatz zu begin-nen, wenn der Teilnehmer über das ge-samte theoretische Wissen verfügt. Wirkönnen uns dieser Sichtweise nicht ohneweiteres anschließen. Diesem Konzept -Durchführung des Praktikums am Schlussder Ausbildung - liegt eine beschränkteVorstellung von Theorie und Praxis undeine schematische und unzureichendeHerangehensweise an die Beziehungenzwischen Theorie und Praxis zugrunde. AmArbeitsplatz können der Arbeitsprozess, dieam besten geeigneten Kenntnisse und Fer-tigkeiten für die Ausführung bestimmterAufgaben, die diesbezüglichen Hintergrün-de sowie die Rolle des Arbeitnehmers indem Unternehmen reflektiert und theore-tisch erörtert werden. Demgegenüber kön-nen in der Schule Kenntnisse und Fertig-keiten erworben, operationelle Verfahrenerlernt, Probleme gelöst, Kommunikations-kompetenzen angewandt, Arbeit in Grup-pen erlernt werden usw.

Die Fallstudien zeigen, dass es den Teil-nehmern eine Hilfe war, während desPraktikums mit ihren Klassenkameradenund ihren Tutoren in der Bildungseinrich-tung zusammenzukommen. DerartigeZusammenkünfte bieten Gelegenheit zurBehandlung von Konflikten und Fragen.Die Teilnehmer können sich über ihreErfahrungen in dem Unternehmen äußern,ihre Situation mit der anderer vergleichen,rekapitulieren. Diese Gelegenheit ist eineBereicherung für die Ausbildung am Ar-beitsplatz, denn sie bietet die Möglich-keit, Verbesserungen noch während desPraktikums vorzunehmen. Da diese Zu-sammenkünfte als so sinnvoll betrachtet

werden, könnte das Praktikum einige Zeitvor dem Ende des Ausbildungsgangesstattfinden und die letzte Phase dazu ge-nutzt werden, der Ausbildung den letz-ten Schliff zu geben und den schulischenund betrieblichen Unterricht abzurunden.

Der Grund für die Durchführung der Aus-bildung am Arbeitsplatz am Schluss derAusbildung hängt mit einer der Zielset-zungen der Ausbildung zusammen, der-zufolge der in der Bildungseinrichtungabsolvierte Unterricht ergänzt werden sollund darüber hinaus versucht werden soll,dem Teilnehmer den Einstieg in den Ar-beitsmarkt zu erleichtern. Unsere Unter-suchungen ergaben, dass der ergänzendeCharakter gewahrt bliebe, wenn das Prak-tikum nicht am Ende der Ausbildung stün-de. Weitere Vorteile kämen hinzu. So be-stünde die Möglichkeit der Ausspracheüber Probleme, die aufgetreten sind, überdie Art und Weise der Problemlösung,über die Art und Weise der Entscheidungs-findung. Ferner könnten bestimmteKenntnisse und Fertigkeiten vervollkomm-net und bestimmte Schwierigkeiten ange-sprochen werden, Fehler berichtigt undErfolge ausgebaut werden. Als ein weite-rer Vorteil ist die Möglichkeit zu nennen,dass die verbleibende Ausbildung nachMaßgabe der Ergebnisse des Praktikumsgeplant werden könnte. Zwei weitereHauptziele der praktischen Ausbildungsind die (echte) Einbindung in die Orga-nisation eines Unternehmens und dieBeurteilung der beruflichen Kompetenzdes Teilnehmers in realen Arbeitssituatio-nen. Auch diese Ziele lassen sich durch-aus mit dem Vorschlag vereinbaren, dasPraktikum nicht erst am Ende der Ausbil-dung abzuleisten. Ein Hinderungsgrundkönnte allerdings die Organisation derAusbildung am Arbeitsplatz sein. Es istsehr zeitaufwändig, Kontakt zu Unterneh-men zu knüpfen, und wenn der Organisa-tionsprozess durch Urlaub unterbrochenwird, wäre es noch schwieriger, den Kon-takt zu den Unternehmen, die die Prakti-kanten aufnehmen sollen, aufrechtzuer-halten. Eine breit angelegte zeitliche undräumliche Verteilung des Praktikums, wiees unser Vorschlag vorsieht, würde demZiel, dem Praktikum abschließenden undinstrumentalen Charakter zu verleihen,entgegenwirken oder es zumindest be-einträchtigen, und darüber hinaus dürftedies auch die Verwaltung des Praktikumserschweren.

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Der Prozess der Organisation der Ausbil-dung am Arbeitsplatz ist langwierig undkostspielig. Im Laufe der Jahre wird derAblauf immer besser, weil die für die Ver-waltung der Praktika zuständigen Tuto-ren aus den Erfahrungen früherer Jahrelernen können. Außerdem gibt es Unter-nehmen, die Praktikumsstellen wiederholtanbieten, wodurch sich die Zahl der Be-triebe verringert, die neu geworben wer-den müssen. Die Unternehmen erkennen,dass es Vorteile bringt, Praktikanten insHaus zu holen, und intensivieren die Zu-sammenarbeit. Ein weiteres Problem, fürdas, wie bereits im Jahre 1998, noch kei-ne Lösung gefunden werden konnte, istdie Bereitstellung einer ausreichend gro-ßen Zahl von Praktikumsstellen, wenn dasneue System der formalen Berufsbildungeinmal allgemein eingeführt ist.

Ein Tutor und ein Ausbilder des Unter-nehmens werden ernannt, um die Fort-schritte des Auszubildenden zu überwa-chen. Sie sind für die Gestaltung des fürden Teilnehmer bestimmten Programmsmit Ausbildungsmaßnahmen in dem Un-ternehmen verantwortlich. Die Zusam-menarbeit der Beteiligten ist für die Ko-ordinierung des Programmablaufs wich-tig. Um Missbrauch zu vermeiden (Beauf-tragung mit niederen Arbeiten, Ausnut-zung billiger Arbeitskraft usw.) muss dieRolle des Praktikanten in dem Unterneh-men klargestellt werden. Sehr häufig stelltsich das Problem, dass der betrieblicheAusbilder nicht weiß, wie er den Teilneh-mer praktisch unterrichten soll.

Zur Lösung dieses Problems wurden mitt-lerweile einige isolierte Initiativen ergrif-fen, die darauf abzielen, diese betriebli-chen Ausbilder pädagogisch zu schulen.In einigen autonomen Regionen arbeitendie regionale Bildungsbehörde und derVerband der Handelskammern zusammen.Das Ziel dieser Zusammenarbeit ist dieAusarbeitung von Lehrgängen für die Mit-arbeiter von Unternehmen, die die Betreu-ung der Praktikanten übernehmen sollen.Diese Arbeitnehmer besitzen umfassendetechnische Ausbildung und Kompetenz,allerdings fehlen ihnen die geringstenpädagogischen Kenntnisse, die für dieAnleitung der Praktikanten notwendigsind. Dieses Problem ist in ganz Spanienimmer wieder anzutreffen. Auch dieTutoren in der Schule haben sehr harteArbeitsbedingungen: Übermaß an Ver-

antwortung, Zeitmangel, institutionelleZwänge. Die Bildungsbehörde bleibt die-ser Situation gegenüber gleichgültig undgeht der von den Lehrergewerkschaftenangestoßenen Diskussion über die Not-wendigkeit aus dem Weg, Aufgaben, Schu-lung, Anforderungen und sonstige Aspek-te im Zusammenhang mit der Heranbil-dung betrieblicher Ausbilder zu definie-ren.

Abschließend ist noch hinzuzufügen, dassdie Ausbildung am Arbeitsplatz die besteArt des Übergangs von der Schule in einUnternehmen ist. Es gibt keinen besse-ren Weg der Arbeitssuche als Praktika, diedie Tür zu ersten Berufserfahrungen öff-nen und Bildungsteilnehmern und Unter-nehmen die Möglichkeit des Kennen-lernens bieten. Mittelfristig bergen sie je-doch auch eine Gefahr in sich. Die Zahlder Bildungsumgebungen, in die prakti-scher Unterricht eingebettet werden muss,nimmt zu und damit übersteigt die Zahlder Praktikanten (Teilnehmer am Berufs-bildungsunterricht, an dem Programm imRahmen der „Sozialgarantie“ oder Studie-renden), für die eine Stelle gefundenwerden muss, die verfügbaren Prakti-kumsstellen. Dieses Problem muss, wieso viele andere auch, gelöst werden, wenndie Qualität der Ausbildung am Arbeits-platz verbessert werden soll.

Es ist wichtig, an diese aktuellen Proble-me im Zusammenhang mit der Ausbildungam Arbeitsplatz mit der erforderlichenAufmerksamkeit heranzugehen, weil Prak-tika eine sehr wertvolle Möglichkeit zurVerbesserung der Ausbildung der Teilneh-mer sind. Sie können auch Gelegenheitfür die positive Entwicklung der gegen-wärtigen Situation der Berufsbildungs-teilnehmer bieten. Würden die tatsächlichbenötigten zeitlichen, finanziellen undpersonellen Ressourcen bereitgestellt,könnte dieses Modul und damit auch dieEntwicklung von Praktikanten und Unter-nehmen deutlich vorangebracht werden.

Die endgültigen Schlussfolgerungen einerBewertung der Ausbildung am Arbeits-platz lauten, dass das Modul der Ausbil-dung am Arbeitsplatz insofern ein sehrwertvolles Instrument ist, als es den Kon-takt zwischen Bildungssystem und Unter-nehmen herstellt. Die Unternehmer erhal-ten die Möglichkeit, Menschen auszubil-den, die vielleicht einmal Mitarbeiter des

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Unternehmens werden, während die Prak-tikanten mit der Arbeitswelt konfrontiertwerden, in dieser Situation und aus die-ser Situation lernen und darüber hinausnoch mit künftigen Arbeitgebern zusam-menkommen.

Bewertung der gegenwärtigen politi-schen Strategien

Während der Dauer der Forschungsarbei-ten wurden keine Veränderungen derPraktikumsphasen beobachtet. Es wurdefestgestellt, dass nicht alle Möglichkeitenzur Verbesserung der Situation genutztwurden. Statt dessen wurden lediglichVeränderungen vorgenommen, die gering-fügige Unterschiede zwischen den auto-nomen Regionen herbeigeführt haben.Der Bereich der praktischen Ausbildungentwickelt sich fort und breitet sich im-mer weiter aus, was jedoch in Politik undVerwaltung keinen Niederschlag gefundenhat. In der Praxis hat es eine Fortentwick-lung gegeben, da die Lehren aus den Er-fahrungen von Jahr zu Jahr in Verbesse-rungen von Verwaltung und Entwicklungder Praktika umgemünzt wurden. Dochdie Unbeweglichkeit der Verwaltung be-hindert größere Fortschritte, weil dieRechtsvorschriften den Aktionsradius derAusbildungszentren einschränken. Unddiese Starre lässt Anpassung, Vielfalt undFlexibilität nicht zu. Ursache des Problemsist die Tatsache, dass unterschiedlicheInteressen im Spiel sind und alle Betei-ligten nur ihre eigenen Interessen verfol-gen. Das Modul der Ausbildung am Ar-beitsplatz richtet sich an die Bildungs-teilnehmer, die die eigentlichen Protago-nisten sind. Das vorrangige Ziel der Prak-tika sollte die Ausbildung der Teilnehmersein, wobei sich durchaus Vorteile fürandere Beteiligte ergeben können. Nurwenn die Teilnehmer im Mittelpunkt derÜberlegungen stehen, kann eine ange-messene Situation in dem Bereich derAusbildung am Arbeitsplatz erreicht wer-den.

Es ist nur ein Gedankenspiel: Die Pro-gramme für Maßnahmen zur Erlangungvon Arbeitserfahrung werden nicht auf dieTeilnehmer und ihre Bedürfnisse ausge-richtet. Sie werden nach sozialen undarbeitsbezogenen Erwägungen (Arbeits-übergänge, Humanressourcen) aufgestellt,reformiert und verbessert. Dies sind utili-taristische Aspekte, die in der Regel päd-

agogische Gesichtspunkte außer Acht las-sen.

Auf der im November abgehaltenen Kon-ferenz wurden einige der Anliegen der anden Praktika beteiligten Fachleuten vonden Arbeitsgruppen zusammengetragen.Dies sind unter anderem:

❏ Praktika und Gesamtausbildung stehenunverbunden nebeneinander, weil diePraktika zumeist am Schluss der Ausbil-dung durchgeführt werden und kaum eineBeziehung zu dem übrigen Lehrstoff be-steht. Sie sind somit die letzte Aktivitätder Teilnehmer vor Verlassen des Ausbil-dungszentrums. Alle Gruppen wiesen aufdas pädagogische Potenzial hin, dassPraktika bei einer umfassenden Einbin-dung in das Curriculum haben könnten,wobei jedoch die Chancen der Teilneh-mer in Bezug auf die Suche nach einemArbeitsplatz nicht beeinträchtigt werdendürften.

❏ Allgemein wird das übergroße Ge-wicht, das in dem derzeit gültigen Gesetzzur allgemeinen Regelung des Erziehungs-systems (LOGSE) auf das begriffliche Wis-sen zum Nachteil des prozeduralen Wis-sens und der Haltungen gelegt wird, mitSorge betrachtet. Das prozedurale Wissenund die Haltungen gelten jedoch in An-betracht der internen Umstrukturierungs-prozesse, die zahlreiche Unternehmenund Arbeitsplätze zurzeit durchlaufen, alsSchlüssel zur Beschäftigungsfähigkeit derTeilnehmer. Bei den Programmen im Rah-men der „Sozialgarantie“ steht dieses Pro-blem nicht so sehr im Vordergrund, dahier der Entwicklung von Kenntnissen,Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Hal-tungen größere Bedeutung beigemessenwird.

❏ Es wurde betont, dass die Ausbildungam Arbeitsplatz Elemente der erzieheri-schen, berufsbezogenen und persönlichenEntwicklung umfassen sollte. Aus diesemGrunde müssen eine wirksame Abstim-mung von Tutoren und Ausbildern imHinblick auf die Integration des Prakti-kanten in das Unternehmen und die er-forderliche Kohärenz des Ausbildungspro-gramms gewährleistet sein. Große Bedeu-tung kommt auch dem Element der Moti-vation zu, das den Wert des Ausbildungs-moduls in Bezug auf die berufsbezogeneund die persönliche Entwicklung erhöht.

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Das Modell, bei dem die Ausbildung amArbeitsplatz integraler Bestandteil desCurriculums ist, dürfte die Arbeitssucheerleichtern. Auch die Ausbildungsfunktionist von entscheidender Bedeutung, undin diesem Zusammenhang wird aner-kannt, dass KMU eine bessere Unterstüt-zung und größere Sorgfalt als Großunter-nehmen gewährleisten.

❏ Die Rolle des Tutors oder Ausbildersbringt sowohl Ausbildungs- als auch Ver-waltungsaufgaben mit sich, weshalb füreine gleichmäßige Verteilung der Anstren-gungen und des Einsatzes plädiert wird.Wenn ein Unternehmen einen ehemali-gen Praktikanten eingestellt hat, solltedem Betreffenden unbedingt die Aufga-be des Tutors übertragen werden. DieserPersonenkreis legt in der Regel großenWert auf das Ausbildungselement, undseine Anwesenheit ist eine zusätzlicheMotivation der Praktikanten.

Darüber hinaus wurden viele andere The-men behandelt, beispielsweise

❏ die unterschiedliche Anerkennung derverschiedenen Arten von Praktika -Praktika als Teil der Ausbildung oder ei-nes Programms im Rahmen der „Sozial-garantie“,

❏ die Unterschiede in Bezug auf die Auf-merksamkeit, die Praktika erfahren, undauf die für die Organisation der Ausbil-dung am Arbeitsplatz zugewiesenen Res-sourcen.

❏ Es wurde erwähnt, dass es in Anbe-tracht der Vielfalt von Interessen, Be-dürfnissen und Möglichkeiten der Teilneh-mer sinnvoll wäre, die Dauer der Praktikain den Unternehmen variabel zu gestal-ten.

Wie diese Ausführungen zeigen, bestehtnoch großer Handlungsbedarf, gibt esnoch zahlreiche Anforderungen, die zur-zeit noch nicht berücksichtigt werden,und sind es die im Bildungswesen täti-gen Fachkräfte, die am stärksten betrof-fen sind und denen diese Problematikbewusst ist. Nun müssen die Lösungendieser Probleme in Angriff genommenwerden. Solange wirtschaftliche und po-litische Interessen und nicht pädagogischeErwägungen den Ausschlag geben, wer-den Fortschritte und Verbesserungen lang-

sam vonstatten gehen - ungeachtet allerForschungsarbeiten.

InnovativeArbeitserfahrung:zwei Fallstudien

Associació S.F.L. prestadora de serveisa la joventut „Iniciatives Solidàries“

Iniciatives Solidàries ist eine nicht gewinn-orientierte Einrichtung, deren Hauptzieldie Berufsbildung junger Menschen ist, dieaus verschiedenen Gründen aus demBildungssystem ausgeschieden sind. DieEinrichtung arbeitet mittlerweile seit überzehn Jahren und hat zuvor auf demsel-ben Gebiet Erfahrungen innerhalb einergrößeren Organisation gesammelt, aus dersie ausgegliedert wurde.

Zur Erfüllung ihres Auftrags bietet dieEinrichtung eine große Vielfalt an Bil-dungsmaßnahmen an verschiedenen Stel-len in Valencia und in der Umgebung derStadt an. Diese Tätigkeit wird mit Mittelnaus verschiedenen Fonds der autonomenRegion und aus europäischen Fonds fi-nanziert. Die Einrichtung hat verschiede-ne Bildungsgänge für Jugendliche entwik-kelt, mit deren Hilfe unstete Laufbahnenvermieden werden, die einer Eingliede-rung in die Gesellschaft nicht förderlichsind. Im Mittelpunkt der Maßnahmen ste-hen daher die jungen Menschen selbst.Die gesamte Bandbreite der verschiede-nen Maßnahmen soll dazu beitragen, die-se Jugendlichen zurück in die Normali-tät, auf den Arbeitsmarkt oder zurück indas Bildungssystem zu führen.

Im Laufe der zurückliegenden Jahre hatIniciatives Solidàries zusammen mit an-deren Verbänden und Einrichtungen beiden Behörden der autonomen Regionaktive Lobbyarbeit betrieben, um Ände-rungen der Rechtsvorschriften zu bewir-ken, die eine ausreichend große Flexibi-lität herbeiführen sollen, damit den Be-dürfnissen ihrer Zielgruppe entsprochenund den Betreffenden trotz fehlenderBefähigungsnachweise der Einstieg in denArbeitsmarkt erleichtert werden kann.

Iniciatives Solidàries gehört einem euro-päischen Netz an, das von einer ähnlichenEinrichtung in Frankreich koordiniert wird.Das Netz bemüht sich um die Einführung

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neuer und besserer Systeme, die den Be-dürfnissen von Jugendlichen, die aus denverschiedensten Gründen aus dem Schul-system ausgeschieden und gesellschaftlichausgegrenzt sind, Rechnung tragen sollen.Gleichzeitig arbeitet das Netz intensiv ander Ausarbeitung neuer Strategien für qua-litativ hochstehende und angemessene, aufdie Zielgruppe abgestellte Ausbildungs-maßnahmen sowie an der Suche nach neu-en Wegen, die den Betreffenden einen re-lativ soliden Einstieg in den Arbeitsmarktermöglichen. Sicherheit und Gesundheits-schutz am Arbeitsplatz ist ein sehr wichti-ger Bestandteil der Ausbildung, die dieseEinrichtung anbietet.

Iniciatives Solidàries hat ein HandbuchArbeitserfahrung herausgegeben. Sinnund Zweck der Arbeitserfahrung ist es,die notwendigen praktischen wie theore-tischen Kenntnisse, die im Unterricht inder Einrichtung nicht erworben werdenkönnen, zu vermitteln. Sie hat daher ei-nen verstärkenden und erzieherischenCharakter zugleich. Über das Praktikumversucht die Einrichtung außerdem, denJugendlichen den Einstieg in den Arbeits-markt zu ermöglichen, da die Arbeits-erfahrung als Etappe zwischen Bildungund Arbeitsmarkt gesehen wird.

Die Arbeitserfahrung(1) ist auf eine Dau-er von 100 Stunden angelegt, die in derRegel innerhalb eines Monats absolviertwerden. Der jeweilige Inhalt ist vorgege-ben. Des Weiteren ist auch das Systemfür die Anleitung sowohl in dem Unter-nehmen als auch in der Einrichtung fest-gelegt. Jeder Arbeitstag beginnt mit derAufstellung eines Tagesplans. Alle zweiWochen findet eine Nachbereitung statt.Dem Praktikum ist eine Einweisung vor-angestellt, die Besuche aller Unternehmenumfasst, so dass alle Teilnehmer einenersten Eindruck von den Praktikums-stellen erhalten, die ihnen möglicherwei-se angeboten werden.

Jedes Jahr beginnt für Iniciatives Solidàriesdie Suche nach Unternehmen neu, da dieEinrichtung bemüht ist, jedem Teilnehmerbei Abschluss der Ausbildung einen Ver-trag zu vermitteln. Dies bedeutet, dass fürdie meisten Praktikumsstellen Ersatz ge-sucht werden muss, denn die Unterneh-men können nicht so rasch wachsen. DieUnternehmen sind sich in der Regel derwesentlichen Gefährdungen, denen die

Jugendlichen ausgesetzt sind, in vollemUmfang bewusst. Andererseits mangelt esmanchmal an dem Bewusstsein für eini-ge Nachteile in Bezug auf die Jugendli-chen, wenn es um die Einstellung derUnternehmen zu den Jugendlichen oderzu der Maßnahme an sich geht. IniciativesSolidàries verwendet jedoch große Sorg-falt auf die Auswahl der Teilnehmer fürdie Besetzung einer Praktikumsstelle, dadie Einrichtung bemüht ist, einen gutenEindruck bei dem Unternehmen zu hin-terlassen und zu zeigen, dass die Jugend-lichen trotz mangelhafter Schullaufbahnenin der Lage sind, eine Arbeit zufrieden-stellend auszuführen. Aus diesem Grun-de bemüht sich die Einrichtung um einegute Pflege der Kontakte zu den Unter-nehmen. Die Einrichtung engagiert sichsehr bei den Bedingungen der Vereinba-rung und bei den Kontrollverfahren, dieauch breiten Raum bei der Tätigkeit derLehrkraft einnehmen.

Folgende pädagogischen Grundsätze lei-ten die Planungen und die Bildungszieleder Einrichtung:

❏ Aktivität, Teilnahme und Entdeckungunter Anleitung,

❏ Gruppenarbeit,

❏ „Learning by doing“ in dem schulischenUmfeld und ausgiebige Nutzung simulier-ter Situationen der Praxis.

Jede Woche findet ein Beurteilungs-gespräch mit allen Teilnehmern statt.Iniciatives Solidàries strebt durch dieArbeitserfahrung nicht nur Wissensver-mittlung, sondern auch die Aneignungvon Haltungen in Bezug auf die Arbeitan, unter anderem Pünktlichkeit, Verant-wortlichkeit, Kommunikation und weite-re Haltungen, die bei den betreffendenJugendlichen verbessert werden müssen.

Interesse, selbstgesteuertes Lernen, gutesBenehmen, Geduld usw. gehören zu densonstigen Lernergebnissen, die von demPraktikum in einem Unternehmen erwar-tet werden.

Escuela La Florida, S.C.V. - FloridaSecundaria

Florida SCV ist eine genossenschaftlichorganisierte Schule, deren Mitglieder die

(1) Weitere Informationen: s. Inicia-tives Solidàries, 2000.

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Angestellten der Schule sind. Sie wurdebereits Ende der 70er Jahre des vergan-genen Jahrhunderts als weiterführendeBerufsschule gegründet. Anfang der 80erJahre gehörte sie zu den ersten Schulen,die sich freiwillig für die Erprobungsphaseder schließlich im Jahre 1990 per Gesetzdurchgesetzten Reform meldete. SobaldSpanien 1986 der EWG beigetreten war,beteiligte sich die Schule an dem euro-päischen Programm PETRA, da sie seitihrer Gründung Vorschläge für den Über-gang ins Erwerbsleben entwickelte. Siewirkt aktiv an verschiedenen europäi-schen Projekten mit.

Im Laufe der Zeit wurde die Schule starkerweitert, und heute umfasst sie mehrereZweige: Sekundarschulunterricht im Rah-men der Schulpflicht, Aufbauunterricht,der sowohl zum Abitur als auch zumBerufsschulabschluss führt, private Hoch-schule und Weiterbildungszentrum.

Die Schule hat im Laufe der Zeit sehr guteBeziehungen zu Unternehmen in der Re-gion geknüpft, in der sie wegen ihresqualitativ hochstehenden Unterrichts ei-nen guten Ruf genießt. Der Bildungsstandder Bevölkerung ist ebenfalls recht hoch.Im Vergleich zu vielen anderen Teilen desLandes kann die Region ein sehr gutesAngebot an kulturellen Aktivitäten vorwei-sen.

Das Ziel der Einrichtung Florida SCV istnicht nur die Vermittlung einer guten Be-rufsausbildung, sondern auch die Erzie-hung der jungen Menschen. Zu diesemZweck gibt sie den Jugendlichen Hilfsmit-tel für die Analyse der sozialen und wirt-schaftlichen Zusammenhänge an die Hand,die ihnen einen zufriedenstellenden Ein-stieg in den Arbeitsmarkt entweder alsArbeitnehmer oder als Selbstständigeermöglichen und sie auf diese Weise indie Lage versetzen, die Veränderungen desArbeitsmarkts und den Wandel in der Ar-beitswelt zu verstehen und mit der Ent-wicklung Schritt zu halten.

Als Bildungsziel stellt sich die Schule dieschwierige Aufgabe, die Jugendlichen inneuen, von der Gesellschaft benötigtenBerufen auszubilden und sie mit persön-lichen Kompetenzen, wie Arbeitsmanage-ment, Verantwortlichkeit, gemeinschaftli-ches Arbeiten, Kreativität usw., auszustat-ten.

Der für eine Fallstudie ausgewählte be-rufsbildende Zweig besteht seit 1996. DieAusbildung dauert zwei Jahre, und nachAblauf des zweiten Jahres schließt sichdas Praktikum(2) an. Ungefähr 30 Teilneh-mer besuchen jeweils einen Kurs und alleabsolvieren ein Praktikum.

Die Teilnehmer leisten ihr Praktikum je-weils in unterschiedlichen Unternehmenab und jedes Praktikum basiert auf einemPlan und auf Bewertungsleitlinien, die aufden betreffenden Praktikanten abgestelltsind und vor Beginn der Tätigkeit in demUnternehmen aufgestellt und vereinbartwerden.

Die für den praktischen Unterricht in derSchule zuständigen Lehrer haben seit1996 mehrere Schulungen über die Or-ganisation und die bildungsbezogeneEntwicklung von Arbeitserfahrung undalternierender Ausbildung durchlaufen.Die für diesen Ausbildungskurs zustän-digen Lehrer haben eine Reihe von Bei-trägen ausgearbeitet, um die Qualität derVerfahren sicherzustellen. In diesen Bei-trägen geht es zumeist um Verwaltungs-themen, sie behandeln jedoch auch diePlanung des Praktikums, gemeinsameLeitlinien für die Überwachung des Prak-tikums, die Erarbeitung eines Teilneh-merprofils, das für die Unternehmen be-stimmt ist und zeigen soll, dass Unter-nehmen und Praktikant zusammen pas-sen, sowie die interne Bewertung desProgramms für die Ausbildung am Ar-beitsplatz, die das Ministerium jedesSchuljahr vornimmt.

Die im Praktikum befindlichen Teilneh-mer werden intensiv betreut, und alle fürdie Praktikanten zuständigen Lehrer füh-ren Buch über ihre Besuche und Anlei-tungen. Die Betreuung beinhaltet Kontrol-le der Protokolle des Teilnehmers, Bewer-tung, Befragung des Teilnehmers und desAusbilders, Analyse der Situation undVorschläge für weitere Lernaufgaben undfür Fördermaßnahmen innerhalb des Un-ternehmens.

Jeder Praktikant führt täglich Protokollüber seine Tätigkeit. Hierzu sind folgen-de Angaben zu machen: Beschreibung derAufgaben, Anleitung für die Ausführung,Zeitaufwand, aufgetretene Probleme undgegebenenfalls sonstige Kommentare undBemerkungen. Sowohl der Ausbilder als

(2) Weitere Informationen: s. Soriano,2000.

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auch die Lehrkraft kontrollieren dieseBerichte des Praktikanten.

Die künftigen Beschäftigungschancenwerden von dem innerhalb der Schule fürdie Betreuung der ehemaligen Teilnehmerzuständigen Bereich gefördert. Hier wer-den die Betreffenden über die schul-eigenen Dienste in eine Beschäftigungvermittelt. Im Laufe ihres zwanzigjährigenBestehens hat die Schule ein weites Unter-stützungsnetz gespannt, das Absolventeneiner Berufsausbildung den Einstieg inden Arbeitsmarkt erleichtert. Die Tatsa-che, dass es sich um eine zwar staatlichgeförderte, aber private Schule handelt,ist für die Familien ein guter Grund, sievor anderen vorzuziehen.

Aufgrund der genossenschaftlichen Ver-fassung der Schule sind sich die Mitar-beiter der Schule bewusst, dass die Erzie-hung der Teilnehmer eine zusätzlicheKomponente haben muss. Sie legen da-her Wert auf eine kritische Betrachtungwirtschaftlicher und sozialer Fragen undbetonen besonders gemeinschaftlichesArbeiten, demokratische Entscheidungs-findung, innerbetriebliche Kommunika-tion usw.

Lehren aus den Erfahrungen mitPraktika in diesen Einrichtungen

Eine Zusammenfassung der Merkmale die-ser Einrichtungen zeigt, dass sich beideim Bereich der Politik der allgemeinenund beruflichen Bildung und in der So-zialpolitik engagieren, dass sie einen eu-ropäischen Hintergrund haben und euro-päische Fördermittel erhalten, dass sie ver-schiedene Initiativen an verschiedenenOrten unterstützen, dass sie bei der Aus-bildung die Teilnehmer in den Mittelpunktdes Curriculums stellen und nicht dieQualifikation, für die er aufgestellt wird.Die Einrichtungen sehen die Personalent-wicklung als wichtigen Bestandteil ihrerFörderpolitik.

Für das Ausbildungsangebot sind mehre-re Abteilungen innerhalb der Regional-regierung zuständig: Bildung, Beschäfti-gung, Gemeinwohl. Die Einrichtungensind jedoch ihrer Satzung nach privat.Einige wenige Erwachsene betreuen diePraktikanten - eine Lehrkraft und ein Sach-verständiger auf der Seite der Bildungs-einrichtung und ein Arbeitnehmer in dem

Unternehmen. Die Einrichtungen bietennur wenige Fachgebiete an, sodass einintegratives Curriculum erstellt werdenkann. In Übereinstimmung mit den Vor-schriften der Regierung wird das Prakti-kum am Ende der Ausbildung absolviert.Aus diesem Grunde besteht kaum Gele-genheit zur Nachbereitung, obwohl ent-sprechende Zusammenkünfte nicht nurnach der Praktikantenzeit, sondern auchwährend des Praktikums stattfinden. Hier-bei werden verschiedene Mittel sowohlfür den Austausch von Erfahrungen alsauch für die Reflexion über Erfahrungeneingesetzt. Folgender Ablauf wird einge-halten: beobachten, arbeiten, berichten,zuhören, schreiben.

Arbeit wird als Inhalt und als Prozess ver-standen. Sie umfasst Aufgaben, organisa-torische Merkmale und soziale Beziehun-gen. Dank der pädagogischen Betreuungwerden nicht nur berufsbezogene Kennt-nisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten ent-wickelt, sondern auch Arbeitsdisziplin,persönliche Selbstständigkeit und Reifegefördert.

Das System der Anleitung durch Tutorenmit Tagesplänen, vierzehntäglichen Zu-sammenkünften zur Aufbereitung, Infor-mationen einschließlich Besichtigungender verschiedenen Betriebsstätten undeinem wöchentlichen Treffen mit ande-ren Praktikanten in der Bildungseinrich-tung ist ein sehr wichtiges Element derPraktika. Bei den wöchentlichen Treffenwird eine Bewertung vorgenommen, wo-bei der prozessbegleitenden Dimensionder Bewertung wegen des erzieherischenAspekts der Arbeitserfahrung besondereAufmerksamkeit gewidmet wird.

Der Tutor ist die Lehrkraft für den prakti-schen Unterricht in der Werkstatt der Bil-dungseinrichtung. Eine seiner wichtigstenAufgaben besteht in der Auswahl der Teil-nehmer an den Praktika und in der Ent-scheidung, welcher Teilnehmer welcherPraktikumsstelle zugewiesen werden soll.Die Zusammenkünfte zur Information undzur Aufbereitung haben daher eher erzie-herische und weniger rein administrativeBedeutung.

Im Rahmen der Betreuung kommt demTutor die Aufgabe zu, sich verstärkt mitdem Prozess der Arbeitserfahrung undweniger mit dem eigentlichen Produkt

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auseinanderzusetzen. Die Haltung in Be-zug auf Normen - Unternehmensordnungund Sicherheitsvorschriften -, persönlicheBeziehungen sowie Entscheidungsfindungund Problemlösung fallen ebenfalls in dasAufgabengebiet des Tutors.

Von den Arbeitgebern wird sowohl dietägliche Überwachung als auch ein wö-chentlicher Bericht über die Fortschrittedes Praktikanten und über sein Verhaltenam Arbeitsplatz erwartet. Die Verfahrender Aufgabenzuteilung vermitteln demPraktikanten den Eindruck, dass der Aus-bilder eher Kollege als Lehrer am Arbeits-platz ist.

Es gibt allerdings nicht nur Positives zuberichten. Den Praktikanten fehlt es in derRegel an dem Blick für arbeitsbezogeneDinge, die über den Rahmen des eigenenUnternehmens hinausgehen. Sie bekom-men Aufgaben zugewiesen und werdenals Mitglieder der Belegschaft betrachtet.Obwohl sie keine Kenntnis von den Kri-terien für die Auswahl und von den Ent-scheidungskriterien haben, sind sie zuver-sichtlich, dass beides ordnungsgemäßgehandhabt wird, weil sie dem Tutor unddem Ausbilder vertrauen. Aus diesemGrunde neigen sie dazu, die Unterschie-de zwischen dem Arbeitsplatz und derAusbildungswerkstatt auf die „reale Welt“,die Hektik des Alltags, zurückzuführen.Desgleichen tendieren sie dazu, die In-halte mit den in der Ausbildungswerkstatterlernten Inhalten gleichzusetzen. Den-noch werden sie sich am Arbeitsplatz desMangels an Erfahrung, des Mangels anWissen bewusst. Dies trägt dazu bei, dassauch die Beziehungen zu den Kunden inihr Blickfeld rückt, ob dies nun zu ihrenAufgaben gehört oder nicht. Einblick indie Arbeitsbeziehungen innerhalb desUnternehmens gewinnen sie hingegennicht.

Die Gelegenheit zur Besprechung derErfahrungen, zum Austausch von Berich-ten über Beziehungen zu Kollegen, Vor-gesetzten und Kunden und über die Aus-führung von Aufgaben, über die Erbrin-gung von Dienstleistungen gegenüberechten Kunden unter Zeitdruck und indem Bewusstsein, dass einer zufrieden-stellenden und ordentlichen Arbeit großeBedeutung beigemessen wird, bietet denPraktikanten auch den Vorteil, von denErfahrungen ihrer Kollegen profitieren zu

können. Abschließend sei noch daraufhingewiesen, dass die Arbeitsprozessestärker berücksichtigt werden sollten undweniger der konkrete, auf den jeweiligenBeruf bezogene Inhalt, da es wegen derKürze des Praktikums sehr schwer ist,über einen sehr eng gefassten Schwer-punkt hinauszugehen. In Bezug auf dieerzieherischen Ergebnisse sind Einbin-dung in die Lernprozesse und damit Er-leichterung der sozialen Integration inGruppen und darüber hinaus Eingliede-rung in die Gesellschaft, Miteinander undnicht Gegeneinander zu nennen. Unge-achtet gewisser Unterschiede bei den je-weils beteiligten Produktionsformenkonnte hinsichtlich des Lernens ein hohesNiveau, allerdings, wie bereits erwähnt,in einem begrenzten Rahmen festgestelltwerden.

Auswirkungen auf künfti-ge Forschungsarbeiten

Von den bisherigen Forschungsarbeitensollten zwei Aspekte weitergeführt wer-den. Erstens die Einbeziehung der Arbeits-erfahrung in das Ausbildungscurriculumund somit die Berücksichtigung derArbeitserfahrung nicht als zusätzlichesElement der Ausbildung, sondern als einden übrigen mindestens gleichwertigesElement und als ein Element, das dabeihilft, das Curriculum einer Struktur anzu-passen, die sich aus dem direkten Bezugzur Arbeitswelt ergibt. Zweitens die ge-meinsame Analyse der Arbeitserfahrungund der Rolle der Berufsbildung in derheutigen Zeit in Bezug auf die Erziehungder jungen Menschen sowie auf diekonfliktträchtige Gestaltung der Erwach-senenwelt: Beschäftigungsstrukturen,technischer Wandel, Arbeitsorganisation,neue Technologien usw. Das Cedefop hatsich diesem gesamten Themenspektrumin seiner zwei Bände und 22 Kapitel um-fassenden Zusammenstellung der For-schungsarbeiten auf dem Gebiet der Be-rufsbildung in Europa (1998) gewidmet,in der der Bereich der Arbeitserfahrungallerdings kaum behandelt wird (Dy-bowski, Band␣ 1, S.␣ 143 ff; Bjørnåvold,Band␣ 2, S.␣ 215 ff). Dies ist der Arbeit vonTessaring (1998) vergleichbar.

Um diesen neuen Entwicklungen Rech-nung zu tragen sind neue Herangehens-

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weisen an das Thema Arbeitserfahrungerforderlich. Zum einen sollte die Betrach-tung der Arbeitserfahrung als externesElement des Bildungssystems und als einElement, das wichtige Zusammenhänge indie formalisierte Bildung einbringt, zueinem völlig neuen Verständnis der mitdem Curriculum verbundenen Prozesseführen. Die Curriculumliteratur für denBereich Berufsbildung ist ein noch we-nig erforschtes Gebiet und bedarf ande-rer Ansätze als der, die bei Curriculum-studien im Bereich der allgemeinen Bil-dung zugrunde gelegt werden. Die Ge-staltung und Entwicklung des Curriculumsist schließlich sowohl ein Arbeitsprozessals auch ein Kontrollprozess.

Außerdem ist eine neue Definition derPädagogik der Arbeitserfahrung mit einemSchwerpunkt auf Lehren anstatt auf Ler-nen festzulegen. In diesem Zusammen-hang kann die Literatur über die Entwick-lung der Humanressourcen hilfreich sein,wobei die Betonung auf den transforma-tiven Aufgaben der Lehrkraft und des Aus-bilders liegt, unter anderem auf Beratung,Überwachung und sonstigen erzieheri-schen Ansätzen, die sich von dem her-kömmlichen Ansatz der Anweisung miteiner eher eingeschränkten Sicht von Ar-beit, Gesellschaft und Mensch unterschei-den. In Anbetracht der Veränderungen derArbeit spielen genossenschaftliche Kon-zepte für Lehren und Lernen eine wichti-ge Rolle.

Die Bewertung ist ein weiterer Aspekt desBildungsprozesses der Arbeitserfahrung,bei dem die Forschung einen neuen An-satz finden muss. Bisher wurde sie als reintechnisches Problem betrachtet, bei demes hauptsächlich darum ging, wie der Er-werb von Erfahrung nachgewiesen, wiedie „Lernbestätigung“ zertifiziert werdenkann. Es sind Beziehungen zwischen Cur-riculum und Bewertungsrahmen herzu-stellen, da beides Mittel zur Kontrolle vonZielen und Inhalten sind, wobei allerdingskeine dieser Möglichkeiten eine unabhän-gige Steuerung der pädagogischen Bezie-hung, der Kommunikation oder Didaktik,der Bildungsprozesse - Paideia, nicht Pro-paganda - gewährleistet. Innerhalb derpädagogischen Beziehung hat der Bil-dungsteilnehmer durchaus eine Aufgabe,und die Beurtei lung, als Bi ldungs-instrument, muss auch den Bedürfnissendes Teilnehmers gerecht werden. Die von

Iniciatives Solidàries entwickelte Art undWeise der formativen Bewertung ist fürdie Behandlung dieser Fragen sehr auf-schlussreich.

Diese Ansätze können den Weg zur Er-forschung der verborgenen Möglichkeitender transformativen Abläufe bereiten, diebei Erlernen einer Tätigkeit im Arbeits-prozess stattfinden können, wobei gleich-zeitig Instrumente eingesetzt werden, dieformativ sind und ihren Ursprung imBildungssystem haben und nicht nurauf den Arbeitsplatz oder die Arbeit be-zogen sind. An die Grundlagen einerstaatsbürgerlichen Erziehung in der Be-rufsbildung, die von bedeutenden Er-ziehungswissenschaftlern bereits zu Be-ginn des 20.␣ Jahrhunderts und insbeson-dere in der Zeit zwischen den beidenWeltkriegen gelegt wurden, kann heutewieder im Hinblick auf die Möglichkei-ten der transformativen Nutzung der Ar-beitserfahrung angeknüpft werden. EineKombination der bereits klassischen Lite-ratur über Berufsbildung und Staatsbür-gerschaft - die versucht, Brücken zwi-schen Allgemeinbildung und Berufsbil-dung zu schlagen - mit der Literatur, diesich ab Ende der 70er Jahre und in derFolge mit den stillschweigenden Verein-barungen, Fakten und Prozessen von Leh-ren und Lernen befasst - symbolischemInteraktionismus für die Mikroanalyse undkritischer Pädagogik für die Makroana-lyse␣ - würde sich sehr gut zur Erklärungder pädagogischen Beziehungen am Ar-beitsplatz eignen. Obwohl sehr umstrit-ten hat die Arbeit von Willis (1988) indiesem Zusammenhang besondere Rele-vanz.

Die Arbeitserfahrung eröffnet ferner einneues Forschungsgebiet, das in Beziehungzu der Spaltung der heutigen Gesellschaftals Folge der Dualisierung der Gesellschaftsteht. In diesem Zusammenhang ergebensich interessante Aufgaben, unter ande-rem Definitionen von „Arbeitskundigkeit“und dem verborgenen Curriculum für dieArbeit, was ebenfalls bei der Arbeits-erfahrung gezeigt und erfahren wird. Hiergibt es einen Bezug zu der Entstehung„neuer Kundigkeiten“ sowie neuer funk-tionaler Analphabetismen und zu etwas,das die Schule nicht vermitteln kann, wohlaber das Praktikum am Arbeitsplatz. Kun-dig zu sein bedeutet unter diesen Umstän-den, die Grundsätze der Aktionsforschung

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auf die Systeme der Arbeitserfahrung an-zuwenden, da der Lernende bei diesemAnsatz sein Wissen über Arbeit undBewusstsein für die Arbeit und für seineBeziehung zur Arbeit selbst entwickelnkann. Anstelle der Kernkompetenzen, diezurzeit besondere Beachtung finden,könnte die Arbeitserfahrung zum zentra-len Element des Curriculums werden, alsMittel für den Aufbau integrierter Kennt-nisse von und über die Arbeit.

Arbeitserfahrung darf somit nicht nur alsInstrument der Berufsbildung - über dieberufsbezogene Ausbildung hinaus - be-trachtet werden, sondern muss als erzie-herisches Mittel zur Allgemeinbildunggesehen werden. Eine Annäherung andiese Vorstellung wird bereits in einigenStudien unternommen, die sich mit Maß-nahmen zur Erlangung von Arbeitserfah-rung im Rahmen des unter die Schulpflichtfallenden Primar- und Sekundarunterrichtsbeschäftigten, aber auch im Mittelpunktdieser Untersuchungen standen dieVerfahrensaspekte von Arbeitserfahrungund nicht der Inhalt, der zum Aufbau ei-ner Identität beitragen könnte, die sowohldie Persönlichkeit als auch das sozialeBewusstsein für die Bedingungen des Er-wachsenseins in der heutigen Zeit betrifft.Es wäre sicherlich lohnenswert, Arbeiten,die dieses Thema aus unterschiedlichenPerspektiven beleuchten, zum Beispiel dievon Goffman (1981, 1986) über Identitätund Alltag oder von Habermas (1982,1987) über kommunikative Handlung undemanzipatorische Rationalität, Castells(1994, 1997, 1998a, 1998b) über die In-formationsgesellschaft, Gorz (1983, 1995)über den Wandel von Arbeit und Gesell-schaft zu berücksichtigen. Auch die mar-xistische Sicht von Arbeit und Bildungwäre es wert, nochmals überdacht zuwerden.

Die vorangegangenen Ausführungen zei-gen, dass natürlich die institutionellenAuswirkungen von Arbeitserfahrung überdie möglichen Auswirkungen für das Ler-nen der Teilnehmer hinaus berücksichtigtwerden müssen und dass bedacht wer-den muss, welche Auswirkungen auf dieSchulorganisation und das Schulsystemein solches Element eventuell habenkönnte. Damit sind zweifellos eine Er-neuerung der Definition der Beziehungenzwischen Pädagogik, Sozialpolitik undWirtschaft und eine begriffliche Neufas-

sung der Arbeitsaufteilung verbunden, diedie soziale Struktur in mehrerer Hinsichtprägt.

Die Rolle der Lehrer und ihre Unabhän-gigkeit, was die Gestaltung des Curricu-lums für die Arbeitserfahrung - über Pla-nung und Vereinbarungen hinaus - anbe-langt, sind weitere wichtige Aspekte, dieerforscht werden sollten. Die Rolle derLehrkraft innerhalb der Schule wird sichaufgrund der Beziehung zur Außenweltwandeln, namentlich der Beziehung zuden Arbeitnehmern und den Unterneh-men, in die die Teilnehmer zur Ableistungdes Praktikums geschickt werden. Eineunabhängige Lehrkraft ist besser dafürgerüstet, Sozialkompetenzen, die im Cur-riculum oftmals fehlen, zu entwickeln,und befindet sich in einer besseren Aus-gangsposition, wenn es um die Gestal-tung und Entwicklung eines integriertenCurriculums, eines Verfahrensmodells fürdie Entwicklung gegenüber einem An-weisungsmodell der Curriculumgestaltungund die Konzentration auf die kognitivenProzesse anstatt ausschließlich auf dieErgebnisse und Prozesse im Klassenzim-mer geht.

Einige dieser Themen müssen im Rahmenqualitativer Forschungsansätze untersuchtwerden: Lebensgeschichte, Inhaltsanalyseund Ethnografie sind sehr hilfreich, umtief greifende Erkenntnisse zusammenzu-tragen. Es darf jedoch nicht vergessenwerden, dass bei einem Thema, dessenBehandlung, wie in diesem Fall, in denAnfängen steckt, auch statistische Unter-suchungen ein sehr wichtiges Mittel zurGewinnung von Informationen sind, ausdenen für die Forschung interessanteSchlüsselaspekte ausgewählt werden kön-nen. Da die Zahl der Maßnahmen zur Er-langung von Arbeitserfahrung in den un-terschiedlichsten Ausprägungen in denmeisten Ländern rasch zunimmt, werdenDaten benötigt, die Aufschluss geben überVeränderungen in Bezug auf Lehrpro-zesse, Curriculumeinbindung, Lernergeb-nisse, Organisation des schulischen Un-terrichts und Beziehungen zwischen Bil-dungssystem und Arbeitswelt.

Forschung im Bildungsbereich sollte sichdaher von der Schule lösen und der Ar-beitswelt zuwenden. Dies ist keine leich-te Aufgabe, da viele Unternehmen zögern,Forschung durch Außenstehende zuzulas-

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sen, die nicht unbedingt dem eigenenProfit dient, sondern der Verbesserung derBildung, was nicht das oberste Ziel derUnternehmen und zumeist ihrer Kontrol-le entzogen ist. In diesem Zusammenhangsind Studien über multinationale Unter-nehmen von besonderem Interesse, beidenen eine neue Definition der europäi-schen Dimension gefunden werden könn-te, und über Menschen, die an ähnlicheProbleme in unterschiedlicher Art undWeise herangehen, während sie gleichzei-tig Kriterien für die Beurteilung und Be-wertung des Werts von Arbeitserfahrungim Zusammenhang liefern.

Die Forschung kann sich schwerpunktmä-ßig nicht nur mit den individuellen Aspek-ten des Lernens befassen, sondern auchmit den organisatorischen Fragen, die mitder Durchführung von Praktika verbun-den sind, in den Schulen wie auch in denUnternehmen. Junge Menschen entwi-ckeln ihre eigene Identität nicht nur inBezug auf den Beruf, sondern auch alsMitglieder von Organisationen, zu denen

auch die Schulen zählen. In dieser Hin-sicht sind die Auswirkungen der öffentli-chen und privaten Sektoren auf Arbeits-erfahrung wichtig, wobei die Vorstellungvon Bildung als öffentlicher Dienstlei-stung, unabhängig von der Art ihrer Er-bringung, die Verbindung zwischen bei-den herstellen soll. Ganz wichtig ist esauch, die Gewerkschaften an der Erfor-schung der Maßnahmen zur Erlangungvon Arbeitserfahrung zu beteiligen, da sieaus der Geschichte dieses und des ver-gangenen Jahrhunderts wichtige Beiträgezur Heranbildung berufsbezogener Iden-titäten beizusteuern haben. Gleich großeBedeutung kommt der Einbeziehung derPerspektiven von Führungskräften zu ähn-lichen Themen und der Traditionen derVerwaltung der Humanressourcen zu. DieArbeitserfahrung setzt da an, wo sich dieTraditionen der beruflichen Grund- undFortbildung und die Erforschung der Ent-wicklung der Humanressourcen treffen,allerdings in der Erstausbildung, bei deres eher um Erziehung als um Ausbildunggeht, nicht in der Fortbildung.

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MiguelAurelioAlonsoGarcíaFachbereich fürdifferenzielle undArbeitspsychologie

Universidad Complutensede Madrid

Die Gestaltung und Eva-luation der Ausbildungin Form von Praktika:Profil des Unter-stützungsteams

Ausbildung in Formvon Praktika:Konzept und Lage

Zuhören, Beobachten, Lesen und Prakti-zieren stellen verschiedene Formen desLernens und auch des Erwerbs der für dieAusübung eines Berufs erforderlichenKompetenzen dar. Viele von ihnen lassensich in einer Klasse oder sogar durch Fern-unterricht vermitteln. Jedoch sind dies nurSimulationen realer Situationen.

Im Arbeitsumfeld sind es die zwischen-menschlichen Beziehungen (Arbeitskolle-gen, Vorgesetzte, Kunden und Zulieferer),die Strategien der Problemlösung, dieRegeln der Organisation, die Qualität undder Umfang der ausgeführten Arbeit, dieVerwendung von Ausstattung und Mate-rialien usw., die weitgehend für den Er-folg, die Zufriedenheit und die Sicherheitjedes Einzelnen verantwortlich sind. DieWeiterentwicklung der in einem reinenAusbildungszusammenhang erworbenenFertigkeiten in einem realen Arbeitsum-feld ermöglicht es dem Einzelnen, sichüber seine Wirksamkeit und seine wirkli-che Leistungsfähigkeit bewusst zu wer-den.

Der Zugang zu einem solchen Arbeitsum-feld, wo das im Unterricht Gelernte in diePraxis umgesetzt werden kann, ist mög-lich, wenn der Einzelne von einer Firmaeingestellt wird und ihn eine Organisati-on für eine bestimmte Zeit in ein Pro-gramm für die Ausbildung in Form vonPraktika aufnimmt.

Die Ausbildung in Form von Praktika isteine Modalität der Ausbildung und Arbeit,die dadurch gekennzeichnet ist, dass siedem Einzelnen die Möglichkeit gibt, sei-ne Fertigkeiten bei der Ausführung einerReihe von Aufgaben ins Spiel zu bringen,und das Lernen mit praktischen Erfahrun-gen in einem realen betrieblichen Umfeldkombiniert. Es ist daher zugleich eine Aus-bildungssituation, denn es werden eineReihe von Kenntnissen, Fähigkeiten undEinstellungen erworben, und eine Arbeits-situation, denn der Auszubildende eignetsich, während er sie ausführt, auch zahl-reiche Funktionen und Aufgaben in einerrealen Arbeitssituation an, normalerwei-se innerhalb von mehr oder weniger gro-ßen Organisationen.

Die Ausbildung in Form von Praktika hatdas Ziel, die Qualifikation der Teilneh-mer zu verbessern, aber auch - und dasimmer häufiger - ihre Chancen auf einenArbeitsplatz zu verbessern. Sie wird auchals Strategie zur Beschäftigungsförderungeingesetzt, denn oft werden Personen, diean einem solchen Programm teilgenom-men haben, am Ende von der Firma, wosie das Praktikum gemacht haben, odervon einer ähnlichen Firma übernommen.

Die Ausbildung in Form von Praktika kanneine eigenständige Ausbildungsform,wenn sie unabhängig von einer anderenAusbildungsaktivität erfolgt, oder ein Be-standteil innerhalb eines breiteren Aus-bildungsprogramms sein.

Als Ausbildungsaktivität kann sie am Endeeines Lehrgangs der beruflichen Fortbil-

Der vorliegende Artikel be-handelt die Thematik derAusbildung in Form vonPraktika (Formación enPrácticas). Zunächst wer-den die verschiedenen Mo-dalitäten, die es gibt, be-schrieben. Anschließendwerden die verschiedenenPhasen, die bei der Erarbei-tung dieser Ausbildungs-programme zu durchlaufensind, analysiert, um Fehl-entwicklungen und Proble-me zu minimieren und dieErfolgschancen bei ihrerUmsetzung zu erhöhen.Denn diese sind zweifellosein Schlüsselwerkzeug fürdie Verbesserung der Quali-fikation und der berufli-chen Eingliederung.Bei der vorgeschlagenenMethodik wird dem soge-nannten „Unterstützungs-team“ eine besondere Be-deutung beigemessen. Eshat die Aufgabe, Informatio-nen zu sammeln und an diebeteiligten Akteure weiter-zuleiten sowie über den Ver-lauf des Programms und dieVerfolgung der vorgesehe-nen Ziele zu wachen.

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dung oder Umschulung oder einer regle-mentierten Ausbildung stehen. In beidenFällen trägt sie in der Regel das Etikettdes „betrieblichen Praktikums“. In diesemRahmen gliedern sich die Auszubildendenin das berufliche Umfeld ein, um dieKenntnisse und Fähigkeiten, die sie imUnterricht erworben haben, umzusetzen.

Im Falle der staatlich geregelten Ausbil-dung, die dem Ministerium für Bildungund Kultur (MEC) untersteht, wird die ammeisten bekannte Form der Ausbildungin Form von Praktika als „Ausbildung amArbeitsplatz“ (Formación en Centros deTrabajo - FCT) bezeichnet. Die FCT er-folgt in einem realen Produktionszusam-menhang, in dem die Auszubildenden diewirklichen Aufgabenbereiche der ver-schiedenen Berufe wahrnehmen, die Or-ganisation der Produktionsprozesse undDienstleistungen sowie die Arbeitsumfeld-beziehungen kennenlernen (DirecciónGeneral de Formación Profesional Regla-da, 1994). Neben der FCT gibt es unterder Verwaltung des Ministeriums für Bil-dung und Kultur noch weitere Möglich-keiten, Ausbildungs- und Arbeitserfah-rungen zu sammeln, wie zum Beispiel inden Gewerbeschulen und Lehrwerkstät-ten oder durch Berufspraktika in Betrie-ben für Studenten der letzten Studien-semester (Praktikum).

Im Bereich der beruflichen Fortbildungund Umschulung wird es immer mehrüblich, am Ende des Lehrgangs einigeStunden in ein Betriebspraktikum zu in-vestieren, d.h. Ausbildung in Form vonPraktika als eine zusätzliche Ausbildungs-form.

Auf der anderen Seite gibt es auch Erfah-rungen mit der Ausbildung in Form vonPraktika als eine unabhängige Form derAusbildung und Arbeit. Das heißt, auchohne vorherigen oder anschließendentheoretischen Unterricht gehen die Aus-zubildenden für eine bestimmte Zeit ineine Organisation, um die für die Aus-übung eines Berufs erforderlichen Kom-petenzen zu erwerben.

Ob es sich nun um eine Aktivität inner-halb eines breit angelegten Ausbildungs-programms (wie es bei der Berufsausbil-dung in Form von Praktika oder der be-ruflichen Fortbildung und Umschulungder Fall ist) oder um eine unabhängige

Art der Ausbildung handelt, hängt dieErreichung der Programmziele weitge-hend von der Programmgestaltung, der fürdie Evaluierung eingesetzten Werkzeugeund der Kompetenzen der Fachleute ab,die für deren Begleitung verantwortlichsind.

Einer der Bereiche der Psychologie, derdie Forschung und Intervention auf demGebiet der Ausbildung in Form vonPraktika ermöglicht, ist die Arbeits-psychologie. Denn diese Disziplin unter-sucht das Verhalten der Menschen auf derArbeit oder im Arbeitszusammenhang vonverschiedenen Untersuchungsansätzenausgehend (individueller, Gruppen-, orga-nisationeller und sozialer Ansatz) mit demZiel, besagtes Verhalten zu beobachten,zu beschreiben, zu messen, zu analysie-ren, vorherzusagen, zu erklären und ge-gebenenfalls zu ändern, um die Zufrie-denheit, die Sicherheit und die Leistungdes Einzelnen zu verbessern.

Die Ausbildungs- und Arbeitserfahrungenund folglich die Ausbildung in Form vonPraktika dürften zum Untersuchungs-gegenstand der Arbeitspsychologie gehö-ren und Teil dieser Disziplin sein. DieAnalyse und Beschreibung von Arbeits-plätzen, die Arbeitssozialisation, die in-dividuellen Unterschiede auf der Arbeitoder im Arbeitszusammenhang (intraindi-viduelle, interindividuelle und intergrup-pale), die Personalbeurteilung, die Per-sonalauswahl, die Weiterbildung der Mit-arbeiter, die Leistungsbewertung, die Ar-beitszufriedenheit, die Motivation, dieArbeitsberatung, die Instrumente zurAnalyse der Arbeitsplatzentwicklung, derKonflikt, die Entscheidungsfindung unddie Problemlösung, die Kommunikation,Arbeitsgruppen, Arbeitsgesundheit, Ergo-nomie usw. stellen verschiedene Fach-gebiete der Arbeitspsychologie mit direk-ten Anwendungsmöglichkeiten bei derIntervention und der Forschung im Be-reich der Ausbildung in Form von Prak-tika dar.

Die Intervention des Arbeitspsychologenbei der Ausbildung in Form von Praktikaist unerlässlich, wie auch die von ande-ren Fachleuten aus benachbarten Wissen-schaften, die durch interdisziplinäre Ar-beit deren Untersuchung ermöglichen unddie erforderliche Effizienz für die Erfül-lung der Programmziele gewährleisten.

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Entwicklung vonProgrammen für dieAusbildung in Formvon Praktika

Der Erfolg eines jeden Projektes, das mandurchführen möchte, gründet sich stetsauf eine gute Gestaltung und eine ange-messene Planung. Bei einem Programmzur Ausbildung in Form von Praktika, indas eine angemessene Planungszeit inves-tiert wurde, vereinfacht in großem Maßedie künftige Durchführung desselben.

Die Programme für die Ausbildung inForm von Praktika müssen sorgfältig ent-wickelt und geplant werden. Der ersteSchritt, noch vor der eigentlichen Pro-grammentwicklung, besteht darin heraus-zufinden, ob sie wirklich erforderlich sind.Die Durchführung eines Ausbildungspro-gramms in Form von Praktika, das sichan eine Zielgruppe richtet, die ausreichen-de Kentnisse und Fähigkeiten hat, um ei-nen Beruf in angemessener Weise auszu-üben, von dem es überdies viele Ange-bote auf dem Arbeitsmarkt gibt, wäre si-cherlich weder in wirtschaftlicher noch ingesellschaftlicher Hinsicht rentabel.

Ist die Notwendigkeit festgestellt worden,ist es unbedingt erforderlich, noch vor derProgrammentwicklung die obersten Ver-antwortlichen der sie durchführendenOrganisationen oder Einrichtungen einzu-beziehen. Ohne ihre Unterstützung ist eswenig wahrscheinlich, dass das Programmerfolgreich verläuft, denn sie sind für diewirtschaftlliche Machbarkeit verantwort-lich und gewährleisten die Akzeptanz sei-tens der Arbeitnehmer, die die „Schüler“,die sich in ihre Betriebsorganisation ein-fügen, ausbilden sollen.

Wenn darüber hinaus mögliche Problemeentdeckt und gelöst werden sollen, nochbevor sie unerwünschte Folgen verursa-chen, die Zufriedenheit aller Arbeitneh-mer erreicht und ein hohes Maß an Leis-tung und Rentabilität durch das Programmgeschaffen sowie Unfälle vermieden wer-den sollen usw., so müssen Begleit- undEvaluationsmaßnahmen ergriffen werden,die der Unterstützung durch die oberstenVerantwortlichen bedürfen. Sie sind dieersten, die einverstanden sein und dieEntwicklung, die Planung und die Imple-

mentierung des Programms für die Aus-bildung in Form von Praktika unterstützenmüssen.

Ziele

Das erste Ziel eines Programms für dieAusbildung in Form von Praktika bestehtdarin, die Qualifikation der Auszubilden-den zu verbessern und ihre Chancen aufeinen Arbeitsplatz zu erhöhen.

Über die verschiedenen Ausbildungs-modalitäten sollen Kenntnisse, also„Wissen“ vermittelt werden. Dies giltzweifellos auch für die Ausbildung inForm von Praktika. Bei dieser wird al-lerdings ein besonderer Wert auf das„Wissen, wie man es macht“ gelegt, d.h.,die Teilnehmer sollen mit den Fähigkei-ten ausgestattet werden, die erforderlichsind, um einen Arbeitsplatz angemessenauszufüllen. Da die Ausbildung zudemin einem realen Arbeitszusammenhangstattfindet, manifestiert sich der Bereichder Einstellungen über das „Wissen, wieman sich verhält“, das sich aus den Re-geln und der Kultur der Organisationergibt, die ihrerseits wiederum die „Fä-higkeit, etwas zu tun“ bestimmt. Damitdas Programm für alle Beteiligten einErfolg wird, müssen auch die Aspekteder Motivation berücksichtigt werden,die unter das Motto „der Wille, etwaszu tun“ fallen.

Heutzutage geht die Ausbildung mit demErwerb oder dem Erhalt eines Arbeitsplat-zes einher. Aus diesem Grund ist die Aus-bildung in Form von Praktika oft eineMaßnahme der Beschäftigungsförderung:Es werden eine Reihe von Personen qua-lifiziert, die in vielen Fällen in den Orga-nisationen verbleiben, oder es wird ih-nen woanders eine Arbeit vermittelt.

Angesichts der Möglichkeit, einen Men-schen an einem Arbeitsplatz auszubilden,zu prüfen, ob er sich an die Regeln derOrganisation, der Abteilung und an seineArbeitskollegen anpasst, ob die von ihmausgeführte Arbeit einem bestimmtenQualitätsniveau entspricht, ob er sich anvorgegebene Zeiten hält, ob er zufriedenist usw., dürfte es einem Unternehmen -wenn es einen Bedarf und die Mittel hat,ihn einzustellen - schwer fallen, sich die-se Chance entgehen zu lassen. Nur seltenkann ein Auswahlverfahren in derart pas-

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sender Form die Eignung eines Bewer-bers für einen konkreten Arbeitsplatz fest-stellen.

Beteiligte Einrichtungen und Perso-nen

Die Programme der Ausbildung in Formvon Praktika umfassen eine breite Grup-pe von Personen, die über den Einzel-nen, an den die Maßnahmen gerichtetsind, hinausgeht. In erster Linie könnenzwei große Bereiche unterschieden wer-den: Einerseits das Unternehmen, das diezu qualifizierenden Personen aufnimmt,und andererseits die Organisation, aus dersie hervorgehen. Ihr Ursprung kann, wiebereits erwähnt wurde, verschiedenarigsein. Die Teilnehmer können aus demletzten Jahr einer staatlich geregelten Aus-bildung, aus einem Lehrgang der berufli-chen Fortbildung oder Umschulung oderaus einer Organisation stammen, welchedie Erfahrung einer praktischen Ausbil-dung „in Vollzeit“ vorschreibt. In jedemFall gibt es eine Herkunftseinrichtung, diedie Auszubildenden entsendet, und eineEndeinrichtung, nämlich das Unterneh-men, das sie aufnimmt.

Sowohl in dem Unternehmen, wo diePraktika durchgeführt werden, wie auchin der Herkunftseinrichtung der Teilneh-mer gibt es verschiedene Personen mit un-terschiedlichen Aufgaben und Verantwor-tungsbereichen, wie aus Tabelle 1 hervor-geht.

Tabelle 1Die Koordinatoren oder allgemein Verant-wortlichen in jeder Organisation oder Ein-richtung sind diejenigen, die dafür zustän-dig sind, die Kooperationsabkommen zuunterzeichnen und die mit dem Pro-gramm-Management verbundenen Proble-

me zu lösen. Ihre Funktion geht über ad-ministrative und protokollarische Aspek-te hinaus, und ihre wichtigste Arbeit be-steht darin, alle am Programm beteiligtenPersonen einzubeziehen und ihr Engage-ment bei der praktischen Ausbildung der„Schüler“ zu gewinnen.

Innerhalb des Unternehmens gibt es fürgewöhnlich die Figur des Tutors, also ei-ner Person, die damit beauftragt ist, denLernprozess des Praktikanten und seineEingliederung in die Kultur der Organi-sation zu überwachen. Vor allem er ist fürdas Erreichen dieser Ziele verantwortlich.Zuweilen ist der Tutor direkt für die Aus-bildung des Praktikanten zuständig, inanderen Fällen überträgt er diese Aufga-be an einen Ausbilder, d.h. einen Fach-mann, der in der organisationsinternenHierarchie zwar weiter unten steht, sichdafür aber in der alltäglichen Arbeit bes-ser auskennt.

Dort, wo die Praktikanten herkommen,muss es neben einem allgemeinen Pro-grammkoordinator ein Unterstützungs-team geben, das für die Begleitung unddie Evaluation des Programms für dieAusbildung in Form von Praktika zustän-dig ist. Seine Aufgaben bestehen vor al-lem darin, für die Zufriedenheit der Tu-toren und Auszubildenden sowie für eineoptimale Leistung und den Lernfortschrittdes Praktikanten zu sorgen.

Implantierungsphasen

Bevor die Auszubildenden ihre jeweiligenPraktikumsplätze antreten können, sindfolgende Vorarbeiten zu verrichten:

❏ Auswahl/Einwerbung von Unterneh-men, die Praktikanten aufnehmen, undUnterzeichnung von entsprechenden Ab-kommen;

❏ Bestimmung der Praktikumsplätze injedem einzelnen Unternehmen;

❏ Ernennung der Tutoren und Ausbilderin jedem Unternehmen;

❏ Einsetzung des Unterstützungsteams,das für die Evaluation und die Begleitungdes Programms zuständig ist;

❏ Beschreibung von Praktikumsplätzen:Die Arbeitsziele, die Situation des Arbeits-

Tabelle 1

Akteure der Ausbildung in Form von Praktika

Unternehmen

• Allgemeine Koordinator/en oder Ver-antwortliche/r in jeder Organiosation

• Tutor/en• Ausbilder• Auszubildende

Herkunftsort der Schüler

• Allgemeine Programmkoordinatorenoder Verantwortliche

• Unterstützungsteam für Tutoren undAuszubildende

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platzes im Organationszusammenhang,die erforderlichen Kenntnisse, die zu ver-richtenden Aufgaben, die Ausstattung desArbeitsplatzes, der Verantwortungsbe-reich, die Entscheidungsebene, die Art derAnweisungen und der Supervision, mög-liche Fehler und ihre Folgen;

❏ Erarbeitung des Ausbildungspro-gramms für jeden Praktikumsplatz;

❏ Verbreitung des Angebots zur Gewin-nung von Praktikanten;

❏ Auswahl der Praktikanten: Hier sollteNachdruck auf folgende Punkte gelegtwerden: deutlich machen, „was gebotenwird“, um keine falschen Erwartungenaufkommen zu lassen. Die Vermittlungvon Hochschulabsolventen auf Ausbil-dungsberufe sollte vermieden werden.Diejenigen Bewerber, die studieren, soll-ten herausgefiltert und nicht in das Pro-gramm einbezogen werden. Die Eigen-schaften und Anforderungen des Prakti-kumsplatzes sollten klar definiert werden;

❏ Vertragschließung mit den Praktikan-ten;

❏ Aufnahme der Praktikanten.

Ausbildungsmethoden

Die bei der Ausbildung der Praktikantenangewandte Methode steht normalerwei-se in Zusammenhang mit der Kultur undden Gewohnheiten des Unternehmensoder der Abteilung. Bei manchen Prakti-kantenstellen untersteht alles, was demPraktikanten übertragen wird, d.h. das,was er tut, und die Beurteilung, wie er esmacht, einer direkten Kontrolle. In ande-ren Unternehmen ist das Gegenteil derFall, und niemand sagt dem Praktikanten,was er tun soll, auch nicht, wie oder wanner es tun soll.

Beide Methoden können sich als ange-messen erweisen, obgleich der Erfolg derzweiten Methode von der Initiative desPraktikanten abhängt, an die Mitarbeiterdes Unternehmens heranzutreten und ih-nen seine Hilfe anzubieten.

Dauer

Die Dauer eines jeden Praktikums mussnicht notwendigerweise dieselbe sein. Sie

sollte sich vielmehr nach den Eigenschaf-ten des jeweiligen Arbeitsplatzes richten.Wenn der Lernprozess abgeschlossen istund der Praktikant die verschiedenenFertigkeiten beherrscht, macht es keinenSinn, das Praktikum zu verlängern.

Arbeitszeit

Es ist wichtig, die spezifischen Eigenschaf-ten des Unternehmens und der Abteilung,in der sich der Praktikumsplatz befindet,in ausreichendem Maße zu berücksich-tigen. Die Arbeitszeiten, die für die Aus-bildung in Form von Praktika vorgeschrie-ben werden, müssen flexibel sein und sichden Bedürfnissen jeder Abteilung anpas-sen, um Situationen zu verrmeiden, woder Praktikant mehrere Stunden außerhalbdes Arbeitsplatzes verbringt, nur weil ersich nach einem festen Stundenplan rich-ten muss, sein Tutor oder Ausbilder abererst später kommt oder früher geht.

Entlohnungsmodalitäten

Bei den Programmen für die Ausbildungin Form von Praktika gibt es verschiede-ne Entlohnungsmodalitäten. In manchenFällen wird mit dem Auszubildenden ein„Praktikumsvertrag“ geschlossen oder ein„Stipendium“ vereinbart, und er enthältdafür ein Entgelt. Die Kosten hierfür kön-nen durch das Unternehmen, das ihn auf-nimmt, und/oder die Einrichtung, die dasProgramm organisiert, getragen werden.Der größte Vorteil einer Kofinanzierungbesteht darin, dass beide Einrichtungendazu beitragen müssen, dass das Pro-gramm die gesteckten Ziele erfüllt.

In anderen Fällen, vor allem dann, wennOrganisationen offenbar Vorbehalte gegendie Aufnahme von Praktikanten haben,wird das Unternehmen für jeden einzel-nen Praktikanten oder sogar für jede Stun-de, die dieser dort verbringt, bezahlt. Indiesem Fall ist das Engagement und dieMotivation des Praktikanten, zu lernenund eine Reihe von Fähigkeiten auszu-bilden, gewährleistet, denn er enthält hier-für keinerlei Entlohnung, abgesehen vonden Fahrtkosten.

Zuweilen gibt es auch gar keine Entloh-nung, weder für die Praktikanten nochfür die aufnehmende Einrichtung. Unterdieser Voraussetzung jedoch werden beider Auswahl der Ausbildungseinrichtung,

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insbesondere bei beruflichen Fortbil-dungs- und Umschulungsmaßnahmen, sozeigen einige Erfahrungen, diejenigen Ein-richtungen bevorzugt, die in der Lagesind, ihren Teilnehmern nach Abschlussder Unterrichtsphase eine Ausbildung inForm von Praktika anzubieten.

Programmevaluation beider Ausbildung in Formvon Praktika

Heutzutage ist der Einsatz eines jedenEvaluationsprogramms, ohne sich vorherzu überlegen, auf welche Weise die Er-gebnisse desselben evaluiert werden sol-len, undenkbar. An diesen Punkt bietensich verschiedene Instrumente an, die esermöglichen, Informationen über denFortgang der Ausbildung in Form vonPraktika zu sammeln, und andere, diekonkrete Angaben über den Nutzen desProgramms anbieten.

Maßstäbe, Umfragen und Protokolleüber die Informationssammlung

Protokolle der Informationssamm-lung über die am Arbeitsplatz ausge-führten TätigkeitenBevor der Auszubildende sein Praktikumbeginnen kann, muss eine Beschreibungdes Praktikumsplatzes existieren. Darinsind die zu erfüllenden Funktionen undAufgaben, die Ausstattung, Materialienund zu verwendenden Werkzeuge, seineVerantwortungsbereiche, der Umfang sei-ner Teilhabe an Entscheidungen usw.aufgeführt. Außerdem muss ein Aus-bildungsplan erstellt werden, in dem dar-gelegt wird, was er zu tun lernen soll undwieviel Zeit er dafür haben soll.

Wenn der Auszubildende seinen Prakti-kumsplatz antritt, so kann man in demMaße, wie Informationen über die von ihmausgeübten Tätigkeiten, die dafür einge-setzte Zeit und die verwendeten Materiali-en gesammelt werden, feststellen, in wie-weit die zuvor beschriebenen Ziele erfülltund die in der Stellenbeschreibung defi-nierten Funktionen wahrgenommen wer-den. Diese Art von Protokoll hat zwei Zie-le: Einerseits stellt es, wenn es vom Tutorund vom Auszubildenden abgezeichnetwird, einen schriftlichen Beleg über dieausgeübte Tätigkeit dar. Andererseits wer-

den Missverhältnisse in Bezug auf die Pla-nung aufgedeckt, d.h., man kann feststel-len, ob die mit der Stelle verbundenenAufgaben auch denen entsprechen, die ertatsächlich ausführt. Wenn etwa monoto-ne und sich ständig wiederholende Auf-gaben, die nicht zum Lernerfolg des Aus-zubildenden beitragen, vorherrschen, ge-stattet dies die Intervention des Unter-stützungsteams, um Unzufriedenheit undschlechte Leistung zu vermeiden.

Maßstäbe für die Bewertung der Leis-tungNelson (1990) geht davon aus, dass dieMessung der Leistung (und der Zufrieden-heit) des Einzelnen an seinem Arbeitsplatzerlaubt, Indikatoren über das richtige Ver-hältnis oder Missverhältnis an Fähigkei-ten zwischen Arbeiternehmer und Firmazu erhalten. In diesem Sinne glauben auchChao, O’Leary-Kelly, Wolf, Klein undGradner (1994), dass eine wirksame Leis-tung, bezogen auf das Erlernen der Funk-tionen und Aufgaben des Arbeitsplatzes,Einfluss auf eine angemessene Sozialisa-tion des Arbeitnehmers hat.

Bei der Ausbildung in Form von Praktikakann die Leistung des Auszubildendengemessen werden, und die Auswertungensind über verschiedene Evaluations-akteure erhältlich: der Angestellte selbst,der Supervisor, die Arbeitskollegen, dieKunden, und die Untergebenen (Cascio,1995). Im Zusammenhang mit der Aus-bildung in Form von Praktika erscheintes ratsam, nur die beiden erstgenanntenAkteure zu befragen: den Auszubilden-den selbst (Auto-Evaluation der Leistung)und seinen Tutor. Außerdem kann dieLeistung in konkreten Momenten oderderen Entwicklung über Monate analysiertwerden. Einige der Variablen, die man -zum Beispiel unter Verwendenung einerSkala nach Lickert - berücksichtigen kann,sind die folgenden:

❏ Pünktlichkeit, Einhaltung der Anfangs-und Schlusszeiten;

❏ Fehlen, regelmäßige Anwesenheit amArbeitsplatz;

❏ Interesse und Engagement beim Ler-nen;

❏ Angemessener Umgang mit Arbeitsmit-teln, Materalien und Werkzeugen;

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❏ Einhaltung der Zeitvorgaben bei derAusführung der Arbeiten;

❏ Optimale Ausführung der Arbeit;

❏ Eignung zur Teamarbeit;

❏ Befolgung der erhaltenen Anweisun-gen;

❏ Gesamtbewertung der Arbeitsleistung.

In der oben stehenden Liste wird die Lei-stung unter acht spezifischen Aspektenbewertet. Außerdem wird eine Gesamt-bewertung der Leistung angestrebt. DasHauptziel dieser Evaluation besteht darin,herauszufinden, welche Aspekte sich durchdie Intervention des unterstützenden Per-sonals verbessern lassen. Kennt man dieStandpunkte des Auszubildenden und desTutors, ermöglicht dies, die Diskrepanzenzwischen dem einen und dem anderenfestzustellen, auch wenn sicherlich erwar-tet wird, dass die Benotungen des erstensystematisch über denen des zweiten lie-gen.

Nach Quijano (1992) und Landy und Farr(1983) wären einige der Ziele, die eineLeistungsevaluation für die Ausbildung inForm von Praktika verfolgen muss: Erhaltvon Information als Hilfe bei der Entschei-dungsfindung, Feedback (konkretes undbeschreibendes) für die Arbeitsleistungder Auszubildenden sowie Eignungsüber-prüfung der verwandten Selektions-,Ausbildungs- und Begleittechniken.

Maßstäbe für die Bewertung der Ar-beitszufriedenheitDie Arbeitszufriedenheit wird definiert alseine Einstellung bzw. die Gesamtheit derEinstellungen, die die betreffende Personin Bezug auf ihre Arbeit im Allgemeinenoder auf spezielle Teilbereiche entwickelt.(Arnold, Robertson und Cooper, 1991;Beer, 1964; Bravo, 1992; Griffin und Bate-man, 1986; Harpaz, 1983; Peiró, 1984;Salancik und Pfeffer, 1977).

Locke (1976) definiert die Arbeitszufrie-denheit als einen positiven und fröhlichenGemütszustand, der aus der subjektivenWahrnehmung der Arbeitserfahrungen derPerson resultiert. Ähnliche Definitionenwie die von Locke, die die Zufriedenheitals Gefühl auffassen, bieten auch verschie-dene andere Autoren an (Crites, 1969;

Davis und Newstron, 1999; Muchinsky,2001; Mueller und McCloskey, 1990; Priceund Mueller, 1986; Smith, Kendall undHullin, 1969). Wenn die Zufriedenheit alsein Gefühlszustand anerkannt wird, sohaben die Emotionen folglich eine zen-trale Bedeutung bei der Ausbildung inForm von Praktika.

Für Locke (1976) ist der bestimmendeFaktor für die Arbeitszufriedenheit dieDiskrepanz, die sich aus dem Vergleichder realen Arbeitserfahrungen mit einempersönlichen Kriterium ergibt. Er machtneun spezifische Teilbereiche oder Di-mensionen der Arbeitszufriedenheit aus:Zufriedenheit mit der Arbeit, dem Gehalt,den Aufstiegsmöglichkeiten, den Vergüns-tigungen, den Arbeitsbedingungen, derSupervision, den Kollegen sowie mit derFirma und der Leitung.

Verschiedene Modelle der Arbeitszufrie-denheit zeigen deren Abhängigkeit vomGrad der Übereinstimmung zwischendem, was der Einzelne bei der Arbeitsucht, und dem, was sie ihm wirklich gibt(Locke, 1969; Porter und Lawler, 1969).In dem Maße, wie beide Aspekte imGleichgewicht sind, es also kein Miss-verhältnis gibt, wird der Einzelne mit sei-ner Arbeit zufrieden sein. Gibt es Miss-verhältnisse, so können diese von zwei-erlei Art sein: intrapersonelle, bei denender Einzelne die Wahrnehmungen, die ervon seinen Arbeitserfahrungen hat, mitseinem eigenen Kriterium vergleicht; undinterpersonelle, bei denen sich der Ein-zelne mit anderen vergleicht, um die per-sönliche Arbeitszufriedenheit zu bestim-men (Muchinsky, 2001).

Es scheint klar zu sein, dass einer derBereiche, die die Einfügung des Einzel-nen in seinen Praktikumsplatz erklären,die Zufriedenheit des Auszubildenden ist.In dieser Hinsicht soll auch die Gesamt-zufriedenheit und die Zufriedenheit mitverschiedenen Teilbereichen des Arbeits-platzes evaluiert und über längere Zeitüberprüft werden. Dies kann mit Hilfeeiner einfachen Lickert-Skala geschehen,wobei Kriterien verwendet werden, mitdenen sich der Grad der Zufriedenheitmit den folgenden Aspekten ermittelnlässt:

❏ Funktionen und Aufgaben, die auf demArbeitsplatz ausgeübt werden;

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❏ erhaltene Ausbildung;

❏ Ausstattung, Materialien und Werkzeu-ge;

❏ physische Bedingungen (Arbeitsort,Licht, Temperatur);

❏ Arbeitssicherheit;

❏ Verhältnis zu den Arbeitskollegen;

❏ Tutor;

❏ der/die Ausbilder;

❏ Grad der Gesamtzufriedenheit.

GesprächDas persönliche oder Gruppengesprächermöglicht es, qualitative Informationenzu sammeln, die enorm wertvoll sind unddazu dienen, die mit anderen Verfahrenerhaltenen Daten gegenüberzustellen.Wenn es in einer Umgebung des Vertrau-ens erfolgt und Unterstützung angebotenwird, kann man etwas über die Emotio-nen und Gefühle der Auszubildenden er-fahren und Informationen erhalten, mitdenen man möglicherweise auftretendenProblemen vorgreifen kann. Es handeltsich um Daten, die sich nicht auf einerSkala darstellen lassen, und die Entschei-dungen ermöglichen, um geeignete Maß-nahmen durchzuführen. Außerdem kannman auf diese Weise Informationen überveschiedene Programmaspekte weiterlei-ten, die Tutoren und Auszubildende ken-nen müssen.

Umfragen über die Eingliederung indas Erwerbsleben und Gruppensit-zungen zur Unterstützung der Ar-beitssucheWenn Programme der Ausbildung in Formvon Praktika eingerichtet werden, ist esangesichts der damit verbundenen Kostenund Ressourcen undenkbar, kein Feed-back über die Ergebnisse zu bekommen.Nachdem sie beendet sind, muss ihreRentabilität festgestellt werden und dasAusmaß, in dem die Ziele erreicht wur-den. Über eine simple Umfrage könnenjene Personen ermittelt werden, die Ar-beit gefunden haben, ebenso die Eigen-schaften der Arbeit, die Aufgaben, die siean ihrem Arbeitsplatz erledigen, die Un-ternehmen, die sie eingestellt haben, dieVoraussetzungen, die sie hierfür erfüllen

mussten, wie sie die besagte Arbeit ge-funden haben, usw. Diese Informationkann für verschiedene Ziele verwendetwerden, von der Rechtfertigung des Nut-zens der Ausbildung in Form von Praktikaund der Einrichtung neuer Programme biszur Reflexion über jene Menschen, dieauch nach einer gewissen Zeit keine Ar-beit finden können.

Die Umfragen zur Ermittlung der Einglie-derung können ein halbes und ein Jahrnach Beendigung des Programms erfol-gen, um die Entwicklung im Laufe der Zeitzu analysieren.

Mit denjenigen Teilnehmern, die nachAblauf der ersten sechs Monate keineArbeit gefunden haben, können unter-stützende Gruppensitzungen organisiertwerden. Das Ziel der Sitzungen ist es, dieverschiedenen Probleme zu lösen, auf diedie Absolventen bei der Arbeitssuche sto-ßen.

Nehmen an den Gruppensitzungen auchAbsolventen teil, die einen Arbeitsplatzgefunden haben, so dürften ihre Meinun-gen und ihre Erfahrungen mit der Arbeits-suche sowie die von ihnen eingesetztenStrategien der Problemlösung eine großeHilfe für diejenigen sein, die noch immerArbeit suchen.

Spezielle Unterstützungs-maßnahmen

Arbeitsberatung

Die Arbeitsberatung ist der Vermittlungs-prozess, dessen Ziel es ist, den Einzelnenzu informieren, zu beraten und Strategi-en zu entwickeln, um ihm die Suche unddas Finden des Arbeitsplatzes zu erleich-tern, der - in Abhängigkeit der durch denArbeitsmarkt vorgegebenen Möglichkeiten- seinem Kompetenzprofil und seinenBerufswünschen am besten entspricht.

Um die Teilnehmer einer Ausbildung inForm von Praktika angemessen zu orien-tieren, ist es erforderlich, vor allem diespeziellen Eigenschaften des Arbeits- unddes Bildungsmarktes zu kennen. Hierzusind für jeden einzelnen Ausbildungsplatzdie folgenden Maßnahmen durchzufüh-ren:

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❏ Bestimmung der unterschiedlichenBerufsmöglichkeiten mittels der unter-schiedlichen Berufsklassifikationen. InSpanien ist die am meisten gebräuchlichedie Clasificación Nacional de Ocupacio-nes (Nationales Institut für Statistik - INE,1994);

❏ Kenntnis der Zahl der Angebote,Arbeitsgesuche und Vermittlungen, diedem Observatorio Permanente de lasOcupaciones (dt.: Ständige Beobach-tungsstelle für die Entwicklung derBeschäftigszahlen) (Nationales Institut fürBeschäftigung - INEM, 1997, 1999) oderden Veröffentlichungen der AutonomenGemeinschaften (z.B. Autonome Gemein-schaft Madrid, 1999) zu entnehmen sind.Ermittlung der verschiedenen Möglichkei-ten der Zusatzausbildung und der mögli-chen Bildungsgänge, die aus Veröffent-lichungen wie dem des INEM (1993) stam-men, oder der unterschiedlichen Mitteldieser Einrichtung, mit denen Berufe undAusbildungsebenen miteinander in Ver-bindung gebracht werden können;

❏ Zusammenstellung von Informationenüber die üblichen Beschäftigungsbedin-gungen in jedem Sektor.

Diese Informationen können den Auszu-bildenden am Ende ihres Praktikums mitHilfe von Gruppensitzungen – mit homo-genen Gruppen in Abhängigkeit der be-ruflichen Profile von 15 bis 20 Teilneh-mern, ähnlich den Sitzungen der Berufs-information für Beschäftigungszwecke(INEM, 1994) – vermittelt werden. Zusätz-lich könnten ihnen Listen mit Firmen-nahmen der entsprechenden Branche, diemöglicherweise Interesse haben könnten,sie einzustellen, ausgehändigt werden;ebenso Namen von Kontaktpersonen, diesich den unterschiedlichen Handbüchernund Branchenverzeichnissen entnehmenlassen.

Qualifikation für die Arbeitssuche

Während des Ausbildungsprogramms inForm von Praktika befinden sich die Teil-nehmer in einem Ausbildungsprozess fürdie Arbeit. Aber auch eine Ausbildung fürdie Aufnahme einer Beschäftigung wäreihnen sehr hilfreich. So könnte man alseine der Maßnahmen der Arbeitsberatungunmittelbar nach Abschluss des Pro-gramms diverse Lehrgänge über Techni-

ken der Arbeitssuche und der Bewerbungorganisieren, um die Fähigkeiten der Teil-nehmer bei der Stellensuche zu verbes-sern. Das Nationale Institut für Beschäfti-gung (INEM) verfügt über ein Handbuchzur Durchführung derartiger Lehrgänge,in dem Methoden und mögliche Maßnah-men empfohlen werden (INEM, 1994).

Bei dieser Art von Maßnahmen lassen sichdie individuellen Qualifikationen und In-teressen, die Verfügbarkeit, die Schwie-rigkeiten und die eigenen Ängste, die Stär-ken und Schwächen usw. feststellen. MitHilfe dieser Informationen lassen sichdann Wege der beruflichen Eingliederungfür jeden Einzelnen erarbeiten.

Beschäftigungsförderung

Eine der Möglichkeiten ist, dass ein gro-ßer Teil der Auszubildenden von demUnternehmen, in dem sie ihr Praktikumabsolviert haben, eingestellt wird. Eineandere besteht darin, ihr berufliches Pro-fil anderen Unternehmen der Branchevorzustellen, die daran interessiert seinkönnten, sie einzustellen. Eine gute Aus-wahl der Ausbildungsplätze in der erstenPhase des Programms dürfte diese Su-che erleichtern, denn es hätte nicht vielSinn, einen Ausbildungsplatz für einenBereich einzurichten, in dem es nur we-nige Stellenangebote auf dem Arbeits-markt gibt.

Zweifellos werden alle ergriffenen Maß-nahmen der Beschäftigungsförderung,d.h. der Vermittlung zwischen den Arbeits-suchenden und den Unternehmen, diemöglicherweise an der Einstellung neuerMitarbeiter interessiert sind, dazu beitra-gen, die Ergebnisse der Eingliederung indas Erwerbsleben zu verbessern und folg-lich auch dazu beitragen, dass das Pro-gramm für die Ausbildung in Form vonPraktika eines seiner Hauptziele erreicht.Das Organisieren von Treffen mit Unter-nehmern, von Konferenzen oder Semina-ren zu speziellen Themen, sie anrufen,besuchen usw. und ihnen das Profil derverschiedenen Teilnehmer mit der Aus-bildung und Erfahrung, die sie in der prak-tischen Ausbildung erworben haben, vor-zustellen, sind einige der verschiedenar-tigen Maßnahmen, die man durchführenkann. Um deren Erfolg zu gewährleisten,muss man die Unternehmen gut auswäh-len und das Profil der Teilnehmer genau

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kennen. Mit anderen Worten, die Maßnah-men der Beschäftigungsförderung be-dürfen einer Vorarbeit der Arbeitsberatungmit den an dem Arbeits- und Ausbildungs-programm beteiligten Praktikanten.

Die Ausbildung in Form von Praktikadient umso mehr der Beschäftigungs-förderung, wenn zuvor Kontakte mit denUnternehmen aufgenommen und derenBedürfnisse ermittelt werden. Zugleichwerden diese in der Weise in die prakti-sche Ausbildung einbezogen, dass, wennsie am Ende mit dem Auszubildenden zu-frieden sind, dieser eine viel größereChance hat, seinen Praktikumsplatz ge-gen einen Arbeitsplatz einzutauschen.

Das Profil des Unter-stützungsteams

Die Gruppe von Personen, deren Aufga-be es ist, für die Zufriedenheit der Aus-zubildenden und der Tutoren mit letzte-ren zu sorgen, festzustellen, ob sie wirk-lich das lernen und die Fähigkeiten ent-wickeln, die erforderlich sind, um denArbeitsplatz in korrekter Weise auszufül-len, zu überprüfen, ob sie die Aufgabenrichtig ausführen, zu kontrollieren, ob dasVerhalten zu den anderen Kollegen undden Vorgesetzten korrekt ist, und die da-für verantwortlich sind, mögliche Proble-me aufzuspüren und zu lösen, sind Teildessen, was gemeinhin als Unterstüt-zungsteam bezeichnet wird.

Die Strategien, die das Unterstützungs-team bei der Ausbildung in Form vonPraktika anwenden muss, hat gewisseÄhnlichkeiten mit einigen der von Cohen(1998) aufgezeigten Strategien, wenn ersich auf den Mentor in organisationellenKontexten bezieht.

Die erste Funktion, die das Unter-stützungsteam wahrnimmt, nachdem esdie Information von den Programm-koordinatoren erhalten hat, besteht dar-in, diese Information an Tutoren undAuszubildende weiterzugeben. Es gehtdarum, ihnen mitzuteilen, welche Art vonBeziehung es zu ihnen haben wird, wel-chen Sinn ihre regelmäßige Anwesenheitfür das Unternehmen hat, welche Metho-de für das Sammeln von Informationenangewandt wird, usw.

Bei der Sammlung von Informationen,der zweiten großen Aufgabe, geht es dar-um, Daten zu erheben, mit denen sich ein-schätzen lässt, inwieweit die Motivation,die Zufriedenheit und die Leistung desAuszubildenden angemessen sind, undinwieweit er auf seinem Praktikumsplatzzurechtkommt. In diesem Sinne sind auchdie Meinungen der Tutoren und Ausbil-der über den Praktikanten, über seineAnpassung an die Organisationsregeln,seine Integration in die Abteilung undseine Entwicklung in Bezug auf die Aus-führung der Aufgaben von Interesse.

Die Analyse der gesammelten Infor-mation, um festzustellen, ob alles in diegewünschte Richtung geht, ist die dritteFunktion. Sind alle zufrieden, was übri-gens für gewöhnlich der Fall ist, mussman nur dafür sorgen, dass es so bleibt.Gibt es aber ein Problem oder einenVorfall, so muss das Unterstützungsteameinschreiten, um das Problem zu lösen,indem es Kontakt mit allen Beteiligtenaufnimmt, um alle Standpunkte kennen-zulernen und objektiv handeln zu kön-nen.

Schließlich ist es auch notwendig, jedemAuszubildenen in Bezug auf seine be-rufliche Zukunft helfen zu können. Inmanchen Fällen ist es einfach, wenn dieEinrichtung ihm eine feste Anstellunganbieten will. In anderen Fällen müssendie verschiedenen Branchen, in denen esArbeitsmöglichkeiten für ihn gibt, unter-sucht werden, es muss eine Beziehungzu den dort vorhandenen Unternehmenhergestellt werden und das Profil der Ar-beitsplätze, die der Qualifikation des Prak-tikanten nach seinem Ausbildungs- undArbeitsprozess entsprechen, erstellt wer-den. Man kann mit besagten Unterneh-men Kontakt aufnehmen, was eine direk-te Maßnahme der Beschäftigungsförde-rung wäre, oder dem Praktikanten ein-fach die Daten zur Verfügung stellen. Eininteressanter Aspekt ist es, nach Abschlussder eigentlichen Fachausbildung eineAusbildung anzuschließen, bei denen dieTeilnehmer lernen können, wie man sicham besten bewirbt und ein Auswahl-verfahren erfolgreich besteht.

Alle Fachleute zusammen müssen eineReihe von Fähigkeiten besitzen oder ent-wickeln, die es ihnen ermöglichen, dieverschiedenen, ihnen übertragenen Auf-

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gaben erfolgreich auszuführen. In Tabel-le 2 werden diese Fertigkeiten aufgeführtund den zu lösenden Aufgaben sowie denin der alltäglichen Arbeit angewandten In-strumenten oder Methoden gegenüberge-stellt.

Tabelle 2:

Die Zukunft der Ausbil-dung in Form vonPraktika in Spanien

Es scheint so, als seien die Ausbildungs-programme in Form von Praktika eine derbesten Methoden, wenn nicht sogar diebeste Methode, um den daran Beteiligteneine Qualifikation zur Ausübung einesBerufs zu vermitteln und eine unmittel-bare Kontrolle über den Grad der beruf-lichen Eingliederung zu erhalten.

In Spanien sind praktische Ausbildungs-phasen fester Bestandteil der Bildungsab-schnitte des mittleren und des höherenGrades, der Lehrwerkstätten und Gewer-beschulen sowie der Beschäftigungs-werkstätten. Bei der staatlich geregeltenBerufsbildung, die dem Ministerium fürBildung und Kultur untersteht, ist derbeste Repräsentant dieser Ausbildungs-form die Ausbildung am Arbeitsplatz(Formación en Centros de Trabajo - FCT).Diese ist obligatorisch für die Schüler derBildungsabschnitte mittleren und höherenGrades und ist in das Schuljahr in Ab-schnitten von acht, zehn und 15 Wocheneingebettet. Sie findet während ein oderzwei Quartalen nach Absolvierung all derFächer statt, die den Schüler zum Erwerbdes jeweiligen Abschlusses berechtigen.Der Aufenthalt der Schüler in den Betrie-ben orientiert sich an den Arbeitszeitender kooperierenden Einrichtungen.

Die sogenannten Lehrwerkstätten undGewerbeschulen sind Ausbildungs- undArbeitsstätten, in denen junge Arbeitslo-se unter 25 Jahren eine berufliche Fort-bildung oder Umschulung im Wechsel mitberuflichen Praktika (Mitarbeit in einemrealen Betrieb) erhalten, damit sie amEnde der Ausbildung in der Lage sind,den erlernten Beruf in angemessenerWeise auszuüben und ihnen der Zugangzur Arbeitswelt erleichtert wird. Im Jahr1999 wurden an den Lehrwerkstätten undGewerbeschulen insgesamt 19 137 Perso-nen (12 118 bzw. 7019) ausgebildet

Die Beschäftigungswerkstätten sind ge-mischte Ausbildungs- und Beschäftigungs-programme, in denen die Teilnehmer eineBerufsausbildung und praktische Arbeits-erfahrung durch die Verrichtung vongemeinnützigen oder im gesellschaftli-chen Interesse liegenden Arbeiten oderDienstleistungen in neuen Beschäftigungs-feldern erwerben (gemeinnützige Dien-ste, Freizeit- und Kulturdienstleistungen,alltägliche persönliche Dienstleistungen),die ihre spätere berufliche Eingliederungsowohl durch Fremdunternehmen alsauch über die Einrichtung von betriebli-chen oder Projekten der Sozialwirtschaftermöglicht.

In Spanien betrug die Anzahl der Auszu-bildenden 453 870 im Schuljahr 1999/2000(Ministerium für Bildung und Kultur,2000). Wenn die neue Berufsausbildungeines Tages in ganz Spanien eingeführtist, wird man eine Ausbildung am Arbeits-platz für all diese Auszubildenden orga-nisieren müssen, da diese Form der Aus-bildung dann nicht mehr fakultativ, son-dern obligatorisch sein wird.

Die Ausbildung am Arbeitsplatz stellt eineHerausforderung für die Lehrer und Tu-toren der Schulen dar, die mit der Betreu-ung der Schüler, die ein betrieblichesPraktikum absolvieren, beauftragt sind.Damit sie ihre Arbeit effizient angehenund der Lernfortschritt des Schülers wäh-rend der praktischen Umsetzung einerReihe von Fähigkeiten gewährleistet ist,ist es unerlässlich, diese Gruppe von Leh-rern auszubilden und ihnen die erforder-lichen Ressourcen zur Verfügung zu stel-len. Vielleicht ist die Einrichtung einerVollzeitstelle für die Betreuung der Aus-bildung am Arbeitsplatz in den verschie-denen Bildungsstätten der erste Schritt fürderen Erfolg, denn die zu erledigendenAufgaben sind zahlreich: Entwicklung derProgramme, ihre Auswertung und Betreu-ung, Förderung der Beschäftigung derTeilnehmer usw.

Die Zukunft der Ausbildung in Form vonPraktika in Spanien hängt in großem Maßevon den verschiedenen Institutionen ab,die damit beauftragt sind, die Program-me zu managen und geeignete Maßnah-men für deren größtmögliche Effizienz zutreffen. Erfahrungen wie die der Lehr-werkstätten und Gewerbeschulen, derBeschäftigungswerkstätten (finanziert

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Funktionen

Übermittlung von Information an Auszubildende und Tu-toren bezüglich der Programmeigenschaften, der durchzufüh-renden Maßnahmen, der auszuführenden Protokolle usw. so-wie an die allgemeinen Koordinatoren hinsichtlich desProgrammfortgangs, der aufgetauchten Probleme und derenLösung

Sammlung von Information über die ausgeführten Arbei-ten, den Lernfortschritt, Wahrnehmung der Leistung und derZufriedenheit, der dargelegten Einstellungen, des Verhältnis-ses zu den Kollegen, des Ausmaßes, in dem ihre Erwartungenerfüllt werden, usw.

Diese Informationen sind nur erhältlich, wenn ein Klima desVertrauens geschaffen wird, das es dem „Auszubildenden“ermöglicht, die durch die Arbeit verursachten positiven undnegativen emotionalen Erfahrungen und die Reflexionen dar-über mit dem „Unterstützungspersonal“ zu teilen.

Sichtung des erstellten Dokumentationsmaterials, Analy-se der Daten, Intervention bei solchen Personen, die sichnicht ausreichend in den Betrieb einfügen, Erstellen von Be-richten usw.

Problemerfassung und Problemlösung, Suchen nach ein-vernehmlichen Lösungen bei Diskrepanzen zwischen Tutorund Auszubildendem, Steigerung der Arbeitszufriedenheit aufSeiten des Auszubildenden, wenn diese schwach ist;Unterstützung des Auszubildenden bei der Analyse von Ver-haltensweisen und Erwartungen. Mitarbeit bei Einstellungs-änderungen, soweit erforderlich, und Sorge dafür, dass derAuszubildende gut auf seinem Arbeitsplatz, in der Organi-sation und mit den Kollegen zurechtkommt. Die zu empfeh-lende Methode ähnelt der Methode, die auch bei der Samm-lung von Informationen angewandt wird.

Zukunftsplanung mittels der Analyse des Arbeitsmarktes,der Zugangsbedingungen hierzu und den Möglichkeiten derZusatzausbildung. Beratung der Auszubildenden bei der Stel-lensuche und Stellenfindung in Abhängigkeit ihrer Interessen,Fähigkeiten, Kapazitäten und Verfügbarkeiten. Vorbereitungder Auszubildenden auf die Stellensuche und Informationüber diejenigen Branchen mit dem größten Arbeitsangebot.

Fähigkeiten

• Synthesefähigkeit• Gute mündliche

Ausdrucksfähigkeit• Soziale Fähigkeiten

• Beobachtung• Aktives Zuhören• Empathie• Schaffung positiver

Gefühle• Flexibilität• Soziale Fähigkeiten

• Monotonie-Resistenz• Aufmerksamkeit

• Fähigkeit zurProblemlösung

• Soziale Fähigkeiten• Gewissheit

• Fähigkeit der Analyseund der Informations-organisation

• Kenntnisse auf demGebiet der Gruppen-bildung

Hilfsinstrumente

• Gespräche• Schriftliche Unterlagen• Telefongespräche

• Protokolle derInformationssammlung

• Einzel- undGruppengesprächemit Tutoren undAuszubildenden

Statistikpakete,Kalkulationsblätter,Textverarbeitung

Einzel- und Gruppenge-spräche mit Tutoren undAuszubildenden

• Instrumente derArbeitsmarktanalyse

• Einzel- undGruppengespräche

• Fachausbildung

Tabelle 2

Profil des Unterstützungsteams

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durch das Nationale Institut für Beschäf-tigung und die Autonomen Gemeinschaf-ten) oder der FINNOVA-Programme derGemeinde Madrid haben sich als sehrwirksam bei der beruflichen Eingliederungeines breiten Spektrums von Personenerwiesen. In dem Maße, wie die Ausbil-dung in Form von Praktika in massiverWeise in die verschiedenen Fortbildungs-und Umschulungslehrgänge für Arbeits-lose integriert wird, werden die Lern-fortschritte und die erworbene Qualifika-tion zunehmen, und die Ergebnisse wer-den in Form von niedrigeren Arbeitslosen-raten zu Tage treten.

Im Schuljahr 1999/2000 überstieg die Zahlder Studenten an Hochschulen anderthalbMillionen (Ministerium für Bildung und

Kultur, 2000). Das ist fast dreieinhalb malsoviel wie die Anzahl der Auszubildenden,wodurch sich auch die Arbeitslosenzahlender Hochschulabsolventen erklären lassen.

Der Schlüssel könnte in einer hochwerti-gen praktischen Berufsausbildung liegen,mit der ein hohes Maß an Qualifikationerworben werden kann und die den un-mittelbaren Zugang zu einem Arbeitsplatzerleichtert. Vielleicht lässt sich durch dieAusbildung in Form von Praktika die Wahr-nehmung der beruflichen Bildung in derGesellschaft ändern. Hierfür muss ein be-sonderes Augenmerk auf die Entwicklungder Programme, deren Auswertung undBetreuung sowie auf die Ausbildung unddie Ressourcen der mit ihrer Durchführungbeauftragten Fachleute gelegt werden.

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Bildung unterModernisierungsdruckStrukturwandel, veränderteBildungsambitionen undInternationalisierungals Herausforderungen

Das österreichische Bildungssystem hat –wie die Umsetzung am Arbeitsmarkt all-gemein und unter den Jungerwachsenenzeigt – bis in die 90er Jahre eine weitge-hend erfolgreiche Entwicklung genom-men, die kaum von strukturellen Proble-men und Diskussionen gekennzeichnetwar. In den 90er Jahren manifestieren sichaber zunehmend neuartige Schnittstellen-probleme sowohl im Übergang nach derPflichtschule als auch auf postsekundärerStufe. Hintergrund dieser neuen Heraus-forderungen an Bildungsforschung undBildungspolitik ist der Strukturwandel derWirtschaft und dabei auch der Berufs-tätigkeiten, die Internationalisierung, aberauch das veränderte Bildungsverhalten inder Bevölkerung.

Das Aufbrechen von Problemen an deninstitutionellen Schnittstellen des Bil-dungssystems (nach der Absolvierung derSchulpflicht und nach der Höheren Schu-le/Matura) verweist auf die allokativeFunktion von Bildung bzw. den curri-cularen, aber auch strukturellen An-passungsdruck der sich aus verändertenAnforderungen und Möglichkeiten imBeschäftigungssystem ergibt. Der vorlie-gende Artikel versucht Probleme und bis-lang erfolgte Reformen im Bereich derberuflichen und der universitären Bildungin einer Überblicksperspektive aufzeigen.Empirisch werden Daten der amtlichenStatistik (Arbeitsmarktdaten, Volkszäh-lung, Mikrozensus) genutzt, zum Teil inspeziellen Auswertungen.

Schnittstellenproblematiknach Absolvierung derSchulpflicht

Bis in die Mitte der 90er Jahre galt es inÖsterreich als Gemeingut der Bildungsfor-schung sowie der -politik, dass rund 98Prozent aller Jugendlichen eine Ausbil-dung nach Absolvierung der neunjähri-gen Schulpflicht durchlaufen. Die Fragedes Abschlusses dieser Bildungsgängewurde hierbei nicht thematisiert. Es hattedaher einen Überraschungseffekt, als an-hand der Analyse amtlicher Daten zumBildungsstand in den Altersjahrgängen,bei denen ein Abschluss der oberenSekundarstufe erreicht sein sollte, mani-fest wurde, dass es sich dabei nur umDaten über die Aufnahme einer Ausbil-dung gehandelt hatte. Sowohl Volks-zählungs- als auch Mikrozensusdaten zei-gen ein rasches Ansteigen des Anteils derJugendlichen in den „kritischen“ Jahren,die nicht mehr im Ausbildungssystemsind. Nach der Volkszählung 1991 waren4,8 Prozent der 15-Jährigen nicht im Aus-bildungssystem, 11,2 Prozent der 16-Jäh-rigen und 18,3 Prozent der 17-Jährigen.(1)

Tabelle 1 beschreibt die Entwicklung desÜbergangs nach Absolvierung der neun-jährigen Schulpflicht nach den wesentli-chen Bildungsrouten in Österreich seit An-fang der 70er Jahre. Deutlich wird dabeidas „statistische Verschwinden“ der Kate-gorie „nicht in Ausbildung“ ab der Mitte

(1) Siehe dazu: Lorenz Lassnigg, Ar-thur Schneeberger: Transition fromInitial Education to Working Life.Country Background Report: Austria,Vienna, July, 1997, S. 14ff. und 65ff.;zu dieser Frage siehe auch: MarioSteiner, Lorenz Lassnigg: Schnitt-stellenproblematik in der Sekun-darstufe, in: Erziehung und Unterricht,Österreichische pädagogische Zeit-schr i f t , Nr. 9-10 / 2000, Wien,S.␣ 1063ff.

ArthurSchneebergerInstitut für Berufs-bildungsforschungder Wirtschaft, Wien

In Österreich hat sich dieLehrstellenzahl im Laufeder 90er Jahre durch fünfgeteilt, was eine große Ver-unsicherung hervorgerufenhat. Dieser Lehrstellenrück-gang erschwert gerade denam stärksten benachteilig-ten Gruppen den üblichenÜbergang ins Erwerbsleben.Neben dem demografischenFaktor ist der wirtschaftli-che und technologischeWandel Grund für diese Ent-wicklung. Eine Aktualisie-rung der bestehenden Be-rufsbilder und Curricula,mit dem Ziel der Gleich-wertigkeit von allgemeinerund beruflicher Bildung, istdringend geboten. Hierzumuss einerseits die Berufs-bildung stärker geöffnetwerden (d.h. zum Hoch-schulzugang führen) undandererseits müssen attrak-tive Ausbildungsgänge ge-schaffen werden, die einertechnologisch hochentwi-ckelten Dienstleistungsge-sellschaft entsprechen.

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der 90er Jahre. Ursache hierfür ist, dassdie Summe der Jugendlichen, die in Aus-bildungen dieser Schulstufe verzeichnetsind, deutlich höher ausfällt als die Sum-me der Wohnbevölkerung in den entspre-chenden Altersjahrgängen. Vor allem einsteigender Anteil unter den Jugendlichenmit Mehrfachanfängen oder Wiederholun-gen der 10. Schulstufe auf der gleichenund auf einer anderen Bildungsroute, aberauch Unschärfen der statistischen Erfas-sung in bestimmten Kategorien sind hier-für verantwortlich.(2)

Scheinbar paradoxerweise hängt mit denJugendlichen, die in der amtl ichenBildungsstatistik nur schwer aufzufindensind, eines der zentralen Probleme derBildungspolitik seit Mitte der 90er Jahrezusammen. Im Zuge der fortschreitendsich erhöhenden Beteiligung an weiter-führender und auch höherer Bildung aufder oberen Sekundarstufe hat sich seit1996 ein neuartiges „Integrationsproblem“gravierender Art für jene Jugendlichen er-geben, die weder eine Fachschule machenwollen bzw. regional keinen entsprechen-den Schulplatz finden, noch in einem Un-ternehmen als Lehrling akzeptiert werden.Arbeitsmarktexperten machten hierfürvorrangig fehlende schulische oder per-sönliche Voraussetzungen einerseits, dasFesthalten von Jugendlichen an ihren„Wunschberufen“ trotz fehlender offenerStellen in diesen Sektoren andererseitsverantwortlich.

TABELLE 2:

Damit sind wichtige Aspekte beleuchtet,darüber hinaus sollen aber die institutio-nellen, die bildungsökonomischen undauch die demografischen Aspekte der Pro-blematik zumindest ansatzweise unter-sucht werden, um die multiplen Kausali-tät der Problematik transparent zu ma-chen. Ein Blick auf die längerfristige Sta-tistik des Lehrstellenmarktes zeigt, dasses eine derartige Situation noch Anfangder 90er Jahre nicht gegeben hat.

TABELLE 2:Ende September des Jahres ist der jewei-lige Zeitpunkt, zu dem die meistenLehrstellensuchenden eine Lehrstelle ge-funden haben oder haben sollten.(3) Zwi-schen 1992 und 1996 ist der Saldo zwi-schen Lehrstellensuchenden und offenenLehrstellen von einem Überhang von rund12 000 unbesetzten Lehrstellen auf eineLücke von etwa 4600 zu diesem Zeitpunktnoch Lehrstellensuchenden gekippt.

Der demografische Faktor reicht zurErklärung nicht aus

Es ist zweifellos richtig, dass es zu einerdeutlichen Zunahme der demografischenBelastung des Lehrstellenmarktes zwi-schen 1992 und 1996 gekommen ist, undzwar zu einem Plus an Jugendlichen imtypischen Anfangsalter von 15 Jahren um10 Prozent (siehe Tabelle A-6). Allerdingsist auch die Zahl der 15-Jährigen von 1996als gering im Vergleich zum Anfang der80er Jahre zu sehen (minus 24 Prozent).

Tabelle 1

Bildungswege der Jugendlichen nach Absolvierung der Schulpflicht

Schätzung auf der Basis von Schülerzahlen und demografischen Daten

Jahr- Lehre/BPS BMS BHS* AHS Nicht in Theoretisch vergleich-gang Ausbildung bare Bevölkerung

% % % % % % Absolut1970/71 48,8 12,3 6,2 14,3 18,4 100,0 104 2001975/76 47,3 16,3 9,1 14,8 12,5 100,0 123 1001985/86 46,7 15,8 16,3 16,3 4,9 100,0 115 8001990/91 47,4 13,9 20,8 16,6 1,3 100,0 96 1001995/96 40,2 14,0 22,7 20,2 2,9 100,0 93 8001996/97 38,6 14,0 24,4 21,1 1,9 100,0 97 1001997/98 39,9 13,9 25,7 20,5 - 100,0 98 971*

*Schüler der 10. SchulstufeBPS = Berufsbildende Pflichtschulen (Teilzeitschule für Lehrlinge); BMS = Berufsbildende mittlere Schule (technische Fachschulen, Handelsschulen etc.)BHS = Berufsbildende höhere Schule (führt zur Hochschulstudienberechtigung); AHS = Allgemeinbildende höhere Schule (führt zur Hochschulstudien-berechtigung)Quelle: BIQ; BMBWK; eigene Berechnungen

(2) Siehe dazu: Entwicklungen undProbleme des Lehrstellenmarktes.Befunde und Perspektiven (=Schrif-tenreihe des Instituts für Bildungs-forschung der Wirtschaft, Nr. 108),Wien, März 1998, S. 35ff.

(3) Eine aktuelle empirische öster-reichweite Studie zeigt, dass über 80Prozent der Absolventen der Polytech-nischen Schule (Hauptzubringer derdualen Ausbildung) bereits Ende Juni1998 eine Lehrstelle gefunden hatten.Der Befund zeigt aber auch, dass dieMädchen eine deutliche geringere Er-folgsquote haben. Dies spiegelt sichauch im Herbst des Jahres in der Ver-teilung der noch Lehrstellensuchen-den wider. Peter Härtel: Berufs-information für eine Arbeitswelt imWandel, in: Erziehung und Unterricht,Österreichische pädagogische Zeit-schrift, Nr. 9-10 / 2000, Wien, S. 1084.

(4) Es macht Sinn zwischen lehrstel-lenmarktstützenden und innovatori-schen Maßnahmen zu unterscheiden,wobei es allerdings bei einigen Maß-nahmen diskutabel ist, wie sie einzu-ordnen sind. Die Vielzahl der von derBundesregierung in enger Zusammen-arbeit mit den Sozialpartnern gesetz-ten Maßnahmen 1997 (Lehrlingspaket,Sonderprogramm der Bundesregie-rung), 1998 (Nationaler Aktionsplanfür Beschäftigung, NAP, Jugendaus-bildungssicherungsgesetz) und 1999(Steuerreform 2000) werden bezogengenannte Klassifizierung beschriebenbei: Peter Schlögl: Maßnahmen undInitiativen im Zusammenhang mit derSituation am Lehrstellenmarkt. Hinter-grund und Entwicklungen, in: Erzie-hung und Unterricht, Österreichischepädagogische Zeitschrift, Nr. 9-10 /2000, Wien, S. 1118ff.

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Der demografische Rückgang alleinekonnte die Übergangsproblematik seit1996 nicht entspannen. Das österreichi-sche Bildungs- und Beschäftigungssystemwar in den 70er und 80er Jahren in derLage, wesentlich größere Alterskohortennach Absolvierung der Schulpflicht inweiterführende Bildung und Ausbildungoder direkt in Erwerbstätigkeit zu integrie-ren. Es müssen also über die demo-grafischen Veränderung hinaus gesell-schaftliche und wirtschaftliche Rahmen-bedingungen von primärer Relevanz fürdie aufgetretenen Probleme wirksam sein.Die Verbesserungen in den Übergangs-möglichkeiten seit 1996 beruhen primärauf Maßnahmen zur Stützung des Lehr-stellenmarktes, finanzielle Entlastungender Lehrbetriebe, ergänzende Ausbil-dungsangebote (Lehrgänge, Stiftungen,Vorlehre, Nachholen des Pflichtschulab-schlusses) und auf Innovationen in derAusbildung (aktualisierte und neue Lehr-berufe, neue Fachschulen).

Vielzahl von lehrstellenmarktstützen-den und innovatorischen Maßnahmenseit 1996

Obgleich der negative Saldo am Lehr-stellenmarkt – durch eine Vielzahl vonMaßnahmen(4), die von finanzieller Ent-lastung der Lehrbetriebe, lehrstellenmarkt-stützenden Finanzierungsprogrammen fürbenachteiligte Jugendliche mit Vermitt-lungsschwierigkeiten sowie ergänzendenAngeboten (Lehrgänge, Stiftungen)(5) undneuen Angeboten (neue Lehrberufe, Vor-lehre, Ausbildungsverbünde) - geringergeworden ist, hält sich aber die Zahl de-rer, die zu Ende September noch alslehrstellensuchend vorgemerkt sind, hart-näckig hoch. Dies deutet einerseits auferste Erfolge in der Entwicklung von zu-sätzlichen Ausbildungsangeboten hin, an-dererseits auf ein vermutlich anhaltendschwieriges, da strukturell und nicht al-leine oder primär demografisch beding-tes Integrationsproblem. An nicht-demo-grafischen Einflussfaktoren wären in ei-ner ersten Auflistung zumindest zu nen-nen:

❏ Wegfall von gering qualifizierten Ar-beitsplätzen; zunehmende soziale undkognitive Basiskompetenzanforderungenin Lehre und Fachschule (und noch hö-here in den zur Matura/Hochschulstudien-berechtigung führenden Schulen);

❏ Strukturwandel der Wirtschaft und derBerufe in Richtung Dienstleistungen, wo-bei sich innerhalb des sekundären Sek-tors unterschiedliche Entwicklungen nachIndustriezweigen abzeichnen (je nachTechnologienutzung);

❏ hohe Arbeitskosten(6) in der Lehr-lingsausbildung und in den 90er Jahrenin Industrie und Handwerk deutlich überdem Tariflohn gestiegene Lehrlingsent-schädigungen(7), denen nur unter spezi-fischen Rahmenbedingungen erwarteteErträge in oder nach der Lehrzeit gegen-überstehen (Personalbedarf, aktuelle Be-rufsbilder mit hohem branchen- und be-triebsspezifischen Qualifizierungsanteil,motivierte und qualifizierte Lehrstellen-bewerber, welche die Ausbildungszieleerreichen können;

❏ Veränderte Allokation der Bildungs-ströme und veränderten Bildungsambiti-onen in der Bevölkerung führen zu Ver-änderung im Zustrom je Bildungsroute;

❏ Hohe Ausbildungsleistungen und hoheJahrgangsstärken in den 80er Jahren führ-ten zu einem Vorrat an Lehrabsolventen;

❏ Veraltete oder fehlende oder personal-wirtschaftlich nicht relevante Berufsbilderfür Branchen mit verändertem und wach-senden Fachkräftebedarf;

❏ Die Expansion der Absolventenzahl be-rufsbildender höherer Schulen (BHS)

Tabelle 2

Lehrstellensuchende und „rechnerische Lehrstellen-lücke“, jeweils Ende September des Jahres

Zeitpunkt Lehrstellen- Offene Lehrstellen: Lehrstellensuchende Lehrstellen Überhang je Bewerber

bzw. Lücke1992 3 957 16 086 12 129 4,11993 5 139 10 098 4 959 2,01994 4 986 7 750 2 764 1,61995 5 563 5 719 156 1,01996 7 924 3 282 -4 642 0,41997 9 032 3 791 -5 241 0,41998 7 323 2 311 -5 012 0,31999 4 957 2 616 -2 341 0,52000 4 906 3 098 -1 808 0,6

Quelle: AMS, Arbeitsmarktdaten, verschiedene Jahrgänge; eigene Berechnungen

(5) Siehe dazu: Bundesministerium fürwirtschaft l iche Angelegenheiten:Berufsbildungsbericht 1999, Wien,Mai 1999: 1998 waren z.B. knapp elfProzent der Lehrverhältnisse durch dieArbeitsmarktverwaltung im Rahmenunterschiedlicher Programme geför-dert, hinzu kamen knapp 2500 Ju-gendliche in „Lehrgänge“ und knapp1700 in „Stiftungen“, S. 45f.

(6) Die Bedeutung der Arbeitskostenim Kontext branchen- und berufs-spezifischer betriebswirtschaftlicherFaktoren für eine Kosten-Nutzen-kalkulation wurde in einer wegwei-senden Arbeit des Instituts für Höhe-re Studien aufgezeigt, siehe dazu:Lorenz Lassnigg, Peter Steiner: Die be-trieblichen Kosten der Lehrlingsaus-bildung (=Materialien zu Wirtschaftund Gesellschaft, Nr. 67), Wien, Juni1997, S. 23ff. Die Autoren errechneneinen Anteil von 74 % an Arbeits-kosten bei den Bruttokosten von182␣ 100 ATS pro Jahr und Lehrling für1995.

(7) Während die Tariflöhne zwischen1990 und 1996 zum neun Prozent realgewachsen sind, erhöhten sich dieLehrlingsentschädigungen um 21 Pro-zent in der „Industrie“, 15 Prozent in„Gewerbe, Handwerk und Dienstlei-stungen“ und elf Prozent im „Handel“;siehe dazu: Arthur Schneeberger,Bernd Kastenhuber: Kosten und Nut-zen der Lehrlingsausbildung. Entwick-lung, Struktur und Forschungsergeb-nisse (=Schriftenreihe des Instituts fürBildungsforschung der Wirtschaft, Nr.105), Wien, August 1997, S. 9ff. DieLehrlingsentschädigungen werdenvon den Kollektivvertragsparteienausgehandelt und spiegeln meines Er-achtens die Konkurrenz um Lehr-anfänger wider, die sich in der lan-gen Phase der Knappheit an Lehr-stellenbewerbern aufgebaut hat.

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schlägt sich in einem Anstieg von fünf aufüber 14 Prozent der Erwerbspersonen imAltersgruppenvergleich der 25- bis 29-Jährigen und der 60- bis 64-Jährigen nie-der und dürfte trotz des nach wie vor klei-nen Gesamtanteils Auswirkungen auf dasAusbildungsgeschehen in bestimmtenSegmenten technischer und kaufmänni-scher Berufe haben.

Hintergrund der Problematik sind damitneben dem beruflichen Anforderungs-wandel veränderte Bildungserwartungen inder Bevölkerung, welche an Jugendlichegestellt werden, die vor einer Generationnicht in dieser Art gegeben waren, ohnedass sich gleichzeitig mit diesen Erwartun-gen auch schon die Bildungsangebote imÜbergang nach der Absolvierung der Schul-pflicht verändert hätten. Nahezu alle jun-gen Menschen sollen in eine Ausbildungnach der Pflichtschule – sei es in Schuleoder Lehre – gelangen. Der direkte Ein-stieg ins Erwerbsleben und der Verzichtauf eine Ausbildung wurden immer selte-ner und widersprechen Erwartungen derJugendlichen und ihres Umfelds. Fraglichist, wie bereits erwähnt, ob sich die Aus-bildungsangebote in dualer Ausbildung(Unternehmen plus Teilzeitberufsschule)und in den beruflichen Schulen der obe-ren Sekundarstufe diesen Erwartungenrasch genug und adäquat angepasst ha-ben. Aus diesem Nachhinken resultierendie Übergangsprobleme an dieser „Schwel-le“; zudem sind unterschiedliche Deutun-gen der Problemursachen in einem rele-vanten Ausmaße zu konstatieren.

Evident ist schließlich, dass sich die Er-wartungen der Eltern und der Jugendli-chen nicht isoliert verändert haben. DerWertewandel im Bildungsverhalten istsowohl mit den bildungspolitischen Ent-wicklungen (regionaler Schulausbau, Stel-lenwert höherer Bildung) als auch mitInformationen über den Arbeitsmarktnach Bildungsebenen rückgekoppelt, derin Österreich wie überall gemäß bildungs-ökonomischen Grundthesen(8) ausgeprägtist; zumindest auf der Ebene der Mittel-wertsbetrachtung (siehe Tabelle A-2). Mitdem Schwund von Beschäft igungs-möglichkeiten im Primärsektor sowie derGrundstoff- und anderer technologie-armen Industrien sind Integrationsmög-lichkeiten für Personen ohne Ausbildungstrukturell reduziert worden, gewisseBasisqualifikationen schulischer und so-

zialer Art werden nicht nur in den expan-dierenden Dienstleistungen, sondern auchin Produktionsberufen wichtiger.

Die Antworten auf die „Lehrstellenlücke“waren vielfältig. Neben einem erweitertenSchulangebot – insbesondere zum Nach-holen eines positiven Pflichtschulab-schlusses - wurden vor allem verschiede-ne Ergänzungen zu den bestehenden An-geboten in Form von Lehrgängen und Stif-tungen sowie andere Stützungsmaß-nahmen des Lehrstellenmarktes realisiert.Es wurden auch alternative Ansätze dis-kutiert, wie z.B. eine „Berufsfachschule“als Ersatz für eine duale Berufsbildung,die aber keinen ausreichenden Konsensgefunden haben. Auf quantitativ sehrschmaler Basis wird derzeit die Vorlehreerprobt, die auf Basis einer Förderungdurch die Arbeitsmarktverwaltung einenEinstieg in das 1. Lehrjahr der Lehrlings-ausbildung eröffnet, wobei mehr als einJahr Dauer sowie ein späterer Umstieg ineine reguläre Lehre möglich sind.

Erste Evaluationen zu den Lehrgängenund den Stiftungen zeigen, dass für ei-nen erheblichen Teil der Jugendlichen inden Maßnahmen, der Übergang in einereguläre Lehrlingsausbildung gelingendürfte (Lehrgänge: rund 50 Prozent; Stif-tungen: rund 30 Prozent, wobei die Stif-tungen eher für lernschwächere Jugend-liche und eher mit einer Perspektive fürdie gesamte Lehrzeit konzipiert waren).Man kann diesen Befund als Beleg für dieWichtigkeit von „Brücken“ und „Auf-fangnetzen“ zwischen Absolvierung derSchulpflicht und anspruchsvollen Ausbil-dungen in Betrieben und Schulen anse-hen. Auch Lebensverhältnisse und Ent-wicklungsumstände Jugendlicher habensich gewandelt. Ausbildungsreife trittmöglicher Weise später ein.

In vielen Ländern ist der Einstieg in eineBerufsbildung im Vergleich zu Österreichetwas weiter nach hinten geschoben. Ös-terreich hatte zum Zeitpunkt des Auftre-tens der akuten Probleme am Lehrstellen-markt jedenfalls nur in relativ geringemMaße einschlägige Angebote entwickelt,da das Bild einer ohnedies umfassendenIntegration der Absolventen der Schul-pflicht verbreitet und bestimmend war.

Eine andere bildungsstatistische Zugangs-weise ergibt sich anhand der Betrachtung

(8) Zur These von der Überschneidun-gen der theoriespezifischen Progno-sen zum Zusammenhang, Einkom-men, Beschäftigung und Bildungsni-veau siehe: Gareth Williams: TheEconomic Approach. In: Burton R.Clark (ed.): Perspectives on HigherEducation. Berkeley - Los Angeles -London, First Paperback Printing,1987, S. 81ff.

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des „Outputs“ der Bildungswege auf deroberen Sekundarstufe. Solange der Anteilder Jungerwachsenen ohne Abschluss (deroberen Sekundarstufe) zurückgeht oderjedenfalls nicht signifikant steigt, kann –so die hier vertretene These – von einererfolgreichen Erstausbildungsintegrationgesprochen werden. Tabelle 3 vermaghierzu anhand des Mikrozensus von 1999einen empirischen Hinweis zu geben.

Am Ende der Bildungswege nach derPflichtschule erreichten 1999 rund 85 Pro-zent der 20- bis 24-jährigen Wohnbevöl-kerung in Österreich einen postobliga-torischen Ausbildungsabschluss, etwa 15Prozent verblieben ohne anerkanntenAbschluss. Hiervon dürften sich aberschätzungsweise zehn Prozent in einerAusbildung oder einer weiterführendenSchule befunden haben, haben diese aberformell nicht abgeschlossen.(9)

Tabelle 3Die Entwicklung ist mithin – soweit siestatistisch abbildbar ist – als in Summe er-folgreich zu bewerten. Dies vor allem,wenn man zusätzlich den hohen Be-schäftigungsgrad und die relativ geringeArbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigenin Österreich mitberücksichtigt. Nur 4,4Prozent der 15- bis 24-Jährigen waren EndeSeptember 2000 in Österreich arbeitslos,

im Mittel der EU-Länder waren es 16,4 Pro-zent.(10) Vor diesem Hintergrund ist dieÜberraschung bezüglich der neuartigenÜbergangsprobleme und das Fehlen von„Auffangnetzen“ und „Brückenkursen“ biszur Mitte der 90er Jahre verständlich. Mitt-lerweile sind hier einige wichtige Instru-mente geschaffen worden, wobei aber einesubstanzielle Evaluation der Effekte derMaßnahmen noch mehr Zeit braucht, umdie neuen Lehrgänge, Stiftungen, die neu-en Lehrberufe oder die Vorlehre sowie dieLehrgänge zum Nachholen von Schulab-schlüssen zu bewerten.

Aus den Motiven der Erhaltung dieser re-lativ günstigen Situation auch unter denBedingungen eines raschen wirtschaftli-chen und beruflichen Strukturwandelsund den Auswirkungen der Internationa-lisierung von Wirtschaft und Arbeits-märkten lässt sich das massive Engage-ment von Sozialpartnern und Politik aufBundes- wie auch auf Landesebene seitetwa Mitte der 90er Jahre in Österreicherklären. Auch wenn die bildungspoliti-schen Bemühungen zur Verbesserung desÜbergangs von der Pflichtschule in wei-terführende Ausbildung (im Alter vonetwa 15 bis 16 Jahren) ihre zentrale öf-fentliche Aufmerksamkeit zeitweilig ein-gebüßt haben, so ist damit nach wie vor

Tabelle 3

Wohnbevölkerung im Haupterwerbsalter nach höchster abgeschlossenerSchulbildung, 1999

Alter in Pflicht- Lehre BMS AHS BHS Hoch GesamtJahren schule schule*

% % % % % % % In 100020 bis 24 15,3 39,5 9,4 19,1 15,0 1,7 100,0 475,825 bis 29 16,2 39,9 9,9 11,0 14,7 8,3 100,0 600,530 bis 34 17,0 43,4 11,0 7,7 10,5 10,4 100,0 715,035 bis 39 18,5 43,1 11,7 6,7 9,4 10,6 100,0 700,140 bis 44 23,1 41,6 12,1 5,5 7,6 10,0 100,0 593,545 bis 49 28,7 40,3 10,5 4,7 7,0 8,8 100,0 517,150 bis 54 30,4 42,1 9,6 3,8 6,4 7,8 100,0 484,355 bis 59 34,4 38,1 10,7 5,0 6,2 5,6 100,0 524,260 bis 64 47,0 31,4 9,2 3,3 5,3 3,8 100,0 376,220 bis 64 24,3 40,4 10,6 7,5 9,3 7,9 100,0 4 986,7

Pflichtschule: ohne Ausbildungsabschluss nach Absolvierung der neunjährigen SchulpflichtAbkürzungen: siehe Tabelle 1*inklusive hochschulverwandte Lehranstalten (Akademien der Lehrerbildung u.a.)

Quelle: Statistik Austria; Mikrozensus-Jahresergebnisse; eigene Berechnungen

(9) Ar thur Schneeberger, BerndKastenhuber: Berufliche Bildung imStrukturwandel. Perspektiven undOptionen, ibw-Schriftenreihe, Nr. 112,Wien, 1999, S. 102ff.

(10) Quelle: Eurostat

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In sektoraler Betrachtung zeigt sich derWandel ebenso überzeugend. Die Ter-tiärquote unter den Erwerbstätigen hatvon 59 auf 65 Prozent zwischen 1985 und1995 zugenommen, bis 2005 prognosti-ziert das österreichische Wirtschaftsfor-schungsinstitut einen Anstieg auf über 70Prozent.(12) Der Anteil des sekundärenWirtschaftssektors an den Erwerbstätigensank und dürfte – so die Prognose bis2005 – weiter sinken, da die Zuwächseim Technologiesektor innerhalb des Se-kundärbereichs die rückläufige Entwick-lung unter anderem in der Bekleidungs-sowie der Grundstoffindustrie (siehe Ta-bellen A-4- und A-5) nicht wettzumachenvermögen.(13)

Diese Veränderungen der Beschäfti-gungsentwicklung haben zu deutlichenVeränderungen im Ausbildungsverhaltender Unternehmen (z.B. Rückgang desLehrlingsanteils der Industrie von 15 aufelf Prozent an allen Lehrlingen) und zu-gleich zu veränderten Anforderungen anbestehende Berufsbilder und Curriculader Erstausbildung und damit zu Inno-vationsbedarf geführt. Der in Summe re-duzierte quantitative Ausbildungsanteilder Industrie kann damit, trotz unter-schiedlicher Entwicklungen nach einzel-nen Branchen, als Reaktion auf verän-derten Facharbeiterbedarf interpretiertwerden.

TABELLE 4:

(11) Schneeberger, Kastenhuber, 1999,a.a.O., S. 130.

(12) Siehe dazu: Gudrun Biffl, KurtKratena: Die Zukunft der österreichi-schen Berufs- und Qualifikations-landschaft bis 2005, WIFO-Österrei-chisches Wirtschaftsforschungsinstitut,November 2000, S. 17.

(13) G. Biffl, a.a.O., S. 21.

Tabelle 4

Entwicklung der Lehrlingszahl nach Sektionen

Jahr Gewerbe, Industrie Handel GKV Verkehr Tourismus Nicht- Nichtk. GesamtHandwerk u. Freizeit- kammer- §§ 29u. Dienst- wirtschaft bereich u. 30*)leistungen

1990 76 120 21 815 26 352 687 2 689 13 941 3 912 - 145 5161991 74 499 21 327 25 080 759 2 711 12 767 3 956 - 141 0991992 73 297 20 097 23 402 781 2 698 11 801 3 951 - 136 0271993 72 449 18 076 22 251 728 2 565 11 562 3 728 - 131 3591994 71 332 16 278 21 586 708 2 348 11 475 4 027 - 127 7541995 69 805 14 850 20 212 708 2 126 11 363 4 313 - 123 3771996 68 942 13 837 19 006 699 1 770 11 589 4 089 - 119 9321997 69 307 13 973 18 684 682 1 832 12 145 5 006 - 121 6291998 69 092 14 442 18 925 786 2 065 13 031 5 255 1 903 125 4991999 68 493 14 275 19 119 875 2 259 13 515 6 316 2 499 127 351

*) Anstalten nach dem Jugendgerichtsgesetz und Fürsorgeerziehungsheime nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz sowie selbständige AusbildungseinrichtungenQuelle: Wirtschaftskammer Österreich, Lehrlingsstatistik

ein Feld intensiver Arbeit für Forschungund Politik zu konstatieren. Es gewinntdie Vorstellung an Akzeptanz, dass wir esbei der Übergangsproblematik „an derersten Schwelle“ mit strukturellen Proble-men am Weg zur Dienstleistungs- undInformationsgesellschaft zu tun haben, diesich kaum durch demografische Umstän-de quasi von selbst lösen werden.

Zur Bewältigungdes Strukturwandels

Hinter den Veränderungen in den Bil-dungswegen, die auf Erwerbstätigkeit hin-führen sollen, stehen am Ende der 90erJahre weitreichende Veränderungen derBeschäftigungsmöglichkeiten. Das Wachs-tum an Beschäftigungsmöglichkeiten inDienstleistungsberufen manifestierte sichin Österreich – um einen Indikator alsBeleg zu nutzen - in einer Zunahme derErwerbspersonenzahl in einschlägigenBerufen zwischen 1987 und 1998 um übereine halbe Million, bei einer Gesamt-zunahme von 3,4 auf 3,8 Millionen Be-rufstätige. Demgegenüber war für Produk-tionsberufe – allerdings mit einigen quan-titativ wichtigen Ausnahmen (z.B. Bau,Elektro, Maschinenführung und -bedie-nung) – ein Verlust von etwa 50.000Erwerbspersonen im genannten Zeitraumzu verzeichnen.(11)

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Etwas überraschend ist die Situation imHandel, der einen überdurchschnittli-chen Rückgang in der Lehrlingsausbil-dung zu verzeichnen hat. Dieser Rück-gang ist nicht durch entsprechende Rück-gänge in der Beschäftigung verständlichzu machen. Hier dürften einerseits ver-altete Berufsbilder, die den Qualifika-tionsbedarfen der Handelsunternehmenzu wenig Rechnung tragen, andererseitsalternative Rekrutierungsmöglichkeiten(Schulabsolventen) eine Rolle spielen.Das Interesse von Handelsbranchen, wiedem Baustoffhandel oder der Garten-center, an Berufsbildern und Lehrplänen,die einen höheren branchenspezifischenAnteil abdecken, spricht für die Relevanzdes erstgenannten Hemmfaktors. Mittler-weile wurde eine Reihe modifizierterLehrberufe im Handel eingeführt, insbe-sondere ein modular angelegter „Schwer-punktlehrberuf – Einzelhandelskauf-mann“, der die branchenspezifischenSpezialisierungen als Pflichtwahlmodulevorsieht.

Im Tourismus sind die Lehrlingszahlennicht überdurchschnittlich zurückgegan-gen, auch Ende der 90er Jahre werden inden meisten Regionen ausreichend Lehr-stellen angeboten. Grundlage dafür ist dieBeschäftigungsentwicklung. Neben tech-nischen oder kaufmännischen Fachkräf-ten, die in Österreich zu einem erhebli-chen Anteil über berufsbildende Schulenrekrutiert werden, ist ein anhaltenderBedarf an Dienstleistungstätigkeiten imHandel und Tourismus gegeben, für wel-che duale Ausbildungen nach der Pflicht-schule günstige Einstiegsmöglichkeiten inden Arbeitsmarkt bieten.

Insgesamt sind seit 1996 92 neue oderaktualisierte Lehrberufe geschaffen wor-den, womit mehr als ein Drittel der ge-samt Lehrberufspalette modernisiert wur-de.(14) Neben der Modifikation zuvor be-reits bestehender Lehrberufe, z.B. durchModularisierung, wurden damit auch zurGänze neue Lehrberufe von den Sozial-partnern und dem Bundesministerium fürWirtschaft und Arbeit geschaffen. Warzunächst die Antriebskraft hiezu die„Lehrstellenlücke“, die 1996 eine ArtSchockwirkung auslöste, so kam zuneh-mend der nur sehr unzureichend abge-deckte und wachsende IKT-Fachkräfte-bedarf hinzu, zu dessen Deckung auchdurch neue Angebote auf der Ebene

berufsfachlicher Erstausbildungen einBeitrag geleistet werden sollte.

Seit 1997 gibt es neue Lehrberufe in IKT-Berufsfeldern. Wichtig war auch die Schaf-fung von vierjährigen Fachschulen fürDatenverarbeitung oder Computer- undKommunikationstechnik im Jahr 1999, diees zuvor auf dieser Bildungsebene nichtgab. Damit wurden zwei wichtige Ausbil-dungspfade in die Informationsgesell-schaft auf berufsfachlicher Erstausbil-dungsebene geschaffen und die bislangzwingende Verkoppelung mit der Höhe-ren Schule/Matura überwunden. Obgleichzunächst erhebliche Skepsis vorhandenwar, sind bereits gewisse Erfolge dieserDiversifikation von Ausbildung im IKT-Sektor zu verzeichnen:

❏ So waren die Schulplätze in den IT-Fachschulen – trotz ansonsten beständigbehaupteter Attraktivitätsprobleme derFachschulen im Allgemeinen – sehr raschbelegt und überbelegt. Die Fachschulendauern vier Jahre, enthalten ein Prakti-kum und sind in zwei Richtungen ange-legt: „Datenverarbeitung und Daten-organisation“ sowie „Computer- und Kom-munikationstechnik“;

❏ So gab es Ende Oktober 2000 bereitsüber 1000 Lehrlinge im Beruf „EDV-Tech-niker“ und deutlich über 300 beim „EDV-Verkäufer“.(15) Zusätzlich zum breit ange-legten Lehrberuf „EDV-Techniker“ wurdenweitere sechs IT-Berufe, welche stärkerspezialisierte Ausbildungen anbieten, ein-gerichtet, und zwar: IT-Elektronik; Kom-munikationstechniker – Bürokommunika-tion; Kommunikationstechniker – Elektro-nische Datenverarbeitung und Telekom-munikation; Informatik; IT-Kaufmann(Informations- und Telekommunikations-kaufmann.

Bewältigung der veränder-ten Bildungsambitionen:integrative und additiveDoppelqualifizierung

An der Entwicklung des Zustroms zu Bil-dungsgängen der oberen Sekundarstufeist die besondere Attraktivität des „inte-grativ doppelqualifizierenden“ Bildungs-weges – der BHS - deutlich erkennbar.Der Anteil der Jugendlichen, die im Alter

(14) Wirtschaftskammer Österreich:Neue Lehrberufe, Wien, Oktober2000, S. 1.

(15) Quelle: Abfrage bei den Lehrlings-stellen der Wirtschaftskammern in denBundesländern

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der 10. Schulstufe in einer BHS waren,hat sich von 6 auf 26 Prozent seit Anfangder 70er Jahre erhöht (siehe Tabelle 1).Ein Vergleich von Input und Output nachBildungswegen zeigt aber, dass in erheb-lichem Maße ein Wechsel der Bildungs-wege auf der oberen Sekundarstufe statt-gefunden hat und stattfindet (von den hö-heren zu mittleren Bildungsrouten, vgl.Tabelle 1 und Tabelle 3). Dies enthält auchProbierverhalten, das durch den Umstandeiner neunjährigen Schulpflicht bei Endender Sekundarstufe I nach der 8. Schulstufebegünstigt wird, ist aber letztlich Ausdruckveränderter Bildungsambitionen undentsprechender bildungspolitischer Kon-zepte.

Zusätzlich zu pädagogischer Überlegungenund Anstrengungen zur Erhöhung derVerbleibsraten in besonders attraktiven undzugleich selektiven Bildungsgängen deroberen Sekundarstufe wurden Bildungsan-gebote, die eine „additive“ Doppelquali-fizierung (Hochschulzugangsberechtigungnach der Berufsbildung) vorsehen und er-leichtern von allen bildungspolitisch rele-vanten Kräften forciert. Für einen Teil derJugendlichen mit entsprechenden Bil-dungsambitionen ist die „integrativeDoppelqualifizierung“ beginnend im Altervon 14 bis 15 Jahren ein zu breit angeleg-tes Bildungsziel. Zusätzlich zu den seit län-gerem existierenden Sonderformen für jun-ge Erwachsene wurden in den 90er Jah-ren zusätzliche Möglichkeiten „additiverDoppelqualifizierung“ geschaffen, die vonLehr- und Fachschulabsolventen nachAbschluss der Erstausbildung erreicht wer-den können. Hierbei können fachliche undallgemeinbildende Vorleistungen angerech-net werden.

Hierbei wurden, um die mittleren Bil-dungswege (Lehre, Fachschulen) attrak-tiv zu halten und den veränderten Bil-dungsambitionen gerecht zu werden,neue Wege der „additiven“ Doppel-qualifizierung (Berufsbildung + Matura/Reifeprüfung werden nacheinander er-reicht) bzw. neue Zugänge zu den Hoch-schulen geschaffen: Fachakademien,Berufsreifeprüfung und Zugang zu den1994 gegründeten Fachhochschulen ohneMatura. Die 1997 geschaffene Berufsreife-prüfung für Personen mit Lehrabschluss-prüfung, Absolventen von mindestensdreijährigen berufsbildenden mittlerenSchulen sowie von Fachschulen des Kran-

kenpflege- und des medizinisch-techni-schen Bereichs hat bereits regen Zuspruchgefunden. Im Jahr 2000 haben sich über4.000 Personen in einschlägigen Vorbe-reitungskursen befunden.(16)

Kern aller dieser Bemühungen und Ent-wicklungen, die vom massiven regiona-len Ausbau der Berufsbildenden HöherenSchulen bis zur Einrichtung Berufsreife-prüfung führen ist die Förderung vonDurchlässigkeit oder – wie es internationaleher formuliert wird – die Förderung derGleichwertigkeit von beruflicher und all-gemeiner Bildung („parity of esteem“).Einer der zentralen Imperative von Bil-dungspolitik in liberal-demokratischenGesellschaften. An der hohen Bedeutungdes Zugangs zum höheren und tertiärenBildungssektor auch über berufsfachlichorientierte Bildungsgänge manifestiert sichdie soziokulturelle Dynamik von Moder-nisierung. „Soziale Inklusion“ in weiter-führende und höhere Bildung ist ubiqui-tär, zumal bei steigendem Wohlstand.Bereits Talcott Parsons hat - auf derMakroebene - soziokulturelle Faktoren alsirreduzible Antriebsfaktoren der Moderni-sierung aufgezeigt.(17)

Internationalisierung

Die Internationalisierung der Arbeitsmärk-te hat als Herausforderung des Bil-dungssystems eine formale oder struktu-relle und eine inhaltliche Dimension.Während die berufliche Bildung kultur-spezifische Traditionen weitgehend zubewahren vermag, geraten jene Einrich-tungen, die international zur HigherEducation zählen, eher unter Druck. Dieshat mit dem Zugang zu reglementiertenBerufen, aber auch generell mit hoherMobilität von Arbeitskräften auf hochqua-lifiziertem Niveau zu tun. Auch Bench-markingprozesse haben Relevanz undrühren an der Selbstverständlichkeit vonTraditionen höherer Bildung.

Österreich ist hierdurch in besonderemMaße betroffen. Ein Blick auf die formaleBildungsstruktur der 30- bis 34-jährigenBevölkerung zeigt eine Sonderstellung desLandes im europäischen Vergleich. Zu-sammen mit Italien wird für Österreichdie niedrigste Quote an höherer Bildungnach der ISCED-Klassifizierung (sieheTabelle 5) ausgewiesen; gleichzeitig aber

(16) Schlögl, 2000, a.a.O., S. 1120.

(17) Talcott Parsons: Das System mo-derner Gesellschaften. Weinheim undMünchen, 4. Auflage, 1996; zuerst:Juventa Verlag, München, 1972; Titelder Originalausgabe: „The System ofModern Societies“, Prentice Hall, Inc.,Englewood Cliffs, New Jersey, USA.

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die höchste für die mittlere Bildungs-schicht. Die beiden Dinge hängen zusam-men. Trotzdem sorgen Befunde, die ei-nen geringen „Akademikeranteil“ fürÖsterreich ausweisen für öffentliche Dis-kussion und erzeugen vor allem für diejungen Menschen an den Hochschuleneinen beträchtlichen Zwiespalt. Denn ei-nerseits wird häufig behauptet, dass wireine der geringsten Akademikerquoten iminternationalen Vergleich aufweisen, an-dererseits wird über schlechte Berufsaus-sichten in den angestammten akademi-schen Tätigkeitsfeldern geklagt. Letztereslässt sich anhand von Daten über die be-rufliche und sektorale Verteilung derAkademikerbeschäftigung auch als realerVeränderungsdruck nachweisen (siehe Ta-belle 7 und Tabellenanhang, A-3 bis A-5).

TABELLE 5:Eine der Ursache der geringen Akade-mikerquote bei gleichzeitig hochentwi-ckelter Volkswirtschaft ist die Funktion derBHS (berufsbildendende höhere Schule)als Substitut für Absolventen kurzer Stu-dien, wie sie in anderen Ländern verbrei-tet sind. Hierfür sprechen die Anteile derBHS-Absolventen z.B. in technischen undnaturwissenschaftlichen, in Büro, Bank-und Verwaltungsberufen sowie unter denFührungskräften in Verwaltung und Wirt-schaft (siehe Tabelle A-3), dabei insbe-sondere im Vergleich zu zur Verteilung derAbsolventen von „hochschulverwandtenLehranstalten“ (NUS) und der Hochschu-len. Bildungssystematik schlägt sich diebesondere Rolle der BHS in einem weitüberdurchschnittlich starken Anteil in ei-nem schwer einzuordnendem Bereichzwischen oberer Sekundarstufe und ter-tiären Bildungsgängen. In Tabelle 6 ist dieBesonderheit sehr deutlich zu erkennen.In der Kategorie „postsekundäre, abernicht tertiäre Bildung“ hat Österreich einPlus von 15 Prozentpunkten, gleichzeitigein Minus von 17 Prozentpunkten bei denkurzen Hochschulstudien.

TABELLE 6:Wirft man einen Blick auf die Ergebnisseder letzten Volkszählung, welche dieBerufsverteilung der Absolventen ver-schiedener Bildungsrouten am besten auf-zeigt, so ist der mehrheitlich hoch-qualifizierte Einsatz der BHS-Absolventeneinerseits, die starke Vertretung der Ab-solventen von Hochschulen und nochstärker jene der hochschulverwandtenLehranstalten in den öffentlich regulier-ten Dienstleistungsberufen deutlich zu

Tabelle 5

Formales Bildungsniveau der 30- bis 34-jährigenBevölkerung nach Eurostat-Kategorienim Ländervergleich, 1997; Angaben in %

Land Niedrig Mittel Hoch InsgesamtÖsterreich 17,0 72,2 10,8 100Deutschland 14,3 61,1 24,6 100Finnland 14,0 59,8 26,2 100Schweden 14,9 55,7 29,5 100Dänemark 17,6 53,7 28,8 100Frankreich 28,5 49,8 21,7 100Niederlande 27,9 46,6 25,6 100EU-15 33,4 44,6 22,0 100Griechenland 36,3 40,6 23,1 100Italien 50,3 39,8 9,9 100Belgien 28,8 39,3 31,9 100Irland 37,7 33,9 28,4 100VereinigtesKönigreich 42,3 32,1 25,5 100Luxemburg 47,8 30,6 21,6 100Spanien 52,3 21,7 26,1 100Portugal 69,5 16,5 14,0 100

Quelle: EUROSTAT, Bildung in der Europäischen Union, 1998, S. G2

erkennen (siehe Tabelle A-3). Diese Ver-teilungen der tertiären Bildungsgängenach Berufen und Sektoren und dabei diejahrzehntelange anteilsmäßig starke Ab-sorption des tertiären Bildungsoutputs inden öffentlich finanzierten Sektoren wirdin den 90er Jahren zunehmend volkswirt-schaftlich in Frage gestellt. Um den ver-änderten Beschäftigungsmöglichkeitender Absolventen bei weiter steigenderStudierquote besser gerecht zu werden,haben zunächst Veränderungen außer-halb des traditionellen Universitätssektors(Einführung des Fachhochschulsektors1994; Privatuniversitäten 2000) stattgefun-den, die aber den Modernisierungsdruckauf die Universitäten längerfristig vermut-lich nicht reduzieren können.

Tatsächlich ist in den 90er Jahren für Aka-demiker – siehe dazu Tabelle 7 - ein mas-siver und mit Umorientierungsproblemenverbundener Druck des Arbeitsmarktes inRichtung der verstärkten Beschäftigung inder Wirtschaft wirksam. Der Anteil derAbsolventen von Hochschulen undhochschulverwandten Lehranstalten hatsich innerhalb von fünf Jahren in den vor-wiegend privaten Dienstleistungen vonrund 23 auf 28 Prozent erhöht, in den

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vorwiegend öffentlichen Dienstleistungenvon rund 62 auf knapp 60 reduziert. Die-ser volkswirtschaftliche Veränderungs-druck schlägt sich in politisch-ideologi-schen Auseinandersetzungen, z.B. anhandvon Fragen der Lehrerbeschäftigung, nie-der. Einerseits sind volkswirtschaftlichbegründbare Finanzierungsgrenzen derweiteren Expansion akademischer Dienst-leistungen im öffentlichen Sektor erreicht,andererseits sind wachsende Beschäfti-gungschancen im Zuge von Informatisie-rung und Internationalisierung vorhanden,zum Teil sogar als akuter Mangel ausge-prägt. Dazu bedarf es aber auch curricu-larer und struktureller Modernisierungender Universitäten und des postsekundärenBildungssektors im allgemeinen, worüberzwar im Grundsatz, aber nicht im DetailEinigkeit in der bildungspolitischen Öf-fentlichkeit herrscht.

Es gab auch schon früher Besorgnisse,dass wir zu wenige Hochschulabsolventenhätten, auch mögliche humankapital-bedingte Wettbewerbsnachteile wurdenins Treffen geführt, die Besorgnisse wa-ren aber bis in die 90er Jahre nicht so

überzeugend, dass sie zu weitreichendenStrukturveränderungen auf der oberenSekundarstufe und der Universitäten ge-führt hätten (seit 1994 gibt es allerdingsFachhochschulen). Unternehmensbefra-gungen und andere Arbeitsmarktanalysenhaben nur einen sehr geringen Anteil anUnternehmen gezeigt, die Schwierigkei-ten bei der Suche nach Hochschulab-solventen technologischer Richtungenhaben. In Reaktion auf ähnliche Befundesprach einer der führenden Volkswirt-schaftsprofessoren in seinem Resümeeeiner Wirtschaftsstandort-Studie von ei-nem den Beteiligten „weitgehend unbe-wussten“ Nachholbedarf in der Akade-mikerquote in der Wirtschaft.(18)

Die vielleicht wichtigste Triebfeder der inder zweite Hälfte der 90er Jahre ein-setzenden Diversifikation des Hochschul-sektors ist meines Erachtens die ge-stiegene Maturantenquote (Hochschulstu-dienberechtigtenquote). Der Moderni-sierungsdruck ist nicht so einseitig undeindeutig auf techno-ökonomische Ver-änderungen zurückzuführen. Sicherlichsind durch die Internationalisierung und

Tabelle 6

Abschlussquoten nach Sektoren postsekundärer Bildung im Ländervergleich (1998)

Abschlüsse in Relation zur altersmäßig vergleichbaren Bevölkerung nach Bildungsgängen, in % (gerundet)

Bezug Post- Zumindest drei bis Lange oder Zweit- Summesekundäre, zweijährige fünfjährige sehr lange abschlüsse Spalten

aber nicht- Hochschul- Studien nach kurzen 2 bis 5nicht universitäre studien ersten = Post-

tertiäre tertiäre Studien sekundar-Bildung Bildung quote

Österreich 24 11 1 13 - 49Ländermittelder OECD 9 11 18 6 4 44Abweichung 15 - -17 7 -4 5USA 7 9 33 - 15 49Japan - 30 28 - 3 58Finnland 1 28 16 15 1 60VereinigtesKönigreich - 11 33 2 12 46Frankreich 1 18 18 6 6 43Deutschland 16 13 5 11 - 45Niederlande 1 1 33 1 2 36Schweiz 16 - 8 12 1 36Italien 2 - 1 14 3 17

Quelle: OECD 2000; eigene Berechnungen

(18) Gunther Tichy: Technologie undBildung. In: Heinz Handler (Hrsg.):Wir tschaf tss tandor t Öster re ich.Wettbewerbsstrategien für das 21.Jahrhundert, Bundesministerium fürwirtschaft l iche Angelegenheiten,Wien, Februar, 1996, S. 109.

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den IKT-Fachkräftebedarf wesentlich neueAnforderungen ins Spiel gekommen. DerAspekt steigender Inklusion und damitauch der erweiterten Teilnahme amkompetitiven Prozess höherer Bildungund Berufskarrieren sollte aber nicht aus-geblendet werden, wenn man die multi-ple Kausalität des Geschehens verstehenwill.

TABELLE 7:Auch die Qualifikationsengpässe in derInformationstechnik bieten kein eindeu-tiges Gegenbeispiel. Seit 1999 gab und gibtes massive Vorstöße der Unternehmen desIT-Sektors bezüglich Maßnahmen zurDefizitbehebung beim Arbeitsmarktan-

gebot an IT-Fachkräften. Die tiefergehen-de Diskussion hat aber vor allem Wünschenach mehr Absolventen von einschlägigenBerufsbildenden Höheren Schulen (BHS)in der Hauptform (14- bis 19-jährige)(19)oder in der Sonderform des Kollegs(20) undder neuen Fachhochschulen sowie den Ab-bau von Barrieren für eine rasche interna-tionale Personalrekrutierung gezeigt. MehrAbsolventen der universitären Langstudien(6 bis 8 Jahre im Mittel bis zur ersten Gra-duierung) waren kaum das Thema. DieEinführung eines Bakkalaureates in Infor-matikstudien wird derzeit allerdings dochin Form von Anträgen seitens der Univer-sitäten behandelt.

Tabelle 7

Sektorverteilung der Erwerbspersonen nach Bildungsebenen, 1994 - 1999

Wirtschaftsbereich Pflicht- Lehre BMS AHS BHS UNI u.a. Gesamtschule

1994 % % % % % % %Land- und Forstwirtschaft 14,8 5,1 6,1 1,3 1,8 0,6 7,0Sekundärsektor 36,5 40,3 21,7 15,4 28,8 14,1 32,8Vorwiegend privateDienstleistungen 33,7 39,7 36,9 45,2 38,2 23,4 36,6Vorwiegend öffentlicheDienstleistungen 15,0 14,9 35,3 38,0 31,1 61,9 23,6Insgesamt 100,0 100,0 100,0 99,9 99,9 100,0 100,0 in 1000 1 086,5 1 520,5 411,0 206,0 341,6 315,0 3 880,5

1999 % % % % % % %Land- und Forstwirtschaft 13,1 5,0 6,1 1,7 2,0 0,5 6,0Sekundärsektor 35,0 39,1 19,5 14,6 24,7 12,0 30,7Vorwiegend privateDienstleistungen 36,1 40,5 38,2 47,5 40,5 27,6 38,5Vorwiegend öffentlicheDienstleistungen 15,8 15,4 36,2 36,2 32,9 59,8 24,8Insgesamt 99,8 100,1 100,2 99,8 100,1 99,8 100,0 in 1000 856,6 1 655,4 422,2 239,8 377,1 358,1 3 909,0

%-Punktdifferenz: 1994 – 1999Land- und Forstwirtschaft -1,7 -0,1 0,0 0,4 0,2 -0,1 -1,0Sekundärsektor -1,5 -1,2 -2,2 -0,8 -4,1 -2,1 -2,1Vorwiegend privateDienstleistungen 2,4 0,8 1,3 2,3 2,3 4,2 1,9Vorwiegend öffentlicheDienstleistungen 0,8 0,5 0,9 -1,8 1,8 -2,1 1,2Gesamt* 0,0 0,0 0,0 0,1 0,2 -0,1 0,0 1994-1999: in 1000 -229,9 134,9 11,2 33,8 35,5 43,1 28,5

*Rundungsbedingte AbweichungenUNI u.a. = Universität, Hochschule und hochschulverwandte LehranstaltenAndere Abkürzungen: siehe Tabelle !

Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus-Jahresergebnisse; eigene Berechnungen, siehe auch Tabellen A-4 und A-5

(19) z.B. HTL für Datenverarbeitungund Datenorganisation

(20) das eine AHS-Matura bzw. allge-meine Hochschulstudienberechtigungvoraussetzt, aber nicht als tertiäre Bil-dung gilt

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Tabelle A-2

Indikatoren zur Arbeitsmarktlagenach formaler Bildung, 2000

Bildungs- Erwerbs- Arbeitslose Gemeldete Arbeits- Stellen-abschluss personen 6/2000 offene losen- andrangs-

1998*) Stellen quote ziffer6/2000 6/2000**) 6/2000

Pflichtschule 852 800 70 741 20 784 8,3 3,4Lehre 1 628 000 57 589 16 070 3,5 3,6BMS 424 600 10 863 1 140 2,6 9,5AHS 208 700 4 730 21 2,3 ***)BHS 374 200 7 564 1 554 2,0 4,9Hochschule,Akademie 336 000 4 691 436 1,4 10,8Ungeklärt - 209 - - -Gesamt 3 824 300 156 387 40 005 4,1 3,9

*) Lebensunterhaltskonzept; **) Arbeitslose in Prozent der Erwerbspersonen insgesamt***) Berechnung nicht sinnvollQuelle: AMS-Arbeitsmarktservice; Statistik Austria; eigene Berechnungen

Tabellenanhang

Tabelle A-1

Erwerbspersonen (Labour-Force-Konzept) nach Alterund höchster abgeschlossener Schulbildung und Al-ter, 1999

Alter in Pflicht- Lehre BMS AHS BHS Hoch GesamtJahren schule schule**

% % % % % % % in 100015 bis 19 70,8* 17,3 6,9 3,1 1,9 0,0 100,0 201,820 bis 24 14,3 51,6 11,0 7,4 14,1 1,5 100,0 343,025 bis 29 14,4 43,9 11,0 7,5 14,3 9,0 100,0 503,130 bis 34 14,1 45,1 11,0 7,3 10,9 11,5 100,0 620,435 bis 39 16,2 44,0 11,8 7,0 9,9 11,1 100,0 613,540 bis 44 20,4 42,8 12,3 5,5 8,0 10,9 100,0 513,945 bis 49 25,3 41,8 10,6 5,0 7,6 9,7 100,0 433,350 bis 54 25,6 44,1 9,6 4,1 7,2 9,3 100,0 369,455 bis 59 25,8 39,4 9,8 6,0 8,7 10,3 100,0 236,660 bis 64 38,4 28,0 9,3 3,6 4,8 16,0 100,0 43,465 bis 69 65,9 9,1 9,0 3,5 1,3 11,1 100,0 15,470 bis 74 57,0 14,6 7,4 2,5 2,8 15,8 100,0 8,675 und mehr 49,7 15,6 5,3 3,3 6,8 19,3 100,0 6,7Insgesamt 21,9 42,3 10,8 6,1 9,6 9,2 100,0 3 909,0

Pflichtschule: ohne Ausbildungsabschluss nach Absolvierung der neunjährigen SchulpflichtAbkürzungen: siehe Tabelle 1*Hiervon waren knapp 127 400 oder 89 Prozent Lehrlinge (Jugendliche in dualer Ausbildung)**inklusive hochschulverwandte Lehranstalten (Akademien der Lehrerbildung u.a.)Quelle: Statistik Austria; Mikrozensus-Jahresergebnisse; WK Österreich, Lehrlingsstatistik;eigene Berechnungen

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Tabelle A-3

Berufstätige nach Berufsklassen undhöchster abgeschlossener Ausbildung, 1991;Angaben in Spaltenprozenten

Berufsklasse Pflicht- Lehre BMS AHS BHS Hoch- NUS* Ge-schule schule samt

% % % % % % % %Land- u. forstwirt-schaftliche Berufe 9,2 5,0 8,5 1,1 1,7 0,8 0,3 6,0Grundstoffhersteller 6,5 4,7 1,4 0,8 0,6 0,2 0,1 4,1Fertigungsberufe 16,6 24,5 6,4 3,3 3,5 0,8 0,2 16,0Bau- u. verwandteBerufe 7,1 7,1 1,3 0,6 0,6 0,2 0,0 5,2Transport- u.Verkehrsberufe,Maschinistenberufe 13,4 11,8 4,4 6,5 3,2 1,0 0,3 9,8Handelführungskräfte,Werbefachleute,Händler, Verkäufer 8,6 13,4 9,1 10,4 8,4 5,3 0,7 10,4Dienstleistungsberufe,Bundesheer 23,8 14,9 13,2 13,5 6,5 2,6 3,1 15,9Büro-, Bank-,Verwaltungsberufe 8,1 11,5 33,8 33,9 31,0 7,2 2,9 15,1Technische u.naturwissenschaftlicheFachkräfte 1,0 2,8 4,3 6,4 26,7 13,3 0,4 4,5MedizinischeFachkräfte 0,2 0,2 7,7 5,1 0,9 16,6 4,5 2,4Lehrkräfte, Erzieher 0,6 0,5 4,6 6,3 7,8 22,0 81,8 4,3Führungskräfte inVerwaltung undWirtschaft 0,6 1,5 2,4 4,4 5,8 11,6 0,3 2,2Rechts-, geistes- u.sozialwissenschaftlicheBerufe, Seelsorge- u.Sozialberufe, Kultur-,Publizistik- u.Sportberufe 1,3 1,0 2,4 6,7 2,7 17,9 5,3 2,6Hilfskräfte o.n.B.,Berufstätige o.n.B. 3,0 1,1 0,6 0,9 0,5 0,5 0,1 1,5Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 absolut in 1000 1 084 1 492 480 158 65 198 65 3 684

BMS = Berufsbildende mittlere Schule AHS = Allgemeinbildende höhere SchuleBHS = Berufsbildende höhere Schule. NUS = Nichtuniversitäre postsekundäre Ausbildung(hochschulverwandte Lehranstalten: Akademien)

Quelle: Statistik Austria, Volkszählung 1991; eigene Berechnungen

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Tabelle A-4

Branchenverteilung der Erwerbspersonennach Bildungsebenen, 1994

Wirtschaftsbereich Pflicht- Lehre BMS AHS BHS UNI Gesamtschule ua.

% % % % % % %Land- und Forstwirtschaft 14,8 5,1 6,1 1,3 1,8 0,6 7,0Energie- u. Wasser-versorgung, Mineralöl-verarbeitung, Bergbau 0,9 1,7 1,1 0,7 1,6 1,2 1,3Nahrungs- u. Genussmittel 2,8 3,1 1,5 0,8 1,2 0,5 2,3Textil, Bekleidung, Schuhe 4,0 1,7 1,7 1,0 1,4 0,7 2,2Papier, Pappe; Verlage 2,9 3,1 1,9 1,9 1,8 1,4 2,6Chemie, Gummi, Kunststoff 2,1 1,9 1,4 1,7 2,4 1,3 1,9Glas; Steinwaren 1,3 1,2 0,7 0,3 0,9 0,3 1,0Metallbe- u. -verarbeitung 3,8 5,1 3,2 1,5 2,9 1,5 3,9Maschinen- u. Fahrzeugbau 2,6 4,4 1,8 1,8 4,7 1,4 3,3Büromaschinen, DV-Geräte,Elektrotechnik 2,3 2,5 1,6 1,7 4,5 2,7 2,5Möbel, Schmuck,Musikinstrumente,Sportgeräte 2,6 3,0 1,6 0,8 1,2 0,5 2,3Bauwesen 11,3 12,7 5,2 3,2 6,2 2,6 9,6Sekundärsektor 36,5 40,3 21,7 15,4 28,8 14,1 32,8Handel, Instandhaltungu. Reparatur 13,4 20,6 13,4 11,9 10,9 6,1 15,3Beherbergungs- undGaststättenwesen 8,3 5,5 4,4 4,0 4,0 1,0 5,6Verkehr undNachrichtenübermittlung 6,2 8,4 4,6 7,5 5,2 1,5 6,5Kredit- u. Versicherungswesen 1,3 2,2 7,7 11,5 9,4 3,7 3,8Realitätenwesen;Vermietung beweglicherSachen 4,6 3,0 6,8 10,2 8,6 11,1 5,4Vorwiegend privateDienstleistungen 33,7 39,7 36,9 45,2 38,2 23,4 36,6Öffentliche Verwaltung,Landesverteidigung, SV 3,8 5,7 11,8 14,8 9,2 7,1 6,7Unterrichtswesen 1,6 1,0 4,2 7,5 10,9 33,8 5,4Gesundheits-, Veterinär-u. Sozialwesen 5,4 3,9 15,0 8,6 7,7 13,6 6,9Sonstige öffentliche undprivate Dienstleistungen 4,2 4,3 4,3 7,1 3,2 7,5 4,6Vorwiegend öffentlicheDienstleistungen 15,0 14,9 35,3 38,0 31,1 61,9 23,6Insgesamt 100,0 100,0 100,0 99,9 99,9 100,0 100,0 in 1000 1086,5 1520,5 411,0 206,0 341,6 315,0 3880,5

UNI u.a. = Universität, Hochschule und hochschulverwandte LehranstaltenQuelle: Statistik Austria, Mikrozensus-Jahresergebnisse; eigene Berechnungen

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Tabelle A-5

Branchenverteilung der Erwerbspersonennach Bildungsebenen, 1999

Wirtschaftsbereich Pflicht- Lehre BMS AHS BHS UNI Gesamtschule ua.

% % % % % % %Land- und Forstwirtschaft 13,1 5,0 6,1 1,7 2,0 0,5 6,0Energie- u. Wasser-versorgung, Mineralöl-verarbeitung, Bergbau 0,9 1,7 1,1 0,5 1,7 0,8 1,3Nahrungs- u. Genussmittel 2,7 2,7 1,4 1,0 0,9 0,7 2,1Textil, Bekleidung, Schuhe 3,2 1,4 1,1 0,7 0,8 0,3 1,6Papier, Pappe; Verlage 2,7 2,7 1,8 2,0 1,7 1,4 2,3Chemie, Gummi, Kunststoff 1,7 2,0 1,2 1,3 2,4 1,8 1,9Glas; Steinwaren 0,8 0,9 0,6 0,3 0,6 0,2 0,7Metallbe- u. -verarbeitung 4,3 5,5 2,4 1,8 3,4 1,3 4,1Maschinen- u. Fahrzeugbau 2,3 4,1 2,3 1,1 3,3 1,8 3,0Büromaschinen, DV-Geräte,Elektrotechnik 2,1 2,3 1,8 2,5 4,3 2,4 2,4Möbel, Schmuck,Musikinstrumente,Sportgeräte 2,3 3,1 1,2 0,4 0,8 0,4 2,1Bauwesen 11,8 12,8 4,6 2,9 4,9 0,8 9,2Sekundärsektor 35,0 39,1 19,5 14,6 24,7 12,0 30,7Handel, Instandhaltungu. Reparatur 13,7 20,4 14,7 14,1 12,3 6,6 15,9Beherbergungs- undGaststättenwesen 9,2 6,0 4,7 5,7 3,3 1,0 5,8Verkehr undNachrichtenübermittlung 6,2 8,3 4,8 7,2 6,2 3,0 6,7Kredit- u. Versicherungswesen 1,5 2,1 7,5 9,5 7,7 3,8 3,7Realitätenwesen;Vermietung beweglicherSachen 5,5 3,7 6,6 11,0 11,0 13,2 6,4Vorwiegend privateDienstleistungen 36,1 40,5 38,2 47,5 40,5 27,6 38,5Öffentliche Verwaltung,Landesverteidigung, SV 3,3 5,1 11,5 13,1 8,2 7,2 6,4Unterrichtswesen 1,7 1,4 3,9 7,3 11,6 30,1 5,7Gesundheits-, Veterinär-u. Sozialwesen 5,6 4,9 16,5 8,2 9,2 15,5 7,9Sonstige öffentliche undprivate Dienstleistungen 5,2 4,0 4,4 7,5 3,8 7,0 4,8Vorwiegend öffentlicheDienstleistungen 15,8 15,4 36,2 36,2 32,9 59,8 24,8Insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,1 99,9 100,0 in 1000 856,6 1655,4 422,2 239,8 377,1 358,1 3909,0

UNI u.a. = Universität, Hochschule und hochschulverwandte LehranstaltenQuelle: Statistik Austria, Mikrozensus-Jahresergebnisse; eigene Berechnungen

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Bev

ölke

rung

sfor

tsch

reib

ung

Bev

ölke

rung

spro

gnos

e

Tabelle A-6

Entwicklung des Altersjahrgangs der 15-Jährigen,Bevölkerungsfortschreibung 1981 – 1999, Progno-se bis 2015

Jahr niedrige Bevölkerungs hoheVariante fortschreibung Variante

der -Hauptvariante derPrognose der Prognose* Prognose

1981 128 6581982 127 3551983 126 3001984 123 3191985 116 7841986 111 1081987 106 3751988 099 6971989 095 9431990 094 6081991 091 2331992 088 9691993 088 8461994 089 2811995 093 0651996 098 0161997 098 9001998 096 3451999 094 643

2000 94 432 094 448 94 4642001 94 209 094 265 94 3202002 93 940 094 034 94 1332003 94 211 094 357 94 5112004 94 361 094 564 94 7802005 94 611 094 874 95 1532006 96 202 096 539 96 8962007 97 340 097 746 98 1952008 97 540 098 036 98 5652009 96 076 096 666 97 2962010 93 020 093 710 94 4432011 91 491 092 286 93 1342012 89 400 090 320 91 2822013 85 768 086 824 87 9222014 82 882 084 078 85 3162015 81 877 083 229 84 623

* mittlere Wanderung und FruchtbarkeitQuelle: Statistik Austria, Bevölkerungsfortschreibung und –prognose

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Neue Entwicklungenim irischen Berufs-bildungssystem:das „praxisorientiertestaatliche Abschluss-zeugnis“ (LeavingCertificate Applied)

Jim GleesonDepartment ofEducation andProfessional StudiesUniversität Limerick

Zur Situation in Irland

Irland hat gegenwärtig 3,75 Millionen Ein-wohner. Die OECD-Gutachter (1991,S.␣ 13) haben darauf hingewiesen, dass Ir-land „sich durch seine junge Bevölkerungauszeichnet. Über die Hälfte der Be-völkerung ist unter 25 Jahre alt, 30,5 %unter 15 Jahre. Neben Australien und derTürkei ist Irland das einzige OECD-Land,dass bis in die jüngste Vergangenheit einesteigende Geburtenrate zu verzeichnenhatte, und während die Schülerzahlen fastüberall sanken, stiegen sie in Irland raschan, so dass der Druck auf das Bildungs-system beinahe unerträglich wurde.“

Als Folge der Teilnahme Irlands an derWashingtoner Konferenz der OECD imJahre 1961 und des anschließenden „In-vestment in Education“-Berichts von 1966sowie mithilfe der finanziellen Unter-stützung der Weltbank wurde das irischeBildungssystem in zunehmendem Maßeals Instrument zur Erzeugung von Human-kapital betrachtet. Unser Bildungssystemerlebte eine bemerkenswerte Expansion,wobei die Zahl der Schüler, die die Sekun-darstufe besuchten, von 132␣ 000 im Jahre1965 auf 368␣ 160 in den Jahren 1997/8anstieg (1) und die Verbleibquote (bis zumEnde der Sekundarstufe) von 20 % im Jah-re 1960 auf derzeit rund 83 % anstieg (2)– höher als der OECD-Durchschnitt. DasWeißbuch zur Bildung von 1995 strebte

bis Ende der neunziger Jahre eine Ab-schlussquote von mindestens 90 % an (Ire-land, 1995, S. 50). Die Zahl der Studentenim Hochschulbereich stieg von 18␣ 500 imJahre 1965 auf 112␣ 182 in den Jahren1997/98 an, womit nun über 40 % derSchulabgänger einer Alterskohorte eineHochschulausbildung beginnen (sieheNESC, 1996, S. 8). Da die Alterskohortenkleiner werden und mehr College-Plätzebereitgestellt werden, wird sich dieserProzentsatz in naher Zukunft voraussicht-lich auf über 50 % erhöhen.

In den achtziger Jahren war in Irland einsteter Anstieg der Arbeitslosigkeit zu ver-zeichnen, die sich 1988 auf über 19 %(300␣ 000) belief. Innerhalb der EU wiesIrland damit nach Spanien die zweithöchs-te Arbeitslosenquote auf (siehe Europa inZahlen, Kommission der EuropäischenGemeinschaften, 1989, S. 14), womit Ir-land (prozentual) die niedrigste Anzahlvon Erwerbspersonen aufwies. In den ver-gangenen zehn Jahren ist die Arbeits-losenquote jedoch drastisch zurückge-gangen, wobei die offizielle Arbeitslosen-quote 1999 bei 5,6 % (was 81␣ 500 Arbeits-losen entsprach) lag und im laufendenJahr auf unter 5 % gefallen ist.

Bis 1965 war die „Postprimarbildung“(3)in Irland ein duales oder zweigeteiltes Sy-stem. Es bestand hauptsächlich aus dertraditionellen privaten Sekundarschule,die einen allgemeinbildenden geisteswis-

Dieser Beitrag vermittelt ei-nen guten Einblick in dasirische Postprimarsystemund den Kontext, in dem essich entwickelt hat. Die iri-schen learning certificates(Sekundarabschlüsse), diebisher aus established lea-ving certificates (allge-meinbildend) und leavingcertificates vocational pro-gramme (beruflich-tech-nisch) bestanden, wurdenum das learning certificateapplied (LCA) ergänzt, daseinige revolutionäre Aspek-te in eine bislang wenig fle-xible Landschaft brachte.Der Autor, der von der inte-grativen Wirkung des LCAüberzeugt ist, fragt dennochnach dem Sinn eines sol-chen Curriculums: Ist die-ser Abschluss ein trojani-sches Pferd – ein Mittel, umeinen Teil der jungen Men-schen wieder in Qualifi-zierungsmaßnahmen zu in-tegrieren, oder ein Mittel,um wieder ein Gleichge-wicht zwischen Ausbil-dungsabgängen und -fort-setzungen herzustellen?

(1) Laut den statistischen Jahresberich-ten des Bildungsministeriums.

(2) Sie liegt bei jungen Frauen nochhöher.

(3) Gemeint ist die an die Primarschuleanschließende Bildung.

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senschaftlichen Lehrplan anbot, der aufein Hochschulstudium und eine Tätigkeitim öffentlichen Dienst hinführte. SolcheSchulen wurden in erster Linie von Schü-lern aus der Ober- und Mittelschicht be-sucht und genossen einen weit höherenStatus als das auf lokaler Ebene verwalte-te System der beruflichen Bildung, diezwei Jahre dauerte und zu gewerblich-technischen Ausbildungsgängen, zur Lehr-lingsausbildung und direkt zur Erwerbs-tätigkeit führte. Im Zuge der verstärktenBemühungen um Investitionen in das Bil-dungswesen Mitte der sechziger Jahreschuf die Regierung die Möglichkeit, dass

auch die berufsbildenden Schulen alleFächer und Prüfungen anbieten konnten,die zuvor nur in den Sekundarschulenangeboten worden waren. In den siebzi-ger Jahren wurden Gesamtschulen undGemeinschaftsschulen gegründet, bei de-nen eine umfassendere lokale Beteiligungan der Schulleitung vorgesehen war. Folg-lich verfügt Irland trotz seiner geringenGröße über ein komplexes System vonweiterführenden Schulen, die an diePrimarschule anschließen und die dreiHaupttypen zuzuordnen sind: Sekundar-schulen (die von 60 % der Schüler be-sucht werden), berufsbildende Schulen/Gemeinschaftscolleges (die von 25 % derSchüler besucht werden) und die Gemein-schaftsschulen/Gesamtschulen, die dieverbleibenden 15 % der Schüler aufneh-men. Alle Schulen bieten einen umfassen-den Lehrplan an, obwohl berufsbezoge-ne Fächer in den Sekundarschulen einegeringere Rolle spielen als in den ande-ren beiden Schularten, während die meis-ten an das „staatliche Abschlusszeugnis“anschließenden Kurse (Post Leaving Certi-ficate Courses, PLC) in den berufsbilden-den Schulen angeboten werden.

Das Berufsbildungs-angebot in Irland

Einige Aspekte der Gegebenheiten in Ir-land sind für die Berufsbildung (Voca-tional Education and Training, VET) vonbesonderer Bedeutung.

❏ Irische Schüler schließen ihre Sekun-darschulbildung im Alter von 17 Jahrenab, was etwa zwei Jahre früher als in denmeisten anderen Mitgliedstaaten ist, undviele beenden ihr Universitätsstudium imAlter von 20 Jahren nach einem dreijähri-gen Studiengang.

❏ Bis vor kurzem hatten irische Arbeit-geber die Möglichkeit, Arbeitskräfte ein-zustellen, die, wie traditionell üblich, insbenachbarte Großbritannien abgewandertwaren, sodass wir keinen speziellen Man-gel an Fachkräften erlebt haben.

❏ Das Bildungsniveau junger irischer Er-wachsener (25-34 Jahre) lag beträchtlichunter dem OECD-Durchschnitt von 1991,doch berücksichtigen diese Zahlen nochnicht die in jüngster Zeit zu verzeichnen-den Verbesserungen des Bildungsniveaus.

Der Beitrag von Jim Gleeson, den wir an dieser Stelle veröffentlichen, wurde fürdie Agora IX des Cedefop in Thessaloniki verfasst, die am 26. und 27. Juni 2000stattfand und sich mit alternativen Ausbildungsformen befasste.

Die Agora Thessaloniki ist ein regelmäßiges Forum des Cedefop, dessen Zweckdarin besteht, in unserem Tätigkeitsbereich, also der beruflichen Erstausbildungund Weiterbildung, Akteure ganz unterschiedlicher Ausrichtungen, Interessen undAuffassungen zusammenzubringen, um das zu fördern, was uns eint und einandernäher bringt, und das zu überwinden, was uns voneinander trennt. Es geht darum,dass eine Brücke geschlagen wird zwischen wissenschaftlichen Forschern, politi-schen Entscheidungsträgern, Arbeitnehmern sowie Arbeitgebern und ihren jewei-ligen Vertretern, Selbstständigen, Lehrern, Auszubildenden, usw. und dass all die-se Akteure eine gemeinsame Sprache entwickeln.

Die Agora IX befasste sich mit der Frage, ob es sinnvoll sei, parallele Bildungswe-ge und Schulen der „zweiten Chance“ aufzubauen, oder ob es nicht eher ange-bracht sei, von Anfang an die im regulären Schulsystem, den Schulen der „erstenChance“, umgesetzten Maßnahmen zu intensivieren, um das Schulversagen einzu-dämmen. Die Problemstellung der Agora IX bestand daher grosso modo in derFrage, ob man sich für die Eingliederung aller in eine gemeinsame Schule ent-scheiden oder ob für jede Zielgruppe eine eigene, an ihre speziellen Bedürfnisseangepasste Schulform entwickelt werden sollte.

Die Agora IX gelangte daher zu zwei zentralen Schlussfolgerungen:

1. Unter dem Aspekt des lebenslangen Lernens ist die Unterscheidung zwischenregulärer Schule (der ersten Chance) und alternativer Schule (der zweiten Chan-ce) sicherlich nicht mehr angebracht, und es gilt vor allem eine veränderte Einstel-lung zum Lernen, zu Unterricht und Erziehung generell zu entwickeln: Wir müs-sen an der Schaffung einer gemeinsamen Kultur arbeiten, an einer Haltung, diedem lebenslangen Lernen förderlich ist;

2. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Partnern, Unternehmen, Ge-meinden, Schulen sowie Einrichtungen für die berufliche Erstausbildung und Wei-terbildung ist eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg dieses langfristigenProjekts, das es jedem ermöglichen soll, ungeachtet seiner Ausgangssituation seingesamtes Potenzial und seine Fähigkeiten zu entwickeln.

Der Beitrag von Jim Gleeson spiegelt in jeder Hinsicht die auf dieser Agora geführtenDiskussionen wider.

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❏ Die Bildungschancen sind in der iri-schen Gesellschaft sehr ungleich verteilt(siehe zum Beispiel Clancy, 1995; Clancyund Wall, 2000). Hannan et al. (1995, S.336) haben darauf hingewiesen, dass „sehrgroße Unterschiede zwischen Irland unddem Vereinigten Königreich [bestehen],was den Nutzen aus dem Erwerb oderNichterwerb von Qualifikationen betrifft.Diese Unterschiede gehen einher mit demraschen Anstieg der Qualifikationsniveausin Irland und der langsamen Verbesserungder Qualifikationen im Vereinigten König-reich während der achtziger Jahre […] Al-ler Wahrscheinlichkeit nach sind diese Un-terschiede arbeitsmarktbedingt.“

❏ Die Bildungsausgaben stiegen von16␣ % der staatlichen Gesamtausgaben imJahre 1965 auf 20␣ % im Jahre 1993 undvon 3,2␣ % des BSP im Jahre 1965 auf 6,5␣ %im Jahre 1992. Obwohl diese Zahlen inetwa dem OECD-Durchschnitt entspre-chen, liegen die irischen Ausgaben proSchüler weit niedriger als in anderenMitgliedstaaten (siehe OECD, 1995, S. 73).

Der OECD-Bericht (1984) über die Beschäf-tigungsaussichten Jugendlicher in Irlandbetonte die Notwendigkeit besondererHilfen für unzureichend gebildete und be-nachteiligte Jugendliche und äußerte Be-sorgnis über die Qualität der Berufsbera-tung, die mangelnde Bekämpfung einer ge-schlechtsspezifisch stereotypen Berufswahlund das begrenzte Angebot an beschäf-tigungsvorbereitenden Kursen. Daher über-rascht es nicht, dass die Förderung derBerufsbildung im Irland der achtziger Jah-re zu einer zentralen Frage wurde, ausge-hend von der Überzeugung, dass ein ho-hes Qualifikationsniveau zu mehr Wirt-schaftswachstum führen würde. Lewis undKellaghan (1987, S. 12) weisen darauf hin,dass die politischen Stellungnahmen jenerZeit (4) stärker auf „die Notwendigkeit [ab-zielten], alternative Lehrpläne für diePostprimarbildung zu entwickeln, als aufdie Reform der traditionellen Lehrpläne,wie es in früheren Stellungnahmen der Fallgewesen war. Sie befassten sich stärker mitden Zusammenhängen zwischen Bildungund Arbeit und mit Schülern, die im Rah-men des Systems unzureichende Leistun-gen zeigten und schlechte Beschäftigungs-aussichten hatten“.

Die Berufsbildung in Irland fällt in ersterLinie in den Zuständigkeitsbereich von

zwei Ministerien (5) – dem Ministerium fürBildung und Wissenschaft und dem Mini-sterium für Industrie, Handel und Beschäf-tigung (früher Arbeitsministerium). DieFÁS, die Irische Anstalt für Arbeit (die demMinisterium für Industrie, Handel undBeschäftigung untersteht), bietet zahlrei-che Programme an, die von Lehrlingsaus-bildungsgängen über Kommunale Lehr-werkstätten (Community Training Work-shops) für Jugendliche unter 25 Jahren bishin zu Kommunalen Bildungsprogrammen(Community Education Programmes) fürLangzeitarbeitslose reichen. Die FÁS istauch für die Vermittlung und Beratungvon Personen zuständig, die aus demBildungssystem abgegangen sind. CERT,die staatliche Behörde für Beschäftigungund Ausbildung im Hotel-, Gaststätten-und Fremdenverkehrsgewerbe, und TEA-GASC, der Beirat für die Ausbildung imLandwirtschafts- und Ernährungssektor,bieten ebenfalls in ihren eigenen Zustän-digkeitsbereichen Ausbildungsprogrammean.

Der NESC (6) (1993, Kapitel 4) untersuch-te, inwieweit die derzeitige Berufs-bildungspolitik in Irland im Vergleich zuLändern mit dualem System wie Däne-mark und den Niederlanden als adäquateinzuschätzen ist. Die Studie stellte fest,dass das Berufsbildungsangebot in Irlandim Vergleich zu vielen europäischen Län-dern, und hier insbesondere Dänemarkund den Niederlanden, zu wünschen üb-rig lässt, dass „sich dieser Umstand jedochauch vorteilhaft auswirken könnte, wenndie Chance ergriffen wird, aus den Erfah-rungen anderer Länder zu lernen […] umein umfassendes und flexibles Systemaufzubauen“ (ebd., S. 128). Der Berichtgelangte zu dem Schluss, dass aus einerinternational vergleichenden Perspektiveeines der auffallendsten Charakteristikades irischen Berufsbildungssystems indem „begrenzten Maß an strukturierterAusbildung am Arbeitsplatz und in derperipheren Rolle der Arbeitgeber imBerufsbildungssystem“ bestehe (ebd.,S.␣ 222).

In den neunziger Jahren wurde eine Viel-zahl politischer Stellungnahmen zur be-ruflichen Bildung abgegeben. Das Weiß-buch der Europäischen Kommission(1994) beschrieb die notwendigen Grund-kompetenzen für die soziale und berufli-che Eingliederung folgendermaßen: „die

(4) Wie z.B. das Programm Action inEducation (Aktion für das Bildungs-wesen) (1984-1987) and Building onReality (Auf der Realität aufbauen),das Regierungsprogramm von FineGael/Labour (1984).

(5) Die Ministerien für Landwirtschaftund Ernährung, Tourismus, Sport undErholung, Justiz, Chancengleichheitund Gesetzesreformn, Gesundheitund Kinder, sowie für die See und fürnatürliche Ressourcen sind für die Be-rufsbildung in ihren jeweiligen Zu-ständigkeitsbereichen verantwortlich.

(6) National Economic and SocialCouncil (Nationaler Rat für wirtschaft-liche und soziale Fragen).

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perfekte Beherrschung des Grundwissens[Sprachkenntnisse, naturwissenschaftlicheKenntnisse usw.] sowie technologischeund soziale Kompetenzen, das heißt, Ent-wicklungs- und Handlungsfähigkeit ineinem komplexen und von hoher Techno-logiedichte geprägten Umfeld, das beson-ders durch die Bedeutung der Infor-mationstechnologien gekennzeichnet ist;Kommunikationsfähigkeit, Kontakt- undOrganisationsvermögen usw. Diese Kom-petenzen umfassen insbesondere diegrundlegende Fähigkeit, sich neue Kennt-nisse und Fertigkeiten anzueignen, sozu-sagen das ‘Erlernen des lebenslangen Ler-nens’“ (ebd., S. 146).

In Irland wurden drei Weißbücher zu die-ser Thematik veröffentlicht. Das Weißbuchfür das Bildungswesen, Charting OurEducation Future (Die Zukunft unseresBildungswesens entwerfen) (Ireland,1995a), hob die Bedeutung der Berufs-bildung für die Förderung des nationalenWirtschaftswachstums und der nationalenEntwicklung hervor. Vor dem Hintergrunddes Tierney-Berichts (STIAC), der denTitel Making Knowledge Work for Us␣ (7)(Das Wissen für uns arbeiten lassen) (Ire-land, 1995b) trug, veröffentlichte das Mi-nisterium für Bildung und Beschäftigungim Oktober 1996 sein Weißbuch Science,Technology and Innovation (Wissen-schaft, Technologie und Innovation) Ire-land, 1996a). Es enthält eine Liste wün-schenswerter Kompetenzen, die sich andenen im EU-Weißbuch von 1994 genann-ten orientieren, wobei besonders die Not-wendigkeit betont wird, dass „Bürger undUnternehmen sich um ständiges und le-benslanges Lernen bemühen“ (ebd., 120).Das dritte der irischen Weißbücher, Hu-man Resource Development (Ireland:1997), wurde ebenfalls vom Ministeriumfür Industrie und Beschäftigung erarbei-tet. In dem Weißbuch wird Besorgnis an-gesichts der traditionell schwach entwi-ckelten Berufsbildungskomponente in denirischen Sekundarschulen geäußert (ebd.,S.␣ 145). Es wird die Auffassung vertreten,dass der relativ hohe Anteil von Schulab-brechern in verstärktem Maße Förder-unterricht sowie Ersteingliederungs- undErstausbildungsmaßnahmen erzwinge,wodurch „ein großer Teil der nationalenAusbildungsressourcen nicht mehr zur Be-reitstellung von Spitzenqualifikationenverfügbar ist, die Voraussetzung für dieVerbesserung der Wettbewerbsfähigkeit

der irischen Firmen sind“, was dazu füh-re, dass weniger neue Arbeitsplätze ge-schaffen würden.

Stokes und Watters (1997, S. 11) nennenals Schlüsselprinzipien des derzeitigenBerufsbildungssystems in Irland folgendeAspekte: Zugänglichkeit für verschiedeneZielgruppen, Möglichkeit der Anerkennungihrer Leistungen durch einen umfassendennationalen Zertifizierungsrahmen, die Mög-lichkeit, im Rahmen des Systems Schritt fürSchritt seine Qualifikation zu verbessern,die Entwicklung nationaler Standards fürdie Leistungsqualität, Zweckdienlichkeitund Partnerschaft, die Positionierung desLernenden im Zentrum des Ausbildungs-prozesses und die Förderung des lebens-langen Lernens.

Der Einfluss des Europäi-schen Sozialfonds (ESF)auf die Berufsbildung inIrland

„Es steht fest, dass die berufliche Erstaus-bildung in Irland ohne die Unterstützungdes ESF nur ein Schatten dessen wäre, wassie heute tatsächlich ist“ (O’Connor, 1998,S. 66). In den sechziger und siebziger Jah-ren gaben die wachsenden Arbeitslosen-quoten Anlass zur Umstrukturierung desESF, woraufhin schließlich über 90 % derGesamtmittel in berufliche Ausbildungs-maßnahmen für bestimmte Gruppen vonArbeitnehmern und in die Bekämpfungder strukturellen Arbeitslosigkeit flossen(Hantrais, 1995). 1977 erachtete es dievergrößerte Gemeinschaft für notwendig,die Ziele des ESF zu erweitern – insbe-sondere im Hinblick auf die Hauptrisiko-gruppen wie erwerbslose Jugendlicheunter 25 Jahren und hier vor allem Ju-gendliche, die eine Erstanstellung suchen.Irlands Antwort war die Entwicklung vonbeschäftigungsvorbereitenden Kursen(Pre-Employment Courses, PEC) in berufs-bildenden Schulen sowie Gemeinschafts-und Gesamtschulen; außerdem wurdennoch bestimmte Kurse in den RegionalenFachschulen (Regional Technical Colleges,RTC) durch den ESF gefördert (8). Eben-falls zu dieser Zeit wurden bestimmte Re-gionen der Europäischen Gemeinschaft,darunter beide Teile Irlands, als Katego-rie 1 – benachteiligt – eingestuft.

(7) Hier fällt die Betonung der wirt-schaftlichen Bedeutung von Wissenund Information als ein Gut in der In-formationsgesellschaft ins Auge (sie-he Amt für Amtl iche Veröf fent-lichungen der Europäischen Gemein-schaften, 1995,S. 4ff). Die gleicheDenkart findet sich beispielsweise imTitel des Berichts des Beratenden Aus-schusses für Wissenschaft, Technolo-gie und Innovation (Science, Tech-nology and Innovation AdvisoryCouncil) wieder, Making KnowledgeWork for Us (Ireland, 1995).

(8) Die beschäftigungsvorbereitendenKurse waren zunächst auf berufsbil-dende Schulen sowie Gemeinschafts-und Gesamtschulen beschränkt (letz-tere hätten zu jener Zeit rund 30␣ %aller Sekundarschüler aufgenommen)und wandten sich an Schüler, die dieSchule ansonsten früh verlassen hät-ten auf der Suche nach einer Arbeits-stelle. Im ersten Jahr nahmen rund1800 Schüler – in der Hauptsache Jun-gen, die die Berufsschule besuchten␣ –teil.

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Als deutlich wurde, dass die Jugendar-beitslosigkeit in Europa nicht nur einevorübergehende Erscheinung darstellteund dass der Übergang von der Schule inden Beruf ein komplexer Vorgang war,galt nun die Hauptsorge der persönlichenEntwicklung der Jugendlichen. Anstatteinzelne berufsspezifische Kompetenzenzu vermitteln, bemühte man sich nun umeine umfassende Förderung allgemeinerKompetenzen, was der für Jugendliche be-stehenden Notwendigkeit entsprach, ineiner Zeit, in der die traditionellen Kate-gorien von Arbeitsplätzen und Kompeten-zen verschwanden, anpassungsfähig zusein. In diesem Zusammenhang sollten die„Projekte für den Übergang von der Schulezur Arbeit“ (Transition from School toWork Projects) (9) der Europäischen Kom-mission ungeheuren Einfluss auf die iri-schen Lehrpläne im Bereich der Post-primarbildung haben. Diese Initiativenwaren für Schulabbrecher gedacht sowiefür Schüler, die für die allgemeinbilden-de Sekundarstufe II ungeeignet waren(siehe beispielsweise Granville, 1982;Crooks, 1990; Gleeson, 1990).

Die Einführung der Sozialgarantie durchdie EU im Jahre 1982, mit der allen Ju-gendlichen eine Ausbildungsgarantie ge-boten und eine dynamische Antwort aufdas Problem der Jugendarbeitslosigkeitgegeben wurde, beinhaltete, dass mindes-tens 75 % der Mittel des EuropäischenSozialfonds (ESF) (10) für Programme vor-gesehen wurden, die die Beschäftigungs-fähigkeit von Jugendlichen unter 18 undder Erwerbslosen der Altersgruppe zwi-schen 18 und 25 Jahren verbessern, in-dem sie ihnen eine Kombination von be-ruflichen Ausbildungsmaßnahmen undArbeitspraktika anboten. Im Sommer 1984wurden in den irischen Schulen der Se-kundarstufe Programme zur Berufsvor-bereitung und -ausbildung (VocationalPreparation and Training Programmes,VPT) eingeführt, die die PEC ersetzten undganz ähnlichen Lehrplanrichtlinien folg-ten (11). Diese Programme waren in Irlandvon besonderer Bedeutung, weil die „all-gemeinbildenden“ Sekundarschulen imRahmen der Ausweitung des ESF-Hilfendie Genehmigung erhielten, im Septem-ber 1984 erstmals das neue VPT-Pro-gramm anzubieten (12).

Nach Annahme der Einheitlichen Europäi-schen Akte im Jahre 1987 besaß die Kom-

mission die Verfügungsfreiheit über etwaein Drittel der Zuweisungen an die Mit-gliedstaaten, und die Europäischen Gel-der beeinflussten in zunehmendem Maßedie irische Bildungspolitik. Da Irland ei-nen Ziel-1-Status genoss, verdoppeltensich die durch den ESF an das Land zuge-wiesenen Mittel von 1989 bis 1993 auf 1,5Milliarden ECU – das entsprach knapp 8␣ %der im ESF verfügbaren Gesamtmittel. DieAnnahme des Zusätzlichkeitsprinzips be-deutete, dass die Mittel aus dem Europäi-schen Strukturfonds nicht einfach nur dienationale Finanzierung ersetzen durftenund dass die nationalen Gesamtausgabenfür einschlägige Maßnahmen in gleichemUmfang zu erhöhen waren. Zusätzlichzum Strukturfonds wurden rund 15␣ % derGesamtmittel für die Finanzierung vonBerufsbildungsinitiativen der Gemein-schaft wie EUROFORM, NOW, HORIZONund PETRA reserviert. Viele dieser Initia-tiven führten zur Entwicklung alternati-ver Formen der Berufsbildung und er-leichterten es Teilnehmern an Berufsbil-dungsmaßnahmen, Arbeitspraktika imAusland zu absolvieren (siehe z.B. Glee-son und McCarthy, 1996).

Eine wichtige Änderung der Förder-kriterien für den ESF, die 1988 vorgenom-men wurde, war für Irland von großerBedeutung, weil sie beinhaltete, dass Ju-gendliche, die das schulpflichtige Alterüberschritten hatten und innerhalb desformellen Bildungssystems ausgebildetwurden, Anspruch auf Beihilfe durch denESF hatten. O’Connor (1998, S. 62) be-merkt dazu, dass „dies letztlich die ‘alteZweiteilung’ (13) zwischen allgemeinerund beruflicher Bildung aufhob“.

Auf der Grundlage der Kerngrundsätzedes EU-Weißbuchs von 1994 wurden dieESF-Hilfen für Irland für den Zeitraum1992-1999 verdoppelt, sodass Irland fürAusbildungsprogramme auf der Sekun-darstufe und auf Hochschulebene rund930 Millionen ECU bewilligt wurden. Diesversetzte das unter Finanznot leidendeMinisterium, das immer noch mit denwachsenden Schülerzahlen im Bereich derPostprimarbildung zu kämpfen hatte, indie Lage, die Einführung beruflich orien-tierter Initiativen wie das „praxisorientiertestaatliche Abschlusszeugnis“ (LeavingCertificate Applied, LCA) und das „Pro-gramm für das berufsbildende staatlicheAbschlusszeugnis“ (Leaving Certificate

(9) Transition 1 lief von 1978-1982und Transition 2 von 1983-1987.

(10) …die Teil der Mittel des Europäi-schen Strukturfonds waren. Zwei derfünf Ziele des Strukturfonds lagen inder alleinigen Verantwortung des ESF– die Bekämpfung der Langzeit-arbeitslosigkeit sowie das Ziel, jun-gen Menschen den Übergang ins Be-rufsleben zu ermöglichen.

(11) In der Altersgruppe 18-25 Jahrekamen Jugendliche, die Ausbildungs-gänge zum „Techniker mittleren Ni-veaus“ (Middle Level Technician,MLT) in den Regionalen Fachschulen(Regional Technical Colleges, RTC)besuchten, in den Genuss dieser För-derung.

(12) Von den 380 Schulen (von rund800), die im ersten Jahr VPT-Program-me anboten, waren 118 (von rund550) Sekundarschulen.

(13) Diese Bemerkung sollte im Lich-te des Politikvorschlags Ages forLearning gesehen werden, der 1984vom Bildungsministerium erarbeitetworden war und eine deutliche Un-terscheidung zwischen der an diePostprimarbildung einerseits und derBerufsvorbereitung und -ausbildung(VPT 1 und 2) andererseits trifft.

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Vocational Programme, LCVP) auf derSekundarstufe II (senior cycle, 15-18 Jah-re) zu fördern. Bildungsminister MicheálMartin erklärte 1998 in einem Hörfunk-interview, das er für das Jahr 2000 eineBeteiligung von 30␣ % aller Schüler derSekundarstufe II an diesen berufsbilden-den Alternativen anstrebe.

Sozialpartnerschaftauf nationaler Ebene

Das Konzept der Partnerschaft stellte inder irischen Politik der vergangenen zwölfJahre ein absolut zentrales Element dar(Gleeson, 1998). So war zum Beispielwährend Präsident Clintons Besuch in Ir-land im September 1998, als er zu denWirtschaftsvertretern Dublins sprach, derSlogan „Wir feiern den Erfolg der Part-nerschaft in Irland“ deutlich sichtbar hin-ter den Rednern auf der Plattform zu se-hen. Und als die Tánaiste ␣ (14) MaryHarney, die auch Ministerin für Industrie,Handel und Beschäftigung ist, am 24. Sep-tember 1998 auf einer Konferenz über dieBemessungsgrundlage für Risiko- undGründungskapital (Venture and SeedCapital Measure) in der EU sprach, be-zeichnete sie das irische System der Sozi-alpartnerschaft als „in Europa einzigartigund in Amerika undenkbar“, und fügtehinzu, dass dieses System „nun faktischin das Gefüge unseres Regierungssystemseingebaut“ sei. Der Taoiseach␣ (15) BertieAhern bekräftigte zudem in einem Arti-kel in der Irish Times (20. März 2000), dassman uns um die Sozialpartnerschaft „inganz Europa beneidet“.

Der partnerschaftliche Ansatz für das „Ma-nagement“ Irlands wurde 1987 entwickelt,als die Sozialpartner vor dem Hintergrund„einer tiefen Verzweiflung in der irischenGesellschaft […] eine Strategie ausarbei-teten, um den Teufelskreis von realer Sta-gnation, steigenden Steuern und explo-dierenden Schulden zu durchbrechen“(O’Donnell und Thomas, 1998, S. 122).Neben der damaligen gewählten Regie-rung waren es im Wesentlichen drei Part-ner, die an der ersten Vereinbarung teil-hatten – Unternehmen und Industrie, Ge-werkschaften und der landwirtschaftlicheSektor. Später kam noch der gemein-nützige Sektor hinzu, der nun die „vierteSäule“ unserer Strategie der Sozialpartner-

schaft bildet. Bislang wurden fünf Part-nerschaftsvereinbarungen ausgehandelt,alle in weitgehend ähnlicher Form, dieeinvernehmliche Lohnerhöhungen für denfraglichen Zeitraum vorsahen, die Ver-pflichtung zu sozialer Gerechtigkeit undzu Steuerreformen sowie die Einleitungbestimmter politischer Initiativen wie „lo-kale Tarifverhandlungen“, die Gründungvon Partnerschaftsunternehmen zur Be-kämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit unddie Entwicklung der strategischen Mana-gementinitiative zur Modernisierung desöffentlichen Dienstes. Das Bemühen umdie Verbesserung der sozialen Eingliede-rung führte zur Entwicklung einer natio-nalen Anti-Armutsstrategie (National Anti-Poverty Strategy, NAPS), wobei sicherge-stellt werden soll, dass jede künftige Po-litik der Armut entgegenwirkt, wobei derallgemeinen und beruflichen Bildung einewichtige Rolle zugemessen wird.

Die Ergebnisse waren insofern beachtlich,als das irische BIP während des Zeitraums1986-1996 einen jährlichen Anstieg von4,9␣ % zu verzeichnen hatte, während derOECD-Durchschnitt bei 2,4␣ % lag; die Be-schäftigung wuchs in Irland um jährlich1,8␣ %, während der durchschnittliche Zu-wachs in den OECD-Ländern 1,0␣ % undin der EU nur 0,3␣ % betrug. Das Verhält-nis von Schulden zu BIP fiel von 117␣ %im Jahre 1986 auf 76␣ % im Jahre 1996,wobei zwischen 1993 und 1996 ein be-sonders starkes Wachstum zu beobachtenwar - das BIP betrug jährlich 7,5␣ % undder Beschäftigungszuwachs jährlich 4,0␣ %.

Die Strategie des Konsenses durch Part-nerschaft, die auf breit angelegten Kon-sultationen beruhte, kam auch bei der Er-arbeitung unser beiden letzten nationalenPläne zum Einsatz – der „Nationale Ent-wicklungsplan: 1994-1999“ (NationalDevelopment Plan: 1994-1999, Ireland,1994, S.␣ 9), der der Europäischen Gemein-schaft als „Plan für Beschäftigung“ vorge-legt wurde, und „Irland: NationalerEntwicklungsplan: 2000-2006“ (Ireland:National Development Plan: 2000-2006,Ireland, o.J.). In dem letzteren Plan wer-den fünf Schlüsselstrategien vorgeschlagen,darunter „die Förderung von Bildungs- undBerufsbildungsmaßnahmen, die an die Be-dürfnisse des Arbeitsmarktes angepasstsind, und die besondere Berücksichtigungder am stärksten von Arbeitslosigkeit be-drohten Gruppen […] zielgerichtete Maß-

(14) Stel lvertretender(r) Premier-minister(in).

(15) Premierminister.

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nahmen für Regionen und Gruppen, dievon Armut und sozialer Ausgrenzung be-troffen sind“ (ebd., S.␣ 8). Der Plan enthältein umfangreiches Kapitel über ein „opera-tionelles Programm für Beschäftigung unddie Entwicklung der Humanressourcen“, indem der Abbau des Fachkräftemangels inder Wirtschaft und die Förderung des le-benslangen Lernens als Schlüsselziele ge-nannt werden. Auf die formellen, an diePrimarschule anschließenden Curriculawird nur insofern Bezug genommen, alsdie Bedeutung des „praxisorientiertenstaatlichen Abschlusszeugnisses“ (LeavingCertificate Applied, LCA), des „Programmsfür das berufsbildende staatliche Ab-schlusszeugnis“ (Leaving CertificateVocational Programme, LCVP) und des„Programms für das Abschlusszeugnis derSekundarstufe I“ (Junior Certificate SchoolsProgramme, JCSP) anerkannt wird, „indemJugendlichen, die ihren Weg im Bildungs-system fortsetzen, eine größere Auswahlvon Fächern angeboten wird, […] um siein die Lage zu versetzen, den Kreislauf derBenachteiligung zu durchbrechen und dasProblem des Schulabbruchs zu vermeiden,um sie zu befähigen, ihr Potenzial voll zuentwickeln, in vollem Umfang als Bürgeran der Gesellschaft teilzuhaben und dasBildungssystem maximal zu nutzen, sowieum ihnen die für das lebenslange Lernennotwendigen Kompetenzen zu vermitteln“(ebd., S.␣ 103).

Dieser partnerschaftliche Ansatz wurdemit Begeisterung als Strategie für dieKonsenssuche im Bildungsbereich über-nommen, die auf dem zehntägigen Na-tionalen Bildungskongress (NationalEducation Convention) im Oktober 1994Gestalt annahm, an dem 42 nationale Gre-mien teilnahmen. Wie an anderer Stellevom Verfasser (Gleeson, 1998) dargelegt,fand die Berufsbildung auf diesem wich-tigen Kongress allerdings kaum Berück-sichtigung.

Einige wichtige Aspekteder Lehrpläne im Bereichder Postprimarbildungin Irland

Das Bildungswesen in Irland zeichnet sichdurch eine interessante Kombination derklassisch-humanistischen und der refor-

merischen Weltanschauung aus. DieOECD (1991, S.␣ 57) beschrieb es als ei-nen „Abkömmling des klassischen Huma-nismus, mit einer Verbrämung aus tech-nischen Inhalten und mit aufgeblähtenLehrplanentwürfen“. Doch die überwie-gend technikorientierte Entwicklung inden vergangenen zwanzig Jahren (Lynch,1989) und die Überzeugung mehrerer auf-einanderfolgender Regierungen, dass Bil-dung den wirtschaftlichen Wohlstand imLand fördern kann, haben dieses Modellins Wanken gebracht.

Gleeson und Hodkinson (1999, S.␣ 169)weisen auf ein ähnliches Dilemma im Ver-einigten Königreich hin: „Die Spannungzwischen einer Politik, die einen prä-skriptiven pädagogischen Diskurs fördertund gleichzeitig eine Pädagogik verlangt,die die Fähigkeit zum autonomen Lernenentwickelt, behindert Fortschritte in be-trächtlichem Maße, […] die Herausforde-rung besteht darin, eine neue ‘Regelungfür einen dritten Bildungsweg’ zu finden,die den Gedanken der sozialen Einheitmit Wettbewerbsfähigkeit und Produkti-vität verbindet […]. Der Unterschied liegtin der Entscheidung, von einer belehren-den Pädagogik zu einer am Lernenden ori-entierten Pädagogik überzugehen, die, ob-wohl immer noch vom ökonomischen Ra-tionalismus eingeschränkt, die Beziehungzwischen Lernen, Verdienen und Wettbe-werbsfähigkeit grundlegend neu defi-niert“. Die Autoren argumentieren weiter,dass „im derzeitigen politischen Diskursin England und Wales jegliche umfassen-dere Vision von Staatsbürgerschaft undLernen fehlt“.

Die Vorherrschaft ökonomischer undtechnischer Interessen

Seit der Veröffentlichung von Investmentin Education (1967) zeichnete sich dasirische Bildungssystem durch die Span-nungen␣ (16) zwischen den ungleichenBettgenossen „Produktion von Human-kapital“ und „Chancengleichheit im Bil-dungsbereich“ aus. O’Sullivan (1989,S.␣ 243) vertritt die Auffassung, dass „dieChancengleichheit zwar häufig als Idealgenannt, aber niemals als ein Konzeptangegangen wurde, das eine Analyse undWeiterentwicklung verlangt […] DiesesVersäumnis führte zu einem unzureichen-den Verständnis seiner Implikationen fürdie Planung“ im Bildungswesen. So dau-

(16) Was sich an dem Umgang mit Bil-dung in den verschiedenen Partner-schaftsprogrammen der Regierungzeigt.

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erte es beispielsweise zwanzig Jahre, be-vor die Verlängerung der Schulpflicht imJahre 1967 in den Lehrplänen Berück-sichtigung fand. O’Sullivan (1992: S.␣ 464)stellte fest, dass der Bezugsrahmen fürBildung und den sozialen Diskurs sich inIrland zunehmend „mit dem Thema Bil-dung und Wirtschaft deckte“ und dass„kulturelle Identität, Sprache, staatsbür-gerliche Kompetenz und moralische Ent-wicklung als Themen ausgeschlossenwurden“. Der zentrale Gegenstand desbildungsbezogenen Diskurses in Irlandwar laut Fuller (1990, S.␣ 175f) der als sol-cher „wahrgenommene Zusammenhangzwischen praxisorientiertem Schulunter-richt und den Bedürfnissen der Wirt-schaft“. Dies zeigt sich in vielerlei Weise:die zunehmende Bedeutung, die denSchulverbleibsquoten beigemessen wur-de; das Übergewicht des technischen Be-reichs bei der Einführung „neuer Fächer“;die wachsende Einbeziehung des Bundesirischer Unternehmen und Arbeitgeber(Irish Business and Employers Confede-ration, IBEC) in die Gestaltung der Bil-dungspolitik; die Umbenennung des Bil-dungsministeriums in Ministerium für Bil-dung und Wissenschaft (Department ofEducation to Department of Educationand Science, DES) im Jahre 1997 und diezeitgleiche Ernennung eines Staatsmini-sters mit besonderer Verantwortung fürWissenschaft und Technologie.

Habermas ist der Überzeugung, dass Wis-sen aus menschlicher Aktivität resultiert,die durch natürliche Bedürfnisse und In-teressen motiviert ist, die er als wissens-konstitutive Interessen bezeichnet. Die-se können technischer, praktischer oderemanzipatorischer (kritischer) Art sein(17). Innerhalb des technischen Paradig-mas wird abstraktes Wissen zu Fächernverbunden, die unbestrittene Wahrheitenenthalten. Der Schwerpunkt liegt hier aufinstrumentellem Wissen in Form von wis-senschaftlichen Erklärungen, die als Er-gebnisse oder Produkte angeboten wer-den, wobei dem Vorgang des Wissens-erwerbs kaum Aufmerksamkeit ge-schenkt wird. Dies entspricht weitgehendden Lehrplänen im Bereich der Post-primarbildung in Irland, so wie sie vonder OECD charakterisiert werden (1991).Innerhalb des Paradigmas der prakti-schen Interessen liegt der Schwerpunktauf Bedeutungserzeugung und Ausle-gung. Die in Schulen durchgeführte

Aktionsforschung des Marino Institute ofEducation stellt eines der seltenen Bei-spiele in Irland für eine im Bereich derPostprimarbildung angesiedelte Bil-dungsinitiative auf der Grundlage prak-tischer Interessen dar. Bei der Lektürevon McNiff und Collins (1994) entstehtder Eindruck, dass die an dieser Initiati-ve beteiligten Lehrer sich bei der Aus-wahl ihres Forschungsbereichs eher fürden Unterricht in den ersten Jahren nachder Primarschule entschieden als für denauf die „staatliche Abschlusszeugnis“ vor-bereitenden Unterricht – wo die Anfor-derungen im Bereich des theoretischenWissens höher sind. Im Rahmen desemanzipatorischen Interesses geht es inerster Linie um die Verteilung von Machtund um die Emanzipation des Lernen-den durch den Lernprozess. Die Konfe-renz der Ordensleute in Irland (Con-ference of Religious in Ireland, CORI)␣ (18)ist die Hauptbefürworterin dieses Para-digmas in Irland␣ (19).

Callan␣ (20) (1995, S.␣ 100ff) argumentiert,dass das Hauptanliegen der verschiede-nen politischen Kräfte darin bestand,„Menschen in eine Gesellschaft einzupas-sen, die unproblematisiert bleiben darf“.Folglich wurden grundlegende Fragen derLehrplangestaltung nicht angegangen undstattdessen „unsystematische Anpassun-gen an eine Unzahl gesellschaftlicher undkultureller Probleme vorgenommen,␣ […]was zu einer Erweiterung der Lehrplan-inhalte und einem dementsprechendenHandlungsdruck auf die Schulen führte“.Dies entspricht der Schlussfolgerung derOECD (1991, S.␣ 76) dass die „grundlegen-den Ziele und Werte des Bildungssystemswährend einer Phase, in der gewichtigeVeränderungen in Gesellschaft, Wirtschaftund Kultur stattfanden, eher unbewusststillschweigend vorausgesetzt als aus-drücklich formuliert wurden; Veränderun-gen von Lehrplänen, Bewertungsverfah-ren und Prüfungen erfolgten kontinuier-lich, aber unsystematisch […] Dies zeigtsich auch in der weit verbreiteten Über-zeugung (z.B. McGlynn, 1995; Gleeson,2000), dass die Überfrachtung der Lehr-pläne eines der am einhelligsten einge-räumten Probleme des irischen Bildungs-systems darstellt.

Der bildungsbezogene Diskurs in Irlandenthält zahlreiche Beispiele für das tech-nische Paradigma – „Lieferungsverfahren“,

(17) Auf den Lehrplan angewendetvon Carr und Kemmis (1986), Grundy(1987), Cornbleth (1990) und ande-ren.

(18) CORI ist neben Combat Poverty(siehe beispielsweise O’Neill, 1992)wohl das beste Beispiel für einenkontrahegemonistischen Trend in Ir-land. McCormack erläuterte die poli-tische Rolle von CORI folgenderma-ßen: „Wir verteidigen unsere Positi-on als einer von vielen Partnern imLand, während die institutionalisierteKirche dies auf der Grundlage ihrerAutorität tut […] Wir müssen durchdas Licht des Evangeliums Einfluss aufdas System ausüben, während die Ma-nager ein maßgebliches Interesse ander Aufrechterhaltung des Systems ha-ben.“

(19) So lautet beispielsweise die Ant-wort von CORI auf das Grünbuch zurErwachsenenbildung von 1999 „Edu-cation for Transformation“ („Bildungfür den Wandel“).

(20) Siehe auch O’Sullivan (1989,S.␣ 243ff).

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was in Bezug auf INSET und die Lehrplä-ne verwendet wird; die häufige Bezug-nahme auf die „Produkte unseres Sy-stems“; die Benutzung des Begrif fs„Lehrerschulung“ anstatt Lehrerbildung;das Bemühen um „Abdeckung des Kur-ses“; andere weit verbreitete, verräterischeWendungen, die Bezug auf „Ziele“, „Stra-tegien“ und „Überholung“ nehmen. An-gesichts der so auffällig oft angestelltenÜberlegungen zum „Humankapital“ habenLynch (1989), die OECD (1991) und an-dere auf die Vorherrschaft des Techni-schen in der jüngsten Lehrplanentwick-lung verwiesen. Den technischen Aspek-ten von Lehrplänen und Bewertungs-verfahren wird auf der Ebene der Post-primarbildung enorme Bedeutung beige-messen, was sich z.B. zeigt in der Einfüh-rung zusätzlicher Abschlusseinstufun-gen␣ (21) und eines größeren Notenspek-trums (22); der Veröffentlichung von Prü-ferberichten; der gesetzlichen Festschrei-bung von Beschwerdemöglichkeiten ge-gen die Benotung im Bildungsgesetz(Education Act) von 1998; der Nennungvon Bewertungszielen in den Lehrplan-unterlagen; der Berufung der Points-Kom-mission, um die Auswirkung des Hoch-schulzugangs auf das „staatliche Ab-schlusszeugnis“ zu untersuchen. Das iri-sche Bildungssystem weist also alle Cha-rakteristika eines Systems auf, in demtechnische Interessen, die Grundy (1987)wie folgt auflistet, eine vorherrschendeRolle spielen:

❏ die Subkultur der Fächer dominiert;

❏ Lehrplan und Lernumgebungen wer-den weitgehend zentral kontrolliert;

❏ sofern Lehrer der „Theorie“ überhaupteinen Wert beimessen, dann nur insoweit,als sie sie für „nützlich“ halten;

❏ die externe Beurteilung des Produktsspielt eine große Rolle;

❏ dem „Management“ und der Disziplinim Klassenzimmer wird große Bedeutungbeigemessen;

❏ die Lehrer setzen Pläne um, die ihnenvon oben vorgegeben werden;

❏ die Noten des „staatlichen Abschluss-zeugnisses“ haben keinerlei Bedeutung,außer dass sie die Punkte liefern, die die

Voraussetzung für den Hochschulzugangdarstellen.

Berufliche Erstausbildung(IVET) im Bereich derPostprimarbildung –der Fall des „praxis-orientierten staatlichenAbschlusszeugnisses“

In dem Bestreben, die Verbleibquoten imBereich der Postprimarbildung zu verbes-sern, wurden die Lehrpläne der Sekun-darstufe II Mitte der neunziger Jahre di-versifiziert. Den Schülern wurde die Mög-lichkeit geboten, ein einführendes Über-gangsjahr zu absolvieren, das ihnen ers-ter Linie ermöglichen soll, zusätzlicheschulische Erfahrung zu sammeln, bevorsie sich für eines der Programme entschei-den, die auf die drei „staatlichen Ab-schlusszeugnisse“ (Leaving Certificates)hinführen – das herkömmliche „staatlicheAbschlusszeugnis“ (Leaving Certificate),das „berufsbildende staatliche Abschluss-zeugnis“ (Leaving Certificate VocationalProgramme, LCVP), ein etwas abgeänder-tes herkömmliches „staatliches Abschluss-zeugnis“, und das „Praxisorientierte staat-liche Abschlusszeugnis“ (Leaving Certifi-cate Applied, LCA), das beträchtliche Un-terschiede zu den beiden anderen Ab-schlüssen aufweist. Sowohl das LCA alsauch das LCVP verdanken ihre ExistenzMitteln der Europäischen Union, und dasLCA basiert weitgehend auf Initiativen zurLehrplanentwicklung, die in den achtzigerJahren von der EU unterstützt wurden.

Schüler, die sich für das herkömmliche„staatliche Abschlusszeugnis“ entscheiden,wählen sieben Fächer aus einem Ange-bot von über dreißig Fächern aus. Aufdiese Weise soll den Schülern eine um-fassende, ausgewogene Bildung gebotenwerden, die gleichwohl auch den Anfor-derungen einer beruflichen Spezialisie-rung genügt. Die Leistungen der Schülerbei den Prüfungen für das „staatlicheAbschlusszeugnis“ dienen als Auswahl-kriterien für die weiterführende Bildungund die Hochschulbildung.

Das LCVP ist eine berufsbezogene Vari-ante des herkömmlichen „staatlichenAbschlusszeugnisses“ mit der die Schüler

(21) Das Common Level IntermediateCer t i f ica te (Al lgemeinbi ldenderAbschluss der Sekundarstufe I) wur-de 1989 mit der Einführung des JuniorCertificate ersetzt, wo es – mit Aus-nahme von Irisch, Englisch und Ma-thematik, wo es drei Abschluss-einstufungen (levels) gibt - für alle Fä-cher zwei Abschlusseinstufungen gibt.Der Verfasser ist der Meinung, dassdiese Entwicklung einen Anreiz zueiner weiteren Differenzierung derAbschlussniveaus gibt.

(22) Wurde aus administrativen Grün-den eingeführt, um eine größere Dif-ferenzierung innerhalb des CAO-Punktesystems zu ermöglichen. Folg-lich gibt es heute auf jedem Ab-schlussniveau für jedes Fach vierzehnmögliche Noten. Die Bedeutung die-ser Noten ist außer ihrem Wert alsCAO-Punkte (im Falle der Fächer des„staatlichen Abschlusszeugnisses“)nicht definiert.

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auf eine weiterführende Ausbildung undauf die Arbeitswelt vorbereitet werdensollen. Die Schüler werden ermuntert,mehr Verantwortung für das, was sie ler-nen, zu übernehmen, Innovationsfreudeund Unternehmungsgeist zu entfalten, ef-fektive Kommunikationsmöglichkeiten zuentwickeln, im Team zu arbeiten sowiesich den Zugang zur Informations- undKommunikationstechnologie zu erschlie-ßen und sie nutzen. Während das zu ab-solvierende Programm ansonsten demherkömmlichen „staatlichen Abschluss-zeugnis“ gleicht, müssen die Schüler imRahmen des LCVP zwei ihrer Fächer auseiner berufsbildenden Fächergruppe aus-wählen (z.B. Technik und Physik oderTechnik und Rechnungswesen), eine eu-ropäische Fremdsprache erlernen sowiedrei spezielle Module in den Bereichen„Ausbildung zu Existenzgründern“, Ar-beitsvorbereitung und Arbeitspraktikaabsolvieren. Das LCVP wurde in seinerderzeitigen Form 1994 eingeführt. Eswurde 1999 in rund 480 der 770 Sekun-darschulen angeboten, wobei knapp30␣ 000 Schüler an dem Programm teilnah-men.

Das LCA, welches 1995 eingeführt wur-de, beruht auf zwei Produkten der vonder EU finanzierten Programme zur be-ruflichen Erstausbildung, dem Berufs-vorbereitungs- und Ausbildungsprogramm(Vocational Preparation and TrainingProgramme, VPT) und dem Programm fürdas Abschlusszeugnis der SekundarstufeII (Senior Certificate programme) (beidewurden im Rahmen des Projekts SPIRAL2des Shannon Curriculum Centre entwik-kelt). Es handelt sich um ein aus Einzel-elementen zusammengesetztes, in sich ge-schlossenes Programm, das Jugendlicheneine Alternative zum herkömmlichen„staatlichen Abschlusszeugnis“ bietet. ImSchuljahr 1999-2000 nahmen 209 Sekun-darschulen (27␣ %) und andere Einrichtun-gen für allgemeine und berufliche Bildungmit rund 7000 Schülern (das entsprichtetwa 6,5␣ % der entsprechenden Kohortevon Schülern der Sekundarstufe II) andem Programm teil.

Das Programm wurde, was für Irland un-gewöhnlich ist, auf Modulbasis gestaltetund ist in sechs Monate umfassendenBlöcken (oder Semestern) um einen ge-meinsamen Curriculumrahmen herumaufgebaut. Es hat eindeutig einen berufs-

vorbereitenden Charakter und wendetsich in erster Linie an Schüler, die nichtden direkten Weg zu einer Hochschulaus-bildung einschlagen möchten, sowie anSchüler, deren Neigungen, Bedürfnisseund Fähigkeiten durch die zum herkömm-lichen „staatlichen Abschlusszeugnis“ füh-rende Schulbildung nicht in angemesse-ner Weise berücksichtigt werden. Dieberufsvorbereitende Ausrichtung des Pro-gramms erleichtert eine schwerpunktmä-ßige Vorbereitung auf das Erwachsenen-und Erwerbsleben und auf die ständigeWeiterbildung; die Aktivitäten der Schü-ler sind praxisbezogen und aufgaben-orientiert. Die von ihnen absolviertenKurse und Module bieten einen umfas-senden, ausgewogenen Lehrplan, der diepersönliche und soziale Entwicklung derTeilnehmer fördert und ihnen eine beruf-liche Orientierung ermöglicht. Das heraus-ragendste Charakteristikum des LCA be-steht wohl darin, dass es den Teilnehmerndie Möglichkeit zum „Learning-by-doing“verschafft, die Möglichkeit, Wissen undKompetenzen in integrierter Weise und inder realen Welt zur Bewältigung vonProjektaufgaben und zur Problemlösunganzuwenden. Damit wird ein hohes Maßan Interaktion mit dem lokalen Umfeldund insbesondere den Arbeitgebern si-chergestellt.

Das LCA besteht aus drei Teilen – Berufs-vorbereitung, berufliche Bildung und All-gemeinbildung. Das Programm ist hinsicht-lich der Unterrichts- und Lernmethodenund der Formen der Leistungsbeurteilungfür Irland innovativ. Nach Abschluss desProgramms absolvieren die Teilnehmer inder Regel berufsbildende Lehrgänge, fürdie das „staatliche Abschlusszeugnis“ dieZugangsvoraussetzung darstellt (Post-Leaving Certificate courses), oder sie su-chen direkt einen Arbeitsplatz.

Die Programmbeschreibung skizziert diewichtigsten Aspekte des Programms (DES/NCCA, 2000). Besonders betont wird dieTatsache, dass es sich um ein zweijähri-ges Programm handelt, das zu einem„staatlichen Abschluss“ führt – die Schü-ler, die das Programm absolvieren, erhal-ten ein Zeugnis mit der gleichen Bezeich-nung wie jenes, das Schülern ausgestelltwird, die den herkömmlichen und stär-ker „allgemeinbildend“ orientierten Bil-dungsweg abschließen. Die Programmbe-schreibung setzt sich für eine Reihe von

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Grundsätzen ein, die die wichtigstenSchwerpunkte und Anliegen des Pro-gramms erhellen (ebd., S.␣ 8). Dazu gehö-ren die persönliche und soziale Entwick-lung der Teilnehmer, die Bereitstellung in-tegrierter Lernmöglichkeiten, was aktiveUnterrichts- und Lernstrategien ein-schließt, außerschulische Lernumge-bungen sowie das Bemühen, die Schülerzu ermutigen, die gewonnenen Erfahrun-gen zu bewerten und zu reflektieren. Aufdie Frage, welche Aspekte des Programmssie für am bedeutsamsten hielten, nen-nen die Teilnehmer ausnahmslos die„Projektaufgaben“ (student tasks) und ihreBewertung, die Erfahrungen in der Ar-beitswelt sowie die flexibleren Lern-umgebungen, die „andersartige“ Bezie-hungen zu den Lehrern beinhalten(Ó␣ Donnabháin, 1999; Boldt, 1998).

Die Leistungen der Schüler werden nachdem Kumulationsprinzip bewertet, wobeidrei Verfahren Anwendung finden, beidenen Anrechungspunkte vergeben wer-den für:

❏ die Absolvierung von Modulen (31␣ %der Anrechnungspunkte) auf der Grund-

lage von schriftlichen Arbeiten, für die dieSchüler selbst Anrechnungspunkte bean-spruchen;

❏ den Schülern gestellte Projektaufgaben(35␣ % der Anrechnungspunkte), bei de-nen sie die Möglichkeit haben, durch dieEntwicklung von Projekten bestimmteLerninteressen zu verfolgen;

❏ Abschlusszeugnisse (34␣ % der Anrech-nungspunkte).

Die Unterschiede zwischen diesem Pro-gramm und dem herkömmlichen „staatli-chen Abschlusszeugnis“, die in Abbildung1 aufgeführt werden, sind aufschlussreich.

Abbildung 1: Lehrplanvergleich

Die Projektaufgaben(student tasks)

Dieser innovativste Aspekt des LCA ver-dient besondere Beachtung. Hierbei neh-men die Schüler an praktischen Aktivitä-ten teil, mittels derer sie durch die Ent-wicklung eines Produkts, die Untersu-chung einer Problemstellung und die Be-

Kriterien

Spannweite und Ausgewogenheit

Integrationsgrad des Lehrplans

Struktur

Pädagogische Methodik

Bewertung

Zertifizierung

Motivation der Teilnehmer

Einbeziehung des lokalen Umfeldes

Arbeitspraktika

Schwerpunktziel des Lehrplans

Herkömmliches „staatlichesAbschlusszeugnis“Die Schüler belegen sieben Fächer(von 31) ihrer WahlEinzelfächer

Zweijähriger, in Einzelfächer aufgeglie-derter UnterrichtPrüfungs- und lehrbuchzentriert

Summativ

Nach Einzelfächern

Aufgeschobene Belohnung

Minimal

Nur im Rahmen des LCVP

PRODUKT

LCA

Gemeinsamer Lehrplanrahmen für alle

Projektaufgaben; Teamansatz

Erfahrungsorientiertes Lernen

Kumulativ

Gruppenbenotung

Nach kurzfristigen Zielvorgaben

Intrinsische Motivation

Beträchtlich

CORE

PROZESS

Abbildung 1

Lehrplanvergleich

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reitstellung einer Dienstleistung lernen.Die Projektaufgabe fungiert als Vehikel fürdie Integration des Lehrplans und ermun-tert die Schüler dazu, beim Lernen die ver-schiedenen Teile des Programms zu nut-zen, indem sie auf das, was sie durchbereits abgeschlossene Module gelernthaben, zurückgreifen und ihre eigenenLerninteressen in locker strukturierterWeise verfolgen.

Für die Projektaufgaben müssen die Schü-ler mindestens zehn Stunden (oftmalsbeträchtlich mehr) aufwenden, wobei eineProjektaufgabe von einem einzelnenSchüler oder einer Gruppe übernommenwerden kann. Die Durchführung derProjektaufgabe umfasst die Phasen Pla-nung, Sammeln, Verarbeitung, Vorlage ei-nes Berichts und Beurteilung. Die Bewer-tung der Projektaufgaben erfolgt auf derGrundlage von:

❏ Leistungskriterien – Qualität, Umfangder erkennbaren Eigeninitiative, Kreativi-tät, aktive Beteiligung, praktische Umset-zung;

❏ Kriterien für die Bewertung des Be-richts – Klarheit der Darstellung, Effekti-vität des Aktionsplans und der Informa-tionsübermittlung, erreichter Integrations-grad, Begriffsverständnis, Selbstbeur-teilung.

35␣ % der Anrechnungspunkte des Pro-gramms werden für Projektaufgaben ver-geben. Die Bewertung der Aufgabenumfasst außerdem ein Gespräch mit demSchüler über die Projektaufgabe. Im Ver-lauf des zweijährigen Programms über-nehmen die Schüler sieben Projektauf-gaben. Dazu gehören:

❏ eine Projektaufgabe aus dem Bereichder Allgemeinbildung;

❏ eine Projektaufgabe aus dem Bereichder Berufsvorbereitung;

❏ zwei Projektaufgaben aus dem Bereichder Berufsbildung;

❏ eine Projektaufgabe zu aktuellen The-men;

❏ eine praktische Projektaufgabe;

❏ eine Projektaufgabe in Form der ei-genständigen Erörterung eines Themas.

Beispiele für bisher durchgeführte Projekt-aufgaben sind: die Erkundung von Berufs-chancen, „Auswirkungen von Teilzeitar-beit auf Vollzeitschüler“, Überprüfung derSicherheitsvorkehrungen in der Schule,eine „Untersuchung des Phänomens Joy-riding“, Partyservice für Veranstaltungen,Bau eines Treibhauses, Herstellung vonverschiedenen Gebrauchsgegenständen,Betreiben eines Kleinstunternehmens, Or-ganisation von Freizeitveranstaltungenund Haarpflege.

Die Resonanz, die diese Projektaufgabenals Lerninstrument und als Mittel zur indi-viduellen Entwicklung bei den Schülernfanden, war bemerkenswert (Ó Donnab-háin, 1999). Die Schüler erklären insbe-sondere, dass sie an Selbstvertrauen ge-wonnen hätten und dass sie aufgrund dergrößeren Eigenverantwortung für das, wassie lernen, mehr Interesse am Lernen ent-wickelt hätten. Außerdem betonen sie, dassdie Projektaufgaben für ihre eigene Lebens-situation von Belang seien – für ihre Er-fahrungen als junge Erwachsene, für dieProbleme des Familienlebens und für dierichtige Wahl im Hinblick auf ihren weite-ren Ausbildungsweg und ihren Beruf.Wenn die Schüler über die Durchführungder Projektaufgaben sprechen, dann sindsie sich sehr deutlich bewusst, wie sehrsich der Charakter des Lernprozesses undihr Verhältnis zu den Lehrern verändert ha-ben. Einige äußern sogar Verärgerung überLehrer, die die Freiheit der Schüler ein-schränken, sich beim Lernen an ihren per-sönlichen Interessen zu orientieren. DenNutzen, den die Schüler aus der selbst-ständigen Durchführung von Projektauf-gaben ziehen, findet sich in folgenden, ty-pischen Äußerungen zusammengefasst:

„Es ist die Art und Weise, wie der Kursdurchgeführt wird […] man kommt mitLeuten zusammen […] man muss raus-gehen und selbst etwas tun […] die Lehrerüben keinen Druck mehr aus, damit manseine Hausaufgaben macht […] man hatwirklich einmal die Chance, zu schauen,was man gern macht.“„Alles, was wir gemacht haben, ist sehrinteressant und hatte mit dem wirklichenLeben zu tun.“

Bildung für das Arbeitsleben

Vorbereitung auf das Arbeitsleben, diepraktische Arbeitspraktika umfasst, wird

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im Rahmen der Berufsvorbereitung und-beratung angeboten, für die während deszweijährigen Programms rund 240 Stun-den angesetzt sind – bis zur Hälfte dieserZeit kann für Arbeitspraktika aufgewen-det werden. Deren Gestaltung unterschei-det sich von Schule zu Schule und umfasstBetriebspraktika, simulierte Arbeitssitua-tionen und die Erkundung von Berufs-chancen, die im Rahmen von unterrichts-freien Blöcken oder an einem unterrichts-freien Tag pro Woche erfolgen. VieleSchüler führen Projektaufgaben aus, dieauf ihre Arbeitspraktika Bezug nehmen.

Aus Sicht der Schüler haben sich dieArbeitspraktika als ein zentraler Aspektdes Programms erwiesen. Die Ergebnisseder von Ó Donnabháin (1999) durchge-führten Befragungen deuten darauf hin,dass die Schüler die Projekte als positiveErfahrung empfanden, die ihr Selbstwert-gefühl und ihr Selbstvertrauen gestärkt,ihre Kenntnisse über verschiedene Aspek-te des Erwerbslebens und künftige Berufs-chancen erweitert, die Entwicklung neu-er Kompetenzen und die Verbesserungvorhandener Kompetenzen ermöglichtsowie zu ihrer Motivierung und Reife bei-getragen habe. Was die Leistung der Leh-rer und Schulen in Bezug auf diesenAspekt des Programms betrifft, so wer-den dramatische Qualitätsunterschiede er-kennbar.

Die Erfahrungen mit dem LCA-Programmdeuten darauf hin, dass die betroffenenLehrer in diesem und anderen Bereichendes Programms Probleme haben, sichmaximal für außerschulische Lernmodellezu engagieren, die von den ausgetrete-nen Pfaden des fächerspezifischen Unter-richts im Klassenzimmer abweichen. Den-noch äußern sich die Schüler positiv überden Programmteil „Arbeitspraktika“. Sozum Beispiel folgendermaßen:

„Was ich gelernt habe, […] Veränderun-gen im Erwerbsleben, […] wie man sichim Erwerbsleben zurechtfindet, […] alles,was auf einen zukommt, wenn man dieSchule abgeschlossen hat oder arbeitetoder auch wenn man arbeitslos ist, […]wie man sich nach der Schule im Lebenzurechtfindet, […] nach der Schule ist daswichtigste im Leben, eine Arbeit zu fin-den und erfolgreich zu sein, […] sich aufdas zu konzentrieren, was man machenwill.“

Tabelle 1

Werdegang der Schüler nach Erwerb des LCA

Werdegang Absolventen Absolventen Absolventen1999 1998 1997

Erwerbstätigkeit 38% 38% 39%An das „staatlicheAbschlusszeugnis“anschließende Kurse (PLC) 22% 22% 32%Lehrlingsausbildung 17% 19% 11%CERT-Kurse (Gastgewerbe) 4,5% 5% 1%Teagasc-Kurse (Landwirtschaft) 2% 3% 3%FAS-Kurse 3,5% 2% 1%Andere als PLC-Kurse 2% 2% 1%Arbeitssuchende 4% 4% 6%Keine Angaben /Nicht für eineErwerbstätigkeit verfügbar 7% 5% 6%

Werdegang der Schüler, die das LCAerworben haben

Die Ergebnisse der Umfrage von 1999über den Werdegang der Schüler bestäti-gen, das 88␣ % der Schüler, die das „praxis-orientierte staatliche Abschlusszeugnis“ er-worben hatten, eine berufliche Tätigkeitoder eine weiterführende Ausbildung auf-nahmen. Dies entspricht den hohen Pro-zentsätzen der Jahre 1997 und 1998. Etwaderselbe Prozentsatz nahm jährlich eineErwerbstätigkeit auf. Die Zahl der Absol-venten, die immer noch einen Arbeitsplatzsuchen, ist leicht gestiegen.

Tabelle 1:Tabelle 1 listet die zehn häufigsten Werde-gänge von Absolventen des Jahres 1999auf und lässt erkennen, welche die amhäufigsten gewählten Beschäftigungs-zweige und weiterführenden Bildungswe-ge sind. Die Umfrage von 1999 liefert auchnach dem Leistungsniveau der Absolven-ten aufgeschlüsselte Informationen überihren Werdegang. Von denjenigen, die mitAuszeichnung bestanden hatten, nahmen25␣ % eine berufliche Tätigkeit auf, wäh-rend 68␣ % an weiterführenden Ausbil-dungsmaßnahmen teilnahmen. Von den-jenigen, die nicht die Bestnote erreich-ten, nahmen 54␣ % eine berufliche Tätig-keit auf, während 24␣ % sich für eineweiterführende Ausbildung entschieden.

Tabelle 2:Insgesamt deuten die Ergebnisse derUmfragen zum Werdegang der Absolven-

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ten darauf hin, dass das Programm sichin seiner Funktion als Programm zur be-ruflichen Erstausbildung bewährt hat.Schüler, von denen in der Vergangenheitmanche ohne Qualifikation von der Schu-le abgegangen wären, erwerben nun eineQualifikation und treffen erfolgreiche be-rufliche Entscheidungen in Bezug auf einekünftige Beschäftigung und eine weiter-führende Ausbildung. Jedoch verbergensich hinter den hier vorgelegten Grund-daten einige Erkenntnisse über die wach-sende Zahl von Schülern, die das Pro-gramm nicht abschließen, welche be-stimmte Fragen und Probleme aufwerfen,auf die wir im folgenden zurückkommenwerden.

Probleme

Das Beispiel des LCA beleuchtet vieleSchlüsselprobleme der irischen Bildungs-politik und -praxis. Fünf dieser Probleme– Partnerschaft, Fragmentierung, mangeln-de Flexibilität, Einschätzung der Gleich-wertigkeit des LCA sowie die Nutzung von„dritten Orten“ für Unterricht und Lernenwerden im folgenden Abschnitt erörtert.

Partnerschaft

Der Bildungssektor spielte eine Vorreiter-rolle bei der Entwicklung des sozial-partnerschaftlichen Modells der Konsens-suche, das generell eines der wichtigstenMerkmale der irischen Politik darstellt.Doch wird diese Partnerschaftsrhetorik

nicht immer in die Realität umgesetzt, unddas LCA wirft einige interessante Fragenbezüglich der Praxis dieses Partnerschafts-modells auf. Obwohl der in sich geschlos-sene Charakter des Programms einerseitsbeträchtliche Innovationsmöglichkeiteneröffnet (Gleeson und Granville, 1996),so verstärkt andererseits genau dies dieFurcht vor Stigmatisierung. So wurde dieSorge, dass Schüler, die alternative, we-niger theoretisch ausgerichtete Unter-richtsprogramme absolvieren von einer„Ghettoisierung“ bedroht sind, beispiels-weise von der National EducationConvention geäußert - „da das Programmnicht zu einer formellen beruflichen Qua-lifikation führt und die Absolventen desProgramms lediglich Zugang zu einerbegrenzten Anzahl von an die Sekundar-schule anschließenden Ausbildungs-gängen haben, besteht eindeutig die Ge-fahr, dass das Programm als ‘weiche Op-tion’ betrachtet wird, die für die Schülernur von eingeschränktem Wert ist“ (23)(Coolahan (Hg.), 1994, S. 76).

Die Anerkennung des neuen Abschlussesdurch Arbeitgeber und weiterführendeBildungseinrichtungen für weiterführen-de Bildung (Gleeson und Granville, 1996)ist ein Prüfstein für die Umsetzung desPartnerschaftsmodells. Obwohl LCA-Ab-solventen, die eine weiterführende Aus-bildung anstreben, einen PLC-Kurs (NCVALevel 2) (24) besuchen können, der be-stimmte Bildungsmöglichkeiten auf derTertiärstufe im nicht-universitären Bereicheröffnet, so geht es dem typischen Teil-nehmer an einem LCA-Programm in er-ster Linie darum, dass seine QualifikationAkzeptanz bei den Arbeitgebern, und hier-bei auch dem Staat, findet. Der NESC(1993, S. 211ff) vertritt die Auffassung,dass „die Erfolgsaussichten für Alternati-ven zum derzeitigen allgemeinen ‘staatli-chen Abschlusszeugnis’ verbessert werdenkönnten, wenn diese Programme mittelsdurchstrukturierter und eventuell Exklu-sivcharakter besitzenden Ausbildungs-gänge auf weiterführende Bildungswegesowie den Arbeitsmarkt hinführen“. Einsolcher Vorschlag, der dem LCA eine be-vorzugte Stellung zuweisen möchte, wirftdie Frage auf, inwieweit im Bereich derBerufsbildung tatsächlich ein partner-schaftlicher Ansatz existiert. Ungeachtetder in den Partnerschaftsabkommen for-mulierten Bekenntnisse zur Bekämpfungder sozialen Ausgrenzung haben die Part-

Tabelle 2

Die zehn häufigsten Berufs- und Ausbildungswegevon Schülern, die das LCA erworben haben

Nr. Berufs- oder Ausbildungsweg %1 Beschäftigung im Dienstleistungssektor oder im Handel 11,85 %2 Lehre im Baugewerbe 9,38 %3 Beschäftigung in der Fertigungsindustrie 8,04 %4 PLC im kaufmännischen oder Sekretariatsbereich 7,73 %5 Beschäftigung im Hotel- und Gaststättengewerbe 4,12 %6 PLC-Kurs in Informationstechnologie 3,91 %7 PLC-Kurs für Kinderbetreuung 3,91 %8 Beschäftigung im Baugewerbe 3,70 %9 Teagasc – landwirtschaftliche Lehre 2,26 %10 Beschäftigung in Landwirtschaft/Gartenbau 1,75 %

(23) Ähnliche Gedanken werden imWeißbuch zur Entwicklung der Hu-manressourcen (White Paper on Hu-man Resource Development) (Ireland,1997, S. 48) formuliert: „Ein entschei-dender Prüfstein für die Zweckdien-lichkeit dieser neuen, berufsorien-tierten Programme […] besteht darin,dass sie die gleiche Akzeptanz undden gleichen Stellenwert wie die her-kömmlichen und konventionellerenProgramme erreichen“.

( 24) NCVA: National Council forVocational Awards (staatliche Behör-de für Berufsbildungsabschlüsse derSekundarstufe)

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ner bislang keine Neigung gezeigt, denVorschlag des NESC umzusetzen.

Das LCA wirft noch eine zweite entschei-dende Frage auf, die den partnerschaftli-chen Ansatz im Bereich der Politikgestal-tung auf nationaler Ebene betrifft. Diegrößte Lehrergewerkschaft im Sekundar-schulbereich lehnte es ab, die Vorschlägezur Bewertung der Schulen umzusetzen,die ein integraler Bestandteil des Pro-grammkonzepts waren. Diese Weigerungwirkt sich äußerst negativ auf die Effekti-vität des Programms aus. Während alsoder Dachverband der irischen Gewerk-schaften (Irish Congress of Trade Unions)eine sehr verantwortungsvolle und stra-tegisch wichtige Rolle bei der Realisierungdes partnerschaftlichen Kontrollverfahrensauf Makroebene spielte, weigerte sich eineseiner größten Mitgliedsgewerkschaften,an dem zentralen Aspekt einer Initiativemitzuarbeiten, die ins Leben gerufen wor-den war, um auf die Bedürfnisse derjeni-gen einzugehen, die am meisten von denschlimmsten Auswirkungen sozialer Be-nachteiligung bedroht waren.

Fragmentierung

Das irische Bildungssystem weist auf ver-schiedenen Ebenen eine Fragmentierungauf, während gleichzeitig die Beziehun-gen zwischen den staatlichen Stellen, diefür die allgemeine und berufliche Bildungzuständig sind, immer sehr problematischwaren (Gleeson, 2000). Das LCA stellt eininteressantes Beispiel für diese Frag-mentierung dar. Es wurde von der staatli-chen Behörde für Lehrplangestaltung undBewertung (National Council for Curri-culum and Assessment) konzipiert, wäh-rend dann die Zuständigkeit für die Um-setzung und Bewertung des Programmsdem Ministerium für Bildung und Wissen-schaft zufiel. Unter diesen Umständenerweist es sich als äußerst schwierig, einekonsequente Umsetzung der Grundsätzedes Programms sicherzustellen und diesebei der Bewertung in angemessener Wei-se zu berücksichtigen.

Das LCA stellt insofern ein prägnantesBeispiel für den Stückwerkcharakter deririschen Lehrplanreform dar, als es ledig-lich neben das bereits vorhandene Pro-gramm für das „staatliche Abschluss-zeugnis“ gestellt wurde. Ironischerweiseereignen sich die besten Entwicklungen,

wie es im irischen Bildungswesen immerder Fall ist, insofern am Rande des Sys-tems, als das LCA als Beispiel für wichti-ge Neuerungen wie einem aufgaben-orientierten Ansatz, der Förderung von ei-genständigem Denken, aktivem Lernenund Forscheraktivitäten der Schüler steht.

Mangelnde Flexibilität

Hannan et al. (1998, S. 127) gelangten inihrer Analyse dessen, was sie als „Über-bildung“ der irischen Jugendlichen be-zeichnen, zu dem Schluss, das „eines derauffälligsten Charakteristika des irischenBildungssystems trotz seiner offensichtli-chen Erfolge in seiner mangelnden Flexi-bilität besteht […] Diese zeigt sich deutli-cher in den Bereichen Lehrpläne/Zertifi-zierung als im Unterrichtstempo, im An-gebot an Teilzeitunterricht oder an denVerfahren zur kombinierten Anrechungvon Anrechnungspunkten für Unter-richts-/Ausbildungseinheiten. Zudem führtdie mangelnde Flexibilität der Vorschrif-ten für den Zugang zur weiterführendenBildung dazu, dass dieser Zugang im we-sentlichen jenen vorbehalten bleibt, diedas allgemeinbildende Vollzeitschulsystemerfolgreich abschließen, die wenigen Ab-schlüsse mit ‘berufsbildender/fachlicherSpezialisierung’ mit eingeschlossen.“

Einschätzung der Gleichwertigkeit desLCA

Der „in sich geschlossene“ Charakter desLCA-Programms stellt ein weiteres Bei-spiel für mangelnde Flexibilität dar. Wäh-rend dieser Ansatz, wie von Gleeson undGranville (1996) dargelegt, einerseits vie-le Vorteile bietet, wird das Programm auf-grund seiner isolierten Stellung nicht alsgleichwertig eingeschätzt und der Zu-gang zur Ausbildung auf der Tertiärstufeverzögert. Dies erweist sich als ungünstigzu einer Zeit, in der landesweit beträcht-liche Sorge angesichts des geringen Pro-zentsatzes von Hochschulanfängern ausder Arbeiterschicht besteht und in der derZugang zu Hochschulstudiengängen be-reits Sekundarschulabsolventen offensteht, die in der Prüfung für das her-kömmliche „staatliche Abschlusszeugnis“fünfmal die Note „Bestanden“ erreicht ha-ben.

Dieser „in sich geschlossene Charakter“muss vor dem historischen Hintergrund

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des Systems der Postprimarbildung in Ir-land gesehen werden. Da sich die sinken-de Geburtenrate auf die Anzahl der Schü-ler in der Sekundarstufe II auswirkt unddamit Studienplätze leichter zugänglichwerden, wird das LCA-Programm seinenin sich geschlossenen Charakter nicht aufDauer bewahren. Noch ein weiteres unddamit zusammenhängendes Problem wirdgegenwärtig erkennbar – die hohen Ab-bruch- und Durchfallquoten im Hoch-schulbereich, die bei im theoretischenBereich schwächeren Studenten zu beob-achten sind. Die mangelnde Flexibilitätzeigt sich auch in der fehlenden Bereit-schaft des Bildungs- und Wissenschafts-ministeriums, Schülern im LCA-Bereichdie Möglichkeit einzuräumen, Anrech-nungspunkte über einen Zeitraum vonmehr als zwei Jahren hinweg zu sammelnund die betreffenden Bildungseinrichtun-gen zu autorisieren, auf Schulebene ent-wickelte Module anzubieten.

Bildung an einem „dritten Ort“

Einer der interessantesten Aspekte desLCA besteht darin, dass ein auf das „staat-liche Abschlusszeugnis“ hinführendes Pro-gramm, das in den Zuständigkeitsbereichdes Ministeriums für Bildung und Wissen-schaft fällt, auch im Rahmen außerschuli-scher Programme wie Youthreach (25)durchgeführt wird. McNamara (2000), dersich in bester Position befand, um dieschulischen und außerschulischen Rah-menumfelder zu vergleichen, gelangte zudem Schluss, dass „es keinen Grund gibt,warum das LCA-Programm nicht in einemaußerschulischen Rahmen durchgeführtwerden sollte. Das Argument, dass eineerfolgreiche Durchführung dieses Pro-gramms qualifizierte Lehrer erfordert, hälteiner Überprüfung nicht stand […]. ImHinblick auf die Organisation des LCA-Programms war die herkömmliche Schu-le Youthreach [dem außerschulischen Rah-men] überlegen […], doch erwies sich dieLeitung des Youthreach-Programms alsflexibler. Die Lehrer hatten ein besseresVerhältnis zu den Schülern als in der her-kömmlichen Schule. Welches System funk-tionierte also besser? Für die Gesamtlei-tung des Programms und in administrati-ver Hinsicht erwies sich das herkömmli-che Schulmodell als besser. Da jedoch derZweck des LCA darin besteht, junge Men-schen auf den Übergang ins Erwachse-nen- und Erwerbsleben vorzubereiten,

hielt ich den Youthreach-Ansatz besser fürdie Bedürfnisse junger Menschen geeig-net“.

Schlussfolgerung

Hord (1995) ermittelte vier Phasen derLehrplanreform:

❏ auf die Einzelbereiche bezogene Maß-nahmen;❏ auf die Menschen bezogene Maßnah-men;❏ auf die Schulen bezogene Maßnahmen;❏ auf das System bezogene Maßnahmen.

Angesichts des Stückwerkcharakters deririschen Lehrplanreform kann es kaumüberraschen, dass „auf die Einzelbereichebezogene Maßnahmen“ im Vordergrundstanden – und in jüngerer Zeit die auf dasSystem bezogenen Maßnahmen, indemeine beispiellose Zahl gesetzlicher Rege-lungen verabschiedet wurde. Die Bemü-hungen um die Lehrerfortbildung warengering, obwohl die für die berufsbeglei-tende Weiterbildung der LCA-Anbieter be-reitgestellten Mittel beträchtlich waren.Die Rolle des Faktors Schule für eine er-folgreiche Reform blieb bis in die jüngsteVergangenheit völlig unbeachtet (sieheOECD, 1991; Callan, 1998), und seine Be-rücksichtigung bei der Umsetzung desLCA-Programms lässt sehr zu wünschenübrig.

Das LCA stellt ein weiteres Beispiel fürsolche „auf Einzelbereiche bezogenenMaßnahmen“ dar, denn hier wurde amRande des Systems „herumgebastelt“ undein hervorragendes berufsvorbereitendesAusbildungsprogramm entwickelt, dasaber „in sich geschlossen“ ist, um eine„Verseuchung“ des sakrosankten, her-kömmlichen „staatlichen Abschlusszeug-nisses“ zu verhindern. Dieser Ansatz ent-spricht perfekt der in Irland herrschen-den Tendenz, Veränderungen mittels tech-nischer und gesetzlicher Verfahren her-beizuführen und kulturelle und pädago-gische Aspekte zu vernachlässigen. Ausdiesem Blickwinkel gesehen geht es beimLCA um die Bereitstellung eines „raffiniertausgeklügelten Gegengewichts“ zu her-kömmlichen Sekundarabschlüssen, dasdie Forderung der Wirtschaft nach einerErhöhung der Verbleibquoten erfüllen

(25) Youthreach: Programm zur Ein-gliederung Jugendlicher in die Ar-beitswelt.

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soll, und weniger um eine kritische Beur-teilung des etablierten Bildungssystems.Andererseits halten viele das LCA für einewertvolle Errungenschaft, dessen Zurech-nung zur Familie der „staatlichen Ab-schlusszeugnisse“ ihm größte Bedeutungverleiht. Es ist diese offizielle Anerken-nung, aufgrund derer entschieden wur-de, das LCA auf dieser Agora vorzustel-

len, und nicht einige der radikaleren Al-ternativen, die es in Irland gibt. Nachdemdas Programm nun anerkannt wurde,könnte es möglicherweise, nach Art ei-nes Trojanischen Pferdes, die irischeCurriculumpolitik und -praxis im Bereichder Postprimarbildung von innen her re-volutionieren. Ich würde jedoch nichtdarauf bauen!

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Information,Vergleichsstudien

Assessing the supply and demand forscientists and technologists inEurope/R. Pearson (et al.)[Beurteilung von Angebot und Nach-frage nach Wissenschaftlern undTechnologiefachleuten in Europa]Brighton: Inst i tute for EmploymentStudies, 2001, 208 S.(Report, 377)ISBN 1 85184 306 XGrantham Book Services LtdIsaac Newton WayAlma Park Industrial EstateUK-Grantham NG31 9SDTel. (44-1476) 541080Fax (44-1476) 541061

Dieser Bericht, der auf einer Studie fürdie Generaldirektion Forschung der Eu-ropäischen Kommission beruht, befasstsich mit den verfügbaren objektiven Da-ten über Angebot und Nachfrage nachWissenschaftlern und Technologiefach-leuten in Europa. Es wird zunächst fest-gestellt, dass es sich hierbei angesichtsdes raschen Wandels, der Vielfältigkeit derBerufsprofile, Länder und ihrer Arbeits-märkte und der mangelnden Genauigkeitder verfügbaren Datenquellen um eineprinzipiell schwierige Aufgabe handelt.Zudem werde eine objektive Beurteilungder Lage durch diverse weit verbreitete,schlecht recherchierte Ad-hoc-Studienüber den Bedarf an IT-Kenntnissen er-schwert, die mitunter nur wegen ihreröffentlichen Wirkung und der Untermaue-rung von Forderungen nach mehr staatli-chen Mitteln für Bildung und Ausbildungerstellt würden. Ein weiteres Ziel der Stu-die bestand folglich darin festzustellen,was überhaupt erreicht werden kann undwo Datenquellen verbessert werden kön-nen, um die Politik in diesem schwieri-gen Bereich sinnvoll zu unterstützen.

Managing quality in higher education:an international perspective on insti-tutional assessment and change / JohnBrennan and Tarla Shah

[Qualitätsmanagement in der höherenBildung: Institutionelle Beurteilungund Veränderung aus einer internatio-nalen Perspektive]London: Open University Press,2000, 166 S.ISBN 0-335-20673-5

In den vergangenen Jahren wurden invielen Ländern neue Mechanismen für dieQualitätsbeurteilung und das Qualitäts-management in der höheren Bildung ein-geführt. Diese Mechanismen haben so vielEnthusiasmus wie zynische Kritik hervor-gerufen. Die Befürworter sehen hierbeieine Fülle von Vorteilen für die Institu-tionen der höheren Bildung und die Men-schen, die in ihnen arbeiten und studie-ren, wohingegen die Kritiker diese Neue-rungen im günstigsten Falle als überflüs-sig und im ungünstigsten Fall als ernst-haft schädlich für das Hochschulwesenbeurteilen. Bislang war keine Seite in derLage, ihre Meinung mit konkreten Faktenzu untermauern. Dieses Buch unternimmteinen wichtigen ersten Schritt, um dieseFakten zu liefern. Berichtet wird über eineReihe von Fallstudien über Qualitäts-beurteilung und Qualitätsmanagement in29 Institutionen und sieben nationalenQualitätsagenturen aus insgesamt 17 Län-dern sowie über andere Forschungen zudiesem Thema. Statt Schwarzweiß-Male-rei zu betreiben, versucht das Buch auf-zuzeigen, dass Qualitätsmanagement so-wohl Vorteile als auch Risiken mit sichbringen kann, je nachdem, wie, in wel-chem Kontext und zu welchem Zweck eseingesetzt wird. Die Autoren argumentie-ren, dass Qualitätsmanagement genausoviel mit Macht, Werten und Veränderun-gen zu tun habe wie mit Qualität und dassdies oft der Grund für Kontroversen undKonflikte sei. Und deshalb sei das Themawichtig. Dieses gemeinsam mit der OECDherausgegebene Buch basiert auf einemProjekt, das von dem Programm IMHE(Institutional Management in HigherEducation) der Organisation für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwick-lung unterstützt wird. Das Programm wirdvon John Brennan geleitet und von derEuropäischen Kommission gefördert. Die-ses Buch ist von großem Wert für Fach-

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Anne Waniart,Bibliothekarin im Cedefop,mit Unterstützung derMitglieder des Dokumen-tationsnetzwerkes erstellt

Die Rubrik „Literaturhinweise“enthält eine Sammlung jüngs-ter einschlägiger Veröffentli-chungen über die Entwicklungder Berufsbildung und derQualifikationen auf europäi-scher und internationaler Ebe-ne. Berücksichtigt wurden inerster Linie vergleichende Un-tersuchungen, aber auch na-tionale Studien, sofern sie imRahmen europäischer oder in-ternationaler Programme rea-lisiert wurden, Analysen derWirkung von Gemeinschafts-aktionen in den Mitglied-staaten und Berichte über einbestimmtes Land aus der SichtDritter.

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professoren, Politiker, Wissenschaftler undForscher, die an Hochschulen bzw. in derHochschulpolitik tätig sind.

Europäische Union:Politik, Programme,Teilnehmer

„JUGEND für Toleranz und Demokra-tie - Eine europäische Perspektive imKampf gegen Rassismus und Fremden-feindlichkeit“, Konferenz in Berlin,2001Brüssel: Europäische Kommission - Ge-neraldirektion Bildung und Kultur, 2002,12 S.European Commission - Education andCulture Directorate-GeneralRue de la Loi 200/Wetstraat 200B-1049 BrüsselTel. (32-2) 2991111URL: http://www.europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

Die Idee zu dieser Konferenz entstand auseiner deutschen Initiative beim EU-Jugendrat im November 2000 und fandweitere Unterstützung bei einem Ge-spräch zwischen der deutschen Bundes-ministerin für Familie, Senioren, Frauenund Jugend, Dr. Christine Bergmann, undder EU-Kommissarin für Bildung, Jugendund Kultur, Viviane Reding. Hauptthemades Gesprächs war die Einbindung derJugend und ihrer Ideen und Aktivitätenin die Bekämpfung von Rassismus undAusländerfeindlichkeit in Europa. Dem-entsprechend sollte die Konferenz denJugendlichen eine Möglichkeit geben, ihreErfahrungen bei der Bekämpfung vonRassismus und Ausländerfeindlichkeitauszutauschen und ihnen eine Plattformfür Diskussionen mit Politikern und Ex-perten bieten. Ziel war letztendlich dieAusarbeitung von Empfehlungen für eineeuropäische Politik gegen Rassismus undAusländerfeindlichkeit, die direkt an diePolitiker weitergegeben werden sollten,um die gegenwärtige europäische Debat-te zu diesem Thema mitzubestimmen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/commission/dgeac/2002_0002_en.pdf

Analysing and anticipating change tosupport socio-economic progress:four year programme 2001-2004[Analyse und Antizipierung von Ver-änderungen zur Förderung des sozio-ökonomischen Fortschritts: Vier-jahresprogramm 2001-2004]European Foundation for the Improve-ment of Living and Working Conditions -EFILWCEuropean Industrial Relations Observatory- EIROLuxemburg: EUR-OP, 2001, 120 S.ISBN 92-897-0058-0Kat.-Nr. TI-36-01-370-EN-CEUR-OP2 rue Mercier, L-2985 Luxemburgoder über die nationalen VerkaufsbürosTel. (352-29) 2942118Fax (352-29) 2942709E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

Dieser Jahresbericht enthält das aktuelleund bislang siebte Vierjahresprogramm derEuropäischen Stiftung zur Verbesserung derLebens- und Arbeitsbedingungen. Ziel die-ses Programms ist zum einen die Sicher-stellung der Kontinuität auf der Grundla-ge der in den letzten 25 Jahren gewonne-nen Erkenntnisse und zum anderen dieFörderung von Innovation durch die Un-tersuchung neuer Problemstellungen unddie Berücksichtigung der gesellschaftlichenVeränderungen und der ständigen Heraus-forderungen bei der Verbesserung der Le-bens- und Arbeitsbedingungen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/foundation/2001_0001_en.pdf

Leitlinien für die Curriculumentwick-lung: neue IKT-Curricula für das 21.Jahrhundert: die Bildung von morgengestaltenEuropäisches Zentrum für die Förderungder Berufsbildung - CedefopLuxemburg:EUR-OP, 2001, VI, 47 S.(Career Space - Future skills for tomor-row’s world)ISBN 92-896-0073-X - DEKat.-Nr. TI-39-01-966-DE-CEUR-OP2 rue Mercier, L-2985 Luxemburgoder über die nationalen Verkaufsbüros,Tel. (352-29) 2942118Fax (352-29) 2942709E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

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In diesem Dokument werden die Leitlini-en vorgestellt, die von der Arbeitsgruppeausgearbeitet und von den am Projektbeteiligten IKT-Unternehmen übernom-men wurden. Dargestellt wird die Ent-wicklung der IKT-Branche sowie die his-torische Entwicklung der IKT-Curricula anden Hochschulen. Vor dem Hintergrundder schnellen Technologieentwicklung indiesem dynamischen Bereich und desWandels der Berufsprofile in der Industriewird die Notwendigkeit von grundlegen-den Veränderungen beschrieben. DasDokument liefert Empfehlungen bzgl. derInhalte neuer IKT-Curricula zur Abdek-kung der vielfältigen erforderlichenKenntnisse und Fähigkeiten. Mit den Leit-linien für die Curriculumentwicklung solldie Erstellung von Lehrgangsangebotenunterstützt werden, die das vollständigeSpektrum der Anforderungen in bestimm-ten Gebieten abdecken.

Definition von Indikatoren für eineEuropäische Strategie für Qualität inder Berufsbildung / Prof. Dr. ErwinSeyfriedEuropäisches Forum über Qualität derBerufsbildung. Brüssel, 2001Thessaloniki: Cedefop, 2001, 8 S.Cedefop, P.O. Box 22427 - FinikasGR-55102 ThessalonikiTel. (30) 310 490 111Fax (30) 310 490 102E-Mail: [email protected]:http://www.cedefop.eu.int/

Die Definition von einheitlichen Qualitäts-indikatoren im Bereich der beruflichenErstausbildung und Weiterbildung ist ei-ner der Schwerpunkte für die Zusammen-arbeit zwischen der Kommission und denMitgliedstaaten. Die Forumgruppe könn-te im Rahmen dieser Zusammenarbeit alsKatalysator fungieren, indem sie die Ent-wicklung von sowohl auf europäischerEbene als auch in den einzelnen Mitglied-staaten geeigneten Indikatoren anregt undunterstützt.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/cedefop/internal/2001_0010_de.doc

E-quality in vocational training: ahandbook / Helga Foster, KatrinGutschow[E-Qualität in der Berufsbildung: einHandbuch]

Bundesinstitut für Berufsbildung - BIBBBerlin: BIBB, 1999, 80 S.ISBN 3-88555-664-2

Ausgangspunkt des Projekts QUASAR - eintransnationales, im Rahmen des Pro-gramms Leonardo da Vinci gefördertesund vom BIBB koordiniertes Pilotprojekt– war die Förderung der Chancengleich-heit für Frauen und Männer in der beruf-lichen Weiterbildung durch die Entwick-lung von Qualitätsstandards. Hauptansatzder Ergebnisse ist die Einbindung vonQualitätskriterien in ein prozessorien-tiertes Qualitätsmanagementsystem. ZurSicherstellung eines breiten und multina-tionalen Ansatzes für die Entwicklung vonQualitätskriterien war jedes Partnerlandin regionale Netzwerke integriert, an de-nen Ausbildungsorganisationen, Ämter fürregionale Entwicklung, Beratungs- undForschungseinrichtungen sowie Unterneh-men beteiligt waren. Diese trugen durcheine Erprobung und Überprüfung der In-strumente zur Entwicklung und Bewer-tung der Projektergebnisse auf nationalerEbene bei. Die Ergebnisse des Projektssind in einem Handbuch für E-Qualität inder Berufsbildung zusammengefasst. DasHandbuch wendet sich an verschiedeneAdressaten: Für potenzielle Kunden undTeilnehmer werden Kriterien zur Überprü-fung von Ausbildungseinrichtungen undKursen aufgeführt; Qualitätskriterien fürdie ständige berufliche Weiterbildung fürFrauen beschreiben die Voraussetzungen,die von Ausbildungseinrichtungen erfülltwerden müssen, damit das Berufsbil-dungsangebot den Anforderungen derTeilnehmerinnen und des Arbeitsmarktsentspricht; eine Checkliste für Ausbilderzeigt deren Rolle bei der Qualitätssiche-rung; ein Fragebogen zur Selbstbeurtei-lung soll Weiterbildungseinrichtungen beider Bestandsaufnahme unterstützen undAnregungen geben. Ferner enthalten sindVorschläge für die Umsetzung einesQualitätsmanagementsystems entspre-chend den Kriterien des QUASAR-Pro-jekts.

Gender, employment and workingtime preferences in Europe / ColetteFagan [et al.][Geschlecht, Beschäftigung und bevor-zugte Arbeitszeitmodelle in Europa]Luxemburg: EUR-OP, 2001, 117 S.ISBN 92-897-0112-9

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Kat.-Nr. TJ-39-01-667-EN-CEUR-OP2 rue MercierL-2985 Luxemburgoder über die nationalen VerkaufsbürosTel. (352-29) 2942118Fax (352-29) 2942709E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

Dieser Bericht untersucht die geschlechts-spezifischen Merkmale der Arbeitsmarkt-beteiligung. Er zeigt auf, wie die von Frau-en und Männern bevorzugten Beschäfti-gungsmodelle von der jeweiligen Art ih-rer Tätigkeit sowie von ihren familiärenLebensbedingungen abhängen, und ver-gleicht die Wunschvorstellungen der Be-schäftigten mit denen der Arbeitsuchen-den.

Mehr Transparenz und Qualität in derberuflichen Weiterbildung / JohannesSauerEuropäisches Forum über Qualität derBerufsbildung. Brüssel, 2001Thessaloniki: Cedefop, 2001, 6 S.CedefopP.O. Box 22427 - FinikasGR-55102 ThessalonikiTel. (30) 310 490 111Fax (30) 310 490 102E-Mail: [email protected]: http://www.cedefop.eu.int/

Ziel der gegenwärtigen Diskussion überQualitätsverbesserungen in der Weiterbil-dung muss eine durch Regulierung er-reichte Sicherstellung der bestmöglichenQualität und des optimalen Verbraucher-schutzes in der Berufsbildung sein, indemein Qualitätssicherungssystem eingerich-tet wird. Aus diesem Grund gilt es in ers-ter Linie den Rahmen zu definieren, inden dieses Ziel eingebettet werden soll.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/cedefop/internal/2001_0006_en.doc

High level task force on skills andmobility: final report[Hochrangige Task Force für Qualifi-kation und Mobilität: Abschlussbe-richt]Europäische Kommission, Generaldirek-tion Beschäftigung und SozialesBrüssel: European Commission - Em-ployment and Social Affairs,

2001, 28 S.European Commission - Employmentand Social Affairs Directorate-GeneralRue de la Loi 200/Wetstraat 200B-1049 BrüsselTel. (32-2) 2991111URL: http://www.europa.eu.int/comm/dgs/employment_social_affairs

Drei Grundprinzipien bildeten die Grund-lage der Task Force für Qualifikation undMobilität: Erstens, die Freizügigkeit inner-halb des europäischen Binnenmarkts istein grundlegendes Ziel der EuropäischenUnion, dessen Hindernisse abgeschafftwerden müssen. Zweitens, die Entwick-lung einer wissensbasierten Gesellschaftist ein entscheidender Faktor für die Si-cherung der Wettbewerbsfähigkeit unddes Wachstums in einer globalisiertenWirtschaftsordnung, und aus diesemGrund müssen die politischen Maßnah-men zur Förderung von Qualifikationenin Europa verstärkt werden. Drittens, dieVerwirklichung der Freizügigkeit und derAufbau einer wissensbasierten Gesell-schaft sind Schlüsselvoraussetzungen fürdas Erreichen des Ziels der Vollbeschäfti-gung in Europa, das vom EuropäischenRat von Lissabon im Frühjahr 2000 be-schlossen wurde.

[email protected]: Information andCommunication Technology in Euro-pean Education Systems[[email protected]: Informations- undKommunikationstechnologien in deneuropäischen Bildungssystemen]Das Informationsnetz zum Bildungswesenin Europa - EURYDICE; Europäische Kom-mission, Generaldirektion Bildung undKultur,Luxemburg: EUR-OP, 2001, 186 S.

Diese Eurydice-Publikation befasst sichmit den Fortschritten bei der Einbindungvon Informations- und Kommunikations-technologien (IKT) in die nationalenBildungssysteme anhand einer Umfragein 30 Ländern, bei der alle Bildungs-ebenen, einschließlich der Lehrerausbil-dung und der Lehrerfortbildung, abge-deckt wurden. Sie liefert Antworten aufFragen über die Ziele und Strategien, dieder Einbindung von IKT zugrunde liegen,über die konkreten ergriffenen Maßnah-men, über die Art und Weise, in der Zu-ständigkeiten für die Einbindung von IKT

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in die Bildung zwischen verschiedenenVerwaltungsebenen verteilt werden, usw.www.eurydice.org/Documents/Survey4/en/ICTcover1.pdf

Open and distance learning and theprofessionalisation of trainers / MaraBrugia [et al.][Offener Unterricht und Fernlehreund die Professionalisierung der Aus-bilder]Luxemburg: EUR-OP, 2001, VI, 70 S.(Cedefop-Referenz, 21)(TTnet Dossier Nr. 4)ISBN 92-896-0055-1-ENISSN 1608-7089-ENKat.-Nr. TI-38-01-407-EN-CEUR-OP2 rue MercierL-2985 Luxemburgoder über die nationalen VerkaufsbürosTel. (352-29) 2942118Fax (352-29) 2942709E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

Mit den TTnet-Dossiers soll den Akteu-ren auf verschiedenen Ebenen der Aus-bildung der Ausbilder – politische Ent-scheidungsträger, Forschungs- und Doku-mentationszentren, Ausbilderfachverbän-de – die Ergebnisse der diversen Arbei-ten des Netzwerks TTnet zur Verfügunggestellt werden, um auf diese Weise ei-nen Beitrag zur europäischen Debatteüber die Ausbildung der Ausbilder zu lei-sten. Das TTnet Dossier Nr. 4 stellt dieErgebnisse eines Workshops zum Thema„Offene Fernbildung und die Professio-nalisierung der Ausbilder und Lehrer“ vor,bei dem mit einer Reihe von Beiträgendas Thema nach verschiedenen Gesichts-punkten eingeordnet werden sollte: Aus-wirkung von IKT-gestützten Ausbildungs-modellen auf die Kompetenzen der Aus-bilder; Besonderheiten der Ausbildungs-technik und der Pädagogik; Schlüssel-fragen für die Ausbilder im Rahmen derGemeinschaft. Die Ergebnisse dieser Dis-kussionen sind als Ausgangspunkt für einetiefergehende Arbeit zu diesem Thema zuverstehen, die vom Netzwerk TTnet imZeitraum 2001-2002 in Zusammenarbeitmit der Europäischen Kommission imRahmen der eLearning-Initiative durchge-führt wird.

Qualität in den öffentlichen sozialenDiensten / Jane PillingerLuxemburg: EUR-OP, 2001, 138 S.ISBN 92-897-0065-3-DEKat.-Nr. TJ-36-01-378-DE-CEUR-OP2 rue MercierL-2985 Luxemburgoder über die nationalen VerkaufsbürosTel. (352-29) 2942118Fax (352-29) 2942709E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

Dieser Bericht von der Europäischen Stif-tung zur Verbesserung der Lebens- undArbeitsbedingungen dokumentiert undbewertet Schlüsselentwicklungen in denöffentlichen Sozialdiensten in der EU.Untersucht werden die Verbesserungender Dienstleistungen für Zielgruppen, dieüblicherweise in mehrfacher Hinsicht so-ziale Dienste in Anspruch nehmen: Er-wachsene mit geistigen Behinderungen;Erwachsene mit Lernbehinderungen;abhängige ältere Menschen; jugendlicheLangzeitarbeitslose. Der Bericht unter-sucht die Auswirkungen von Initiativenzur Verbesserung der Qualität sowohl derDienstleistungen für die Kunden als auchder Arbeitsbedingungen der dort beschäf-tigten Mitarbeiter. Darüber hinaus werdendiverse Strategien für die Zukunft vorge-stellt.

Qualitätsmaßnahmen in der Steue-rung von Berufsbildungssystemen/Finn ChristensenEuropäisches Forum über Qualität derBerufsbildung. Brüssel. 2001Thessaloniki: Cedefop, 2001, 10 S.Cedefop,P.O. Box 22427 - FinikasGR-55102 ThessalonikiTel. (30) 310 490 111Fax (30) 310 490 102E-Mail: [email protected]: http://www.cedefop.eu.int/

Ziel dieses Papiers ist die Einführung desThemas Qualität in die Steuerung vonBildungs- und Ausbildungssystemen so-wie der Forumgruppe eine Möglichkeit zubieten, sich sowohl zur allgemeinen Dar-stellung dieses Bereichs als auch zu dennachfolgend aufgeführten speziellen Ein-zelfragen zu äußern: Steuerung als Regu-lierungs- und Managementinstrument; fi-

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nanzielle Aspekte bei der Umsetzung vonQualitätsbeurteilungsverfahren; Kontrolle,Überprüfung, interne und externe Maß-nahmen; Zertifizierung, Transparenz, Fle-xibilität; Rollen der verschiedenen Akteu-re; aktuelle Gründe für Qualitätsmaß-nahmen und ihre Verbesserung; Analysevon Berufsbildungssystemen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/cedefop/internal/2001_0009_en.doc

Quality tools for VET systems & orga-nisations / Wouter Van den Berghe[Qualitätsinstrumente für Berufsbil-dungseinrichtungen und -systeme]Europäisches Forum über Qualität derBerufsbildung. Brüssel, 2001Thessaloniki: Cedefop, 2001, 7 S.CedefopP.O. Box 22427 - FinikasGR-55102 ThessalonikiTel. (30) 310 490 111Fax (30) 310 490 102E-Mail: [email protected]: http://www.cedefop.eu.int/

Ziel dieses Papiers ist es, innerhalb desForums die Debatte über Qualitätssiche-rungsinstrumente anzuregen sowie insbe-sondere die Richtung für die Arbeit dernächsten zwei Jahre vorzugeben. DasPapier legt großen Wert auf eine genaueAbgrenzung der hiermit verbundenen Pro-blembereiche. Es enthält Vorschläge füreine mögliche Unterteilung und Klassifi-zierung von Qualitätsinstrumenten. Diessoll dem Forum ermöglichen, die vorran-gig zu berücksichtigenden Qualitäts-instrumente präzise zu benennen.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/cedefop/internal/2001_0012_en.doc

Third European survey on workingconditions 2000 / Pascal Paoli andDamien Merllié[Dritte europäische Umfrage über Ar-beitsbedingungen 2000]Paoli, Pascal; Merllié, DamienLuxemburg: EUR-OP, 2001, 72 S.ISBN 92-897-0130-7Kat.-Nr. TJ-39-01-764-EN-CEUR-OP2 rue MercierL-2985 Luxemburgoder über die nationalen VerkaufsbürosTel. (352-29) 2942118Fax (352-29) 2942709

E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

Dieser Bericht von der Europäischen Stif-tung zur Verbesserung der Lebens- undArbeitsbedingungen stellt die wesentli-chen Erkenntnisse aus der dritten euro-päischen Umfrage über Arbeitsbedingun-gen vor. Die Umfrage wurde zeitgleich imMärz 2000 in allen 15 Mitgliedstaaten derEuropäischen Union durchgeführt. Zieldieser Umfrage war eine Bestandsaufnah-me über die Arbeitsbedingungen in derEuropäischen Union sowie eine Aussageüber die Art und die Inhalte der Verände-rungen, die auf die Werktätigen und dieQualität der Arbeit wirken.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/foundation/2001_0008_en.pdf

Types of examination and certifica-tions arrangements / Pascale deRozario[Prüfungs- und Zertifizierungsmo-delle]Europäisches Forum über Qualität derBerufsbildung. Brüssel. 2001Thessaloniki: Cedefop, 2001, 23 S.CedefopP.O. Box 22427 - FinikasGR-55102 ThessalonikiTel. (30) 310 490 111Fax (30) 310 490 102E-Mail: [email protected]: http://www.cedefop.eu.int/

Die Qualität von Bescheinigungen, Diplo-men und Prüfungsmodellen ist als einerder Faktoren beschrieben worden, mitdenen sich in der Berufsbildung die Qua-lität der Lernprozesse und ihrer Auswir-kungen im Hinblick auf Beschäftigungs-fähigkeit, branchenübergreifende Mobili-tät und Zugang zu Lernsystemen (im Rah-men einer globaleren europäischen Poli-tik des lebenslangen Lernens) überprü-fen und sichern lässt. Hinsichtlich derBescheinigungen/Diplome berücksichtigtdieses Forum auch die Arbeitsergebnissedes Forums über „Transparenz von Qua-lifikationen“.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/cedefop/internal/2001_0020_en.doc

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Die Zukunft der österreichi-schen Berufs- und Qualifika-

tionslandschaft bis 2005 / GudrunBifflWien: AMS Österreich, 2001, 96 S.AMS Report, 20 (2001)AMS ÖsterreichTreustraße 35-43PF 64, A-1203 WienTel. (43-1) 33178-0Fax (43-1) 33178-150E-Mail: [email protected]: http://www.ams.or.at/

Bericht über die Zukunft von Berufen undQualifikationen in Österreich. Vergleichs-analyse zwischen Österreich und den Ver-einigten Staaten.Das Österreichische Institut für Wirt-schaftsforschung (WIFO) führte in derzweiten Jahreshälfte 2000 im Auftrag derBundesgeschäftsstelle des AMS Österreicheine Analyse sowie Prognose der öster-reichischen Berufs- und Qualifikations-landschaft bis 2005 durch. Hierbei wirddas Erwerbsgeschehen, d.h. unselbstän-dige wie auch selbständige Erwerbstätig-keit, auf den verschiedenen Aggregat-ebenen nach einzelnen Sektoren, Bran-chengruppen, Berufsgruppen und schu-lischen Ausbildungsebenen dargestellt.

Curious minds:Nordic adult education

compared / edited by Albert Tuijnmanand Zenia Hellström[Aus Neugierde: nordische Erwachse-nenbildung im Vergleich / Hrsg.: Al-bert Tuijnman und Zenia Hellström]Nordischer MinisterratKopenhagen: Nordic Council of Ministers,2001, 196 S.NORD, 9 (2001)ISBN 92-893-0613-0ISSN 0903-7004

Im Dezember 1999 hat der NordischeAusschuss Hoher Beamter für Bildung undForschung beschlossen, eine detaillierteStudie über die Beteiligung von Erwach-senen an Bildung und Ausbildung auf derGrundlage der OECD-Studien über Lese-kompetenz IALS und SIALS in Auftrag zu

geben. Zum Projekt gehörten eine Hoch-schulprojektgruppe und eine vom Nordi-schen Ministerrat ernannte Referenz-gruppe. Ziel des Projekts NOMAD (NordicModel of Adult Education) war die Durch-führung einer nordischen Vergleichsstudieüber die Beteiligung von Erwachsenen anBildung und Ausbildung (einschließlichHochschulbildung). Im Rahmen dieser Stu-die wurden empirische Daten aus denOECD-Studien ausgewertet, um die Qua-lität, Rechtfertigung und Effizienz des nor-dischen Bildungs- und Ausbildungssystemszu überprüfen. Der Umfang der Studiebeschränkte sich auf die Darstellung aus-gewählter Merkmale der Erwachsenenbil-dung in einzelnen nordischen Staaten, aufeinen Vergleich zwischen den verschiede-nen nordischen Staaten und auf einen Ver-gleich zwischen den nordischen Staatenund ausgewählten OECD-Ländern. DasProjekt NOMAD ist das erste nordischeProjekt, bei dem Daten dieser Art zusam-mengestellt wurden und das möglicherwei-se eine Antwort auf die Frage ermöglicht,ob es überhaupt ein „nordisches Modell“für Bildung und Ausbildung gibt. Die nor-dischen Staaten erregen im Rahmen derOECD-Studien großes Interesse. Sowohldas Thema als auch der Methodikansatzdieses Projekts stellen eine Neuerung inder nordischen Forschung dar und wer-den hoffentlich eine Grundlage für weite-re vergleichbare Studien bilden.

Berufsbildungs-bericht: 2001

Bundesministerium für Bildung, Wissen-schaft, Forschung und Technologie -BMBFBonn: BMBF, 2001, 714 S.BMBFHeinemannstr. 2D-53175 Bonn-Bad GodesbergTel. (49-228) 57-0Fax (49-228) 57-3601E-Mail: [email protected]: http://www.bmbf.deHinweis: auch auf CD-ROM erhältlich

Der Berufsbildungsbericht 2001 enthältDaten und Informationen über die Berufs-bildung, den Ausbildungsmarkt und die

Aus den Mitgliedstaaten

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Berufsbildungspolitik in der Bundesrepu-blik Deutschland. Er befasst sich mit demAusbildungsmarkt 2000, mit Initiativen zurErhöhung der Anzahl an Ausbildungs-plätzen und mit dem Sofortprogramm derBundesregierung zur Bekämpfung der Ju-gendarbeitslosigkeit. Ein weiteres Themades Berichts ist die Modernisierung derAusbildung.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/deu/gov/2001_0003_de.pdf

Qualifizieren für Europa: zur Vermitt-lung von Fremdsprachenkompetenzin der kaufmännischen Berufsausbil-dung / Uta LangnerKöln: Botermann und Botermann Verlag,2000, 323 S.ISBN 3-88105-200-3

Die zunehmende Europäisierung der Wirt-schaft führt verstärkt zur Forderung nachVermittlung von Fremdsprachenkompe-tenz in der Aus- und Weiterbildung. Zen-trales Anliegen der Autorin ist daher dieEntwicklung von Gestaltungsempfeh-lungen für Fremdsprachencurricula, die inder kaufmännischen Berufsausbildungeingesetzt werden. Über eine qualitativeBefragung der Lehrer werden didaktischeProbleme ermittelt, die mit der Gestaltungdes Curriculums verbunden sind. Zu denProblemen zählen u.a. die Einbindung derGrammatik, die Vermittlung der inter-kulturellen Kompetenz und Aspekte derFachsprache „Wirtschaft“. Sie werden un-ter Einbeziehung interdisziplinärer Er-kenntnisse analysiert und es werdenGestaltungsempfehlungen für kaufmänni-sche Berufe abgeleitet.

Zeitgeschichte Europäischer Bildung1970-2000: Band 1: europäische Bil-dungsdynamik und Trends / heraus-gegeben von Klaus Schleicher, undPeter J. WeberEuropäische Bi ldungsdynamik undTrends.Schleicher, Klaus; Weber, Peter J.Münster: Waxmann Verlag, 2000, 515 S.(Zeitgeschichte europäischer Bildung1970-2000, 1)(Umwelt, Bildung, Forschung, 4)ISBN 3-89325-835-3; ISSN 1434-3762;

Die Bildung von Europa und die Bildungin Europa sind eng verbunden. Sowohl

der Europa- als auch der Bildungsbegriffvariieren dabei zeit-, kultur- und natio-nalspezifisch, wenngleich auch übergrei-fende transnationale Aspekte zu beach-ten sind. Die Zusammenstellung zur eu-ropäischen Bildungsdynamik und zu na-tionalen Entwicklungsprofilen gibt einer-seits einen systematisch-sachlogischenÜberblick über europäische Entwicklungs-trends, zeigt andererseits durch zeitge-schichtliche Ländervergleiche aber auch,wie unterschiedlich Erfahrungen und Kon-texte bzw. wie ähnlich zeitspezifischeReformtendenzen in Europa sein können.Dargestellt werden u.a. Ziele und Poten-ziale der Bildungsplanung, Perspektivenund Ergebnisse der Bildungsforschung,Einheit und Vielfalt der Bildungsorgani-sation, Grundlagen und öffentliche Akzep-tanz von Politik und Wertewandel.

Zeitgeschichte Europäischer Bildung1970-2000: Band 2: nationale Ent-wicklungsprofile / herausgegeben vonKlaus Schleicher, und Peter J. Weber.Nationale Entwicklungsprofile.Schleicher, KlausMünster: Waxmann Verlag, 2000, 399 S.(Zeitgeschichte europäischer Bildung1970-2000, 2)(Umwelt, Bildung, Forschung, 5)ISBN 3-89325-843-4

Die Verfasser porträtieren die Bildungs-reformen einzelner Länder unter Be-rücksichtigung ihrer nationalen Vor-verständnisse und angesichts der europäi-schen Herausforderungen. Dabei wirdtransparent, inwieweit sich nationaleBildungssysteme eigendynamisch weiter-entwickeln bzw. wie sich etliche Refor-men aufgrund der europäischen Integra-tion und des Bildungswettbewerbs annä-hern. Aufgezeigt wird, warum die verzö-gerte Demokratieentwicklung und Moder-nisierung in Spanien und Portugal zu ei-ner großen Bildungsdynamik geführt ha-ben, wie die zentralistischen Bildungs-systeme Frankreichs und Italiens infolgeder wirtschaftlichen und sozialen Dyna-mik regional differenzieren, während sichDeutschland und Frankreich um eine na-tionale Vernetzung bemühen. Abschlie-ßend wird die Bildungssituation in Skan-dinavien nach dem EU-Beitritt aufgezeigtund der Forderungskatalog an mittel-osteuropäische EU-Anwärter, ihr Bildungs-wesen gleichzeitig national und europä-isch auszurichten, beschrieben.

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78 actions pour la voie desmétiers professionnelle / Minis-

tère de l’éducation nationale, Minis-tère délégué à l’Enseignement profes-sionnel[78 Aktionen für den Zweig der Aus-bildungsberufe]Paris: Ministère de l’éducation nationale,2002, diverse SeitenMinistère de l’Education nationale,de la Recherche et de la Technologie110, rue de GrenelleF-75357 Paris cedex 07URL: http://www.education.gouv.fr

Diese vom Ministerium für berufliche Bil-dung veröffentlichte Zwischenbilanz istdie vierte ihrer Art und soll eine Bestands-aufnahme des bisher Erreichten darstel-len. Ziel ist hierbei, einen Beitrag zurMotivierung aller an der Gestaltung derAusbildungsberufe beteiligten Akteure zuleisten. Der Bericht ermöglicht eine Wür-digung ihrer Leistungen bei der tiefgrei-fenden, aber ruhigen Modernisierung die-ses Bildungsbereichs. Die 78 ausgewähl-ten Aktionen spiegeln die Ausrichtung derbislang geleisteten Arbeit wider. Die Ak-tionen werden vollständig von den Ak-teuren getragen, die sie in der täglichenPraxis umsetzen, und der Bericht fordertalle auf, sich auf diese Arbeit zu bezie-hen, um ihre Tragweite und vor allemihren Sinn auszudehnen. Das Dokumentdient als Referenz und trägt als solcheszu den ständigen Debatten bei, die vonden Schulen angestoßen werden sollten,um echte Bürgernähe zu beweisen. Denndie Schule gehört sich nicht selbst, son-dern sie gehört der Nation, die ihr dieZiele vorgibt und ihr die konkrete Vorbe-reitung auf die Zukunft überträgt.http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/nat/fra/gov/2002_0001.htm

Das Berufsbildungssystemin Italien /

Giorgio Allulli [et al.]2. AuflageLuxemburg: EUR-OP, 2001, 158 S.(Cedefop Monografie, 7010)ISBN 92-828-7368-4 - DEKat.-Nr. HX-22-99-822-DE-CEUR-OP2 rue MercierL-2985 Luxemburgoder über die nationalen VerkaufsbürosTel. (352-29) 2942118

Fax (352-29) 2942709E-Mail: [email protected]: http://www.eur-op.eu.int/

In den Bänden dieser Reihe wird die be-rufliche Erst- und Weiterbildung in Itali-en beschrieben. Bei der beruflichen Erst-bildung schließt dies auch die Bereitstel-lung des Ausbildungsangebots ein, wasin manchen Fällen in den Zuständigkeits-bereich des Bildungsministeriums und inanderen Fällen in den des Ministeriumsfür Beschäftigung und Soziales fällt. Beider beruflichen Weiterbildung betrifft diesdas Weiterbildungsangebot sowohl fürBeschäftigte als auch für Arbeitslose, dasin aller Regel von den unterschiedlichstenBehörden und Ministerien sowie von Pri-vat- und Sozialpartnereinrichtungen si-chergestellt wird. Aufbau des Berichts:Hintergrundinformationen, Kurzbeschrei-bung des Bildungssystems und seinerEntwicklung, Beschreibung des Berufs-bildungssystems, Regulierungs- und Fi-nanzrahmen, qualitative Aspekte, Trendsund Perspektiven.http://www2.trainingvillage.gr/etv/publication/download/monograf/7010de/7010de.html

Advantage for the future2001-2003: project plan

of the Ministry of Education, Scienceand Culture for e-learning[Vorteil für die Zukunft 2001-2003:Projektplan für eLearning des Ministe-riums für Bildung, Wissenschaft undKultur]Reykjavik: Menntamalaraduneytid, 200,ohne Seitenangabe

Laut diesem Projektplan des Ministeriumsfür Bildung, Wissenschaft und Kultur sollInformationstechnologie zum Nutzen derBildung eingesetzt werden. Eingeführtwird hier das Konzept einer verteiltenBildung. Eine Schlüsselrolle wird hierbeidas Internet spielen, indem es Studentenermöglicht, sich an mehreren Schulengleichzeitig einzuschreiben und den Stu-diengang nach eigenen Bedürfnissen zugestalten. Das Projekt ist in vier Teile ge-gliedert: Lernen und Unterrichten, Unter-richtsmaterial, Ausstattung und Bildungs-schnittstellen. Zum vierten Teil gehöreneine Schnittstelle Bildung, eine Schnittstel-le Studienplanführer, ein neues Biblio-thekssystem für alle Schulbibliotheken,

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die Metadatenkatalogisierung aller bil-dungsrelevanten Inhalte sowie ein neuesInformationssystem für höhere Schulen.Mit Schnittstelle Bildung ist eine Websiteim Internet gemeint, die eine Datenbankmit katalogisierten Bildungsinhalten undbenutzerdefinierte Suchfunktionen anbie-ten wird. Dort sollen Lehrer und Studen-ten die zu ihren Lehrplanzielen passen-den Inhalte finden können.

Learning for life:white Paper on Adult

Education, an analysis / Conference ofReligious of Ireland Education Com-mission[Lernen fürs Leben: Weißpapier überErwachsenenbildung, eine Analyse /Bildungskommission der Konferenzder religiösen Orden Irlands]Conference of Religious of Ireland - CORI,Education CommissionDublin: CORI, 2001, 47 S.ISBN 1-872335-55-1CORI, Milltown ParkIRL-Dublin 6Tel. (353-1) 2698220Fax (353-1) 2698887E-Mail: [email protected]

Die Ansichten der CORI zum Thema Er-wachsenenbildung, die bereits in der Pu-blikation „Social transformation andlifelong learning“ in ihren Grundzügenbeschrieben sind, bilden die Analyse-grundlage des Weißpapiers. Der Haupt-teil des Papiers besteht in einer tabellari-schen Gegenüberstellung zwischen denKernfragen des Weißpapiers und denEmpfehlungen der CORI. Zu den unter-suchten Bereichen gehören Lese- undRechenkompetenz, der zweite Bildungs-weg, gemeinschaftliche Bildung, innerbe-triebliche Berufsbildung, Aussichten undBeratung, Anerkennung und Zertifizie-rung, Strukturen, Finanzierung und Um-setzung. In den abschließenden Anmer-kungen begrüßt die CORI die Veröf-fentlichung des Weißpapiers als hervor-ragenden Rahmen für die weitere Ent-wicklung der Erwachsenenbildung undder gemeinschaftlichen Bildung, bemän-gelt jedoch bei zahlreichen Empfehlun-gen das Fehlen von Umsetzungsstrategien.

Leonardo da Vinci Ireland compen-dium 1995-2000: the European dimen-sion in vocational education and train-ing / edited by Elizabeth Watters[Kompendium Leonardo da Vinci Ir-land 1995-2000: die europäische Di-mension in der Berufsbildung]Dublin: Leonardo da Vinci Ireland, [2001],257 S.Leonardo da Vinci Ireland189-193 Parnell StreetIRL-Dublin 1Tel.: (353-1) 8731611Fax: (353-1) 8731611E-Mail: [email protected],URL: http://www.leonardo-ireland.comHinweis: Eine vollständige Aufstellungder Projekte unter irischer Führung istim Internet verfügbar unter:www.leonardo-ireland.com

Das Kompendium führt alle Projekte auf,die im Rahmen des Leonardo-da-Vinci-Programms in Irland zwischen 1995 und2000 durchgeführt worden sind. Beschrie-ben werden insgesamt 72 Projekte, dar-unter Pilotprojekte, Vermittlungs- undAustauschprojekte sowie Umfrage- bzw.Analyseprojekte. In der Einleitung gibt dasKompendium einen allgemeinen Über-blick über das Programm, über die Arbeitder nationalen Koordinierungsstelle(NCU) sowie über statistische Informatio-nen. Ebenfalls in der Einleitung enthal-ten ist eine hilfreiche Auflistung der vonder NCU entwickelten Publikationen undUnterlagen. In den nachfolgenden Ab-schnitten werden die einzelnen Projekteausführlich behandelt – Branche, Ziel-gruppe, Produkte, Ansprechpartner undProjektbeschreibung. Im Index sind dieProjekte nach Typ der Fördereinrichtung,Thema und Partnerländern sortiert. DasKompendium ist als Lose-Blatt-Sammlungkonzipiert, um das zukünftige Einbindender Informationen über noch nicht abge-schlossene Projekte zu erleichtern.

National training fund act, 2000 /Government of IrelandGesetz über den nationalen Aus-bildungsfonds, 2000]Dublin: Stationery Office, 2001, 10 S.Government PublicationsPostal Trade Section4-5 Harcourt Road, IRL-Dublin 2Tel. (353-1) 6613111Fax (353-1) 4752760

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Dieses Gesetz enthält die Bestimmungenfür die Auferlegung einer neuen Arbeit-geber-Ausbildungsabgabe und ersetzt diebis dahin praktizierte abgabenfinanzierteLehrlingsausbildung. Mit dem Fonds sol-len Beschäftigungsprogramme für Arbeits-lose und Ausbildungsinitiativen unterstütztwerden, darunter auch firmen- bzw. bran-chenspezifische Ausbildungsprogramme,Lehren und Praktika.

Grenzenloses Lernen:Sondierungsstudie

Bildung und Forschung 2010 / Minis-terie Onderwijs, Cultuur en Weten-schappen – OCenW.‘s-Gravenhage: Ministerie Onderwijs,Cultuur en Wetenschappen, 2001, 87 S.Ministerie van OnderwijsCultuur en WetenschappenEuropaweg 4Postbus 25000NL-2700 LZ ZoetermeerTel.: (31-79) 3232323Fax: (31-79) 3232320URL: http://www.minocw.nl

Um die Qualität, Vielfalt und Zugäng-lichkeit der Bildung sicherzustellen, sindständige Innovationen und Investitionenerforderlich. Zu den hierzu erforderlichenMaßnahmen gehören die Früherkennungvon gefährdeten Kindern, eine neue Aus-richtung der Berufsbildung sowie mehrGestaltungsmöglichkeiten und Flexibilitätin der höheren Bildung. Im vergangenenJahr hat das Kabinett diverse Studien überdie langfristigen Optionen der Politik ini-tiiert. Bildungsminister Hermans undStaatssekretär Adelmund haben die Op-tionen und Alternativen in der Bildungaus der Prognosestudie „GrenzenlosesLernen“ vorgestellt. Mit Hilfe dieser Stu-die hofft das Kabinett, die Sozialdebatteanzuregen, damit das nächste Kabinett indie Lage versetzt wird, die notwendigenpolitischen Entscheidungen zu treffen.Das Kabinett schlägt zudem eine Reihevon Maßnahmen vor, die auf jeden Fallwünschenswert wären, um Bildung undForschung auf dem aktuellen Stand zuhalten. Um die Qualität und die Gestal-tungsmöglichkeiten in der Bildung wei-ter zu verbessern, werden zahlreiche An-strengungen unternommen, den Schulenmehr Handlungsspielraum und Autono-mie zu gewähren. Damit die Schulen diesauch erreichen, sind zusätzliche Personal-

investitionen erforderlich. Darüber hinausist es notwendig, dass alle Schulen übergute Ausstattungen und Gebäude verfü-gen, damit die Ausgangsbedingungen füralle in etwa gleich sind. Die Entflechtungder Pflichtlehrpläne gibt den Schulen dieMöglichkeit, ein eigenes Profil zu entwi-ckeln. Unbeantwortet bleibt allerdingsnoch die Frage, wie weit diese Freiheitengehen sollten. Letztendlich könnte sich dieRegierung darauf beschränken, nur nochMindestanforderungen für den Sprach-und den Mathematikunterricht vorzuge-ben. Von Regierungsmitgliedern wird einemögliche Änderung der Bestimmungenbzgl. der speziellen Bedürfnisse von Schü-lern und bzgl. der Bekämpfung vonBildungsnachteilen angedeutet. Beide Fra-gen wurden bislang nur fragmentarischberücksichtigt.

The Leonardo da VinciProgramme in Norway:

implementation, outputs and impact:report 2000 / Kirke-, utdannings- ogforskningsdepartementet - KUF[Das Programm Leonardo da Vinci inNorwegen: Umsetzung, Ergebnisseund Auswirkungen: Bericht 2000]Oslo: KUF, 2000, 80 S.KUFP.O. Box 8119 Dep.N-0131 Oslo

Allgemeines Ziel dies Dokuments ist einBericht über die Umsetzung und die Aus-wirkungen des Programms Leonardo daVinci sowie über die bestehendenBerufsbildungssysteme und Modelle inNorwegen als einem Teil einer erweiter-ten Europäischen Gemeinschaft. Zu denkonkreten Zielen gehörte eine Beurteilungdes Programms unter folgenden Aspek-ten: War die Organisation und Verwal-tung/Abwicklung des Programms erfolg-reich gemessen an den Erwartungen? Waswurde durch die Teilnahme Norwegensgemessen an den allgemeinen, speziellenund praktischen Zielen des Programmserreicht? Welche Auswirkungen hat dieTeilnahme Norwegens auf ausbildungs-relevante Systeme und Modelle? Was kannaus dem Programm Leonardo da Vinci Ifür die nächste Phase des Programms ge-lernt werden?

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Inquérito às necessidadesde formação profissional

das empresas 2000/2002. / Departa-mento de Estatística do Trabalho, Em-prego e Formaçäo Profissional -DETEFP & Ministério do Trabalho e daSolidariedade - MTS[Umfrage über den Berufsbildungs-bedarf in den Betrieben 2000/2002]Lissabon: Departamento de Estudos,Prospectiva e Planeamento, 2000, 178 S.(Estatísticas)ISBN 972-704-199-XISSN 0873-5352CIDESPraça de Londres 2-2ºP-1049-056 LisboaTel. (351) 218441100Fax (351) 218406171E-Mail: [email protected]: http://www.deppmts.gov.pt/cict.html

Mit der von der Abteilung für Arbeits-,Beschäftigungs- und Berufsbildungs-statistik des Ministeriums für Arbeit undSolidarität durchgeführten Umfrage überden Berufsbildungsbedarf in den Betrie-ben 2000/2002 sollte der kurzfristige(2000) und mittelfristige ((2001/2002)Berufsbildungsbedarf festgestellt sowieeine Reihe von Indikatoren über die Lageder Betriebe ermittelt werden. Die Um-frage wurde auf dem Festland bei 5210Unternehmen aus allen Branchen mit zehnoder mehr Beschäftigten durchgeführt(per Post in Betrieben mit weniger als 100Beschäftigten und in Form persönlicherBefragungen in Unternehmen mit 100 undmehr Beschäftigten). Für den Dreijahres-zeitraum 2000-2002 ergibt sich aus denHochrechnungen der Umfrageergebnis-sen, dass von insgesamt 37 403 Betriebenauf dem Festland mit zehn oder mehrBeschäftigten 31,6 % (in absoluten Zah-len 11 833) kurz- und mittelfristig einenBerufsbildungsbedarf erwarten, während68,4 % der Betriebe (in absoluten Zahlen25 570) angeben, keinen Bedarf zu ha-ben. Hinsichtlich der Anzahl der Teilneh-mer an Aus- und Weiterbildungsmaßnah-men, sei es in Form von innerbetriebli-chen Weiterbildungen oder in Form vonStellenangeboten für bereits qualifiziertesPersonal, lässt sich der prognostizierteBedarf kurzfristig mit 957 000 (69,7 %)und mittelfristig mit 289 500 (30,3 %) be-ziffern.

Competency frameworksin UK organisations /

Linda Miller, Neil Rankin and FionaNeathey[Kompetenzrahmen in britischen Or-ganisationen]London: Chartered Institute of Personneland Development, 2001, 70 S.ISBN 0 85292 912 9Plymbridge Distribution Ltd,EstoverUK - Plymouth PL6 7PZTel. (44-1752) 202301Fax (44-1752) 202333E-Mail: [email protected]

Dieser Forschungsbericht des CIPD un-tersucht den derzeitigen Stand der Dingebei der Verwaltung und Entwicklung vonKompetenzen in britischen Organisatio-nen. Auf der Grundlage von Daten ausüber 100 Organisationen stellt der Berichteine Typologie der Kompetenzrahmenvor, die um Schlüsselfragen und Funktio-nen aufgebaut wurden. Aufgezeigt wer-den soll, wie in britischen Organisatio-nen Kompetenzrahmen aufgebaut, umge-setzt und verwendet werden.

Creating learning cultures: next stepsin achieving the learning age.[Die Schaffung von Lernkulturen: dienächsten Schritte auf dem Weg in dasLernzeitalter]National Advisory Group for ContinuingEducat ion and Li fe long Learning -NAGCELLSheffield: DfEE, 2000, 40 S.ISBN 0-85522-945-4DfEE PublicationsP.O. Box 5050Sherwood Park, AnnesleyUK-Nottingham NG15 0DJTel. (44-845) 60 222 60Fax (44-845) 60 333 60URL: http://www.dfee.gov.uk

In diesem Bericht unterbreitet die Regie-rungskommission für ständige Weiterbil-dung und lebenslanges Lernen(NAGCELL) der Regierung praktischeVorschläge für die Erzielung von Fort-schritten in Fragen des lebenslangen Ler-nens. Konkrete Vorschläge gibt es zu fol-genden Fragen: Welchen Beitrag kannlebenslanges Lernen zur Entwicklung derGemeinschaft leisten? Wie kann Lernenfür die Menschen zugänglich gemacht

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werden, die gegenwärtig am wenigstenmit dem Bildungssystem zu tun haben?Wie kann die Nachfrage bei Erwachsenenangeregt und auf eine breitere Basis ge-stellt werden? Wie lassen sich praktischeBeispiele von effizienten Partnerschaftenfür die Planung und lokale Umsetzung deslebenslangen Lernens finden und verbrei-ten?

Exploring e-learning / Emma Pollardand Jim Hillage[eLearning kennen lernen]Brighton: Inst i tute for EmploymentStudies, 2001, 68 S.(Report, 376)ISBN 1 85184 305 1Grantham Book Services LtdIsaac Newton WayAlma Park Industrial EstateUK-Grantham NG31 9SDTel.: (44-1476) 541080Fax: (44-1476) 541061

In diesem Papier werden die Schlüssel-fragen untersucht, vor denen Organisa-tionen stehen, die ihr Lernangebot aus-bauen wollen, um die Möglichkeiten mo-derner Technologien voll auszuschöpfen.Besonders hervorgehoben werden diezentralen Fragen, die es zu beantwortengilt, wenn Unternehmen ihr eLearning-Angebot entwickeln wollen, darunter: Wielassen sich neue eLearning-Techniken ambesten mit konventionellen Ausbildungs-ansätzen verbinden? Sollen neue Standard-lösungen erworben werden? Soll die Ent-wicklung der Inhalte nach außen verge-ben werden oder intern erfolgen? Wie lässtsich die Unterstützung der Lernenden ambesten verwirklichen? Wie werden sich dieAusbilder umstellen? Und wie lässt sichfeststellen, ob die Strategie greift?

Successful futures: community viewson adult education and training /Helen Bowman, Tom Burden, JohnKonrad[Erfolgreiche Zukunft: Gemeinschafts-ansichten zur Erwachsenenbildung]Joseph Rowntree FoundationYork: York Publishing Services, 2000ISBN 1-90263-389-XYork Publishing Services64 Hallfield RdUK-York YO31 7ZQTel.: (44-1904) 430033

Fax: (44-1904) 430868E-Mail: [email protected]: http://www.jrf.org.uk/

Die gegenwärtige Politik der britischenRegierung stellt ausdrücklich eine Verbin-dung zwischen Arbeit, Bildung und Aus-bildung her. Als zentrale Instrumente zurBekämpfung von Armut und sozialerAusgrenzung werden Arbeit und Ausbil-dung angesehen und dies spiegelt sichauch in Programmen wie dem New Dealwider. Schwerpunkt dieser Studie sind dieEmpfindungen der Zielgruppen dieserPolitik, in diesem Fall der Menschen imstrukturschwachen Norden Englands. Fol-gende Fragen werden untersucht: Wieempfinden die Menschen den Zusammen-hang zwischen Arbeit, Bildung und Aus-bildung? Wie wirkt sich dies auf die Be-reitschaft zur Teilnahme an Erwach-senenbildungsprogrammen aus? Wie emp-finden die Menschen die Glaubwürdigkeitvon Qualifikationen, insbesondere in denAugen der Arbeitgeber? Welche Beschäfti-gungspraktiken fördern bzw. verhinderndie Teilnahme an Bildungs-/Ausbildungs-programmen? Inwieweit meinen die Men-schen, dass die praktische Umsetzung derPolitik ihren erklärten Zielen und Absich-ten entspricht?

The elearning revolution / MartynSloman[Die eLearning-Revolution]Sloman, MartynChartered Institute of Personnel andDevelopment - CIPDLondon: CIPD, 2000, 217 S.ISBN 0852928734

Schwerpunkt dieses Textes ist die neueRolle der Ausbilder und der Ausbildunginnerhalb der Einrichtungen. Die Ausbil-der werden aufgefordert, sich nicht vonder Technologie auf Kosten ihres eigent-lichen Auftrags – den Lernvorgang zu för-dern – verführen zu lassen. Auf derGrundlage einer Reihe von Vorschlägenwerden folgende Fragen untersucht: War-um müssen die Schranken zwischenWissensmanagement, Leistungsmanage-ment und Ausbildung abgebaut werden,wenn die Menschen Wettbewerbsvorteileerzielen sollen? Wie wird das Konzept derLernorganisation durch eine Technologieneu definiert, die auf die Lernenden zu-geschnittene Möglichkeiten bietet? War-

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um wird Kompetenz in sogenannter Soft-Technologie den Ausbildern neue Glaub-würdigkeit verleihen? Warum wird Zeit-mangel und nicht Geldmangel das Ler-nen im Wettbewerb zu anderen organisa-torischen Aufgaben kennzeichnen? Wel-

chen Stellenwert haben unternehmensei-gene Hochschulen und virtuelle Wirt-schaftsschulen? Und was kann aus denverschiedenen eLearning-Strategien derweltweit bedeutendsten Unternehmengelernt werden?

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European Centre for theDevelopment of Vocational TrainingP.O. Box 22427GR-55102 THESSALONIKITel. (30) 310 49 01 11 GeneralTel. (30) 310 49 00 79 SecretariatFax (30) 310 49 00 43 SecretariatMr. Marc WillemHead of Library & DocumentationServiceE-mail: [email protected] Information NetworkSecretariatE-mail: [email protected] address: http://www.cedefop.eu.intWeb address: http://www.trainingvillage.gr

FOREM/CIDOC

Office wallon de la Formation pro-fessionnelle et de l’EmploiCentre intercommunautaire de docu-mentation pour la formation profes-sionnelleBoulevard Tirou 104B-6000 CHARLEROITel. (32-71) 20 61 67Ms. N. DerwiduéeTel. (32-71) 20 61 74Ms. Nadine DerwiduéeE-mail: [email protected] address: http://www.forem.beJoint Network Member for Belgiumwith VDAB

VDAB/ICODOC

Vlaamse Dienst voor Arbeids-bemiddeling en BeroepsopleidingIntercommunautair documentatie-centrum voor beroepsopleidingKeizerlaan 11B-1000 BRUSSELTel. (32-2) 506 13 21Mr. R. Van WeydeveldtFax (32-2) 506 15 61Mr. Reinald Van WeydeveldtDocumentationE-mail: [email protected]. Tomas QuaethovenDocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.vdab.beJoint Network Member for Belgiumwith FOREM

DEL

Danmarks ErhvervspaedagogiskeLaereruddannelseThe National Institute forEducational Training of VocationalTeachersRosenørns Allé 31DK-1970 FREDERIKSBERG CTel. (45-35) 24 79 50 Ext. 317Ms. P. CortExt. 301 Ms. M. HeinsFax (45-35) 24 79 40Ms. Pia CortResearch AssistantE-mail: [email protected]. Merete HeinsLibrarianE-mail: [email protected] address: http://www.delud.dk

BIBB

Bundesinstitut für BerufsbildungHermann-Ehlers-Str. 10D-53113 BONNTel. (49-228) 107 21 26Mr. D. BraeckerTel. (49-228) 107 21 31Ms. M. KrauseFax (49-228) 107 29 74Mr. D. BraeckerE-mail: [email protected]. Martina KrauseE-mail: [email protected] address: http://www.bibb.de

OEEK

Organisation for Vocational Educa-tion and TrainingEthnikis Antistatis 41 &KaramanoglouGR-14234 ATHENSTel. (30-1) 27 09 144 Ms. E. BarkabaFax (30-1) 27 09 172Ms. Ermioni BarkabaHead of DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.forthnet.gr/oeek/

INEM

Instituto Nacional de EmpleoMinisterio de Trabajo y SeguridadSocialCondesa de Venadito 9E-28027 MADRIDTel. (34-91) 585 95 82 GeneralTel. (34-91) 585 95 80Ms. M. Luz de las Cuevas TorresanoFax (34-91) 377 58 81Fax (34-91) 377 58 87Mr. Luis Díez García de la BorbollaDeputy Director General ofTechnical ServicesMs. Maria Luz de las CuevasTorresanoInformation/DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.inem.es

Centre INFFO

Centre pour le développement del’information sur la formation per-manente4, avenue du Stade de FranceF-93218 SAINT DENIS LA PLAINECedexTel. (33-1) 55 93 91 91Fax (33-1) 55 93 17 28Mr. Patrick KesselDirectorE-mail: [email protected]. Danièle JoulieuHead of DocumentationE-mail: [email protected]. Stéphane HéroultDocumentation DepartmentE-mail: [email protected] address:http://www.centre-inffo.fr

FAS

The Training and EmploymentAuthorityP.O. Box 45627-33 Upper Baggot StreetDUBLIN 4IrelandTel. (353-1) 607 05 36Fax (353-1) 607 06 34Ms. Margaret CareyHead of Library & Technical Infor-mationE-mail: [email protected]. Jean WrigleyLibrarianE-mail: [email protected] address: http://www.fas.ie

ISFOL

Istituto per lo sviluppo dellaformazione professionale deilavoratoriVia Morgagni 33I-00161 ROMATel. (39-06) 44 59 01Fax (39-06) 44 29 18 71Mr. Enrico CeccottiGeneral DirectorMr. Colombo ContiHead of DocumentationE-mail: [email protected]. Luciano LibertiniE-mail: [email protected] address: http://www.isfol.it

FOPROGEST asbl

23,rue AldringenL-2011 LUXEMBOURGTel. (352) 22 02 66Fax (352) 22 02 69Mr. Jerry LenertDirectorE-mail: [email protected] address: http://www.foprogest.lu

CINOP

Centrum voor Innovatie vanOpleidingenCentre for Innovation of Educationand TrainingPettelaarpark 1Postbus 15855200 BP’s-HERTOGENBOSCHThe NetherlandsTel. (31-73) 680 08 00Tel. (31-73) 680 06 19 Ms. M. MaesFax (31-73) 612 34 25Ms. Martine MaesE-mail: [email protected]. Annemiek CoxE-mail: [email protected] address: http://www.cinop.nl

abf-Austria/IBW

ArbeitsgemeinschaftBerufsbildungsforschungInstitut für Bildungsforschung derWirtschaftRainergasse 38A-1050 WIENTel. (43-1) 545 16 71 0Ms. S. KlimmerFax (43-1) 545 16 71 22Ms. Susanne KlimmerE-mail: [email protected] address: http://www.ibw.atJoint Network Member for Austriawith IBE

Mitglieder des Cedefop-Dokumentationsnetzwerkes

Page 125: Nr. 25 Januar – April 2002/I ISSN 0378-5106 Die BERUF S · 2004-03-09 · Nr. 25 Januar – April 2002/I ISSN 0378-5106 Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung erscheint dreimal

BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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abf-Austria/IBE

ArbeitsgemeinschaftBerufsbildungsforschungInstitut für Berufs- undErwachsenenbildungsforschungRaimundstraße 17A-4020 LINZTel. (43-732) 60 93 130Ms. M. MilanovichFax (43-732) 60 93 13 21Ms. Marlis MilanovichE-mail: [email protected] address: http://www.ibe.co.atJoint Network Member for Austriawith IBW

CIDES

Centro de Informação eDocumentação Económica e SocialMinistério do Trabalho e daSolidariedadePraça de Londres 2-1° AndarP-1091 LISBOA CodexTel. (351-21) 843 10 35Ms. O. Lopes dos SantosTel. (351-21) 843 10 36Ms. F. HoraFax (351-21) 840 61 71Ms. Odete Lopes dos SantosDirectorE-mail:[email protected]. Fátima HoraDocumentation DepartmentE-mail: [email protected] address: http://www.deppmts.gov.pt

NBE

National Board of EducationHakaniemenkatu 2P.O. Box 380FIN-00531 HELSINKITel. (358-9) 77 47 71 24 Mr. M. KyröTel. (358-9) 77 47 72 43Ms. A. MannilaTel. (358-9) 77 47 78 19Mr. K. NyyssöläFax (358-9)77 47 78 65 or 69Mr. Matti KyröE-mail: [email protected]. Arja MannilaE-mail: [email protected]. Kari NyyssöläE-mail: [email protected] address: http://www.oph.fi

SIP

Internationella Programkontoret förutbilningsomradet, The Swedish In-ternational Programme Office forEducation and TrainingBox 22007S-104 22 STOCKHOLMTel. (46-8) 453 72 75 Heléne SällTel. (46-8) 453 72 18 Rolf NordanskogFax (46-8) 453 72 53 GeneralFax (46-8) 453 72 02 Ms. H. SällMs. Heléne Säll; E-mail:[email protected]. Rolf Nordanskog; E-mail:[email protected]. Sandra Dias Dos Santos; E-mail:[email protected] address: http://www.programkontoret.se

CIPD

The Chartered Institute of Personneland DevelopmentCIPD House35 Camp RoadLONDONSW19 4UXUnited KingdomTel. (44-20) 82 63 32 78 J. SchrammTel. (44-20) 82 63 32 81 C. DoyleFax (44-20) 82 63 33 33 GeneralMs. Jennifer SchrammPolicy AdviserE-mail: [email protected]. Cathy Doyle, Information OfficerE-mail: [email protected] address: http://www.cipd.co.uk

MENNT

samstarfsvettvangur atvinnulífs ogskólaEDUCATE - IcelandLaugavegi 51IS-101 REYKJAVIKTel. (354) 511 26 60Fax (354) 511 26 61Ms. Stefania KarlsdóttirGeneral DirectorE-mail: [email protected]. Adalheidur JónsdóttirProject ManagerE-mail: [email protected]. Bára Stefánsdóttir, [email protected] address: http://www.mennt.is

NCU

Leonardo NorgeP.O. Box 2608St. HanshaugenN-0131 OSLOTel. (47-22) 86 50 00Fax (47-22) 20 18 01Ms. Aagot van ElslandeE-mail:[email protected] address: http://www.teknologisk.no/leonardo/

DGEAC

European CommissionDG Education and CultureRue de la Loi 200B-1049 BRUXELLESTel. (32-2) 295 75 62Ms. E. SpachisTel. (32-2) 295 59 81Ms. D. MarchalantFax (32-2) 295 57 23Fax (32-2) 296 42 59Ms. Eleni SpachisE-mail: [email protected]. Dominique MarchalantE-mail:[email protected] address: http://europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

EURYDICE

the Education Information Networkin EuropeLe réseau d’information sur l’éduca-tion en Europe15 rue d’ArlonB-1050 BRUXELLESTel. (32-2) 238 30 11Fax (32-2) 230 65 62Ms. Luce Pepin, DirectorE-mail: [email protected]. Patricia Wastiau-SchlüterE-mail:[email protected] address:http://www.eurydice.org

FVET

Foundation for Vocational Educationand Training ReformLiivalaia 2EE-10118 TALLINNTel. (372) 631 44 20Fax (372) 631 44 21Ms. Lea OrroManaging DirectorE-mail: [email protected]. Eeva KirsipuuE-mail: [email protected] address: http://www.sekr.ee/eng/index.html

ETF

European Training FoundationVilla GualinoViale Settimio Severo 65I-10133 TORINOTel. (39-011) 630 22 22Fax (39-011) 630 22 00Ms. Gisela SchüringInformation and PublicationsDepartmentE-mail: [email protected] address:http://www.etf.eu.int/etfweb.nsf/

OIT

Centre international de formation deL’OITViale Maestri del Lavoro, 10I-10127 TORINOTel. (39-011) 69 36 510Fax (39-011) 69 36 535Ms. Catherine KrouchDocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.itcilo.org

ILO/BIT

International Labour OfficeBureau International du Travail4 Route des MorillonsCH-1211 GENEVE 22Tel. (41-22) 799 69 55Fax (41-22) 799 76 50Ms. Pierrette DunandEmployment & Training DepartmentDocumentalistE-mail: [email protected] address: http://www.ilo.org

DfEE

Department for Education andEmploymentRoom E3MoorfootSHEFFIELDS1 4PQUnited KingdomTel. (44-114) 259 33 39Fax (44-114) 259 35 64Ms. Amanda CampbellLibrarianE-mail:[email protected] address: http://www.open.gov.uk/index/..dfee/dfeehome.htm

CINTERFOR/OIT

Centro Interamericano deInvestigación y Documentación so-bre Formación ProfesionalAvenida Uruguay 1238Casilla de correo 176111000 MONTEVIDEOURUGUAYTel. (598-2) 92 05 57Tel. (598-2) 92 00 63Fax (598-2) 92 13 05Mr. Pedro Daniel WeinbergDirectorE-mail: [email protected]. Juan Andres Tellagorry␣DocumentalistE-mail: [email protected] address: http://www.cinterfor.org.uy

Assoziierte Organisationen

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BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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Nr. 22/2000

Forschungsbeiträge

• Qualifikationsprofile in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden,Portugal, Schweden und dem Vereinigten Königreich (Åsa Murray, Hilary Steedman)

• Handwerkerausbildung im Bereich Gebäudeinstallationin Großbritannien: ein Vergleich mit Frankreich und Deutschland (Derek King)

• Lernen sichtbar machen: Ermittlung, Bewertung und Anerkennungnicht formal erworbener Kompetenzen (Jens Bjørnåvold)

Berufliche Bildung und junge Menschen

• Das Für und Wider der „Basisqualifikation“:Eine Grundausstattung mit Kompetenzen für alle (Ben Hövels)

• Was tun mit Schülern, die die Schule vorzeitig abbrechen? –Eine Stellungnahme (Mark Blaug)

Berufliche Bildung außerhalb der Europäischen Union

• Eine vergleichende Analyse der Prüfungs-, Bewertungs-und Zertifizierungssysteme Frankreichs und Deutschlands einerseitsund der Türkei andererseits (Tomris Çavdar)

• Die berufliche Bildung in Lateinamerika (Manfred Wallenborn)

Nr. 23/2000

• Das Programm „Leonardo da Vinci“ (1995–1999) in Spanien:Ergebnisse eines Evaluationsberichts (Lorenzo Cachón Rodríguez)

• Die Weiterbildung vor dem Hintergrund der Arbeitszeitverkürzung(Jacques Trautmann)

• Berufliche Bildung in den Vereinigten Staaten: Reformen und Ergebnisse(Matthias Kreysing)

• Der Ausbau von transnationalen Praktika zu einem didaktischen Mittel(Søren Kristensen)

• Was können wir aus der Anwendung von Doppelqualifikationsmodellenin Europa lernen? (Sabine Manning)

• Praktische Erfahrungen auf dem Weg zu einem Lernen für die Zukunft(Klaus Halfpap)

• Virtuelle Unternehmen und berufliche Bildung(Stefan Kreher)

• Die Ausbildung von Fachleuten im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern(Julio Fernández Garrido, Luis Aramburu-Zabala Higuera)

Zuletzt

erschienene

deutsche Ausgaben

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BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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Bitte schicken Sie mir ein kostenloses Ansichtsexemplar

Ich will europäisch lesen und abonniere hiermit die Europäische Zeitschrift “Berufsbildung” (3 Ausgaben, EUR 15 zzgl. Mwst. und Versandkosten).

Bitte schicken Sie mir die folgenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift “Berufsbildung” gegen eine Schutzgebühr von EUR 7 (zzgl. Mwst. und Versand-kosten) je Heft:

Ausgabe

Sprache

Name

Adresse

CEDEFOPEuropäisches Zentrum für dieFörderung der BerufsbildungPO Box 22427

GR-55102 Thessaloniki

Bestellschein bitte ausschneiden oder kopieren und an das Cedefop senden.

Nr. 24/2000

• Vorstellung der Beitragssammlung zur Jobrotation (Éric Fries Guggenheim)• Die Jobrotation (Athanasios Papathanasiou)• La Jobrotation en Francia: un procedimiento precursor (Patrick Guilloux)• Jobrotation – Erwartungen und Leistungen

Eine Fallstudie für die Region Bremen (Hubertus Schick)• Jobrotation – Bericht aus der Praxis: sks… (Monika Kammeier)• Die Jobrotation – ein einzigartiges Erfolgsmodell ohne Zukunft?

(Jørgen Mørk, Thomas Braun)• Erfahrungen mit Jobrotation in Dänemark: Fallstudie (Ghita Vejlebo, Thomas Braun)• Jobrotation als neues Konzept der Verbindung von Lernen und Arbeiten:

Erfahrungen in Deutschland und Dänemark (Uwe Grünewald, John Houman Sørensen)• Schlussfolgerung (Éric Fries Guggenheim)

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BERUFSBILDUNG NR. 25 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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Europäische Zeitschriftfür BerufsbildungAufforderung zur Einreichungredaktioneller BeiträgeDie Europäische Zeitschrift für Berufsbildung veröffentlicht Artikel von Berufsbildungs-und Beschäftigungsforschern und -fachleuten. Interesse besteht vor allem an Beiträ-gen, die die Ergebnisse hochkarätiger Forschungsarbeiten, insbesondere grenz-übergreifender vergleichender Forschung, einem breiten, internationalen Publikum auspolitischen Entscheidungsträgern, Forschern und praktisch Tätigen nahe bringen.

Die Europäische Zeitschrift ist eine unabhängige Veröffentlichung, deren Inhalt stän-dig überprüft wird. Sie erscheint dreimal jährlich in englischer, französischer, deut-scher und spanischer Sprache und wird in ganz Europa, sowohl in den Mitglied-staaten der Europäischen Union als auch in einigen Nicht-Mitgliedstaaten, vertrieben.

Die Zeitschrift wird vom Cedefop (dem Europäischen Zentrum für die Förderung derBerufsbildung) herausgegeben und soll der Diskussion über die Entwicklung derberuflichen Bildung, insbesondere durch die Darstellung der europäischen Sichtweise,Impulse verleihen.

In der Zeitschrift sollen Beiträge veröffentlicht werden, die neues Gedankengut ent-halten, Forschungsergebnisse verbreiten und über Vorhaben auf einzelstaatlicher undeuropäischer Ebene berichten. Ferner werden Positionspapiere zu berufsbildungs-relevanten Themen sowie Reaktionen auf diese veröffentlicht.

Eingereichte Artikel müssen wissenschaftlich exakt, gleichzeitig jedoch einem brei-ten und gemischten Leserkreis zugänglich sein. Sie müssen Lesern unterschiedlicherHerkunft und Kultur verständlich sein, die nicht unbedingt mit den Berufsbildungs-systemen anderer Länder vertraut sind. Das heißt, die Leser sollten in der Lage sein,Kontext und Argumentation eines Beitrags vor dem Hintergrund ihrer eigenen Tradi-tionen und Erfahrungen nachzuvollziehen.

Neben der Hardcopy-Fassung werden Auszüge aus der Zeitschrift in das Internetgestellt. Auszüge der letzten Ausgaben können eingesehen werden unter http://www.trainingvillage.gr/etv/editorial/journal/journalarc.asp.

Die Autoren sollten ihre Beiträge entweder in eigenem Namen oder als Vertretereiner Organisation verfassen. Diese sollten rund 2500 bis 3000 Wörter lang sein undin spanischer, dänischer, deutscher, griechischer, englischer, französischer, italieni-scher, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, finnischer oder schwedischerSprache abgefasst sein.

Artikel sollten sowohl als Ausdruck als auch auf Diskette im Format Word oder via E-mail (als Textanlage im Word-Format) eingereicht werden. Außerdem sollten eineKurzbiografie des Autors und knappe Angaben zu seiner derzeitigen Stellung beige-fügt werden. Alle eingereichten Artikel werden vom redaktionellen Beirat der Zeit-schrift geprüft, der sich die Entscheidung, diese zu veröffentlichen, vorbehält. DieVerfasser werden über seine Entscheidungen unterrichtet. Die veröffentlichten Arti-kel müssen nicht unbedingt die Meinung des Cedefop widerspiegeln. Die Zeitschriftbietet vielmehr die Möglichkeit, unterschiedliche Analysen und verschiedene, ja so-gar kontroverse Standpunkte darzustellen.

Wenn Sie einen Artikel einreichen möchten, so wenden Sie sich bitte telefonisch(30-310) 490 111, per Fax (30-310) 490 099 oder via E-Mail ([email protected]) anden Herausgeber Éric Fries Guggenheim.

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ISSN 0378-5106Nr. 25 Januar – April 2002/I

Die Europäische Zeitschrift Berufsbildungerscheint dreimal jährlich in vier Sprachen (DE, EN,ES, FR). Ein Jahresabonnement umfasst alle im Kalenderjahr(Januar bis Dezember) erscheinenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift Berufsbildung. Es verlängertsich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nichtbis zum 30. November gekündigt wird. Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG,Luxemburg, zugesandt. Die Rechnung erhalten Sie von Ihrem zuständigen EU-Vertriebsbüro. Im Preis ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.Zahlen Sie bitte erst nach Erhalt der Rechnung.

CEDEFOP

Europe 123, GR-570 01 Thessaloniki (Pylea)Postadresse: PO Box 22427, GR-551 02 ThessalonikiTel. (30-310) 490 111 Fax (30-310) 490 020E-mail: [email protected] Homepage: www.cedefop.eu.int Interaktive Webseite: www.trainingvillage.gr

Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung

Europäische Zeitschrift Berufsbildung

Nr. 25 Januar – April 2002/I

B E R U F S

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