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Nutzen und Schädlichkeit der Hanfpflanze werden kontrovers diskutiert. Ist Cannabis ein Abhängigkeit erzeugendes Rausch- gift oder ein harmloses Genussmittel? Wie «normal» ist der Konsum von Cannabisprodukten mittlerweile geworden? Wel- che körperlichen und psychischen Wirkungen und Risiken sind unmittelbar beim Gebrauch und bei chronischem Konsum zu er- warten? Was ist bei der Prävention und Schadensreduktion zu beachten, wenn man den Cannabisgebrauch weder dramatisie- ren noch banalisieren will? Cannabis Cannabis ist als Heil-, Kult- und Rausch- mittel zum Beispiel in Vorderasien seit Tau- senden von Jahren bekannt. Auch in Europa haben der Anbau und die Verwendung von Hanfprodukten eine lange Tradition. Die Nutzpflanze Hanf (Cannabis sativa) gab bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen wich- tigen Faserrohstoff für Seile und Stoffe ab, aus den Hanfsamen wurde Hanföl gepresst, und auch um die psychoaktive Wirkung des Hanfes wusste man schon früh. In der Volksmedizin fanden Hanfextrakte thera- peutische Verwendung. Der Hanf verlor an Terrain, als die synthe- tischen Fasern aufkamen, ergiebigere Öl- pflanzen angebaut und die Hausapotheken mit Produkten der modernen Pharma- industrie chemisch aufgerüstet wurden. Nicht allein der psychoaktiven Wirkung wegen, sondern auch aufgrund der Kon- kurrenz der neuen Produkte wurde Canna- bis weltweit zunehmend geächtet. Cannabis – eine verbotene Droge Im italienischen Einheitstext zur Drogen- gesetzgebung (Nr. 309/1990) ist Cannabis über seine Wirksubstanz THC in die Tabelle der gesetzlich verbotenen Substanzen ein- getragen. Der Anbau von Hanf sowie Be- sitz, Handel und Weitergabe von Cannabis sind strafbar. Im Jahr 2006 ist das Gesetz verschärft worden. Die in Italien erlaubte Höchstmenge «für den Eigenbedarf» wird über die Wirksub- stanz THC definiert und liegt derzeit bei 500 Milligramm. Das bedeutet aber keines- Hanf – eine alte Kulturpflanze wegs Straffreiheit für die Konsumenten. Wer mit Cannabis erwischt wird, muss im Regierungskommissariat oder in der Quä- stur vorstellig werden und kann mit dem zeitweiligen Entzug des Führerscheins, des Waffen- und Reisepasses belegt wer- den oder mit dem Verbot, diese zu erwer- ben. Zudem werden die Betroffenem dem Dienst für Abhängigkeitserkrankungen als Konsumenten gemeldet. Alles was darüber liegt, gilt als Handel und wird dementsprechend schwer bestraft. Dass das Verbot nicht nur auf dem Papier steht, sondern effektiv durchgesetzt wird, belegt die Tatsache, dass in Italien im Jahr 2006 26.734 Personen wegen Cannabis- konsums angezeigt wurden.

Nutzen und Schädlichkeit der Hanfpflanze werden kontrovers ...1).pdf · Nutzpflanze Hanf (Cannabis sativa) gab bis zu Beginn des 20. Jahr hunderts einen wich - ... Cannabis enthält

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Page 1: Nutzen und Schädlichkeit der Hanfpflanze werden kontrovers ...1).pdf · Nutzpflanze Hanf (Cannabis sativa) gab bis zu Beginn des 20. Jahr hunderts einen wich - ... Cannabis enthält

Nutzen und Schädlichkeit der Hanfpflanze werden kontrovers

diskutiert. Ist Canna bis ein Abhängigkeit erzeu gen des Rausch-

gift oder ein harmlo ses Genuss mittel? Wie «normal» ist der

Konsum von Cannabisprodukten mittlerweile geworden? Wel-

che körperlichen und psychischen Wirkungen und Risiken sind

unmittelbar beim Gebrauch und bei chronischem Konsum zu er-

warten? Was ist bei der Prävention und Schadensreduktion zu

beachten, wenn man den Cannabisgebrauch weder dramatisie-

ren noch banalisieren will?

CannabisCannabis ist als Heil-, Kult- und Rausch-mittel zum Beispiel in Vorderasien seit Tau-senden von Jahren bekannt. Auch in Europa haben der Anbau und die Ver wendung von Hanfprodukten eine lange Tradition. Die Nutzpflanze Hanf (Cannabis sativa) gab bis zu Beginn des 20. Jahr hunderts einen wich-tigen Faserrohstoff für Seile und Stoffe ab, aus den Hanf samen wurde Hanföl gepresst, und auch um die psychoaktive Wirkung des Hanfes wusste man schon früh. In der Volksmedizin fanden Hanf extrakte thera-peutische Verwendung.

Der Hanf verlor an Terrain, als die syn the-tischen Fasern aufkamen, ergiebigere Öl-pflanzen angebaut und die Haus apotheken mit Produkten der modernen Pharma-industrie chemisch aufgerüstet wurden. Nicht allein der psychoaktiven Wir kung

wegen, sondern auch aufgrund der Kon-kurrenz der neuen Produkte wurde Canna-bis weltweit zunehmend geächtet.

Cannabis – eine verbotene DrogeIm italienischen Einheitstext zur Drogen-gesetzgebung (Nr. 309/1990) ist Cannabis über seine Wirksubstanz THC in die Tabelle der gesetzlich verbotenen Substanzen ein-getragen. Der Anbau von Hanf sowie Be-sitz, Handel und Weitergabe von Cannabis sind strafbar.

Im Jahr 2006 ist das Gesetz verschärft worden.

Die in Italien erlaubte Höchstmenge «für den Eigen bedarf» wird über die Wirksub-stanz THC definiert und liegt derzeit bei 500 Milligramm. Das bedeutet aber keines-

Hanf – eine alte Kulturpflanze

wegs Straffreiheit für die Konsumenten. Wer mit Cannabis erwischt wird, muss im Regierungskommissariat oder in der Quä-stur vorstellig werden und kann mit dem zeitweiligen Entzug des Führerscheins, des Waffen- und Reisepasses belegt wer-den oder mit dem Verbot, diese zu erwer-ben. Zudem werden die Betroffenem dem Dienst für Abhängigkeitserkrankungen als Konsumenten gemeldet.

Alles was darüber liegt, gilt als Handel und wird dementsprechend schwer bestraft.Dass das Verbot nicht nur auf dem Papier steht, sondern effektiv durchgesetzt wird, belegt die Tatsache, dass in Italien im Jahr 2006 26.734 Personen wegen Cannabis-konsums angezeigt wurden.

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bereich absorbiert, mit dem Blut in die Leber und von dort ins Gehirn transpor-tiert. Beim Rauchen oder beim Inhalieren der Dämpfe gelangt das THC über die un-zähligen Kapillaren der Lungen oberfläche ins Blut und unter Umgehung der Leber ins Gehirn. Die Wirkung von gegessenem Cannabis unterscheidet sich deutlich von jener, die das Rauchen hervorruft.

Die Wirkung tritt beim Rauchen spätes-tens nach 10 Minuten voll ein. Der maxi-male THC-Spiegel im Blut ist bereits in-nerhalb von 15 bis 30 Minuten erreicht. Die psychoaktive Wirkung dauert 2 bis 4 Stunden. Beim Essen von Cannabis (z.B. in Form von Keksen) dauert es länger bis zum Wirkungs eintritt.

Wirkungseintritt und WirkungsdauerDie Wirkung von Cannabis hängt ab von:• derKonsumform(rauchen,essen)• derKonsumtechnik(z.B.Tiefeder

Inhalation)• derKonsummenge• demTHC-GehaltdesCannabis• derKonsumerfahrung• derpsychischenBefindlichkeitdesoder

der Konsumierenden • derKonsumsituation

Haschisch und Marihuana sind heute in Eu ropa die meistverbreiteten illegalen Drogen. Trotz der gesetzlichen italieni-schen Lage und der damit verbundenen Strafandrohung haben viele Erfahrungen mit Cannabis. In Italien haben im Jahr 2005 32% der Allgemeinbevölkerung min-destens einmal in ihrem Leben und 12% in den letzten 12 Monaten Cannabis konsu-miert (IPSAD).

Für Südtirol hat die Jugendstudie (869 Personen zwischen 15 und 25 Jahren) aus dem Jahr 2004 ergeben, dass 36,9% der befragten Personen zumindest einmal im Leben Cannabis konsumiert haben, 7,9% der Personen konsumierten zum Zeitpunkt der Erhebung. Im Jahr 2006 gaben 23,2% der 15-jährigen Buben und 22,2% der gleichaltrigen Mädchen an, in den letzten 12 Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben (HBSC-Studie, Pro-vinz Bozen). Bedeutsam ist dabei, dass sich zwischen den Geschlechtern nur mehr ge-ringe Unterschiede ergeben. Viele Jugendli-che haben schon Erfahrungen im Umgang mit der illegalen Substanz Cannabis.

AufnahmeWird Cannabis gegessen, wird das THC zunächst im Magen und im oberen Darm-

Der Wirkungsort von THC ist vor allem das Gehirn. Im Jahre 1988 wurde die Exi stenz spezifischer Rezeptoren für Canna bi noide im Gehirn und Nervensystem nachgewie-sen. Wenige Jahre später ent deckten amerikanische Forscher ein körpereige-nes Cannabinoid (Anandamide), das auf die se Rezeptoren anspricht. Im Tierver-such lösen Anandamide das gesamte Wir-kungsspektrum aus, das auch von THC bekannt ist: Anandamide beeinf lussen Bewegungskoordination, Emo tionen und Gedächtnisfunktionen, lassen Schmerzen vergessen, machen gesellig und friedfer-tig. Im Hirnstamm, der lebenswichtige Funktionen wie die Atmung steuert, finden sich kaum oder keine THC-/Anandamid-Rezeptoren. Hie r aus erklärt man sich, dass THC – im Unterschied etwa zu den Opia-ten – keinen Einfluss auf lebenserhaltende Grundfunktionen hat.

NachweisbarkeitDie Nachweisbarkeit von Cannabis ist in-dividuell recht unterschiedlich und hängt vom Konsum, vom Körperfett und vom Stoffwechsel ab. THC ist äußerst fett-löslich und lagert sich im Fettgewebe ab. Derart deponiertes THC wird nur langsam wieder freigegeben, sodass sich der THC-Blut spiegel nur allmählich senkt und der Wirkstoff im Blut lange messbar bleibt. Im Urin chronisch Cannabis Konsumierender kann man noch wochenlang THC nach-weisen, auch wenn kein aktueller Konsum mehr stattgefunden hat. Gelegen tlicher Cannabis gebrauch hinterlässt noch wäh-rend einiger Tage Spuren im Urin. Im Spei-chel können Cannabisrückstände etwa 24 Stunden, im Haar gar noch viele Mona te nach dem letzten Konsum nachgewiesen werden.

Cannabis ist die botanische Bezeichnung der Hanfpflanze. In Europa ist Cannabis sati-va die dominierende Art. Für den Gebrauch als psychoaktive Droge werden benutzt:• Marihuana (getrocknete Blatt-, Blüten- und Stängelteile)• Haschisch (Harz der Blütenstände, vermischt mit Teilen der Blüten und Blätter)• Haschischöl (dickflüssiges, teerartiges Konzentrat) Cannabis enthält rund 420 Inhaltsstoffe, darunter 60 Cannabinoide. Der wichtigste psychoaktive Stoff ist Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC).

Die THC-Konzentration von Marihuana betrug früher je nach Sorte 0,5 bis 5 Prozent.

Neue Pflanzensorten enthalten heute mehr THC. So wurde bei beschlagnahmten Marihuana-und Haschisch-Sorten ein mittlerer THC-Gehalt von 20 bis 25 Prozent gemessen. Über die längerfristigen gesundheitlichen Auswirkungen der stärkeren Marihuana-Sorten gibt es kaum Forschungsarbeiten.

Der Cannabiskonsum

Die Pflanze

Je nach Dosis (Menge des zugeführten THC), Konsumart, Cannabiserfahrung, Persönlichkeit, momentaner psychischer Verfassung und Konsumsituation kön-nen verschiedene Drogeneffekte sowohl neben- als auch nacheinander auftreten. Cannabiswirkungen können mehr oder weniger intensiv sein sowie als eher ange-nehm oder unangenehm erlebt werden. Cannabis hat auf die verschiedenen Men-schen ganz verschiedene Wirkungen und löst teils völlig unterschiedliche Empfin-dungen aus.

Kurzfristige körperliche Wirkungen• TrockenerMundundtrockeneKehle• GeröteteAugenbindehäute• Herzfrequenzerhöhung, Blutdruckver-

änderungen• Muskelentspannung• Konzentrationsschwächen, verlängerte

Reaktionszeiten• Eingeschränkte Merkfähigkeit, bruch-

stückhaftes Denken• Bewegungsstörungen und Schwindel

(besonders beim Aufstehen)• Niedrigere Hauttemperatur (Kälte-

gefühl)• VerminderterAugeninnendruck• Bei Überdosierung auch Kreislaufpro-

bleme und Erbrechen

Kurzfristige psychische Wirkungen• VerändertesWachbewusstsein, höhere

Musik- und Lichtempfindlichkeit• Assoziationsreichtum mit Rede- und

Lachdrang• EuphorieundEnthemmung• Wohlige Entspannung, Leichtigkeit,

Wattegefühl• Gemeinschaftserleben• GesteigertesSelbstbewusstsein• VeränderungdesZeitempfindens,inne-

re Ruhe, verlangsamter Antrieb• Gleichgültigkeit und Abwendung von

der Umwelt• Gelegentliche und atypische Zustän-

de von Desorientierung, Verwirrtheit, Angst, Panik und Wahn, vor allem nach Überdosierung

Risiken des CannabiskonsumsEs ist nicht immer einfach, Hypothesen, Spekulationen und drogenpolitisch mo-tivierte Über- bzw. Untertreibungen derGefährlichkeit der Droge von den wissen-schaftlich fundierten Aussagen über die Risiken des Cannabisgebrauchs zu unter-scheiden. Die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums werden durch mehrere Faktorenbeeinflusst:Drogenqualität,Do-sierung, Häufigkeit und Gebrauchsdauer, Gesundheitszustand, Vorschädigungen, psychische Veran lagung und Konsumbe-dingungen.

Risiken für Körper und Psyche• BeeinträchtigteLungenfunktion,chroni-

sche Bronchitis, Krebserkrankungen im Bereich der Atemwege durch jahre-langes Rauchen von Cannabis-Tabakmi-schungen gelten als erwiesen, wie auch:

• Mögliche Schädigungen des Immun-und Fortpflanzungssystems und hormo-nale Störungen.

• Bei Frauen kann möglicherweise dasRisiko der Unfruchtbarkeit steigen, bei Männern kann es zu Veränderungen des Spermas führen.

• CannabinoidedurchdringendiePlazen-ta. Entwicklungsstörungen bei Föten und daraus resultierende Verhaltensauf-fälligkeiten beim Kin d sind nicht auszu-schließen.

• MittelsdurchgeführterTestsmitCanna-bis-Gewohnheitskonsumenten wurden Störungen der Merkfähigkeit und der Aufmerksamkeit nachgewiesen. Die Gefahr von Veränderungen in den Hirn-strukturen ist umso größer, je früher im Leben Cannabis konsumiert wird.

• Der Gebrauch von Cannabis ist miteinem erhöhten Risiko verbunden, an Schizophrenie oder einer psychotischen Störung zu erkranken. Ebenso kann häufiger Konsum mit dem Auftreten von Angstzuständen und Depression einher-gehen. Der Ursache-Wirkung-Zusam-menhang ist allerdings noch unklar.

• Derüber längereZeit fortgesetzteKon-sum von Cannabis kann – besonders hin-sichtlich langfristiger Zielsetzungen – die Motivation der Person verändern.

UnfallgefahrDie Fahrtüchtigkeit wie auch die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen sind unter Einfluss von Cannabis stark beeinträchtigt und bringen ein hohes Risiko von Fehlern und Unfällen mit sich.

Das Lenken von Fahrzeugen unter der Wir-kung von Cannabis wird hart bestraft und schließt den Entzug des Führerscheins, Haft bis zu drei Monaten und Strafen von 1.000 bis 4.000 Euro ein.

Abhängigkeitsrisiko bestehtBei häufigem Cannabiskonsum kann sich eine körperliche Abhängigkeit entwickeln, die eventuell auch mit einer Toleranz-entwicklung einhergeht, d.h. es wird eine höhere Dosierung der Substanz zur Errei-chung desselben Effektes benötigt. Viel größer ist allerdings die Gefahr einer psy-chischen Abhängigkeit. Vor allem beim re-gelmäßigen Konsum in Kombination mit einem psychischen Missbefinden besteht die Gefahr, dass der Konsum von Canna-bis zu einer «Scheinlösung» von Problemen wird.

Eine Einstiegsdroge?Heute wird Cannabis nicht mehr als Ein-stiegsdroge bewertet, d.h. man muss nicht automatisch später zu härteren Drogen greifen, wenn man Cannabis konsumiert. Allerdings werden die Berührungsängste gegenüber dem Probieren von anderen Drogen geringer. Cannabis wird zudem häufig zusammen mit anderen Rauschmit-teln konsumiert (Mischkonsum), wodurch sich das Risiko erhöht, körperlich oder psychisch Schaden zu nehmen.

Wirkungen und Risiken

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27,0%26,4%

23,2%22,2%

15,7%13,8%

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Jugendliche: Zugänge nach Alter und Konsumform differenzierenTrotz gesetzlichem Verbot ist der Konsum von Cannabis eine Realität. Studien zeigen, dass ab ca. 15 Jahren einige Jugendliche anfangen, Cannabis auszuprobieren, man-che konsumieren es auf Partys und einige beginnen, regelmäßig zu konsumieren. An-gesichts der sehr verschiedenen Konsum-muster ist es nicht einfach, eine für alle gel-tende Präventionsbotschaft zu geben.

Grundsätzlich sollte man sich am Ziel orientieren, dass nicht konsumiert wird. Jugendlichen darf nicht der Eindruck ver-mittelt werden, dass Cannabiskonsum akzeptiert oder gar gutgeheißen wird. Bei Jugendlichen, die Cannabis ausprobiert haben, sollte man verhindern, dass sie zu einem «Freizeitkonsum» übergehen, d. h.

man sollte darauf hinarbeiten, dass sie nicht weiter kiffen – auch nicht ab und zu.

Heranwachsende, die bereits gelegent-lich kon sumieren, sollten dazu motiviert werden, die Häufigkeit ihres Konsums zu reduzieren bzw. mit dem Konsum ganz aufzuhören, damit sie nicht in einen regel-mäßigen oder gar täglichen (gewohnheits-mäßigen) Konsum abgleiten. Es geht also darum, individuelle Zugänge zu finden, die sich auf Dialog und Beratung stützen.

Jugendliche, die regelmäßig oder gar täglich Cannabis konsumieren, befinden sich in einer besonders risikoreichen Situ-ation. Sie sollten dazu motiviert werden, den Konsum möglichst zu stoppen oder ihn mindestens deutlich zu reduzieren. Wer häufig konsumiert, riskiert abhängig zu werden und evtl. nicht mehr aus eige-ner Kraft aufhören zu können. In solchen Fällen ist es wichtig und hilfreich, sich an Ärzte/Ärztinnen oder Fachpersonen von Suchtberatungsstellen zu wenden.

Schadensverminderung bei ErwachsenenEine wirklichkeitsnahe Politik zur Ver-hinderung von Drogenproblemen sollte pragmatisch sein: Trotz des gesetzlichen Verbots und trotz aller Risiken, Gesund-heitsschäden und Unfälle zu erleiden, gibt es Personen, die Cannabis konsumieren! Deswegen ist es wichtig, dass sich die Prä-vention auch an Konsumierende richtet,

damit diese in den Situationen, in denen sie konsumieren, so wenig Risiken wie möglich eingehen.

Erste Regel: Kein Cannabiskonsum, wenn man

sich psychisch unwohl fühlt! Cannabis ist kein Mittel, um sich besser zu fühlen oder Prob-leme zu lösen. Im Gegenteil: In Situationen psychischer Krisen kann die Hanfdroge die negativen Gefühle noch verstärken.

Zweite Regel: Cannabis niemals in Situationen

konsumieren, die Konzentration und Aufmerk-

samkeit erfordern, z.B. in der Schule oder am Arbeitsplatz, beim Bedienen von Ma-schinen und im Straßenverkehr. Die revi-dierte Straßenverkehrsordnung sieht eine Nulltoleranz für alle illegalen Drogen, also auch für Cannabis, bei der Verkehrsteil-nahme vor.

Dritte Regel: Um die Entstehung einer Abhän-

gigkeit zu vermeiden, sollten die Häufigkeit des Gebrauchs und die Konsummenge mög lichst gering gehalten werden. Anders gesagt: Der Cannabisgebrauch sollte epi-sodisch bleiben und keinen zu wichtigen Platz einnehmen.

Vierte Regel: Keinen Mischkonsum von Drogen

betreiben. Cannabis zusammen mit Alko-hol, Psychopharmaka oder Drogen wie z.B. Ecstasy ergibt gefährliche Mischungen mit unvorhersehbaren Folgen.

Prävention

Anlaufstellen für Betroffene und auch für deren Angehörige sind die Dienste für Abhängigkeits erkrankungen – D.f.A.:

Gesundheitsbezirk Bozen: Neubruchweg 3, 39100 Bozen, Tel. +39 0471 907 070

Gesundheitsbezirk Brixen: Dantestr. 26, 39042 Brixen, Tel. +39 0472 835 695

Gesundheitsbezirk Bruneck: Andreas-Hofer-Str. 25, 39031 Bruneck Tel. +39 0474 586 200

Gesundheitsbezirk Meran: Alpinistr. 3, 39012 Meran, Tel. +39 0473 443 299

«La Strada– Der Weg» Maria-Heim-Weg 42, 39100 BozenGrüne Nummer 800 621 606

Weitere Informationen und Hinweise finden Sie im Internet unter www.forum-p.itwww.suedtirol.dronet.org

Wiedergabe mit freundlicher Geneh migung der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogen probleme SFA, Lausanne

Männlich Weiblich

Mind. einmal in denletzten 30 Tagen

Cannabiskonsum der 15-jährigen Schüler/innen 2006 (HBSC-Südtirol)

Die Cannabisprävention muss über Konsumrisiken informieren und sich vor allem an Personen richten, die besonders gefährdet sind, d.h. denen dringend empfohlen werden muss, nicht zu konsumieren. Dazu zählen insbesondere:• Kinder und Heranwachsende. Sie

sind besonders empfindlich hinsicht-lich der Auswirkungen des Canna-biskonsums auf ihre Gesundheit und ihre psychosoziale Entwicklung

• Schwangere und stillende Mütter• Herz- und Lungenkranke • Menschen mit psychischen Erkran-

kungen

An die lokale Realität adaptiert vom Forum Prävention, Talfergasse 4, 39100 Bozen, Tel. +39 0471 324801, [email protected] und von den Diensten für Abhängigkeits-erkrankungen – D.f.A.

Mind. einmal im Leben (Lebenszeitprävalenz)

Mind. einmal in denletzten 12 Monaten

Ausg

abe

2008