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BULLETIN Schutzgebühr Fr.12.– MAGAZIN DER EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE ZÜRICH Nummer 292 Februar 2004 MIKROSYSTEME – NANOSYSTEME TEXTILE MIKROSYSTEME SENSIBLE WÄSCHE ALS RÜCKENMANAGER NANOFLÜSSIGKEITEN GOLDRAUSCH AUS DEM TINTENSTRAHLDRUCKER FIRST-LAB BESICHTIGUNG EINES NANO-HOTSPOTS

Nummer 292 Februar 2004 BULLETIN - ethz.ch · Tünde Kirstein,Gerhard Tröster 24_CMOS1-Mikrosysteme VON DER NASE FÜR GASE BIS ZUM BIOCHIP ... Hier arbeiten Forschende aus der Physik,

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BULLETINSchutzgebühr Fr. 12.–

M AG A Z I N D E R E I D G E N Ö S S I S C H E N T E C H N I S C H E N H O C H S C H U L E Z Ü R I C H

Nummer 292 Februar 2004

MIKROSYSTEME – NANOSYSTEMETEXTILE MIKROSYSTEME

SENSIBLE WÄSCHE ALS RÜCKENMANAGER

NANOFLÜSSIGKEITEN

GOLDRAUSCH AUS DEM TINTENSTRAHLDRUCKER

FIRST-LAB

BESICHTIGUNG EINES NANO-HOTSPOTS

IMPRESSUM:

HERAUSGEBERIN: Schulleitung der ETH Zürich

REDAKTION: Lic. phil. I Martina Märki-Koepp (mm), Redaktionsleitungcand. lic. phil. Vanja Lichtensteiger-Cucak (vac), Redaktion & En brefDr. Felix Würsten, Alumni AktuellCorporate Communications der ETH Zürich ETH Zentrum, 8092 ZürichTel. 01-632 42 52 Fax 01-632 35 25

INSERATE: Go! Uni-Werbung, Rosenheimstr. 129008 St. Gallen, Tel. 071-244 10 10

GESTALTUNG: inform, Zürich

DRUCK: NZZ Fretz AG, Zürich

AUFLAGE: Erscheint 4-mal jährlichAuflage dieser Ausgabe 26 000

Nachdruck mit Quellenangabe erwünscht. Die nächste Ausgabe, Nr. 293, zum Thema «CO2» erscheint im Mai 2004.Bulletin ist auch abrufbar unter: http://www.cc.ethz.ch/bulletin/

I N H A LT

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I N H A LT

6_ NanotechnologieR E A L I TÄT E N U N D Z U KU N F T S AU S S I C H T E N

Andreas Stemmer

8_ Mikro- und NanosystemeV E R B I N D U N G M I T D E R M I K R O E L E K T R O N I K

Christofer Hierold

13_ Mikro- und Nanosysteme IIQ UA N T E N M E C H A N I K F Ü R S E N S O R E N

Christofer Hierold, Christoph Stampfer und Ryan Linderman

17_ Bio-Mikrorobotik D U R C H R O B OT I K DA S L E B E N E R F O R S C H E N

Bradley Nelson

22_ Textile MikrosystemeS E N S I B L E U N T E RWÄ S C H E A LS R Ü C K E N M A N AG E R

Tünde Kirstein, Gerhard Tröster

24_ CMOS1-MikrosystemeVO N D E R N A S E F Ü R G A S E B I S Z U M B I O C H I P

Andreas Hierlemann, Martin Heule

30_ DNA/RNA und Proteine mit Biochips analysierenV E R M E S S U N G D E R G E N E

Janos Vörös, Martin Halter und Marcus Textor

34_ Die Quantenwelt auf der NanoskalaQ UA N T E N SYST E M E E X P E R I M E N T E L L M A N I P U L I E R E N

Klaus Ensslin

37_ FIRST: Center for Micro- and NanoscienceB E S I C H T I G U N G E I N E S N A N O - H OT S P OT S

Heinz Jäckel, Werner Bächtold, Ursula Keller

42_ Funktionale NanopartikelH E R ST E L L U N G D U R C H F L A M M E N SY N T H E S E

Karsten Wegner, Lutz Mädler, Sotiris E. Pratsinis

46_Anwendung von NanopartikelnK ATA LYS ATO R E N AU S D E R F L A M M E

Wendelin J. Stark, Reto Strobel, Alfons Baiker

50_ Mit Mikropartikeln impfenM I K R O - U N D N A N O PA RT I K E L : T R ÄG E R VO N A RZ N E I STO F F E N

Marco Mazzotti, Bruno Gander, Hans P. Merkle

54_ NanoflüssigkeitenG O L D R AU S C H AU SD E M T I N T E N ST R A H L D R U C K E R

Dimos Poulikakos, Costas P. Grigoropoulos

57_ Zuverlässigkeit von Mikro- und NanosystemenAU F B I E G E N U N D B R E C H E N

Jürg Dual, Edoardo Mazza, Bernd Michel

62_ En bref

68_Alumni Aktuell

Abbildung: Mikro- und Nanowelten im Vergleich: Die Systeme und Bauteile, die in diesem Bulletin beschrieben werden, sind kleiner

als 1 Millimeter (10-3) und bis zu einem Milliardstel Meter (10-9 = 1 Nanometer) klein. (Bild: Christofer Hierold)

M I K R O SYST E M E U N D N A N O SYST E M E

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M I K R O SYST E M E U N D N A N O SYST E M E

Die Welt der kleinen Helfer ist eine paradoxe Welt. Alle reden von ihr, doch niemand nimmt sie wirk-lich wahr, wenn sie zur Anwendung kommt. Dabei sorgen heute schon unzählige Mikrosensorsys-teme dafür, dass unsere Autos bequem, leicht und sicher zu fahren sind. Nanopartikel gehören inKosmetika, glaubt man der Werbung, fast schon zum Alltag, und Material-Oberflächen wie Auto-lacke oder Fensterscheiben werden nanotechnologisch optimiert. Nur die vielzitierten Nanorobo-ter, die sich selbständig weiterentwickeln und als Reparatureinheiten auf den Weg durch unsereKörper machen, gehören wohl noch lange in den Bereich der Science Fiction.

Dennoch befindet sich das Gebiet immer noch erst auf der Schwelle von der Forschung zur ange-wandten Umsetzung. Kein Wunder, ist es doch gerade erst zwei Jahrzehnte her, dass mit der Erfin-dung des Rastertunnelmikroskops die Nanowelt überhaupt zugänglich wurde. Aber es herrschtGoldgräberstimmung. Die Nanotechnologie gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts, unddie Schweiz fördert derzeit diesen Forschungszweig mit beträchtlichen Mitteln. An der ETH wurdeEnde 2001 das FIRST-Lab in Betrieb genommen, ein grosser High-Tech-Reinraum als ein Hotspot derNanoforschung. Hier arbeiten Forschende aus der Physik, den Materialwissenschaften, aus demMaschinenbau und der Verfahrenstechnik, der Informatik und der Biologie zusammen. Und dies istvielleicht eines der herausstechendsten und faszinierendsten Merkmale am Gebiet der Mikro- undNanosysteme, dass traditionelle Disziplinengrenzen nicht mehr gelten. Und wie sollten sie auch,wenn es gilt, einen Neurochip zu konstruieren, der die Signale einzelner Neuronen oder Zellen auf-nehmen und beeinflussen kann, Nanopartikel für den Transport medizinischer Wirkstoffe herzu-stellen oder gar die Theorien der Quantenmechanik für die Herstellung neuartiger Quantencom-puter nutzbar zu machen!

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Noch hat sich der grosse Nanohype auf der Ebene der industri-ellen Umsetzung nicht realisieren lassen. Derzeit mehren sich in der Öffentlichkeit kritische Stim-men, die auf mögliche Gefahren, die mit den neuen Technologien verbunden sein könnten, hinwei-sen und ein grösseres Risikobewusstsein fordern. Für die Forschenden, die gerade erst aufgebro-chen sind, die spannenden Abenteuer der Nanowelt zu entdecken, mag dies teilweise schwer nach-vollziehbar sein. Aber die Geschichte der letzten Jahrzehnte lehrt, dass sie gut beraten sind, wennsie auch für solche Anliegen offene Ohren haben. Erste Ansätze dazu lassen sich auch in derSchweiz ausmachen.

Martina Märki-KoeppRedaktion ETH-Bulletin

E D I TO R I A L

R E A L I TÄT E N U N D Z U KU N F T S -AU S S I C H T E N

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Einerseits hochfliegende Visionen – danebennanotechnologisch optimierte Autolacke –diese Diskrepanz ist nicht zufällig und be-gründet sich auch nicht alleine mit der Tat-sache, dass der Nanometerbereich demblossen Auge verborgen bleibt. Der Wegvon Nanowissenschaft zu Nanotechnolo-gie, das heisst von der Erforschung und Be-schreibung von Objekten und Prozessen imGrössenbereich von 1–100 Nanometer biszur technisch realisierbaren Umsetzung dergewonnenen Erkenntnisse, ist sehr lang.

Nanopartikel

Nanomaterialien und ganz besonders Nano-partikel finden heute und wohl auch innächster Zukunft das breiteste Spektruman Anwendungen. Die Palette reicht vonZusätzen in Kosmetika und Autoreifen überOberflächenvergütungen, Katalysatoren undKeramiken bis hin zu optisch anregbarenQuantenkristallen und Arzneimittelträgern.Interessant an dieser Entwicklung ist, dasses sich hier ganz klar um Nanotechnologienhandelt, denn die besonderen Eigenschaf-ten der Nanomaterialien basieren primärauf der Grösse ihrer Bausteine. Dagegenhat die Erfindung neuer Werkzeuge wie derRastersondenmikroskope, welche gemein-hin als Voraussetzung für die technologi-sche Nutzung des Nanobereichs angesehenwerden, nur eine untergeordnete Rolle ge-spielt. Weit zentraler sind die über Jahr-zehnte gewachsenen Erkenntnisse der Ma-terialwissenschaft und Chemie.

Nanoelektronik

Rastersondenmikroskope eröffneten dieMöglichkeit, einzelne Atome und elektroni-sche Zustände auf Oberflächen sichtbar zu machen und sie auch lokal, quasi als Ver-längerung unserer Finger, zu verändern.Zusammen mit neuen Verfahren zur Her-stellung von Nanoröhren und Nanokugelnkatalysierten sie die Physik-orientierte Na-nowissenschaft. Besonderes Augenmerkgalt dabei der Verbindung zur Halbleiter-elektronik. In welchem Umfang sich aller-dings die im Bereich Nanoelektronik ge-wonnenen Erkenntnisse, wie zum BeispielTransistoren aus Nanoröhren, in die fort-schreitende Miniaturisierung der Mikroelek-tronik einbringen lassen, kann man heutenur schwer abschätzen. Bessere und zudemparallele Verfahren zur Herstellung diesernoch unkonventionellen nanoelektronischenBauelemente wären notwendig, doch dieMikroelektronik verfolgt ihren eigenen Masterplan und ist damit ohne revolu-tionäre Techniken bereits in den Bereichvon 100 nm vorgestossen. Unbestritten istaber, dass die stete Weiterentwicklung derRastersondenmikroskope wesentlich dazubeigetragen hat, die Qualität der Ausgangs-materialien und Prozessschritte zu über-prüfen und so weit zu verbessern, dass derheutige Grad an Miniaturisierung in derkommerziellen Mikroelektronik überhaupterreicht wurde.

Biologische Systeme

Die Physik-orientierte Nanowissenschaft un-terhält praktisch seit Anbeginn eine engeund fruchtbare Verbindung zur Biologie.Verbindend wirken das Instrumentariumfür Messungen auf der Nanometerskalaund ihre Anwendungsmöglichkeiten im at-traktivsten Bereich der Naturwissenschaft.Rastersondenmikroskope geben zwar keinenAufschluss darüber, was sich im Innern ei-ner lebenden Zelle abspielt, doch kann dieOberfläche isolierter Strukturen in Flüssig-keit abgebildet werden und so zum Bei-spiel bei Membranproteinen wertvolle Er-kenntnisse über deren Struktur-Funktions-Beziehung liefern. Aus der Rastersonden-mikroskopie abgeleitete nicht abbildendeMessverfahren, welche molekulare Kräfteüber die Verbiegung eines mikrofabrizier-ten Balkens darstellen, erlauben die Her-stellung hoch sensitiver Biosensoren, zumBeispiel zur Messung der Konzentrationdes Prostata-spezifischen Antigens. Der mi-krofabrizierte Balken wirkt hier als mecha-nischer Verstärker biologischer Wechsel-wirkungsenergien. Solche Biosensoren wer-den mit dem Ziel entwickelt, empfindlicheund gleichzeitig kostengünstige Testver-fahren bereitzustellen, die vor Ort und ohneaufwendige Laborausrüstung aussagekräf-tige Resultate liefern und daher sowohl inder Prophylaxe als auch direkt am Spital-bett Verwendung finden können.Der aus der Halbleitertechnologie bekannteImperativ zur Miniaturisierung, welcher zukleineren, billigeren, portablen und dazunoch schnelleren elektronischen Geräten

N A N OT E C H N O LO G I E

R E A L I TÄT E N U N D Z U KU N F T S -AU S S I C H T E NA N D R E A S ST E M M E R

«Nano» ist in. Politiker wollen sicherstellen, dass diesmal, das heisst im Gegensatz zu «mikro», die in der Schweiz ansässige Industrie keine Chancen verpasst. Die neue Vorsilbe verheisst technologischen Vorsprung,Gewinn und damit gesicherten Wohlstand. Für die wissenschaftlich und technologisch wenig versierten Verbraucher, also die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, offenbaren sich dagegen die Vorzüge von «nano»– wenn überhaupt – bis jetzt eher in Form selbstreinigender Backbleche,was zwar angenehm, aber so aufregend nun auch wieder nicht ist.

führte, existiert in dieser Art nicht für dieVerbindung zu biologischen Systemen. Daserwähnte Beispiel der mechanischen Bio-sensoren profitiert zwar von den etablier-ten Verfahren zur Herstellung von Mikro-strukturen in grossen Stückzahlen. Die Längedes Balkens beträgt aber knapp einen Milli-meter, seine Dicke etwa einen Mikrometer.Die spezifische Wechselwirkung mit den zudetektierenden Antigenen erfolgt über einefunktionale Schicht an der Oberfläche desBalkens, eine Lage Moleküle, in unseremBeispiel Antikörper, die nur das gewünschteAntigen binden. Die Nanometerdimensiondieser Schicht und die darin eingebettetenbiologischen Nanostrukturen sind für diespezifische Wechselwirkung mit den ge-suchten Molekülen verantwortlich, tragenaber nur im Zusammenhang mit der darun-ter liegenden Mikrostruktur zur messbarenEmpfindlichkeit bei. Dies gilt besondersauch für Strukturen, die mit Zellen intera-gieren sollen. Typische Grössen von tieri-schen und menschlichen Zellen liegen imBereich von 10–50 µm. Ziel der biologischorientierten Nanoforschung ist es nicht,diese Zellen zu verkleinern, sondern zumBeispiel für nicht biologische Materialiengeeignete Oberflächentexturen und Bele-gungen mit spezifischen Molekülen zu fin-den, auf denen Zellen entweder sehr gutwachsen oder die auch über lange Zeit freivon irgendwelchen Ablagerungen bleiben.Beide Varianten haben unmittelbare Be-deutung für Implantate, und Resultate die-ser Forschungsrichtung können aufgrundder langen Vorarbeiten bereits heute denWeg in die Anwendung finden.

Nanotechnologien, die bereits den Markterreicht haben, erforderten fast ausnahms-los jahrelange Forschungsanstrengungen,bevor sie umgesetzt werden konnten. ImHinblick auf künftige Technologien stelltsich deshalb die Frage, was sich heute inder Pipeline der Nanowissenschaft befin-det und ob es ähnlich zum Halbleitersektoreinen eigentlichen Masterplan gibt, wel-cher die zu erforschenden Fragestellungenzeitlich und thematisch kartiert, um kom-menden Entwicklungen möglichst effizientden Weg zu ebnen. Zu einem solchen Mas-terplan ist festzuhalten, dass sich die Nano-wissenschaft im Gegensatz zum Halbleiter-sektor in einem wesentlich breiteren Mixan Disziplinen bewegt, deren Ziele sichnicht in einer Serie stetig kleiner werden-den Strukturgrössen zusammenfassen las-sen. Entwicklungsziele für die Nanowissen-schaft in ihrer vollen Breite existieren da-her nicht, wohl aber bestehen Zielvorstel-lungen darüber, welche Technologien ineinzelnen Bereichen ermöglicht werdensollen.Die biologisch orientierte Nanowissenschaftverfolgt unter anderem die Erzeugungelektrischer Energie aus biologischen Struk-turen als eine solche Zielvorstellung. Zweckdieser langfristig angelegten Forschung istes, dereinst Implantate wie Hörgeräte oderHerzschrittmacher mit elektrischer Energiedirekt aus dem menschlichen Körper stattaus Batterien versorgen zu können. Zellenverfügen über die notwendigen Strukturenund Reaktionswege, um aus Glukose Elek-tronen- und Protonengradienten zu erzeu-gen. Diese gilt es derart anzuzapfen, dass

zum Beispiel über eine Brennstoffzelle elek-trischer Strom erzeugt werden kann, derZellverband aber weiterlebt, denn die Ver-brennung der Glukose dient ja primär derEnergieerzeugung für die Zellen selbst.Heute stehen wir noch ganz am Anfang ei-ner solchen Entwicklung. Die zu lösendenFragestellungen werden aber mit Sicher-heit zu neuen Erkenntnissen führen, dieweit über das direkt anvisierte Ziel hinaus-gehen.

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Andreas Stemmerausserordentlicher Professor für Nano-technik an der ETH Zürich

ForschungsinformationenDie Nanotechnology Group von And-reas Stemmer erforscht Herstellungs-verfahren für den Mikro- und Nanobe-reich, welche sich an Prozesse anleh-nen, die in lebenden Zellen vorkommenund für eine breite Palette an Materia-lien geeignet sind. Von speziellem In-teresse sind dabei maskenlose Litho-graphietechniken, die keine teure Rein-rauminfrastruktur benötigen. Einenweiteren Forschungsschwerpunkt bil-den Verfahren zur Abbildung von Nano-strukturen sowie deren Ankopplung andie Makrowelt zur Signal- und Ener-gieübertragung.http://www.nanotechnology.ethz.ch/

Abbildung:Oberflächentopographie des stabilen HPI-layers des Bakteriums Deinococcus radiodurans. Die Gitterkonstante der regelmässig

gepackten Proteinschicht beträgt 18 nm. Bild: Dr.H.F.Knapp, Nanotechnology Group.

V E R B I N D U N G M I T D E R M I K R O E L E K T R O N I K

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Sie sind spät dran in einer fremden Stadt.Es ist ein kalter Novemberabend, es regnet.Ihre Besprechung hat heute wieder endlosgedauert, und jetzt sitzen Sie in IhremMietwagen und wollen wie tausend anderenach Hause. Nur – Sie müssen erst zumFlugplatz, Ihren Flieger rechtzeitig errei-chen – und Sie kennen sich nicht aus. Stau;es wird knapp. Sie wundern sich, dass dasNavigationssystem in Ihrem Wagen immernoch weiss, wo Sie sind, trotz der endlosenTunnels der Stadtautobahn. Nur können Sieleider wegen der Staus die angebotenen Al-ternativrouten nicht nutzen. Sie erinnernsich, dass Sie ja seit kurzem per SMS ein-checken können. Endlich geht es weiter, Siebeschleunigen zügig. Sie nehmen Ihr Mo-biltelefon zur Hand und geben die SMS ein.Check-in bestätigt. Trotz Spracheingabesind Sie einen Moment unaufmerksam. Siespüren den Adrenalinschub, Sie sehenBremslichter aufleuchten. Im selben Mo-ment, in dem Sie bremsen, wissen Sie, dassSie zu heftig reagieren; Ihr Wagen drohtauszubrechen. Im nächsten Moment ist al-les wieder in Ordnung. Sie denken dankbaran die freundliche Dame der Mietwagen-station, die Ihnen am Morgen diesen neuenWagen mit elektronischem Stabilitätspro-gramm gab. Endlich am Flughafen. Ihr Na-vigationssystem zeigt Ihnen den schnells-ten Weg zur Mietwagenstation auf demneuen, hochauflösenden Flachbildschirm.Lange Schlangen am Check-in. Sie könnenohne Verzögerung durch die Sicherheits-kontrollen gehen, da Sie bei Ihrer Fluglinieregistriert sind und Ihre Identität mit Ihrempersönlichen biometrischen Sensor schnellbestätigen können. Eigentlich hatten Sie jaBedenken, dieses System zu nutzen – Daten-schutz und so. Aber jetzt sind Sie froh: Sie ha-ben Ihren Flieger gerade noch erreicht.

Brücken zwischen realer und virtueller Welt

Fiktion oder Wirklichkeit? Viele der in die-sem Szenario geschilderten Funktionen, wieNavigationssysteme oder elektronische Sta-bilitätsprogramme, gehören bereits heutein vielen Fahrzeugen zur Standardausstat-tung. Am Flughafen Schiphol (Amsterdam)kann der Fluggast die normale Ausweis-kontrolle umgehen, wenn er sich als Nutzereines biometrischen Systems zur persönli-chen Authentifizierung (Iris-Erkennung) ein-schreibt. Sensoren für Beschleunigung undDrehrate, die die Bewegungen des Fahr-zeugs überwachen, sind die Schlüsselkom-ponenten der Sicherheitssysteme zur Fahr-dynamikregelung in Fahrzeugen. Drehra-tensensoren liefern nicht nur Informatio-nen an das Stabilitätsprogramm, sondernverfolgen auch den Weg des Fahrzeugs, so-bald die GPS-Signale für das Navigations-system wegen Abschattungen zum Satel-liten nicht zur Verfügung stehen. Ohne Produkte der Mikrosystemtechnik sind alldiese Funktionen nicht denkbar.In der vergangenen Dekade war die Auto-mobilindustrie einer der grössten Treiberder Entwicklung und für den Einsatz minia-turisierter, integrierter und intelligenterSensoren. Heute werden um die 100 Senso-ren für die Motorsteuerung zur Reduzie-rung des Energieverbrauchs und der Schad-stoffemission, für die passive und aktive In-sassensicherheit und den Komfort in Fahr-zeuge eingebaut. Zukünftige Innovationenwie «drive-by-wire» oder die Bewertungder Sitzposition und Grösse der Insassen füreine optimale und situationsangepassteAuslösung der Airbags sind ohne Mikro-systeme nicht denkbar.

Nanosysteme für Flachbildschirme

Zu den ersten Beispielen für Nanosystemezählen die Demonstratoren für neuartigeFlachbildschirme auf Basis von feldemittie-renden Nanostrukturen. Feldstärken im Be-reich von 3 V/µm an den Spitzen (~2 nmSpitzendurchmesser) von Kohlenstoff-Nano-röhren (Carbon Nanotubes, CNT) (Abb. 1)führen bei moderaten Spannungen weitunter 100 V zur Emission von Elektronenaus diesen Nanoröhren, die für jeden Bild-und Farbpunkt individuell auf eine wenige100 µm entfernte Phosphorschicht beschleu-nigt werden und dort die für uns sichtbareBildinformation erzeugen. Erst durch die In-tegration dieser Nanostrukturen zusam-men mit elektronischen Bauelementen zurwahlfreien Ansteuerung der einzelnen Bild-punkte und durch die Entwicklung einesextrem flachen Vakuumgehäuses, das alsTräger der bild- und farbgebenden Phos-phorschichten wesentlich zur Funktion die-ser Flachbildschirme beiträgt, entsteht einSystem, das in seiner Vollständigkeit wich-tige Komponenten eines zukünftigen Pro-dukts, wie Ansteuerung und Gehäuse, be-reits mit berücksichtigt.Dies ist einer der wesentlichen Aspekte imZusammenhang mit Mikro- oder Nanosys-temen. Mikro- und Nanosysteme sind nachunserer Definition Systeme, die elektroni-sche und nichtelektronische Elemente undFunktionen im Mikro- bzw. Nanomassstabkombinieren. Sie erfüllen Sensor- oder Ak-torfunktionen, verarbeiten Signale undstellen die Verbindung zur Umwelt entwe-der über geeignete Mensch-Maschine-Schnittstellen oder elektrische Schnittstel-len zu anderen mikroelektronischen Kom-ponenten, wie Mikroprozessoren zur Verfü-gung. Mikro- und Nanosysteme stellen dieVerbindung zwischen uns und der Mikro-elektronik her.Wesentliche Voraussetzungen für den Markt-erfolg von Mikro- und Nanosystemen sindauch kostengünstige und robuste Entwick-lungsmethoden und Herstellverfahren.

M I K R O - U N D N A N O SYST E M E

V E R B I N D U N G M I T D E R M I K R O E L E K T R O N I KC H R I STO F E R H I E R O L D

Abbildung 1: Das Basiselement dieses Feldemissionsbildschirms ist ein Array aus individuell adressierbaren «Bündeln»

von Kohlenstoff-Nanoröhren als Elektronenemitter. Das Bündel dieser Nanoröhren wird von einer Gate-Elektrode angesteuert und arbeitet als Kathode, die wegen der geringen Spitzendurchmesser der Nanoröhren bereits bei moderaten

Spannungen Elektronen emittiert. Jeder Bildpunkt besteht aus drei Emittern für die Farben Rot, Grün und Blau. Die Elektronen werden in Richtung Anode beschleunigt und treffen auf eine Phosphorschicht, die die Energie der auftreffenden

Elektronen in sichtbares Licht der entsprechenden Farbe umwandelt1.(Bild: Gehan Amaratunga/Cambridge University, UK.

IEEE spectrum, September 2003, S.30)

Diese gehören ebenso zur Systemdefinitionwie die passende Gehäusetechnik und ge-eignete Testmethoden. Damit unterschei-den sich Systeme in unserem Sinne wesent-lich von Technologien. Mikro- und Nano-systeme definieren sich durch ihre Funk-tion und Spezifikation. Mikro- und Nano-technologien stellen die Methoden undProzesse für die Systemintegration zur Ver-fügung.

Neue Anwendungsfelder

Häufig stellt sich die Frage nach der trei-benden Kraft für die ungebrochenen An-strengungen zu weiterer Systemintegra-tion und Miniaturisierung. Ein einleuchten-der Grund wird erkennbar für all jene An-wendungen, die erst durch die Verfügbar-keit kleinster Strukturen möglich werden.Zahlreiche Beispiele hierfür finden sich imBereich der Medizin- und Biowissenschaf-ten. Mikrosysteme für intrakorporale Auf-gaben – nur um ein Beispiel zu nennen –

müssen so weit miniaturisiert werden, dasssie in den Körper implantiert werden kön-nen, ohne den Patienten zu beeinträchti-gen oder gar zu gefährden. Gleichzeitigmüssen diese Systeme durch ihr Gehäuseso vor den Einflüssen der Körperflüssigkei-ten geschützt sein, dass sie zuverlässig undohne Veränderung ihrer primären Leistungs-merkmale, wie Empfindlichkeit, Offset unddynamische Eigenschaften, über lange Zeitzuverlässig funktionieren. Beide Aspektesind Teil der geforderten Biokompatibilitätsolcher Systeme.

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© 2003 IEEE

• Thin Television

Abbildung 2 (oben): Miniaturisierte und integrierte thermoelektrische Generatoren wandeln thermische Energie in elektrische Energie um,

die zum Betrieb autonomer Systeme (elektrische Verbraucher) im Leistungsbereich um einige 10 µW zur Verfügung stehen wird. Materialien mit einem hohen Seebeck-Koeffizienten der Thermopaare (z.B. Wismuth-Tellurid) und einem niedrigen

elektrischen Widerstand werden in Träger aus einem Material integriert, das eine geringe thermische Leitfähigkeit besitzt, da die Temperaturdifferenz zwischen der kalten und der warmen Seite wesentlich zur Effizienz der Generatoren beiträgt.

Mit den Technologien der Mikrosystemtechnik können eine grosse Anzahl von Thermopaaren für ausreichende Generatorleistung und -spannung auf kleiner Fläche integriert werden.

Abbildung 3 (unten): a) Oberflächenmikromechanischer kapazitiver Drucksensor mit integrierter Signalverarbeitung in einem SMD-Gehäuse.

Typ KP120 (Infineon) für Anwendungen im Automobil zur Motorsteuerung.b) REM-Bild einer Drucksensorzelle im Vergleich zu einem menschlichen Haar.

Die Kantenlänge der quadratischen Sensorzellen beträgt 70 µm. c) Querschnitt (A – A’) durch die Sensormembran. Der dunkle Bereich unter der 400 nm dünnen Polysiliziummembran

ist der durch die sog. Opferschicht-Ätztechnik hergestellte Hohlraum, der die druckabhängige Verbiegung der Membran gestattet.Bilder mit freundlicher Genehmigung der Infineon Technologies AG, München.

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ForschungsinformationenMikro- und NanotransducerElektrostatische Lager für Drehraten-sensorenPolymere und biokompatible Materia-lien für MEMSMikrogeneratorenThermoelektrischer Generator Mikro- und NanostrukturtechnikenAbscheidung und Strukturierung vonPolysilizium und PolymerenTestmethodik und CharakterisierungEvaluierung von Materialeigenschaften (Viskoelastische Effekte, E-Modul, Alte-rung usw.)Professur für Mikro- und NanosystemeDepartement für Maschinenbau undVerfahrenstechnikETH Zentrum, CH-8092 Zürichwww.micro.mavt.ethz.chProf. Dr.-Ing. Christofer [email protected]

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Christofer HieroldProfessor für Mikro- and Nanosysteme,Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich

Die Systemfunktionalität kann dann nebendem Sensor auch die Signalaufnahme, dieSignalverarbeitung und die drahtlose Über-tragung von Signal und Energie zu einemEmpfänger oder von einem Sender ausser-halb des Körpers umfassen.

Reduzierter Energieverbrauch

Der zweite Grund für eine weitere Miniatu-risierung ist die Reduzierung des Energie-verbrauchs, unterstützt durch den Einsatzmoderner Technologien der Mikroelektro-nik für Signalwandlung und -verarbeitung.Dazu gehört auch, dass Energie sparendeSignalaufnahmetechniken zum Einsatz kom-men, wie die Erfassung von Abständen undBewegungen durch kapazitive anstatt bei-spielsweise resistive Messprinzipien. Dasist von grosser Bedeutung für so genannteautonome, tragbare und gegebenenfallsdrahtlose Systeme, deren Betriebsdauerdurch ihren Leistungsverbrauch und dieGrösse sowie durch die Energiedichte derBatterien begrenzt wird. Gelingt die Redu-zierung des Energieverbrauchs erfolgreich,dann können in nicht allzu ferner Zukunftautonome Mikro- und Nanosysteme mitEnergiewandlern ausgestattet werden, dieverfügbare, meist dissipative Energie inForm von Wärme, Bewegung, Licht oderchemischer «Brennstoffe» aus ihrer Umge-bung in elektrische Energie umwandeln,ohne «aufgeladen» werden zu müssen.Bekannte Beispiele für diese Art von Ener-giewandlern sind thermoelektrische Gene-ratoren (Abb. 2) und Solarzellen, die heutebereits zum Betrieb von Armbanduhreneingesetzt werden. Durch die weitere Inte-gration und konsequente Anwendung vonMikro- und Nanotechniken können Leis-tungsklassen dieser Energiewandler mög-lich werden, die für den unabhängigen Betrieb von Hörgeräten, Implantaten, Sys-temen zur Gesundheitsüberwachung amKörper, Alarmgeber für den Notfall am Arbeitsplatz oder im privaten Bereich – nurum einige Beispiele zu nennen – ausrei-chend sind.

Erhöhte Zuverlässigkeit

Die monolithische Integration von aktivenund zunehmend von passiven Bauelemen-ten führt zur Verringerung der Zahl der Ein-zelkomponenten in Systemen. Damit steigtdie Zuverlässigkeit solcher Systeme. Die zu-sätzliche Integration von Systemfunktiona-lität wie Selbsttest und Sicherheitsfunktio-nen, die heute bei Sensoren im Automobil

zwingend gefordert werden, erhöht darü-ber hinaus die Zuverlässigkeit und Sicher-heit auf Systemebene.

Kostenreduktion und Wettbewerbs-vorteile

Der vierte und vielleicht aus unternehmeri-scher Sicht entscheidende Punkt für die anhaltenden Anstrengungen zur Miniatu-risierung und Integration sind die Ein-sparung von Kosten. In der Mikroelektronikwurden in den letzten 40 Jahren die drama-tischen Kostenreduktionen durch konse-quente Miniaturisierung, ständige Erhöhungder Anzahl von Transistoren pro Chip unddie Kondensation alternativer und konkur-rierender Prozesstechnologien auf die heu-tigen sog. Mainstreamtechnologien fürCMOS-Logik und DRAM erreicht. Die Pro-dukte der IT-Industrien wurden für jeder-mann erschwinglich, und der heutige 200-Mrd.-Dollar-Markt für Halbleiterproduktekonnte entstehen.Auf dem Gebiet der Mikrosysteme – die Na-nosysteme sind dafür heute noch zu wenigentwickelt – können wir eine derartigeKondensation der Technologien auf Main-streams noch nicht wirklich beobachten.Der Grund dafür ist, dass in vielen FällenProduktentwicklungen oft von Technolo-gieentwicklungen begleitet werden. Platt-formtechnologien für Mikrosysteme, dasheisst solche, die für mehrere Produktfami-lien eingesetzt werden können, werdenbestenfalls innerhalb einzelner Firmen ent-wickelt und sind somit für Dritte selten ver-fügbar. CMOS-kompatible Oberflächenmi-kromechanik ist hierfür ein Beispiel (Abb. 3).Mit dieser Technologie werden unter ande-rem integrierte Druck- und Inertialsenso-ren für Anwendungen im Automobil herge-stellt. Das sind gerade auch die Beispiele,bei denen sich in den letzten Jahren Minia-turisierung und Systemintegration in Ver-bindung mit den Stückzahlen eines Mas-senmarktes in deutlichen Kosten- und Preis-senkungen umsetzten. Glücklicherweisewird seit einigen Jahren zunehmend Foun-dry-Service für Mikrosysteme angeboten.Es ist zu hoffen, dass sich diese Foundrieszu Kondensationskeimen für Mainstream-technologien der Mikrosystemtechnik ent-wickeln werden.Ein weiterer Kostenvorteil durch Miniaturi-sierung kann sich ergeben, wenn dasGehäuse mit in die System- und Technolo-gieentwicklung einbezogen wird. So ge-nannte «zero level»-Gehäuse verpacken Iner-tialsensoren auf Waferebene und können so ein problemloses Weiterverarbeiten die-

ser Systeme in konventionellen Gehäusety-pen ermöglichen. Dies ist von besondererBedeutung für Mikrosysteme, die ihre Funk-tion ohne direkten Kontakt mit Medienoder der Umwelt erfüllen. Die Integrationdes Gehäuses auf Waferebene spart Kosten.Mikrosysteme helfen heute auch Kosten inklassischen Domänen der Mikroelektronikzu senken. Im Bereich des Mobilfunks wer-den integrierte mikromechanische Lösun-gen für HF-Schalter, Filter, Induktivitätenmit grosser Güte, abstimmbare Kapazitä-ten und Mikrofone evaluiert, die bessere Ei-genschaften zu niedrigeren Systemkostenversprechen.Kostenaspekte und Funktionalität stehenbei der Diskussion der fortschreitenden Mi-niaturisierung und Systemintegration of-fensichtlich im Vordergrund. Aber wie ver-hält es sich mit der Leistungsfähigkeit der-artiger Systeme, bezogen auf ihre physika-lische Primärfunktion, zum Beispiel dieMessung einer Kraft mit einer gefordertenGenauigkeit? Im nächsten Artikel wird die-ser Aspekt näher beleuchtet.

Referenzen:1 IEEE Spectrum, September 2003, S. 30

Tabelle 1:Abschätzung der Auswirkung von Miniaturisierung oder Skalierung mit α < 1 auf die Systemperformance von Druck-,

Beschleunigungs- und Drehratensensoren. Je nach gewählter Randbedingung skaliert die Systemperformance (das Signal-Rausch-Verhältnis SNR ist ein Mass dafür) unterschiedlich und meist ungünstig. Nur im Fall der Randbedingung

der konstanten mechanischen Bandbreite (ω0,mech = const.) lässt sich mit dieser einfachen Abschätzung eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Drucksensoren nach dem Skalieren erwarten. Beschleunigungssensoren

wären dann skalierungsinvariant. Randbedingungen:1. x/αd0 = const: Relative Auslenkung der Messelektroden bleibt beim Skalieren konstant; oder

2. ω0,mech = const: Die mechanische Bandbreite bleibt beim Skalieren konstant.

Druck Beschleunigung Drehrate

α < 1l α l0,

t α t0

h α h0

A α2 A0

m α3 m0

v α v0

Messkraft Fs = α2A0 p Fs = α3m0 a Fs = 2α4m0v0 Ω

SNRopt ~ 10 log ~ 10 log ~ 10 log x/αd0 = const. (const. α2) (const. α2) (const. α2)

SNRopt ~ 10 log ~ 10 log ~ 10 log ω0,mech = const. (const. α-2 ) (const. 1) (const. α2)

Q UA N T E N M E C H A N I K F Ü R S E N S O R E N

M I K R O - U N D N A N O SYST E M E I I

Q UA N T E N M E C H A N I K F Ü R S E N S O R E N C H R I STO F E R H I E R O L D, C H R I STO P H STA M P F E R U N D RYA N L I N D E R M A N

Im Bereich der digitalen Mikroelektronik waren wir über Jahrzehnte gewohnt,neben günstigeren und funktionelleren auch leistungsfähigere Systeme zu bekommen. Kleiner war auch besser. Im Bereich der Mikromechanik ist dieser Zusammenhang zwischen Miniaturisierung und Performance nicht zwingend erfüllt. Nun erhofft man sich neue Lösungen auf Nanoebene.

Nimmt man zum Beispiel den Signal-Rausch-Abstand am Ausgang eines Verstärkers zurkapazitiven Messung der Bewegung vonträgen Massen in Inertialsensoren (z. B. Be-schleuningungssensor, Drehratensensor) alsMass für die Systemperformance, so kannman in einer einfachen Abschätzung zei-gen, dass die Skalierung dieser elektrome-chanischen Systeme nicht per se zur Ver-besserung dieser für Sensoren wichtigenPerformance-Messgrösse führt (vgl. Tab. 1).Mikromechanische Inertialsensoren skalie-ren nicht günstig. Forscher und Entwicklerversuchen heute, diesen Nachteil durch in-telligente, aber aufwändige Lösungen aufSystemebene aufzufangen.An dieser Stelle kommen Nanosysteme insSpiel. Im Bereich der Nanostrukturen kannman Effekte nutzbar machen, die – so dieHoffnung – die Funktionalität und Leistungs-fähigkeit von Sensorsystemen trotz weite-rer Miniaturisierung erheblich verbessernkönnen.

Neue Sensorprinzipien und Funktio-nalitäten mit Nanosystemen

Beim Vorstoss in die Nanowelt kann dieWellennatur der Elektronen nicht weitervernachlässigt werden, und folglich spielenquantenmechanische Effekte wie Inter-ferenzeffekte beim Ladungstransport einewichtige Rolle. Dies führt zu einem neuenBeschreibungsbild elektrischer und auch me-chanischer Eigenschaften im Nanokosmos,das sich von jenem der Mikro- bzw. Makro-welt erheblich unterscheidet.Quantenmechanische Effekte, die nicht mehrvernachlässigt werden dürfen, haben auchgrossen Einfluss auf die Funktionsweise

von elektromechanischen Nanosystemen.Neben den sehr hohen mechanischen Ei-genfrequenzen und den sehr geringen dis-sipativen Energien sind es vor allem diestark strukturabhängigen Elektronenkonfi-gurationen, die Nanosysteme in ihrer Funk-tionalität besonders interessant machen.So findet man zum Beispiel für Kohlenstoff-Nanoröhren – eine der wohl vielverspre-chendsten «natürlichen» Nanostrukturen –eine sehr grosse Leitfähigkeitsänderung beiVerbiegung beziehungsweise Deformation.Abbildung 2a (siehe S. 14) zeigt eine 3D-Dar-stellung der Dispersionsrelation einer Gra-phitschicht. Das metallische Verhalten ei-ner derartigen Struktur kann durch dieBerührung des Leitungsbandes (π*-Band)mit dem Valenzband (π-Band) an den K-Punkten (bestimmte Symmetriepunkte inder Brillouinzone) erklärt werden. Da Koh-lenstoff-Nanoröhren (Abb. 3a, siehe S. 15) dieStruktur von aufgerollten Graphitschicht-streifen besitzen, findet eine Quantisie-rung der Dispersionsrelation in Richtungdes Nanoröhrenumfangs statt. Es ist eineFrage der Symmetrie, ob die Dispersionsre-lation einer Kohlenstoff-Nanoröhre einenK-Punkt schneidet (metallisches Verhalten)oder nicht (halbleitend). In Abbildung 2bbis 2e (siehe S. 14) wird dieser Sachverhaltverdeutlicht.Es liegt nun auf der Hand, dass Störungen(zum Beispiel mittels mechanischer Defor-mation) der Symmetrie von derartigen Na-nostrukturen zu sehr ausgeprägten Effek-ten führen können. So wurde in einem Ex-periment1 beobachtet, dass die Leitfähig-keit einer Nanoröhre bei einer Verbiegung(Knickung) um nur 14 Grad um zwei Grös-senordnungen abnimmt. Es wurde auch ge-zeigt, dass die Bandlücke bei Verdrehung

der Nanoröhre drastisch ansteigt2. Die Nanoröhre erfährt bei Verdrehung (Symme-triezerstörung) einen Übergang von einemeindimensionalen (1D) Metall zu einem 1D-Halbleiter. Abbildung 3 (siehe S. 15) zeigteine Illustration eines nano-elektromecha-nischen Systems, das diesen Effekt alsKraftsensor nutzen könnte.Verschiedene experimentelle Verfahren wur-den bisher angewendet, um die mechani-schen Eigenschaften der Röhren zu unter-suchen. So wurden die Röhren zum Beispielzwischen zwei AFM-Spitzen montiert undgestreckt3 oder mit thermischer Energieangeregt, um ihre Schwingungsamplitudezu beobachten4. Dies erlaubt Rückschlüsseauf deren mechanische Steifigkeit. Obwohles schwer ist, eine Querschnittsfläche derKohlenstoff-Nanoröhren anzugeben, diezur Definition eines E-Moduls der klassi-schen Mechanik passen würde, so hat mandoch allgemein akzeptiert, dass der Wertdes E-Moduls für Kohlenstoffröhren beietwa 1 TPa liegt. Dies ist ein ausgesprochengrosser Wert. Zum Vergleich: Der Wert fürPolysilizium, heute das Material der Wahl invielen mikroelektromechanischen Syste-men (MEMS), liegt je nach Herstellungsver-fahren um 160 GPa.Noch ist es schwer, solche Messergebnissewissenschaftlich zu bewerten. Um diese Er-gebnisse statistisch abzusichern, müssendie Kohlenstoff-Nanoröhren mit einer defi-nierten mechanischen und elektrischenSchnittstelle an die Mikro- oder Makroweltangekoppelt werden. Damit erhält man re-produzierbare Bedingungen für abgesicherteMessergebnisse.Die Integration von Kohlenstoff-Nanoröhrenin Mikrosysteme oder MEMS ist aus heuti-ger Sicht ein guter Lösungsansatz, um diese

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Abbildung 2: Dispersionsrelationen von Kohlenstoff-Nanoröhren. a) Dreidimensionale (3D) Illustration der Dispersionsrelation einer

Graphitschicht. Die erlaubten Zustände einer (3,3) Kohlenstoff-Nanoröhre sind zusätzlich eingezeichnet. Die periodischen Randbedingungen entlang des Umfangs der Nanoröhre führen zu einer diskreten Menge von erlaubten ky-Werten.

b) Projektion der erlaubten Zustände auf die erste Brillouin-Zone einer Graphitschicht. Für die vorliegende Chiralität der Nanoröhre sind die K-Punkte erlaubte Zustände. c) 2D-Illustration der Dispersionsrelation E(kx). Die Zustände

am Ferminiveau zeigen das metallische Verhalten dieser Nanoröhre. d) zeigt die Projektion der erlaubten Zustände einer (4,2) Kohlenstoff-Nanoröhre (andere Chiralität) auf die Brillouin-Zone einer Graphitschicht. In diesem Fall werden die K-Punkte

nicht geschnitten und e) verdeutlicht das halbleitende Verhalten einer derartigen Nanoröhre.

Abbildung 3: Nano-elektromechanisches System mit integrierter Kohlenstoff-Nanoröhre. a) zeigt ein mögliches nano-elektromechanisches

System, mit dem die Struktursymmetrie einer Nanoröhre mechanisch gestört (verdrillt) werden kann. Der grosse elektrisch messbare Effekt, der bei einer derartigen Störung auftritt, wird durch die Bandlücke als Funktion des

Verdrillungswinkels beschrieben b). Man beobachtet einen Übergang von metallischem Verhalten zu halbleitendem Verhalten der Nanoröhre2.

Strukturen, definiert mittels elektrostati-scher oder elektrothermischer Aktuatoren,mit Kraft zu beaufschlagen und elektrischzum Beispiel den Widerstand zu messen.Dazu ist es notwendig, das zielgerichteteund reproduzierbare Wachstum der Koh-lenstoff-Nanoröhren zu beherrschen unddie mechanischen und elektrischen Schnitt-stellen zu modellieren und zu verstehen.Dies sind die aktuellen Themen internatio-naler Forschung. Reproduzierbare «Selbst-assemblierung» der Nanostrukturen oderbesser das kontrollierte Wachstum derStrukturen von einem definierten (Kataly-sator-)Punkt zum nächsten anstatt Struk-turierung mittels lithographischer Verfah-ren und Ätzprozesse ist das Ziel. Von erstenerfolgreichen Versuchen in dieser Richtungwird berichtet5.

Nanosysteme mitSelbstassemblierung herstellen

Die Herstellung von Nanostrukturen mitselbstassemblierenden Techniken wird dieKomplexität und die Kosten in der Produk-tion zukünftiger Nanosysteme erheblichsenken. Abbildung 4 (siehe S. 16) vergleichtdie Herstellung einer einfachen Brücke ausPolysilizium mit den heutigen Methodender Planartechnologie mit der Herstellungeiner ähnlichen Brücke aus Kohlenstoffmittels Selbstassemblierung. Während indem einen Fall 14 Prozessschritte (Foto-lithographie, Abscheide- und Ätzschritte)notwendig sind, genügt in diesem einfa-chen Vergleich auf der Seite der Nano-röhren die Abscheidung und gegebenen-falls die Strukturierung der Katalysator-inseln, gefolgt vom selbständigen Wachs-tum der Nanostruktur.

ForschungsinformationenMikro- und NanotransducerElektromechanische Eigenschaften vonKohlenstoff-NanoröhrenMikro- und NanostrukturtechnikenWachstum und Integration von Nano-röhren in MikrosystemeTestmethodik und CharakterisierungEvaluierung von Mikro- und Nanosyste-men (NEMS)Professur für Mikro- und NanosystemeDepartement für Maschinenbau undVerfahrenstechnikETH Zentrum, CH-8092 Zürichwww.micro.mavt.ethz.chProf. Dr.-Ing. Christofer [email protected]

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Abbildung 4: Für die Herstellung eines Biegebalkens oder einer Brücke aus Polysilizium a) in Oberflächenmikromechanik

mit Opferschichttechnik sind 14 Prozessschritte (Lithographie, entsprechende Abscheide- und Ätzschritte) notwendig.Beim Wachstum von Nanostrukturen b) – so die Erwartung – wird lediglich die Abscheidung und Strukturierung der

Katalysatoren als Start- und Endpunkt eines selbstassemblierenden Wachstumsprozesses notwendig werden. Die Anzahl der Herstellungsschritte ist stark reduziert. Zudem kann man auf den Einsatz hochauflösender Lithographieverfahren

für die Strukturierung der Funktionselemente im Nanobereich verzichten.

Nanosysteme sind keine miniaturi-sierten Mikrosysteme

Dieser kurze Überblick über das Potenzialfür die weitere Miniaturisierung und Sys-temintegration durch die Entwicklung vonNanosystemen soll zeigen, dass Nanosys-teme keinesfalls nur weiter miniaturisierteMikrosysteme sind. Neue Prozesstechnolo-gien unter Nutzung der selbstorganisieren-den Eigenschaften der Strukturen und dietechnische Umsetzung neuer Sensorprinzi-pien unter Ausnutzung quantenmechani-scher Effekte werden zu einer neuen Gene-ration von integrierten Systemen führen.Zukunftsweisende Grundlagenforschungwird zeigen, wie Nanostrukturen reprodu-zierbar in Mikrosysteme integriert werdenkönnen und wie die neuen Effekte der Na-nowelt für neue Produkte genutzt werdenkönnen.

Referenzen:T.W.Tombler, C. Zhou, L. Alexseyev, J. Kong,H. Dai, L. Liu, C. S. Jayanthi, M. Tang andS. Wu: «Reversible electromechanicalcharacteristics of carbon nanotubes un-der local-probe manipulation», Nature,Volume 405, 2000, pp. 769–772.A. Rochefort, Ph. Avouris, F. Lesage, D.R.Salahub, Phys. Rev. B 60, 1999, pp. 13824.M. Yu, O. Lourie, M. J. Dyer, K. Moloni, T. F.Kelly and R. S. Ruoff: «Strength andBreaking Mechanism of MultiwalledCarbon Nanotubes Under Tensile Load»,Science, Vol. 287, 2000, pp. 637–640.A. Krishnan, E. Dujardin, T. W. Ebbesen, P.N. Yianilos and M. M. J. Treacy: «Young’smodulus of single-walled nanotubes»,Phys. Rev. B 58, 1998, pp. 14013–14019.H. Miyashita, T. Ono, M. Esashi: «Nano-mechanical Structures With An Inte-grated Carbon Nanotube». The 12 Int.Conf. on Solid-State Sensors, Actua-tors and Microsystems, Transducers’03,Boston, Digest of Technical Papers Vol. 1,IEEE 2003, pp. 182.

1

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Christofer HieroldProfessor für Mikro- and Nanosysteme,Departement Maschinenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich

Christoph Stampferwissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Mikro- und Nanosysteme,ETH Zürich

Ryan Lindermanwissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Mikro- und Nanosysteme,ETH Zürich

16 B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r . 2 9 2 F e b r u a r 2 0 0 4

D U R C H R O B OT I K DA S L E B E NE R F O R S C H E N

Momentan erkunden Roboter Umgebun-gen, die für uns Menschen sehr schwierigoder gar nicht erreichbar sind: die Grenzeunseres Sonnensystems, den Planeten Marsoder Vulkane und die Unterwasserwelt aufder Erde. Das Ziel dieser Erkundungsrobo-ter ist es, Wissen über unser Universum zusammeln und dazu beizutragen, funda-mentale Fragen über das Leben und diemenschliche Herkunft zu beantworten. DieMikrorobotik bietet einen möglichen Schlüs-

sel zu diesem Gebiet, indem sie die Vorgängein der Natur auf mikroskopischer Ebene be-trachtet. So sind zum Beispiel Mikrorobo-tiksysteme entwickelt worden, welche dieStrukturen biologischer Zellen erkundenoder mittels klassischer Bewegungspla-nungsstrategien Proteinfaltungen untersu-chen. Mikrorobotikmechanismen wurdenebenfalls eingesetzt, um die Verhaltenswei-sen von Organismen zu untersuchen. DieMechanismen wurden auch in der Neuro-

physiologie angewandt, welche wiederumviele andere biologisch interessante Ver-haltensweisen beeinflusst. Diese neuestenForschungsanstrengungen zeigen auf, wiesich verschiedene Teilgebiete der Robotikannähern und wie daraus eine neue Diszi-plin entsteht, welche man als Bio-Mikro-robotik bezeichnen könnte. Diese Fachrich-tung steht noch am Anfang. Bereits heutelässt sich aber erkennen, dass sie über dasPotenzial verfügt, einen wesentlichen Bei-trag zum Verstehen des Lebens zu leisten.

Bio-Mikrorobotik

Die Mikrorobotik ist während der letztenJahrzehnte aus dem Bereich der allgemei-nen Robotik zu einer eigenen Untergruppeherangewachsen, die in zwei Hauptkatego-rien unterteilt werden kann: die Manipula-tion von mikroskopisch kleinen Objektenmit grösseren Robotern und die Herstel-lung von kleinen, intelligenten Robotersys-temen aus mikroskopisch kleinen Baustei-nen. Die grösste Herausforderung in derMikrorobotik besteht darin, die vorherr-schenden physikalischen Kräfte zu verste-hen, welche die Teilcheninteraktion in die-sen Dimensionen bestimmen, sowie stabileund zuverlässige Mess- und Antriebsstrate-gien zu entwickeln. Nicht zuletzt beschäf-tigt sich die Mikrorobotik auch damit, dieerwähnten Mess- und Antriebsstrategien ineinen kognitiven Rahmen zu integrieren,um intelligente und komplexe Interaktio-nen mit der Mikrowelt zu ermöglichen. Bio-Mikrorobotik ist eine aufkommende Fach-richtung, in welcher sich die Mikrorobotikausschliesslich in einem biologischen Ar-beitsgebiet definiert.

B I O - M I K R O R O B OT I K

D U R C H R O B OT I K DA S L E B E NE R F O R S C H E NB R A D L E Y N E LS O N

Auch Roboter gibt es im Kleinstformat. Mit ihrer Hilfe werden Strukturen menschlicher Zellen erkundet, die Proteinfaltung erforscht oder neue Bestrahlungstherapien für Hirntumoren entwickelt. Aber auch die Flug-dynamik von Fruchtfliegen wird untersucht, um fliegende Mikrorobotik-systeme zu entwerfen.

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Abbildung 1: Zwischen der Mathematik der Roboter-Bewegungs-Planung und der

Proteinfaltung existieren starke Gemeinsamkeiten (der 10-ALA-Faltprozess wurde von Prof. Amata (Texas A & M)

zur Verfügung gestellt).

Abbildung 2: Zell-Handling mittels Mikrorobotik am IRIS

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Proteinfaltung

Proteine, die elementaren Einheiten des Le-bens, sind 3D-Strukturen, welche durch dieFaltung von linearen Aminosäuresequen-zen eine spezifische Gestalt annehmen.Diese Gestalt gibt uns wertvolle Hinweiseauf die Funktion eines speziellen Proteins.Den Versuch, den Mechanismus zu verste-hen, welcher die Proteine in ihre einzigar-tige, biologisch aktive Struktur bringt, unddiese Struktur und seine Funktion auf-grund der eigenen Aminosäuresequenz imVoraus berechnen zu können, nennt mandas «Proteinfaltungsproblem». Dieses Pro-blem zu verstehen ist von grosser Bedeu-tung für die Entwicklung neuer Medika-mente und für das bessere Verständnis derMolekularbiologie verschiedenster Krank-heiten. Der ETH-Professor Kurt Wüthrich istmit seiner Arbeit im Bereich der molekula-ren Modelle unter Einsatz von NMR-Techni-ken (kernmagnetische Resonanzspektro-skopie) klar ein Vorreiter auf diesem Gebiet.

Roboter-Bewegungsplanung

Eine Strategie, die von der Rechengenauig-keit her bereits erfolgreich war, stammt ausder Bewegungsplanung der klassischen Ro-botik. Seit über zwei Jahrzehnten arbeitenRobotik-Forscher daran, das «Bewegungs-planungsproblem» zu lösen. Letzteres kannwie folgt definiert werden: Angesichts ei-nes festgelegten Anfangs- und Endzustan-des eines Roboters bestimme man den zunehmenden Pfad zwischen den beiden Zu-ständen, ohne dass der Roboter mit Umge-bungsobjekten kollidiert oder mit physika-lisch unmöglichen geometrischen bezie-hungsweise dynamischen Konfigurationenkonfrontiert wird. Rechnerisch ist diesesProblem sehr schwierig zu lösen. Dennochhaben Robotiker Lösungswege entwickelt,um mobile Roboter durch unordentlicheUmgebungen zu lenken und schlangenähn-liche Roboterarme mit vielen Freiheitsgra-den zu bauen. Ähnliche Techniken wurdenangewandt, um neue Bestrahlungsthera-pien für die Behandlung von Hirntumorenzu entwickeln, welche die Bestrahlungs-dosis für den Tumor maximieren und so denSchaden für das umliegende gesunde Ge-webe reduzieren. Robotiker wie ProfessorLatombe (Stanford), Professor Amato (Te-xas A&M) und Professor Kavraki (Rice Uni-versity) haben erkannt, dass das Proteinfal-tungsproblem mittels eines ähnlichen ma-thematischen Bezugssystems umschriebenwerden kann, sodass ihre bereits im Einsatzstehenden Software-Pakete nach gering-

fügiger Anpassung die Proteinfaltungs-pfade korrekt und effizient auf einer PC-Plattform bestimmen können. Hiermit ste-hen Molekularbiologen rasche und genaueMethoden zur Verfügung, um Proteinstruk-turen mit ihren korrekten und, im Falle vonKrankheiten, inkorrekten Faltungsvorgän-gen zu untersuchen. Abbildung 1 (siehe S. 17)zeigt das Proteinfaltungsproblem aus Sichtder Robotik.

Zell-Handling

In der Welt der Zellen entwickelt die Bio-Mikrorobotik intelligente Robotersystememit dem Potenzial, durch komplexe bioma-nipulative Techniken die Art und Weise, inwelcher biologische Zellen untersucht undmanipuliert werden, zu ändern. BiologischeStrukturen sind normalerweise äusserstverformbare Objekte, und die Materialei-genschaften dieser Objekte sind oft nur un-genügend quantifiziert. Daraus folgt, dassdie Entwicklung einer Handling-Strategiefür verformbare Objekte angegangen wer-den muss. Die meisten biologischen Zellenmessen je nach Zelltyp zwischen 1 und 100Mikron im Durchmesser, weshalb der Ein-satz von Mikro-Handling-Hilfsmitteln wiezum Beispiel hochauflösenden Low Depth-of-field Vision Feedbacks oder LowMagnitude Force Feedbacks nötig wird. Ob-wohl Kraftsensoren mit mehreren Achsenfür das Handling der Zellen nützlich wären,sind sie für den erforderlichen Messbereichmomentan nicht erhältlich. Roboter, wel-che die Fähigkeiten haben, komplexe Mani-pulationen mit biologischen Zellen undMaterialien vorzunehmen, sind erst im Ent-stehen begriffen. Robotiksysteme, die eineVielzahl von neuen Sensorinformationenfür das Biohandling integrieren können,stellen heute ein noch offenes Forschungs-gebiet dar. Um die Manipulation von sehrkleinen biologischen Strukturen weiterver-folgen zu können, müssen neue Forschungs-wege beschritten werden, wie Mikromani-pulation, Handling von verformbaren Ob-jekten, Multi-Sensor-Integration oder dieAnpassung konventioneller Vision- undForce-Feedback-Systeme.Am Institut für Robotik und Intelligente Sys-teme (IRIS) werden Mikrosensoren für dieMessung von Zellkräften im Mikro- und Na-nonewton-Bereich hergestellt und Compu-tervision-Algorithmen entwickelt, um dieZelldeformation in Echtzeit verfolgen zukönnen. Neueste Untersuchungen befas-sen sich mit den mechanischen Membran-veränderungen, welche während der «ZonaHardening», in welcher die Membran der

Oozyte (Eizelle) nach der Befruchtung hartwird, stattfindet. Diese Arbeit hat gewich-tige Auswirkungen für die Fortpflanzungs-biologen, die mit In-vitro-Befruchtung ar-beiten, sowie für Biologen, die transgeneti-sche Organismen für die biologische For-schung entwickeln. Das Resultat ist ein zu-sätzlicher Beweis für die Vermutung vonBiologen, dass der Prozess des «ProteinCross Linking» Hauptauslöser für das«Zona Hardening» ist. Abbildung 2 zeigteinen Überblick über das Handling biologi-scher Zellen mittels Mikrorobotik am IRIS.

Künstliche Insekten

Da Forscher und Ingenieure danach stre-ben, intelligentere Mikrorobotiksysteme zuentwickeln, richten viele ihr Augenmerkauf biologische Organismen, um darausDesign-Ideen abzuleiten. Den Forscherndienen zum Beispiel Küchenschaben, Gril-len und Regenwürmer als Ausgangsob-jekte, um sich von diesen beim Entwurf vonautonomen Mikrosystemen inspirieren zulassen. Professor Boehringer von der Uni-versity of Washington zum Beispiel arbei-tet zusammen mit Biologen. Sie implantie-ren Mikroelektroden in das Hirn von Mee-resschnecken, um die neurologische Akti-vität während der Fortbewegung zu beob-achten. In den letzten Jahren wurde auchintensiv das Flugverhalten von kleinen In-sekten untersucht, um fliegende Mikroro-botiksysteme zu entwickeln. Zum Beispieldas «Mechanical Flying Insect (MFI)»-Pro-jekt, welches in Professor Fearings Labor ander University of California, Berkeley, ver-folgt wird.Die Drosophila (Fruchtfliege), welche vonBiologen seit fast einem Jahrhundert alsModellorganismus studiert wird, verfügtüber ein hoch entwickeltes Flugkontrollsys-tem, welches sie befähigt, sowohl stabil zufliegen als auch äusserst schnelle und prä-zise Wendemanöver durchzuführen. DieNeurophysiologie und die Biomechaniksind untrennbar miteinander verbundenund müssen auf der Systemebene berück-sichtigt werden. Vielfältige Sensorsignalelaufen in nur 18 Kontrollmuskeln zusam-men, welche für die Feinabstimmung derFlügelbewegung beim Manövrieren verant-wortlich sind und dadurch die Aerodyna-mik beeinflussen. Die Tatsache, dass dieDrosophila vollkommen autonom, sehrklein, sehr widerstandsfähig und selbstre-produzierend ist, macht diesen Organismusaus der Sicht der Mikrorobotik besondersinteressant. Forschende am IRIS haben zu-sammen mit Dr. Fry vom Institut für Neuro-

informatik der ETH Zürich einen Mikrosen-sor entwickelt, der die Flugdynamik derDrosophila noch umfassender studierenkann. Bei den neuesten Untersuchungenwurden zum ersten Mal die Aerodynamikund die Trägheitskraft an lebenden Frucht-fliegen gemessen (Abb. 3). Dadurch wurdenwichtige Daten gewonnen, welche zumVerständnis hochkomplexer Verhaltens-weisen biologischer Systeme, wie sie dieDrosophila aufweist, beitragen.

Erforschung des menschlichen Körpers

Ein neues Forschungsprojekt am IRIS be-schäftigt sich mit dem Bau von autonomenMikrorobotikapparaten, die das Innere ei-nes Organismus erforschen können, ohnephysisch mit der Aussenwelt verbunden zusein. Die Anstrengung, drahtlose, magne-tisch gesteuerte Mikroroboter zu ent-wickeln, integriert frühere Forschungser-gebnisse aus den Bereichen Roboterrege-lung unter Verwendung von Vision Feed-back, MEMS (Micro-Electro-Mechanical Sy-stems), Ablagerung von permanenten ma-

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gnetischen Materialien für die Fabrikationvon Mikrosystemen und das Handling ver-formbarer Objekte. Abbildung 4 zeigt dasKonzept des Systems. Neuere theoretischeund experimentelle Arbeiten haben dieUmsetzbarkeit dieses Konzeptes demons-triert. Momentan wird daran gearbeitet,einen kompletten Prototyp zu realisieren.Ein Mikrorobotiksystem wie dieses wird dieMöglichkeiten erweitern, den menschli-chen Körper zu erforschen, Informationenüber die inneren Funktionen zu sammelnund möglicherweise auch heikle Mikroope-rationen durchzuführen oder Medikamentean schwer erreichbare Orte, wie zum Bei-spiel ins Auge, ins Gehirn oder in ein ande-res Organ zu transportieren.

Schlüssel zur Nanowissenschaft

Wie Nobelpreisträger Heinrich Rohrer ander Nanofair 2003 in St. Gallen hervorhob,zeichnet das Gebiet der Nanowissenschaftüber die letzten 50 Jahre ein Bild der stetenAnnäherung in drei spezifischen Bereichen.Erstens hat sich unsere Fähigkeit, elektri-sche Festkörper und mechanische Kompo-

nenten in viel kleinerem Massstab zu fabri-zieren, erheblich verbessert. Zweitens hatauch die Molekularbiologie riesige Schrittegemacht, die Struktur und Funktion biolo-gischer Strukturen in kleineren Dimensio-nen zu verstehen. Und schliesslich ent-wickelte die Chemie, die schon immer imNanobereich vertreten war, ein viel tieferesVerständnis für die chemischen und mate-rialspezifischen Eigenschaften auf dieserEbene. In dieser Annäherungsphase der Ge-biete wurden die Nanowissenschaft unddie Nanotechnologie definiert. Im Nanobe-reich ist der Trend Richtung intelligenterenVerhaltens, besserer Sensoren, Aktuatorenund intelligenterer Verbindungen zwischenSensoren und Aktuatoren offensichtlich.Dieses Bestreben lässt erahnen, dass Tech-niken und Strategien, welche in den letzten50 Jahren durch die Robotik-Forschungsge-meinschaft entwickelt wurden, eine Schlüs-selrolle spielen können. Der Bereich der Bio-Mikrorobotik entwickelt sich schnell, unddie weitere Annäherung der verwandtenGebiete bringt eine aufregende Zukunftmit sich.

Abbildung 3: Das Erforschen der Flugdynamik der Drosophila unter Verwendung von MEMS-Kraftsensoren und einer Konzeptskizze des

«Mechanical Flying Insect», Berkeley. Bild oben links: S. Fry, Institut für Neuroinformatik, ETH Zürich. Bild des MFI oben rechts: R.S. Fearing, University of California, Berkeley.

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ForschungsinformationenIRIS ist auf die synergetische Integra-tion der Robotik in den aufkommendenForschungsgebieten der Bio-Mikroro-botik, der robotergestützten Mikroma-nipulation, hybride MEMS, Biomanipu-lation und Mikromechatronische Sys-teme fokussiert. Die Forschungs-Kom-petenzen von IRIS decken eine grosseBandbreite des Maschinenbaus ab, in-klusive Steuerung, Computer Vision,Mikrofabrikation, Design und Simula-tion, Fertigung, Modellbau und biome-dizinische Technologien. Schwerpunkteunserer Projekte sind das Handling bio-logischer Zellen, das Design und dieHerstellung von magnetischen mikro-mechanischen Bausteinen sowie dieRealisierung intelligenter Umgebungen.Weitere Informationen:www.iris.mavt.ethz.ch

Prof. Dr. Bradley Nelsonordentlicher Professor am Institut für Ro-botik und Intelligente Systeme (IRIS) derETH Zürich

Abbildung 4: Konzeptskizze eines magnetisch gesteuerten Mikroroboters mit einem

externen magnetischen Feld. Der Mikroroboter (vergrössert im Kasten sichtbar) ist entlang seiner Hauptachse magnetisiert. Vier magnetisierte Spulen sind konzentrisch längsseits der grossen Pfeile

angeordnet, welche die Flussrichtung anzeigen. Die sich überlagernden Felder der Spulen sind durch die Flusslinien gekennzeichnet.

Die inneren zwei Spulen (Helmholtz-Spulen-Konfiguration) erzeugenein einheitliches magnetisches Feld im Zentrum, durch welches der

Mikroroboter entlang der zentralen Achse ausgerichtet wird. Die äusseren zwei Spulen (Maxwell-Spulen-Konfiguration) erzeugen

ein einheitliches magnetisches Gradientenfeld im Zentrum, welches den Mikroroboter steuert.

S E N S I B L E U N T E RWÄ S C H EA LS R Ü C K E N M A N AG E R

«Nachdem in der Schweiz vor 20 JahrenSchulen, öffentliche Behörden und viele Fir-men beschlossen hatten, allen Schülern undMitarbeitern einen anziehbaren Rücken-manager kostenlos zur Verfügung zu stel-len, konnte ein deutlicher Rückgang derverschiedenen Rückenleiden verzeichnetwerden. Dass die Schweiz – verglichen mitEuropa und den USA – die niedrigsten Be-handlungskosten für Rückenleiden aus-weist, bestätigt die Strategie der Kranken-versicherungen, die diese Kampagne ge-sponsert hatten.»Diese Meldung mag utopisch klingen, stelltman die aktuelle Situation gegenüber:Heute erfolgen etwa 30% der ärztlichenKonsultationen in der Schweiz wegen Be-schwerden am Bewegungsapparat; für etwa20% der Frühinvalidisierungen sind diesemuskuloskeletalen Erkrankungen verant-wortlich. Diese Erkrankungen können ge-netisch bedingt sein, dominant bleiben jedoch die individuellen Belastungsmuster.Aus eigener Erfahrung kennen wir die Aus-wirkungen von Bewegungsmangel und voneinseitigen körperlichen Belastungen, wennnach zwei Stunden am Bildschirm ein ste-chender Schmerz in unseren Rücken fährtoder unsere Schultern verspannt sind, nurweil wir vergessen haben, unsere Sitzposi-tion zu verändern. Studien belegen, dass je-der dritte Arbeitnehmer in Europa überRückenschmerzen klagt und fast jederzweite unter einer schmerzhaften oder er-müdenden Körperhaltung beim Arbeitenleidet. Die Folge sind langwierige Thera-pien, chronische Schmerzen und Arbeitsun-fähigkeit.

Biofeedback

Effektiver als jede Therapie wäre die Präven-tion von Haltungsschäden. Wir wissen, dassregelmässig durchgeführte physische Akti-vitäten am Arbeitsplatz, in den Schulenoder in der Freizeit die Stabilität unseresBewegungsapparates unterstützen. Trotz-dem fällt es uns schwer, dieses Wissen auchumzusetzen. Hier könnte uns der persönli-che Rückenmanager unterstützen. Wennder Feedbackring am Finger oder der Feed-backbutton am Ärmel seine Farbe von Grünauf Rot wechselt, verlangt unser Rückendringend eine Haltungsänderung. Auf un-serem Bildschirm erscheint eine Warnung,wenn wir unsere Wirbelsäule einseitig be-lasten. Kinder können ihr trauriges Tama-gotchi aufheitern, wenn sie sich wiederaufrecht hinsetzen.

Sensible Kleidung

Unsere Kleidung erlebt dasselbe wie wir, istimmer dabei, passt sich unseren Bewegun-gen an und steht hautnah mit uns im Kon-takt. Wenn es gelingt, Sensoren, ja viel-leicht sogar die Datenauswertung mit Tex-tilien ohne Einbusse an Tragekomfort zuverschmelzen, dann könnte unsere Klei-dung für unsere besonderen Rückenbedürf-nisse sensibilisiert werden. Wie vermutlichviele von uns aus leidvollen Erfahrungenwissen, nimmt uns unser Rücken einseitigeBelastungen besonders übel. Hexenschuss,steifer Hals und Muskelverspannungen sinddie schmerzhaften Antworten. Welches tex-tiltaugliche Instrumentarium steht uns zurVerfügung, um die Reaktionen unseres Be-wegungsapparates erahnen zu lassen, be-vor sie uns drangsalieren?

Textile Mikrosysteme

Verschiebungen der Wirbelkörper um we-nige Millimeter sind ausreichend, um dieaus dem Wirbelkanal austretenden Nerveneinzuklemmen. Die Orthopädie hat emp-findliche Messverfahren entwickelt, Bewe-gungen der Wirbelsäule präzise aufzuzeich-nen. Ultraschallsysteme beispielsweise ver-messen Distanzen zwischen markiertenRückenpartien. Bildgebende Verfahren wieRöntgenaufnahmen oder die Magnetreso-nanzspektroskopie eröffnen den Blick in dasKörperinnere. Mit optischen Faserarrays kön-nen Biegungen und Verdrehungen desRückens dokumentiert werden. Die Elek-tromyographie erfasst lokal Aktivitätenvon Muskeln.Keines dieser Verfahren ist jedoch textil mitdem Tragekomfort umsetzbar, wie wir ihnvon einer angenehmen Kleidung erwarten:Entweder ist ein vorgegebenes Messum-feld oder ein fixierter Kontakt zwischenHaut und Messelektrode erforderlich. Klei-dung kann am Körper verrutschen, augen-scheinlich spielt auch die Natur mit unter-schiedlichen Formen des menschlichen Kör-perbaus. Eine permanente, auf den Körperbezogene, ortsgenaue und reproduzierbareFixierung von Messelektroden im Textil er-scheint daher nicht möglich.Bleibt der textile Rückenmanager damiteine Vision? Ein textiles Sensornetzwerk,verteilt über die ungefähr 3500 cm2 Ober-körperfläche, könnte in dem Konflikt zwi-schen Präzision und Komfort einen Auswegeröffnen. Dehnungen auf der Hautober-fläche sowie die Neigung und die Torsiondes Oberkörpers sollten über ein textilesSensornetzwerk mit eingeschränkter Ge-nauigkeit messtechnisch erfassbar sein.Sofern das Sensorshirt durch geeignetePassform der Bewegung folgt, genügen zur

T E XT I L E M I K R O SYST E M E

S E N S I B L E U N T E RWÄ S C H EA LS R Ü C K E N M A N AG E RT Ü N D E K I R ST E I N , G E R H A R D T R Ö ST E R

Ein persönlicher Assistent, integriert in der Kleidung, könnte uns auf Fehlhaltungen des Körpers aufmerksam machen und so Rückenproblemen vorbeugen. Utopie oder bald Wirklichkeit?

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Abbildung 2: QBIC-Gürtelcomputer

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Detektion dieser Bewegungen Dehnungs-sensoren mit moderater Messgenauigkeit.Verwebbare Fasern dieser Präzision werdenzunehmend verfügbar.

Empfindliche Textilien

Textil verarbeitbar sind dehnungssensitiveFasern oder Beschichtungen. Mit Polypyrrolbeschichtete Lycrafasern beispielsweisezeigen einen piezoelektrischen Effekt; derelektrische Widerstandswert ändert sich,wenn die Faser gedehnt wird. Kohlenstoff-haltige Gummischichten, deren Schichtwi-derstand ebenfalls dehnungsabhängig ist,lassen sich strukturiert auf eine textile Un-terlage drucken. Mit der Gravitation als Re-ferenzgrösse bestimmen miniaturisierteBeschleunigungsmesser die Neigung desOberkörpers, Drehratensensoren erkennenVerdrehungen des Rückens. Die nur wenigeQuadratmillimeter grossen Mikrosensorenkönnen an beliebigen Stellen in die Tex-tilien eingebettet werden, wie in Abbil-dung 1 skizziert ist. Leitfähige Fasern odertextile Spulen transportieren die Messwertezu einer mobilen Auswertestation, bei-spielsweise zu dem in der Gürtelschnalleintegrierten QBIC-Rechner, entwickelt amWearable Computing Lab (Abb. 2).

Trainierter Trainer

Orthopädie und Physiotherapie geben Emp-fehlungen für wenig belastende oder aucherholsame Körperpositionen, wie aufrechteSitzhaltung, verbunden mit einem Min-destmass an Bewegungsvariabilität. DieseEmpfehlungen können allerdings nicht pau-schal in das Sensorshirt einprogrammiertwerden; zu unterschiedlich sind Proportio-nen und Bewegungsstrukturen des mensch-lichen Körperbaus.Vielmehr ist der textile Rückentrainer aufdie jeweilige Person, deren Körperform undauf deren typische Bewegungsmuster an-zupassen. Notwendig ist eine Normalisie-rungsprozedur, beispielsweise eine Trai-ningssequenz, die – vielleicht assistiertdurch die Physiotherapie – den individuel-len Normalmodus klassifiziert und den tex-tilen Rückentrainer auf Körperform und in-dividuelles Wohlbefinden einjustiert.Dann bleibt noch die Aufgabe zu bewälti-gen, personalisierbare Algorithmen zu ent-wickeln, die robust personentypische «ge-sunde» Bewegungssequenzen und -hal-tungen von «ungesunden» separieren, auchwenn die Kleidung verrutscht oder die Re-produzierbarkeit der Messwerte einge-schränkt ist.Trotz dieser hohen Hürden darf man opti-mistisch sein, dass wir uns bald mit einemeinfühlsamen Assistenten bekleiden kön-nen, der uns ermahnt und dabei unter-stützt, unseren Rücken rücksichtsvoller zubehandeln.

ForschungsinformationenDer persönliche Assistent, unaufdring-lich in der Kleidung integriert, ist Zielder 20-köpfigen Forschergruppe im Wea-rable Computing Lab. Themenschwer-punkte sind:Miniaturisierung, Packaging von elek-tronischen KomponentenPower-Management, Energiegewinnungam KörperBenutzerschnittstellen, Ergonomie, De-signstudienAlgorithmen für die KontexterkennungElektronische TextilienOn-body-KommunikationSoziologische Studien über WearableComputingLink: www.wearable.ethz.chKontakt: [email protected]

Tünde KirsteinOberassistentin am Wearable ComputingLab des Instituts für Elektronik der ETH Zürich

Gerhard Trösterordentlicher Professor am Institutfür Elektronik der ETH Zürich

Abbildung 1: Sensorhemd

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VO N D E R N A S E F Ü R G A S E B I SZ U M B I O C H I P

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In Laptops und Mobiltelefonen ersetzenMikroelektronikchips mit extrem hoher In-tegrationsdichte viele elektronische Bau-elemente und ermöglichen somit erst, dassdiese Geräte so klein und handlich seinkönnen. Solche Chips weisen inzwischenminimale Strukturbreiten von 150 bis 90Nanometer auf. Auch für die Sensorik wer-den Mikrochips verwendet, wobei hier ne-ben mikroelektronischen Bauteilen auchmikromechanische Strukturen wie Canti-lever oder bewegliche Kammelektroden auf

dem Chip integriert sind. Die verbreitetstenderartigen mikroelektromechanischen Sys-teme (MEMS) sind wohl Beschleunigungs-sensoren, die beispielsweise das Aufblasendes Airbags bei einem Fahrzeugaufprall be-wirken. Weniger gegenwärtig im Alltagsind bisher noch chemische Mikrosensor-systeme oder gar bioelektronische Systeme,bei denen Chips mit lebendem Material wieZellen kombiniert werden. Im Folgendensollen deshalb je ein Beispiel für vollinte-grierte mikroelektronisch-chemische Sys-

teme und mikroelektronisch-biologischeSysteme beschrieben werden.Die grundsätzlichen Vorteile, chemischeund/oder biologische Systeme monoli-thisch mit Elektronik auf einem Chip zu in-tegrieren, bestehen einerseits darin, dasssehr schwache Signale direkt am Ort der

C M O S 1- M I K R O SYST E M E

VO N D E R N A S E F Ü R G A S E B I SZ U M B I O C H I PA N D R E A S H I E R L E M A N N , M A RT I N H E U L E

Integrierte Elektronik und Mikroelektronik sind im täglichen Leben allgegenwärtig.Derzeit noch wenig verbreitet sind chemische Mikrosensorsysteme oder gar Systeme, bei denen Chips mit lebendem Material wie Zellen kombiniert werden.Während der chemische Mikrosensor für Gase bereits nahezu produktionsreif ist,ist der Biochip, der mit Zellen kommunizieren kann, noch im Stadium der Grundlagenforschung.

CMOS: Complementary Metal Oxide Semiconductor,Standardtechnologie für Chips mit integriertenSchaltkreisen, bei denen n-Typ- und p-Typ-Transis-toren auf demselben Substrat realisiert sind.

1

Abbildung 1 (links): Runde CMOS-Mikroheizplatte mit Temperatursensoren (T), Platinelektroden für das Metalloxid (E), und Ringheizer (H).

Abbildung 2 (rechts): Gassensor-Mikrosystem mit 3 Mikroheizplatten (HP) ohne sensitive Schicht, mit analoger Schaltung (A),

dem grossen digitalen Schaltungsblock (D) und den Kontakten (K). Die Chipgrösse ist 5,5 4,5 mm.

Entstehung noch auf dem Chip verstärktund stabilisiert werden können. Damit ha-ben derartige Sensoren deutlich niedrigereNachweisgrenzen. Der andere wichtigeVorteil betrifft die Adressierung und Kon-taktierung insbesondere einer grösserenAnzahl von signalerzeugenden Transducernoder Messumsetzern. Ohne integrierteElektronik muss für jeden einzelnen Trans-ducer eine Stromversorgung zugeführt unddie Signale zu entsprechenden externenMessgeräten abgeführt werden, was füreine grössere Anzahl von Transducern (imFall eines Biochips wären dies zum Beispielhunderte von Elektroden) unweigerlich anGrenzen stösst. Mit integrierter Elektronikist dagegen das simultane Auslesen vonvielen Sensorwerten und die geordnete Ver-arbeitung grosser Datenmengen möglich.

Chemisches Mikrosystem zur Gasdetektion

Als erstes Beispiel soll hier ein «chemoelek-tronisches» Mikrosystem beschrieben wer-den, bei dem eine Anordnung von drei che-mischen Sensoren mit der gesamten Steue-rungs- und Regelungselektronik sowie seri-eller Schnittstelle auf einem Chip integriertwurde. Die Hauptherausforderung bestanddarin, auf demselben Chip einerseits mitMikroheizplatten Sensorbetriebstempera-turen von bis zu 500 °C zu erzeugen. Ande-rerseits galt es, die notwendige analoge unddigitale Elektronik unterzubringen, die nurim Temperaturbereich von –40 bis +120 °Czuverlässig arbeiten kann. Zudem musstendie hohen Temperaturen mit nur 5 V Versor-gungsspannung erreicht werden. Die Mi-kroheizplatten wurden deshalb als 3–4 µmdünne quadratische mikromechanischeMembranen mit 500 µm Kantenlänge ausschlecht wärmeleitendem Siliziumoxid und-nitrid realisiert. Diese Membranen tragenHeizerstrukturen und Temperatursensorensowie ein Paar Elektroden zur Widerstands-messung des chemisch sensitiven Materi-als (Abb. 1). Der Chip ist sonst 380 µm dickund besteht hauptsächlich aus gut wärme-leitendem Silizium, welches nur in der Mem-brangegend vollständig weggeätzt wurde.Durch dieses Design erwärmt sich der Chipselbst bei gleichzeitigem Betreiben von dreiHeizplatten bei 400 °C nur um ca. 10 ° überdie jeweilige Umgebungstemperatur, undes besteht keinerlei Beeinträchtigung derElektronik.Die Chipelektronik (Abb. 2) umfasst meh-rere Komponenten. Für jede der drei Mikro-heizplatten ist eine Regelungselektronik(Heizer, Temperatursensor, Regler) integriert,

die es erlaubt, eine gewählte Heizplatten-temperatur mit weniger als 2 ° Abweichungbis zu 400 °C zu halten, oder individuell be-liebige Temperaturprofile (Sinus, Rampe)zur weitergehenden Gasanalyse mit hoherGenauigkeit zu erzeugen. Daneben werdenHeizplattentemperatur, Chiptemperatur undWiderstand des sensitiven Materials mitbis zu sieben Datensätzen pro Sekunde per-manent ausgelesen. Alle Werte werden aufdem Chip digitalisiert und dann über eineprogrammierbare Schnittstelle zu einemPC oder Mikrokontroller transferiert.Um Gase nachzuweisen, wird auf den Mi-kroheizplatten nanokristallines Metalloxid,wie Zinnoxid und Indiumoxid, in Dick-schichttechnologie aufgebracht (Details zudieser Technologie siehe Kasten) und des-sen elektrischer Widerstand zwischen denMembranelektroden gemessen. Das Metall-oxid braucht hohe Betriebstemperaturenim Bereich von 200–500 °C, um halbleitendzu werden. Die Absorption der zu detektie-renden Gase, wie Kohlenmonoxid (CO),Stickoxide (NOx), Methan (CH4), Erdgas,Wasserstoff (H2) und Ozon (O3), im polykris-tallinen Metalloxid verursacht dann einespürbare Widerstandsänderung über einenBereich von bis zu vier Grössenordnungen(1 Kiloohm bis 10 Megaohm). ReduzierendeGase wie H2 oder CO verkleinern den Wider-stand von Zinnoxid, während oxidierendeGase (NOx) ihn erhöhen. Zinnoxid ist beihöheren Temperaturen ein n-Halbleiter, daes Sauerstofffehlstellen aufweist, die alsElektronendonor wirken. In sauberer Luftsitzen Sauerstoffatome an der Oberflächeder Zinnoxidkristallite oder -körner und bin-den Elektronen aufgrund ihrer hohen Elek-tronenaffinität. Der Ladungsdurchtritt vonKorn zu Korn ist durch den adsorbiertenSauerstoff erschwert. Kommt ein reduzie-rendes Gas an die Sensorschicht, wird derSauerstoff von der Oberfläche entfernt undder Ladungsdurchtritt somit erleichtert,das heisst, der elektrische Widerstand dersensitiven Schicht sinkt. Die Verwendungvon Nanokristalliten erhöht die Gassensiti-vität erheblich, da die Gesamtoberflächedes sensitiven Materials erhöht wird. Klei-nere Kristallite führen zu einer grösserenAnzahl von Korngrenzen, die den Gesamt-widerstand des Materials bestimmen (La-dungsperkolationsmechanismus).Die Sensoren reagieren deshalb sehr sensi-tiv auf die schon genannten umweltrele-vanten Gase, wodurch sich eine grosse Zahlvon Anwendungsmöglichkeiten in der Um-weltüberwachung, in der Industrie, im Ver-kehr und im Haushalt ergibt. Im Array kön-nen bis zu drei verschiedene sensitiveSchichten gleichzeitig vermessen werden

und somit gleichzeitig bis zu drei Gase de-tektiert und quantitativ erfasst werden,was Anwendungen im Bereich Luftgüte-überwachung in Haushalt und KFZ, Gas-alarme, Detektion von Lecks und austreten-dem Gas mit hoher Zuverlässigkeit ermög-licht. Die Sensorsysteme können auch inÜberwachungssystemen für die Schwer-industrie und zum Schutz vor Explosionenin Häusern mit Gasanschluss eingesetztwerden. Des Weiteren soll der Einsatz derSensoren zur Messung der Luftqualität inStädten mit Kopplung an ein Verkehrsleit-system erprobt werden. Ein weiterer An-wendungsbereich, der immer mehr an Be-deutung gewinnt, ist die Luftqualitätsmes-sung in Fahrgastzellen von Automobilenund Lastwagen. Grosses Anwendungspo-tenzial sehen wir auch in Automobilen derZukunft, die mit Wasserstofftechnologieoder Brennstoffzellen ausgerüstet sind.Solche Automobile werden sicherlich mitGassensoren zur Gas- und Leckdetektionausgestattet sein.Der Chip wird in industrieller CMOS-Tech-nologie gefertigt, um somit einerseits alleVorteile dieser schon weit entwickeltenHalbleiterchiptechnologie nutzen zu kön-nen und andererseits industrielle Standardsin der Entwicklung und Produktion zu ver-wenden, sodass der resultierende Chipmöglichst nahe an einen industriellen Pro-totypen herankommt.

Mikroelektronik und elektrogene Zellen

Die Kontaktierung elektrogener Zellen mit-tels Mikroelektroden und Mikroelektronikstellt eine weitere grosse Herausforderungdar. Zellen, die elektrische Signale produ-zieren und/oder auf elektrische Stimuli rea-gieren, wie Herzzellen oder Hirnzellen, kön-nen nur begrenzte Zeit in Kultur überlebenund müssen unter physiologischen Bedin-gungen gehalten werden. Mikroelektronikund Wasser vertragen sich jedoch in der Re-gel nicht, und speziell längerer Kontakt mitwässrigen Medien kann zu Korrosionspro-blemen der CMOS-Chipmetallschichten so-wie der Chipverbindungsdrähte und Kon-taktstellen führen. Zudem müssen alle Ma-terialien, die mit der Zellkultur in Berührungkommen, biokompatibel sein. Deshalb wur-den für diese biologische Anwendung spe-zielle wasserdichte biokompatible Mehr-schichtpassivationen der Chips (Si-Oxidund Si-Nitrid) und Epoxyverkapselungensowie Depositionsverfahren für inertesElektrodenmaterial, wie Platin, entwickelt(siehe Abb. 4, S. 27). Die biokompatiblen

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Elektroden werden dann üblicherweise miteiner Eiweissadhäsionsschicht (zum Bei-spiel Laminin) belegt, damit die Zellen sichauf den Elektroden wohl fühlen.Extrazelluläre Messungen mit Mikroelek-troden haben gegenüber invasiven Metho-den den Vorteil, dass die Zellwand intaktbleibt und die Zellen normalerweise län-gere Zeit für Messungen zur Verfügung ste-hen, was für viele wissenschaftliche Pro-blemstellungen interessant ist. Allerdingssind die elektrischen Signalhöhen ausser-halb der Zellen um einen Faktor von bei-nahe tausend niedriger als in der Zelleselbst. Sie liegen beispielsweise für Ratten-neuronen im Bereich von 10–150 µV, wobeierschwerend ein hoher Rauschpegel in derLösung, mitverursacht durch elektrische Ak-tivitäten anderer Neuronen, hinzukommt.Hier können die schon beschriebenen Vor-teile integrierter Elektronik voll ausgespieltwerden, wie am Beispiel eines ersten ent-wickelten Chips gezeigt werden soll (Abb. 3).Unter jeder Elektrode des Chips (hier 16, imEndausbau bis zu 1000) sitzt eine Schal-tungseinheit zur sofortigen Signalverstär-kung und Filterung des Signals direkt amOrt der Entstehung. Diese Schaltungsein-heit, die ausserdem noch einen Zwi-schenspeicher für präzise elektrische Sti-mulation der Zellen mit Hilfe der entspre-chenden Elektrode enthält, wird mit jederElektrode repliziert. Über jede der Elektro-

den können elektrische Stimuli an die Zel-len gegeben und die entsprechenden Sig-nale aufgezeichnet werden. Die Umwand-lung in ein Digitalsignal geschieht noch aufdem Chip (ein analog-digitaler Wandler proElektrodenzeile) wodurch die Signalqua-lität im Vergleich zu konventionellen Auf-zeichnungsmethoden deutlich verbessertwerden kann. Zudem kann eine grosse An-zahl von Elektroden gleichzeitig mit hoherGeschwindigkeit ausgelesen werden (biszu 20 000 Messwerte pro Elektrode pro Sekunde). Ein digitaler Kontrollschaltkreissteuert alle Abläufe und Chipfunktionen(Abb. 3). Ein typisches Herzzellensignal,welches mit dem Chip aufgezeichnet wurde,ist in Abbildung 5 zu sehen.Die Mikrochips werden in einem nächstenSchritt mit einem Mikrofluidiksystem aus-gestattet. Dieses Mikrofluidiksystem wirdeinerseits langsamen und kontinuierlichenMediumsaustausch gewährleisten, ande-rerseits durch ein weiteres separates Kanal-system die lokale Dosierung von Chemika-lien erlauben. Dadurch können die Zellenlokal in ihrer Aktivität und elektrischen Sig-nalcharakteristik beeinflusst werden.Eine Anwendung eines solchen kombinier-ten Mikrosystems (Fluidik und Elektronik)besteht in pharmakologischen Tests vonSubstanzen bezüglich ihrer Wirkung auf lebende Herz- oder Hirnzellen, wobei vor allem die Möglichkeit von Langzeittests

attraktiv ist. Eventuell könnten solche In-vitro-Tests auch Tierversuche zum Teil er-setzen. Eine noch interessantere Perspek-tive bietet die Aussicht, solche Systeme zurErforschung von neurologischen Vorgän-gen sowie der Informationsübermittlungund -verarbeitung von Hirnzellen und Hirn-zellkolonien einzusetzen. Eventuell könn-ten sogar Lernvorgänge und Ähnliches invitro studiert werden.Eine letzte Forschungsrichtung ist der Ein-satz von Neuronen zur Informationsverar-beitung. Da die meisten Neuronen mehr als1000 Verbindungen zu anderen Neuronenhaben, kann Information extrem schnellverarbeitet werden (parallele Datenverar-beitung), obwohl die neuronalen Signal-prozesse (ionische Prozesse) millionenfachlangsamer sind als die elektronischen Pro-zesse (serielle Datenverarbeitung), die ineinem Computer ablaufen. In vielen Berei-chen wie beispielsweise der Gesichtserken-nung schlägt das menschliche Gehirn ent-sprechende elektronische Erkennung umLängen. Die Idee wäre, Kolonien von ver-netzten Neuronen über die Mikroelektro-den mit Mikroelektronik zu koppeln undneue Arten der Informationsverarbeitung(parallel/seriell) mit einem solchen biohy-briden System zu realisieren. Noch töntdies nach Sciencefiction, aber an den Grund-lagen dazu wird heute geforscht.

Abbildung 3: Chipfoto des ersten Neurochips (16 Elektroden). Eine Elektrode mit Schaltungseinheit ist vergrössert dargestellt.

Abbildung 5: Herzzellensignal, welches mit dem Chip in Abbildung 3

aufgenommen wurde.

ForschungsinformationenAndreas Hierlemann leitet in der Gruppevon Prof. H. Baltes am Labor für Physika-lische Elektronik die Entwicklung che-mischer und zellbasierter Mikrosystemein CMOS-Technologie.Martin Heule promovierte in der Gruppevon Prof. L. Gauckler am Institut fürNichtmetallische Werkstoffe und istderzeit Postdoc am Imperial College [email protected]://www.iqe.ethz.ch/[email protected]://www.ceramics.ethz.ch/

Dr. Andreas HierlemannInstitut für Quantenelektronik der ETH Zürich

Dr. Martin HeuleProfessur für nichtmetallische Werkstoffeder ETH Zürich und Imperial College, UK.

Abbildung 4: Neuronen (PC-12-Zellen in 50facher Vergrösserung) nach 6 Tagen auf einer Platinelektrode mit Laminin als Adhäsionsschicht.

Die Neuronen bilden Verbindungen zueinander aus.

Keramische Materialien für die GassensorikMartin Heule, Ludwig Gauckler

In der Mikrosystemtechnik werden Metalloxidschichten vor allemdurch Aufdampfen, Sputtern oder durch reaktives Abscheidenvon Vorläufersubstanzen aus der Gasphase, dem CVD-Verfahren(Chemical Vapour Deposition), aufgebracht. Dabei entstehendünne Filme, welche typischerweise zwischen 100 nm und 1 µmdick sind. Die Erfahrungen mit klassischen Halbleiter-Gassensorenhaben jedoch gezeigt, dass polykristalline sensitive Metalloxid-schichten oft Vorteile aufweisen. Mit herkömmlichen Form-gebungsverfahren der Keramik können Strukturen, die kleiner als0,1 mm sind, kaum hergestellt werden. Durch neue, am Institutfür Nichtmetallische Werkstoffe entwickelte Prozesse zur Mikro-und Nanostrukturierung keramischen Materials sind Demonstra-tionsmodelle von Mikro-Gassensoren entstanden, bei denen dasaktive Keramikelement gerade noch eine Fläche von 10 µm mal40 µm beansprucht – mit blossem Auge kaum mehr zu sehen.Diese neu entwickelten Verfahren sind im Prinzip sehr einfachund beruhen auf einer Stempeltechnik und der Verwendung voneigens optimierten Pulversuspensionen, Kolloide genannt. Diessind Gemische von feinem keramischem Pulver und einem Lö-sungsmittel, die mit Zusatzstoffen stabilisiert werden.Bei Micromolding in Capillaries werden feine Kanäle in Poly(dime-thylsiloxan), PDMS, einem transparenten Silikonelastomer, herge-stellt. Der PDMS-Stempel wird auf den fertig hergestellten Chipaufgelegt, sodass die Kanäle ein mit dem Chip abgedichtetes Tun-nelsystem bilden. Durch seitliches Anbringen eines kleinen Trop-fens einer wässrigen Suspension von Zinnoxidpulver werden dieTunnel durch Kapillarkräfte mit Suspension gefüllt und spätereingetrocknet (Abb. 6a). Zurück bleiben poröse Mikrolinien auslocker zusammenhaltendem Pulver (Abb. 6b). Durch anschlies-sendes Sintern bei bis zu 1000 °C werden die keramischen Linienstabilisiert. Die Verwendung von Nanokristalliten (Durchmesser10–20 nm) erlaubt es, die Sintertemperatur auf ca. 400 °C zu sen-ken, was die meisten Mikrochips ohne Beschädigung für kurzeZeit aushalten können.Damit der Prozess einwandfrei funktioniert, müssen die Kolloideoptimiert werden. Oberflächenaktive Hilfsstoffe tragen dazu bei,Sedimentation und das Zusammenklumpen der Partikel zu ver-hindern. Um ein möglichst kompaktes Keramikelement zu erhal-ten, müsste eigentlich der Pulveranteil maximiert werden. Aufder anderen Seite steigt mit dem Pulveranteil auch die Viskosität,die beim Einziehen in die Mikrokanäle überwunden werden muss.

Für Zinnoxidsuspensionen, die in diesem Projekt verwendet wur-den, hat sich ein Volumenanteil von 33% Pulver als optimal erwie-sen. Die Kapillarkraft kann die Suspension genügend schnell ein-ziehen, bevor sie durch Wasserverdunstung die Stabilität verliertund hochviskos wird. Beim Eintrocknen schrumpft das Volumender Suspension. Damit sedimentiert das Material auf das Sub-strat, und der trockene Pulverkörper steht mit dem PDMS-Mate-rial nicht mehr in Kontakt. Der PDMS-Stempel kann daraufhin abgezogen werden, ohne die Keramiklinien zu beschädigen. EinQuerschnitt durch eine derartige Linie ist in Abbildung 4b gezeigt.Ein weiteres Stempelverfahren mit Potenzial für die Massenferti-gung ist das Microcontact Printing (Abb. 6c). Mikrostrukturen wer-den, wie oben beschrieben, in PDMS abgeformt. Der resultierendeStempel wird mit einer «Tinte» behandelt, einer Lösung von sichselbst organisierenden Molekülen, welche auf Oberflächen einewasserabstossende Schicht, ein self-assembled monolayer (SAM)bilden. Als SAM-Moleküle wurden Alkanchlorsilane auf Siliziumoder Glas und Alkanthiole auf goldbeschichteten Oberflächenverwendet. Durch kurzes Aufpressen auf die Oberfläche wird dieMikrostruktur auf das Substrat übertragen. Die Oberfläche kannnun kurz in eine wässrige Suspension eingetaucht werden undwird selektiv benetzt. Auch hier wurde die Zusammensetzung derSuspension angepasst, damit die Benetzung möglichst sauberden Kontrast zwischen wasserabweisender und -anziehenderOberfläche abbildet.Der Unterschied zwischen den Prozessen der Mikrosystemtechnik,die vorwiegend in staubfrei gehaltenen Reinräumen durchge-führt werden, und der keramischen Pulververarbeitung könntenicht grösser sein. Trotzdem konnte gezeigt werden, dass ange-sinterte keramische Mikrolinien durchaus in den Fotolithographie-prozess eingeschleust werden können. Für die Anwendung als Gas-sensor genügt jedoch meist, dass die Keramiklinien zuletzt aufge-tragen werden, wenn die Mikrochips bereits aus dem Reinraum her-aus sind (siehe obiges Beispiel des integrierten CMOS-Systems).Abbildung 6d zeigt ein Beispiel eines Chips mit 12 einzelnen Gas-sensoren, die auf einer Mikroheizplatte, einem Chip mit integrier-ter Heizung von ca. 1 mm2, integriert wurden. Es gibt zwei Bündelvon je 5 keramischen Mikrolinien aus Zinnoxid, die 12 Elektroden-paare aus Platin mehrfach überspannen. Die mäanderförmigePlatinstruktur dient als integrierte Heizung, welche die Zinnoxid-linien auf Temperaturen von 400 °C und mehr heizen kann. Derwaagrechte Platinstreifen in der Mitte ist als resistiver Tempera-tursensor integriert. Diagonal über dem ganzen Mikrosystemliegt ein menschliches Haar als Grössenreferenz.

Abbildung 6: Mikrostrukturierte Keramik. a) Micromolding in Capillaries, b) Querschnitt durch eine Mikrolinie,

die auf einem Siliziumwafer liegt, c) Microcontact Printing, d) Demonstrationsmodell Mikroheizplatte mit 12 winzigen Gassensoren aus Zinnoxid.

a b c d

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Das menschliche Genom (mit etwa 35 000Genen) ist kürzlich vollständig entschlüs-selt worden1. Dies hat sowohl in der biolo-gischen, medizinischen und pharmazeuti-schen Forschung wie auch in der Gesell-schaft die ausserordentlich grosse Hoff-nung geweckt, dass die Kenntnis des gene-tischen Codes es uns in Zukunft ermögli-chen wird, Anfälligkeiten und Krankheits-bilder besser zu verstehen und krankheits-bedingte Abweichungen rascher und siche-rer zu behandeln. Eine besonders wichtigeAnwendung ist zum Beispiel die Krebs-Frühdiagnose. Neben der medizinischenDiagnostik ist es vor allem die pharmazeu-tische Forschung, die sich durch Nutzungdes genomischen Wissens die gezieltereEntwicklung verbesserter Arzneimittel ver-spricht. Dabei werden die Expressions-muster gesunder und kranker Organismenund Gewebeproben aufgenommen undverglichen, um charakteristische Merkmalezu ermitteln. Im Weiteren besteht die Hoff-nung, dass in Kenntnis der individuellenDisposition des Patienten eine Arznei-mittelstrategie gefunden werden kann, dieeinen besseren Heilungserfolg mit wenigerNebenwirkungen garantiert.Eine der kritischen Herausforderungen liegtdarin, gleichzeitig einige hundert bis zehn-tausende Gene zu messen2. Messtechnischbedeutet dies den Einsatz von Mikro- undNanotechnologie zur Herstellung von Bio-chips, welche es erlauben, diese grosse Zahl an Messungen im parallelen Verfah-ren (Hochdurchsatzverfahren oder «HighThroughput Screening»), das heisst auf ei-nem einzelnen, einige cm2 grossen Biochip,durchzuführen. Zum anderen besteht dienoch nicht vollständig gelöste Aufgabe, diegrossen Datenmengen aussagekräftig aus-zuwerten. Um in Zukunft breiten Erfolg zuerreichen im Einsatz der Genchip-Technolo-

gie in den Gebieten Grundlagenforschung,molekulare Medizin, Diagnostik und Arznei-mittelentwicklung, ist es deshalb unerläss-lich, das Wissen in den Gebieten Molekular-biologie, Biophysik, Mikro-/Nanotechnik,Oberflächentechnik und Bioinformatik zu-sammenzuführen und gezielt einzusetzen.

Chips für die Gene

Die genetische Analyse beruht auf der An-wendung der seit langem bekannten Hybri-disierung, das heisst der spezifischen Er-kennung von Nukleotidsequenzen (Nu-kleotide oder Basen = Bausteine der DNAund RNA) und Anlagerung durch Bildungeines Doppelstrangs aus zwei komple-mentären Strängen. Das Besondere an denMicroarrays ist die parallele Registrierungvon tausenden von zu analysierenden Mo-lekülen (Analyten oder «Targets») mit ei-nem einzigen Microarray-Chip, auf dem dieentsprechende Zahl von Erkennungsmo-lekülen (Sonden oder «Capture Probes») inForm eines geometrischen Musters ange-ordnet sind (Abb. 1). Der Analysenvorgangbesteht aus der Probenaufarbeitung (zumBeispiel Gewebeprobe) und Isolierung vonDNA, RNA beziehungsweise von c-DNA(komplementärer Strang zu einer Messen-ger-RNA), der Fluoreszenzmarkierung derAnalyten, der Hybridisierungsreaktion aufdem Microarray-Chip, der Detektion derfluoreszierenden Spots mittels eines Mi-kroskops beziehungsweise Scanners undder Datenanalyse2, 3.Je nach Anwendungen werden verschie-dene Sonden eingesetzt:Oligonukleotide: Pro Chip werden 50 000bis 500 000 Oligonukleotide, bestehend ausetwa 15–90 Basen, auf Spots von 10–200 µmDurchmesser immobilisiert;

cDNA: Mehrere tausend extern hergestellteSonden mit 200 bis 2000 Basepaaren wer-den zum Beispiel mit sehr feinen Kapillarenoder Stempeln auf Spots von weniger als200 µm Durchmesser aufgebracht;DNA: Immobilisierte Fragmente der geno-mischen DNA oder Plasmide.

Microarray-Chips zur Proteinanalyse

Während Genchips heute routinemässigeingesetzt werden, steht die Microarray-Technik für die Analyse von Proteinen inBlut und Gewebeproben erst am Anfangder kommerziellen Nutzung. Das beson-dere Interesse am Gebiet der Proteinanaly-tik basiert auf der Tatsache, dass nicht dieGenexpression, sondern die exprimiertenund aktivierten Proteine verantwortlichsind für die Auslösung spezifischer physio-logischer und pathophysiologischer Pro-zesse4. Zudem ist der Zusammenhang zwi-schen mRNA- und Protein-Konzentrationenund -Modifikationen nur unvollständig be-kannt. Es wird vermutet, dass mehr als100 000 Proteine relevante Informationenliefern könnten; nur ein kleiner Teil davonist heute über Proteinchip-Analytik zu-gänglich. Der Erfolg zukünftiger Anwen-dungen in den Bereichen medizinische Dia-gnostik und Entwicklung effizienterer Arz-neimittel hängt eng mit der Etablierunghochempfindlicher, quantitativer Analyse-methoden zusammen, die es erlauben, einegrosse Anzahl von Proteinen auch im nied-rigen Konzentrationsbereich sicher, raschund kostengünstig nachzuweisen.Protein-Microarray-Chips basieren auf derImmobilisierung ausgewählter Antikörperoder Antikörperfragmente, welche auf dieOberflächen der Chips gespottet und phy-sikalisch oder chemisch gebunden werden.

D N A / R N A U N D P R OT E I N E M I T B I O C H I P S A N A LYS I E R E N

V E R M E S S U N G D E R G E N EJA N O S VÖ R Ö S, M A RT I N H A LT E R U N D M A R C U S T E XTO R

Gut 40 Jahre ist es her, seit der Biochemiker Watson zusammen mit den Biologen Crick und Wilkins ein Modell für die räumliche Struktur der DNS-Moleküle entwickelte. Heute können die einzelnen Nukleotidsequenzen – aber auch Proteine in Blut und Gewebeproben – mit Hilfe so genannter Microarray-Chips ana-lysiert werden. Eine Möglichkeit, charakteristische Merkmale von Krankheiten zu untersuchen.

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Unter Verwendung sekundärer, fluores-zenzmarkierter Antikörper können diedurch spezifische Wechselwirkung zwi-schen Antikörper und Protein erkanntenAnalyten mit Fluoreszenz detektiert wer-den, ähnlich wie bei den Genchips. Im Ge-gensatz zu DNA/RNA sind Proteine sehrempfindliche Biomoleküle, deren Anbin-dung an Oberflächen leicht zum Verlust dernatürlichen, komplexen, dreidimensiona-len Struktur und zu Denaturierung führenkann. Deshalb kommt der Entwicklung op-timaler, «weicher» Bindungsreaktionen derAntikörper grosse Bedeutung zu.

Entscheidende Chip-Oberfläche

Das Design und die Chemie der Chip-Ober-fläche sind von entscheidender Bedeutung.An der Grenzfläche zwischen dem Chip undder zu analysierenden Lösung – in einerSchicht, die nur wenige Nanometer dick ist– finden die biologischen oder biochemi-schen Prozesse statt, welche die Basis fürden analytischen Nachweis bilden. DieOberfläche soll resistent sein gegen dienichtspezifische, unkontrollierte Adsorp-tion von Biomolekülen. Dies ist in der Praxisdeshalb entscheidend, weil oft geringeMengen des Analyten in Anwesenheit vie-ler anderer Moleküle detektiert werden sol-len. Eine der Möglichkeiten, die standard-mässig eingesetzt werden, ist die Verwen-dung von Poly(ethylenglykol) (PEG). Wer-den Ketten von PEG mit Molekulargewich-ten von einigen tausend Dalton in hoherDichte an die Oberflächen gebunden («PEGBrushes»), kann die ungewollte Adsorptionvon Molekülen auf Werte von kleiner als 1 ng/cm2 reduziert werden. An den Endender Ketten können dann biologisch aktiveGruppen angebunden werden, welche diespezifische Erkennung ermöglichen. EinBeispiel zeigt Abbildung 2 (siehe S. 32). Einmultifunktionelles Makromolekül, ein Co-polymer von Poly(L-Lysin) (positiv geladen)und PEG mit einem Teil der Endgruppenfunktionalisiert mit Biotin, wird über elek-trostatische Wechselwirkung an eine nega-tiv geladene Chip-Oberfläche gebunden.Biotin (Vitamin H) hat die Eigenschaft, dasses mit einem bekannten Protein, Streptavi-din, eine sehr spezifische und starke Bin-dung eingeht. Auf die mit Streptavidin be-legte Oberfläche kann dann ein ausge-wählter biotinylierter Antikörper gebundenund dieser Komplex zur gezielten Analysedes entsprechenden Proteins eingesetztwerden. Die in Abbildung 2 (siehe S. 32) ge-zeigte Standardanalyse («Bioassay») desProteins Immunoglobulin (IgG) wurde mit-

Abbildung 1: Schema einer DNA/RNA-Microarray-Analyse. a) Microarray-Chip: In jedem

Spot ist eine bestimmte Sonde («Capture Probe») immobilisiert. b) DurchHybridisierung mit dem fluoreszenzmarkierten Analyten («Target») wird

eine spezifische Nukleotid-Sequenz erkannt. c) Das Fluoreszenzintensitäts-bild wird mit einer Kamera quantitativ gelesen; im Hochdurchsatzverfahren

werden so parallel tausende bis zehntausende Analyte auf deren Anwesenheit/Konzentration analysiert2,3,6.

tels der für In-situ-Analysen sehr geeigne-ten Optischen Wellenleiter-Technik («Opti-cal Waveguide Lightmode Spectroscopy»,OWLS) durchgeführt, welche auf der Wech-selwirkung eines evaneszenten Feldes mitden an der Grenzfläche gebundenen Mo-lekülen beruht (siehe S. 32). Die Anwesen-heit dichter PEG-Ketten ist bei diesem Ver-such nicht nur entscheidend in Bezug aufdie stark reduzierte nicht-spezifische Ad-sorption, sondern stellt auch eine stark mitWasser gesättigte, dünne Gelschicht dar,welche aufgrund ihres wasserähnlichenCharakters die natürliche Konformation derangebundenen Antikörper nicht oder nurwenig schädigt5.

Selektivität, Spezifität, Sensitivität

Neben der Art und Dichte der Sonden aufdem Chip spielen eine Reihe von Qualitäts-merkmalen eine entscheidende Rolle: hoheSelektivität (wenige Moleküle können auchin Anwesenheit einer grossen Anzahl vonFremdmolekülen nachgewiesen werden),hohe Spezifität (Moleküle können zuverläs-sig von anderen, ähnlich gebauten Mo-lekülen unterschieden werden) und hoheSensitivität (es braucht nur sehr wenigeMoleküle, um ein Signal zu erzeugen). Letz-tere Eigenschaft ist besonders dann vongrosser Bedeutung, wenn wenig Proben-material zur Verfügung steht und deshalb

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a

b

c

weniger als 1000 Moleküle pro Spot bei ei-nem Gesamt-Materialbedarf von nur 0,5bis 1 Mikrogramm totaler RNA detektier-bar6. Hohe Nachweisempfindlichkeit hatim Weiteren den grossen Vorteil, dass dienormalerweise erforderlichen, sehr zeit- undkostenaufwändigen Probenpräparationenmit Anreicherungs- beziehungsweise Auf-konzentrierungsschritten des Analyten ent-fallen oder mindestens stark reduziert wer-den können.

32 B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r . 2 9 2 F e b r u a r 2 0 0 4

Dr. Janos VörösOberassistent in der BioInterfaceGroup amDepartement Materialwissenschaftder ETH Zürich.

Martin HalterDoktorand in der BioInterfaceGroup.

Prof. Marcus TextorProfessor in der BioInterfaceGroup.

Abbildung 2: a) Wellenleiter-Biochip, mit einer Schicht eines Poly(ethylenglykol)-basierten Copolymers belegt; PEG-Ketten

teilweise mit Biotin funktionalisiert. b) Streptavidin gebunden an Biotin-Funktion. c) Biotinylierte Rabbit-IgG-Antikörper immobilisiert

auf der Streptavidin-Schicht. d) Spezifische Detektion von IgG5.

nur eine geringe Anzahl von nachzuwei-sender Moleküle zur Verfügung steht (zumBeispiel geringe Gewebe-Probemengen beider Frühdiagnose von Krebs). Das optimaleZusammenspiel dieser drei S-Qualitäts-merkmale erlaubt es, möglichst seltenfalsch positive und falsch negative Antwor-ten zu erhalten.Verbesserte Nachweisgrenzen lassen sicherreichen, indem die Fluoreszenzanregungvon fluoreszenzmarkierten Molekülen nichtmittels konventioneller Beleuchtung, son-dern durch die Nutzung eines evaneszen-ten Feldes erfolgt. Dies wird durch die Ver-wendung der Wellenleitertechnik erreicht.Der Wellenleiterchip trägt auf einem Glas-plättchen eine 150 bis 200 nm dicke Wel-lenleiterschicht aus einem hochbrechen-den, transparenten Material (zum BeispielTitan-, Tantal- oder Nioboxid). In dieseSchicht wird ein Laserstrahl mittels einesoptischen Beugungsgitters eingekoppelt

und erzeugt ein evaneszentes Feld, das nur100 bis 200 nm aus der Chip-Oberflächeherausragt (Abb. 3). Dieses evaneszenteFeld interagiert mit der Lösung im Kontaktmit dem Wellenleiter-Chip. Die optischeAntwort kann einerseits direkt für die In-situ-Echtzeit-Bestimmung der Masse vonadsorbierten Molekülen eingesetzt wer-den, ohne dass die Moleküle markiert wer-den müssen (sogenannte «Label-free As-says»). Andererseits kann dieses Feld auchfür die grenzflächennahe Anregung vonFluoreszenz benutzt werden. Dadurch las-sen sich gezielt nur diejenigen (fluores-zenzmarkierten) Moleküle anregen, die inder Erkennungsreaktion an die Oberflächegebunden sind, ohne Beiträge von «Fremd-molekülen» in der zu analysierenden Lö-sung. Mit dieser Technik kann die Nach-weisgrenze gegenüber konventionellem Flu-oreszenznachweis um zwei Grössenordnun-gen verbessert werden. Typischerweise sind

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ForschungsinformationenDie Forschungsaktivitäten der BioInterfaceGroup (Prof. M. Textor) an der Professur fürOberflächentechnik (Prof. N.D. Spencer), Departement Materialwissenschaft der ETHZürich, sind auf die Entwicklung neuer Oberflächen für die Gebiete Biomaterialien/Implantate, Biosensoren und Drug Delivery Carriers ausgerichtet. Im Speziellen wird die spontane Selbstorganisation von multifunktionellen Molekülen an Oberflächen genutzt und mit Methoden der Mikro- und Nanotechnik kombiniert. Dr. Janos Vörös leitet als Oberassistent die Biosensorik-Aktivitäten in der Gruppe. Im Bereich der Bio-chip-Technik wird eng mit dem FIRST Lab der ETH Zürich (http://www.first.ethz.ch/)und dem Functional Genomics Center der Universität Zürich und der ETH Zürich(http://www.fgcz.ethz.ch/) zusammengearbeitet.www.textorgroup.ch; [email protected]; [email protected].

LiteraturThe Human Genome, Nature 409 (2001),813 – 958B. Zabel, Microarray-Biochip-Technolo-gie, Monatsschrift Kinderheilkunde 149(2001), 1304–1310, Springer Verlaghttp://gene-chips.comhttp://mlo-online.com: Driving Forcesin Cancer Diagnostics, T.R. Gander et al.,Cover Story, January 2003J. Vörös et al., Polymer Cushions to Analyze Genes and Proteins, Bioworld 2(2003), 16–17 A.P. Abel et al., Hochempfindliche DNA-Microarrays zur Genexpressionsanalyse,Bioworld 5 (2003), Supplement; sieheauch http://www.zeptosens.ch

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Abbildung 3: Detektion mittels planarer Wellenleitertechnik. Links: Ein Laserstrahl wird mit Hilfe eines Beugungsgitters in die

hochbrechende Schicht eines Wellenleiterchips eingekoppelt. Rechts: Das starke, evaneszente Lichtfeld regt selektiv nur diejenigen Moleküle in den Spots zur Fluoreszenz an, welche in der 100–200 nm dünnen Grenzschicht als Folge der spezifischen

Erkennungsreaktion gebunden sind6.

Q UA N T E N SYST E M E E X P E R I -M E N T E L L M A N I P U L I E R E N

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Ein herkömmlicher Computer, wie er aufvielen Schreibtischen steht, funktioniertnach den Gesetzen der klassischen Physik.Die Information wird in Bits gespeichert,die die Werte «0» oder «1» annehmen kön-nen. Die Bits werden von Halbleitertransis-toren verarbeitet. Dieses einfache, aber er-folgreiche Konzept kann auf immer kleine-rem Raum technologisch realisiert werdenund steckt hinter den Fortschritten der In-formationstechnologie. Mit kleiner werden-den elektronischen Bauelementen gelangtman vom Mikrometer zum Nanometer. Diekleinsten heute bereits in der Industrie rea-

lisierten Strukturgrössen bewegen sich imBereich von 10 nm. Diesem quantitativenWettlauf in immer kleinere Dimensionensteht ein grundsätzlich anderer Ansatz ge-genüber: Statt einer quantitativen Verbes-serung der Rechenleistung eines Compu-ters geht es um die grundsätzlich andereVerarbeitung von Information, der soge-nannten Quanten-Informationsverarbei-tung. Aus den klassischen Bits werdenQuantenbits, sogenannte qubits, die ent-sprechend den Gesetzen der Quantenme-chanik aus einer Überlagerung von Zustän-den bestehen können, das heisst einer

Überlagerung von «0» und «1». Ein qubitkann zum Beispiel gleichzeitig im Zustand«0» und «1» sein. Für die meisten heutedurchgeführten Rechenoperationen bringtdiese zusätzliche Komplikation keinen Vor-teil. Es gibt jedoch eine wachsende Klassevon Problemen, die von Quantencomputernpotenziell wesentlich effizienter gelöstwerden können als von klassischen Compu-tern. Dazu gehört zum Beispiel das Knackenvon Codes sowie der absolut sichere Daten-transport.

D I E Q UA N T E N W E LT AU F D E R N A N O S K A L A

Q UA N T E N SYST E M E E X P E R I -M E N T E L L M A N I P U L I E R E N K L AU S E N S S L I N

Das Knacken von Codes oder der absolut sichere Datentransport – für Quantencomputer kein Thema. Dank der parallelen Datenverarbeitung wird der Quantencomputer seinen klassischen Vorgänger bezüglich der Rechengeschwindigkeit enorm übertreffen.Seine Bauteile stammen aus dem Reich der Quantenmechanik: Um die gewünschten Quantenstrukturen in einer Festkörperumgebung zu verwirklichen, müssen die Materialien auf der Nanometerskala manipuliert werden...

Abbildung 1: Ein Quantendot: Die Zahl der Elektronen kann präzise abgestimmt werden.

Quantencomputer: Zusammenspielvon vielen qubits

Die Quantenmechanik ist eine der erfolg-reichsten Theorien der Wissenschaft. Ob-wohl sie mittlerweile fast 100 Jahre alt ist,gibt es bis heute kein bekanntes Experi-ment, das den Gesetzen der Quantenme-chanik widerspricht. Trotzdem ist es immerwieder erstaunlich, zu welchen anschei-nend dem gesunden Menschenverstandwidersprechenden Aussagen die quanten-mechanische Analyse eines experimentel-len Problems gelangt. So kann es passieren,dass ein quantenmechanisches System sei-nen Zustand ändert allein dadurch, dass esgemessen wird.Experimentell gibt es heute eine Vielzahlvon Quantensystemen, die man gezielt ma-nipulieren und für Schaltprozesse einset-zen kann. Dabei geht es im Moment um dieKontrolle und das Verständnis einzelneroder weniger qubits. Der mögliche Weg zueinem Quantencomputer erfordert jedochdas Zusammenspiel von vielen qubits. DieHalbleitertechnologie hat für konventio-nelle Computer gezeigt, wie das so ge-nannte Hochskalieren von einzelnen funk-tionsfähigen Komponenten zu einem Pro-zessor, der aus vielen Transistoren besteht,realisiert werden kann. Deswegen ist es na-heliegend, diese Vorteile der Halbleiter-technologie auch für Quantencomputer inErwägung zu ziehen.

Quantendots: künstliche Atome

Abbildung 1 zeigt einen so genannten Quan-tendot, in dem die Zahl der Elektronen prä-zise abgestimmt werden kann. Die hellenLinien bilden undurchdringliche Barrierenfür die Elektronen. Um ein Elektron vonSource (markiert durch «S») nach Drain(markiert durch «D») zu transportieren,muss es durch die beiden engen Tunnelkon-takte auf die grün markierte Insel gelan-gen, die den Quantendot darstellt. Da sichdie Elektronen auf diesem Quantendotpraktisch entkoppelt von ihrer Umgebungbefinden, muss die Gesamtladung einganzzahliges Vielfaches der Elementarla-dung sein. Durch laterale elektrische Span-nungen kann die Zahl der Ladungen um je-weils eine Elementarladung (= 1 Elektron)verändert und damit präzise kontrolliertwerden. Man spricht von einem Einzel-Elek-tronen-Transistor, dessen Verhalten in vie-lerlei Hinsicht demjenigen von Atomenentspricht. Man nennt Quantendots daherauch künstliche Atome.

Interferenzen auch in der Quantenwelt

In der Quantenmechanik sind die Wellen-eigenschaften der Materie besonders wich-tig. Man kann dort Interferenzen beobach-ten, ähnlich wie in der klassischen Welt beiWasserwellen. Um dieses Phänomen auch

bei Quantendots auszunutzen, kann manzum Beispiel einen ringförmigen Quan-tendot herstellen, wie in Abbildung 2 dar-gestellt. Die Elektronenwellen, die jetzt vonSource («S») nach Drain («D») gelangen, ha-ben zwei mögliche Wege innerhalb desRings zur Verfügung. Beim Experimentführt dies dazu, dass bei einer bestimmtenSituation plötzlich weniger Strom fliesst,weil sich beide Teilwellen destruktiv über-lagern. Für ein ringförmiges künstlichesAtom kann man somit die Interferenz-eigenschaften dieses quantenmechani-schen Systems direkt nachweisen. Die Über-lagerung von vielen Teilwellen und damitderen Interferenz ist ein Bestandteil des Re-chenvorgangs in einem Quantencomputer.Der daraus resultierende hohe Grad an paralleler Datenverarbeitung kann bei be-stimmten Problemen den entscheidendenVorteil an Rechengeschwindigkeit bringengegenüber einem klassischen Computer.

Wie misst man einen Quantenzustand?

Die Kohärenz ist die Möglichkeit, interferie-ren zu können. Die Kohärenz eines quan-tenmechanischen Systems kann sehr leichtdurch die Kopplung an äussere klassischeFreiheitsgrade zerstört werden. Dann istauch Interferenz nicht mehr möglich. Umeinen Quantenzustand auszumessen, mussman ihn jedoch an seine Umgebung kop-

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Abbildung 2: Ein ringförmiger Quantendot: Die Interferenz der Wellen, ein Bestandteil des Rechenvorgangs in einem Quantencomputer,

ist direkt nachweisbar.

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peln. Messen bedeutet also gleichzeitig, dieKohärenz eines Zustands, das heisst seineFähigkeit zu interferieren, zu erniedrigen.Elektronen haben wie andere Elementar-teilchen einen inneren Freiheitsgrad, denso genannten Spin. Man kann sich dies alseinen inneren Drehimpuls vorstellen, der inverschiedene Richtungen zeigen kann. DerElektronenspin ist ein qubit, das heisst einquantenmechanisches System mit zwei Ni-veaus (spin-up = 0 und spin-down = 1). DerSpin koppelt im Allgemeinen sehr schwachan seine Umgebung, jedenfalls vielschwächer als Ladungen, die über die Cou-lomb-Kraft mit anderen Ladungen im Fest-körper wechselwirken. Deswegen sindSpins wesentlich länger kohärent als La-dungen – ein entscheidender Vorteil für dieQuanten-Informationsverarbeitung. Dieexperimentelle Herausforderung bestehtdarin, diese Elektronenspins in Festkörpernauszumessen und manipulieren zu könnentrotz ihrer schwachen Kopplung zur Mess-apparatur. Deshalb gilt es, die Quan-tendots, die die Elektronenspins enthalten,sehr sorgfältig zu kontrollieren und gleich-zeitig mit benachbarten elektronischenQuantenstrukturen gezielt zu koppeln.In der untenstehenden Struktur (Abb. 3)sind fünf miteinander gekoppelte Struktu-

ren realisiert. Die hellen Linien sind wiederals elektrisch isolierend aufzufassen. Derinnerste Kreis, markiert durch die blauen Linien, verbindet zwei elektrische Kontaktedurch zwei mögliche Wege, die in der Ring-struktur miteinander interferieren können.Die beiden mit Rot gekennzeichnetenStrompfade gehen jeweils durch einenQuantendot, der elektrostatisch sowohl mitder Ringstruktur als auch mit den beidenEinschnürungen gekoppelt ist (durch diegrünen Linien markiert). Die gleichzeitigeMessung von Quanteneffekten in den di-versen Strompfaden sowie ihre gegensei-tige Abhängigkeit gibt Aufschluss überklassische und quantenmechanische Kopp-lungsphänomene.

Getrennt und gleichzeitig gekoppelt

In der Quantenmechanik können sogar zweiräumlich voneinander getrennte Zuständemiteinander gekoppelt sein. Dieses Phäno-men nennt man Verschränkung (entangle-ment). Diese Art der nichtlokalen Kopplunghat keine klassische Analogie und ist einweiteres Prinzip, das dem Quantencom-puter gegenüber einem klassischen Com-puter für bestimmte Probleme zu grund-

ForschungsinformationenDie Forschungsgruppe von Prof. KlausEnsslin beschäftigt sich mit der Herstel-lung und Untersuchung von Halbleiter-Nanostrukturen im Hinblick auf die Ma-nipulation von Quanteneffekten in klei-nen, transistorartigen Bauelementen.Die Herstellung dieser Strukturen ba-siert entscheidend auf der Infrastrukturdes FIRST-Lab, wo moderne Nanotech-nologie-Methoden zur Verfügung ste-hen. Die Quantendots werden dann beisehr tiefen Temperaturen (20 mK)durch empfindliche elektrische Metho-den untersucht. Hohe Magnetfelder bis15 T dienen dazu, die Elektronen sowohlaufgrund ihrer Ladung als auch auf-grund ihres Spins (Zeeman-Effekt) zubeeinflussen. Diese Aktivitäten sindeingebettet in einem Netzwerk der ETHZürich zur Quanten-Informationsverar-beitung (QSIT-quantum systems for in-formation technology), das im Rahmendes INIT-Programms der Schulleitungunterstützt wird.Kontakt: [email protected] Informationen im Internet:Nanophysik: www.nano.phys.ethz.chFIRST-Lab: www.first.ethz.chQSIT: www.qsit.ethz.ch

Abbildung 3: Fünf miteinander gekoppelte Quantenstrukturen.

Klaus EnsslinProfessor für Experimentalphysik am Labo-ratorium für Festkörperphysik der ETHZürich und neuer Leiter des FIRST-Labs.

sätzlicher Überlegenheit verhilft. Ver-schränkte Zustände wurden schon in Expe-rimenten mit einzelnen Photonen reali-siert. In einer Festkörperumgebung bestehtdie Herausforderung darin, die Verschrän-kung zweier Zustände nachzuweisen, bevordies aufgrund von Dekohärenz nicht mehrmöglich ist. Je kleiner die Systeme sind,desto mehr dominiert die Quantenmecha-nik und desto leichter ist es, Interferenzenzu beobachten. Es versteht sich von selbst,dass kleine, gut kontrollierbare Strukturen,wie sie mit den Methoden der Nanotechno-logie hergestellt werden können, ideal fürdie Erforschung von Quanten-Bauelemen-ten sind. Die Manipulierbarkeit von Mate-rialien auf der Nanometerskala ist eine Vor-aussetzung dafür, dass die gewünschtenQuantenstrukturen in einer Festkörper-Umgebung realisiert werden können.

B E S I C H T I G U N G E I N E S N A N O - H OT S P OT S

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Ein gutes Jahr harter Arbeit steckt dahinter,nicht nur um die ganze Ausrüstung zu eva-luieren, anzuschliessen und betriebsbereitzu machen, sondern auch um die notwen-digen technologischen Herstellungspro-zesse einzufahren. Am Beispiel von 3 aus 20zurzeit laufenden FIRST-Projekten des in-zwischen auf 8 Professoren und Professo-rinnen angewachsenen Teams soll im Sinneiner Momentaufnahme gezeigt werden:«FIRST is up and running!» FIRST als Zentrum für Mikro- und Nanowis-senschaft steht nicht nur für eine High-Tech-Infrastruktur (siehe Kasten), sondernauch für ein Programm von Projekten zurErforschung des Mikro- und Nanobereichs.Dabei spielen für viele unserer Forschungs-ziele die so genannten III-V-Verbindungs-halbleiter (z. B. Indiumphosphid, InP, Gal-liumarsenid, GaAs) als Modell-Materialienfür Elektronik, Optoelektronik und Photo-nik eine zentrale Rolle. Die vorangegange-nen Beiträge in dieser Bulletin-Ausgabe der Professoren K. Ensslin, C. Hierold und J. Dual, alles auch Mitglieder des Teams hin-ter FIRST, illustrieren die Forschung in FIRSTvor allem mit Fokus auf Nanotechnologie.

Ultraschnelle Transistoren:Rennstrecke für Elektronen

Das explosionsartig anwachsende Bedürf-nis nach Kommunikation der Informations-gesellschaft treibt die Entwicklung derElektronik zu immer höheren Übertragungs-frequenzen und kürzeren Schaltgeschwin-digkeiten. In unseren modernen Daten-übertragungssystemen kommt der Hoch-geschwindigkeitselektronik eine zentrale

Rolle zu. Um das Potenzial neuer Transistor-bauelemente für die benötigten integrier-ten Schaltungen auszuloten und weiterzu-entwickeln, erforschen das Institut für Elek-tronik (Prof. H. Jäckel) und das Institut fürFeldtheorie und Höchstfrequenztechnik(Prof. W. Bächtold) neue Wege, die Betriebs-frequenzen von Transistoren und ICs über100 GHz und Datenraten über 100 Gb/s zusteigern.Will man Transistoren schnell machen, mussein konzeptionell einfaches, aber in der Pra-xis stets schwer erreichbares Ziel verfolgtwerden: Die für den Stromfluss verantwort-lichen Elektronen müssen die Transistor-struktur unter Einwirkung eines elektrischenFeldes in möglichst kurzer Zeit durchlau-fen. So bleiben beim 100 Gb/s-Betrieb nochknapp 2 ps (2x10-12 s) übrig – Transistorenmüssen daher klein (mit Dimensionen imBereich von 100 nm) und die Elektronenge-schwindigkeit möglichst hoch sein. Die Auf-gabe erfordert komplizierte Schichtstruk-turen und die Verwendung technologischanspruchsvoller Verbindungshalbleiter undHerstellungstechnologien.Im FIRST werden für digitale Anwendungenultraschnelle InP/InGaAs-Heterojunction-Bi-polar-Transistoren (HBT) vom Halbleiter-schichtpaket bis zum kompletten IC ent-wickelt. HBTs gehören zu den schnellstenBauelementen mit dem Potenzial, rekord-verdächtige Leistungen bis 160 Gb/s zu er-reichen.Eine Alternative bilden die so genanntenInP-basierten High-Elektron-Mobility-Transi-storen mit 100 nm Gatelängen (Abb. 1).Diese Transistoren verfügen über hervorra-gende Verstärkungs- und Rauscheigenschaf-ten bei Frequenzen bis über 100 GHz. Das

Rauschen der Transistoren, das heisst dievom Transistor zugefügten unerwünschtenStörungen durch die Brownsche Bewegungvon Elektronen im Halbleiter, ist bei diesenTransistoren ausserordentlich klein. DiesesRauschen kann durch Kühlung (–258 °C) derVerstärker noch wesentlich reduziert wer-den. Solche Verstärker wurden unter ande-rem für Anwendungen in der Radioastrono-mie zum Empfang extrem schwacher Sig-nale aus dem Weltraum entwickelt. DiesesProjekt wird durch die ESA (European SpaceAgency) und die ETH Zürich gefördert.

Photonenkristalle: die Kanalisierungdes Lichts

Dank der Entwicklung der optischen Glas-fasern hat man in den letzten 30 Jahren ei-nen Durchbruch des Lichts als weitgehendverlustloses Transportmittel für höchsteDatenraten über extrem lange Distanzenbeobachten können. Die Photonik (die Dis-ziplin, die die Erzeugung, Detektion undVerarbeitung des Lichts vor und nach derÜbertragung durch die Faser behandelt)gehört gegenwärtig zu den dynamischstenSektoren der Forschung und Industrie.So lange das Licht geradeaus propagiert,reichen nur schwach führende dielektri-sche Wellenleiter aus. Möchte man hinge-gen Lichtsignale in optischen integriertenSchaltungen (OIC) in ähnlicher Weise wieelektrische Signale in einer elektronischenSchaltung «um die Ecke» führen, verzwei-gen oder koppeln, dann kann dies bei kon-ventionellen Wellenleitertechnologien nurin grossen Strukturen (mm- bis cm-Abmes-sungen) geschehen. Eine zehntausendfach

F I R ST: C E N T E R F O R M I C R O - A N D N A N O S C I E N C E

B E S I C H T I G U N G E I N E S N A N O - H OT S P OT SH E I N Z JÄC K E L , W E R N E R B ÄC H TO L D, U R S U L A K E L L E R

FIRST war Ende 2001 das grosse Weihnachtsgeschenk der ETH an die Mikro- und Nanoforschung: ein grosser High-Tech-Reinraum, der auf den Einzug vieler technologischer Geräte und Wissenschaftler wartete. Heute, Anfang 2004,produziert FIRST erste Resultate. Drei aktuelle Beispiele werden in diesem Bei-trag zusammengefasst: ultraschnelle Transistoren, Photonenkristalle und ultraschnelle Laserpulse – alles, was Kommunikationstechnik noch leistungs-stärker macht.

geringere Integrationsdichte bei konventio-nellen OICs im Vergleich zu elektronischenICs stellt ein fundamentales Problem dar.Es besteht nun die Hoffnung, dass mit Hilfeder Lichtführung entlang von Störungen inperiodisch veränderten dielektrischen Struk-turen, sogenannten planaren «Photonen-kristallen», diese «optischen Schaltungen»miniaturisiert werden können. Der NamePhotonenkristall (PhC) stammt aus derAnalogie zum periodischen Atomgitter ei-nes Halbleiterkristalls – beim Photonenkri-stall übernehmen die periodisch angeord-neten Löcher die Rolle der Atome und dieLichtwellen die Rolle der Elektronen. DieAnalyse, der Entwurf und die anspruchs-volle Nanofabrikation solcher Photonen-kristalle bilden ein grosses Schwerpunkt-projekt des Schweizerischen National-fonds, das durch die Institute für Elektronik(Prof. H. Jäckel) und Feldtheorie und Höchst-frequenztechnik (Prof. W. Bächtold) imFIRST bearbeitet wird.In einem Photonenkristall wird das Licht ander Oberfläche eines InP-Substrats geführtund erlaubt so nicht nur die Lichtleitungentlang von Kurven mit minimalen Krüm-mungsradien, sondern auch die Integrationaktiver Bauelemente für die in der Telekom-munikation bevorzugte Wellenlänge von1,55 µm. Dadurch gelingt es, die Lichtaus-breitung in Dimensionen der optischenWellenlänge zu manipulieren und interes-sante Bauelementfunktionen bei extremhoher Integrationsdichte zu realisieren.

Wie die Computersimulation in Abbildung 2anhand des optischen Feldes in einer T-för-migen 90°-Wellenleiterverzweigung im Pho-tonenkristall zeigt, ist es tatsächlich mög-

lich, das Licht «um die Ecke» zu leiten.Zusätzlich zeigt dieser sog. PhC-Diplexer,der als unsymmetrische T-Verbindung auf-gebaut ist, eine interessante Funktionalitätfür die Wellenlängenfiltrierung (siehe Be-schreibung Abb. 2).So vielversprechend die Möglichkeiten derPhotonenkristalle sind, so anspruchsvoll istihre Herstellungstechnologie. Wenn imFreiraum die Lichtwellenlänge 1,55 µm be-trägt, wird sie im PhC auf etwa 450 nm ver-kürzt. Der Lochdurchmesser und Lochab-stand muss dann typischerweise nur etwa200 nm beziehungsweise 300 nm betra-gen. Die Genauigkeit der Lochdurchmesserund Positionen ist im Bereich weniger 10 nm.Ein Blick auf Abbildung 3 verdeutlicht dienanotechnologische Herausforderung die-ser Struktur. Tausende von idealerweise zy-lindrischen Löchern müssen mit Nanome-tergenauigkeit durch ein Trockenätzverfah-ren in das InP-Substrat oder in eine dünneInGaAsP-Membrane geätzt werden. Erfolgtdie Ätzung ins InP-Substrat hinein, so sindbeachtliche Lochtiefen von etwa 3 µm er-forderlich – eine harte technologische Her-ausforderung. Die Maskierung für den Ätz-prozess erfordert den Einsatz einer Elektro-nenstrahllithografie-Anlage, um die not-wendige Auflösung und Genauigkeit zu er-reichen.

Abbildung 1: An der ETH hergestellter InP-HEMT-Transistor mit 120 nm langem Gate.

E-Beam-Lithograpie wird zur Belichtung der kritischen Gatelänge verwendet.

Die ersten ultrakompakten optischen PhC-Strukturen werden als passive Bauelementerealisiert, wie Leistungsteiler, Koppler, Fil-ter, Resonatoren, Spiegel und Prismen.Auf längere Sicht soll in solchen PhC-Struk-turen nicht nur Licht geführt, sondern auchLicht erzeugt, detektiert und verstärkt wer-den. Unter diesem Gesichtspunkt eröffnetdie Möglichkeit, Photonen in Dimensionenihrer Wellenlänge zu lokalisieren, ganz neueund spannende Wege für die moderneQuantenoptik.

Ultraschnelle Lichtpulse: MilliardenLichtpulse pro Sekunde

Mit der Erfindung des World Wide Web zuBeginn der Neunzigerjahre sind kompakteund leistungsstarke Laser in der Telekom-munikation ein nicht mehr wegzudenken-des Arbeitspferd geworden, um immergrösser werdende Datenmengen zu bewäl-tigen. In Zukunft werden Daten über inner-städtische wie auch interkontinentale Glas-faserbündel immer schneller und effizien-ter transportiert werden müssen. Dafürwerden Laserquellen benötigt, die kleinund robust, zugleich aber auch leistungs-stark und billig sein müssen.Im Labor für Ultrakurze Laserphysik (ULP)

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Abbildung 2 (links und Mitte): Ansicht eines simulierten Diplexers bestehend aus einer abzweigenden Wellenleiterstruktur in einem planaren Photonenkristall.

Das Lichtsignal wird jeweils von oben eingespeist und bei der grösseren Wellenlänge nach rechts (rechtes Bild), bzw. bei einer kleineren Wellenlänge nach links (linkes Bild) abgezweigt.

Abbildung 3 (rechts): SEM-Bild eines in FIRST hergestellten planaren Membranen-Photonenkristalls in einem InP-Substrat.

Abstand und Durchmesser der Löcher betragen 700 nm bzw. 500 nm.

wird unter der Leitung von Prof. Dr. UrsulaKeller in Zusammenarbeit mit dem FIRSTan speziellen Halbleiterabsorberstrukturengeforscht, die die Basis für die Entwicklungvon neuartigen Hochleistungs-Telekommu-nikationslasern sind. Abbildung 4 zeigt dasHalbleiterbauelement (SESAM) zusammenmit anderen Laserbauelementen im Ein-satz: Lichtenergie wird zuerst mittels einesPumplasers in den Verstärkerkristall fokus-siert (grün schimmernd). Das dort erzeugteLaserlicht (es ist hier gelb eingezeichnet, daes für das menschliche Auge nicht sichtbarist) oszilliert zwischen dem SESAM unddem Auskoppelspiegel in Form von ultra-kurzen Lichtpulsen. Jeder einzelne Lichtpulshat eine Dauer von einigen Pikosekunden(10-12 Sekunden) und verlässt den Laser miteiner Wiederholrate von 40 Gigahertz (GHz).Es werden also rund 40 Milliarden Licht-pulse pro Sekunde erzeugt. Diese Pulse kön-nen dann als Informationsträger in ultra-schnellen Datennetzwerken dienen. Der Er-forschung der Elektronendynamik in denHalbleiterabsorbern kommt hier eine zen-trale Rolle zu, da immer höhere Wiederhol-raten der Lichtpulse erwünscht sind.Schnelle und leistungsstarke Laser sindnicht nur in der Telekommunikation notwen-dig, sondern lassen sich potenziell auch alspräzise Taktgeber («optische Uhr») in Hoch-

geschwindigkeits-Chips der nächsten Pro-zessorgeneration einsetzen. Hierfür ist esnotwendig, dass das Herstellungsverfahrender Laser kompatibel mit der bereits vor-handenen Wafertechnologie ist. Durch dasFIRST ist es nun möglich, neuartige ober-flächenemittierende Laser zu realisieren,bei denen sowohl das Verstärkungsele-ment als auch die Absorberstruktur ausHalbleitermaterialien aufgebaut sind. Ab-bildung 5 verdeutlicht die Funktionsweiseeines optisch gepumpten oberflächenemit-tierenden Halbleiterlasers (VECSEL). DasPumplicht trifft auf das Halbleiterverstär-kerelement (Laserchip) und erzeugt (eben-falls unsichtbares, hier rot eingezeichnetes)Laserlicht, das zwischen dem Halbleiterab-sorber (SESAM) und dem Auskoppelspiegeloszilliert. Damit wiederum Lichtpulse vonwenigen Pikosekunden und einer Wieder-holrate von einigen GHz erzeugt werdenkönnen, ist ein hochpräzises Wachstum derbeiden Halbleiterstrukturen notwendig. Einmit einem Transmissionselektronenmikro-skop (TEM) aufgenommenes Bild eines VEC-SELs ist seitlich in Abbildung 1 dargestellt.Die Struktur besteht aus über 100 dünnenSchichten, die im FIRST-Lab mit Nanome-ter-Genauigkeit aufeinander «gewachsen»werden müssen. Um die Strukturen nachdem Wachstum einer genauen Analyse un-

terziehen zu können, stehen den Benutzerndes FIRST modernste Diagnosegeräte zurVerfügung. Durch das enge Zusammenspielvon Wachstum und Strukturanalyse imFIRST sowie der Lasertests im ULP könnennun neueste VECSEL-Chips in kurzer Zeitentwickelt und erforscht werden. Die Pro-jekte werden unterstützt von der ETH, SNF,KTI und dem Schwerpunktprogramm NCCR.

Abbildung 4 (oben): Oszillierender 40-GHz-Laser.

Abbildung 5 (unten): Schematische Darstellung eines optisch gepumpten VECSEL. Rechts ein Bild der vielen dünnen Halbleiterschichten

des Laserchips.

Wohin geht die Reise ?

Die Integration der letzten Maschinen inFIRST wird bis ins Jahr 2004 andauern. Waserfreulich ist: FIRST hat etwa 40 aktiv undregelmässig arbeitende Doktorierende, diemit ihrer Forschung die Grenzen des bisheute Möglichen weiter hinausschieben.Zudem erfüllt FIRST auch einen Ausbildungs-auftrag. Bis heute haben über hundert po-tenzielle Benutzer die Möglichkeit genutzt,sich in Technologie und Maschinenbenut-zung ausbilden zu lassen.

Dem FIRST Operation Team um Drs. D. Eb-ling, E. Gini und O. Homan sowie den Tech-nikerinnen M. Ebnöther, M. Leibinger, H.Rusterholz und C. Widmeier, aber auch denvielen Doktorierenden und Oberassisten-ten aus den Instituten gebührt Dank fürden Aufbau, den Betrieb und das Manage-ment von FIRST.Was könnte das nächste Etappenziel fürFIRST sein, nachdem sich der Aufbau derTechnologiebasis erfolgreich dem Abschlussnähert? Aus der Sicht des scheidendenFIRST-Leiters der ersten Stunde: «there isplenty of room for scientific collaboration»!

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ForschungsinformationenInstitut für Elektronik: High Speed Elec-tronics and Photonics GroupProf. H. Jäckel http://www.ife.ee.ethz.ch/Die Forschungsgruppe am D-ITET un-tersucht und entwickelt elektronischeund optische Komponenten und inte-grierte Schaltungen für die Gb/s – Tb/sKommunikationstechnologie und dieintegrierte Optik.Institut für Feldtheorie und Mikrowel-lenelektronik: Microwave ElectronicsGroupProf. W. Bächtold http://www.ifh.ee.ethz.ch/MicrowaveDie Gruppe Mikrowellenelektronik be-fasst sich mit der Entwicklung von Bau-elementen und Schaltungen für diedrahtlose Kommunikation im Mikro-wellenbereich sowie von Komponentender integrierten Optik.Institut für Quantenelektronik: Ultra-fast Laser Physics GroupProf. U. Keller http://www.iqe.ethz.ch/ultrafastDie Forschungsschwerpunkte derGruppe von Prof. Keller liegen in denGebieten Ultrakurzpuls-Laser, Attose-kunden-Physik, Ultrakurzzeit-Spektro-skopie und neue Bauteile für Anwen-dungen in der optischen Informations-verarbeitung, der Kommunikation undder Medizin.

FIRST-Lab: Grosse Maschinen für kleine DingeDas FIRST – Center for Micro- and Nanoscience steht für einen interdepartemental ge-nutzten Reinraum der ETHZ auf dem Hönggerberg und beinhaltet hoch stehende Tech-nologie-Infrastruktur.Das wissenschaftliche Ziel von FIRST ist, die Mikro- und Nanoforschung von zurzeit achtETH-Professuren aus den Departementen Informationstechnologie und Elektrotechnik,Physik, Werkstoffe, Maschinenbau und Verfahrenstechnik mit 20 technologischen Pro-jekten zu ermöglichen.FIRST wird vom FIRST Operation Team, bestehend aus drei Akademikern und drei Techni-kern, professionell betrieben. Dieses Team betreut nicht nur die komplexe technische In-frastruktur und den Betrieb, sondern bildet auch die Doktorierenden und die Studentenin der Handhabung der Geräte und der technologischen Prozesse aus – mittlerweileüber 100 Teilnehmer, von denen etwa die Hälfte im FIRST aktiv ist.Gegeben durch die wissenschaftlichen Zielsetzungen der Professuren, werden vorwie-gend III-V-Verbindungshalbleiter (AlGaAs, InP, InGaAsP, GaAsSb usw.) als Material-Mo-dellsysteme verwendet. Dementsprechend verfügt FIRST über folgende strategischeProzessierungsgeräte:MBE- und MOCVD-Epitaxie für das Wachstum dünner KristallschichtenAufdampf- und Plasma-Depositionsanlagen zur Herstellung dünner Metall- und Dielek-trikafilmeTrockenätzanlagen (RIE, ICP) zur Strukturierung von metallischen und dielektrischen FilmenChemisches NassprozessierenOptische Kontaktlithograpie, Elektronenstrahl-Lithographie und AFM-LithographieAusrüstung für die Materialcharakterisierung (PL, X-ray, CV, Polaron, AFM usw.)Die Forschungsgruppen der Professoren und Professorinnen: W. Bächtold, K. Ensslin,J. Dual, C. Hierold, H. Jäckel, U. Keller, A. Imamoglu und N. Spencer sind zurzeit im FIRSTaktiv sowohl in der Forschung als auch in der Unterstützung/Mithilfe bei Aufbau undBetrieb.FIRST steht auch für Forschungszusammenarbeit mit der Industrie zur Verfügung.http: www.first.ethz.ch

Heinz JäckelKoordinator FIRST, ordentlicher Professorfür Analog-Elektronik am Institut für Elek-tronik der ETH Zürich.

Werner Bächtoldordentlicher Professor für Elektrotechnikam Institut für Feldtheorie und Höchstfre-quenztechnik der ETH Zürich

Ursula Kellerordentliche Professorin für Experimental-physik am Institut für Quantenelektronikder ETH Zürich

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H E R ST E L L U N G D U R C H F L A M M E N SY N T H E S E

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«Die Welt der vernachlässigten Dimensio-nen» titulierte Ostwald 1915 seine Abhand-lung über Kolloide, das heisst Dispersionenvon Nanopartikeln. Für das Jahr 2005, 90Jahre später, wird ein Weltmarkt für Nano-partikel von 900 Mio. US-Dollar prognosti-ziert1. Der Weltmarkt für Produkte, die aufNanopartikeln aufbauen, ist um ein Vielfa-ches grösser. So soll allein der US-Marktfür Nanotechnologie-basierte elektronischeKomponenten, Pharmazeutika und Kataly-satoren in 10 bis 15 Jahren ein Volumen von580 Mrd. US-Dollar einnehmen2. Angesichtsdieser Ausmasse kann sicherlich nichtmehr von einer «vernachlässigten Dimen-sion» gesprochen werden. Bei der Vielzahlverschiedenartigster Anwendungsgebietehandelt es sich aber wahrlich um eine «Na-nowelt», die praktisch alle natur- und inge-nieurwissenschaftlichen Disziplinen um-schliesst. Trotzdem steht das interdiszi-plinäre Forschungsgebiet der Nanotechno-logie noch am Anfang. Viele Eigenschaftenvon Nanomaterialien sind mehr vermutetals belegt, und viele Nanomaterialien ha-ben noch nicht den Sprung in die industri-elle Produktion geschafft. Forschungsbe-darf und Potenzial der Nanotechnologiespiegeln sich wider im weltweiten Zusam-menschluss von Forschungseinrichtungenzu Nanotechnologiezentren, in der Grün-dung neuer Studiengänge und in der Be-reitstellung staatlicher Forschungsmittel,die im Jahr 2002 in den führenden Industrie-ländern etwa 2,2 Mrd. US-Dollar betrugen3.

Besondere Eigenschaften

Nanopartikel nehmen hinsichtlich ihrerGrösse (Durchmesser zwischen 1 und 100 nm,entsprechend 103 bis 109 Atomen pro Teil-chen) einen Platz im Übergangsbereich vonatomaren bis hin zu kontinuierlichen ma-kroskopischen Strukturen ein. Dadurchwerden viele physikalische und chemischeEigenschaften, die in der makroskopischenWelt grössenunabhängig sind, in der Nano-welt grössenabhängig. So haben Partikeleinen tieferen Schmelzpunkt, absorbierenLicht erst bei kürzerer Wellenlänge und be-sitzen andere mechanische, elektronischeund magnetische Eigenschaften als makro-skopische Partikel des gleichen Materials.Eine exakte Übergangsgrösse für die Ab-weichung vom makroskopischen Verhaltenlässt sich nicht definieren, da diese vom je-weiligen Material sowie den äusseren Be-dingungen, Temperatur und Druck, abhängt.Grössere Partikel zeigen eher makroskopi-sches, kleinere eher molekulares Verhalten.Die veränderten physikalischen und chemi-schen Eigenschaften von Nanopartikelnlassen sich auf zwei Ursachen zurückführen.Einerseits weisen die Partikel eine hohespezifische Oberfläche auf (die Anzahl vonOberflächenatomen oder -molekülen ist fastdieselbe wie im Innern der Teilchen). Ande-rerseits liegt bei Metallen und Halbleiternder Partikeldurchmesser in derselben Grös-senordnung wie die Ausdehnung einesElektron-Loch-Paares (sog. Quantum Confi-nement Effect)4. Weitere Aspekte bei derAnwendung von Nanopartikeln sind derenhohe Dispersion in organischen und anor-ganischen Matrizes, Vermischbarkeit vonKomponenten auf sehr kurzen Längenska-len, geringe Streueffekte im sichtbaren

Spektrum oder ihr thixotropischer Einfluss.Aufgrund dieser Grösseneffekte steckt inNanopartikeln ein bedeutendes Potenzialfür eine industrielle Nutzung. Durch Ver-wendung von Nanopartikeln als Bausteinelassen sich viele dieser besonderen Eigen-schaften auch auf makroskopische Mate-rialien übertragen. Das beachtliche Poten-zial der Nanopartikel ist jedoch bei weitemnicht ausgenutzt, obwohl bis zu 80% derProdukte der chemischen Industrie heutein Form von Partikeln vorliegen oder sich inihrer Herstellung auf Partikeltechnologiestützen. Grund dafür ist unter anderem diemangelnde Verfügbarkeit grosser Quan-titäten submikroner Partikeln mit genaukontrollierbaren Eigenschaften und niedri-gen Herstellungskosten.

Partikelherstellung im Flammenreaktor

Die Synthese von Nanopartikeln kann so-wohl in der Flüssig- als auch in der Gas-phase erfolgen. Ein etablierter Gasphasen-prozess ist die Flammenaerosolsynthese,bei der gasförmige oder flüssige Ausgangs-substanzen (Precursoren) in Flammenreak-toren zu Nanopartikeln umgesetzt werden.Verglichen mit der Partikelsynthese in derFlüssigphase hat dieser kontinuierlicheHochtemperaturprozess den Vorteil einerwesentlich kürzeren Prozesskette. So ent-fallen die Schritte der Fest-flüssig-Tren-nung, Reinigung und energieintensivenTrocknung der Produktpartikel. Ferner ent-stehen keine aufzubereitenden Abwasser-ströme, und auf den Einsatz oberflächenak-tiver Substanzen kann verzichtet werden.Für einzelne Materialien, zum Beispiel Pig-

F U N K T I O N A L E N A N O PA RT I K E L

H E R ST E L L U N G D U R C H F L A M M E N SY N T H E S E K A R ST E N W E G N E R , L UT Z M Ä D L E R , S OT I R I S E . P R AT S I N I S

Nanopartikel weisen ganz besondere Eigenschaften auf, die sich von denen der makroskopischen Welt unterscheiden. Im Flammenreaktor können die kleinen Teilchen synthetisiert und auf ihr Verhalten untersucht werden.Dank den Erkenntnissen aus dieser Forschung werden Wege zur kosten-günstigen Herstellung neuer Nanomaterialien aufgezeigt und Brücken zur industriellen Produktion und Nutzung geschlagen.

ment-Titanoxid, Siliziumoxid (pyrogene Kie-selsäure), Aluminiumoxid und Russ, wurdedie grossindustrielle Nanopartikelproduk-tion mit Flammenreaktoren bereits in einemMassstab von mehreren Millionen Tonnenpro Jahr realisiert5. Doch obschon der Pro-zess etabliert ist, sind die chemischen,physikalischen und verfahrenstechnischenGrundlagen noch nicht umfassend verstan-den, da die chemische Reaktion und dasPartikelwachstum unter ausserordentlichschnellen Prozessbedingungen im Bereichvon Millisekunden stattfinden.Dies ist für das Labor für Partikeltechnolo-gie (PTL) der ETH Anreiz, die wissenschaftli-chen Grundlagen der Nanopartikelsyntheseund -produktion in der Gasphase zu er-gründen und Wege zur kostengünstigenHerstellung neuer und funktionaler Nano-partikel zu erschliessen. In der Flamme –dem eigentlichen Reaktorraum – wird derPrecursor zunächst zu Produktmolekülenund Clustern umgesetzt, die bei hohenTemperaturen von bis zu 3000 °C durch Kol-lisions- und Sintervorgänge zu Nanoparti-keln heranwachsen. Das Partikelwachstumendet, sobald die Sintervorgänge bei niedri-gen Temperaturen oberhalb der Flammeunterbunden werden. Über die Flammen-eigenschaften, zum Beispiel Temperaturund Geschwindigkeit, wird das Partikel-wachstum gesteuert, sodass massge-schneiderte Nanopartikel hergestellt wer-den können. Das Partikelwachstum kannferner an beliebiger Stelle in der Flammedurch gezieltes Quenchen eingefroren wer-den. Hierzu wird das Flammenaerosoldurch eine Düse expandiert und mit Umge-bungsluft gemischt. Auf diesem Wege las-sen sich über den Abstand der Quenchdüsevom Brenner nicht nur Partikeldurchmes-ser, Kristallinität und Morphologie genaukontrollieren, sondern auch neue metasta-bile Materialien herstellen. Abbildung 1zeigt dies am Beispiel von Titanoxid.Durch schnelles Quenchen einer sauer-stoffarmen Syntheseflamme entsteht an-stelle des typischen Weisspigments meta-stabiles Titanoxid, das eine charakteristi-sche hell- bis schwarzblaue Farbe aufweist.Derartige Titanoxid-Blaupigmente sindnicht toxisch und können zum Beispiel inKosmetika eingesetzt werden.Der Precursorbereitung und Reaktorzufuhrkommt im Flammenprozess eine zentraleBedeutung zu, da hierüber die Nanoparti-kelzusammensetzung gesteuert werdenkann. Neben dampfförmigen Ausgangs-substanzen, die auch in industriellen Flam-menreaktoren eingesetzt werden, wendetdie PTL-Arbeitsgruppe ein an der ETH ent-wickeltes Sprühverfahren an, die Flammen-

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Abbildung 1: Bei der Expansion der partikelbeladenen Flamme durch eine Düse werden die Partikelwachstumsvorgänge durch schnelles Quenchen gestoppt (oben).

Liegt ein niedriges Sauerstoff-Titan-Verhältnis in der Flamme vor, so wird die vollständige Oxidation des Titans zum TiO2-Weisspigment unter-

bunden, und es entstehen unterstöchiometrische Suboxide TiO2-x,

die eine charakteristische blaue Farbe haben (unten). Einsatzgebiet für dieseNanopartikel sind zum Beispiel Kosmetika.

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sprühpyrolyse. Dieses mit der Zerstäubungeines flüssigen Precursor-/Brennstoffgemi-sches arbeitende Verfahren hat den Vorteil,dass selbst schwer zu verdampfende Stoffeals Precursoren eingesetzt werden können.Somit wird die Anzahl der mittels Flam-mensynthese in Nanopartikelform produ-zierbaren Materialien wesentlich erhöht.Praktisch alle Metalloxide, zum BeispielCeO2, ZrO2, Bi2O3, sowie Edelmetalle fallendarunter. Durch gezielte Formulierung vonAusgangslösungen mehrerer Precursorenlassen sich mit der FlammensprühpyrolyseMehrkomponentensysteme gewünschterZusammensetzung auf elegantem Wegeals Nanopartikel synthetisieren. Dies um-fasst sowohl Mischkristalloxide, zum Bei-spiel CexZr(1-x)O2, Zn2SiO4, gemischte Metall-oxide, zum Beispiel SiO2/ZnO, als auch Edel-metalle auf oxidischen Trägerpartikeln,zum Beispiel Au/SiO2, Pt/Al2O3. Das Verfah-ren wurde bereits zur Produktion von Na-nopartikeln für Sensoren, Polymerkomposi-tes, chemisch-mechanisches Polieren (CMP)und, in Zusammenarbeit mit der Gruppevon Prof. Baiker, zur Herstellung einer brei-

ten Palette heterogener Katalysatoren er-folgreich eingesetzt (vgl. Artikel Stark, S. 46).

Nanopartikel für Zahnfüllungen undUV-Schutzfilme

Weitere funktionale Nanopartikel mit kom-plexer Zusammensetzung können im Flam-menprozess durch In-situ-Coatings oder Ein-bettung in eine anorganische oder organi-sche Matrix realisiert werden. Abbildung 2zeigt SiO2-Nanopartikel mit geringem Ag-glomerationsgrad, die in einer Polymerma-trix dispergiert wurden. Derartige Kompo-sit-Materialien finden Einsatz als wider-standsfähige Dentalfüllungen der nächstenGeneration. Ein weiteres Beispiel für einNanokomposit ist die In-situ-Einbettung vonZnO-Kristallen in eine anorganische SiO2-Matrix mittels Flammensprühpyrolyse. Hier-zu wurden die Zusammensetzung und dieZufuhr des Silizium-Zink-Precursorgemischesderart kontrolliert, dass eine SiO2-Matrixentstand, in der isolierte und eng verteilteZinkoxid-Kristalle eingebettet sind (Abb. 3).

Die Kompositpartikel wiesen eine exzel-lente thermische Stabilität auf, das heisstein nur sehr geringes Kristallwachstum beihoher Temperaturbeanspruchung. Abbil-dung 4 zeigt die Grössenabhängigkeit desAbsorptionsverhaltens dieser Zinkoxid-Quantum Dots. Für Kristalle kleiner als 8 nmverschiebt sich die Absorptionskante merk-lich zu kürzeren Wellenlängen (Blauverschie-bung). Daraus resultieren Anwendungen inUV-Schutzfilmen und als Stabilisator undFotoinitiator in Polymeren.

Industrienahe Produktion

Neben der Synthese neuartiger Nanoparti-kel sind die grundlegende Erforschung derPartikelbildungs- und Wachstumsvorgängein der Gasphase sowie das Scale-up derHerstellungsprozesse Ziele des Labors fürPartikeltechnologie. Komplexe mathemati-sche Modelle beschreiben das Verhaltender Partikelpopulation im Reaktor und er-lauben so die Vorhersage geeigneter Pro-zessparameter für die Erzielung gewünsch-

Abbildung 2: SiO2-Nanopartikel mit geringem Aggregationsgrad, dispergiert in eine Polymermatrix für eine Anwendung als Dentalfüller.

ter Produktpartikeleigenschaften. Die Er-gebnisse der computergestützten Modellewerden hierbei durch Analyse von Partikel-proben, die aus der Flamme entnommenwerden, verifiziert. Die Ergebnisse der Par-tikelwachstumsmodellierung und der Na-nopartikelsynthese im Labormassstab mitProduktionsraten bis ca. 10 g/h fliessenschliesslich in das Scale-up der Produktions-prozesse ein. So betreibt das Labor für Par-tikeltechnologie zwei Pilotanlagen, die Na-nopartikel in Mengen von bis zu 1 kg/h pro-duzieren können. Dieser Brückenschlag vonder Grundlagenforschung zur industriena-hen Produktion ermöglicht auch anwen-dungsorientierte Tests von neuen Nanopar-tikel-basierten Produkten.

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ForschungsinformationenDas Labor für Partikeltechnologie (PTL) am Institut für Verfahrenstechnik der ETH be-schäftigt sich unter Leitung von Prof. Sotiris E. Pratsinis insbesondere mit der Syntheseund Charakterisierung von Nanopartikeln. Forschungsschwerpunkte sind die Entwick-lung und Optimierung von Nanopartikel-Herstellungsprozessen, Prozessdiagnostik, Par-tikelwachstumsmodellierung sowie die Entwicklung und Charakterisierung von Nano-materialien.Weiterführende Informationen sowie Literatur zum Thema Flammensynthese funktio-naler Nanopartikel unter: www.ptl.ethz.ch; oder über E-Mail: [email protected]

Karsten Wegnerwissenschaftlicher Mitarbeiter am Laborfür Partikeltechnologie am Institutfür Verfahrenstechnik der ETH Zürich

Lutz MädlerOberassistent am Labor für Partikeltechno-logie am Institut für Verfahrenstechnik der ETH Zürich

Sotiris E. PratsinisProfessor am Labor für Partikeltechnologieam Institut für Verfahrenstechnik der ETH Zürich

Referenzen:M.N. Rittner, Am. Ceram. Soc. Bull. 81,33–36, 2002.M.C. Roco, J. Nanoparticle Res. 3, 5–11, 2001.Nanomaterials and the Chemical Indu-stry R&D Roadmap Workshop, Baltimore,Maryland, U.S.A., 2002(http://www.chemicalvision2020.org).H. Weller, Adv. Mater. 5, 88–95, 1993.S.E. Pratsinis, Prog. Energy Combust. Sci.24, 197–219, 1998.

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Abbildung 3 (links): Flammensynthetisierte ZnO-Kristalle mit Durchmessern von wenigen Nanometern

(sog. Quantum Dots), eingebettet in eine SiO2-Matrix.

Abbildung 4 (rechts): Mit abnehmendem Durchmesser der ZnO-Kristalle wird Licht erst bei kürzerer Wellenlänge absorbiert. Dies ermöglicht eine

Einstellung des Absorptionsverhaltens von Materialien über die eng verteilte Kristallgrösse.

Wellenlänge [nm]

K ATA LYS ATO R E N AU S D E RF L A M M E

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Katalysatoren sind die Zugpferde der che-mischen Industrie. Sie ermöglichen die um-weltschonende, energie- und rohstoffspa-rende Synthese von wichtigen chemischenVerbindungen. Jedes Jahr werden über 100Millionen Tonnen Petrochemikalien, Poly-mergrundstoffe und Pharmarohstoffe um-gesetzt. Zudem spielen Katalysatoren eineSchlüsselrolle in der Beseitigung von toxi-schen Abgasen, wie sie zum Beispiel in Ab-gasen von stationären und mobilen Ver-brennungsquellen vorhanden sind. Die zu-nehmenden Anforderungen an Katalysato-ren bezüglich Selektivität und Aktivität er-fordern neue, effizientere und besser kon-trollierbare Herstellungsverfahren für diesewichtigen technischen Hilfsmittel. Mit derMöglichkeit, komplexe Materialien in derForm extrem kleiner Partikel herzustellen,ergibt sich ein neuer Weg zu heterogenenKatalysatoren (Abb. 1).

Mit Flammensynthese...

Was heute in Autoreifen (Kohlenstoff-Na-nopartikel, «Russ»), weisser Farbe (Titan-oxid-Nanopartikel, Kosmetika) und in Früh-stücksflocken (Silika) eingesetzt wird, fin-det nun Anwendung in der heterogenenKatalyse: Nanopartikel mit einzigartigenEigenschaften können seit einigen Jahrendurch Flammensynthese hergestellt wer-den. Motiviert wurde diese Forschungdurch die offene, zugängliche Struktur sol-cher Aerosole. In einem katalytischen Pro-zess werden verschiedene Reaktanden (Roh-stoffe, Hilfsreagenzien) auf dem Katalysa-tor zum gewünschten Produkt umgesetzt.Effiziente heterogene Katalyse findet ander Grenzfläche zwischen Katalysator (ei-nem Feststoff) und dem Fluid (Flüssigkeit,

Gas) statt. Sie bedingt einen schnellenTransport der Reaktanden zum aktiven Teildes Katalysators, eine schnelle Reaktionund einen ebenso schnellen Abtransportder Produkte. Eine offene, zugängliche Struk-tur (Morphologie) des Katalysators ist so-mit vor allem bei schnellen katalytischenReaktionen sehr wichtig.

...zu Metalloxid-Katalysatoren zurbesseren Abgasreinigung

In den letzten 4 Jahren wurde im Rahmeneiner intensiven Zusammenarbeit zwischendem Labor für Partikeltechnologie und demInstitut für Chemie- und Bioingenieurwis-senschaften das Gebiet der flammensyn-

A N W E N D U N G VO N N A N O PA RT I K E L N

K ATA LYS ATO R E N AU S D E RF L A M M EW E N D E L I N J . STA R K , R E TO ST R O B E L , A L F O N S B A I K E R

Die kostengünstige und rohstoffarme Flammensynthese von Nanopartikeln ermöglicht die Entwicklung von Katalysatoren mit massgeschneiderten Strukturen. Diese Materialien werden nicht nur zur Reinigung von Verbren-nungsabgasen eingesetzt: Auch Feinchemikalien und Medikamente werden damit hergestellt.

thetisierten Katalysatoren systematisch ent-wickelt. Heute stehen DeNOx-Katalysatorenfür die Abgasreinigung in Industrie, Hei-zungsanlagen und Dieselmotoren zur Ver-fügung. Gegenüber herkömmlichen Abgas-katalysatoren zeichnen sich die Flammen-katalysatoren durch wesentlich erhöhteReinigungsleistung aus1. Entsprechende va-nadium- und titanium-haltige Vorläufer-substanzen werden dazu einzeln verdampftund in einer Methan-Sauerstoff-Flammeverbrannt. Dabei entstehen die Oxide zu-erst als Gas, kondensieren dann aber ex-trem schnell aus und bilden Nanopartikel(Abb. 2). Titan-Siliziumoxid-Materialien fürdie Herstellung von Polymerrohstoffenkonnten mit höchster Präzision und Rein-heit gefertigt werden. Sogar Edelmetallekönnen heute als Aerosole in Flammenhergestellt werden. Zurzeit entwickeln diebeteiligten Gruppen Materialien für Auto-abgaskatalysatoren. Die heisse Synthese inder Flamme soll den Edelmetallgehalt sen-ken und somit einen konkurrenzfähigenProzess präsentieren. In ETH-eigenen Pilot-anlagen können diese neuen Materialienheute kiloweise hergestellt werden. Diesestehen Partnern aus der Industrie für grös-

Abbildung 1 (links): Elektronenmikroskopische Aufnahme von Nanopartikeln aus Ceria-Zirkonia (Ceriumoxid-Zirkoniumoxid)2.

Ein menschliches Haar wäre in diesem Massstab 100 bis 200 m dick. Solche regelmässig geformten Materialien können in der Reinigung von Autoabgasen eingesetzt werden.

Abbildung 2: Ein keramisches Oxid aus der Flamme nach Anwendung bei 900 °C.

Die Kristallinität wird aus den einzelnen Atomschichten (hell/dunkel) ersichtlich. Brückenbildung erlaubt ein höchstes Mass an thermischer Stabilität.

sere Tests zur Verfügung. Tests unter realenBedingungen zeigen, wo und wann Kataly-satoren und Materialien aus der Flammen-synthese eingesetzt werden können.Die Flammenaerosolsynthese von Katalysa-toren stellt eine Alternative zu heute ver-wendeten Katalysatorherstellungsmetho-den, wie zum Beispiel Fällung oder Impräg-nierung, dar. Die Möglichkeit, ein Pulver inkurzer Zeit bei sehr hohen Temperaturenherzustellen, eröffnet den Zugang zu neuenFeststoffmaterialien mit nanoskopischenPrimärbausteinen. Das Einsparen grössererMengen Wasser bei dieser trockenen Gas-phasen-Produktion ist ökologisch interes-sant und motiviert die Entwicklung ähnli-cher Prozesse für Rohstoffe der kerami-schen und der elektronischen Industrie. DieVerwendung komplexerer Brenner undAusgangsverbindungen ermöglicht die Er-forschung neuartiger Materialien.

Edelmetall-Katalysatoren zur Herstel-lung von Feinchemikalien

Edelmetalle, wie zum Beispiel Platin oderPalladium, finden dank ihren einmaligenEigenschaften grosse Anwendung in vielenverschiedenen katalytischen Prozessen.Diese reichen von petrochemischen Verfah-ren über Autokatalysatoren bis zur Herstel-lung von Medikamenten. Solche Katalysa-toren bestehen aus einem inerten Träger-material wie Al2O3 oder SiO2, auf dem dieEdelmetalle fein verteilt werden können,damit eine möglichst grosse aktive Ober-fläche der teuren Edelmetalle zugänglichist. Diese Materialen werden üblicherweisein mehreren Prozessschritten in der Flüs-sigphase hergestellt.In Zusammenarbeit zwischen dem Institutfür Chemie- und Bioingenieurwissenschaf-ten und dem Labor für Partikeltechnologiekonnte nun gezeigt werden, dass die Flam-mensynthese von Edelmetall-Katalysato-ren ein vielversprechendes Verfahren dar-stellt, bei dem das Trägermaterial zusam-men mit dem Edelmetall in einem einzigenProzessschritt hergestellt werden kann.Dies bietet ökonomisch wie auch ökolo-

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gisch eine interessante Alternative zu her-kömmlichen Verfahren.Als Beispiel dafür wurden Pt/Al2O3- undPd/Al2O3-Katalysatoren auf deren Tauglich-keit in asymmetrischen Hydrierungen un-tersucht3 (Abb. 3). Asymmetrische Hydrie-rungen spielen eine wichtige Rolle in derHerstellung von Medikamenten und ande-ren Feinchemikalien. Bei diesen Reaktionenadsorbiert ein chirales Molekül auf derEdelmetalloberfläche und bildet ein asym-metrisches Reaktionszentrum, wo dann dieselektive Umsetzung des Reaktanden zunur einem spiegelbildlich gleichen Produktstattfindet. Diese Selektivität ist sehr wich-tig, da in biologischen Systemen normaler-weise nur das eine Spiegelbild die ge-wünschten Eigenschaften aufweist. Im Ver-gleich zu kommerziellen Materialien zeig-ten die Katalysatoren aus der Flamme min-destens ebenso gute Eigenschaften bezüg-lich der Selektivität der Reaktion und über-trafen diese sogar noch in Bezug auf Ge-schwindigkeit. Denn die offene Struktur er-möglicht einen schnellen Transport der Re-aktanden und des chiralen Modifikators zuden aktiven Zentren des Katalysators.

Wendelin J. StarkAssistenzprofessor am Institut für Chemie-und Bioingenieurwissenschaften der ETH Zürich.

Reto StrobelDoktorand am Labor für Partikeltechnolo-gie und am Institut für Chemie- und Bioin-genieurwissenschaften der ETH Zürich.

Alfons BaikerProfessor am Institut für Chemie- undBioingenieurwissenschaften der ETH Zürich.

ForschungsinformationenDie Gruppe Baiker am Institut für Che-mie- und Bioingenieurwissenschaftenbefasst sich mit Katalyse und chemi-scher Reaktionstechnik. Im Zentrum derForschung steht die Entwicklung vonKatalysatoren mit massgeschneidertenStrukturen und chemischen Eigen-schaften sowie die Untersuchung dermolekularen Prozesse, welche an derKatalysatoroberfläche stattfinden, mitverschiedenen spektroskopischen Me-thoden. Diese Forschung bildet dieGrundlage für die Entwicklung umwelt-schonender, energie- und rohstoffspa-render katalytischer Prozesse für dieHerstellung von chemischen Produktenund die Beseitigung toxischer Verbren-nungsabgase. Weitere Informationenunter www.baiker.ethz.ch.

ReferenzenW. J. Stark, K. Wegner, S. E. Pratsinis, A.Baiker, J. Catal., 197, 182 (2001).W. J. Stark, L. Mädler, M. Maciejewski,S. E. Pratsinis, A. Baiker, J. Catal., 220, 35(2003).R. Strobel, W. J. Stark, L. Mädler, S. E. Prat-sinis, and A. Baiker, J. Catal., 213, 296(2003).

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Abbildung 3: Flammensynthese von Pt/Al2O3-Katalysatoren für die asymmetrische Hydrierung. Die offene Struktur dieses Materials erlaubt

sehr hohe Geschwindigkeiten in der Katalyse.

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Wirksame und sichere Arzneimittel in guterQualität setzen immer häufiger speziali-sierte Formulierungen voraus. WichtigePlattformtechnologien dazu sind Verfahrenzur Herstellung von Nano- und Mikroparti-keln. Je nach Wirkstoff werden unterschied-liche Anforderungen an Partikelgrösse, Hilfs-stoffe, Herstellungsverfahren und Anwen-dungsart gestellt (siehe Abb. 2, S. 52). Ohnebesondere Massnahmen werden zum Bei-spiel sehr hydrophobe Wirkstoffe wegen ih-rer minimalen Löslichkeit in Wasser nurschwer über den Magen-Darm-Trakt aufge-nommen. Bessere Chancen bestehen, wenndie Arzneistoffe als kolloidale Nanopartikel(ca. 50 bis 500 nm) formuliert werden. IhreAufnahme im oberen Teil des Dünndarmsverläuft über die Absorption von Fetten. Alsweiterer Mechanismus werden Bioadhä-sion mit der Darmschleimhaut und eineverlängerte Verweilzeit im Intestinaltraktdiskutiert. Nanodispersionen sind für dieparenterale Anwendung von Medikamen-ten von Interesse. Nanopartikuläre Disper-sionen lassen sich auch intravenös injizie-ren, während mikrodisperse Suspensionenauf die subkutane und intramuskuläre An-wendung beschränkt bleiben. GeeigneteOberflächenmodifikationen führen dazu,dass Nanopartikel nach intravenöser Injek-tion selbst die Blut-Hirn-Schranke überwin-den. Effizient werden Nanopartikel nach in-travenöser Gabe vom mononuklearen pha-gozytierenden System (MPS) aufgenom-men. Dies kann helfen, bakterielle oder pa-rasitäre Infektionen der Makrophagen desMPS zu bekämpfen (zum Beispiel Mycobac-terium tuberculosis, Listeria monogyna,Leishmania sp.).Das heute vorherrschende Anwendungsge-biet für Mikropartikel (ca. 1 bis 100 µm) sind

subkutan injizierbare Depotformulierun-gen. Therapeutisch aktuell sind über meh-rere Wochen wirksame Medikamente, umhormonabhängige Tumoren zu hemmenoder für die Therapie kleinwüchsiger Kin-der mit Wachstumshormonen. Als Trägersolcher Mikropartikel werden im Körper ab-baubare Polymere eingesetzt, woraus dieeingebetteten Wirkstoffe durch Bioerosiondes Trägers freigesetzt werden. Interessefinden solche Systeme auch für die Formu-lierung von Impfstoffen. Mikropartikel kön-nen als Immunadjuvans die Immunantwortin Gang setzen; ausserdem können siedurch langsame Bioerosion den Kontakt desfreigesetzten Antigens mit dem Immun-system verlängern und möglicherweise dieZahl der notwendigen Wiederholungsimp-fungen («booster») reduzieren. Schliesslicheröffnet die Inhalation von Mikropartikelnim Bereich von 1 bis 5 µm den Zugang zuden Lungenbläschen, und so eine effizienteAufnahme von problematischen Medika-menten über die Lunge.Ein Grund für die bescheidene Verbreitungsolcher Systeme liegt einmal in den auf-wändigen und teuren Herstellungstechno-logien. Auch die Herstellung von sterilenNano- oder Mikropartikeln zur Injektion istmit heutigen Methoden komplex und kost-spielig. An der ETH Zürich arbeiten daherdas Laboratorium für Trennprozesse unddie Gruppe Galenische Pharmazie der ETHZürich an der Entwicklung von wirtschaftli-cheren Verfahren.

Herstellung von Nanopartikeln

Komprimiertes Kohlendioxid (CO2) ist naheseinem kritischen Punkt bei 31,1 °C und 78,8bar mit zahlreichen organischen Lösungs-mitteln gut mischbar, gleichzeitig aber keinLösungsmittel für viele biotechnologischeWirkstoffe wie therapeutische Peptide oderProteine. Nahe-kritisches CO2 eignet sich da-her dazu, organische Lösungen dieser Stoffein nanopartikuläre Niederschläge zu über-führen. Während der Diffusion von nahe-kritischem CO2 in die organische Lösung ex-pandiert CO2 und vermindert die Löslich-keit des gelösten Stoffs. Die entstehendenNanopartikel des Wirkstoffs weisen eineenge Partikelgrössenverteilung auf undsind von grosser Reinheit. Solche Prozesselassen sich entweder im Chargenbetrieb(Gas AntiSolvent precipitation, GAS) oderim kontinuierlichen Betrieb (Precipitationwith Compressed Antisolvent, PCA) durch-führen. Beim GAS-Prozess wird eine mit derWirkstofflösung beschickte Prozessanlagemit nahe-kritischem CO2 geflutet. Im PCA-Prozess wird die organische Wirkstoff-lösung in einer Hochdruckkammer in einenStrom von nahe-kritischem CO2 gesprüht.So entstehen Nanopartikel, die mit Hilfe ei-nes Filters vom entweichenden Gasstromabgetrennt werden. Ein vom Laboratoriumfür Trennprozesse mittels GAS hergestell-tes Modellprodukt ist nanopartikuläres Ly-sozym, ein proteolytisches Enzym (Abb. 1).Die Teilchengrösse des Produkts lässt sichüber die Geschwindigkeit des CO2-Mas-senübergangs vom nahe-kritischen Zu-stand in die Lösung kontrollieren. Diesewiederum ist eine Funktion der Betriebsbe-dingungen wie CO2-Flussrate, Temperaturund Druck. Wie sich die Teilchengrössenver-

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Gewisse Medikamente nimmt der Körper in Form von Mikro- oder Nanopartikeln besser auf. Geeignete Träger dieser Partikel werden im Körper langsam abgebaut und setzen die Antikörper oder Hormone frei. Dadurch bleiben die Me-dikamente über längere Zeit wirksam. Mikropartikel – Hoffnungsträger auch für Drittweltländer, in denen Wiederholungsimpfungen kaum möglich sind.

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Abbildung 1: Schematische Darstellung von zwei Verfahren zur Herstellung von Nano- oder Mikropartikeln. Beim Gas AntiSolvent

(GAS)-Verfahren (linkes Schema) wird die organische Lösung eines Wirkstoffs mit nahe-kritischem CO2 geflutet, was zu einer nanopartikulären Ausfällung des Wirkstoffs führt. Die Lösungsmittel-Extraktion (rechtes Schema) entfernt

organisches Lösungsmittel aus einer Polymerlösung. Sie bildet die äussere Phase O einer Primäremulsion W1/O und enthält den in der inneren Phase W1 gelösten beziehungsweise dispergierten Wirkstoff. Die Extraktion des flüchtigen

Lösungsmittels erfolgt nach Bildung einer Doppelemulsion W1/O/W2 (linkes Halbsegment) über die äussere Phase (W2). Durch weitere Extraktion und Härtung bilden sich mit Wirkstoff beladene Nano- oder Mikropartikel (rechtes Halbsegment).

Bild links unten: Lysozym-Nanopartikel; Balken 1 µm. Bild rechts unten: Mikropartikel mit Albumin in Poly[milch-co-glycolsäure]; Balken 50 µm.

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teilungen solcher Produkte vorhersagenund kontrollieren lassen, ist weiterhin Ge-genstand von Forschungsarbeiten. Zu denin der Literatur bereits untersuchten Sub-stanzen gehören ausserdem das Antiasth-matikum Salmeterol-Xinofoat, das Antiepi-leptikum Carbamazepim, das AnalgetikumParacetamol, sowie Hyaluronsäure-Derivateund mit Insulin beladene Mikropartikel ausPoly[milch-co-glykolsäure]. Darüber hinauskommen bereits heute Verfahren mit nahe-kritischem CO2 in Forschung und Entwick-lung der pharmazeutischen Industrie im Pi-lot-Massstab zum Einsatz.

Herstellung von Mikropartikeln

Die Gruppe Galenische Pharmazie der ETHZürich befasst sich mit neuen Konzeptenzur aseptischen Herstellung von mit Wirk-stoff beladenen Mikropartikeln in der Grös-senordnung von 1 bis 80 µm. Untersuchtwurde die Verwendung von statischen Mi-kromischern, wie sie als chemische Reakto-ren eingesetzt werden. Damit kann die imLaboratoriumsmassstab übliche Methodeder Lösungsmittelextraktion (solvent extrac-tion process) kostengünstig auf die asepti-sche Herstellung im Produktionsmassstabübertragen werden. Bisherige Verfahrensetzen wesentlich teurere und aufwändi-gere Reinraumtechnologien voraus. Der fürdiesen Bereich validierte Mikromischer,hergestellt am Institut für Mikrotechnik inMainz, beruht auf der gegenläufigen Zu-führung von zwei nicht mischbaren Flüs-sigkeiten: a) der Lösung des partikelbilden-den Polymers in einem organischen Lö-sungsmittel mit dem darin eingebettetenWirkstoff und b) einer wässrigen Extrakti-onsflüssigkeit zur Extraktion des organi-schen Lösungsmittels. In einer Mischkam-

mer bilden sich senkrecht dazu parallel ori-entierte, alternierende Flüssigkeitslamel-len der beiden Phasen. Die höhere Förder-rate der wässrigen Extraktionsflüssigkeitzerreisst die Lamellen der langsamer flies-senden organischen Lösung zu feinenTröpfchen. Durch gleichzeitige Extraktiondes Lösungsmittels bilden sich aus Tröpf-chen Mikropartikel, die in einer Sammel-flüssigkeit aushärten; mit modifizierter Pro-zessführung sind auch Nanopartikel her-stellbar. Die hauptsächlichen Vorteile die-ses Verfahrens gegenüber dem konventio-nellen Prozess der Lösungsmittelextraktionliegen in der gut definierten Hydrodyna-mik, dem einfachen Up-scaling, zum Bei-spiel über eine Batterie paralleler Mikromi-scher, dem geringen Raumbedarf und dereinfachen Durchführbarkeit in einem keim-freien Isolator, also ohne aufwändige Rein-raumtechnik.Die Gruppe Galenische Pharmazie arbeitetan einem neuartigen Sprühprozess unterVakuum. Auch dieser lässt sich mit vertret-barem Aufwand aseptisch betreiben. ImGegensatz zur klassischen Sprühtrocknungwird die organische Lösung des partikel-

Abbildung 2: Übersicht über pharmazeutische Anwendungsmöglichkeiten von Nano- und Mikropartikeln.

bildenden Polymeren durch eine Ultra-schallsprühdüse geführt. Ein Teil des Lö-sungsmittels wird unter Teilvakuum ent-fernt. In einer Auffangflüssigkeit wird einweiterer Anteil an Lösungsmittel extrahiertund die entstehenden Mikropartikel gehär-tet. Bei aseptischem Betrieb ist die konven-tionelle Sprühtrocknung mit ihrem hohenDurchsatz an Trocknungsluft extrem auf-wändig. Die Vorteile des neuen Verfahrensliegen darin, dass weder Druckluft zur Ver-nebelung der Sprühflüssigkeit noch Trock-nungsluft notwendig sind, was den Prozessstark vereinfacht. Für die geringen Ge-schwindigkeiten bei der Versprühung genü-gen kleine Trocknungskammern, die sich ineinfachen keimfreien Isolatoren unterbrin-gen lassen. Konventionelle Reinraumtech-nik ist nicht erforderlich. Schliesslich istdurch die Auffangflüssigkeit eine einfacheund fast vollständige Abtrennung der Parti-kel möglich. Zusätze zur Auffangflüssigkeitlassen sich für die Modifizierung der Parti-keloberfläche nutzen.

Mikropartikel als Impfstoffe

Ein Schwerpunkt der Arbeiten der GruppeGalenische Pharmazie liegt in der For-schung und Entwicklung von bioabbauba-ren Polymer-Mikropartikeln als Träger fürImpfstoffe. Nach subkutaner Injektion wer-den solche Mikropartikel von den dort prä-senten Wachtposten des Immunsystems –dendritischen Zellen und Makrophagen –erkannt und phagozytiert. In Folge einerüber Tage oder Wochen ablaufenden Bio-erosion kann das Antigen über längere Zeitfreigesetzt werden. Ziel ist ein wirksamerImmunschutz bereits nach ein- oder zwei-maliger Impfung. Dies wäre besonders fürDrittweltländer vorteilhaft, wo die bishernotwendigen Wiederholungsimpfungenschwierig zu organisieren sind. Von beson-derem Interesse ist die Fähigkeit solcherImpfstoffe, zytotoxische T-Lymphozyten(CTL) zu aktivieren, eine Voraussetzung füreinen wirksamen Impfschutz gegen vielebakterielle, virale und parasitische Infektio-nen. Eine therapeutische Immunisierungmit Hilfe von Tumor-Antigenen wird disku-tiert. Die Arbeitsgruppe hat Interesse ander Entwicklung von polymeren Überzügenfür solche Mikropartikel. Überzüge mit ge-eigneten Liganden bieten die Möglichkeitzu Rezeptor-vermittelten Interaktionen mitAntigen-präsentierenden Zellen mit demZiel ihrer gezielten Reifung und Aktivie-rung in Richtung der gewünschten Immun-antwort.

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ForschungsinformationenDas Laboratorium für Trennprozesseum Professor Marco Mazzotti am Insti-tut für Verfahrenstechnik der ETHZürich untersucht Trennprozesse, ins-besondere Chromatographie und Kris-tallisation, und ihre Anwendung für dieProduktion von Bio-Pharmazeutika unddie Entwicklung von nachhaltigen Ener-giesystemen.Weitere Informationen unter:www.ipe.ethz.ch/staff/groupmaz-zotti/research/[email protected] und Nanopartikel als Träger vonArzneistoffen und Antigenen spielen inden Forschungsbereichen Impfstofffor-mulierungen und Abgabesysteme fürtherapeutische Wachstumsfaktoren derArbeitsgruppe Galenische Pharmazievon Prof. Hans P. Merkle eine wichtigeRolle. Die Arbeitsgruppe befasst sichauch mit Strategien zur Verbesserungdes Durchtritts von Arzneistoffen durchbiologische Membranen, insbesonderemit Hilfe von zellpenetrierenden Pepti-den, sowie mit Abgabesystemen im Be-reich Tissue Engineering. Praktisch alleForschungsprojekte sind transdiziplinärausgerichtet und werden in Zusam-menarbeit mit Biologen, Chemikern, In-genieuren und Medizinern durchge-führt.Kontakt und weiterführende Informa-tionen:[email protected],[email protected]

Marco MazzottiProfessor am Institut für Verfahrens-technik der ETH Zürich, Laboratorium für Trennprozesse

Bruno GanderPrivatdozent am Institut für Pharma-zeutische Wissenschaften der ETH Zürich,Gruppe Galenische Pharmazie

Hans P. MerkleProfessor am Institut für PharmazeutischeWissenschaften der ETH Zürich, GruppeGalenische Pharmazie

Beschleunigung der Knochenheilung

Eine weitere Anwendung solcher Mikropar-tikel ist die kontrollierte lokale Abgabe vonWachstumsfaktoren, zum Beispiel für dieFörderung der Knochenheilung. Fünf biszehn Prozent aller Patienten mit Knochen-defekten leiden unter verlangsamter oderungenügender Knochenheilung, verbundenmit gravierenden Auswirkungen auf Le-bensqualität und hohen Kosten. Lokale In-jektionen von Wachstumsfaktoren sind al-lerdings ohne Wirkung. Erfolgreicher ver-läuft die Behandlung mit bioabbaubarenMikropartikeln als Träger von Wachstums-faktoren. Werden diese zum Beispiel mit In-sulin-ähnlichem Wachstumsfaktor (IGF, in-sulin like growth factor) beladen und lokalinjiziert, üben sie vorteilhafte Impulse aufEntwicklung und Vermehrung von gewebe-bildenden Osteoblasten und Chondrozytenaus. So wurde in Schafen eine stark be-schleunigte Knochenneubildung (Osteoge-nese) beobachtet. Um den natürlichen Hei-lungsprozess zu beschleunigen, kommt esoffensichtlich darauf an, die physiologischrichtige Dosierung zur richtigen Zeit undfür die notwendige Dauer freizusetzen.Dies kann mit dazu massgeschneidertenMikropartikeln erreicht werden, wie einejüngst publizierte vorklinische Studie derGruppe zeigt, die in Kooperation mit PD Dr.Brigitte von Rechenberg vom Tierspital derUniversität Zürich und weiteren Gruppendurchgeführt wurde. Der Heilungsprozessverläuft optimal, wenn das lokal freige-setzte IGF im Knochendefekt zunächst dieExpression von Entzündungsmarkern her-unterregelt, im weiteren Verlauf aber dieExpression von körpereigenen Wachstums-faktoren verstärkt. Dies wurde durch Ana-lyse von Proben der Knochendefekte mitHilfe der Bestimmung der lokal exprimier-ten mRNA für definierte Markerproteinenachgewiesen. Die Gruppe konzentriertsich jetzt auf die Optimierung solcherFormulierungen. Dazu untersucht sie denEinfluss verschiedener Abgaberaten vonWachstumsfaktoren auf die lokale Expres-sion von Markerproteinen bei der Knochen-heilung, was dann als Blaupause für opti-male Abgaberaten des Wachstumsfaktorsherangezogen werden soll.

G O L D R AU S C H AU S D E M T I N T E N ST R A H L D R U C K E R

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Mikrochips aus dem Tintenstrahldrucker?Was auf den ersten Blick irritierend klingt,wird vielleicht bald schon Wirklichkeit.Zwar müssen allgemein noch erheblichewissenschaftliche Probleme gelöst werden,um Nanostrukturen mit den gewünschtenEigenschaften und Funktionalitäten her-stellen zu können. Gleichzeitig unterstüt-zen die Fortschritte in der beständigen Her-stellung von ultrafeinen Partikeln (UFP)(populär ausgedrückt: Nanopartikel) unter-schiedlichster Materialien die Suche nachneuen Anwendungen. Eine entscheidendeRolle in der Entwicklung von neuartigenTechnologien spielen die einzigartigen ther-

mophysischen Eigenschaften von Nanopar-tikeln, welche sich massgeblich von denender Grundstoffe unterscheiden.

Schreiben mit Nanotinte

Partikelsuspensionen, bestehend aus einerFlüssigkeit und Nanopartikeln, werden imFolgenden Nanoflüssigkeiten genannt. Na-noflüssigkeiten dienen als Träger für Nano-partikel und lösen demzufolge das grosseProblem der Handhabung (beispielsweiseTransport und genaues Absetzen der Parti-kel auf Substraten als Prozessschritt). Die

Nanopartikeltechnologie, insbesondere dieder Nanoflüssigkeiten, profitiert von derumfangreichen Erfahrung im Umgang mitreinen Flüssigkeiten. Ein besonderer Fallvon Nanoflüssigkeiten, welche insbeson-dere für das hier vorgestellte Verfahren vongrösster Wichtigkeit ist, sind «Nanotinten».Der Name lässt sich auf die Verwendungkonventioneller Drucktechnologien (z. B. Tin-tenstrahldrucker) zum Transport und zurAbsetzung der Nanopartikel zurückführen.Eine alternative Transportmethode wurdedurch die alltägliche Tätigkeit des Schrei-bens inspiriert: Nanomuster können auchmittels eines Nano-Füllfederhalters erzeugt

N A N O F L Ü S S I G K E I T E N

G O L D R AU S C H AU S D E M T I N T E N ST R A H L D R U C K E RD I M O S P O U L I K A KO S, CO STA S P. G R I G O R O P O U LO S

Mikro- und Nanofertigungstechniken finden zunehmend Anwendung in Bereichender modernen Technik, zum Beispiel bei der Herstellung von Elektronikbauteilen.Der weitere Fortschritt in diesen Gebieten, inbesondere im Hinblick auf die weitere Miniaturisierung, erfordert neue Methoden und Prozesse. Nanoflüssigkeiten bieten hier interessante Perspektiven.

Abbildung 1: Prozessaufbau, bei dem die Nanotinte mittels eines modifizierten Tintenstrahldruckers abgesetzt wird. Die Goldnanopartikel

werden mit einem Argonlaser geschmolzen.

werden. Auch diese Methode wird momen-tan am Laboratorium für Thermodynamikin neuen Technologien an der ETH Züricherprobt.Dieser Artikel stellt einen neuartigen Pro-zess zur Herstellung von Mikro- und Nano-Strukturen bei niedrigen Temperaturen vor.Dabei wird zuerst die Nanoflüssigkeit ent-weder durch Drucken oder Schreiben aufein Substrat aufgetragen. Anschliessendwerden die in der Flüssigkeit enthaltenenNanopartikel durch Aufheizen mittels ei-nes Lasers (Curen) zu einer zusammenhän-genden Struktur verschmolzen. Das Erhit-zen kann aber auch durch Erhitzen des Sub-strates in einem Ofen erfolgen. Der Prozessverwendet eine Nanotinte bestehend ausGold-Nanopartikeln und Toluol als Träger-flüssigkeit (Bieri et al. Applied Physics Let-ters, Vol. 82, p. 3529, 2003). Mögliche Ein-satzgebiete für die Mikro- und Nanostruk-turen aus Gold sind elektronische Bauteilewie Leiterplatten, Kondensatoren und Mi-krochips.

Herstellung von Goldstrukturen

Durch intensive Zusammenarbeit habenForscher des Laboratoriums für Thermody-namik in neuen Technologien der ETH Zürichund des Laser Thermal Laboratory (LTL) derUniversität von Kalifornien in Berkeley dieHerstellung solcher Goldstrukturen erfolg-reich demonstriert. Die Forscher benutzen

in ihrer Arbeit einen modifizierten Tinten-strahldrucker zum Auftragen der Nanotinteauf eine Oberfläche und einen Laser zumSchmelzen der Partikel. Dieser Laser ist ge-nau in die Mitte der gedruckten Linie fokus-siert. Die Wellenlänge des Lasers wurde an-hand der Absorptionseigenschaften derGoldnanopartikel ausgewählt (das Lösungs-mittel ist für diese Wellenlänge transpa-rent). Die so hergestellten Goldlinien-Pro-toypen sind 10 bis mehrere hundert Mikro-meter breit und haben eine Dicke von 20bis 200 nm. Zum Vergleich: Das menschli-che Haar hat einen Durchmesser von 75 Mi-krometern.Der Prozess vereint verschiedenste Trans-portphänomene, welche einen entschei-denden Einfluss auf die fertig gesinterteMikrostruktur haben. Die zurzeit unter-suchten Phänomene beinhalten das Benet-zungsverhalten der Tinte mit dem Substratund die absorbierte Energie, welche dasVerdampfen des Lösungsmittels der Tinteauslöst. Der ganze Prozess wird unter nor-malen Umgebungsbedingungen mit ver-gleichsweise moderaten Temperaturendurchgeführt. Abbildungen 1 und 2 zeigenzwei unterschiedliche Methoden zur Abset-zung der Nanotinte. Abbildung 1 zeigt ei-nen modifizierten Tintenstrahldruckkopf,mit dessen Einsatz viele Vorteile der tradi-tionellen Drucktechnologie genutzt werdenkönnen. Eine Einschränkung dieser Methodeliegt in der Breite der gedruckten Linie.Diese wird durch die Grösse der produzier-

ten Mikrotropfen bestimmt (ca. 50 µm).Schmalere Linien und demzufolge auch en-ger angeordnete Strukturen können herge-stellt werden, indem nur ein Teil der ge-druckten Nanotinte erhitzt und geschmol-zen wird und die verbleibende Tinte wegge-waschen wird. Abbildung 2 zeigt, wie dieNanotinte mittels einer Nanofüllfeder «ge-schrieben» wird. Bei dieser Methode wirddie Nanotinte in erster Linie durch Benet-zungskräfte auf das Substrat gezogen,nachdem diese durch Öffnung einer Nano-pipette geflossen ist. Die so hergestelltenLinien haben eine Breite in der Grössenor-dung von 100 nm. Dies ist um zwei Grössen-ordnungen kleiner als die mit der Druckme-thode hergestellte Linienbreite.Bei beiden Methoden (Abb. 1 und 2) wird diezum Schmelzen benötigte Energie mittelseines speziell ausgewählten Lasers einge-bracht. Der Laser wird in der Mitte des aufdem Substrat abgesetzten Materials fokus-siert. Gleichzeitig wird das Substrat mit ei-nem genauen X-Y-Positioniertisch bewegt.Das Verdampfen des Lösungsmittels undSchmelzen der Nanopartikel mittels einesLasers erlaubt ein lokales Erhitzen, was beiden denkbaren Alternativen wie dem Erhit-zen des Substrates auf einer Herdplatteoder in einem Ofen nicht möglich ist. Da-durch lässt sich die Querschnittsfläche derLeiter durch die Grösse des Laserstrahleskontrollieren. Ausserdem erlaubt das lokaleErhitzen des Substrates einen Einsatz die-ser Methode in der unmittelbaren Gegendvon wärmeempfindlichen Teilen. Schluss-endlich kann durch die zeitliche und räum-liche Modulation des Lasers der Energieein-trag optimiert werden, um ein perfektesVerschmelzen der Nanopartikel zu errei-chen, ohne thermische Schäden am Sub-strat zu verursachen.

Thermophysische Phänomene

Abbildung 3 zeigt eine so hergestellte Linieund ihre Topographie. Die Laserleistung be-trägt 300 mW bei einem Laserdurchmesservon 27 µm und einer Translationsgeschwin-digkeit von 0,2 mm/s. Die Topographie derLinie wird mittels Rasterkraftmikroskopiegemessen (Abb 3B, C, E). Die berechneteTemperaturverteilung, welche während desLaserprozesses auftritt, ist mittels Isother-men in Abb. 3A dargestellt. Die Siedetem-peratur von Toluol beträgt 110 °C, bei derauch der Schmelzprozess beginnt. In die-sem Beispiel beträgt die Breite der Goldli-nie 100 µm, die Höhe ungefähr 250 nm, undder elektrische Widerstand erreicht etwaden Wert von solidem Gold. Die Temperatur

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Abbildung 2: Prozessaufbau, bei dem die Nanotinte mittels einer Nanofüllfeder

«geschrieben» wird. Die Goldnanopartikel werden mit einem Laser geschmolzen.

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in der Mitte der in Abb. 3B gezeigten Gold-linie beträgt nach den Berechnungen (Abb.3A) etwa 400 °C. Diese Temperatur bewirktein Aufschmelzen des gesinterten Gold-Fil-mes und eine Agglomeration des Goldma-terials in der Mitte. Diese Agglomerate ver-ursachen eine rauhere Oberfläche (Abb. 3B).Mit einer erhöhten Translationsgeschwin-digkeit von 10 mm/s verändert sich dieForm der Isothermen durch den konvekti-ven Wärmetransport in das Substrat vonKreisen zu Ellipsen (vgl. Abb. 3A mit 3D).Durch die elliptische Form der Isothermewird die Krümmung der Isotherme und da-mit auch die der Verdampfungslinie (110 °CIsotherme) erhöht. Die grössere Krümmungbewirkt, dass die Flüssigkeit zur Seite ver-drängt wird (Abb. 3D).Die Querschnittsfläche der Goldlinie inAbb. 3E hat die Form eines «Sombreros» miteiner rauhen, hervorragenden Partie in derMitte. Diese Volumenzunahme wird der

Morphologieänderung des Substrates in-folge Überschreitung der Glastemperaturzugeschrieben. Nach den Temperaturbe-rechnungen (Isothermen in Abb. 3D), wel-che die Translationsgeschwindigkeit desSubstrates berücksichtigt, übersteigt dielokale Temperatur in der Mitte die Erwei-chungstemperatur (700 °C) von Natron-kalk-Glas. Die Abkühlungsgeschwindigkeitbeträgt 104 bis 105 °C/s. Demzufolge ist dieWölbung in der Mitte der Goldlinie durchdie Expansion des Glassubstrates erfolgt,welche sich durch die sehr hohe Abküh-lungsgeschwindigkeit nicht zurückbildenkonnte. Für kleinere Abkühlungsgeschwin-digkeiten (bei einer Translationsgeschwin-digkeit von 0,2 mm/s beträgt die Abküh-lungsgeschwindigkeiten ca. 103 °C/s) kanndie permanent zurückbleibende Expansiondes Glases verkleinert werden. Abbildung 3zeigt einerseits die Durchführbarkeit derhier vorgestellten Methode und beweistandererseits, dass ein tiefes Verständnisder involvierten thermophysischen Phä-nomene im Mikro- und Nanobereich für dieEntwicklung dieser Technologie vorhandensein muss.Zusammenfassend kann gesagt werden,dass hier ein neuartiger Prozess vorgestelltwurde, der Mikro- und Nanostrukturen mitHilfe von Nanoflüssigkeiten bei niedrigenTemperaturen herstellt. Die darin enthal-tene Physik liegt in der Überschneidungvon Phasenänderung (Schmelzen) der Na-nopartikel mit der Verdampfung des Lö-sungsmittels, der Absorption von mono-chromatischer Strahlung und der Thermo-fluiddynamik von freien Oberflächen (Be-netzungs- und Oberflächenspannungsphä-nomene, welche beim Mikrodrucken undNanoschreiben auftreten). Dieser Prozessdemonstriert eindeutig das Potenzial, wel-ches in der Verwendung von Nanoflüssig-keiten in neuen Herstellungsmethodensteckt.

Dimos PoulikakosProfessor am Institut für Energietechnik,Laboratorium für Thermodynamik in neuen Technologien, ETH ZürichCostas P. GrigoropoulosProfessor am Mechanical Engineering Department, University of California,Berkeley, USA

ForschungsinformationenProf. Dimos PoulikakosLaboratory of Thermodynamics in Emer-ging TechnologiesInstitute of Energy Technology, SwissFederal Institute of Technology, Sonn-eggstrasse 3, ETH Zentrum, CH-8092Zurich, SwitzerlandTel. +41 1 632 27 [email protected]. Costas P. Grigoropoulos, Laser Ther-mal LaboratoryDepartment of Mechanical Engineering6177 Etcheverry Hall, University of Cali-forniaBerkeley, CA 94720-1740, USATel. +1 510 [email protected]://www.me.berkeley.edu/ltl/ltl.html

Abbildung 3: In-situ-Aufnahmen des Schmelzens und die Topographie von Goldlinien. A) In-situ-Aufnahme des Schmelzprozesses (von oben) und Isothermen,

berechnet für eine Laserleistung von 300 mW, eine Translationsgeschwindigkeitvon 0,2 mm/s und einen Laserdurchmesser von 27 µm. B) Mittels

Rasterkraftmikroskopie gemessene Querschnittsfläche von Abb. 3A. Die Höhe der Goldlinie (a–a) beträgt 256,4 nm und (c–c) 248,1 nm. Die Breite der

Goldlinie (b–b) beträgt 123,1 mm. C) 3-dimensionale Darstellung der Abb. 3B. D) In-situ-Aufnahme des Schmelzprozesses (von oben) und Isothermen,

berechnet für eine Laserleistung von 500 mW, eine Translationsgeschwindigkeitvon 10 mm/s und einen Laserdurchmesser von 27 mm. E) Mittels

Rasterkraftmikroskopie gemessene Querschnittsfläche von Abb. 3D. Die Höhe der Goldlinie (a–a) beträgt 115 nm und (c–c) 108,1 nm. Die Breite der

Goldlinie (b–b) beträgt 137,34 µm.

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Die Mechanikforschung für MEMS-Anwen-dungen (MEMS: mikroelektromechanischeSysteme) hat sich in den letzten Jahren des-halb international zu einer sehr wichtigenArbeitsrichtung entwickelt, weil die Bedeu-tung von Mikrosystemen in zahlreichentechnischen Anwendungen wie zum Bei-spiel der Automobiltechnik (beispielsweiseAutomobilelektronik und -sensorik) starkzugenommen hat. Da Schadensfälle in die-sen Anwendungen, sofern sie auftreten, zumehr als 60% mit dem thermischen Ermü-dungsverhalten von Systemkomponentenzusammenhängen, erlangt die Mechanik-forschung hier nahezu eine dominierendeStellung für die Sicherung der Zuverlässig-keit und Qualität der Mikrosysteme. Des-halb haben Bruch- und Schädigungsmo-

delle für Mikro- und Nanomaterialver-bunde eine besondere Bedeutung (Microre-liability, Nanoreliability).Die mechanische und thermische Auslegungder MEMS-Komponenten muss bereits auchweitere Felder beachten wie durch Diffu-sion in Grenzschichten entstehende Gradi-enten, die wiederum Rückwirkungen aufdie thermomechanischen Grössen haben.Auch elektrische und magnetische Feldermüssen in ihren Wechselwirkungen zurMechanik beachtet werden. KlassischeBerechnungsverfahren zur Zuverlässigkeitvon Material und Systemen werden des-halb verbessert und neue Tools entwickelt.Voll parametrisierte Finite-Elemente-Me-thoden können zum Beispiel auf mehrerenNiveauebenen grosse Vorteile bei der Mo-

dellierung bringen. Dadurch entsteht aucheine deutliche Kostenreduzierung. Zugleichgelingt es, eine bessere Kopplung von Expe-rimenten und Modellen zu erzielen undauch verbesserte Qualitäts- und Lebens-daueraussagen schon direkt im Design zubeachten («Design for Reliability»).Diese mechanisch-thermischen Berechnun-gen sind somit ein fundamentaler Schrittfür die Gewährleistung der Zuverlässigkeitder Mikrokomponenten sowie für die Opti-mierung ihres Aufbaus. Die wesentlichenInputs für die mechanische Auslegungsind: 1. die Geometrie der Struktur; 2. die La-gerung und die Belastung; 3. das Material-verhalten. Beim letzten Punkt ist sowohldie Kenntnis der so genannten «konstituti-ven Gleichungen» (die Beziehung zwischen

Z U V E R L Ä S S I G K E I T VO N M I K R O - U N D N A N O SYST E M E N

AU F B I E G E N U N D B R E C H E NJ Ü R G D UA L , E D OA R D O M A Z Z A , B E R N D M I C H E L

Mikromechanische Systeme und Nanomaterialien finden schon heute breite Anwendung zum Beispiel in der Automobilelektronik und -sensorik.Hier leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit des Fahrzeugs –vorausgesetzt, sie funktionieren selbst zuverlässig und störungsfrei.Die Frage, wie es um die Zuverlässigkeit solcher Systeme steht, ist deshalb ein wichtiges Forschungsgebiet.

Abbildung 1: Beispiel einer Deformationsmessung mit NanoDAC um die Rissspitze in einem Polymer. Angegeben sind die Linien gleicher

Verschiebung in y-Richtung. Im Hintergrund das mit dem AFM gemessene Oberflächenprofil. Quelle: B. Michel, IZM Fraunhofer Berlin.

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Kraft- und Deformationsgrössen) und derphysikalischen Eigenschaften als auch dieFormulierung geeigneter Zulässigkeitsgren-zen (zum Beispiel maximale Spannungoder maximale Dehnungsschwingbreite inErmüdungsproblemen) erforderlich.

Mikro- und Nanomaterialien verlan-gen neue Messmethoden

Das Materialverhalten muss aus Experimen-ten mit Proben in Mikrometer-Abmessun-gen charakterisiert werden. Aufgrund derunterschiedlichen Herstellungsprozesse so-wie spezifischer Dimensioneneinflüsse («sizeeffects») kann nämlich aus dem makrosko-pischen Materialverhalten nicht auf dieEigenschaften der Mikrobauteile geschlos-sen werden.Die Experimente mit mikrometergrossenProben stellen die Forscher vor grosse Her-

ausforderungen. Das Problem der Messungvon Kräften mit Auflösung im Bereich vonNanonewton sowie der Detektion von De-formationen im Submikrometer- und Na-nometerbereich hat zur Entwicklung neuar-tiger Messverfahren geführt. Ein Beispielist das NanoDAC.NanoDAC ist eine neu entwickelte Me-thode zur Messung von Verschiebungenund Dehnungen unter Verwendung derRastersondenmikroskopie (NanoDAC heisstNano Deformation Analysis by Correlation).Dabei werden die zu untersuchenden Struk-turen in verschiedenen thermomechani-schen Belastungszuständen in situ im AFM(Atomic Force Microscope) abgerastert. Ausden Bildern werden auf der Grundlage ei-nes Korrelationsalgorithmus lokale Verschie-bungsfelder als primäre Messgrössen er-mittelt, sodass qualitative und quantitativeAussagen über das Verformungsverhaltengetroffen werden können. Insbesondere kön-

nen auch Rissgrössen und Werkstoffpara-meter ermittelt werden.Die Ergebnisse der NanoDAC-Methode sindIn-plane-Verschiebungsfelder ux (x, y) unduy (x, y). Das abgebildete Beispiel (sieheAbb. 1, S. 57) zeigt das Verschiebungsfeld ander Rissspitze eines Polymers. Das Rissöff-nungsfeld ist als Isolinien-Darstellung glei-cher Verschiebung in y-Richtung wiederge-geben, wobei der Hintergrund das Topogra-phie-Datenfeld des AFM-Scans darstellt.Anwendungen der NanoDAC-Methode sindthermo-mechanische Zuverlässigkeitsana-lysen von MEMS und NEMS und die nano-mechanische Beurteilung neu entwickelterNanomaterialien. Das am Fraunhofer-Insti-tut IZM Berlin entwickelte Verfahren ist be-reits in 15 Ländern im Einsatz, vorwiegendfür Anwendungen im Automobilbau.Weitere Anwendungsfelder der nanoDAC-Methode sind:

Abbildung 2: LIGA-Probe (Nickel-Eisen-Legierung ) im Torsionsversuch. Probenlänge 300 Mikrometer. Quelle: G. Schiltges, ZfM, ETH Zürich.

Deformationsmessungen im Mikro- undNanobereich,Verifikation nanomechanischer Material-beschreibungen,Bestimmung der Bruchparameter von Mi-kro- und Nanomaterialien,Messung des thermischen Ausdehnungs-koeffizienten,Tracking von Nanopartikeln und -objekten.Weitere Probleme der experimentellen Ma-terialcharakterisierung entstehen bei derHandhabung, Fixierung und Ausrichtungder winzigen Materialproben. Die Entwick-lung der Experimente zur Messung der Ma-terialparameter erfordert die Lösung einerReihe von spezifischen Problemen, die demExperimentator im makroskopischen Be-reich unbekannt sind: Von der Konzeptionund Herstellung der Proben ( je nach Mate-rial mit der entsprechenden Technologie),bis hin zur Konstruktion geeigneter Mecha-nismen für die Einspannung und genaue

Ausrichtung der Proben in den Prüfmaschi-nen oder für die Vermeidung einer Schädi-gung der Probe vor der eigentlichen Prüfung.Am Zentrum für Mechanik der ETH Zürichsind verschiedene Messverfahren für dieCharakterisierung von mikrometergrossenProben entwickelt worden. Folgende Expe-rimente können durchgeführt werden:Zugversuche, statische und dynamischeBiegeversuche, Torsionsversuche, Schwin-gungsversuche, Ermüdungsversuche undWellenausbreitungsversuche.Durch diese Experimente werden das kon-stitutive und das Versagensverhalten derMikromaterialien bestimmt. Als ein Bei-spiel seien hier die Resultate der Experi-mente mit Mikroproben aus Nickel oderNickel-Eisen-Legierungen erwähnt, die mitder so genannten LIGA-Technik (LIGA heisstLithographie, Galvanik, Abformung ) herge-stellt wurden: Die Streckgrenze dieser Pro-ben war mit ca. 400 MPa um einen Faktor 4

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Abbildung 3: Atomar scharfe Ecken in einkristallinen Siliziumproben. Quelle: E. Mazza, ZfM, ETHZ.

höher als das entsprechende makroskopi-sche Material. Die Duktilität dieser Probenist durch Abbildung 2 bezeugt: Nach einerhalben Umdrehung um die Längsachse derProbe war im Torsionsversuch noch keinVersagen zu verzeichnen.In diesem Zusammenhang sind auch Grös-seneffekte im mechanischen Verhalten zuerwähnen. Führt man an dünnen Kupferfo-lien (Probenlänge etwa 1 mm) Zugversuchedurch, sieht man, dass trotz «gleichem»Material, gleicher Textur und etwa gleichenKorngrössen die dünnere 10 Mikrometerdicke Folie ein praktisch sprödes Verhalten,die 34 Mikrometer dicke Folie aber bereitseine ansehnliche Duktilität aufweist.

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Will man zerstörungsfreie Prüfverfahrenwie Ultraschall auf Mikrostrukturen an-wenden, braucht es sehr hohe Frequenzen.Diese können mit einem Kurzpulslaser ineinem so genannten Pump Probe Setup er-zeugt werden. Ein sehr kurzer, 70 Femtose-kunden langer Laserpuls (1 Femtosekundeist ein Millionstel einer Millionstel Millise-kunde lang) wird sowohl zur Erzeugungwie zur Messung von sehr hochfrequentenUltraschallwellen verwendet. Als PumpPuls regt er eine mechanische Welle an, in-dem er an der Oberfläche Wärme depo-niert. Als Probe-(Mess-)Puls misst er die Re-flektivität an der Oberfläche zu einem rela-tiv zur Anregung verschobenen Zeitpunkt.Die relative Zeitverzögerung wird durchden Weglängenunterschied der beidenStrahlen eingestellt, indem ein Strahl überverschiebbare Spiegel verzögert wird. Dieakustischen Wellenlängen, die so erzeugtund gemessen werden, liegen im Bereichvon einigen wenigen Nanometern, daherder Name Nanosonics für das Projekt. DieWellen eignen sich zur Überprüfung desAdhäsionsverhaltens einer dünnen Schichtauf dem Substrat. Wegen der kurzen Wel-lenlängen können auch feinste Material-übergänge (Interfaces ) im Inneren aufge-löst werden: Ist die Wellenlänge viel grös-ser als die Dicke der Übergangszone, siehtdie Welle einen Sprung in der Impedanzund wird teilweise reflektiert. Ist sie kleinerals diese Dicke, sieht sie einen kontinuierli-chen Übergang und wird primär durch dasInterface hindurchgeleitet. Diese Interfacessind wichtig für die Zuverlässigkeit vonthermisch beanspruchten Mikrobauteilen.Neben den erwähnten Methoden stehtheutzutage eine Vielzahl von experimen-tellen Verfahren zur Verfügung, um Mate-rialien im Mikro- und Nanobereich zu cha-rakterisieren. Zudem wird sich gerade imBereich des Materialversagens zeigen, wiemolekulardynamische Modelle und konti-nuumsmechanische Modelle sich ergän-zen. Für die praktische Auslegung von mi-kro- und makroskopischen Strukturen dürftedie Molekulardynamik wegen der extremhohen verlangten Computerressourcen al-lerdings noch für einige Jahre primär dieBedeutung haben, dass sie die verwende-ten kontinuumsmechanischen Versagens-theorien befruchtet.

Nanoprobleme der Mikromechanik

Die mechanische Charakterisierung der Mi-kromaterialien führt zur Identifikationneuer «Probleme» der Mikro- und Nanome-chanik und neuartiger Eigenschaften dermikromechanischen Strukturen. Ein Bei-spiel dafür ist das Versagen von einkristalli-nem Silizium (SCSi) durch Spannungskon-zentration an scharfen Ecken.Scharfe Ecken in SCSi-Mikrostrukturen kön-nen atomar scharf sein (Abb. 3). An solchenStellen liefert eine linearelastische konti-nuumsmechanische Berechnung eine un-endliche Spannung, das heisst, die Struktursollte bei der kleinsten Belastung schonversagen. Das Verständnis der experimen-tell gemessenen Festigkeit solcher Struktu-ren erfordert die Berücksichtigung der geo-metrie- und materialbedingten Nichtlinea-ritäten; auch muss die Gültigkeit kontinu-umsmechanischer Theorien für die Beschrei-bung des mechanischen Versagens in dernanometergrossen Prozesszone an der Eckebegründet werden. Aus dieser Analyse las-sen sich interessante Beobachtungen zurPhysik eines perfekten (einkristallinen) Ma-terials machen, wie beispielsweise über dieerforderliche Energie zur Trennung zweierAtomebenen an einer Oberfläche.Für die Zuverlässigkeit ist auch das Ermü-dungsverhalten wichtig. Ist das Materialauch imstande, Milliarden von Lastzyklenohne Schaden zu überstehen? In einer Mi-krostruktur kann ein Riss von wenigen Mi-krometern bereits katastrophale Folgen ha-ben, da dieser einen ansehnlichen Bruchteildes Querschnittes ausmachen kann. AlsVerfahren zur Bestimmung des Ermü-dungsverhaltens eignen sich resonante Ex-perimente. Eine schwingende Mikrostruk-tur wird beim Fortschreiten eines Risseseine immer tiefere Eigenfrequenz aufwei-sen. Mit Hilfe eines Regelkreises wird dieseFrequenz in Funktion der Zeit gemessen.Bruchmechanische Überlegungen sowiedie Berücksichtigung der Nichtlinearitätenbei der Berührung der Rissflanken führendazu, dass die Rissausbreitung bei Mikro-proben ohne allzu grossen Aufwand mit ei-ner Auflösung von 10 nm gemessen werdenkann. In nicht allzuferner Zukunft wird es vielleicht möglich sein zu beobachten,wenn sich ein Riss um einzelne Atome wei-terbewegt!

Jürg DualProfessor am Zentrum für Mechanik der ETH Zürich

Edoardo MazzaProfessor am Zentrum für Mechanik der ETH Zürich

Bernd MichelProfessor am Fraunhofer Micro MaterialsCenter Berlin

ForschungsinformationenDas Micro Materials Center Berlin amFraunhofer-Institut für Zuverlässigkeitund Mikrointegration führt im LaborNanomechanik in Berlin Untersuchun-gen zum Einsatz von Nanopartikeln inmodernen Kunststoffbauteilen durch.Diese sollen zum Beispiel als Elektronik-Verkapselungswerkstoffe im Automo-bilbau sowie in der Luft- und Raumfahrtangewendet werden. Mit modernenMikrodeformationsmethoden und Zu-verlässigkeitsanalysen in Verbindungmit Simulationsmethoden werden Mi-kro- und Nanowerkstoffe mit sehr ho-her Zuverlässigkeit getestet.Anfragen an:Prof. Dr. Bernd MichelFraunhofer Micro Materials Center Berlinbernd.michel@izm.fraunhofer.dewww.nanomechanics.bizwww.micromaterialscenter.comAm Zentrum für Mechanik der ETHZwerden verschiedene Forschungspro-jekte auf dem Gebiet der Mikro- undNanomechanik durchgeführt. Dabei gehtes um die Modellierung, Auslegung,Fabrikation und Anwendung von 3D-Strukturen mit Abmessungen im Mi-krometerbereich und darunter. In theo-retischen und experimentellen Arbei-ten werden Skalierungseffekte unter-sucht, neuartige Funktionsprinzipienfür Mikroaktuatoren und Sensoren ent-wickelt und die Grenzen der klassi-schen Kontinuumsmechanik erforscht.Anfragen an:Prof. Dr. Jürg [email protected]. Dr. Edoardo [email protected]/e/res/mic

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I N T E R N

E N B R E F

(vac) Ist das Studieren und Forschen immernoch eine gesellschaftliche Notwendigkeitoder heutzutage eher Luxus? Hochschulensind ein hartes Pflaster geworden: sie ha-ben sich zu Unternehmen entwickeln müs-sen, die ihre Existenz in wirtschaftlichschwierigen Zeiten rechtfertigen müssen.Wissen ist zum Gut geworden, das verkauftwerden muss, lehren uns die Kommunika-tionswissenschaftler und stellen alles aneinem Modell der integrierten Unterneh-menskommunikation plausibel dar. Ganzunbekannt ist auch die Überzeugung nicht,dass heute eine reine Grundlagenforschunggar nicht mehr zu verantworten sei.

Homo academicus versus homo oeconomicus

Wird das Rennen um mehr staatliche Gel-der dazu führen, dass man «Anwendbarkeitzum aktuellen Credo macht, welches Allge-meingültigkeit beansprucht?», wie das AshaDe, die Verfasserin des ersten Web-Rap-ports, befürchtet. Trotzdem melde sich derhomo sapiens zu Wort, meint De, «der aus-ser ein oeconomicus zu sein, seine Hoff-nung nicht eindimensional verstehen kann»,an die «Erforschung der Grundgesetze desKosmos» glaube und sich angesichts derEndlichkeit des Geldes den Luxus eines Syn-chrotrons leiste. Der gleiche homo sapiensleiste sich auch den Luxus der Freiheit, sichselbst Schranken und Prioritäten zu setzen,fährt De ironisch fort und erinnert dabei andie Not der Umwelt.

«Wir haben den Pakt mit Mephistophelesgeschlossen»

Welche Rolle spielt der «öffentliche Topf»für die Wissenschaft? Christine Luisi meintin ihrem Rapport dazu: «Die Wissenschaftmuss höher greifen als das Materielle. Wirstehen vor dem Paradox, dass die Hoch-schulen uns nicht zu höheren Erkenntnis-sen führen.» Uns bleibe nur die Wirtschaftund die materiellen Werte, denn je mehrWissen angehäuft werde, desto bedeu-tungsloser scheine eine Befragung überSinn und Zweck. Nach Luisi haben wir denPakt mit Mephistopheles geschlossen,denn Faust sei der Repräsentant unseresZeitalters: «[…] Wir sind Faust. Wir sindschuldig, oder unschuldig schuldig, dennwir wissen nicht, oder wir wollen nicht wis-sen, was wir tun». Die Begriffe «Notwen-digkeit» und «Nützlichkeit» wurden nachDe in der Diskussion häufig vermischt:Kann die Grundlagenforschung als Aus-drucksgestalt menschlicher Weltdeutungund damit Verortung des Menschen ver-standen werden, und ist sie deshalb not-wendig? Ist die Wirtschaft Rahmenbedin-gung dieses Sinnbestrebens oder Selbst-zweck?, wirft De in die «Web-Runde». Esginge da um verschiedene Werteuniversen,die nach ihren eigenen Notwendigkeitenfunktionierten. Doch ein Kriterium, wie«der Kuchen» verteilt werden soll, würdeman schon erwarten: Dass auf die öffentli-che Hand eine «unsichtbare Hand» wirke,hofft De und kommt zum philosophischenFazit: Das ewige Problem von Freiheit undNotwendigkeit bleibt weiterhin bestehen.

«Grosse» Worte verhindern den Dialog

Für Martina Huber, eine weitere «Online-Stimme», war die Fortsetzung der Veran-staltung, «Geld und Geist II», «bemerkens-wert unkontrovers»: Eine «ausgewogene»Runde aus Naturwissenschaftlern und ei-nem Philosophen habe versucht, die Vor-teile der Zusammenarbeit von Wirtschaftund Hochschule herauszustreichen. Schadesei, dass sich die Wirtschaft von Grund-lagenforschung keinen direkten Profit ver-spreche und dementsprechend selektivinvestitionsfreudig sei, meint Huber. Sievermisste einen historischen Blick auf dieThematik sowie einen kompetenten Wider-spruch: «Man diskutierte unter- und für-einander, manchmal anbiedernd undhauptsächlich in der Absicht, rhetorischeine gute Figur zu machen.» Für Huber istes klar: Es war mehr ein Selbstgespräch alseine Selbstbefragung. Die gleiche Ansichtteilt der Schriftsteller Bruno Steiger, derhinzufügt: «Die Inszenierung als solche hatmir eingeleuchtet, der Begriff Selbstbefra-gung ist räumlich schön umgesetzt wor-den, mitsamt dem Element des notgedrun-gen Parodistischen, das dem Wörtchen‹Selbst› als immanente Aporie eignet.»Trotzdem: «Muss heute [...] lediglich nochüber quantitative Aspekte der privaten Fi-nanzierung und deren Aufrechterhaltunggesprochen werden? Oder gibt es mögli-cherweise politische, gesellschaftliche odergar ideologische Fragen zu stellen?», fragtsich Huber weiter. Sie stellte ebenfalls diezahlenmässige Überlegenheit der ETH-Ge-meinschaft fest, die in allen bisherigen Dis-kussionen zur Isolierung etwaiger Gegen-

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« W I S S E N S C H A F T KO N T R OV E R S » : G E L D U N D G E I ST I + I I

M AC H T G E L D G E I ST ?

Seit Anfang des Wintersemesters bietet die Veranstaltungsreihe «Wissenschaft kontrovers» ungefähr zweimal im Monat, jeweils am Montagabend, eine Plattform für Diskussionen,Reflexionen sowie Zwischenrufe rund um das Thema Wissenschaft und Gesellschaft. Zweidieser Veranstaltungen Ende letzten Jahres waren dem Thema Geld und Geist gewidmet.Was wurde daraus: Eine Selbstbefragung oder ein Selbstgespräch? Eine kritische Auseinander-setzung mit der Veranstaltung anhand der Reaktionen einiger Teilnehmer auf dem Web, dieneugierig macht auf die Fortsetzung im Sommersemester.

I N T E R N

positionen führte. Eine Barriere für einekontroverse Diskussion sei auch die Argu-mentation mit «grossen» Worten gewesen,wie etwa die «Reinheit» der wissenschaftli-chen Erkenntnis, und das ausgerechnet beidiesem Thema, bei dem Partikularinteres-sen eine wesentliche Rolle spielten.

Offene Fragen

Morten Fjeld sinnierte über die grundsätz-liche Verbindung zwischen Forschung undGeld. Mit zwei Fragen formulierte er einenpolaren Gegensatz, der für eine zukünftigeDebatte von Interesse sein könnte: Ist es so,dass Forscherinnen das machen, wofür siebezahlt werden? Oder ist es so, dass For-scherinnen für das bezahlt werden, was sie

Die Bologna-Richtlinien

Am 4. Dezember des vergangenen Jahreshat die Schweizerische Universitätskonfe-renz für sämtliche schweizerischen Univer-sitäten und ETHs verbindliche Richtlinienerlassen. Darin wird festgehalten, dasskünftig sämtliche Studiengänge dreistufigzu gliedern sind, nämlich in eine Bachelor-stufe, eine Masterstufe und in eine Dokto-ratsstufe. Bachelor- und Masterstufe zu-sammen ersetzen das bisherige einstufigeDiplom- oder Lizentiatsstudium. Die Hoch-schulen werden verpflichtet, das Europäi-sche Kredit-Transfer-System einzuführenund die Benennung der Studienabschlüssezu vereinheitlichen. Bis 2005 soll die Pla-nung der Reform, bis 2010 die Einführungder neuen Strukturen abgeschlossen sein.Bis zum Schluss umstritten blieb die Be-stimmung über die Zulassung zum Master-studium. Die Universitäten hatten ur-sprünglich gefordert, wie bereits in der Er-klärung von Salamanca europaweit ver-

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langt, selber die Zulassungsbedingungenzu den Masterprogrammen festlegen zukönnen. Dies einerseits, um einen gewissenWettbewerb der verschiedenen Programmemöglich zu machen und um andererseitsauch für die Studierenden klare Verhält-nisse zu schaffen nach dem Prinzip, dassZulassung eine sehr hohe Bestehenswahr-scheinlichkeit impliziert. Verhandlungenzwischen der SUK und der Hochschulrekto-renkonferenz führten schliesslich zu derjetzt gültigen Regelung, dass der Bachelor-Abschluss einer Schweizerischen Univer-sität Anrecht auf Zulassung zu den Master-studiengängen in der entsprechenden Fach-richtung ohne zusätzliche Anforderungenimpliziert. Allerdings können die Univer-sitäten spezialisierte Masterstudiengängeanbieten, für die zusätzliche Eintrittsbedin-gungen erfüllt sein müssen. Die ETH wirdnun in diesem engen Rahmen nach Lösun-gen suchen, welche das angestrebte hohe

Wissenschaft kontrovers:Die nächsten zwei Veranstaltungen von«Wissenschaft kontrovers» finden imSS 2004 zu folgenden Themen statt:Konkurrenz, Karriere, Perspektiven – Istdie Universität eine Ich-Gesellschaft? am 5. April 2004Fälschungen in der Wissenschaft –Strukturproblem oder individuellerSündenfall? am 26. April 2004Ort und Zeit: Rämistrasse 101, Audito-rium Maximum, 19.30 – ca. 21.30 UhrModerator: Prof. Dr. Gerd Folkers Weitere Hinweise unter:http://www.kontrovers.ethz.ch

I N E I G E N E R S AC H E

Prof. Konrad Osterwalder,Rektor der ETH Zürich

Niveau ihrer Masterlehrgänge garantieren,ohne dass die Studierenden während derkurzen (dreisemestrigen) Dauer ständigunter Selektionsdruck stehen. Auch solltensie in die Lage versetzt werden, von allemAnfang an ihre Erfolgschance realistischeinzuschätzen.

machen? Diese Fragestellungen erachtetFjeld für eine politische oder wirtschaftli-che Instrumentalisierung der Forschungs-stätten als zentral. In seinem «rapportier-ten Drehbuch» listet René Anliker unter an-derem auch Fragen auf, die seiner Meinungnach vermieden wurden, wie beispiels-weise: Haben Geldquellen Einfluss auf wis-senschaftliche Ergebnisse? Wer ist für dieSicherheit der Wissenschaft verantwortlichund trägt das Risiko? Sichert die öffentlicheFinanzierung auch die demokratische Kon-trolle der Wissenschaft? Wo beginnt derSelbstverrat der Forschenden? Aller Anfang ist schwer: Es gab Kritik, vieleFragen blieben offen. Doch eines ist sicher:Die Wissenschaft hat ihren Elfenbeinturmverlassen und steht Rede und Antwort. Aufdie Fortsetzung darf man gespannt sein.

F O R S C H U N G

E N B R E F

Sie sind vor kurzem mit der Max-Planck-Medaille, der höchsten Auszeichnung derDeutschen Physikalischen Gesellschaft fürtheoretische Physik, für Ihre bedeutendenBeiträge zur Quantenfeldtheorie, Laser-physik und den Neurowissenschaften ge-ehrt worden. Die Medaille wird Ihnen imMärz dieses Jahres bei der DPG-Frühjahrs-tagung in München überreicht. Haben SieIhre Dankrede schon vorbereitet?Ich habe mir schon einen Titel für meinen25-minütigen Vortrag überlegt: «Neurody-namik in Echtzeit». Sprechen möchte ichüber die Arbeiten, mit denen ich mich inden letzten zwanzig Jahren beschäftigthabe – die subkortikalen Funktionen desSehens, des Bewegungssinns und der Au-genbewegung. Ich will nicht über meinefrüheren Arbeiten in der Quantenfeld-theorie vortragen, sondern über Sachen,die uns heute bewegen.

Seit einem Jahr sind Sie emeritiert. HabenSie Ihre Ruhe gefunden, oder sorgt ein wis-senschaftliches Rätsel für schlaflose Nächte?Sie sehen diese vielen Papiere im Büro, esgibt viel zu lesen und zu synthetisieren. Ichhabe jetzt mehr Zeit dafür, da ich keine Vor-lesungen mehr halten muss. Mein augen-blicklich stärkstes Interesse ist tatsächlichdie Mathematisierung in den Neurowissen-schaften, die eine enorme Menge an expe-rimentellen Daten hat. Das Gebiet explo-diert und gewinnt mit allen möglichen In-strumenten sehr viele Einsichten, die aberzum Teil eben nicht mathematisierbar sind.Es handelt sich oft auch um reine Struktur-aussagen, die gar nicht zum wirklichen Ver-ständnis der Funktionen beitragen. Wasmich interessiert: Struktur mit Funktionenzusammenzubringen, auch mit einer stär-

keren mathematischen Modellierung. An-dererseits frage ich mich, ob ich mich indrei oder vier Jahren ganz in das Gebiet dertheoretischen Physik zurückziehen werdeund dort die Ergebnisse verfolge, die auchsehr interessant sind. Auf beiden Gebietengibt es Rätsel, wo ich gerne etwas mehrverstehen möchte. In der Quantenfeldtheo-rie ist es heute die Verbindung zwischenGravitation und Elementarteilchenphysik,und in den Neurowissenschaften ist daszentrale Problem – jedenfalls für mich – diehöheren kortikalen Funktionen zu verstehen.

Glauben Sie an die Theorie über den Zu-sammenhang zwischen dem Alter und derhöchsten kreativen Leistung?Wenn man die grossen Leistungen vontheoretischen Physikern, beispielsweise vonNobelpreisträgern anschaut, sieht man,dass sie fast immer vor dem vierzigsten Le-bensjahr entstanden sind, und die Nobel-preise bekommt man für diese Jugendleis-tungen. Das schliesst natürlich nicht aus,dass es hervorragende «Altersarbeiten»gibt, aber die sind eher selten.

Frustrierend. Man wird vierzig und hat im-mer noch nicht das Gefühl, dass man etwasHervorragendes geleistet hat...Um etwas Hervorragendes zu leisten,braucht man sowieso eine Portion Glück,und dieses Glück kann man natürlich auchmit vierzig haben.

Sie haben sich auch mit dem Zusammen-spiel zwischen Seh-, Bewegungssinn undAugenbewegung befasst. War Ihr Interessefür Menschen doch grösser als der Wunsch,etwas im launischen Mikrokosmos derGleichungen der theoretischen Physik zuverändern?Ich habe einen guten Freund in Princetongehabt, auch einen theoretischen Physiker.Wir haben uns immer wieder gefragt, obwir nicht eine richtige Entdeckung in derNatur machen sollten – also nicht mehr nurGleichungen behandeln, sondern wirklichetwas Neues und Aktuelles herausfinden,was normalerweise sehr schwierig für ei-nen theoretischen Physiker ist, weil die Ex-perimentalphysik sehr hoch entwickelt ist.Aber in der Neurophysiologie oder Neurolo-gie, einem Gebiet, das erst jetzt aufblüht,ist es leichter, an einer richtigen Entdeckung

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« I C H B I N E I N P E S S I M I ST I S C H E R O P T I M I ST »

Neben dem launischen Kosmos der Gleichungen der theoretischen Physik schenkte er sein Interesse auch dem komplexen Feld der künstlichen Intelligenz und den Neuro-wissenschaften. Für seine bedeutenden Beiträge auf diesen Gebieten wird der emeritierte ETH-Professor Klaus Hepp im März dieses Jahres mit der Max-Planck-Medaille geehrt.Welche Rätsel bereiten ihm noch schlaflose Nächte?

Prof. em. Klaus Hepp wird im März mit der Max-Planck-Medaille geehrt.

F O R S C H U N G

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N E W S

mitzumachen, und das hat mir grosse Freudegemacht. Das Sehen und der Bewegungs-sinn sowie die Augenbewegung gehörenfür einen Physiker zum täglichen Leben.Physiker wissen, wozu diese Systeme dasind. Es ist nicht etwas, was tief in der Phy-siologie versteckt ist. Man erkennt sichauch selber, und das ist ein anderer wichti-ger Bewegpunkt.

Als theoretischer Physiker haben Sie auchauf zellulärer und psychophysischer Ebenegeforscht. Wie haben Sie sich diese Kennt-nisse angeeignet? Als Physiker habe ich eine sehr gute Grund-ausbildung genossen, nicht nur eine theo-retische, sondern auch eine experimen-telle. Für einen Physiker ist es dasselbe, ober Oszilloskope in der Medizin oder im vor-gerückten physikalischen Praktikum an-wendet. Die mathematischen Werkzeuge,die wir in der Physik haben, sind sicherlichhervorragend geeignet für die angewand-ten Wissenschaften. Wenn man mit einerSpitzengruppe starten darf, dann brauchtman nicht wie ein Erstsemestriger einzu-steigen; man steigt oben ein und bringtseinerseits seine Kenntnisse mit. Ichmöchte übrigens niemandem empfehlenein Doppelstudium zu betreiben – da wirdman zu alt – sondern eher einen guten Part-ner zu suchen, wie ich den NeurologenHenn, und gutes Rüstzeug mitzubringen.

Haben Sie eine Botschaft für Ihre jungenNachfolger? Wir sind im Augenblick daran, ein neuesStudienkonzept zu realisieren – das Bache-lor/Master-Programm. Meine Sorge ist,dass der Wunsch, international standardi-siert zu sein, die einzelnen Teilgebiete zustark zwingt, sehr scharf abgegrenzte Stu-diengänge zu liefern, wie zum Beispiel Informatik nur für Informatiker oder Physiknur für Physiker, damit wir gleiche Studien-inhalte haben in Rom wie in Kopenhagen.Es ist auch wichtig, einen freien Raum imStudium zu haben, sagen wir einen Drittel,wo man interessante Gebiete aus einemNachbargebiet frei wählen kann. Bei dieserReform unserer Studiengänge sollten wirdiese interdisziplinär nutzbare Kompo-nente und diese freie Wahl, besonders inden höheren Semestern, nicht vergessen,nur weil wir ein europakonformes Modellhaben wollen.

Und zum Schluss?Ich bin ein pessimistischer Optimist (lacht).Ich sehe für die Wissenschaften weiterhineine grosse Aufgabe: Von den letzten Din-gen verstehen wir noch viel zu wenig – so-wohl in der Physik, meinem eigenen Ge-biet, als auch gerade in den Neurowissen-schaften. Heute ist es zwar schwieriger ge-worden mitzumachen, aber die Wissen-schaften gehören immer noch zu den bes-ten Dingen, die wir betreiben können. DerRaum Zürich hat bis jetzt zehn Max-Planck-Medaillen bekommen, so Einstein, Pauliund meine Lehrer Jost und Fierz. In der Wis-senschaft stehen wir auf den Schultern vonGiganten.

Interview: Vanja Lichtensteiger-Cucak

Neues aus der Stammzellentwicklung (CC/vac) Bislang nahm man an, dass dasSignalprotein «Wnt» eine Schlüsselrolle beider Steuerung der Vermehrung von Stamm-zellen hat. Unter der Leitung von Prof. LukasSommer zeigten nun ETH-Forschende desInstituts für Zellbiologie in Zusammen-arbeit mit dem Max-Planck-Institut in Frei-burg, dass das Protein bei Stammzellen desperipheren Nervensystems nicht die Ver-mehrung der Stammzellen steuert, son-dern stattdessen ihr zukünftiges Schicksalbeeinflusst, das heisst, die Art der aus denStammzellen entstehenden Nervenzellen.Für eine Stammzelltherapie könnte dasmöglicherweise heissen, dass ein bestimm-ter Zelltyp beispielsweise für die Behand-lung einer bestimmten Nervenkrankheit inFrage käme.

Das zukünftige Klima EuropasDie Hitzewelle des vergangenen Sommershat die Klimaforscher weltweit vor neueFragen gestellt: ETH-Wissenschaftler vomInstitut für Atmosphäre und Klima unterder Leitung von Prof. Christoph Schär undin Zusammenarbeit mit MeteoSchweiz ha-ben nun herausgefunden, dass man nichtnur von einer allgemeinen Erhöhung derTemperaturen ausgehen muss, sondernauch von grösseren Schwankungen dersommerlichen Temperaturmittelwerte. DieForscher erwarten eine Zunahme der Kli-mavariabilität: Das Klima wird von Jahr zuJahr stark schwanken, und Hitzeperiodenwie im vergangenen Sommer werden dem-nach in Europa künftig häufiger auftreten.

Neue Einblicke in die RNA-WeltDie RNA ist nicht nur ein Botenmolekül,sondern geradezu ein Schlüsselspieler imProzess der Genregulation. Das Institut fürBiochemie der ETH Zürich hat in Koopera-tion mit amerikanischen Wissenschaftlernherausgefunden, wie die Vorläufer derMicroRNAs aus dem Zellkern exportiert wer-den. Die Forscher konnten damit diesen Teilder Entstehung der MicroRNAs aufklären.Es zeigte sich dabei, dass das involvierteExportmolekül auch eine Kontrollfunktionausübt, indem es bevorzugt Vorläufer-Moleküle von der richtigen Länge aus demZellkern transportiert.

G A L E R I E

E N B R E F

Lars-Erik Cederman ist seit dem 1. Mai 2003ordentlicher Professor für InternationaleKonfliktforschung an der ETH Zürich.

Sein Team ist Teil des Zentrums für Verglei-chende und Internationale Studien (CIS)der ETH und der Universität Zürich.1963 in Schweden geboren, studierte er ander Universität von Uppsala (M. Sc. in En-gineering Physics, 1988) und am GraduateInstitute of International Studies (M. A. In-ternational Relations, 1990). 1994 promo-vierte er an der University of Michigan miteiner Dissertation über die Entstehung undden Zerfall von Staaten und Nationen, dieer anhand von Computersimulationen un-tersuchte.Er ist Herausgeber von Constructing Euro-pe’s Identity: The External Dimension(Lynne Rienner, 2001) und Autor von Emer-gent Actors in World Politics: How Statesand Nations Develop and Dissolve (Prince-ton University Press, 1997), welches 1998mit dem Edgar-S.-Furniss-Buchpreis ausge-zeichnet wurde. Er ist auch Autor und Co-Autor wissenschaftlicher Artikel, die unteranderem in folgenden Zeitschriften erschie-nen sind: American Political Science Re-view, European Journal of International Re-lations, International Organization, Inter-national Studies Quarterly, Journal of Con-flict Resolution, Proceedings of the Natio-nal Academy of Sciences. Schwerpunkteseiner Forschung sind Computersimulatio-nen, Theorie der Internationalen Beziehun-gen, Nationalismus, Integrations- und Des-integrierungsprozesse sowie historischeSoziologie.

Martin Schweizer ist seit dem 1. Oktober2003 ordentlicher Professor für Mathema-tik an der ETH Zürich.

Martin Schweizer wurde am 3. Mai 1961 inZürich geboren. Er studierte Mathematikan der ETH Zürich und schrieb dort 1988auch seine Doktorarbeit bei Professor HansFöllmer. Nach einer Zwischenstation in Bonnhabilitierte er sich 1993 an der UniversitätGöttingen und hatte ab 1994 eine Professurfür Mathematik an der TU Berlin und ab2001 einen Lehrstuhl für Angewandte Ma-thematik an der Ludwig-Maximilians-Uni-versität München. In Bonn und in Berlinwar er jeweils auch an Sonderforschungs-bereichen in Mathematik und Ökonomiebeteiligt.Die Forschungsinteressen von MartinSchweizer liegen in Finanzmathematik,Wahrscheinlichkeitstheorie und Versiche-rungsmathematik und insbesondere imGebiet der unvollständigen Märkte. Er istHerausgeber der Zeitschrift «Finance andStochastics» und assoziierter Herausgeberbei «Mathematical Finance» und den «An-nals of Applied Probability».

Joachim M. Buhmann ist seit dem 1. Okto-ber 2003 ordentlicher Professor für Infor-matik an der ETH Zürich.

Als Professor am Institut für Computatio-nal Science leitet er die Arbeitgruppe Muster-erkennung und maschinelles Lernen.Joachim M. Buhmann wurde 1959 in Frie-drichshafen (D) geboren. Er studierte Phy-sik an der Technischen Universität Mün-chen und promovierte 1988 in theoreti-scher Biophysik bei Professor Klaus Schul-ten mit einer Arbeit über Mustererkennungin neuronalen Netzwerken. Anschliessendverbrachte er drei Jahre als Forschungs-assistent und Assistenzprofessor an derUniversity of Southern California, Los Ange-les. 1991 wechselte er an das Lawrence Li-vermore National Laboratory in Livermore,Kalifornien. Von 1992 bis 2003 lehrte er alsProfessor für praktische Informatik an derUniversität Bonn.Seine Forschungsschwerpunkte umfassenden Bereich der Mustererkennung und Da-tenanalyse, wobei methodische Fragen desmaschinellen Lernens, der statistischen Lern-theorie und der angewandten Statistik imVordergrund stehen. Anwendungsschwer-punkte finden sich in der Bildanalyse, ins-besondere Bildsegmentierung, der Fern-erkundung und der Bioinformatik. Er istseit 1995 im Technischen Komitee der Deut-schen Arbeitsgemeinschaft für Muster-erkennung tätig, dem er von 2000 bis 2003vorstand. Er ist Mitherausgeber von IEEETransactions on Neural Networks und vonIEEE Transactions on Image Processing.

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G A L E R I E

Michael Hagner ist seit dem 1. Oktober 2003ordentlicher Professor für Wissenschafts-forschung an der ETH Zürich.

Geboren 1960 in Bochum, Deutschland,studierte er Medizin und Philosophie ander Freien Universität Berlin. Nach der Pro-motion zum Dr. med. war er Postdoc amNeurophysiologischen Institut der FU (von1987 bis 1989) und Visiting Scholar am Well-come Institute for the History of Medicinein London (1989). Danach war er als Wissen-schaftlicher Mitarbeiter am Institut für Me-dizin- und Wissenschaftsgeschichte derMedizinischen Universität Lübeck (von 1989bis 1991) und am Institut für Geschichte derMedizin der Georg-August-Universität Göt-tingen (von 1991 bis 1995) tätig, wo er sich1994 an der Medizinischen Fakultät habili-tierte. 1995 erhielt er ein Heisenberg-Sti-pendium der Deutschen Forschungsgemein-schaft, mit dem er an das Max-Planck-Insti-tut für Wissenschaftsgeschichte in Berlinging, wo er von 1997 bis 2003 als SeniorScientist arbeitete. Hagner war Gastprofes-sor in Salzburg, Tel Aviv und Frankfurt a. M.und 2001 Fellow am Collegium Helveticumder ETH Zürich. 2000 wurde er mit demPreis der Berlin-Brandenburgischen Akade-mie der Wissenschaften ausgezeichnet.Seine Forschungsschwerpunkte sind: Histo-rische Epistemologie der Humanwissen-schaften, Visualisierungsstrategien in denLebenswissenschaften, das Verhältnis vonKunst und Wissenschaft, Geschichte derKybernetik.

Akademische Ehrungen

Prof. Dr. Marc Angélil, Professor der ETHZürich für Architektur und Entwurf, hat zu-sammen mit seiner Partnerin Sarah Gra-ham für den Entwurf einer Ranch in einemWüsten-Canyon eine Auszeichnung desAmerican Institute of Architects, Los Ange-les (AIA/LA) erhalten.

Prof. Dr. Martin Fussenegger, Professor derETH Zürich für Molekulare Biotechnologieund Mitbegründer der Cistronics Cell Tech-nology GmbH in Zürich, ist von der W.A.-de-Vigier-Stiftung zusammen mit der BernerPhysikerin Katrin Fuhrer mit dem Jung-unternehmerpreis ausgezeichnet worden.

Prof. Dr. Lino Guzzella, Professor der ETHZürich für Thermotronik, ist die CromptonLanchester Medal 2002 verliehen worden.

Prof. Dr. Willi H. Hager, Professor der ETHZürich und der VAW, ist in den Council derInternational Association of Hydraulic Re-search (IAHR) gewählt worden.

Prof. Dr. Ari Helenius, Professor der ETHZürich für Biochemie, hat von der Deut-schen Akademie der Naturforscher, Leopol-dina, für seine wegweisenden Arbeiten zurProteinfaltung und Proteinreifung dieSchleiden-Medaille erhalten.

Prof. Dr. Ursula Keller, Professorin der ETHZürich für Experimentalphysik, ist zum Foreign Member der Royal Swedish Aca-demy of Sciences ernannt worden.

Prof. Dr. Hanns Möhler, Professor der ETHZürich für Pharmakologie, ist vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie die GoldeneKraepelin-Medaille verliehen worden.

Prof. Dr. Helga Nowotny, Professorin i.R. derETH Zürich für Wissenschaftsphilosophieund Wissenschaftsforschung, ist im Rah-men der 4S Conference in Atlanta mit demBernal Prize ausgezeichnet worden.

Prof. Dr. Brian Vickers, Professor i.R. der ETHZürich für englische Sprache und Literatur,ist die Ehrendoktorwürde der UniversitätFribourg verliehen worden.

Prof. Dr. Sotiris E. Pratsinis, Professor derETH Zürich für Verfahrenstechnik, hat denThomas Baron Award vom American Insti-tute of Chemical Engineers in San Franciscofür seine herausragenden Leistungen aufdem Gebiet der Fluidpartikel-Technologieerhalten.

Prof. Dr. Manfred Morari, Professor der ETHZürich für Automatik, wurde für seine herausragenden Leistungen auf dem Ge-biet von Chemical Engineering mit demDoctor honoris causa vom Senat der Babes-Bolyai-Universität, Cluj-Napoca, Rumänien,geehrt.

Prof. Dr. Dimos Poulikakos, Professor derETH Zürich für Thermodynamik, ist fürseine herausragenden Leistungen auf demGebiet der Wärmeübertragung und Bio-technologie mit dem Society’s Heat Trans-fer Memorial Award – Science ausgezeich-net worden.

Prof. Dr. Bruno Fritsch, Professor i.R. der ETHZürich für Nationalökonomie, wurde als or-dentliches Mitglied der Europäischen Aka-demie der Wissenschaften und Künste indie Klasse VI – Technik und Umweltnatur-wissenschaften – aufgenommen. Die Aka-demie legt besonderen Wert auf den Dialogzwischen den Disziplinen der Wissenschaftunter Einbeziehung der Künste sowie aufdie Zusammenführung aller europäischenTraditionen.

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I M G E S P R ÄC H

A L U M N I A K T U E L L

Herr Rudmann, Ihre Firma beschäftigt sichmit diffraktiver Mikrooptik. Was muss mansich darunter vorstellen?Bei der diffraktiven Optik schickt man Lichtdurch Elemente mit einer strukturiertenOberfläche. Es handelt sich um dünneStrukturen, die nur einige hundert Nano-meter oder einige Mikrometer dick sind.Das Licht wird an diesen Oberflächen ge-beugt, und auf diese Weise lassen sich auseinem einfachen Lichtstrahl alle möglichenLichtmuster erzeugen. Es ist ein ziemlichneues Verfahren, das für verschiedene An-wendungen interessant werden könnte.Wir wollen solche Elemente nun in grossenStückzahlen herstellen.

Und wie machen Sie das?In der Regel sind die diffraktiven Elementeauf einem Glassubstrat aufgebracht undetwa fünf mal fünf Millimeter gross. Eineinzelnes Element herzustellen ist relativaufwändig und kostet ungefähr 20 000Euro. Unser Ziel ist es, solche Bauteile fürwenige Cents zu verkaufen. Wir kopierendazu die Originalteile millionenfach, indemwir die Elemente auf einem Wafer anord-nen, den wir dann zersägen. Vom Handlingher ist es ähnlich wie die Chipherstellung,aber man muss nicht ganz so rein arbeiten.

Haben Sie denn mit der Massenproduktionschon begonnen?Ja, wir machen schon Massenproduktion,aber noch längst nicht auf dem Level, denwir anstreben.

Und für was braucht man diese Bauteile inso grossen Stückzahlen?Diffraktive Optik wird zum Beispiel vonSony bei der neusten Generation von Kame-ras eingesetzt oder von Leica Geosystemsbei Theodoliten. Aber ehrlich gesagt, es istimmer wieder schwierig, ein Beispiel zu fin-den, das sofort einleuchtet.(schweigt) Wir haben verschiedene Sachen,die wir produzieren, aber über die darf ichim Moment noch nichts sagen.

Gibt es denn viele Konkurrenten in diesemMarkt?Im Bereich diffraktive Optik sind wir relativallein. Unser Problem ist, dass die Methodenoch kaum bekannt ist. Deswegen kann ichauch nicht eine Palette von Anwendungen

präsentieren. Unsere Kunden reagieren amAnfang häufig auch skeptisch. Wir müssenviel Aufklärungsarbeit leisten und organi-sieren nun auf der ganzen Welt Workshops,an denen wir diffraktive Mikrooptik erklären.

Rechnet sich das für eine so kleine Firma?Wir haben zum Glück Risikoinvestoren, dieuns Geld zur Verfügung stellen. Aber es istklar, irgendwann müssen wir schwarzeZahlen schreiben.

Wie viele Leute arbeiten bei Heptagon?Hier in Zürich sind wir im Moment zwölfLeute. In Helsinki arbeiten noch zwei wei-tere Leute. Aber die machen keine For-schung, und wir haben dort auch keine Pro-duktionsanlagen.

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I M G E S P R ÄC H

I N T E RV I E W M I T D E M E N T W I C K L U N G S I N G E N I E U R H A RTM U T R U D M A N N VO N D E R H E P TAG O N AG

A B E N T E U E R STA RT- U P I N D E R M I K R O O P T I K

ETH Alumnus Hartmut Rudmann entwickelt bei der Start-up-Firma Heptagon Prozesse für die Massenproduktion von mikrooptischen Komponenten. Sein Ziel ist es, solche Bauteile möglichst günstig herzustellen. Was man mit diffraktiver Optik alles machen kann,muss er auch seinen Kunden zuerst erklären.

Das dynamische Umfeld in der Region Boston hat Hartmut Rudmann inspiriert,eine Stelle in einer Start-up-Firma zu suchen.

Warum haben Sie noch eine Filiale in Finn-land, wenn doch die entscheidende Arbeithier geleistet wird?Der Vorteil ist, dass wir uns so an europäi-schen Forschungsprojekten beteiligen kön-nen. Deshalb wäre es für uns eine Katastro-phe, wenn wir den finnischen Teil aufgebenwürden.

Wie muss man sich Ihre Arbeit konkret vor-stellen? Arbeiten Sie selber noch im Labor?In der Anfangsphase war ich oft im Labor,weil ich den Produktionsprozess zuerst ein-mal kennen lernen musste. Heute sitze ichnatürlich schon mehr im Büro und denkenach, wie man den Ablauf optimierenkönnte. Aber ich gehe immer wieder zurückins Labor und probiere Sachen aus. Dasfinde ich auch das Schöne an meinem Job.

Entwickeln Sie auch Software?Nein. Aber unser Designer beschäftigt sichmit solchen Fragen. Das Design von Elemen-ten macht einen grossen Teil unserer Ent-wicklungsarbeit aus. Mit numerischen Si-mulationen berechnen wir, welche Struktu-ren die gewünschten Lichtformen erzeugen.

In der Mikroelektronik stösst man langsamin Bereiche vor, wo quantenmechanischeEffekte wichtig werden. Gibt es in der Mi-krooptik eine ähnliche Entwicklung?Unser Designer kämpft permanent mit derPhysik. Was wir machen, kann man mit dergängigen Theorie oft kaum noch berech-nen. In der Optik gibt es verschiedene phy-sikalische Modelle. Zuoberst sind die strah-lenoptischen Modelle. Diese können Dif-fraktion gar nicht erklären. Dann gibt esauf der zweiten Ebene die diffraktiven Mo-delle. Aber diese funktionieren irgendwannauch nicht mehr. Und dann gibt es als ulti-mative Wahrheit noch die Maxwell-Glei-chungen. Aber wenn man diese jedes Mallösen muss, wird es sehr aufwändig.

Sie haben dreieinhalb Jahre am MIT gear-beitet. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?Es war eine der arbeits- und lernintensivs-ten Phasen in meinem Leben, eine absolutgeniale Zeit. Mich faszinierte auch dasUmfeld. Im Raum Boston gibt es eine Un-menge an Start-ups. Es ist phänomenal,was dort für eine geballte Ladung an Wis-sen umgesetzt wird. Das hat mich inspi-riert, hier einen Job in einer Start-up-Firmazu suchen. Ich wollte bewusst in einer Um-

gebung arbeiten, wo es noch keine festenStrukturen gibt. Man kann in einer solchenFirma in kurzer Zeit viel erreichen. Aberman ist auch einem ständigen Wechselbadder Gefühle ausgesetzt. Ich nenne das«Abenteuer Start-up». Allerdings habe ichfestgestellt, dass das hier doch etwas an-ders abläuft als in den USA.

Inwiefern?Ich glaube, die Mentalität der Leute machtden Unterschied aus. Was mir hier manch-mal fehlt, ist das Zulassen einer Elite. ImRaum Boston hat es viele Eliteschulen. JedeFirma, die dort eine Filiale eröffnet, stelltLeute von diesen Schulen ein, weil sieweiss, dass es die besten Leute sind. Manmuss Qualität an Menschen und Bildungzur Verfügung stellen und dazu die nötigentechnischen Ressourcen, dann wird einStandort attraktiv.

Im Moment gilt die Nanotechnologie alsBoom-Sektor. Teilen Sie diese Einschätzung?Was man in den Medien sieht, ist ganz klaraufgebauscht. Es werden Visionen präsen-tiert, da muss ich einfach sagen, na ja, dassind tolle Phantasien, aber davon sind wirnoch weit, weit entfernt. In vielen Berei-chen gibt es übrigens seit Jahrzehnten Na-notechnologie, nur hat das bis jetzt kaumjemanden interessiert.

Wie sieht denn die Situation im Bereich Mi-krooptik aus?Es verändert sich alles sehr schnell. Ichwurde hier vor anderthalb Jahren eigent-lich für eine ganz andere Aufgabe ein-gestellt. Aufgrund der Marktsituation hatsich meine Tätigkeit dann stark verändert.Grundsätzlich stelle ich fest, dass sich derMarkt entwickelt, es kommt langsam et-was zurück. Ich bin überzeugt, dass wir denDurchbruch schaffen werden.

Wie funktioniert eigentlich das Projekt-Management bei Heptagon?Es ist ehrlich gesagt ein ständiger Kampfzwischen Management und Entwicklung.Oft verstehen wir uns nicht, weil wir eineandere Sprache sprechen. Das Manage-ment sieht das Ganze halt von der Busi-ness-Seite. Es will wissen, wie viel einge-spart werden kann, wenn man etwasmacht. Diese Denkweise habe ich bei meinerAusbildung nicht gelernt. Aber ich bin froh,dass ich diese Sprache hier nun lernen kann.

Und was sind Ihre Prioritäten als Entwickler?Als Ingenieur möchte ich natürlich einenmöglichst guten Prozess entwickeln. Wennman nur an das Geld denkt, ist man nichtmehr so kreativ. Man nimmt dann oft dienächstbessere Lösung, weil die halt günsti-ger ist. Dabei läuft man Gefahr, die Über-sicht zu verlieren. Man fragt zu wenig:macht das eigentlich Sinn, was wir da ma-chen? Diese gegensätzlichen Prioritätenführen manchmal schon zu harten Diskus-sionen.

Interview: Felix Würsten

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Zur Person

Hartmut Rudmann, geboren 1972, stu-dierte an der ETH Zürich Materialwis-senschaften. Nach seinem Diplomab-schluss ging er 1998 ans MassachusettsInstitute of Technology (MIT), wo ereine Dissertation im Bereich Polymer-wissenschaften verfasste. Seit andert-halb Jahren arbeitet Rudmann als Ent-wicklungsingenieur bei der Firma Hep-tagon in Zürich.

Zur Firma

Das finnisch-schweizerische Start-up-Unternehmen Heptagon wurde 1993von Forschern der Helsinki University ofTechnology und der University of Joen-suu gegründet. Im Jahr 2000 übernahmdie Firma die Produktionsabteilung fürmikrooptische Komponenten des For-schungsinstituts CSEM in Zürich. Hep-tagon hat sich auf die Entwicklung undProduktion von diffraktiven optischenElementen spezialisiert.

T R E F F P U N K T

A L U M N I A K T U E L L

Liebe Ballgäste

Der Alumni-Ball 2003 war ein grosser Er-folg. Ich freue mich, Sie nun zum zweitenETH Alumni-Ball einladen zu dürfen. Vordem grossen Umbau des Dolder Grand Ho-tels bietet Ihnen der ETH Alumni-Ball amSamstag, 24. April 2004, eine letzte Gele-genheit, in den altehrwürdigen Räumen zufeiern und zu tanzen.Das Leitmotiv unseres Balles stammt aus«Der Schatzgräber» von Johann WolfgangGoethe: «Tages Arbeit, abends Gäste! SaureWochen, frohe Feste! Sei dein künftig Zau-berwort.»Geniessen Sie also den Ball im festlichenRahmen, mit alten Freunden und neuen Be-kannten bei Tanz, wunderbarem Essen, ei-nem guten Tropfen und anregenden Ge-sprächen.

Ihre Anregungen nach dem letzten Ball ha-ben wir ernst genommen. Wir können Ihnennun vor dem diesjährigen Ball einen kurzenTanzkurs empfehlen, den der ASVZ speziellfür uns durchführt. Wir bieten einen Begin-ner- und einen Auffrischungskurs an. Ne-ben den Standard-Tänzen werden auch ei-nige Spezialitäten einfliessen, so zum Bei-spiel eine kleine Einführung in den Meren-gue, den Nationaltanz der Dominikani-schen Republik.Der übernächste Ball findet übrigens am23. April 2005 statt. Da das Dolder GrandHotel zu dieser Zeit umgebaut wird, habenwir uns etwas ganz Besonderes einfallenlassen. Sie dürfen gespannt sein, was wirim Jubiläumsjahr der ETH Zürich vorhaben,und ich empfehle Ihnen, sich dieses Ballda-tum ebenfalls schon heute in Ihrem Kalen-der zu notieren.

Ich freue mich, Sie am 24. April im Dolder zusehen und mit Ihnen beim Apéro anzustos-sen. Im Namen des Ballkomitees grüsst Sie herzlich

Eva Durband

Weitere Informationen erhalten Sie unterhttp://www.alumni.ethz.ch/ oder unter:Telefon 01/632 51 00.

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T R E F F P U N K T

Vereinigung der Absolventinnen undAbsolventen der ETH Zürich, ETH Zen-trum, 8092 Zürich, Tel. 01/632 51 00,Fax 01/632 13 29, [email protected],www.alumni.ethz.ch

Wir sind stolz auf die Nobelpreisträger «un-serer» ETH! Wir haben einen liquiden Fi-nanzplatz und eine hohe Zahl internationa-ler Grossunternehmen. Trotzdem stagniertdie Schweiz. Der Schlüssel zum Erfolg einesHochlohnlandes liegt in seiner Fähigkeit,neue Erkenntnisse rasch und effektiv in In-novationen am Markt umzusetzen. DieserProzess heisst Technologietransfer. Wo ste-hen wir dabei heute? Tun wir das Richtigeund tun wir es richtig? Wer ist die Lokomo-tive: die ETH oder die Wirtschaft?Thomas von Waldkirch hat an der ETHZürich Physik studiert und anschliessendunter der Leitung von Prof. K. Alex Müllerim IBM-Forschungslaboratorium Rüschlikonseine Doktorarbeit verfasst. Nach zwei Jah-ren Tätigkeit in der Industrie übernahm vonWaldkirch 1975 die Leitung der StabsstelleForschung der Schulleitung ETH Zürich. Ab1985 initiierte er das Projekt «Technopark»auf Seiten der ETH Zürich. Seit 1991 ist er Di-rektor der Stiftung Technopark Zürich. Am

ETH-Tag 2003 wurde von Waldkirch zumständigen Ehrengast der ETH Zürich ernannt.

ETH Alumni Business Dinner,3. März 2004, 18.00 – 21.00 UhrDozentenfoyer, ETH Hauptgebäude,Anmeldung unter www.alumni.ethz.ch

Weitere Business Events:

Business Lunch mit Filippo Leutenegger,CEO Jean Frey AG, ZürichDienstag, 18. Mai 2004, 11.45 – 13.45 Uhr,ETH Zentrum, GEP-Pavillon

Business Lunch mit Fred Kindle, CEO SulzerAG, WinterthurDonnerstag, 1. Juli 2004, 11.45 – 13.45 Uhr,ETH Zentrum, GEP-Pavillon

Business Dinner mit Dr. Dr. h. c. Henri B.Meier, Verwaltungsratspräsident HBM Bio-Ventures AG, BaarDienstag, 28. September 2004, 18.00 – 21.00Uhr, Dozentenfoyer, ETH Hauptgebäude

Business Dinner mit Johann N. Schneider-Ammann, Präsident und Delegierter desVerwaltungsrates Ammann Gruppe, Lan-genthalMontag, 25. Oktober 2004, 18.00 – 21.00Uhr, Dozentenfoyer, ETH Hauptgebäude

B U S I N E S S D I N N E R M I T D R . T H O M A S VO N WA L D K I R C H , D I R E K TO R ST I F T U N G T E C H N O PA R K Z Ü R I C H

N Ü T Z T U N S D I E E T H ? U N D N U T Z E N W I R S I E ?

Der Alumni-Ball bietet eine letzte Gelegenheit, in denaltehrwürdigen Räumen des Dolder Grand Hotels zufeiern und zu tanzen. (Bild: Dolder Grand Hotel)

2 . A L U M N I - B A L L A M 2 4 . A P R I L 2 0 0 4

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