28
Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 3 Prof. Dr. Isabel Feichtner WS 2017/2018

Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht

Übungsfall 3Prof. Dr. Isabel Feichtner

WS 2017/2018

Page 2: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Lösungsvorschlag

A. ZulässigkeitI. Verwaltungsrechtsweg, § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO

• keine aufdrängende Sonderzuweisung• ö-r Streitigkeit, wenn streitentscheidende Norm ö-r• mögliche Anspruchsgrundlagen: § 5 Abs. 1 PartG, Art. 118 Abs. 1

BV, Art. 3 Abs. 1, 3 GG, Art. 21 Abs. 1 GG, Art. 21 Abs. 1, 4 GO alle ö-r iSd modifizierten Subjektstheorie entspricht der Zwei-Stufen-Theorie für öffentliche

Einrichtungen: (1) „Ob“: ö-r, (2) „Wie“: ö-r oder privr• auch § 826 BGB denkbar? wegen ö-r Zuordnung des „Ob“ der Nutzung unanwendbar

• keine verfassungsrechtliche Streitigkeit, keine Sonderzuweisung

# 2

Page 3: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Exkurs: Zweistufentheorie

(1) Zulassung zur öffentlichen Einrichtung („ob“)stets öffentlich-rechtlicher Naturmaßgebl. Insbes. Art. 21 GO, 15 LKrO, 15 BezO gehören als staatsorganisatorische Normen zum öffentlichen Recht(2) Art und Weise der Zulassung („wie“)

Prüfung des Verwaltungsrechtswegs, wenn es ums „ob“ der Zulassung geht, kann kurz gehalten werden; aber Erwähnung der Zwei-Stufen-Theorie schadet nicht.BayVGH: schon iRd §40I1 VwGO ist zu prüfen, ob eine öffEinrichtung vorliegt.

3

Page 4: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Lösungsvorschlag

A. ZulässigkeitII. Statthafte Klageart• abhängig vom wohlverstandenen Begehren der Klägerin, § 88

VwGO• hier: Zulassung zur Mehrzweckhalle• Zulassungsentscheidung ist (begünstigender) VerwaltungsaktVerpflichtungsklage, § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO

# 4

Page 5: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Lösungsvorschlag

A. ZulässigkeitIII. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO

• Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein• nötig: Möglichkeit eines Anspruchs auf Zugang zur

Mehrzweckhalle oder zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung

• Anspruch könnte sich aus Art. 21 Abs. 1, 4 GO, § 5 Abs. 1 PartG, Art. 118 Abs. 1 BV, Art. 3 Abs. 1, 3 GG oder Art. 21 Abs. 1 GG iVm dem Widmungsakt ergeben

# 5

Page 6: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

IV. Vorverfahren, § 68 VwGO• entfällt gemäß Art. 15 Abs. 2 AGVwGOV. Klagefrist, § 74 VwGO und -form• eingehalten laut Sachverhalt

6

Page 7: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Lösungsvorschlag

VI. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO• Kl.: Landesverband „ProNation“ – beteiligungsfähig nach § 3 S.

2 PartG, vertreten durch Vorstand, § 62 Abs. 3 VwGO• Bekl.: Markt Randersacker – juristische Person, § 61 Nr. 1 Var.

2 VwGO, vertreten durch 1. BM, § 62 Abs. 3 VwGO, Art. 38 Abs. 1 GO

# 7

Page 8: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

VII. Zuständigkeit• Sachlich: VG (§45 VwGO)• Örtlich: VG Würzburg (§ 52 Nr. 3 (vertretbar auch Nr. 1) VwGO

i. V. Art. 1 II Nr. 5 AGVwGO

VIII. Rechtsschutzbedürfnis• Kann entfallen, wenn Antrag an völlig unzuständige Behörde

gerichtet ist; Rechtsschutzziel kann dann leichter erreicht werden, wenn sich Kl. zunächst an die zuständige Behörde wendet.

IX. Zwischenergebnis: Klage ist zulässig

8

Page 9: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit

Die Verpflichtungsklage ist begründet, soweit

(I) sie gegen den richtigen Beklagten gerichtet ist und

(II) die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist und der Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Dies ist der Fall, soweit der Landesverband „ProNation“ gegen den Markt Randersacker einen Anspruch auf Zulassung zur Mehrzweckhalle hat hat.

# 9

Page 10: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit – I. Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO

• „Körperschaft, deren Behörde den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat“

• Markt Randersacker als Rechtsträger der Gemeindeverwaltung, die für den Erlass des Zulassungs-Verwaltungsakts zuständig ist

# 10

Page 11: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Exkurs: Prüfung eines Anspruchs auf Zulassung oder Neuentscheidung

1. Anspruchsgrundlage: v.a. § 70 I GewO, Art. 21 I GO2. AnspruchsvoraussetzungenGem Art. 21 I GO: a) öffentliche Einrichtungb) Gemeindeangehöriger3. Umfang des AnspruchsMaßgeblich durch Widmung(sakt) bestimmt4. Anspruchsinhalt Zugangs- o. Auswahlanspruch5. Erfüllung des Anspruchs- Kein Ermessensausfall (zB infolge Unzuständigkeit)- Kein Ermessensfehlgebrauch

11

Page 12: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit – II. Bestehen eines Anspruchs

1. Anspruch aus Art. 21 Abs. 1, 4 GO?• öffentliche Einrichtung der Marktgemeinde

–Zusammenfassung von Sachmitteln und ggf. Personal–von der Gemeinde im öffentlichen Interesse unterhalten

• hier: Befriedigung kultureller, sportlicher und sozialer Bedürfnisse–durch Widmungsakt allgemeiner Benutzung zumindest auch

durch Gemeindeangehörige zugänglich gemacht• hier: zwar nicht ausdrücklich, aber konkludent

–der gemeindlichen Verfügungsgewalt unterliegend• hier: (+) als Regiebetrieb- Keine öffentliche Einrichtung: Verwaltungseinrichtungen, d.h. Einrichtungen, die lediglich internem Gebrauch dienen und im Gemeingebrauch stehende Einrichtungen, v.a. Straßen und Wege (Art. 21 Abs. 5 GO)

# 12

Page 13: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit – II. Bestehen eines Anspruchs

1. Anspruch aus Art. 21 Abs. 1, 4 GO?1.1. Anspruchsvoraussetzungen

• Kl. gemeindeangehörig?–Art. 15 Abs. 1 GO: alle Gemeindeeinwohner

• hier: (-), Kl. ist schon keine natürliche Person

–Art. 21 Abs. 4 GO: juristische Person oder Personenvereinigung mit Sitz in der Gemeinde(und örtliches Gepräge der Veranstaltung, str.)

• hier: (-), Kl. ist in München ansässig

• Zwischenergebnis: kein Anspruch aus Art. 21 Abs. 1, 4 GO

# 13

Page 14: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit – II. Bestehen eines Anspruchs

[inhaltlich weitgehend parallel: Art. 118 Abs. 1 BV, Art. 3 Abs. 1, 3, Art. 21 Abs. 1 GG iVm bisheriger Vergabepraxis – grds. nacheinander zu prüfen]

2. Anspruch aus § 5 Abs. 1 PartG iVm Vergabepraxis?2.1. Anspruchsvoraussetzungen

• Bekl. ist Träger öffentlicher Gewalt–hier: kommunale Gebietskörperschaft

• Bekl. stellt Einrichtung an Parteien zur Verfügung–hier: Mehrzweckhalle bisher u.a. für überregionale

politische Veranstaltungen von auswärtigen Landesverbänden genutzt

# 14

Page 15: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit – II. Bestehen eines Anspruchs

• Kl. ist Partei und hat einen Antrag gestellt2.2. Umfang des Anspruchs• Kl. beabsichtigt Nutzung im Umfang der Vergabepraxis2.3. Anspruchsinhalt• Diskriminierungsfreie Teilhabe an Zugang2.3. Erfüllung des Anspruchs• Ausschlussgründe?

– Verfolgung verfassungswidriger Ziele (vgl. Art. 31 Abs. 4 GO): nur im Parteiverbotsverfahren geltend zu machen, Art. 21 Abs. 2 GG

– Schädigung des guten Rufs der Gemeinde: Frage der politischen Anschauung, die gegenüber § 5 PartG gerade nicht durchgreift

– Gefährdung der öffentlichen Sicherheit: nicht konkret und nicht durch die Partei selbst(im Übrigen: mildere Mittel Versicherungspflicht, Kaution)

# 15

Page 16: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

B. Begründetheit – III. Zwischenergebnis

• Kl. hat Anspruch auf Zulassung• Klage ist begründet

C. Ergebnis: Klage hat Aussicht auf Erfolg

# 16

Page 17: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung I

A. ZulässigkeitI. Rechtsweg (wie vor)II. Statthafte Klageart• Begehren: Zulassung zur Mehrzweckhalle• aber erfüllbar nur, wenn zugleich die andere Partei verdrängt

wird

# 17

Page 18: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Exkurs: Behandlung von Konkurrenzsituationen

• Positive Konkurrentenklage: Kläger möchte dieselbe Begünstigung erhalten wie Konkurrent, ohne dass Begünstigung wegen Zuteilung an den Konkurrenten bereits vergeben wäre Verpflichtungsklage

• Mitbewerberklage: es steht nur begrenzter Umfang an Leistung zur Verfügung, der von überschießender Zahl von Bewerbern beansprucht wird

(P) Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungsklage?e.A. (+) Vorteil: Frage der Rechtmäßigkeit der

Verteilungsentscheidung wird in einem einzigen Prozess geklärt.Ausnahme: wenn Erhebung einer Anfechtungsklage im

Einzelfall nicht zumutbar (1) wenn Vielzahl von Konkurrenten, (2) wenn Auswahlentscheidung der Behörde so unvollständig dokumentiert, dass Anfechtung „ins Blaue hinein“

18

Page 19: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

• A.A.: keine KombinationsklageArg.: Kläger muss nicht zunächst Konkurrenten

verdrängen, um selbst zum Zug zu kommen; Behörde steht stets Instrument der Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG zur Verfügung, wenn Verpflichtungsklage erfolgreich und Kläger Platz eingeräumt werden muss

positive Zuteilungsentscheidung für Konkurrenten wird ggü Kläger nur bestandskräftig, wenn sie ihm (als Drittem) bekannt gegeben wurde Allein Verpflichtungsklage, es sei denn positive Entscheidung wurde auch abgelehntem Bewerber ggü bekannt gemacht ODER Behörde kann Zulassungsentscheidung an Konkurrenten nicht mehr beseitigen (wg Art. 48 BayVwVfG regelmäßig nicht der Fall)

19

Page 20: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Ausnahmefall Beamtenernennung

• Eine wirksam erfolgte Ernennung eines Beamten kann von einem Dritten grundsätzlich nicht angefochten (vgl. BVerwGE 80, 127 [129 ff.]) und nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 15 BayBGzurückgenommen werden, so dass ggf. eine vorbeugende Unterlassungsklage im Hinblick auf die Ernennung – gesichert durch eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO –erhoben werden muss

• wichtige Ausnahme vom Grundsatz der Ämterstabilität sieht das BVerwG in neuerer Rechtsprechung vor, wenn dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz durch vorzeitige Ernennung eines Mitbewerbers nicht erschöpfend gewährt wurde. In diesem Fall ist eine inhaltliche Überprüfung verfassungsrechtlich geboten und die Anfechtungsklage möglich (vgl. BVerwGE 138, 102).

20

Page 21: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

• hier: da Konkurrent bekannt, VK+AK praktikabel• ebenfalls vertretbar: nur Verpflichtungsklage, da VA an

Konkurrent dem Kläger nicht bekannt gegeben und damit diesem gegenüber bestandskräftig werden kann

21

Page 22: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung I

A. ZulässigkeitIII. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO

• Verletzung in subjektivem Recht muss für beide Begehren möglich sein

• Verpflichtungsbegehren: s.o.• Anfechtungsbegehren: Teilhabeanspruch aus § 5 PartG wird

beeinträchtigt

# 22

Page 23: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung I

A. ZulässigkeitIV. Klagefrist, § 74 VwGO

• grds.: innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe• Anfechtungsbegehren:

–Bekanntgabe ist nicht erfolgt, daher läuft keine Frist (auch nicht nach § 58 Abs. 2 VwGO), höchstens Verwirkung

• Verpflichtungsbegehren:–Aufgabe zur Post am 03.07.2017–gilt als erfolgt am 06.07.2017 (auch wenn Feiertag!)–Fristende damit 07.08.2017 (weil 6.8. ein Sonntag)

• Klageerhebung am 21.07.2017 somit rechtzeitig

# 23

Page 24: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung I

B. Objektive Klagehäufung, § 44 VwGO• Da sich beide Begehren gegen denselben Bekl. richten, aus

einem einheitlichen Lebenssachverhalt stammen und dasselbe VG zuständig ist, können sie in einer Klage verfolgtr werden.

C. Notwendige Beiladung, § 65 Abs. 2 VwGO• Die Mehrzweckhalle kann zu dem begehrten Termin nur an

eine Partei vergeben werden, so dass die gerichtliche Entscheidung nur einheitlich beiden Interessenten gegenüber ergehen kann.

# 24

Page 25: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung I

D. BegründetheitI. Passivlegitimation (s.o.)II. Anfechtungsbegehren

• formelle Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung (+)• materielle Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung:

Ermessensfehler?–anerkannte Auswahlkriterien: Priorität, Los, Rotation–hier: nichts davon gewählt; keine sachlichen Gründe für

Abweichung von der zeitlichen Reihenfolge erkennbar• Rechtsverletzung des Kl. (+)

# 25

Page 26: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung I

D. BegründetheitIII. Verpflichtungsbegehren

• Anspruch aus § 5 Abs. 1 PartG iVm Vergabepraxis?• Voraussetzungen wie vor• Inhalt bei mehreren Interessenten: grds. ermessensfehlerfreie

Entscheidung• hier auf Null reduziert mangels ersichtlicher Auswahlkriterien

# 26

Page 27: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Abwandlung II

A. ZulässigkeitI. Rechtsweg• wie oben – da Marktgemeinde zu 75% an A-GmbH beteiligt,

bleibt es bei der Zwei-Stufen-Theorie für öffentliche Einrichtungen

II. Statthafte Klageart• Begehren: Zulassung zur Mehrzweckhalle• Marktgemeinde kann dies nicht selbst bewirken, sondern nur

auf A-GmbH einwirken (mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln)• das wäre kein Verwaltungsakt allgemeine LeistungsklageRest s.o. – Einwirkung als Minus zur Zulassung!

# 27

Page 28: Übung für Fortgeschrittene im Öffentlichen Recht Übungsfall 1€¦ · III. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO •Verletzung in subjektivem Recht muss möglich sein •nötig: Möglichkeit

Exkurs: Zugangsansprüche bei formeller, funktionaler und materieller Privatisierung

• Formelle Privatisierung: kommunales Unternehmen in Privatrechtsform Zugangsanspruch gegen Gemeinde aber auch gegen GmbH selbst Verwaltungsprivatrecht; auch GmbH selbst ist an Grundrechte und Gleichheitssatz gebunden; aber: bei Klage gg GmbH ist Zivilgericht zuständig

• Funktionelle Privatisierung: Gemeinde lässt öffentliche Einrichtung von rein privatem Träger betreiben, den sie mittels zivilrechtlichem Vertrag verpflichtet, die Einrichtung für bestimmten Personenkreis offen zu halten Betreiber ist Verwaltungshelfer und NICHT ans Verwaltungsprivatrecht gebunden Zugangsanspruch muss gegen Gemeinde gerichtet werden

• Materielle Privatisierung: Kommune nimmt Bereitstellen der betrEinrichtung überhaupt nicht mehr als Verwaltungsaufgabe wahr und endwidmet die Einrichtung allenfalls verwaltungsgerichtliches Vorgehen mit Ziel, die RM der materiellen Privatisierung überprüfen zu lassen

28