8
1 Einleitung Die zunehmende Monopolisierung auf dem Markt fu ¨ r Informationsressourcen im akademischen Sektor fu ¨ hrte in den vergan- genen Jahren zu einer versta ¨rkten Bildung von Bibliothekskonsortien auf der Abneh- merseite, die einen Gegenpol in Form ei- ner Einkaufsgenossenschaft darstellen soll- ten [McCa02]. Diese Tendenzen lassen sich in verschiedenen La ¨ndern wie etwa in Deutschland, England, der Schweiz und der Niederlande beobachten [Oker02]. In den USA sind Konsortien eher selten zu finden; das gro ¨ ßte Konsortium ist dort OHIO- Link (http://www.lib.ohio-state.edu/). In Deutschland richten sich die meisten Konsortien aufgrund der fo ¨ deralen Finan- zierungsstrukturen regional aus; u ¨ berregio- nale bzw. deutschlandweite Konsortien sind derzeit noch selten. Ein Zusam- menschluss auf thematischer Grundlage findet derzeit so gut wie gar nicht statt, vielmehr werden mo ¨ glichst viele Bibliothe- ken in Konsortien unabha ¨ngig von den an den jeweiligen Standorten betriebenen Forschungsschwerpunkten eingebunden [AnDe02]. In ju ¨ ngster Zeit zeigte sich allerdings, dass einige Vorgehensweisen zu keiner nennenswerten Preisreduktion fu ¨ hrten. So scheiterte bspw. das NESLI-Projekt in Großbritannien, welches die prima ¨re Auf- gabe hatte, fu ¨ r Bibliotheken kostengu ¨ ns- tige Rahmenbedingungen auszuhandeln (http://www.nesli.ac.uk/). Auf der Anbieterseite kristallisierten sich in den letzten Jahren zwei Tarife heraus, welche die Grundlage dieser Untersuchung darstellen. Die Preismodelle fu ¨ r Informati- onsdatenbanken basieren i. d. R. auf der Anzahl potenzieller Nutzer und sehen eine Preisstaffelung je nach Gro ¨ße des Konsor- tiums vor [Meie02]. Die einzelnen Konsor- ten zahlen fu ¨ r die gleiche Leistung bei an- steigender Gro ¨ ße des Konsortiums einen immer geringeren Betrag. Ein etwas ande- res Bild stellt sich bei elektronischen Zeit- schriften dar. Die Verlage befu ¨ rchten durch die elektronische Bereitstellung der Inhalte u ¨ ber das Internet massive Umsatzeinbru ¨- che im Printbereich, wohingegen die elekt- ronischen Ressourcen, solange mit ihrer Nutzung nicht eine massive Ausweitung der Abonnementzahlen einhergeht, die Umsatzreduktion bei den gedruckten Exemplaren nicht kompensieren ko ¨ nnen WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 4, S. 265 272 Die Autoren Rainer B. Fladung Berndt Dugall Wolfgang Ko ¨nig Dipl.-Kfm. Rainer B. Fladung Prof. Dr. Wolfgang Ko ¨nig Institut fu ¨r Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement Johann Wolfgang Goethe-Universita ¨t Mertonstr. 17 60054 Frankfurt am Main 069 798-22730 {rfladung | koenig}@wiwi.uni-frankfurt.de http://www.is-frankfurt.de Dipl.-Chem. Berndt Dugall Direktor Stadt- und Universita ¨tsbibliothek Frankfurt am Main Bockenheimer Landstr. 134–138 60325 Frankfurt am Main 069 212-39230 [email protected] Úkonomie der elektronischen Literaturversorgung Optimale Tarifwahl beim Bezug elektronischer Zeitschriften Kernpunkte Die Kosten fu ¨r die wissenschaftliche Literaturversorgung haben sich im vergangenen Jahr- zehnt mit mehr als zweistelligen ja ¨hrlichen Preissteigerungsraten drastisch erho ¨ht. Die Folge sind Abbestellungen von Zeitschriften, verringerter Kauf von Monographien und somit eine schlechtere Versorgung mit wissenschaftlicher Literatur. Eine bedarfsgerechte Bezugsstrate- gie ist daher unabdingbar und kann dazu beitragen, dass der Kostendruck auf die o ¨ffentlich finanzierten Bibliotheken verringert werden kann. & Der undifferenzierte Einkauf von Pauschallizenzen ist nicht kostenminimal. & Die optimale Tarifmischung ist stark von den zugrunde liegenden Parametern abha ¨ngig. & Auch fu ¨r große Bibliotheken und Konsortien ist ein optimiertes Bezugsmanagement loh- nenswert. Stichworte: Digitale Bibliotheken, elektronische Zeitschriften, wissenschaftliche Kommunika- tion, Bibliothekskonsortium, Preismodelle, Pay-per-View WI – Aufsatz

Ökonomie der elektronischen Literaturversorgung Optimale Tarifwahl beim Bezug elektronischer Zeitschriften

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1 Einleitung

Die zunehmende Monopolisierung aufdem Markt fur Informationsressourcen imakademischen Sektor fuhrte in den vergan-genen Jahren zu einer verstarkten Bildungvon Bibliothekskonsortien auf der Abneh-merseite, die einen Gegenpol in Form ei-ner Einkaufsgenossenschaft darstellen soll-ten [McCa02]. Diese Tendenzen lassensich in verschiedenen Landern wie etwa in

Deutschland, England, der Schweiz und derNiederlande beobachten [Oker02]. In denUSA sind Konsortien eher selten zu finden;das großte Konsortium ist dort OHIO-Link (http://www.lib.ohio-state.edu/).In Deutschland richten sich die meisten

Konsortien aufgrund der foderalen Finan-zierungsstrukturen regional aus; uberregio-nale bzw. deutschlandweite Konsortiensind derzeit noch selten. Ein Zusam-menschluss auf thematischer Grundlagefindet derzeit so gut wie gar nicht statt,vielmehr werden moglichst viele Bibliothe-ken in Konsortien unabhangig von den anden jeweiligen Standorten betriebenenForschungsschwerpunkten eingebunden[AnDe02].In jungster Zeit zeigte sich allerdings,

dass einige Vorgehensweisen zu keinernennenswerten Preisreduktion fuhrten. Soscheiterte bspw. das NESLI-Projekt inGroßbritannien, welches die primare Auf-gabe hatte, fur Bibliotheken kostenguns-

tige Rahmenbedingungen auszuhandeln(http://www.nesli.ac.uk/).Auf der Anbieterseite kristallisierten sich

in den letzten Jahren zwei Tarife heraus,welche die Grundlage dieser Untersuchungdarstellen. Die Preismodelle fur Informati-onsdatenbanken basieren i. d. R. auf derAnzahl potenzieller Nutzer und sehen einePreisstaffelung je nach Große des Konsor-tiums vor [Meie02]. Die einzelnen Konsor-ten zahlen fur die gleiche Leistung bei an-steigender Große des Konsortiums einenimmer geringeren Betrag. Ein etwas ande-res Bild stellt sich bei elektronischen Zeit-schriften dar. Die Verlage befurchten durchdie elektronische Bereitstellung der Inhalteuber das Internet massive Umsatzeinbru-che im Printbereich, wohingegen die elekt-ronischen Ressourcen, solange mit ihrerNutzung nicht eine massive Ausweitungder Abonnementzahlen einhergeht, dieUmsatzreduktion bei den gedrucktenExemplaren nicht kompensieren konnen

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 4, S. 265–272

Die Autoren

Rainer B. FladungBerndt DugallWolfgang Konig

Dipl.-Kfm. Rainer B. FladungProf. Dr. Wolfgang KonigInstitut fur Wirtschaftsinformatikund InformationsmanagementJohann Wolfgang Goethe-UniversitatMertonstr. 1760054 Frankfurt am Main069 798-22730{rfladung | koenig}@wiwi.uni-frankfurt.dehttp://www.is-frankfurt.de

Dipl.-Chem. Berndt DugallDirektor Stadt- und UniversitatsbibliothekFrankfurt am MainBockenheimer Landstr. 134–13860325 Frankfurt am Main069 [email protected]

�konomie der elektronischenLiteraturversorgungOptimale Tarifwahlbeim Bezug elektronischer Zeitschriften

Kernpunkte

Die Kosten fur die wissenschaftliche Literaturversorgung haben sich im vergangenen Jahr-zehnt mit mehr als zweistelligen jahrlichen Preissteigerungsraten drastisch erhoht. Die Folgesind Abbestellungen von Zeitschriften, verringerter Kauf von Monographien und somit eineschlechtere Versorgung mit wissenschaftlicher Literatur. Eine bedarfsgerechte Bezugsstrate-gie ist daher unabdingbar und kann dazu beitragen, dass der Kostendruck auf die offentlichfinanzierten Bibliotheken verringert werden kann.

& Der undifferenzierte Einkauf von Pauschallizenzen ist nicht kostenminimal.& Die optimale Tarifmischung ist stark von den zugrunde liegenden Parametern abhangig.& Auch fur große Bibliotheken und Konsortien ist ein optimiertes Bezugsmanagement loh-

nenswert.

Stichworte: Digitale Bibliotheken, elektronische Zeitschriften, wissenschaftliche Kommunika-tion, Bibliothekskonsortium, Preismodelle, Pay-per-View

WI – Aufsatz

[PhPh02]. Dieser neue Distributionskanalkonkurriert also direkt mit dem herkomm-lichen Weg uber gedruckte Exemplare derjeweiligen Zeitschrift [PhPh02]. Die elekt-ronische Version besitzt durch das neueMedium einige Eigenschaften, die bedeu-tenden Einfluss auf die Umsatzsituationder Verlage haben [Sost96]:& Durch die Moglichkeit des elektro-

nischen Zugriffs besteht in einem Kon-sortium keine Notwendigkeit mehr, eineZeitschrift mehrfach in gedruckter Formzu abonnieren (Cross Access).

& Der Distributionskanal verursacht neueKosten in Form von Softwareentwick-lung, -pflege und -wartung sowie Hard-wareanschaffung.

Insbesondere der erste Punkt fuhrt dazu,dass die Verlage ihre Preismodelle fur denelektronischen Zugriff uberwiegend an diein gedruckter Form gehaltenen Zeitschrif-ten koppeln [Meie02]. In der Regel werdendiese Angebote zusatzlich mit Nichtabbe-stellklauseln kombiniert, um einem massi-ven Umsatzeinbruch entgegen zu wirken[AnCo02]. Die zum Teil sehr komplexenVertragsmodalitaten fur den konsortialenBezug lassen auf den ersten Blick kaumEinschatzungen uber die Vorteilhaftigkeiteiner Einkaufsgenossenschaft zu. DiePreisgestaltung macht eine Kostenrech-nung, welche entstehende Kosten verursa-chungsgerecht auf die jeweiligen Zugriffezurechnen soll, vielfach unmoglich[Horn01].Die Mehrzahl der bisherigen For-

schungsansatze auf dem Gebiet der wissen-schaftlichen Informationsversorgung be-fasst sich mit der Darstellung der

derzeitigen Preismodelle und der dahinterstehenden okonomischen Implikationenfur die Erlosentwicklung der Informa-tionsanbieter [Getz99; Odly96; Odly97;Oker96; Vari96]. Getz unterstellt bei sei-nen Untersuchungen, dass Bibliothekenwegen des hohen Datenerhebungsauf-wands nicht fahig sind, verschiedene Be-zugstarife zu kombinieren [Getz99]. MitFragen der Wettbewerbssituation auf demMarkt fur wissenschaftliche Literatur undden Auswirkungen quasi-monopolistischerPreisspielraume einzelner Verlage sowiemoglichen Publikationsalternativen befasstsich Odlyzko und kommt zu dem Ergeb-nis, dass das derzeitige Publikationssystemnicht dauerhaft finanzierbar ist und dassvor dem Hintergrund der elektronischenVeroffentlichungsmoglichkeiten Alternati-ven von Seiten der Wissenschaftler aktivunterstutzt werden mussen [Odly97]. Wei-terhin sieht Odlyzko eine Moglichkeit zurKostenreduktion fur Bibliotheken in derNutzung von Dokumentenzustelldiensten,die je nach Nachfrage variabel bepreistwerden konnen [Odly96]. Okersonkommt zu dem Ergebnis, dass neben dengestiegenen Aufgaben im Bereich der In-formationsaufbreitung und -verarbeitungauch die Gestaltung von neuen Preis-modellen Herausforderungen an Bibliothe-ken und Verlage stellen [Oker96]. McCabeuntersucht die auf dem Markt fur Zeit-schriften beobachtbaren Zusammenschlus-se von Verlagen und die damit einher-gehenden Auswirkungen auf die Abon-nement- und Lizenzpreise [McCa02]. SeineUntersuchungen ergeben, dass sich derMarkt fur wissenschaftliche Literatur

durch eine hohe Konzentration auf derAnbieterseite auszeichnet und somit mo-nopolistische Gewinne moglich sind[McCa02].Allen bisherigen Ausfuhrungen ist ge-

mein, dass sie weder eine empirische Un-tersuchung noch ein Entscheidungsmodellfur Bibliotheken oder Konsortien aufwei-sen, das die Auswirkungen alternativerPreismechanismen ansatzweise zeigt.Gegenstand dieser Untersuchung ist die

Fragestellung, ob eine Tarifmischung furein gegebenes Konsortium unter verschie-denen Rahmenbedingungen zu einer Kos-tenreduktion fuhrt. Dazu werden zunachstdie beiden relevanten Preismodelle dar-gestellt und vor diesem Hintergrund einEntscheidungsmodell entwickelt. Der letz-te Abschnitt beinhaltet die konkrete An-wendung des Modells auf die reale Bezugs-situation innerhalb des HessischenBibliothekskonsortiums HeBIS (Hessi-sches Bibliotheksinformationssystem) furein beispielhaftes Titelpaket eines Verlages.Grundlage dieser Betrachtung ist eine em-pirische Untersuchung fur den Bezugszeit-raum 2001 [DuFl02]. Zur Anonymisierungwird auf die Angabe des Verlagsnamensverzichtet.

2 Preismodelle

2.1 Kalkulation auf Basisder gehaltenen Printabonnements

Das Preismodell auf Grundlage der abon-nierten Printexemplare (Aufschlagmodell)ist derzeit im Bereich der elektronischenZeitschriften gangig und wird zunachst an-hand eines Beispiels erlautert.

Das Bezugsvolumen fur gedruckte Zeit-schriften bezuglich der Titel des betrachte-ten großen Verlages betrug im HeBIS-Konsortium fur das Jahr 2000 netto$ 1.605.586; dabei wurden Mehrfachexem-plare bei der Berechnung nicht ausgenom-men. Die dadurch erworbene Lizenz bein-haltete den Cross Access, d. h. Konsortenkonnten auch auf die Titel, die nicht phy-sisch am eigenen Standort gehalten wur-den, elektronisch zugreifen. Weiterhin warkein Additional Access im Lizenzpro-gramm enthalten; dieser Zusatz wurde esden Konsorten ermoglichen, auch auf dieTitel des Anbieters elektronisch zuzugrei-fen, die an keinem Standort innerhalb desKonsortiums als Abonnement in gedruck-ter Form gehalten wurden. Der Lizenzkos-tenaufschlag fur den elektronischen Zugriffbelief sich fur das Jahr 2001 auf 15%.

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 4, S. 265–272

Kostensicht Leistungssicht

Basiskostensatzauf Grundlage der Printabonne-ments inkl. Mehrfachexemplare

Möglichkeit der Nutzung der ge-druckten Zeitschriften und Option desZukaufs der elektronischen Nutzung

+ prozentualerAufschlag

Lizenzkostenfür elektronischen Zugriff

Elektronischer Zugriff auf:. am eigenen Standort als Print-Abon-nement gehaltene Titel. an einem anderen Standort inner-halb des Konsortium abonnierte Titel(cross access). an keinem Sandort innerhalb desKonsortiums vorhandene Titel(additional access) (optional)

Bild 1 Kosten- und Leistungsuberblick

266 Rainer B. Fladung, Berndt Dugall, Wolfgang Konig

Das Beispiel zeigt, dass die Basiskostenin Form der gehaltenen Printabonnementsnicht nur die gedruckten Exemplare der je-weiligen Zeitschrift, sondern auch eine Op-tion zur elektronischen Nutzung beinhal-ten. Die Ausubung der Option verursachtweiterhin Kosten in Hohe des prozentua-len Zuschlags (Bild 1).Aus Kostensicht sind diese Basiskosten

allerdings nicht ohne weitere �berlegun-gen den Zugriffen zurechenbar, da nichtoffensichtlich ist, wie viel die Option kos-tet und welchen Anteil die gedrucktenExemplare an der Basis tragen. Man kanndiesen Basisbetrag als Gemeinkosten anse-hen und versuchen, ihn durch geeigneteSchlussel auf die Kostentrager (gedruckteund elektronische Zeitschriften) umzule-gen [Jost96]. In der gangigen Kostenrech-nung werden unterschiedliche Umlagever-fahren fur Gemeinkosten angefuhrt, vondenen insbesondere die Methoden fur denFall der Kuppelproduktion fur die hier ge-schilderte Situation angewendet werdenkonnen [Horn01]. Eine Kuppelproduktionliegt dann vor, wenn bei der Erstellung ei-nes Produkts (Hauptprodukt) zwangs-laufig ein oder mehrere weitere Produkte(Nebenprodukte) anfallen. Die hierbei ge-brauchlichen Umlageverfahren sind dasRestwertverfahren, das verfeinerte Subtrak-tionsverfahren und das Kostenverteilungs-verfahren [Jost96]. Sowohl das Restwert-verfahren als auch das verfeinerte Subtrakti-onsverfahren gehen davon aus, dass mit denbetrachteten Kostentragern ein Erlos amMarkt erzielt werden kann [Daum82]. Daim vorliegenden Fall keine weitere Verrech-nung mit Marktpreisen auf der „Absatzsei-te“ der wissenschaftlichen Bibliotheken be-obachtbar ist, scheiden diese Instrumenteaus. Das Kostenverteilungsverfahren hin-gegen verwendet Hilfsgroßen, wie Mengen,technische Eigenschaften oder ahnlicheVerrechnungsschlussel [Humm90]. Zielsolcher Methoden ist es, alle in einem Un-ternehmen anfallenden Kosten auf Kosten-trager zu verrechnen, also auch die Kostenmit zu berucksichtigen, welche sich einerKostenstelle bzw. einem Kostentrager nichtverursachungsgerecht zuordnen lassen. Esergibt sich das Problem der Schlusselungdieser Gemeinkosten, das sich nach mehroder weniger willkurlichen, intuitiv plausi-blen Umlageverfahren losen lasst [Horn01].Die Lizenzkosten sind Einzelkosten in

Bezug auf das jeweilige Zeitschriftenpaket,mussen aber in Relation zu den jeweiligenTiteln bzw. den mit ihnen verbunden Nut-zungshaufigkeiten als Gemeinkosten be-handelt werden. Die Grenzkosten derNutzung sind bei diesem Tarifmodell Null,

da keine weiteren Kosten fur einen Zugriffanfallen.Im Zuge der Beschaffung und der Pflege

der Systeme fallen auf der Seite der Biblio-theken an unterschiedlichen Stellen Kostenan, die nicht direkt ein Produkt oder eineerworbene Leistung zurechenbar sind. Bei-spielsweise entstehen Personalkosten da-durch, dass mit den verschiedenen Ver-lagen uber die Vertragsmodalitaten Ver-handlungen stattfinden. Wahrend dieserVertragsanbahnungsphase entstehen wei-tere Kosten fur bspw. die Informations-beschaffung [Hans00]. Diese Transaktions-kosten sollen im Folgenden unberucksich-tigt bleiben, da Erhebung und Schlusselungprohibitiv aufwandig waren und sich da-raus wenig �nderungen hinsichtlich derAussagen zur optimalen Tarifmischung ab-leiten ließen. Im Kern der Untersuchungstehen die Gemeinkosten, die sich durchdie Vertragsmodalitaten ergeben. Im Falledes gangigen Aufpreismodells bestehendiese aus den Kosten fur die Printabon-nements und die Option zum Erwerb einerOnlinenutzung sowie den Lizenzkostenfur den elektronischen Zugriff auf das je-weilige Titelpaket.

Kt ¼ ð1þ atÞPN

i¼1mt�1

i pti ð1Þ

mit:

i ¼ Index fur Zeitschrift iKt ¼ Bezugskosten fur die Periode tmt�1

i ¼ Anzahl der im Vorjahr von denKonsorten in gedruckter Form ge-kauften Exemplare der Zeitschrift i

N ¼ Anzahl der gedruckten Zeitschrif-ten, die in der Vorperiode abon-niert wurden

pti ¼ Preis fur ein Printabonnement derZeitschrift i (netto)

at ¼ relativer LizenzkostenaufschlagDie Bezugskosten fur die Periode t (vgl.(1)) beinhalten die Moglichkeit des elektro-nischen Zugriffs aller Konsorten auf die imVertrag genannten Titel. Dieses sind in allerRegel die Titel, die im Konsortium an min-destens einem Standort gehalten werden(Cross Access). Der Additional Access wirdhier nicht naher betrachtet, da nur sehr we-nige Verlage diesen Zusatz (zumeist gegenAufpreis) anbieten.

2.2 Pay-per-View-Preismodell

Im Gegensatz zu dem in Abschnitt 2.1 be-schriebenen Aufpreismodell, das auf Zu-griffsoptionen ohne variable Kosten ba-siert, geht man im Pay-per-View-Modell(PPV) davon aus, dass jeder elektronische

Zugriff auf einen Volltext einzeln erfasstund mit einem Kostensatz (v) in Rechnunggestellt wird.

Die Bezugskosten fur die Moglichkeitdes elektronischen Zugriffs auf die Zeit-schrift i setzen sich aus der Haufigkeit dertatsachlichen Nutzung und dem Preis fureinen Abruf zusammen.

3 Entscheidungsmodell

Eine �nderung der derzeit gangigen Be-zugspraxis von einer reinen Pauschallosunghin zu einer Mischkalkulation kann prinzi-piell Auswirkung auf mehrere Bestandteilebzw. Leistungen der Lizenz mit sich brin-gen. Es ist daher bei der Optimierung derBeschaffung von elektronischen Zeitschrif-ten wichtig, zunachst diese Auswirkungenzu beschreiben bzw. plausible Annahmendaruber zu treffen.

Unterstellt man zunachst, dass alle Titeleines Verlages uber das Lizenzmodell be-zogen werden, so gehen alle gedrucktenExemplare zur Berechnung der Basissum-me in die Preisgestaltung ein. Weiterhinentfallen auf diesen Betrag noch Lizenz-

kosten in Hohe von at PN

i¼1mt�1

i pti . Alterna-

tiv kann jeder Titel auch uber ein PPV-Preismodell bezogen werden, was zurKonsequenz hat, dass sich die Bezugskos-

ten um den Betrag ð1þ atÞPN

i¼1mt�1

i pti ver-

ringern. Fur diese Titel fallen jedoch neueKosten in Abhangigkeit der Nutzung in

Hohe vonPN

i¼1vtið1þ btÞ xt�1

i an. Da ex ante

die Zugriffszahlen fur die Titel eines Ver-lages innerhalb des Konsortiums nicht be-kannt sind, mussen diese geeignet geschatztwerden. Je starker die Nutzung eines Titelsausgepragt ist, desto vorteilhafter ist einePauschallizenz gegenuber einer PPV-Lo-sung. Eine Moglichkeit besteht in der Ana-lyse der Nutzungshaufigkeit des Vorjahresxt�1i und einer Trendschatzung ð1þ btÞ furdas Bezugsjahr.

Der Verlust der gedruckten Exemplaresoll an dieser Stelle unberucksichtigt blei-ben, da empirisch belegt werden konnte,dass im Falle der gedruckten und elektro-nischen Parallelhaltung von Zeitschriftendie Nutzung der Printexemplare vernach-lassigbar gering ist [Kell02].

Das Entscheidungsmodell beruht imKern darauf, fur jeden Titel die kosten-gunstigere Alternative zu bestimmen und

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 4, S. 265–272

�konomie der elektronischen Literaturversorgung 267

somit die Bezugskosten zu minimieren(vgl. (2)).

Min Kt ¼ ð1þ atÞPN

i¼1ðmt�1

i ptietiÞ

þPN

i¼1ðvtið1þ btÞ xt�1

i ð1� etiÞÞ

u. d. N.

eti � 1 8 i ¼ 1; . . . ;N

eti � 0 8 i ¼ 1; . . . ;N ð2ÞDer Kostenminimierungsansatz unter (2)verwendet die Entscheidungsvariable eti

(explizite binare Definition ist hierbei nichtnotwendig). Die Kostenfunktion Kt gibtdie Bezugskosten fur das Titelpaket einesVerlages unter den beiden Bezugsoptionenin Periode t an. Liegen bei einem Titel i dieKosten fur eine Lizenz oberhalb der Kos-ten fur eine PPV-Losung, nimmt eti wegen

der Nebenbedingungen den Wert 0 (an-sonsten den Wert 1) an.Der Kostenverlauf hangt stark von den

Parametern (at; bt; vti) ab und verandertsich je nach Homogenitat in Preis undNutzungshaufigkeit innerhalb des Titelpa-kets.Bei absoluter Preis- und Nutzungs-

homogenitat ware ein vollstandiger Bezugaller Zeitschriften entweder uber eine Pau-schallizenz oder PPVoptimal. Die folgendeempirische Untersuchung basiert auf demdargestellten Entscheidungsmodell undgibt Aufschluss uber die optimale Tarif-mischung sowie die Einsparungen fur dasbetrachtete Verlagsangebot. Es wurdenwahrend der Projektforschung weitere em-pirische Beispiele verschiedener Verlags-angebote und Konsortien analysiert, die al-lerdings im Rahmen dieses Beitrags nichtnaher diskutiert werden. Die Ergebnissegleichen sich in der Weise, als dass fur alleKonsortien und Verlagspakete Einsparun-gen durch eine optimierte Tarifwahl fest-gestellt werden konnten [DuFl02].

4 Empirische Untersuchung

4.1 Rahmenbedingungen

Die folgende Anwendung des in Ab-schnitt 3 skizzierten Entscheidungsmodellsbasiert auf einer empirischen Unter-suchung der Bezugssituation fur das He-BIS-Konsortium, welches sich zu diesemZeitpunkt aus 16 Bibliotheken zusammen-setzte, bezuglich des Titelpakets eines gro-ßen Verlags im Bezugsjahr 2001 [DuFl02].Bei dieser Untersuchung wurden die Zu-griffshaufigkeiten auf die elektronischenVolltexte nach unterschiedlichen Kriteriensystematisiert und die gehaltenen Print-abonnements erfasst.Insgesamt waren im Jahr 2000 incl.

Mehrfachexemplare 965 gedruckte Zeit-schriften des relevanten Anbieters im He-BIS-Konsortium vorhanden (ohne Mehr-fachzahlung 550 Titel). 712 Titel konntenim Jahr 2001 innerhalb der beteiligten In-stitute elektronisch abgerufen werden.Die Printabonnements (Basiskosten) be-

liefen sich fur die 965 Titel auf a 1.605.586

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 46 (2004) 4, S. 265–272

Tabelle 1 Allgemeine Information uber das gewahlte Titelpaket [DuFl02]

Anzahl elektr.Zeitschriften

Bezugskosten in a Elektr. Zugriffe Durchschnittliche Kostenpro elektr. Zugriff in a

712 1.794.836 229.898 7,81

3000000

2000000

1000000

4000000

=1.466.256

0

Tarifportfolio

Bezu

gsko

sten

in€

(net

to)

100 % Lizenz 100 % PPV

Kmin

76%/24%

a = 15%v i = 25 €

b = 0

Bild 2 Kostenverlauf fur das Titelpaket

Eins

paru

ngen

durc

hW

echs

elde

sTa

rifs

von

Lizen

zzu

PPV

(#)

20000

0

--20000

--40000

--60000

--80000

--100000

1

Titel (sortiert)

a = 15%v i = 25 €

b = 0

Bild 3 Einsparpotenziale durch den Wechsel des Tarifs von lizenzorientiertem Bezugzu PPV

268 Rainer B. Fladung, Berndt Dugall, Wolfgang Konig

(netto) und die Lizenzkosten betrugena 189.250 (netto).Auf der Paketebene lassen sich folgende

Berechnungen anstellen (Tabelle 1).

4.2 Optimale Tarifmischung

In diesem Abschnitt wird untersucht, wiesich eine optimierte Tarifmischung (Pau-schallizenz und PPV) auf die Kosten furden Bezug der relevanten Titel auswirkt.Den Berechnungen liegen dabei unter-schiedliche Parameterkonstellationen zu-grunde. Neben variierenden PPV-Kosten-satzen finden auch unterschiedlicheEinschatzungen bezuglich der erwartetenNutzung Berucksichtigung.Zunachst wird der Kostenverlauf unter

den realistischen Annahmen [DuFl02] dar-gestellt, dass der PPV-Kostensatz 25 a proZugriff, der Lizenzaufschlag 15% und dererwartete Wachstumsfaktor 0 betragen(Bild 2).Das Minimum gibt die optimale Tarif-

mischung bei der unterstellten Parameter-konstellation an. Fur die in Bild 2 auf-gezeigte Situation ist es optimal, 76% derTitel uber eine Pauschalgebuhr und die24% am wenigsten elektronisch genutztenuber PPV zu beziehen. Die Gesamtkostenreduzieren sich im Vergleich zu einer100%igen Abwicklung uber eine Lizenzum 15%.Die Analyse der Einsparpotenziale zeigt

(Bild 3), dass bei 132 Titeln das PPV-Preis-modell aus Sicht des Konsortiums guns-tiger ist. Bei den ubrigen Zeitschriften isteine Pauschallizenz vorzuziehen.Im Entscheidungsprozess muss demnach

genau ermittelt werden, bei welchen Titelnsich ein Tarifwechsel lohnt, da bei falscherEinschatzung der zukunftigen Nutzungs-intensitat ex post erhebliche Mehrkostenentstehen konnen.

4.2.1 Variation des PPV-Kostensatzes

Um den Einfluss der Hohe des PPV-Kos-tensatzes auf die Gesamtkosten zu unter-suchen, wird in der folgenden Analyse derParameter vi systematisch zwischen 20 a /Zugriff und 50 a / Zugriff variiert. DerWachstumsfaktor liegt weiter bei 0, undder prozentuale Lizenzaufschlag betragtwiederum 15%.Es kann festgehalten werden, dass die

Einsparungen durch eine optimale Tarif-wahl zwischen 5% und 16% liegen(Bild 4). In absoluten Werten betragen dieEinsparungen zwischen a 93.700 unda 274.678. Eine Optimierung der Tarifaus-wahl ist daher auch vor dem Hintergrund

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1800000

1600000

1400000

1200000

1000000

800000

600000

400000

200000

020 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50

PPV-Kostensatz in €

Ges

amtk

oste

nun

dab

solu

teEi

nspa

rpot

entia

lein€

18%

16%

14%

12%

10%

8%

6%

4%

2%

0%

ProzentualeEinsparpotentiale

KostenminimumEinsparpotenzialeProzentuale Einsparungen

a = 15%b = 0

Bild 4 Kostenminimum und Ersparnisse bei unterschiedlichen PPV-Kostensatzen

100%

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0%20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50

PPV-Kostensatz in €

Proz

entu

ale

Auf

teilu

ng

Anteil LizenzAnteil PPV

a = 15%b = 0

Bild 5 Optimale Aufteilung der Titel hinsichtlich der Bezugsform bei unterschiedlichenPPV-Kostensatzen

1800000

1600000

1400000

1200000

1000000

800000

600000

400000

200000

00 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

Wachstumfaktor

Bezu

gsko

sten

und

abso

lute

Verä

nder

unge

nin€

14%

12%

10%

8%

6%

4%

2%

0%

ProzentualeVeränderung

KostenminimumEinsparpotenzialeProzentuale Einsparungen

a = 15%v i = 25€

Bild 6 Bezugskosten und Ersparnisse bei unterschiedlichen Wachstumsraten

�konomie der elektronischen Literaturversorgung 269

hoher PPV-Kosten sinnvoll und kann zurReduktion der Bezugskosten im betrachte-ten Fall fuhren. Kostenminimal werdenzwischen 15% und 30% der Titel uberPPV abgewickelt (Bild 5).

4.2.2 Variation des Wachstumsfaktors

Die Nutzungsintensitat stellt neben derHohe der variablen Zugriffskosten einenwichtigen Modellparameter dar, der in derfolgenden Betrachtung Untersuchungs-gegenstand ist.

Bei dieser Betrachtung werden der PPV-Kostensatz auf 25 a / Zugriff und der Li-zenzaufschlag auf 15% festgelegt. DerWachstumsfaktor variiert zwischen 0 und2, wobei der Faktor 0 bedeutet, dass dieNutzung im Vergleich zum Jahr 2001 un-verandert bleibt. Ein Wachstumsfaktor von2 entspricht einer Verdreifachung der Nut-zung jedes Titels.Eine Trendanalyse uber das Jahr 2001

und ein Vergleich der Zugriffszahlen furdas Jahr 2001 und 2002 haben gezeigt, dasssich die Nutzungshaufigkeiten jedoch nursehr geringfugig anderten [DuFl02]. Diehier unterstellte Spannweite ist daher breitgewahlt. Zur Vereinfachung wird davonausgegangen, dass die Nutzungsintensitataller Zeitschriften gleichermaßen steigt.Tendenziell gilt, dass das PPV-Modell we-niger vorteilhaft ist, je hoher der Wachs-tumsfaktor gewahlt wird.�ber die betrachtete Parameterspann-

weite ist erkennbar, dass eine optimale Ta-rifmischung zu Einsparungen zwischen3% und 13% fuhrt (Bild 6). Die Gesamt-kosten reduzieren sich zwischen a 50.000und a 221.000.Der Anteil der Titel, die im Kostenmini-

mum uber einen PPV-Mechanismus abge-rechnet werden, liegt dabei zwischen 12%und 24% (Bild 7).Auch bei stark ansteigendem Nutzerver-

halten ist eine genauere Tarifaufteilungsinnvoll und kann zu erheblichen Kosten-einsparungen fuhren. Dadurch konnenselbst bei einer Verdreifachung der Nut-zung jedes Titels Einsparungen in Hohevon 12% im Vergleich zu einer vollstandi-gen Lizenzabwicklung realisiert werden.

4.2.3 Variation beider Parameter

Die systematische Variation des PPV-Kos-tensatzes und der Wachstumsraten verdeut-licht die Entwicklung der Gesamtkostenrespektive der Einsparpotenziale bezug-licher beider Variablen. Annahmegemaßliegt der Lizenzkostenaufschlag bei 15%.Das Kostengebirge (Bild 8) zeigt die

Entwicklung der Gesamtkosten bei Veran-derung der beiden unabhangigen Variablen(PPV-Kostensatz, Wachstumsfaktor). DieIsokostenkurven geben die Variablenkom-binationen an, die zu gleich hohen Gesamt-kosten fuhren. Ein vollstandiger Bezuguber eine Lizenz fur alle Titel fuhrt zu Ge-samtkosten in Hohe von a 1.722.811, d. h.bei jeder betrachteten Parameterkonstella-tion ist eine Mischung der Bezugsstrategievon Vorteil.Bezuglich der Ersparnisse durch eine

modifizierte Tarifwahl ergibt sich Bild 9.

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100%

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0%0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

Wachstumfaktor

Proz

entu

ale

Auf

teilu

ng

Anteil LizenzAnteil PPV

a = 15%v i = 25€

Bild 7 Optimale Aufteilung der Titel hinsichtlich der Bezugsform bei unterschiedlichenWachstumsraten

5045

4035

3025

2 1,8 1,6 1,4 1,2 201 0,8 0,6 0,4 0,2 0

1700000

1650000

1600000

1550000

1500000

1450000

1400000

Bezu

gsko

sten

in€

PPV-Kostensatz

Wachstumsfaktor

1650000-17000001600000-16500001550000-16000001500000-15500001450000-15000001400000-1450000

Bild 8 Bezugskosten bei unterschiedlichen Wachstumsraten und PPV-Kostensatzen

270 Rainer B. Fladung, Berndt Dugall, Wolfgang Konig

Die minimale Ersparnis liegt bei ca.a 17.000, die maximale Kostenreduktionbetragt ca. a 280.000. Diese enormen Ein-sparpotenziale resultieren u. a. aus der An-nahme, dass die Titel, die uber PPV abge-rechnet werden, auch in gedruckter Formabbestellt werden konnen.Der Anteil der Zeitschriften, bei denen

der PPV-Tarif kostenminimal ist, liegt zwi-schen 10% und 30% (Bild 10), wobei auf-fallt, dass bei einer Vielzahl der berech-neten Parameterkonstellationen 10% bis15% der Titel uber PPV bezogen werdensollten.Zusammenfassend lasst sich zu dem ana-

lysierten Titelpaket sagen, dass sich hierdeutliche Kostenreduktionen durch einegeschickte Tarifmischung realisieren lassen.Die Einsparpotenziale belaufen sich je nachWahl der Parameter zwischen 2% und17% im Vergleich zu einer reinen Pau-schallizenzlosung.

5 Zusammenfassung

Diese Untersuchung befasst sich mit derFragestellung, wie Bibliotheken vor demHintergrund zwei verschiedener Tarifmo-delle (Pauschallizenz und PPV) das Titel-angebot eines Zeitschriftenverlages kosten-minimal beziehen sollten. Dazu wird vordem Hintergrund der beiden relevantenPreismechanismen ein Kostenminimie-rungsmodell entwickelt und auf eine bei-spielhafte Situation innerhalb des HeBIS-Konsortiums angewandt. Der Ansatzberucksichtigt einen gegebenen Bestand anZeitschriften, die im Konsortium in ge-druckter Form vorliegen. Weiterhin kanndas Konsortium bei jedem Titel den Tariffrei wahlen. Wenn eine Zeitschrift uber denPPV-Preismechanismus bezogen wird, be-steht seitens der Bibliothek annahmegemaßdie Moglichkeit, die gedruckten Exemplaredieses Titels abzubestellen. Das Optimie-rungsmodell bestimmt somit fur jeden Ti-tel, welcher Tarif vorzuziehen ist. DieSumme der Teiloptima determiniert die mi-nimalen Bezugskosten.Die empirische Untersuchung zeigt, dass

das HeBIS-Konsortium durch eine optima-le Tarifmischung im betrachteten Fall Ein-sparungen in Hohe von 2% bis 17%(a 17.000 bis a 280.000) erzielen kann. DieBerechnungen wurden fur unterschiedlicheParameterkonstellationen durchgefuhrt,um deren Auswirkungen auf die Gesamt-kosten zu messen. Bei den Betrachtungenvariierten der PPV-Kostensatz zwischen20 a / Zugriff und 50 a / Zugriff und der

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00,

20,

40,

60,

8 11,

21,

41,

61,

82

5045

4035

3025

20

300000

250000

200000

150000

100000

50000

0Ei

nspa

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enzi

ale

in€

Wachstumsfaktor

PPV-Kostensatz

250000-300000

200000-250000

150000-200000

100000-150000

50000-100000

0-50000

Bild 9 Absolute Einsparpotenziale bei unterschiedlichen Wachstumsraten und PPV-Kostensatzen

2025

3035

4045

50

0

0,2

0,4

0,6

0,8 1

1,2

1,4

1,6

1,8 2

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

Anteilü

berP

PV

PPV-Kostensatz

Wachstumsfaktor

25%-30%20%-25%15%-20%10%-15%5%-10%0%-5%

Bild 10 Anteil der Zeitschriften uber PPV bei variierenden Parametern

�konomie der elektronischen Literaturversorgung 271

Wachstumsfaktor zwischen 0 und 2. In al-len Fallen konnen auf Grundlage desEntscheidungsmodells Einsparpotenzialenachgewiesen werden.Das in diesem Beitrag skizzierte Opti-

mierungsmodell wurde auf weitere empiri-sche Erhebungen in zwei deutschen Kon-sortien angewandt. Im Ergebnis konntenfur alle Konsortien und Verlagspakete Ein-sparungen durch eine optimierte Tarifwahlfestgestellt werden [DuFl02].Zusammenfassend ist aus Kostensicht ei-

ne optimierte Tarifmischung fur Konsor-tien sinnvoll, da sich dadurch die Bezugs-kosten reduzieren lassen, ohne auf einenTeil des Titelangebotes zu verzichten. Fureine mehrjahrige Betrachtung sind aller-dings Adjustierungen notwendig, da sichdie Zugriffshaufigkeiten im Zeitablauf an-dern konnen und dies wiederum Auswir-kungen auf die optimale Tarifwahl hat.

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Abstract

Economics of Electronic Literature Supply – Selecting an Optimal Subscription Model forScientific Journals

How can academic library consortia provide access to literature despite increasing costsand decreasing budgets?In this paper, it is shown that making the fixed subscription rate variable by combining

two relevant tariff models (flat-rate licence and pay-per-view) is an advantageous approachfor consortia to react to the increasing (subscription) prices.A decision-making model is developed that considers the relevant parameters of pay-per-

view costs and user growth. The model is then applied to the Hessian library consortium(HeBIS). The empirical analysis shows that an optimal mix of rates for the publisher’s journalsportfolio attains savings between 2% and 17% compared to a basic flat-rate licence.

Keywords: Digital Library, Electronic Journal, Academic Communication, Library Consor-tium, Price Models, Pay-Per-View

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