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Klaus-Dirk Henke und Sabine Troppens, TU Berlin Telemed 2011 16. Nationales Forum für Gesundheitstelematik und Telemedizin 19. Oktober 2011 Berlin Ökonomische Potentiale und Finanzierungsansätze altersgerechter Assistenzsysteme

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Klaus-Dirk Henke und Sabine Troppens, TU Berlin

Telemed 2011 16. Nationales Forum für Gesundheitstelematik und Telemedizin

19. Oktober 2011Berlin

Ökonomische Potentiale und Finanzierungsansätze altersgerechter Assistenzsysteme

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Gliederung

Ökonomische Potentiale altersgerechter Assistenzsysteme• Rahmenbedingungen• Aus volkswirtschaftlicher Sicht• Statistische Erfassung

Übergreifende und konkrete Finanzierungsansätze• Transsektorales Versorgungsnetz als Geschäftsmodell?• Gesundheitsausgaben (> GKV-Ausgaben)• Unterschiedliche Finanzierungswege

Forschungs- und Handlungsbedarf

Fazit

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Ökonomische Potentiale: Rahmenbedingungen

• Demographie und Krankheitsspektrum: • Steigendes Durchschnittsalter, sinkende Geburtenrate,

rückläufige Gesamtbevölkerung• Wandel der (Volks-)Krankheiten

• Lebensgemeinschaften: • Rückläufige Haushaltsgrößen• innerfamiliäres Unterstützungspotenzial nimmt a

• Konsumentenbedürfnisse:• Unterschiedlich bei Versicherten, Gesunden, Kranken,

Genesenden und Angehörigen• Möglichst langer Verbleib in der eigenen Wohnung• Bedarf an/Nachfrage nach AAL-Produkten steigt versus

Zahlungsfähigkeit und –bereitschaftEtc.

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Ökonomische Potentiale:Aus volkswirtschaftlicher Sicht

Gesundes Altern führt zur Erhöhung der Produktivität und damit angebotsseitig zu mehr Wachstum

Steigende private Nachfrage nach Gesundheitsleistungen außerhalb der erstattungsfähigen Leistungen führt nachfrageseitig zu einem wachsenden Inlandsprodukt

Eine gesunde Gesellschaft spart Ausgaben bei der Krankenbehandlung, in der Rehabilitation und in der Pflege (z.B. Ambient Assisted Living - AAL)

GESUNDES ALTERN als Herausforderung und ZIEL

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Ökonomische Potentiale: Statistische Erfassung

• Die ökonomischen Potentiale wurden bisher nicht hinreichend erfasst, abgegrenzt und quantifiziert.

• Der Beitrag von altersgerechten Assistenzsystemen zur Wertschöpfung und Beschäftigung und zu anderen ökonomischen Kennziffern ist noch unbekannt.

• Noch keine Erfassung von altersgerechten Assistenzsystemen in statistischen Klassifikationssystemen.

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• Grund: Eine Gesamtschau dieser (Teil-)Branche fehlt

• Keine klare Abgrenzung als (Teil einer) volkswirtschaftliche(n) Branche

• Z. B. eHealth als Teilmarkt der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT).

• Erste Ansätze mit Hilfe des Gesundheitssatellitenkontos (noch nicht umsetzbar!)

Ökonomische Potentiale: Statistische Erfassung

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Güter-und finanzierungsbezogene Abgrenzung der Gesundheitswirtschaft

OTC Präparate, Individuelle Gesund‐heitsleistungen

Güterbezogene Abgrenzung

Güter nach Abgrenzung der GAR

"Neue" Güter mit Gesundheitsbezug (subjektive Kauf‐entscheidung)

KernbereichGesundheits‐wirtschaft (KGW)

ErweiterteGesundheits‐wirtschaft (EGW)

Abgrenzung über Finanzierung

Durch private oder gesetzliche Krankenkassen im Rahmen der Vollversicherung bzw. Staatliche Mittel

Durch private Mittel (Konsumausgaben)

Erster Markt Zweiter Markt

z.B.Erstattungsfähige Arzneimittel, Kran‐kenhausbehandlung

z.B.Zuschüsse Präventionskurse; Berufsausbildung

z.B.

z.B.Wellness,Ernährung, Kleidung etc. mit Gesundheitsbezug

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Übergreifende und konkrete Finanzierungswege

(1) Ausgangslage:Kosten von beispielhaften Mindestausstattungen einer Wohnung mit altersgerechten Assistenzsystemen versus Zahlungsbereitschaft (Berechnungen von S. Troppens)

Umsatz-/ Marktpotenzial versus Nachfrage

(2) Übergreifende und konkrete Finanzierungsansätze• Transsektorales Versorgungsnetz als Geschäftsmodell?• Gesundheitsausgaben (nicht nur GKV-Ausgaben!)• Unterschiedliche Finanzierungswege

(3) Hypothese: Assistenzsysteme werden zunächst den zweiten Gesundheitsmarkt der privaten Vorsorge erobern.

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Finanzierungsansatz: Transsektorales Versorgungsnetz als Geschäftsmodell (1)

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Finanzierungsansatz: Transsektorales Versorgungsnetz als Geschäftsmodell (2):

Organisations- und Rechtsform

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Gesundheitsausgaben (> GKV-Ausgaben)

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Unterschiedliche Finanzierungswege:Sozialversicherungsrechtliche Anforderungen

1. AAL–Technik als Hilfsmittel• Kostenübernahme einer AAL-Technik als Hilfsmittel durch

Pflegekassen nach § 31 Abs.1 SGB IX?

2. Ansprüche des Patienten auf Hilfsmittel• Ansprüche des Patienten auf Hilfsmittel nach §33 in Verbindung

mit §§ 2,12 und 70 SGB V• Rolle des Hilfsmittelverzeichnisses des Spitzenverbandes GKV

3. Abrechnungsfähigkeit/ Vergütung von ärztlichen AAL-Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung oder Dienstleistung

• Einheitlicher Bewertungsmaßstab und Gebührenordnung• Persönliche Leistungserbringungspflicht

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Unterschiedliche Finanzierungswege:Sozialversicherungsrechtliche Anforderungen

4. Einführung neuer Leistungen altersgerechter Assistenzsysteme durch den Gemeinsamen Bundesausschuss

• und die Umsetzung des Beschlusses in den EBM (die GOÄ)• Aufnahme von innovativen nichtmedikamentösen Technologien in

den Leistungskatalog der Kostenträger

Siehe im Einzelnen Bundesministerium für Bildung und Forschung: Juristische Fragen imBereich Altersgerechter Assistenzsystem, Vorstudie im Auftrage von VDI/VDE-IT imRahmen des BMBF Förderungsschwerpunktes, Dezember 2010, S. 144 ff.

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Forschungs- und Handlungsbedarf: Ausgangslage

Es gibt sehr viele Einzelprojekte zu altersgerechten Assistenzsystemen

• mit größeren Anbietern (z. B. im Bereich der Hörgeräte und Rollatoren),

• bei den Dienstleistern (z. B. im Kontext mit Hausnotrufsystemen),

• als Virtuelle Netzwerke (z. B. remote doctoring),• im Bereich von Telemedizin bei Herzinsuffizienz,• im Bereich von Telemonitoring von Diabetes-Patienten,• unter Einsatz von Blutdruck-, Gewicht-, Blutzuckermessung

und kleinen mobilen EKG-Geräten

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Forschungs- und Handlungsbedarf: Ausgangslage

Es fehlen• Erfahrungen und Studienergebnisse aus breit angelegten

Projekten• Interessenausgleich und Kooperation der Akteure untereinander• Erfolgreiche Überführungen der Projekte in die Marktphase mit

neuen Geschäftsmodellen und tragfähigen Finanzierungs-ansätzen

• Einheitliche Evaluationen und Zusammenführung der einzelnen Projektergebnisse

• ZENTRALE FRAGE: Kosten-Nutzen-Verhältnis• Tragen altersgerechte Assistenzsystemen zur

Morbiditätskompression bei?• ….und zur Entlastung der Sozialsysteme?

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Forschungs- und Handlungsbedarf: GesundheitsfolgenabschätzungTragen altersgerechte Assistenzsysteme

zur Morbiditätskompression bei?

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… über die Potentiale und Finanzierungswege

• mit Versicherten der verschiedenen Altersgruppen und in den unterschiedlichen Regionen (Stadt/Land),

• mit den Patienten und ihren Angehörigen,• mit den Leistungsanbietern (ambulant, stationär)• mit Wohnungs- bzw. Hauseigentümer und Mietern• mit den Wohnungsbau- bzw.

Wohnungsverwaltungsunternehmen,• mit dem Sozialdienst und Sozialarbeitern,• mit der PKV und GKV• mit Unternehmern der mittelständischen Wirtschaft und• Selbsthilfegruppen.

Forschungs- und Handlungsbedarf: Dialogprozess

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Fazit

• Vernetztes Wohnen bzw. eine altersgerechte Unterstützung anstreben verlangt:

• Unterstützung neuer Management-, Rechts- und Organisationsformen

• Konkretisierung neuer Finanzierungswege inner- und außerhalb der Sozialversicherung

• Dialogprozess über Potentiale und Finanzierung• Forschungsbedarf zur Nutzenevidenz und damit zur

Gesundheitsfolgenabschätzung: Tragen altersgerechte Assistenzsystemen zur Morbiditätskompression bei?

• Systematische Erfassung von altersgerechten Assistenzsystemen und deren ökonomischen Potenzialen

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Altersgerechte Unterstützung durch vernetztes Wohnen

Quelle: Deutsches Ärzteblatt 2010; 107(6): A-236 / B-202 / C-198, http://aerzteblatt.lnsdata.de/bilder/2010/02/img143106.jpg

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Back-up Folien

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Der Blick nach vorn:Die 11 Delmenhorster Thesen als Leitvorstellung

1. Die Zukunft gehört einer offenen Gesundheitsgesellschaft.2. Gesundes Altern und individualisierte Versorgung - ein

Megatrend.3. AT und AAL integrieren, vernetzen und optimieren.4. Innovative Vergütungsregeln und Selektivverträge sind

unverzichtbar.5. Produktivitätssteigerungen durch AT und AAL.6. AT und AAL verändern den Arbeitsmarkt.7. Standardisierung ist Voraussetzung für einen Leitmarkt.8. Gesundheitsstandort Haushalt entsteht durch AT und AAL.9. Uneinheitliches Nachfrageverhalten privater Haushalte.10. Mehr Lebensqualität durch AT und AAL.11. „Exportschlager“ AT und AAL.

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Klassifizierung der 17 vom BMBF geförderten Verbundprojekte

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Whole system demonstrator im Bereich Telecare im UK

• The Whole System Demonstrator (WSD) programme is a two year research project funded by the Department of Health to find out how technology can help people manage their own health while maintaining their independence. The WSD programme is believed to be the largest randomised control trial of telecare and telehealth in the world to date.