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ÜBER ANCHI-EUTETISCHE UND ANCHI-MON 0 MINERALISCHE ERUPTIVGESTEINE J. H. L. VOGT. NORSK GEOLOGISK TIDSSKR!FT, BIND l, NO. 2. UDGIVET AF NORSK GEOLOGISK FORENING. KRISTIANIA 1905.

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ÜBER ANCHI-EUTEI(TISCHE UND

AN CHI-MON 0 MINERALISCHE

ERUPTIVGESTEINE

J. H. L. VOGT.

NORSK GEOLOGISK TIDSSKR!FT,

BIND l, NO. 2. UDGIVET AF

NORSK GEOLOGISK FORENING.

KRISTIANIA 1905.

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A. W. BH<Hd;EHS UOGTHYKKERI.

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Über anchi-eutektische und anchi-monominera­lische Eruptivgesteine.

Von

J. H. L. Vogt.

Vortrag in der Gesellschaft der Wissenschaften zu Kristiania am 1Men April und in dem Norwegischen geologischen Verein am 28ten Okt.1905.

ln einer Abhandlung, die ich im Jahre 1893 schrieb,

gelangte ich zu der Konklusion, dass "sich beim theoretischen

Maximalverlauf der (magmatischen) Spaltungsvorgitnge . . . .

jeder Bestandteil zum Schluss rein für sich separieren muss"

IZeitschr. f. prakt. Geol. 1893, S. 277-278). Dieser Satz

enthält jedoch nur einen Bruchteil von der Wahrheit; in

der Tat resultieren bei einem sehr 1veiten Verlauf der mag­matischen Spaltung (oder Differentiation) Z1Vei Magma­Pole, nämlich

a. einerseits ein Pol, enthaltend in gelöster Form em

Mineral in ganz überwiegender Menge, nur mit ganz ge­

ringer Beimischung anderer Bestandteile;

b. andrerseits ein Pol, der mit der eutektischen Mi­

schung zweier, oder noch mehrerer Komponenten beinahe

identisch ist.

Beispiele der ersten Kategorie bilden die Magmen

der Anorthosite, Olivinfelse, Enstatitfelse u. s. w., und der

zweiten Kategorie die Magmen der Granite-Quarzporphyre­

Rhyolithe, der Larvikite u. s. w. :\'orsk geol. tidsskr. B. I, t9o5, no. 2. 1

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vor.

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Für diese zwei Kategorien schlage ich die Bezeichnung

anchi-monomineralisch und

anchi-eutektisch

Ich benutze das Präfix anchi 1), weil die betreffenden

Gesteine erfahmngsmässig in der Regel nicht ausschliess­

lieh aus einem einzelnen Mineral, bezw. einem Eutektikum

bestehen, sondern sich dem einen oder dem anderen dieser

zwei Extreme sehr stark nähern .

Wir wissen, dass ein eruptives Magma sich in Teil­

magmen trennen kann; die physikalisch-chemische Ursache

hierzu ist freilich noch nicht erledigt 2); mehrere gesetz­

mässige Erscheinungen bei der magmatischen Differentia­

tion sind jedoch festgestellt worden.

Wie es schon in der Mitte und am Schlusse der 80-er

Jahre von W. C. BR0GGER und I. I. H. TEALL hervorge­

hoben wurde, findet bei der magmatischen Differentiation eine Wanderung derjenigen Komponenten statt, die bei

eintretender Ahkühlung zuerst auskrystallisieren sollten:

oder mit anderen Worten, es existier t ein P arallelismus

zwischen der geJVöhnlichen Differentiationsfolge und der

gewöhnlichen Krystallis ationsfolge (Citat nach BRoGGER). Ferner erwähnen wir, dass, zu folge früherer U ntersuchun­gen von mir, diejenigen Bestandteile oder Lösungskompo­

nenten, die bei der Abkühlung zuerst auskrystallisieren

sollten, mit verschiedener Intensität wandern können, und

dass in den Teilm agmen neue Gleichgewichtsbedingungen

eintreten können, wodurch der Verlauf der magmatischen

1) a1zt = beinahe, nicht ganz. 2) Kation und Anion wandern zusammen und nicht in verschiedenen

Richtungen; es findet somit keine Elektrolyse statt (s. Zeitscl 1r. f. prakt. Geol., 1901, S. 337-338).

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Spaltung sich verschieben kann (Zeitschr. f. prakt. Geol.,

Sept.-Heft 1901).

In seiner Arbeit über "Das Ganggefolge des Laur­

dalits" (1898) versucht W. C. BR0GGER die Diffm·entiation

durch eine kombinierte Addition und Subtraktion zu deuten

("gewisse stöchiometrische Verbindungen sind hinzu diffun­

diert, während gleichzeitig andere abgeführt wurden"; es

hat "eine doppelte Diffusion, nach der Grenzfläche hin und

von derselben hinweg" stattgefunden). Dieser Auffassung

meines hoch verehrten Freundes und Kollegas kann ich

jedoch nicht beitreten, und ich habe gegen diejenige Er­

örterung, durch welche BRöGGER zu dem letzterwähnten

Schluss gelangt, den Einwand zu erheben, dass er die ver­

änderten Gleichgewichtsbedingungen in den nach einander

folgenden Teilmagmen nicht, oder jedenfalls nicht genügend,

berücksichtigt hat.

Wir denken uns ein Magma

ma + nb + oc + pd u. s. w.,

wo a, b, c, d u. s. w. die verschiedenen Lösungskompo­

nenten und m, n, o, p u. s. w. die prozenfischen Mengen

derselben hezeichnen.

Bei einer beginnenden Differentiation wandern z. B.

m' a und n'b; es resultieren folglich zwei anfängliche Teil­

magmen, einerseits

(m + m' ) a + (n + n') b + oc + pd u. s. w.

und andrerseits

(m - m' ) a + (n - n') b + oc + pd u. s. w.

Bei der fortgesetzten Differentiation in diesen neuen

Teilmagmen mag das quantitative Verhältnis zwischen m'

und n' verschoben werden; ferner mögen in den neuen

Teilmagmen auch neue Lösungskomponenten entstehen

können. Die Folge hiervon ist, dass die Mengenverhält-

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msse der verschiedenen Bestandteile m emer Serie aus

ein und demselben Differentialionsprozesse resultierenden

Gesteine sich, graphisch ausgedrückt, nicht durch gerade

Linien, sondern durch Kurven, und zwar gelegentlich durch

stark gekrümmte Kurven, darstellen lassen.

Den von BR0GGER aufgestellten Satz über den Paral­

lelismus zwichen der Differentiations- und der Krystalli­

sationsfolge haben mehrere Geologen in der Weise zu er­

klären versucht, dass einige Bestandteile - bei dem obigt'n

Beispiel m' a + n'b - bei genügender Abkühlung zuerst

auskrystallisiert sind, dann in fester Phase gewandert sind

(z. B. in tiefere Magmazonen hinuntergesunken sind) und

zum Schluss aufgelöst oder resorbiert sind. In diesem kurzen Vortrag werde ich auf diese Frage nicht näher

eingehen; nur bemerke ich, dass man nach meiner Meinung ,

wie auch nach der Meinung vieler anderer Forscher, die

vorliegenden Beobachtungen über die Differentialions-Resul­

tate nicht in dieser Weise deuten kann: die Wanderung

n1uss in der fiiissigen Phase stattgefunden haben.

Um die Differentiation näher zu erleuchten, werden Wir uns den einfachst möglichen Fall denken, nämlich dass

das Magma nur aus zwei von einander "unabhängigen"

Komponenten, a und b, in gegenseitiger Lösung besteht

und dass a im Überschuss, in Beziehung zu dem Eutek ­

tikum, vorhanden ist. - An der beistehenden graphischen

Darstellung, Fig. 1, ist die Temperatur an der Ordinate

und das prozentische Verhältnis zwischen a und b an der

Abscisse abgesetzt. Ta, n repräsentieren die Schmelz­

punkte von a, b; Ta-E, Tb-E die Erstarrungskurven,

und E das Eutektikum. Die Zusammensetzung und Tem­

peratur der ursprünglichen Lösung sei p.

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Bei eintretender Abkühlung (graphisch ausgedrückt,

durch Wanderung des figurativen Punktes von p bis q)

bis zu q wird - indem wir voraussetzen, dass keine Über­

sättigung eintritt - a zu krystallisieren anfangen; bei der

weiteren Abkühlung, auf der Strecke q bis E, scheidet

sich immer mehr a aus, und gleichzeitig nähert sich die

r.

a

100 °o a

0 o'o b

Fig. 1.

E

b

0 °�o a

100 °o b

Rest-Flüssigkeit mehr und mehr der Zusammensetz u ng

des Eutektikums zwischen a und b. In einem gewissen

Stadium (bei E) erhält man zwei Produkte, nämlich einer­

seits a in fest ausgeschiedenen Krystallen und andrerseits

eine Flüssigkeit von der Zusammensetzung des Eutekti­

kums von a und b.

In entsprechender Weise hat man sich auch, wegen

des Parallelismus zwischen der Krystallisations- und der

Differentiationsfolge, die Differentiation zu denken, indem

sich das ursprüngliche Magma in Teilmagmen trennt, unter

denen das eine, wegen Zufuhr (oder Addition) von a sich

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immer mehr der Zusammensetzung von a, während dagegen

das andere, wegen Abfuhr (oder Subtraktion) von a sich

immer mehr der Zusammensetzung des Eute_ktikums nähert.

Es findet also eine Trennung statt, teils in der Richtung bis zu der einen Komponente und teils in der Rich­

tung bis zu dem Eutektikum.

Auch bei Magmen, die nicht aus zwei, sondern aus

drei oder noch mehreren, von einander unabhängigen Kom­

ponenten bestehen, hat man sich eine ähnliche Trennung

vorzustellen.

- Die Krystallisations- wie auch die Differentialions­

Vorgänge werden in der Tat dadurch mehr kompliziert,

dass eine Mehrzahl der gesteinsbildenden Mineralien Misch­

krystalle sind.

Eine ganze Reihe der Mineralien, so z. B. die Plagi­oklase (An : Ab), die Olivine (Mg2Si04 : Fe2Si01), die

Enstatit-Hypersthene (Mg2Si200 : Fe2Si200), u. s. w., ge­

hören zu dem von BAKHCIS RooZEBOOM als I bezeichneten

Mischkrystall-Typus.

Ich rekapituliere ganz kurz das essentielle bei diesem

Typus, indem ich auf die beistehende Fig. 2 venveise; hier

ist, wie an Fig. 1, die Temperatm auf der Ordinate und

das Verhältnis zwischen den zwei Komponenten au{ der

Abscisse abgesetzt.

Wenn eine gegenseitige Lösung von a und b, z. B.

von der Zusammensetzung 40.5 °/o a + 59.5 °/o b, bis zu

dem Punkt m auf der Erstarrungskurve Ta-m- Tb abge­

kühlt wird, scheidet sich, wenn Übersättigung ausser Be­tracht gesetzt wird, ein Mischkrystall (n) aus, mit einer

Zunahme der schwerschmelzbaren Komponente a und

folglieh mit einer Abnahme der leichtschmelzbaren Kom­

ponente b, z. B. mit 60% n + 40% b. Die hier als

Beispiel gewählten Zahlen erleuchten annähernd. aber nicht

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ganz genau, die Krystallisations-Vorgänge der Plagioklase

(in Ergussgesteinen bei einem relativ niedrigen Drucke) , wo

a = An und b = Ab (siehe meine Arbeit Siliatschmelz.

Iösungen, II, S. 186).

a

100°[oa o·�b

Fig. 2.

s0o.:a+ 40 °,o b

40.5 •·.a +

59.5 Olo b �

b

0 °[oa 100°[ob

Falls der BRoGGER'sche Satz von dem Parallelismus

zwischen der Krystallisations- und der Differentiationsfolge

von gesetzmässiger Natur ist, muss er sich auch auf die Differentiation der Mischkrystall-Komponente übertragen

lassen. - In Magmen mit einem relativen Überschuss von

den zu Typus I gehörigen Mischkrystall-Komponenten a

und b, müssen somit alle beide Komponenten bei der

Differentiations· Wanderung in den sich konzentrierenden

Mischkrystall-Bestandteil eingehen, aber in der Weise, dass

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a stärker als b konzentriert wird. Die resultierenden

anchi-monomineralischen Eruptivgesteine, die beinahe aus­

schliesslich aus dem betreffenden Mischkrystall a + b be­

stehen, müssen folglich durch eine relative Zunahme von

a gekennzeichnet werden, und zwar durch eine je stärkere

Zunahme von a und eine je stärkere Ahnahme von b, je

weiter der Differentiations-V er lauf vorgeschritten ist.

Von den übrigen Mischkrystall--Kombinationen erwäh·

nen wir nur No. V, und zwar aus dem Grunde, dass die

für die Petrographie so überaus wichtigen Kombinationen

Or : Ab und Or : An (oder kurz, Orthoklas : Plagioklas)

zu diesem Typus gehören (über die ternäre Mischkrystall­

Komhination Or : Ab : An verweise ich auf eine vor­

läufige Besprechung in Silikatschmelzlösungen, II, S. 183

und auf eine mehr eingehende Erörterung in einer später

von mir folgenden Abhandlung). -- Wir erwähnen hier nur

die Kombination Or : Ab, siehe Fig. 3, mit Eutektikum

Eor -Ab bei ungefähr 42% Or : 58% Ab. In einer gegenseitigen magmatischen Lösung von .Or

und Ab, z. B. mit 70 % Or : 30% Ab, krystallisiert zuerst,

bei der Abkühlung herab zu dem Punkt m auf der Erstar­

rungskurve Tor- m- Eor-Ab, wenn Übersättigung ausser

Betracht gesetzt wii·d, ein Orthoklas-Mischkrystall von der

Zusammensetzung n (mit etwa 85% Or : 15% Ab; diese

Zahlenwerte beruhen jedoch nur auf Schätzung). Bei dieser

Auskrystallisation wird die Flüssigkeit an Ab angereichert.

- Bei einem ursprünglichen Überschuss von Ab in

der Lösung, z. B. bei 70 % Ab : 30 °/o Or, krystallisiert

zuerst, bei m', ein Albit-Mischkrystall �von der Zusammen­

setzung n'; auch in diesem Falle nähert sich die Flüssig­

keit der Zusammensetzung des Eutektikums Eor-Ab. Überführen wir auch hier den Satz von dem Paral­

lelismus zwischen der Krystallisations- und der Differen-

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tiationsfolge, so ist bei überwiegend Or in dem ursprüng­

lichen Magma einerseits ein Teilmagma mit einer An·

reicherung von Or und andrerseits ein Teilmagma von der

Zusammensetzung oder angenäherten Zusammensetzung des

Eutektikums Eor-.{b zu erwarten; und bei überwiegend Ab

Tor

Or

100•. Or

0 •,o Ab

Fig. 3.

Ab

0 •:. Or 100 •;. Ab

111 der ursprünglichen Lösung ein Teilmagma einerseits mit

einer Anreicherung von Ab und andrerseits ein Teilmagma von der Zusammensetzung annähernd wie Eor--Ab . In der

Tat muss aber auch mit in Betracht genommen werden ,

dass die ursprünglichen magmatischen Lösungen auch die

dritte Feldspath-Komponente An enthalten, und zwar An in der Regel in ganz beträchtlicher Menge. Weil die Kom­

b inationen Or : Ab und Or : An zu Typus V, die Kom­b ination Ab : An dagegen zu Typus I gehört, sind die

folgenden Produkte der magmatischen Differentiation der

drei Komponenten Or : Ab : An zu erwarten 1):

1) Ich werde dies in einer späteren Abhandlung näher m den Einzelheiten begründen.

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1. Ein Teilmagma mit überwiegend Or nebst etwas

Ab und An, aber im ganzen gerechnet mit weniger An

als Ab;

2. ein Teilmagma mit überwiegend Ab + An nebst

etwas Or; je weiter die Differentiation in diesem Magma

vorwärts schreitet, je mehr wird das Magma an An ange­

reiehert, während Ab und noeh mehr Or sieh vermindert;

3. ein Teilmagma annähernd von der Zusammen­

setzung Eor-Ab+An·

Wir werden jetzt dureh eine ganz kurze petrographische Übersieht den Naehweis liefern, dass die obige theoretisebe

Erörterung über die Resultate der Differentiations-V orgänge

zutreffend ist.

Die Feldspäthe spielen eine Hauptrolle in den Eruptiv­

gesteinen - naeh F. W. CLARKE (U. S. Geol. Surv. Bull.

No. 228, 1904, Analyses of Rocks) maehen sie nicht weni­

ger als 59.5 % der Eruptivgesteine aus; - und schon längst hat man die Feldspath-führenden Gesteine in zwei

Hauptgruppen eingeteilt, nämlich m

1. Orthoklas-Gesteine und

2. Plagioklas-Gesteine.

Hierzu kommt, nach W. C. BRoGGER (Die Eruptions­

folge der triadisehen Eruptivgesteine bei Predazzo, 1895) eine dritte Hauptgruppe, nämlich die

3. Orthoklas-Plagioklas-Gesteine, woran sich auch die

Anorthoklas-Gesteine schliessen.

Diese Einteilung erklärt sich durch die eben besproche­

nen Differentiations-Vorgänge der drei Mischkrystall-Kom­

ponenten Or, Ab, An, der Feldspäthe. - Hierdurch erklärt

sich auch, dass die intermediären und basiseben Plagioklase

im grossen ganzen gerechnet innerhalb der Plagioklas-

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Gesteine reichlicher vertreten sind als die sauren (Albit

und Albit-Oiigoklas). - Bezüglich der Zusammensetzung

der Anorthosite und der eutektischen Or : Ab + An­

Gesteine verweise ich auf einige unten folgende Bemer­

kungen.

Es gibt eine ganze Reihe anchi-monomineralische Eruptivgesteine, so:

Anorthosit (Labradorfels u. s. w.),

Olivinfels (Peridotit),

Enstatitfels, Bronzitfels, Hypersthenfels,

Augitfels, Diallagfels,

Amphibolfels (Hornblendit),

ferner eine Menge Arten von Erzaussonderungen, bezeich­

net durch überwiegend Ilmenit, Titanomagnetit, Chromit

u. s. w.; dann auch durch verschiedene sulphidische Erze;

an diese schliessen sich auch Aussonderungen mit über­

wiegend Spinell, Korund u. s. w.

Diese Gesteine führen meist mindestens 90 Ofo, häufig

selbst über 90 Ofo von dem betreffenden charakterisierenden :Mineral.

Wir werden zuerst die Peridotite ganz kurz be­

sprechen. Wir bemerken, dass die Kombination Mg2Si04 :

Fe2Si04 Mischkrystall-Typus I angehört, und dass Mg2Si04

s chwerer schmelzbar als Fe2Si04 ist. Je weiter die Diffe­

rentiation vorwärts schreitet, je mehr muss sich somit,

u nserer obigen theoretischen Erörterung zufolge, Mg2Si0 4

konzentrieren, auf Kosten von Fe2Si0 4• Dass es sich in

der Tat so verhält, ergibt eine Zusammenstellung von

Analysen einer Reihe Augitperidotite, Amphibolperidotite,

Pikrite, Lherzolithe, Wehrlite, Harzburgite-Saxonite, Dunite

und Peridotite: in Gesteinen mit einer relativ reichlichPn

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Menge von Al203 und CaO - nämlich mit 6-7.50fo

Al203 und 7 -10% CaO - nebst ziemlich viel Fe203

und 1-2% Na2 0 + K2 0 begegnen wir einigermassen

Fe2Si0creichen Olivinen; in Gesteinen mit weniger Al2 03

und CaO - nämlich mit 3-5 Ofo Al2 0 3 und 3-4% CaO --- nebst etwas Fe2 0 3 und ganz wenig Na2 0 +

K2 0 ist namentlich der MgO-Gehalt der Gesteine stark

gestiegen; und endlich in Gesteinen mit ganz wenig oder

gar keinem Al203 und CaO- nämlich mit 0.1-1% Al203

und Null- 0.6% CaO - nebst keinem oder Spur von Alkali

und ziemlich wenig Fe2 03 finden wir, in frischen Gesteinen,

ungefähr 45-48% MgO neben nur 4-6 % FeO. In

diesen letzteren Gesteinen, die beinahe ausschliesslich aus

Olivin bestehen, führt das Olivinmineral nicht weniger als 10-15 Teile Mg2Si04 zu 1 Teil Fe2Si04•

- Die Anorthosite müssen, der obigen theoretischen

Erörterung gemäss, namentlich durch intermediäre und

basische, nicht aber durch saure Plagioklase gekennzeichnet

werden; dies ist bekanntlich auch der Fall.

Eine Zusammenstellung von 25 Analysen von Anor-

thositen ergibt:

1 Analyse . 64.98% Si02

1 58-60 .

2 56-58 .

4 54-56 .

5 52-54 .

4 50-52 . 2 48-50.

5 46-48.

1 45.78 .

Die zuerst aufgeführte dieser Analysen gilt dem von C. F. KoLDERUP beschriebenen Oligoklasit von Presten in

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Lofolen, welches Gestein nur eine ganz kleine Ausdehnung

hat. Bei den, bedeutende Areale einnehmenden, Anortho­

siten begegnet man "einer zusammenhängenden Reihe von

den sauren Andesinen herab bis zu den basischen Bytowniten"

(C. F. KoLDERUP, Die Labradorfelse und die mit denselben

verwandten Gesteine in dem Bergensgebiete); Labradorfeld­

spath, Ab1An1 - Ab1An2, ist doch am meisten verbreitet.

Aus theoretischen Gründen ist es zu erwarten, dass

etwas Or in den sich koncentrierenden Plagioklas aufge­

nommen werden wird, aber in der Weise, dass je weiter

die Konzentration oder die Differentiation vorwärts schreitet,

je weniger muss die Or-Menge betragen. Auch dies wird

durch die Analysen, sowohl der Anorthosit-Gesteine wie

der aus denselben isolierten Plagioklase bestätigt.

Bei den Typus I angehörigen Mischkrystallen wird

immer etwas von der leicht schmelzbaren Komponente, b,

in den sich ausscheidenden wie auch in den während der

Differentiation sich konzentrierenden Mischkrystali-Bestand­

teil aufgenommen; je weiter die Differentiation vorwärts

schreitet, desto mehr wird die b-Menge vermindert; etwas b

muss aber immer bei der Konzentration mit a Folge leisten, und es wäre eine theoretische Unmöglichkeit, ein Gestein ausschliesslich aus a, ohne irgend welche Beimengung von

b, zu erhalten. Auch dies wird durch die Untersuchung

der Peridotite und der Anorthosite bestätigt: der Olivin der

Peridotite scheint nie mehr als etwa 15 oder höchstens 20 Teile Mg2Si04 auf 1 Teil Fe2Si04 zu enthalten; und

der am meisten basische Plagioklas der Anorthosite ent­

hält, den bisherigen Analysen zufolge, immer noch ein

wenig Ab; basische Bytownite kommen vor, aber nicht

Ab-freie Anorthite.

Wenn in einem Magma sehr beträchtliche Mengen von

An nebst etwas Ab und ein ganz wenig Or fortgeführt

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werden, wird sich in das restierende Magma der Inhalt von

freier Kieselsäure, von Or, nicht ganz so stark von Ab,

ferner von clen Fe-Mg-Silikaten, u. s. w. konzentrieren. In

dem Rest-Magma findet eine Reihe neuer Differentiations­

vorgänge statt, und es mag eine ganze Suite von Teil­magmen resultieren. Unter anderem müssen hierdurch

Teilmagmen entstehen, welche sich dem Eutektikum Or :

Ab + An nähern. Hierdurch erklärt sich, dass die grossen

Anorthosit-Eruptive unter anderem von einer Reihe Or­

thoklas-Plagioklas-Gesteine - Hypersthengranit (oder Birk­

remit), Adamellit, Banatit , Monzonit, Mangerit u. s. w. -

begleitet werden.

Als Resultat dieser kurzen Erörterung der Peridotite

und der Anorthosite ergibt sich, dass die Zusammensetzung

dieser Gesteine die Richtigkeit der obigen theoretischen Ent­

wickelung bestätigt.

- Ich finde es nicht nötig, in diesem kurzen Referat

die vielen übrigen anchi-monomineralischen Eruptivgesteine näher zu besprechen.

Als typisches Beispiel der anchi-eutektischen Erup·

tivgesteine nehmen wir die Granite mit zugehörigen dia­

schisten Gang· und Decken-Gesteinen, nämlich Quarzporphyr,

Quarzkeratophyr, Rhyolith, Dacit, Obsidian u. s. w. Diese

stehen alle dem Eutektikum Quarz : Feldspath ( Or, Ab, An,

mit wechselndem Verhältnis zwischen Or und Ab + An) sehr nahe; dazu kommen noch in vielen Fällen eine dritte

wie auch eine vierte Komponente, nämlich ein Fe,Mg- oder

Fe,Mg-Oa-Silikat und etwas Fe-Oxyd, in untergeordneter Menge gelegentlich noch mehrere Komponenten, und es

handelt sich bei diesen Gesteinen in vielen Fällen um eine

Approximation zu einem ziemlich komplexen - ternären,

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quarternären und noch mehr zusammenge;;etzten - Eutek­

tikum. Aus der Krystallisationsfolge wie auch aus der

Zusammensetzung der Grundmassen der porphyrischen

Glieder und der Zusammensetzung der Zwischenmasse

zwischen den basischen, hezw. den sauren 1) Aussonde­

rungen in den Graniten darf man den Schluss ziehen, dass

das Eutektikum Quarz : .Feldspath ( Or + Ab + An) :

Fe,Mg- oder Fe,Mg-Oa-Silikat (Glimmer, Pyroxen, Amphi­

hol) : Fe-Oxyd (meist Magnetit) nur durch verhältnismässig

kleine Mengen von Fe,Mg- oder Fe,Mg-Oa-Silikat und Fe­

Oxyd gekennzeichnet wird.

- Um die Zusammensetzung des Eutektikums Quarz :

Feldspath ( Or + Ab + An) in den Tiefengesteinen näher

anzugeben, entnehme ich aus meiner Arbeit Silikatschmelz­

lösungen, li (S. 117-125) eine Reihe Analysen (No. 1-6)

von Schriftgranit (aus Granitpegmatitgängen ), welcher dieses

Eutektikum 2) darstellt.

Analysen von Schriftgranit, o: Quarz­

Feldspath-Eutektikum.

No. 1 2 3 4 i 5 -11-�--- - -- ------------;--

Si02 Al!03 CaO Xa20. K20

Summa

�- -

: 74.04 14.44-

0.33 I

2.01 9.36

100.18 '

74.47

15.13 0.72 2.01

7.06

\J9.39

_ ___!__ __ I I

I %00 73.82 i 14-.31

i 14.44!

i 0.39 0.35 ! i 2.42 2.45 9.02 8.90

100.14 99.96

1 ) In Graniten mit mehr als ca. 74-75 °/0 Si02•

1: 73.70 I! 14.11 !!

o.39 11 3.04 Ii

I,

76.8

14.2 1.7 6.1

1.5

2) Die relativ kleine Verschiebung der Zusammensetzung dieses Eutektikums durch das Vorhandensein einer dritten und einer vierten Komponente (wie Glimmer, Magnetit) werde ich in diesem Referat nicht berücksichtigen; ich verweise diesbezüglich auf eine zukünftige Darstellnng von mir.

Norsk geol. tidsskr. B. I, rgos, no. 2. 2

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18

Dabei entn�hme ich aus den m derselben Arbeit zu­

sammengestellten Analysen-Reihen ein Paar Analysen (No.

7 -10) von eutektischen oder beinahe eutektischen Grund·

massen verschiedener sauren Gang- und Deckengesteine.

Eutektische oder beinahe eutektische Grundmassen

Mikro· von Quarz. von ' peg· porphyren Daeit ---�L��t_i_t _ __--

Eutektlsehe oder bel­nahe eutektische Zwischenmassen

zwischen basischen Ausscheidungen

verschiedener Granite

No.

Si02

Al20a

F�Oa.

FeO.

MgO CaO Na20 K20. ' Glühv., H"O

Summa

7

7:3.8 1 2 .9

1.0

Sp. i 2 .2 0.7 8.4 0.4

8

74.41 13.39 ' } 3. 0 81) !}

0.5 0 i

1.38 3.27 4.1 8 1.04

99.4 101.35

10 11 1 2 1 3

7M 4 1 74.96]j 73.62 ' 73.7 0 : 74 .40 Ii ! 13.51.

2.2 51} 0 . 0 1! 1.19: 1.40: 5 .31 1.34

13.37 , , 1 4 .28' 1.80 : '\

'J 'I Sp. : , 0. 62 1 1 II 2.70 1 1 4.1 4 ' 1.52

0.35

0.06 1. 66 3.34 7.04 0.2 1

14.44 i 1 3.91 0 .4 3 •} 1.39

1. 49. Sp. '

t.osi 4. 2 1 4.4 3 I 0.61

0 .2 8 0 .61

4.65 4.3 6 0 .65

99.45 99.41 100.5 6 1 0 0.39 100.25

No. 7 nach TEALL: No. 8 nach LAsPEYREs; No. 9 nach STRENG; No. 1 0 nach LAGORIO; bezüglieh Literatur siehe Silikatschmelzlösun· gen, II, 171.

No. 11. Zwischenmasse zwischen Kugeln mit 68.97 °/0 SiO"; Kunnersdorf in Schlesien. CnRUSTSCHOFF, U eher holokrystalline ma· krovariolithische Gesteine, 1894. - No. 12. Zwiscl1enmasse zwischen Kugeln mit 61..39 °/0 Si02; Petershead in Schottland; PmLLIPS, Quart. Journ. 1880. - No. 13, von Pelvoux, s. RosENBuscn, Gesteinslehre, s. 89.

Wie ich in meiner eben erwähnten Arbeit theoretisch

erörtert habe, wird die Zusammensetzung des binären

Eutektikums zweier (stabilen) Mineralien nur ziemlich wenig

von dem in den Tiefen-, Gang- und Decken-Gesteinsmagmen

herrschenden, innerhalb nicht unwesentlicher Grenzen wech-

1) -+- 0 .30 "/o MnO.

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19

seinden Druck nur ganz wenig beeinflusst. Dies wird

unter anderem dadurch bestätigt, dass das eutektische

Verhältnis zwischen Quarz und Feldspath in Tiefen-, Gang­

und Deckengesteinen beinahe konstant ist, nämlich ca.

26-29 Gewichtsprozent Quarz : 74-71 Gewichtsprozent

Feldspath ausmachend. Ich verweise diesbezüglich auf

die obigen Analysen No. 1-6 und No. 7-10. - Selbst­

verständlich verändern sich die prozentischen Gehalte von

Si02, Al203, CaO, Na20 und K20 in dem Quarz: Feld­

spath-Eutektikum je nach dem Verhältnis zwischen Or, Ab und An (Or enthält 64.72, Ab 68.68 und An 43.16 Ofo Si02).

Durch die Zusammensetzung eines sauren Magmas in

Beziehung zu den verschiedenen eutektischen Grenzen -

selbstverständlich in Verbindung mit dem Einfluss der Übersättigung u. s. w. 1) - werden die Krystallisations·

vorgänge geregelt.

Bezüglich der "granitischen" Gang- und Deckengesteine

verweise ich auf eine Übersicht in Silikatschmelzlösungen,

II, (S. 169-188):

a. In Magmen mit 60 bis etwa 72 Ofo Si02 wird die

Rest-Flüssigkeit während der anfänglichen Krystallisation

immer saurer und nähert sich nach und nach der eutekti­

schen Zusammensetzung mit etwa 73-75 °/o Si02 (etwas

verschieden in den verschiedenen Fällen, namentlich von

dem Verhältnis zwischen Or : Ab : An abhängig).

b. In Gesteinen mit ca. 73-75% Si02 zeigt die

Grundmasse, bezw. Glasbasis annähernd dieselbe Zusammen­

setzung wie das ganze Gestein.

1) Das magmatische· Wasser übt unzweifelhaft auch einen Einfluss auf die Krystallisationsfolge aus; ich glaube jedoch, dass dieser Einfluss im allgemeinen nicht sehr bedeutend ist. Über meine Auffassung hiervon verweise ich auf den Abschnitt S. 216-219 in Silikatschmelzlösungen, Il.

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20

c. In Gesteinen mit mehr als ca. 75-76 Ofo Si02 zeigt

die Grundmasse, hezw. Glasbasis, eine kleine Ahnahme der

Si02-Menge.

Für die eugranitisch-kürnigen sauren Gesteine ist eine

Untersuchung über die Zusammensetzung der sphäroidischen

basischen, bezw. sauren Ausscheidungen in Beziehung zu

derjenigen der Zwischenmasse zwischen den Kugeln sehr

instruktiv:

a. In Gesteinen mit 60 bis etwa 70 °/o Si02 begegnet

man oftmals basischen Ausscheidungen; die Zwischenmassen,

welche aus einer späteren Verfestigung hervorgegangen sind,

zeigen eine Zunahme der Si02-Menge, aber - den bis­

herigen Untersuchungen zufolge - nie mehr als bis zu

7 4-75 Ofo SiO 2• In einigen Fällen erhält man Zwischen­

massen beinahe von eutektischer Zusammensetzung; siehe

die drei Analysen No. 11-13. b. In Graniten mit 70 und etwas über 70 Ofo Si02

beruht die Zusammensetzung der basischen (bezw. der

sauren) Ausscheidungen namentlich auf dem Verhältnis Or :

Ab + An, ferner auf Übersättigungs-Erscheinungen u. s. w.

c. In Graniten mit mehr als etwa 75 °/o Si02 - mit Überschuss von Quarz über die eutektische Zusammen­

setzung - wären a priori nicht basische, sondern saure,

Quarz-reiche Ausscheidungen zu erwarten. In der Tat ist

eine solche auch beschrieben worden, nämlich von Town­

ship Cardiff in Ontario, Canada (von F. D. ADAMS, siehe

das Referat in RosENBUSCH, Elemente der Gesteinslehre,

S. 85-86; die sauren Ausscheidungen sind "Feldspath­

arme, Turmalin- und Sillimanit-führende, quarzreiche Kugeln"

mit 81.43% Si02; Prof. W. C. BR0GGER hat in öffent­

lichen Vorträgen in der Gesellsch. d. Wiss. zu Kristiania

und in dem geologischen Verein eben da ein entsprechendes

Gestein von Norwegen erwähnt).

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21

Durch die hier in aller Kürze zusammengestellten Tat­

sachen erhalten wir jedenfalls eine Vorstellung über die

Zusammensetzung des für die Krystallisationsfolge der sauren

Eruptivgesteine massgebenden Eutektikums, namentlich des

Quarz-Feldspath-Eutektikums. Bezüglich der Zusammen

setzung des Or : Ab- oder Or : Ab + An-Eutektikums ver­

weise ich auf eine vorläufige Besprechung in Silikatschmelz­

lösungen, li (S. 180-188) und auf einige in dieser Ab­

handlung eingeflochtene Bemerkungen.

- Um den anchi-eutektischen Charakter der Granite

mit zugehörigen Gang- und Deckengesteinen erörtern zu

können, werden wir einige Analysen zusammenstellen.

Nach F. ZIRKEL (Lehrb. d. Petrographie, 1894, II, S. 251) beträgt die Durchschnittszusammensetzung etwa:

! Granit I Quarzporphyr I Rhyolith _j_ (nac�. RoTH

_)

��ach .T._�oT�l_ �ach F. ZIRKEL)_

N i " o. I

Si02 .. . . II Al20a ... . Fe203+FeO j ltlgO . . . . I CctO . . . . 1 Na20 . . . . I K20 ..... :

14

72 °/0 16 •

1.5 -0.5 -

1.5 -2.5 -6.5 -

15

74 o ; o 12-14

2-3 0.5 1.5

1} 7-9

16

75-77 °/0 12-12.5 -

1.5-2 -

0.3-0.5 -1-1.5 -

7-9-

Ferner gebe ich - nach den in RosENBUSCH, Elemente

der Gesteinskunde, und A. S. WAsHINGToN, Chemical Ana·

lyses of Igneous Rocks, 1884-1900, zusammengestellten

Gesteinsanalysen - einige Tabellen von Analysen von Gra­

niten, Quarzporphyren, Quarzkeratophyren (mit Daciten),

Rhyolithen und Obsidianen; s. die Analysen No. 24-51.

Von jeder Gesteinsart nehme ich sieben Analysen, die im

grossen ganzen nach abnehmender Si02-Menge geordnet

sind, und zwar nehme ich innerhalb jeder Tabelle eine

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22

Analyse von einem sehr sauren Gestein und eine oder ein

Paar Analysen von ziemlich basischen Gliedern; die in der

Mitte innerhalb jeder Tabelle stehenden Analysen repräsen­

tieren die mehr verbreiteten Varietäten.

No.

Si02 ..... I Ti02 .... · 1' Al20a .... . Fe203 • • • . •

FeO . • . . .

Granit.

17 18 . 19 ! 2 0 2 1 76.1 0 I 74.40 [ 73.90 I 73.38 1 74.40 i 71.90 I 6 7.50 0,0 7 i 0.12: 0.07 l 0.0 2 I 0,3511 0,50

i . I 1 2.951 1 4.43 ! 13.6 5j 13.67 1 3.91 1 14.12 1 6.08 0.6 5 ! 0.22 ! 0.2 8 i 0.30 } 1.39 i 1.20 } 5.26 o.0 9 o.89 i o.42 - I o.86

I MnO . . . . . Sp. Sp. Sp. 1 Sp. 1 0.05 .MgO ..... I 0.1 4 0.07 0.14 i 0.0 9, 0 .281 0.33 0.95 CaO • . • . • I 0.12 0.58 0.2al 1.18 0.6 11 1.13 1.65 N�O .... · I 2.36 1.76 2.53: 2,99 4.6 51 4.52 3.22 . I K20 . .. . 'I 6.5� 6.56 t 7.9: i 6.47 4.361 4.81 5.78 P205 • • • • • 0.02 1 0.22l O.Oa 1 0.171 - 1 0.11 -H20 . . . . . . i 0.6 51 1.07 0.51 I . I 0.65 1 0.60 -- -- Summa �--W.65 iioo-::'36 199.75 I !!9.33 !-1oo.251 100.35 toi�t-4

Quarzporphyr. No. -- 242) I 25 I 2 6 I 27 2 8 j 2 9 I 30

Si�2 .. . . ·I 79.7511 �5.78 1 74.� I 74.5� I 73.85 1' 72.38 69.03 Ti09 .....

I 0.15 ·I 0.1 0

A�Oa . . . . . 1 0.4 7 1 1 2.1 6 i 12.60! 13.56 l 1 3.15 1 4.71 15.82 Fe203• • • • • 0.64 1 1.77 11 1.53 0.34 1 3.2 7 1.09 4.1 8 FeO . . . . . 0.92l 0.51 0.8.'3 1.16 i 0.36 0.82 MnO . . . • .

I Sp. 1 - I 0.09 Sp. Sp.

MgO . . . . • I 0.13 I 0.2 51 0.17 0.38 i 0.32 0.70 0.85 CaO . . . . • j 0.15 1 0.79 1 0.79 0.4 7j 0.82 0.67 0.79 Na20 • . . . • I 1..'36 i 1.16j 2.54 2.4 51 2.2 9 4.28 2.95 K20 . . . . -� 6.0 1 � 6.2 8 i_· 4.83! 6.14 ! 5.42 1 4.15 5.66 P205 • • • • • Sp.

I - I • I - I 0.0 6 '

I -

!!20. �-·-·��I- t.391 __ t.o 81_� J� I_o.92 � Summa i 10 0.37 1 1 0 0.0 9! 99.17 1 1 00.79: 10 0.34: 99.82 \ 100.17

1) + 0.21 °/o co2, 0.0-P!o BaO. 2) + 0.06°/o BaO.

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23

Quarzkeratophyr (No. 34, 37 Dacit).

No. 31 8i02 . . . . . 78.77 75.98 . 7 5.46 Ti02 • • • • • 0.3 2 Al20a . . . .. · 1 2.4 4 ' 14.1 4 1 3.1 8 Fe.20a . . . . . i 0 . 95 FeO ...... :

J-InO ..... : .'rigO . .. . . I 0.0 2 CaO . .... : 0.5 3 Na20 ... .. / 6. 79: K20 . . . . . 0.2 4

0,14 I

0.92 Sp. 0.14. 0 . 3 4 4.2 2 3. 64 '

0 . 91. - ; - i i

0.10 i 0.95: 6.88. !.09 I

I 341 35 I 362)

74.51 1 72.39 I 0.0

I 70.9� I 1

0 . 2o i 1483' 14 .42· 1 3.84 / 1.09 1 0 .5 6 3.2 1 / Sp.: 0.0 i 0.471

I 0.81 i

4.381 2.7 2 i

0.30 0.01 1.85 0.85 5.93 1.2 3 I

0.78 1 0.12 0,20 I

1 . 2 6 6. 27 1 .57

Po - s i 0 081

3 7

69.4:4

1 5.21 1.74 0 . 56

0.93 1.99 5.1 1 4.53

2 5 • • • • • p. I I • I

H29_:_�_:_'__' _· :_0.26 !_�:�i __ 0 .93 1_ 0.92 �������

Summa I 100.00 I 100.53! 99.50 I 99.99 i 98. 6 7 , 100.09 / 100.28

Rhyolith (Liparit).

No. 3 8 39 : 403) 4 1 l 42 I 43 I 44

Si02 . • . • . I 81 . 0 8 75.2 0 I 74 .60 i 74.4 5 i 74 .17 ! 7 3.87 1 7 0.00 T·o 1 - I o.t6' : -\ I 2 . • • • • I

A�Oa . ... . ! 1 1 .45 12 . 96 i 1 3. 4 1 1 4 .721 13.24 l 1 5.00 I 14.17 Fe.203 ..... i 0 . 37 : 1.28 i I 1 .3 0 i FeO . . . . . . 1 0 . 21 0. 2 7 : 0.3 0 0 5 6 1 3.24 1 3.25 MnO ..... : o.o31 o.oo 0.28 MyO . • . • • ! Sp. 0 . 12l 0.26 0 . 3 7 ! 0.32 0.19 0 . 5 0 CaO ..... i 0.46 0.2 9 � 1.08 0.83 i 1.46 1.4 6 1.63 Sa20 . .... i 2.3 0 2.0 2 i 3 .38 3.9 7 \ 1.87 3.02 2 .1 4 K20 . . . . . . ! 3.64 1 8.38 1 4.50 • 4.53 1 5.38 4.33 5.27 P205 ..... i - : Sp. i 0.0 3 ; 0.0 1 ! - "I H20 . . . . . . l 0.60 : 0.58 i 0.85 ) 0.66 1 1.0 5 I 0.66 1 1.30 -��ma ' 99.74 : 1 0 0.22 ! 100. 02 itoo.38 i 100.73 1 99 . 83 98.26

1) + 0.1 1 °/0 S. 2) + 0.79 C02. 3) + O.U BaO.

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Obsidian.

No�-

45 __ ! __ 46 : 47 [ 48 � 9_1_5�-� _ �� Si02 .-

���

-�-

76.;�r--- -- -

--; 4.01r-��7�--;;1�14 Ti02 . . . . . i -I 0.24 I I 0.48 Al203 . . . .. I 1 3.17[ 12.65 1 2.95 1 1 3.79 i 12.98 Fe203 • • • • • 1 0.3 41 1.01 2.58 - I 1.01 I 3.35 FeO. . . . . [ 0.73 ] 0.62 1.42 [ I JfnO . .. . . I 0.10 I Sp. Sp. j ' JfgO ..... I 0. 19 i 0.01 0.14 0. 20 i 0.48 j 0.65 [ 0.34 CaO ..... i 0.4 2 1 1.00 0.78 1.22 1 1.00 j 2.07 1 1.10 Na20 ... . . i 4.31 \ 4.00

. 3.90 3.87[ 5.3 4 I 4.9 3 1 4.97

K20 . .. .. il. 4.46 I 4.62 i 4.0 2 4.57 I 4.65 1 4.3 3 . 3.84 I ' I : I i P205 . . . . . - I 0.27 ; 0.0 ' ' 0.0 1 I -

H20 ... . . . I 0.3 3 i 0.73 i 0.62 i . 0.24 i 0.2 9 i 1.10 i 0.82 --

Summ;-1 100.25 1' 100.42 [--99.91 � --99.70 I too.461too.48 j-9 9.o2-

Granit. No. 17 von Felch Mount. Michigan. No. 18 und 19 Current Creek Cannon, Pike's Peak, Co!. No. 20 Adadle, Somali, Ost-Afrika. No. 21 Pelvoux, Dauphine. No. 22 Mount Ascutney, Vermont. No. 23 Durhach, Schwarzwald. - No. 17-23, siehe WASHINGT. S. 1 2 4, 12 4, 142, 172, RosENB. 78, WAsH. 1 44, Ros. 79.

Quarzporphyr. No. 24 Blo" ing Rock, North Carolina. No. 25 Le ichtersherg, Odenwald (einsprenglingsreich, mikrofelsitisch). No. 26 Käserngrat, Windgällen, Schweiz. No. 27 Äpfelskopf, Odenwald (einsprenglingsarm, mikrofelsitisch). No. 28 Monterey, Pennsylv. No. 29 Castle Mount., Montana. No. 30 Schönherg, Schwarzwald. -No. 24-30, WAsn. 1 34, Ros. 25 6, WAsH. 134, Ros. 25 6, WAsn. 126, 148, Ros. 25 6.

Qua1·zkeratophyr (No. 34, 37 Dacit). No. 31 Navigation Creek, Victoria. No. 32 Hof, Fichtelgebirge. No. 3 3 Berkeley, Californien (N atronliparit, sphärolitisch). No. 34 Echo Peak, Y ellowstone Park (Dacitporphyrit). No. 35 Noyang, Omeo, Australien. No. 36. Mühlen­tal, Harz. No. 37 Porohbo, Sumatra (Dacit). - No. 31 - 37, Ros. 271, 271, 271, W Asn. 130, Ros. 271, 271, 2 9 9.

Rhyolith. No. 38 Berufjordskar, lsland. No. 39 Silvercliff, Co!. 1'\o. 40 Clipper Mine, Californien. No. 41 Leadville, Col. No. 42 Hlinik, Ungarn. No. 4 3 Sidi Zerror, Algier. No. 44 Pustiehrad, Ungarn. - No. 38-<14 WAsH. 126, Ros. 255, WAsH. 13 2, Ros. 255, 255, W ASH. 1 34, Ros. 255.

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Obsidian. No. 45 Obsidian Hili, Fewan Mount., New Mexico. No. Mi. Cello de las Navajos, Mexico. No. 47 Obsidian Cliff, Yellow· stone. No. 48 Forgia Vecchia, Lipari. No. 49 Cleark Lake, Cali· fornien. No. 50 Cerro del Quinchc, Ecuador. No. 51 Raudhfossa· fjöll, Island. - No. 45-51, WAsH. 148, 150, 148, 152, 150, 154, 154.

Ferner habe ich die in Part I von WASHINGTONS oben erwähntem Sammelwerk zusammengestellten Gesteinsana­

lysen nach Si02-Prozent rubriciert und bekomme dadurch die Tabelle:

Anza�l Eruptivgesteine I mit Si02-Gehalt

2 83-84 °/0

1 82-83 ("not fresh")

2 81-82

3 80-81 (plus 1 Gneisen)

5 79-80 .

4 78-79

21 77-78 .

37 76-77

41 75-76

44 74-75 .

43 73-74

57 72-73

45 71-72 .

34 70-71

44 69-70

48 68-69 .

47 67-68 .

45 66-67

50 65-66 .

Bei der Beurteilung dieser Tabelle muss bedacht werden, dass sehr viele Analysen sich auf relativ schmale Gänge und dünne Decken beziehen, wäht·end man sich andrerseits von den kolossalen Granitfeldern in der Regel nur mit einer einzelnen Analyse pr. Feld begnügt hat; bei vielen Unter-

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suchungen ist überhaupt der Granit nicht analysiert Worden, dagegen nur die Gänge oder Decken, oder besondere Facies der Granite. - In der Tat führt die Mehrzahl der Granite zwischen etwa 68 und 74% Si02•

Wenn man die Verbreitung der Emptivgesteine der ganzen Erdkruste in Kubikmass (z. B. Kubikkilom.) nach Si02-Prozent darstellen will, erhält man annähernd das

beistehende Bild (Fig 4). Fig. 4.

Graphische Darstellung zur Erleuchtung der Kubik-Verbreitung der Eruptivgesteine (Si02-Prozent an der Abscisse; Kubikmass an der

Ordinate).

Emptivgesteine mit mehr als 80 Ofo Si02 kommen vor (s. z. B. die Analyse No. 38), spielen aber in Bezug auf Quantität eine ganz untergeordnete Rolle;

auch sind Gesteine mit 78-80% Si02 nm ganz wenig verbreitet;

Gesteine mit 76-78% Si02 treten etwas reichlicher auf;

dann kommt eine markierte Klimax, durch etwa 68-

75 OJo Si02 bezeichnet;

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die Gesteine mit noch weniger Si02 scheinen etwas .weniger verb1·eitet zu sein.

- ·Ein Vergleich zwischen den das Eutektikum reprä­sentierenden Analysen, No. 1-13, einerseits, und andrer­seits den Durchschnittsanalysen von Granit, Quarzporphyr und Rhyolith, No. 14-16, und den Einzel-Analysen von Granit, Quarzporphyr, Quarzkeratophyr, Rhyolith, Dacit und Obsidian, No. 17-51, ergibt:

dass die "granitischen" Eruptivgesteine dem Eutektikum ganz nahe stehen;

in den sauren Extremen begegnen wir einem Über­schuss, über das Eutektikum, namentlich von Quarz;

und in den relativ basischen hierhergehörigen Gesteinen begegnen wir einem Überschuss, namentlich von Fe,Mg­

oder Fe,Mg- Oa-Silikat und von Feldspäthen. Die Granite, Quarzporphyre, Quarzkeratophyre, Rhyo­

lithe u. s. w. mit etwa 73-75% Si02 (bei den Ab-reichen Gliedern mit etwas höherer, bei den An-reichen mit etwas niedrigerer Si02-Menge), wie beispielsweise No. 18-21,

26-28, 32-34, 40-43 und 46-49, enthalten mehr als 90 %, in vielen Fällen selbst mehr als 95 % Eutektikum, neben nur einigen Prozenten "M ineral im Überschuss".

Die sauren Extreme zeigen im grossen ganzen gerech­net bei steigender Si02-Menge eine Abnahme namentlich von MgO (::�: von Fe,Mg-Silikat) wie auch von OaO (:>: von An--Komponente in den Feldspäthen); sie bestehen haupt­sächlich aus· Quarz : Or + Ab + An-Eutektikum mit einem t"berschuss von Quarz, daher hier die frühzeitige Kry­

stallisation von Quarz. Der Überschuss von Quarz beträgt doch meist nur 10-15 %, selten so viel wie 20-25 Ofo

und nur ganz ausnahmsweise so viel wie 30 °/o oder etwas darüber.

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Die basischen Glieder der "granitischen" Gestein!:' zeigen andrerseits im grossen ganzen gerechnet bei ab­

nehmender Si02 -Menge eine Zunahme namentlich von

JfgO und OaO (a: von Fe,Mg- oder Fe,Mg-Ca-Silikat und von An-Komponente), - daher die frühzeitige Krystalli­sation von Glimmer, Pyroxen, Amphibol und das Auftreten von einigermassen An-reichen Plagioklasen.

Bei 70% Si02 in diesen Gesteinen führen dieselben meist ungefähr 90% Eutektikum neben 10% Mineral im Überschuss (Glimmer u. s. w. samt Feldspath); und selbst bei 66% Si02 in dem Gestein begegnen wir noch meist mindestens etwa 70 % Eutektikum.

Bei noch niedrigerem Si02 -Prozent bewegen wir uns auf dem Übergangsgebiet zu Quarzsyenit, Quarzdiorit, Quarz­gabbro u. s. w., mit zugehörigen Gang- und Deckengesteinen; hiermit werde ich mich bei dieser Gelegenheit jedoch nicht näher beschäftigen.

- Die "granitischen" Gesteine bilden den sauren anchi­eutektischen Pol von Differentialionsvorgängen in Stamm­magmen von meht· basischem Charakter. Diese Stamm­magmen kennzeichnen sich durch niedrigere Gehalte von

Si02, meist auch von K20 + Na20 in Summa, dagegen andrerseits durch höhere Gehalte namentlich von Fe2 03,

FeO, MgO und CaO.

In der einen Richtung konzentrieren sich namentlich die Fe-Oxyde, Fe,Mg- und Fe,Mg-Ca-Silikate und die An­Komponente der Feldspähe; in der anderen, nach dem Quarz­Feldspath-Eutektikum gehenden Richtung dagegen nament­lich die freie Kieselsäure und die Or- und Ab-Komponenten der Feldspäthe.

In den meisten Fällen ist dies Eutektikum nicht voll­

ständig erreicht oder genau erreicht worden; in anderen, aber mehr seltenen Fällen dagegen ist das Eutektikum,

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durch Konzentration von ft-eier Kieselsäure, etwas über­schritten worden. Es zeigt sich aber, dass Gesteine mit einem nennenswerten Überschuss von Quarz, über das Quarz-Feldspath-Eutektikum, sehr wenig verbreitet sind.

Im kleinen Maasstabe kann man den zu dem sauren, anchi-eutektischen Quarz-Feldspath-Pol gehenden Differen­tialionsprozess bei den gemischten Gängen, mit sauren Mittelpartien und basischen Sahlbändern, verfolgen. In

Gängen von einer Durchschnitts-Zusammensetzung wie etwa 60-65 Ofo Si02 begegnen wir nämlich nach der Mitte zu einer mehr oder minde1· ausgeprägten Annäherung zu dem Quarz : Feldspath- (oder. Quarz : Feldspath : Mg,Fe-Silikat-)

Eutektikum; beispielsweise führen verschiedene Gang­Mitten, welche von basischen SahTbändern (mit bezw. 51.05,

63.25, 46.54 und 55.79 Ofo Si02) begrenzt sind, 67.70, 68.60,

71.51, 72.37-75.31% Si02 (s. RosENBuscH, Elemente der Gesteinslehre, S. 91, 108, 201 und 266).

- Die Magmen der Granite mit zugehörigen Gang­und Deckengesteinen bilden das End pl'Odukt eines sehr

weit vorgeschrittenen Differentialionsprozesses; sie dürften somit erst in einem ziemlich späten Stadium der in den Magmabassins stattgefundenen Differentiation entstanden

sein. Hierdurch mag erklärt werden, dass die "granitischen" Gesteine im allgemeinen der letzten Stufe oder einer der letzten Stufen der Eruptionsepochen angehören. Wir kommen auf diese Weise zu der Diskussion des von BR0GGER

aufgestellten Satzes von dem Parallelismus der Eruptions­folge mit der Krystallisations- und der Differentialionsfolge; auf dies Thema gehen wir aber hier nicht näher ein.

Eine bedeutende Anzahl von Eruptivgesteinen bestehen .zum wesentlichen Teil aus Feldspäthen, welche sich stark <lern eutektischen Or: Ab+ An-Verhältnis nähern oder

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damit identisch sind. Ausser dieser anchi-eutektischen oder eutektischen Feldspath-Mischung führen e1mge dieser Gesteine namentlich Quarz, andere namentlich verschiedene Fe,JJ!g- oder Fe,Mg-Oa-Silikate, u. s. w.

Als Beispiel dieser Gesteine nehmen wir den von

BR0GGER beschriebenen Larvikit, der überwiegend au:'i Kryp!operthit (BR0GGER) = Anorthoklas (RosENBUSCH) be­steht, und der daneben verschiedene Fe,Mg- oder Fe,Mg­

Oa-Silikate (Pyroxen, Biotit, Hornblende, Olivin) samt etwas Eisenerz, Apatit u. s. w. führt. Der Kryptoperthit ist eine an der eutektischen Grenze auskrystallisierte, mikroskopi· sehe, bezw. submikroskopische eutektische Mischung von den Mischkrystallen Or + Ab, An und Ab + An, Or; hierüber verweise ich auf eine vorläufige Eriirterung in Silikat­

schmelzlösungen, li, S. 184-185 und auf eine mehr ein­gehende Darstellung in einer zukünftigen Arbeit von mir; s. auch S. 8-9 oben.

Auch die Adamellite, Banatite, Monzonite, ferner Birkremit, Mangerit, dann auch Pulaskit, Tünsbergit und mehrere andere Tiefengesteine, und unter den Decken­gesteinen unter andern viele Obsidiane u. s. w., führen die

Feldspäthe annähernd in dem eutektischen Or : Ab + An-::

Verhältnis. Die sauren Extreme dieser Gesteine nähern sich mehr oder minder stark dem etwas komplex zusam· mengesetzten Quarz : Or : Ab + An-Eutektikum.

Die meisten Gabbros und Diorite mit zugehörigen diaschisten Gang- und Deckengesteinen sind ebenfalls anchi­eutektischer Natur, indem sie der eutektischen Mischung

An + Ab + Or : Fe,Mg- oder Fe,Mg-Ca-Silikat ziemlich nahe stehen.

Das Studium dieses Eutektikums wird aus mehreren Gründen erschwert:

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die verschiedenen Glieder in dem Eutektikum, nämlich die Feldspäthe wie auch die Fe,Mg- oder Fe,Mg-Oa-Sili­

kate, sind Mischkrystalle; es treten häufig mehrere Fe, Mg- oder Fe,JYig- Ca-Sili­

kate auf; zwei oder noch mehrere Lösungskomponenten haben

häufig einen gemeinschaftlichen Ion; die physikalisch-chemische Beziehung zwischen den

Pyroxenen einerseits und den Amphibolen andrerseits ist noch nicht festgestellt; es scheint, dass die Pyroxene die metastabile, die Amphibole dagegen die stabile Form der betreffenden Metasilikate repräsentieren;

ferner ist auch auf die Beimischung von Eisenerzen (Titaneisenerzen) u. s. w. Rücksicht zu nehmen.

- Auch viele andere Eruptivgesteine sind von anchi­eutektischer Zusammensetzung.

Die Mehrzahl der meist verbreiteten Eruptivgesteine sind entweder von

anchi-monomineralischem oder von anchi·eutektischem Charakter;

und zwar spielen die letzteren quantitativ gerechnet die wichtigste Rolle.

Dabei gibt es, besonders innerhalb der Gang- und Deckengesteine, aber auch innerhalb der Tiefengesteine, eine Reihe intermediäre Glieder.

In der beistehenden Fig. 5 versuche ich die Eruptiv­gesteine - nach Verbreitung in Kubikmass und nicht nach Anzahl Typen - in Bezug auf das Verhältnis zwischen _

Eutektikum und "Mineral im Überschuss", (über das Eu--tektikum) graphisch zu erleuchten. Auf der Abscisse ist

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das prozentische Verhältnis zwischen der Menge des Eutek­tikums und deijenigen von "Mineral im Überschuss" abge­setzt; und die Ordinate sollte die Verbreitung in Kubikmass der verschiedenen Gesteine angeben.

100 °1o Eutek.

0°!o M. i. U. 1) Anchi-eutek­

tische Gesteine.

Fig. 5.

0 °1o Eutek.

100 o : o Min. i. U.

Anchi-mo­nomme­ral. Ge­steine.

Ich fühle mich davon überzeugt, dass dieses Bild im

wesentlichen korrekt ist; die Einzelheiten in Bezug auf den V er lauf der Kurve bedürfen aber selbstverständlich viele zukünftige Korrektionen.

Die Krystallisationsvorgänge m den Eruptivmagmen erklären sich durch die physikalisch-chemische Lösungs­theorie. Ferner erhellen sich hierdurch auch die Differen-

1) M. i U. = Mineral im Überschuss.

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tiationsvorgänge, obwohl freilich der physikalisch-chemische Aktor, auf dem die Differentiation beruht, bisher nicht fest­gesteilt ist.

Trotz dieses grossen Mangels sehen wir, dass das Studium des Eutektikums von fundamentaler Bedeutung für das Differentiations-Resultat, also für die Zusammen­setzung der Eruptivgesteine ist.

Die bisherigen V ersuche, wie diejenigen von LoEWINSON­

LESSING, von ÜsANN und von CRoss-IDDINGs-PmssoN­

\V ASHINGTON, einer chemischen Klassifikation der Erup­tivgesteine sind "künstlicher" Natur. Eine "natürliche" Klassifikation wird man zukünftig durch die physikalisch­chemische Arbeitsmethode erhalten, indem man das Haupt­gewicht auf Mischkrystali-Kombinationen und namentlich auf die Eutektika der wichtigsten gesteinsbildenden Mine­ralien legt.