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Plasma + Oberfläche 2/2010 18 Oberflächenbehandlung Eine gute Benetzung durch Lack oder Klebstoff wird nur auf sauberen, tro- ckenen, öl- und silikonfreien Werk- stoffoberflächen erzielt. Dies gilt für alle Substrate – Metall, Kunststoff und Elastomere, gleichermaßen unabhän- gig davon, ob diese lackiert, verklebt oder sonst wie beschichtet werden. Der Silikonfreiheit von Oberflächen kommt weiterhin eine besondere Be- deutung zu, wenn diese in Produkten zum Einsatz kommen, die das Kriteri- um labs-Freiheit erfüllen müssen. Die Bauteileigenschaft 'silikonfrei' reicht häufig für den Einsatz von z. B. Dichtringen in der Medizintechnik oder bei der Druckluftführung in der hoch- automatisierten Lackiertechnik nicht aus. Die in solchen Anwendungen ein- gesetzten Komponenten müssen frei von allen lackbenetzungsstörenden Substanzen (labs-frei) sein, um Fehlstel- len bzw. Verunreinigungen im, am oder durch das Endprodukt auszuschließen. Für die Verunreinigung von Bauteilen mit silikonhaltigen Substanzen gibt es zahlreiche Ursachen. Interne und exter- ne Trennmittel zur leichteren Entfor- mung von Spritzgießteilen oder vul- kanisierten Komponenten kommen ebenso in Frage, wie Gleitmittel bei der Extrusion von Elastomerprofilen. Auch Pigmente und Füllstoffe werden zur besseren Dispergierbarkeit in der Poly- mermatrix mit silikonhaltigen Emulsio- nen behandelt. Die Bauteilkontamina- tion kann weiterhin im Produktions- prozess durch Schmiermittel von bewegten Werkzeugteilen oder Schläu- chen erfolgen. Ungenügende Sorgfalt bei der Reinigung von Decken- und Bodenfiltern oder der Wasserabschei- dung in Lackierkabinen kann zu Kra- tern in der applizierten Lackschicht füh- ren, die oftmals durch Silikonreste unbekannten Ursprungs hervorgeru- fen werden. Ebenso ist durch eine un- sachgemäße Verpackung von labs-frei- en Bauteilen deren erneute Kontami- nation vorprogrammiert. In der Regel stellt der Mensch, der die Teile hand- habt, unbewusst durch imprägnierte Arbeitskleidung, das Tragen von Gum- mihandschuhen, die Anwendung von Kosmetika und Hautschutzsalben, Pro- dukten zur Frisurstabilisierung oder von Duftstoffen, die 'Verschmutzungs- quelle' dar. Nicht alle dieser möglichen Verursacher können im Laufe der Herstellungskette ausgeschlossen werden. Deshalb benö- tigen die Teile, um die Anforderung labs-frei zu erfüllen, eine maßgeschnei- derte Reinigung. Eine einfache Mög- lichkeit stellt die Reinigung mit Lö- semitteln dar. Sie ist allerdings aus arbeitsmedizinischer Sicht und unter Berücksichtigung der aktuellen VOC- Richtlinie nicht zu favorisieren. Ein innovatives, bereits im Produktions- einsatz befindliches Verfahren zur Er- zielung labs-freier Oberflächen ist die Beaufschlagung der zu reinigenden Bauteile mit Plasma. Der Prozess im Niederdruck zeichnet sich durch das Zusammenspiel von UV-Strahlung, abgestimmtem Prozessgas, Gaszufüh- rung und -absaugung aus, wodurch sili- konhaltige Substanzen in flüchtige und nicht flüchtige Bestandteile umgewan- delt und abgeführt werden. Die Pro- zesszeit für die Reinigung der Oberflä- che hängt vom Grad der Verschmut- zung ab. Die Teilereinigung im Plasma ist ein trockener Prozess, d. h. es fallen keine Reaktionsprodukte an, die ent- sorgt werden müssen. Die Prozessfüh- rung ist so ausgelegt, dass in der Kam- mer keinerlei silikonhaltige Substanzen verbleiben. Bei der anschließenden Tei- lehandhabung muss äußerste Sorgfalt gewährleistet sein. Es ist darauf zu ach- ten, dass die Entnahme aus der Kam- mer mit labs-freien Handschuhen er- folgt, da die Produkte sonst erneut kon- taminiert werden. Optimal ist der Prozessablauf gestaltet, wenn die Plas- maanlage als Schleuse zwischen dem Produktionsbereich und dem labs-frei- en Montage- oder Lackierbereich ein- Silikonfreiheit von Oberflächen ױAbb. 1: Dichtringe während des Reinigungsprozesses in der drehenden Plasmakammer Bild: plasma technology GmbH

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Plasma + Oberfläche 2/201018

Oberflächenbehandlung

Eine gute Benetzung durch Lack oder Klebstoff wird nur auf sauberen, tro-ckenen, öl- und silikonfreien Werk-stoffoberflächen erzielt. Dies gilt für alle Substrate – Metall, Kunststoff und Elastomere, gleichermaßen unabhän-gig davon, ob diese lackiert, verklebt oder sonst wie beschichtet werden. Der Silikonfreiheit von Oberflächen kommt weiterhin eine besondere Be-deutung zu, wenn diese in Produkten zum Einsatz kommen, die das Kriteri-um labs-Freiheit erfüllen müssen.

Die Bauteileigenschaft 'silikonfrei' reicht häufig für den Einsatz von z. B. Dichtringen in der Medizintechnik oder bei der Druckluftführung in der hoch-automatisierten Lackiertechnik nicht aus. Die in solchen Anwendungen ein-gesetzten Komponenten müssen frei von allen lackbenetzungsstörenden Substanzen (labs-frei) sein, um Fehlstel-len bzw. Verunreinigungen im, am oder durch das Endprodukt auszuschließen. Für die Verunreinigung von Bauteilen mit silikonhaltigen Substanzen gibt es zahlreiche Ursachen. Interne und exter-ne Trennmittel zur leichteren Entfor-mung von Spritzgießteilen oder vul-kanisierten Komponenten kommen ebenso in Frage, wie Gleitmittel bei der Extrusion von Elastomerprofilen. Auch Pigmente und Füllstoffe werden zur besseren Dispergierbarkeit in der Poly-mermatrix mit silikonhaltigen Emulsio-nen behandelt. Die Bauteilkontamina-tion kann weiterhin im Produktions-prozess durch Schmiermittel von bewegten Werkzeugteilen oder Schläu-chen erfolgen. Ungenügende Sorgfalt bei der Reinigung von Decken- und Bodenfiltern oder der Wasserabschei-dung in Lackierkabinen kann zu Kra-tern in der applizierten Lackschicht füh-ren, die oftmals durch Silikonreste unbekannten Ursprungs hervorgeru-fen werden. Ebenso ist durch eine un-sachgemäße Verpackung von labs-frei-

en Bauteilen deren erneute Kontami-nation vorprogrammiert. In der Regel stellt der Mensch, der die Teile hand-habt, unbewusst durch imprägnierte Arbeitskleidung, das Tragen von Gum-mihandschuhen, die Anwendung von Kosmetika und Hautschutzsalben, Pro-dukten zur Frisurstabilisierung oder von Duftstoffen, die 'Verschmutzungs-quelle' dar. Nicht alle dieser möglichen Verursacher können im Laufe der Herstellungskette ausgeschlossen werden. Deshalb benö-tigen die Teile, um die Anforderung labs-frei zu erfüllen, eine maßgeschnei-derte Reinigung. Eine einfache Mög-lichkeit stellt die Reinigung mit Lö-semitteln dar. Sie ist allerdings aus arbeitsmedizinischer Sicht und unter Berücksichtigung der aktuellen VOC-Richtlinie nicht zu favorisieren. Ein innovatives, bereits im Produktions-einsatz befindliches Verfahren zur Er-zielung labs-freier Oberflächen ist die Beaufschlagung der zu reinigenden Bauteile mit Plasma. Der Prozess im

Niederdruck zeichnet sich durch das Zusammenspiel von UV-Strahlung, abgestimmtem Prozessgas, Gaszufüh-rung und -absaugung aus, wodurch sili-konhaltige Substanzen in flüchtige und nicht flüchtige Bestandteile umgewan-delt und abgeführt werden. Die Pro-zesszeit für die Reinigung der Oberflä-che hängt vom Grad der Verschmut-zung ab. Die Teilereinigung im Plasma ist ein trockener Prozess, d. h. es fallen keine Reaktionsprodukte an, die ent-sorgt werden müssen. Die Prozessfüh-rung ist so ausgelegt, dass in der Kam-mer keinerlei silikonhaltige Substanzen verbleiben. Bei der anschließenden Tei-lehandhabung muss äußerste Sorgfalt gewährleistet sein. Es ist darauf zu ach-ten, dass die Entnahme aus der Kam-mer mit labs-freien Handschuhen er-folgt, da die Produkte sonst erneut kon-taminiert werden. Optimal ist der Prozessablauf gestaltet, wenn die Plas-maanlage als Schleuse zwischen dem Produktionsbereich und dem labs-frei-en Montage- oder Lackierbereich ein-

Silikonfreiheit von Oberflächen

Abb. 1: Dichtringe während des Reinigungsprozesses in der drehenden Plasmakammer ױBild: plasma technology GmbH

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Plasma + Ober�äche 2/2010 19

Ober�ächenbehandlung

gesetzt wird. Die Anlage wird dazu mit zwei Türen ausgeführt, die sich nur im Wechsel ö�nen lassen – Beladen auf Produktionsseite, Reinigungsschritt, Freigabe der Tür auf Montageseite, Tei-leentnahme. Durch Schließen der Tür wird die Bestückung der Anlage erneut ermöglicht. Auf diese Weise wird jegli-ches Durchwandern von Silikonparti-keln ausgeschlossen.Bei den Silikonen, die die Lack- oder Klebsto�benetzungsstörungen her-vorrufen, handelt es sich um klare, farb-lose, neutrale, geruchsfreie und hydro-phobe Flüssigkeiten. Ihre Ober�ächen-energie beträgt bei Raumtemperatur ca. 21 mN/m oder darunter. Diese Ei-genschaftskombination stellt für jeden Beschichtungsprozess einen k.o.-Faktor dar. Die Substanz bildet regelrecht eine Trennschicht zwischen Untergrund und Auftragsmedium. Aufgrund der gerin-gen Ober�ächenenergie spreiten die Tröpfchen selbst auf unpolaren Kunst-sto�en wie Polyethylen und Polypropy-len. Die durch diese Kontamination hervorgerufene Fehlstelle wird oftmals erst durch die sogenannten Krater in der applizierten Lackschicht oder gar durch �ächige Ablösung des Auftrags sichtbar. Um festzustellen, ob das Bau-teil labs-frei ist, wird üblicherweise pro-duktionsbegleitend das in der VW-Prüfvorschrift PV 3.10.7 festgelegte Ver-fahren angewendet. Der labs-Test wird wie folgt durchgeführt:● Bauteil auf Glasplatte legen (Abb. 2a)● Abspülen des Bauteils mit einem sili-

konlösenden Lösemittel (Abb. 2b)● Bauteil entfernen und Lösemittelver-

dunstung abwarten● Lackieren der Testplatte● Lackschicht darf keine Benetzungs-

störung und Krater aufweisen (Abb.

2c)Auch eine chemisch-physikalische Ober�ächenanalyse liefert selbstver-ständlich Informationen über vorhan-dene, störende Substanzen.

Praxiseinsatz ױDie beschriebene Plasmatechnik wird

schon zur Reinigung von Elektronik-komponenten vor dem Vergießen, so-wie Dichtungen, die in Wasserarma-turen, Wasserzählern, Lackierpistolen und Fertigungslinien verbaut werden, eingesetzt. Weiterhin werden z. B. für einen Hersteller von Kompressoren Elastomerdichtungen gereinigt, um die Produktion ölfreier Druckluft gewähr-leisten zu können.Grenzen hat diese Reinigungsmethode wenn es darum geht, Silikonmaterialien selbst zu behandeln. Hier migrieren aus dem Inneren des Bauteilmaterials kurz-kettige Bestandteile nach, sodass kein dauerhafter Reinigungse�ekt erzielt werden kann. Davon abgesehen kön-nen jedoch alle Polymere und Elasto-mere durch dieses Plasmaverfahren von silikonhaltigen Produktionsrück-ständen befreit werden.Mit der Eliminierung von lackbenet-zungsstörenden Substanzen an zu be-schichtenden Bauteilober�ächen kann die Niederdruckplasmatechnik innova-tiv und umweltneutral ein immer rele-vanter werdendes Problem lösen.

Abb. 2 ױ2a: Dichtringe auf Glas2b: Abspülen mit Lösungsmittel2c: links: Optimale Lackbenetzung, da Dichtring im Plasma gereinigt war; rechts: Lackbenetzungsstörung durch Silikon-rückstand, der durch das Lösemittel vom Dichtring auf die Glasplatte gespült wurdeBilder: plasma technology GmbH

Autorin:Dipl.-Ing. Simone FischerIngenieurbüro FISCHERTalstrasse 4936341 LauterbachTel.: 06641 644185E-Mail: info@ingbuero-�scher.dewww.ingbuero-�scher.de

Kontakt: Dipl.-Ing. Jörg Eisenlohrplasma technology GmbHMarie-Curie-Straße 871083 Herrenberg-GültsteinTel.: 07032 91 32-146Fax: 07032 91 32-147E-Mail: [email protected] www.plasma-technik.de

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