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61 MMW-Fortschr. Med. Nr. 14 / 2012 (154. Jg.) _ Helfen Bachblüten beim Asthma? Ist der Feinstaub schuld an der Erkrankung? Habe ich vielleicht einen Keuchhusten? Ist meine Atemnot etwa durch eine Wein-Allergie bedingt? Mit solchen oder ähnlichen Fragen wird man nicht selten als behandelnder Arzt konfrontiert, wenn einmal wieder ein bestimmtes Thema in den Medien Schlagzeilen macht. Die Stellungnahme zu solchen Fragen, die von Patienten dann oft in der Praxis aufgeworfen wer- den, kostet wertvolle Zeit im Praxisall- tag. Zeit, die man sich sparen kann, wenn man die modernen Medien nutzt und gezielt zur Patientenaufklärung und Patientenführung einsetzt. Facebook zur Patientenaufklärung nutzen? Bislang aber scheuen noch viele Ärzte davor zurück, Medien wie Facebook bei der Patientenführung zu integrieren. Das aber ist denkbar einfach. Denn Face- book bietet die Möglichkeit, eine eigene Praxisseite einzurichten und auf diesem Wege Patienten anzusprechen. Es reicht hierzu, sich mit Namen und Geburtsda- tum zu registrieren. Private Daten müssen – und sollten auch nicht – über diese dann weitge- hend öffentliche Facebook-Seite weiter- gegeben werden. Über die „private Sei- te“ lassen sich anschließend eine Praxis- Seite und eventuell auch unterschied- liche Benutzergruppen einrichten, bei- spielsweise für Mitarbeiter, Ärzte einer Gemeinschaftspraxis, Ärzte in einem Verband oder Netz usw. Informationen aus dem Internet direkt kommentieren Ist die Praxisseite eingerichtet, so kön- nen interessante Beiträge wie beispiels- weise eigene Informationen zum Krank- heitsbild eingestellt werden. Ebenso ist es möglich, aktuelle Beiträge zum Asth- ma bronchiale aus dem Internet in die Facebook-Seite zu übernehmen und dort für den Patienten zu kommentie- ren. Ein Beispiel: Macht im Sommer ein- mal wieder das Thema „Asthma und Ozon“ Furore, so können Internetbeiträ- ge zu der Thematik direkt auf der Pra- SEMINAR Asthmamanagement im 21. Jahrhundert Nutzen Sie neue Medien und soziale Netzwerke! Facebook und Co. haben bislang kaum Einzug in die niedergelassene Arzt- praxis gehalten. Dabei bieten die sozialen Netzwerke gute Chancen, die Patientenführung zu optimieren. Das gilt vor allem für das Asthma bronchi- ale, an dem vorwiegend jüngere Patienten leiden. Für sie ist der Umgang mit den neuen Medien gang und gäbe. Es lohnt sich deshalb, beim Asthma- management den Sprung ins 21. Jahrhundert anzutreten. MMW-Fortbildungsinitiative: Pneumologie für den Hausarzt Regelmäßiger Sonderteil der MMW-Fortschritte der Medizin Herausgeber: Bundesverband der Pneumologen, Geschäftsstelle, Hainenbachstraße 25, D-89522 Heidenheim, Tel.: 0 73 21/94 99 19, Fax: 0 73 21/94 98 19, E-Mail: [email protected] Redaktion: Christine Vetter, Köln (verantwortlich). Manche Patienten erreicht man heute am einfachsten über soziale Netzwerke. © Mihai Simonia / Fotolia Dr. Michael Barczok Niedergelassener Lungenfacharzt in Ulm xis-Facebook-Seite kommentiert wer- den. Stellt sich der Patient mit entspre- chenden Fragen in der Praxis vor, kann man ihn dann auf die Seite verweisen. Er kann die Informationen und die Kommentierung des Themas durch sei- nen Arzt lesen, ohne dass er sich dafür selbst bei Facebook registrieren lassen muss. Das gibt Patienten, die bei der Su- che nach Informationen im Internet re- gelrecht überflutet werden, Orientie- rung und erspart langatmige Erklä- rungen bei Rückfragen in der Sprech- stunde.

Nutzen Sie neue Medien und soziale Netzwerke!

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Page 1: Nutzen Sie neue Medien und soziale Netzwerke!

61MMW-Fortschr. Med. Nr. 14 / 2012 (154. Jg.)

_ Helfen Bachblüten beim Asthma? Ist der Feinstaub schuld an der Erkrankung? Habe ich vielleicht einen Keuchhusten? Ist meine Atemnot etwa durch eine Wein-Allergie bedingt?

Mit solchen oder ähnlichen Fragen wird man nicht selten als behandelnder Arzt konfrontiert, wenn einmal wieder ein bestimmtes Thema in den Medien Schlagzeilen macht. Die Stellungnahme zu solchen Fragen, die von Patienten dann oft in der Praxis aufgeworfen wer-den, kostet wertvolle Zeit im Praxisall-tag. Zeit, die man sich sparen kann, wenn man die modernen Medien nutzt und gezielt zur Patientenaufklärung und Patientenführung einsetzt.

Facebook zur Patientenaufklärung nutzen?Bislang aber scheuen noch viele Ärzte davor zurück, Medien wie Facebook bei der Patientenführung zu integrieren. Das

aber ist denkbar einfach. Denn Face-book bietet die Möglichkeit, eine eigene Praxisseite einzurichten und auf diesem Wege Patienten anzusprechen. Es reicht hierzu, sich mit Namen und Geburtsda-tum zu registrieren.

Private Daten müssen – und sollten auch nicht – über diese dann weitge-hend öffentliche Facebook-Seite weiter-gegeben werden. Über die „private Sei-te“ lassen sich anschließend eine Praxis-Seite und eventuell auch unterschied-liche Benutzergruppen einrichten, bei-spielsweise für Mitarbeiter, Ärzte einer Gemeinschaftspraxis, Ärzte in einem Verband oder Netz usw.

Informationen aus dem Internet direkt kommentierenIst die Praxisseite eingerichtet, so kön-nen interessante Beiträge wie beispiels-weise eigene Informationen zum Krank-heitsbild eingestellt werden. Ebenso ist es möglich, aktuelle Beiträge zum Asth-ma bronchiale aus dem Internet in die Facebook-Seite zu übernehmen und dort für den Patienten zu kommentie-ren.

Ein Beispiel: Macht im Sommer ein-mal wieder das Thema „Asthma und Ozon“ Furore, so können Internetbeiträ-ge zu der Thematik direkt auf der Pra-

SEMINAR

Asthmamanagement im 21. Jahrhundert

Nutzen Sie neue Medien und soziale Netzwerke!

Facebook und Co. haben bislang kaum Einzug in die niedergelassene Arzt-praxis gehalten. Dabei bieten die sozialen Netzwerke gute Chancen, die Patientenführung zu optimieren. Das gilt vor allem für das Asthma bronchi-ale, an dem vorwiegend jüngere Patienten leiden. Für sie ist der Umgang mit den neuen Medien gang und gäbe. Es lohnt sich deshalb, beim Asthma-management den Sprung ins 21. Jahrhundert anzutreten.

MMW-Fortbildungsinitiative: Pneumologie für den HausarztRegelmäßiger Sonderteil der MMW-Fortschritte der Medizin

Herausgeber:Bundesverband der Pneumologen, Geschäftsstelle, Hainenbachstraße 25, D-89522 Heidenheim, Tel.: 0 73 21/94 99 19, Fax: 0 73 21/94 98 19, E-Mail: [email protected]

Redaktion:Christine Vetter, Köln (verantwortlich).

Manche Patienten erreicht man heute am einfachsten über soziale Netzwerke.

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Dr. Michael Barczok Niedergelassener Lungenfacharzt in Ulm

xis-Facebook-Seite kommentiert wer-den.

Stellt sich der Patient mit entspre-chenden Fragen in der Praxis vor, kann man ihn dann auf die Seite verweisen. Er kann die Informationen und die Kommentierung des Themas durch sei-nen Arzt lesen, ohne dass er sich dafür selbst bei Facebook registrieren lassen muss. Das gibt Patienten, die bei der Su-che nach Informationen im Internet re-gelrecht überflutet werden, Orientie-rung und erspart langatmige Erklä-rungen bei Rückfragen in der Sprech-stunde.

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SEMINAR–FORTBILDUNG

Asthma-Patienten auf dem Laufenden haltenNoch intensiver gelingt die Patientenbe-treuung über eine solche Praxis-Face-book-Seite bei Patienten, die selbst bei Facebook registriert sind und das sozi-ale Netzwerk regelmäßig nutzen. Sie können sich auf diesem Wege mit der Praxis vernetzen und werden automa-tisch darauf hingewiesen, wenn der Arzt neue Informationen ins Netz einstellt.

Eine solche Vernetzung mit der Pra-xis ist vor allem für junge Asthma-Pati-enten bedeutsam, die wie selbstver-ständlich mit Smartphone und iPad auf-wachsen. Wird bei den jungen Men-schen die Diagnose „Asthma“ gestellt, so wollen sie in aller Regel wissen, was dies für sie bedeutet und sind interes-siert daran, neue Entwicklungen und neue Forschungsergebnisse zu erhalten. Diese lassen sich ohne großen Aufwand per Praxis-Facebook-Seite entsprechend interessierten Patienten zugänglich ma-chen.

Kompetenz in mehreren Bereichen demonstrierenGanz nebenbei schafft man sich als nie-dergelassener Hausarzt oder Pneumolo-ge damit zugleich das Image, in Sachen Asthma und Asthmatherapie besondere Kompetenz zu besitzen und zudem ein „moderner Arzt“ zu sein, der die Kom-munikationswege des 21. Jahrhunderts zu nutzen weiß!

Dieses Image erhält man unter Um-ständen aber nicht nur bei den eigenen Patienten, sondern auch darüber hinaus bei deren Facebook-Freundesgemeinde, ganz abgesehen davon, dass die gene-rierten seriösen Informationen über diesen Weg quasi sternförmig nach au-ßen verbreitet werden. Damit ließe sich zugleich ein Kontrapunkt zu der unge-richteten und unselektierten Informati-onsflut im Internet setzen, mit der sehr oft auch falsche und unseriöse Inhalte vermittelt werden.

Wie eine solche Praxispräsenz bei Fa-cebook aussehen kann, lässt sich bei-spielsweise unter www.lungenzentrum-ulm.de anschauen, wenn dort auf der

Homepage das Symbol für Facebook aufgerufen wird. Außerdem wird derzeit an einer entsprechenden Präsenz des Bundesverbandes der Pneumologen ge-arbeitet, sodass sich künftig noch wei-tere Vernetzungsmöglichkeiten ergeben werden. Auch die Kinder- und Jugend-ärzte nutzen bereits seit einiger Zeit Fa-cebook (https://www.facebook.com/ju-gendaerzte).

Moderner „Zusatznutzen“Das Medium bietet den niedergelas-senen Ärzten weit mehr Vorteile als die klassische Homepage, die die überwie-gende Mehrzahl der Praxen längst ein-gerichtet hat. Während die Homepage jedoch quasi statisch Informationen zur Praxis, den Praxisinhabern und mögli-cherweise auch zu Praxisschwerpunkten bereithält und über Sprechstunden-zeiten informiert, bietet die Facebook-Praxisseite die Chance der aktiven Kom-munikation mit dem Patienten.

So können die Patienten zum Bei-spiel über diesen Weg auch an wichtige Termine erinnert werden, etwa wenn für Pollenallergiker die Wiederaufnah-me der Hyposensibilisierung ansteht oder wenn „Infektzeit“ ist und COPD-Patienten entsprechende Vorsicht wal-ten lassen sollten und an eine Influenza-Impfung denken sollten.

Den Behandlungsplan einbindenMehr noch: Die Präsenz in den moder-nen Medien kann direkt dazu genutzt werden, den Behandlungsplan zu inte-grieren und so den Patienten in diesen stärker einzubinden und stärker darin zu unterstützen, die vereinbarten Thera-pieziele zu erreichen. Das lässt sich übri-gens durch Apps, wie sie heutzutage zu vielen Themen angeboten werden – also beispielsweise Apps zum Pollenflug oder zur Raucherentwöhnung – noch unter-stützen. Die Chancen einer solch mo-dernen Patientenführung werden in der Asthmatherapie bislang noch unzurei-chend genutzt.

Per Facebook können zudem regio-nale Netzwerke mit Ärzten anderer Fachrichtungen initiiert und gepflegt

werden. Das Medium lässt sich außer-dem zur Fortbildung der eigenen Mitar-beiter und Mitarbeiterinnen nutzen, indem zum Beispiel eine spezielle Be-nutzergruppe eingerichtet wird, die von anderen Facebook-Nutzern nicht einge-sehen werden kann.

Herausforderung und Chance zugleichGanz davon abgesehen ist die Auseinan-dersetzung mit den neuen Medien und den sozialen Netzwerken für den nie-dergelassenen Arzt in der heutigen Zeit praktisch unerlässlich. Denn die Kom-munikationswege haben sich in den ver-gangenen Jahren erheblich gewandelt. Das spüren derzeit insbesondere die Ärzte, die vor allem junge Patienten mit chronischen Erkrankungen betreuen, wie es beim Asthma der Fall ist. Diese Entwicklung wird sich zweifelsohne fortsetzen.

Junge Patienten haben andere Kom-munikationswege und Kommunikati-onsmuster als alte Patienten. Auch diese modernen Kommunikationswege zu kennen und gezielt zu nutzen, gehört mit zu den Herausforderungen, vor der die niedergelassene Praxis in der heu-tigen Zeit steht.

Mini-Internet-Cafe in der PraxisDie modernen Medien bieten zugleich die Chance einer intensiveren und per-sönlicheren Patientenführung als sie noch vor wenigen Jahren denkbar war. Diese Chancen gilt es zu nutzen und sei es auch nur als Mini-Internet-Café per iPad in der Praxis, um den Patienten die Möglichkeit zu geben, die Wartezeit kurzweilig zu gestalten. Ganz nebenbei lässt sich der Patient so automatisch auf die Facebook-Praxisseite führen und lernt diese kennen.

Das Asthma bronchiale kann in die-ser Hinsicht Signalfunktion haben und ist ein idealer Ausgangspunkt, um mit einer adäquaten Praxispräsenz in den modernen Medien den Sprung in die Patientenführung des 21. Jahrhunderts zu wagen. ■